Wofür schlägt dein Herz?

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Sein Lächeln ist unverschämt sexy, der Körper die pure Versuchung … aber ist Alex Wolfe wirklich der Richtige für die feinfühlige Libby? Ständig ist sie in Sorge um ihn, denn er riskiert alles, um in seinem Job an der Spitze zu bleiben. Deswegen kommt es zum Streit zwischen den Liebenden - und Alex sucht neue Herausforderungen, tausende Meilen weit fort von ihr. Doch Libby kann den Zauber ihrer gemeinsamen Zeit einfach nicht vergessen - selbst wenn Alex' Herz einzig am Erfolg zu hängen scheint. Wie kann sie ihn nur davon überzeugen, dass Liebe das größte Abenteuer ist?


  • Erscheinungstag 07.07.2012
  • Bandnummer 2034
  • ISBN / Artikelnummer 9783864942518
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

In der Sekunde, als Alex Wolfes Wagen vom Boden abhob, wusste er, dass die Situation prekär war. Und zwar von der Sorte: Entweder du wirst ernsthaft verletzt oder du kannst dich bereit machen, um deinem Schöpfer entgegenzutreten.

Er hatte den Scheitelpunkt am Ende einer Geraden auf Melbournes führender Motorrennstrecke falsch berechnet und die Kurve zu weit genommen. Verbissen versuchte er, den Rennwagen zurückzuzwingen, doch als er Wasser auf der Fahrbahn stehen sah, ahnte Alex schon, was passieren würde. Aquaplaning brachte die Räder zum Durchdrehen. Der Wagen brach aus und krachte ungebremst in einen Wall aus Autoreifen, der gleichermaßen als Schutz für die Rennfahrer wie für die Zuschauermassen diente.

Wie ein Stein, der aus einer Schleuder katapultiert wird, prallte er von der Gummiwand ab zurück auf die Rennstrecke, direkt vor das Feld seiner heranrasenden Konkurrenten. Was als Nächstes geschah, konnte er nicht sehen, doch der gewaltige Schlag, der ihn gen Himmel schickte, ließ Alex vermuten, dass ein anderer Wagen in seinen hineingekracht war.

Und während er jetzt einen Meter über dem Boden durch die Luft segelte, schien die Zeit sich wie zäher Sirup in die Länge zu ziehen, während Bilder aus der Vergangenheit als grelle Blitze vor seinem inneren Auge aufflammten. Alex verwünschte sich selbst für seinen Leichtsinn und seine Dummheit.

Seit drei Saisons rangierte er an der Weltspitze im internationalen Rennzirkus – für manche als bester Formel-1-Pilot aller Zeiten –, und dann beging er den Kardinalfehler aller Extrem- und Leistungssportler. Er war unkonzentriert, weil er an etwas Privates dachte!

Das hätte niemals passierten dürfen, egal, wie sehr ihn die Nachricht, die er vor einer Stunde aus England erhalten hatte, schockiert hatte.

Nach zwanzig langen Jahren war Jacob zurückgekehrt.

Kein Wunder, dass seine Zwillingsschwester bereits seit Wochen versuchte, Kontakt zu ihm aufzunehmen! Ihre erste E-Mail hatte Alex ungelesen gelöscht und gleich darauf beschlossen, auch jede weitere Nachricht aus der Richtung bis zum Ende der Saison zu ignorieren. Er konnte es sich einfach nicht erlauben, wieder angreifbar und verletzlich zu werden, nur weil …

Um Atem ringend, schob er die quälenden Gedanken beiseite. Er durfte sich einfach nicht ablenken lassen und damit basta.

Während das Blut in seinen Ohren rauschte, biss Alex die Zähne zusammen und umklammerte das Steuer, um den Schlag abzufangen, als das 420-Kilo-Ungetüm erneut gegen die Gummiwand prallte. Sein Körper wurde nach vorn geschleudert, vom Gurt hart abgefangen, und Alex hörte ein Klick in seiner rechten Schulter. In der nächsten Sekunde überwältigte ihn ein sengender Schmerz, der ihm fast das Bewusstsein raubte.

Wenigstens war der Wagen endlich zum Stehen gekommen. Doch das entspannte ihn nicht im Geringsten. Der Instinkt, den vollgetankten Rennwagen so schnell wie möglich zu verlassen, war fast übermächtig. Trotzdem kämpfte Alex verbissen gegen den Drang an, sich selbst zu befreien. Zu Beginn seiner Karriere war ihm eingebläut worden, auf sachkundige Hilfe zu warten. Als angeschlagener Fahrer, der orientierungslos über die Rennstrecke taumelte, konnte er viel zu leicht von nachfolgenden Wagen erfasst werden.

Während er seinen schmerzenden Arm umklammerte, fluchte Alex wie nie zuvor in seinem Leben.

In der Enge der zerstörten Fahrerkabine bekam er zunehmend klaustrophobische Gefühle. Dann hörte er außer den röhrenden Motoren irgendwo im Hintergrund Sirenengeheul, das immer näher kam. Das Rettungsteam!

Endlich!

Umgeben von Rauch, dem stechenden Geruch von verbranntem Gummi und seinem eigenen Schweiß, stieß Alex den vor Schmerz angehaltenen Atem aus. Motorsport war eine gefährliche Angelegenheit, wenn nicht eine der riskantesten Sportarten überhaupt. Doch der wahnsinnige Adrenalinrausch, den ihm nur extremste Geschwindigkeit, verbunden mit einem kaum einzuschätzenden Risiko, vermitteln konnte, war unverzichtbar für sein Leben.

Weil die Gefahr gleichzeitig Freiheit für ihn bedeutete. Und Flucht und Entkommen aus der grausamen Kindheit auf Wolfe Manor – einer Kindheit, die von Qual, Scham und Hilflosigkeit geprägt gewesen war.

Gedämpfte Stimmen holten Alex in die Gegenwart zurück. Erst jetzt hörte er das Motorengeräusch eines Krans und spürte einen Ruck. Kurz darauf wurde es hell in die Fahrerkabine. Alex sah, wie die Helfer bereits die Gurte entfernten, mit deren Hilfe sie den Wagen aus der Gummiwand gehievt hatten.

„Alles in Ordnung mit Ihnen?“, fragte ein Mechaniker in orangefarbenem Overall.

„Ich lebe jedenfalls noch“, gab Alex lakonisch zurück.

Der Mann hatte inzwischen geschickt das Steuer entfernt und wägte ab, wie er am besten den Sicherheitskäfig des Wagens knacken konnte. „Keine zwei Minuten und Sie sind hier raus“, versprach er.

Um sich einer Flut von peinlichen Fragen zu stellen? Ganz zu schweigen von dem anderen Problem, das ihn erst in diese Misere gebracht hatte?

„Können Sie mich nicht einfach hier drin lassen?“, knurrte Alex unter Schmerzen.

Der andere grinste und zwinkerte verständnisvoll. „Es gibt noch mehr Rennen zu gewinnen, Junge“, erwiderte er tröstend.

Alex biss die Kiefer zusammen. Verdammt! Und ob es die gibt!

Jetzt traf auch der Rettungsdienst ein und befreite ihn aus dem Wrack. Mit äußerster Willensanstrengung gelang es Alex, den rechten Arm lange genug mit der linken Hand zu stützen, sodass er vor der applaudierenden Menge salutieren konnte, bevor die Sanitäter ihn in den Krankenwagen verfrachteten und in Windeseile zum Sanitätszelt fuhren.

Nur wenige Minuten später lag Alex mit grauem Gesicht auf einer Trage und biss die Zähne zusammen, während der Teamarzt Morrissey seine Schulter auf Prellungen, Quetschungen und mögliche Brüche untersuchte. Während er Alex eine Infusion mit einem rasch wirkenden Schmerzmittel legte, betrat der Rennstalleigner Jerry Squires das Zelt.

Der Sohn eines britischen Reeders hatte als Kind ein Auge verloren und gab mit seiner schwarzen Augenklappe auf den Rennstrecken der Welt eine bemerkenswerte Figur ab. Noch berühmter machten ihn allerdings sein immenser Reichtum und sein knallharter Charakter, der keine Spielchen und Zimperlichkeiten duldete.

Heute wirkte sein normalerweise extrem geordnetes stahlgraues Haar allerdings ziemlich derangiert. Auch die tiefe Stimme klang nicht so gelassen wie sonst, als er fragte: „Womit haben wir es zu tun, Morrissey?“

„Er muss eine umfassende Untersuchung durchlaufen, inklusive Röntgen, Kernspin- und Computertomografie“, erläuterte der Arzt und schob die rutschende Brille hoch, während er seine Anweisungen auf einem Clipboard notierte. „Er hat eine Subluxation der rechten Schulter.“

Daraufhin holte Jerry scharf Luft. „Im zweiten Rennen der Saison! Zum Glück haben wir noch Anthony.“

Bei der Erwähnung seines Teamkollegen versuchte Alex, sich aufzusetzen. Wollte man ihn etwa schon abschreiben? Er war noch lange nicht aus dem Spiel! Doch ein sengender Schmerz zwang ihn auf die Trage zurück, während er um das für ihn typische Kein-Problem-Lächeln rang, das seine Wirkung weder auf schöne Frauen noch auf knallharte Multimillionäre je verfehlte.

„Hey, nun mach mal halblang, Jerry“, bemühte er sich um einen sorglos forschen Ton. „Du hast den Mann gehört. Nichts ist gebrochen.“

Der Arzt senkte das Clipboard und musterte Alex streng über den Rand seiner Brille hinweg. „Was uns erst die Röntgenaufnahmen mit Bestimmtheit sagen können.“

Auf Jerrys glatt rasierter Wange zuckte ein Muskel. „Ich habe deinen grenzenlosen Optimismus immer geschätzt, Alex, aber dies ist weder der rechte Ort noch die passende Zeit für persönliche Eitelkeiten.“ Während er sprach, hob er die Zeltbahn im Eingang an und warf einen skeptischen Blick auf das Wetter. „Wir hätten Regenreifen aufziehen müssen.“

Alex zuckte zusammen, diesmal aber nicht vor Schmerzen. In der Rückschau war auch ihm klar, dass er auf Schlechtwetterbereifung hätte bestehen müssen. Stattdessen hatte er seine einsame Entscheidung noch vor den verunsicherten Technikern verteidigt, während alle anderen Teams sich für einen Reifenwechsel entschieden hatten. Und nun musste er sich vor dem Mann rechtfertigen, der etliche Millionen ausgegeben hatte, um ihn als Nummer eins in seinem Rennstall zu etablieren.

„Der Regen hat zehn Minuten vor Rennbeginn aufgehört“, bemühte Alex sich um eine Erklärung, während Morrisseys durchdringender Adlerblick ihn auf der Trage festnagelte. „Die Rennstrecke trocknete in Rekordzeit. Wenn ich es geschafft hätte, die letzten Pfützen auf der Piste zu umfahren, wäre ich an der Spitze geblieben, während die anderen Boxenstopps hätten einlegen müssen, um erneut die Reifen zu wechseln.“

Offensichtlich nicht überzeugt grunzte Jerry nur dumpf. „Um diese Hürde zu meistern, hättest du extrem starke Bodenhaftung haben müssen. Fakt ist, dass du schlichtweg die falsche Entscheidung getroffen hast.“

Alex tat alles, um seinen Widerspruchsgeist im Zaum zu halten. Er selbst hätte es nicht unbedingt als eklatanten Fehler, sondern eher als verzeihlichen Irrtum bezeichnet. Leider war er nicht zu hundert Prozent auf seinen Job konzentriert gewesen. Sonst hätte er unter allen wie auch immer gearteten Umständen nicht nur diese verflixte Hürde, sondern das ganze Rennen gewonnen!

Zur Hölle! Jeder Rennfahrer konnte auf trockener Strecke den Sieg davontragen. Erst auf nasser Fahrbahn trennte sich die Spreu vom Weizen! Und hätte er nicht …

Es war die perfekte Symbiose aus Talent, Erfahrung und kontrolliertem Wagemut, die im Rennsport zum Erfolg führte. Und dieser trug in der Formel Eins seit Jahren denselben Namen: Alex Wolfe. Er hatte verdammt hart arbeiten müssen, um an die Weltspitze zu gelangen – dem absoluten Gegenpol zu seiner früheren Existenz als unsicherer, verstörter Junge.

Die schrecklichen Erinnerungen der Vergangenheit hatte er in Wolfe Manor zurückgelassen. Zumindest hatte er das bis vor Kurzem geglaubt! Bis diese E-Mail gekommen war.

Während Jerry, Morrissey und einige andere Leute außerhalb seiner Hörweite über ihn sprachen, dachte Alex an die schockierende Nachricht seiner Schwester zurück. Annabelle hatte ihn darüber informiert, dass ihr Familienbesitz Wolfe Manor von den Behörden als baufällige Substanz mit nicht einzuschätzendem Gefahrenpotenzial eingestuft worden war. Das rief nach zwanzig Jahren Abwesenheit Jacob als Haupterben und Hauptverantwortlichen auf den Plan. Er war zurückgekehrt, um das Anwesen zu renovieren und den Glanz aus früheren Zeiten wieder aufleben zu lassen.

Bedrückende Bilder von düsteren Gängen und schweren dunklen Möbeln überfielen Alex, und er hätte schwören können, das säuerliche Bouquet vom Lieblingstropfen seines alkoholsüchtigen Vaters zu riechen. Der tiefe, weite Graben zwischen Vergangenheit und Gegenwart schien plötzlich immer flacher und enger zu werden. Jetzt glaubte Alex sogar, das betrunkene Gestammel seines Erzeugers zu hören und den sengenden Schmerz zu spüren, wenn dessen Ledergürtel ihm brutal ins Fleisch schnitt.

Gepeinigt schloss er die Augen und versuchte, die belastenden Bilder zurück ins Unterbewusstsein zu verbannen, wo sie so lange geschlummert hatten. Wäre ihm und nicht Jacob der alte Familienbesitz zugefallen, hätte es ihm größte Genugtuung bereitet, den alten Kasten einfach mit dem Bulldozer niederzuwalzen.

Zum Glück gab es auch einige gute Erinnerungen an seine Kindheit, allerdings nur sehr wenige. Ein Lächeln schlich sich auf Alex’ Gesicht, als er an Nathaniel dachte, den Annabelle ebenfalls in ihrer Mail erwähnte. Er war der Jüngste im Wolfe Clan, zumindest was die legitimen Sprösslinge betraf. Inzwischen ein berühmter Hollywoodschauspieler und gerade erst in L. A. mit dem Sapphire Award ausgezeichnet, gedachte er tatsächlich in den Hafen der Ehe zu segeln! Und das mit Annabelle als Profifotografin an seiner Seite, die das spektakuläre Ereignis für die Nachwelt – und für verhinderte Brüder – festhalten sollte.

Gedankenverloren rieb Alex seine Schulter und fluchte unterdrückt, als ihn eine sengende Schmerzwelle überrollte.

Tja, sein kleiner Bruder war inzwischen also auch erwachsen, megaerfolgreich und offenbar bis über beide Ohren verliebt. Das zeigte ihm wieder einmal, wie schnell die Zeit verflog. Und wie verstreut in aller Welt die sieben Geschwister lebten.

Stimmen zwangen Alex in die Gegenwart zurück. Jerry und Morrissey kamen an seine Trage. Der Arzt nahm die Brille ab und musterte grimmig Alex schmerzverzogenes Gesicht, das immer noch leichenblass war.

„Ich werde jetzt versuchen, die Schulter zu richten. Je eher das geschieht, desto besser. Der Transport in die Windsor Privatklinik für die Anschlussuntersuchungen ist bereits organisiert.“

„Und wann erfahre ich das Ergebnis?“, wollte Alex wissen.

Morrissey wiegte bedenklich den Kopf. „Vorher muss auf jeden Fall ein Gespräch mit den Spezialisten stattfinden, ob ein chirurgischer Eingriff nötig ist oder nicht. Außerdem …“

„Wow!“, stieß Alex hervor. „Nun mal halblang, Doc! Eine OP?“

„Nicht unbedingt. Bestenfalls eine Weile Ruhe, verbunden mit anschließenden Rehamaßnahmen. Es ist ja nicht das erste Mal, dass diese Schulter etwas aushalten muss. Vollständige Genesung braucht ihre Zeit, da lohnt es nicht, sich etwas vorzumachen.“

„Solange ich zur Qualifikation in Malaysia wieder in meinem Cockpit sitze, habe ich kein Problem damit.“

„Nächstes Wochenende, meinst du?“, vergewisserte sich Morrissey. „Tut mir leid, alter Junge, aber das kannst du vergessen.“

Alex stützte sich auf den linken Ellenbogen und zwang sich zu einem Lachen, das allerdings ziemlich gepresst klang. „Ich denke, ich kann am besten selbst entscheiden, ob ich mich dafür fit genug fühle oder nicht“, erklärte er mit fester Stimme.

„So, wie du entschieden hast, welche Reifen für das Rennen optimal sind?“, meldete sich Jerry sarkastisch aus dem Hintergrund.

Der Drang, sich den Infusionsschlauch herauszureißen und von der Trage zu springen, wurde fast übermächtig. Doch damit würde er nur sich selbst schaden und den Tumult und die Frustration in seinem Innern nicht loswerden.

Wie man das Blatt auch drehte und wendete – er hatte Mist gebaut. Er allein! Und darum musste er ihn jetzt auch selbst ausbaden.

Also war es das Beste, den Ball flach zu halten und anscheinend klein beizugeben. Aber nur kurz und nach seinen eigenen Spielregeln. Denn selbst wenn er das nächste Rennen aussetzen müsste, würde er zu Runde vier in Schanghai wieder am Start sein. Und wenn es ihn umbrachte!

Das Wichtigste war, sich die verflixte Presse vom Hals zu halten. Nach so einem spektakulären Crash würde es Fragen hageln … nach seinen Verletzungen und der voraussichtlichen Heilungszeit. Und überall Fotografen, die ihm auflauerten, um den großen Alex Wolfe angeschlagen und mit schmerzverzerrtem Gesicht auf die Linse zu bannen, was unter Garantie zu Spekulationen über ein vorzeitiges Karriereaus führen würde.

Also hieß das Gebot der Stunde absolute Privatsphäre.

Jede Art von Rekonvaleszenz würde in seiner Residenz in Rose Bay stattfinden. Darum musste er einen echten Profi unter den Physiotherapeutinnen finden, mit Verständnis für die Belange eines Elite-Athleten. Sie sollte herausragend in ihrem Handwerk sein, aber auch eine gelegentliche Einladung zum Dinner als Entgelt für vorzügliche medizinische Pflege mit Charme akzeptieren.

Le länger er darüber nachdachte, desto mehr freundete Alex sich mit der vorgeschlagenen Rehabilitation an.

Wichtig war allein, dass alles Menschenmögliche unternommen wurde, um ihn möglichst schnell ans Steuer seines Rennwagens zurückzubringen.

Als die Infusion endlich ihre Wirkung tat und der sengende Schmerz in der Schulter einem dumpfen Pochen wich, schloss Alex die Augen und verlor sich in angenehmen Tagträumen über seine zukünftige Physiotherapeutin.

Und nachdem seine Schulter gerichtet, alle weiteren Untersuchungen erledigt und die notwendigen Tests auf den Weg gebracht waren, beauftragte Alex seinen Assistenten Eli Steele damit, eine passende Kandidatin aufzuspüren. Und zwar ohne Zeit zu verlieren!

Er hatte bereits zu viel in seinem Leben verloren.

Doch diesmal sollte es anders laufen.

2. KAPITEL

Während sie ihren Wagen über die von hohen Bäumen gesäumte Auffahrt zu einem der prachtvollsten Häuser lenkte, das sie je gesehen hatte, kämpfte Libby Henderson gegen ihre Nervosität.

Immer wieder sagte sie sich ihre bewährten Mantras vor: Ich schaffe das schon! Und: Es gibt nichts, wovor ich Angst haben muss!

Obwohl ihr Herz wie verrückt schlug, hatte sie bis vor Kurzem zu den selbstbewussten Menschen gehört, die sich von nichts und niemandem schrecken ließen. Und genau diese Eigenschaften hatten sie bis an die Spitze gebracht, wo sie sich als zweifache Surfweltmeisterin gut aufgehoben und zu Hause gefühlt hatte.

Schon von Kindesbeinen an war Surfen ihre große Leidenschaft gewesen. Ihre Eltern nannten sie immer ihre kleine Wassernixe. Auch als Heranwachsende trainierte Libby in jeder freien Minute. Sie schwamm, wechselte zwischen Wellenreiten und Windsurfen und fuhr Kajak. Nichts fühlte sich für sie besser an als das Brennen in ihren Muskeln und das Übermaß an Endorphinen, wenn es ihr wieder einmal gelungen war, die eigenen Grenzen zu sprengen.

Die Weltmeisterschaft zu gewinnen war der ultimative Kick gewesen. Danach wurde sie von fabelhaften Sponsoren und der internationalen Fachpresse umworben. Zwischen ihrem Sport, lukrativen Werbespots und unzähligen Bilderstrecken in Hochglanzmagazinen fand Libby sogar noch Zeit, jüngere Surfer zu unterstützen. Vor ihr hatte ein unübersehbares Meer an verlockenden Möglichkeiten und Herausforderungen gelegen, bis …

Bis der Unfall alles verändert hat.

Sobald die schlimmsten Unfallfolgen überstanden waren, hatte Libby sich auf das lange vernachlässigte Studium gestürzt und an der Sidney-Bond University ihren Bachelor als Physiotherapeutin gemacht.

Während sie die letzte Kurve der gewundenen Auffahrt nahm, dachte sie an den überraschenden Anruf von heute Morgen. Niemand Geringerer als der aus England stammende amtierende Formel-1-Weltmeister Alex Wolfe hatte am Wochenende einen Unfall erlitten und verlangte nun nach ihren Diensten.

Sein persönlicher Assistent, ein sympathisch klingender Mann namens Eli Steele, hatte sie darüber informiert, dass er und Mr Wolfe sich unter den Spezialisten ihrer Fachrichtung umgeschaut hätten und zu dem Schluss gekommen seien, dass ihre Referenzen sich am besten mit den Bedürfnissen des Patienten deckten. Speziell im Hinblick auf die Art seiner Schulterverletzung, von der sich Libby trotz der langatmigen Ausführungen noch kein rechtes Bild machen konnte.

Insgeheim wunderte sie sich, von welchen Referenzen Eli Steele gesprochen hatte. Sie arbeitete zwar fast ausschließlich mit verletzten Sportlern, doch bisher war niemand auch nur annähernd so Berühmtes wie Alex Wolfe dabei gewesen. Vielleicht bezogen die beiden Männer sich auf ihr Leben als Profisurferin?

Ob sie gründlich genug recherchiert hatten, um auch das letzte Kapitel ihres früheren Lebens zu kennen?

Libby stoppte den Wagen und stieg aus. Hingerissen betrachtete sie das ultramoderne Haus inmitten einer weitläufigen Rasenfläche, die in eine parkähnliche Gartenanlage überging.

Das imposante zweistöckige Gebäude war eine gelungene Mischung aus viel Weiß und einigen Akzenten in Ultramarin und dunklem Hartholz.

Unter Garantie gab es einen luxuriösen Indoorpool, damit das Ausdauertraining auch im australischen Winter nicht zu kurz kam. Für die heiße Zeit stand ein Outdoorpool mit olympischen Ausmaßen zur Verfügung.

Obwohl sie auf dem Höhepunkt ihrer sportlichen Karriere selbst gut verdient hatte, wäre sie nie in der Lage gewesen, sich etwas annähernd Luxuriöses zu leisten. Natürlich schloss Alex Wolfe nebenher auch noch lukrative Werbeverträge für teures Aftershave, Männermode und Computerspiele ab. Der Mann besaß einfach alles: Charme, Geld und das Aussehen eines Filmstars.

Libby zupfte das Jackett ihres cremefarbenen Hosenanzugs zurecht und betrat den großen Vorplatz, den riesige Terrakottatöpfe mit blühendem Jasmin und immergrünen, perfekt gestutzten Stauden umrahmten. Mit geschlossenen Augen sog sie den süßen tropischen Duft ein und stieß einen genüsslichen Seufzer aus.

Eine tiefe sexy Stimme mit schwachem englischem Akzent riss sie aus ihrer Verzauberung. „Dem kann ich nur zustimmen, es ist wirklich ein fantastischer Tag. Vielleicht sollten wir uns draußen unterhalten?“

Es begann unten im Bauch – ein angenehmes Kribbeln, gefolgt von sengender Hitze, die ihren ganzen Körper überschwemmte. Libby riss die Augen auf und starrte den Mann an, der vor ihr stand.

Eine kleine Ewigkeit verging, bevor ihr Gehirn wieder arbeitete. Noch nie zuvor war ihr so etwas passiert. Immerhin war sie in ihrer aktiven Sportzeit durchaus an attraktive Männer gewöhnt, wie man sie gerade in den Surferparadiesen der Welt finden konnte.

Aber dieses Exemplar …

Sein Lächeln forderte sie eindeutig heraus. Das dunkelblonde Haar trug er gewollt lässig und so lang, dass es bis über den Kragen seines schwarzen Poloshirts reichte. Und dann diese Schultern! So unglaublich breit und ultramaskulin.

Vergiss bloß nicht, warum du hier bist! ermahnte Libby sich.

Nach kurzer Überlegung, mit welchem Fuß sie starten sollte, zauberte sie ein warmes, aber professionelles Lächeln auf ihre Lippen. Dann ging sie gemessenen Schrittes auf ihren neuen Klienten zu. Sein rechter Arm war mit einer Schlinge am Körper fixiert.

„Hallo, mein Name ist Libby Henderson. Ich habe gerade für einen Moment Ihr Haus und Grundstück bewundert.“

Alex’ Blick glitt über die weitläufige grüne Fläche, und er nickte. Eine sanfte Brise wehte eine dunkelblonde Haarsträhne in seine Stirn. „Meine Arbeitsaufenthalte in Australien genieße ich auch immer ganz besonders, allein wegen des Klimas.“ Der neckende Blick aus den rauchgrauen Augen traf sie wie ein Blitzschlag. „Ich würde Ihnen ja gern die Hand reichen, aber …“

„Ihre rechte Schulter bereitet Ihnen Probleme“, beendete Libby nüchtern den Satz.

„Nichts allzu Ernstes“, schwächte er sofort ab, trat zur Seite und lud sie mit einer Geste ein, ihm ins Haus zu folgen.

Während sie sich neugierig in dem großzügigen, lichtdurchfluteten Eingangsbereich umsah, dachte sie über seine letzte Bemerkung nach. Wenn der Rennunfall zu einem Krankenhausaufenthalt geführt und sein Teamarzt eine anschließende intensive Physiotherapie verordnet hatte, konnte sein flapsiger Kommentar nicht ganz zutreffend sein.

Ihr Job war es, dafür zu sorgen, dass ihr Patient – oder Klient, wie sie es zumindest offiziell lieber formulierte – baldmöglichst seine volle Beweglichkeit und Leistungsfähigkeit zurückerlangte. Deshalb war es wichtig, von Anfang an gegenzusteuern, wenn er seinen Zustand herunterspielte oder versuchte, sie, wodurch auch immer, zu manipulieren.

Männer wie Alex Wolfe wollten einfach nur zurück in ihr gewohntes Leben. Und zwar sofort! Libby hatte Verständnis dafür, aber unglücklicherweise war das nun einmal nicht möglich.

Energisch zwang sie ihren Blick von der grandiosen Freitreppe und dem polierten Marmorboden zurück zu ihrem Patienten, der die schwere Eingangstür mithilfe der linken Schulter schloss und dabei sichtlich Mühe hatte. Bestimmt hat der Butler seinen freien Tag! dachte sie ketzerisch.

„Kann ich Ihnen eine Erfrischung anbieten, Miss Henderson?“

Während Libby ihm durch die schneeweiße, spärlich eingerichtete Halle folgte, versuchte sie, in der simplen Frage nicht mehr zu sehen, als sie bedeutete. Trotzdem wurde sie das Gefühl nicht los, dass Alex Wolfe ihr viel mehr als nur einen Kaffee oder einen kühlen Drink anbot.

„Danke, nicht nötig“, murmelte sie, fasziniert von seinem geschmeidig kraftvollen Gang. Was würde er wohl über mich denken, wenn die Situation umgekehrt wäre? schoss es ihr durch den Kopf. Wenn ich voranginge und er hinter mir herliefe?

Was für eine unsinnige Frage! Ein Mann, der ständig von Supermodels umringt wurde, hatte bestimmt kein Auge für eine Physiotherapeutin!

„Wir können uns im Wintergarten unterhalten“, schlug Alex vor. Er öffnete die Tür zu einer gläsernen Veranda und führte Libby zu einer Dreiergruppe schneeweißer Ledersofas, die vor der verglasten Außenfront standen. Hinter dem Glas erstreckte sich der riesige Pool, den sie schon draußen bewundert hatte. Auf der anderen Seite des Schwimmbeckens stand ein Poolhaus, das wie eine Miniatur des Haupthauses wirkte und immer noch groß genug war, um eine vierköpfige Familie samt Freundeskreis aufzunehmen … inklusive Spa.

In einigem Abstand dazu lag ein lang gestrecktes Nutzgebäude, in dem Libby eine große Garage vermutete. Die ganze Welt wusste schließlich, wie vernarrt Alex Wolfe in seine Autos war!

„Bitte, setzen Sie sich doch“, unterbrach er ihre Spekulationen.

Sie lehnte sich nur leicht gegen das üppige Lederpolster in ihrem Rücken und hielt die Füße dicht zusammen, während Alex sich bequem neben sie lümmelte, anstatt auf der Couch ihr gegenüber Platz zu nehmen.

Seine geradezu magnetische Anziehungskraft irritierte Libby zunehmend, dabei konnte man den Abstand zwischen ihnen durchaus als dezent und vertretbar bezeichnen. Es war ja auch nicht so, dass Alex Wolfe seinen maskulinen Charme bewusst einsetzte, um …

Wenn er nur nicht so verdammt sexy wäre!

„Also, Miss Henderson, was haben Sie mit mir vor?“

„Ich habe mir Ihre Röntgenbilder angesehen und den Bericht Ihres behandelnden Orthopäden gründlich studiert“, begann sie steif und mied entschlossen seinen Blick. „Wie es aussieht, ist die Verletzung an Ihrer rechten Schulter keine komplette Dislokation, aber immerhin eine Subluxation. Verstehen Sie, was das bedeutet?“

„Sie ist nicht ganz aus der Kugel gesprungen, sondern nur halb, würde ich sagen.“

Libby nickte. „Nicht schlecht für einen Laien.“

In den grauen Augen blitzte es kurz auf. Sein amüsiertes Lächeln jagte heiße Schauer über ihren Rücken. Libby biss sich auf die Unterlippe. Grundgütiger! Konzentrier dich, Mädchen, so kann es unmöglich weitergehen!

Ihr Ziel war es schließlich nicht, Alex Wolfe wie ein alberner Teenager anzuschmachten! Sie wollte ihn so schnell wie möglich wieder fit machen, damit er seine glühende Dankbarkeit und Bewunderung für ihre Professionalität und Heilkünste vor aller Welt kundtun konnte.

Autor

Robyn Grady
Es ist schon lange her, doch Robyn Grady erinnert sich noch ganz genau an jenes Weihnachten, an dem sie ein Buch von ihrer großen Schwester geschenkt bekam. Sofort verliebte sie sich in die Geschichte von Aschenputtel, die von märchenhaftem Zauber und Erfüllung tiefster Wünsche erzählte. Je älter sie wurde, desto...
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