Zu heiß für die Liebe?

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Eine gewaltige Welle spült Melanie und Adam vor der Küste Floridas von Bord einer Luxusyacht - mitten hinein in ein traumhaftes Inselparadies! Wenn sie auch gerade noch heftig gestritten haben, so wird unter Palmen nun alles ganz anders …


  • Erscheinungstag 01.11.2015
  • ISBN / Artikelnummer 9783733743741
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Sie war die einzige vollständig bekleidete Frau in Sichtweite.

Auf dem geräumigen, voll besetzten Kreuzfahrtschiff, inmitten eines Dutzends halb nackter Frauen, die um die Aufmerksamkeit der Männer buhlten, stach sie mit ihrer Zurückhaltung deutlich ab. Adam war nicht der einzige Mann, der das wahrnahm, und es ließ ihn nicht kalt.

Im Grunde sollte er ihr dafür dankbar sein. Momentan konnte er jede Art von Ablenkung gebrauchen. Unablässig kreisten seine Gedanken um den Vertrag, den er auf der Insel Marco abschließen wollte, es machte ihn schier verrückt. Auf diesen Termin hatte er lange und verbissen hingearbeitet, und nun stand der Abschluss kurz bevor.

Sie trat an die Reling und beugte sich hinaus über das klare blaue Wasser des Golfs, betrachtete wie geistesabwesend den Himmel und das endlose Meer. Eine feuchte, salzige Brise kam auf, drückte ihr den weiten bunten Rock an den Körper und hob ihren reizvollen kleinen Po und die langen Beine hervor.

Adam Stone hievte seine Reisetasche von einer Hand in die andere und ließ die Fingergelenke knacken. Das teure Lederstück war ein Geschenk von seinem kleineren Bruder Kyle, extra für diese Reise. Sicherheitshalber hatte Adam die Tasche mit einem Lederriemen am Gürtel befestigt. Sie enthielt wichtige Papiere sowie einen beträchtlichen Scheck. Zudem besaß der elegante Beutel einen hohen gefühlsmäßigen Stellenwert. Er war ein Unterpfand für seine Zukunft, für die Zukunft seiner Angehörigen. Zwar würde man ihn auf der Jacht wohl kaum ausrauben, doch er konnte sein instinktives Verteidigungsbedürfnis nicht abschalten, solange so viel auf dem Spiel stand.

Er überlegte, ob er die Frau ansprechen sollte, und entschied sich dagegen. Hauptsächlich, weil er keine Zeit hatte, sich auf mehr als ein nettes Geplauder einzulassen. Außerdem schien sie sämtliche Männer auf dem Schiff zu ignorieren, ihn eingeschlossen. Jedenfalls wandte sie ihm den Rücken zu, als spürte sie sein Interesse und lehnte es rundheraus ab.

Die Sonne über Florida gab sich heute verhüllt, der Himmel war diesig. Doch das entmutigte die Bikinimädchen auf der Jacht nicht, sich um Adam zu scharen. Sie hatten sich auf ihn geworfen, sobald er an Bord gegangen war, mit eindeutigen Verführungsabsichten trotz seiner offensichtlichen Gleichgültigkeit. Seine Sinne konzentrierten sich auf diese unerreichbare Frau, die sich jetzt erneut entfernte, sich wieder von den anderen absetzte.

Adam vergaß seinen üblichen Charme und ließ die Mädchen stehen, um der Frau zu folgen. Es war ihr glänzendes schwarzes Haar, das ihm zuerst in die Augen gestochen hatte. Selbst ohne direktes Sonnenlicht schimmerte es wie Seide. Der Wind zauste die kurzen, feinen Locken und blähte den bunten Rock wie eine Fahne.

Adam schluckte.

Es war lächerlich, dass ihn der Anblick einer schlanken Hüfte unter einem leichten Rock dermaßen beeindruckte, während Oben-ohne-Mädchen ihn kaltgelassen hatten, doch er konnte sein Interesse nicht leugnen. Er spürte es unmittelbar im Bauch, und das Gefühl kam ihm unheimlich vertraut vor.

Sie hatte die Ellbogen auf die Reling gestützt, und er konnte ausgiebig den schönen Schwung ihres Nackens und ihres Rückens bis zu der schmalen Taille betrachten. Ihr knappes Top mit den Spaghettiträgern, fast prüde im Vergleich zu den winzigen Bikinis der anderen, gestattete ihm dennoch eine reizvolle Sicht auf goldfarbene Haut und verführerische Kurven. Fasziniert trat er näher, wobei er wieder die Reisetasche von einer Hand in die andere wechselte.

Sie hatte ihn noch nicht wahrgenommen. Mit einem Seufzer, der für ihn sogar die laute Musik und das Rauschen der Wellen am Bug übertönte, hob sie das Gesicht in die Brise. Adam trat einen Schritt zur Seite, neugierig, ihr Profil zu sehen – ob sich das Interesse lohnte, das sie in ihm geweckt hatte.

Der Schock fuhr ihm durch alle Glieder.

„Mel? Mel Tucker?“

Anstatt sich ebenso überrascht umzuwenden, versteifte sie sich abrupt. Sie umklammerte die Reling noch fester und drehte den Kopf langsam in seine Richtung. Mit schmalen Augen und zusammengekniffenen Lippen sagte sie: „Alte Gewohnheiten sterben langsam, wie ich sehe. Aber mein Name ist Melanie. Und für dich Miss Tucker.“

Adam lachte. Plötzlich war ihm ganz leicht zumute. Das böse Schicksal, das ihn auf dieses Schiff verschlagen hatte, schien ihm nicht mehr so übel zu wollen. „Du hast dich kein bisschen verändert, Mel.“

Er musterte sie eingehend, als sie sich ihm zuwandte, die Hände in die schlanken Hüften gestemmt. Seine Stimme senkte sich kaum wahrnehmbar, und ohne die Zustimmung seines Verstandes abzuwarten, murmelte er: „Du bist verteufelt sexy.“

Ihr Mund wurde schmal, und die hellblauen Augen, die ihn noch immer in seinen Träumen heimsuchten, wirkten drohender als das aufziehende Unwetter. Sie hob die Nase ein Stück – eine Geste, die sie schon in der Grundschule perfekt beherrscht hatte – und sagte: „Du hast dich offenbar auch nicht verändert.“

Die Worte trafen ihn wie ein Schlag, denn er wusste, was sie meinte. Seine Muskeln verkrampften sich. Und wie er sich verändert hatte – mehr, als er sagen konnte.

Mit Mühe hielt Adam einen Wutausbruch zurück. Solange er sich erinnern konnte, hatte Mel diese Fähigkeit gehabt, ihn mit einer Kleinigkeit zur Raserei zu bringen. Damals in Brockton, Ohio, war seine Familie unsäglich arm gewesen, während Mels Vater quasi die ganze Stadt beherrschte. Sie wohnte auf einem Hügel mit einer fantastischen Aussicht, und er in einem halb durchgerosteten Wohnmobil unten am Fluss. Obwohl Adam schon früh zu arbeiten begonnen hatte, gab er seinen ganzen Verdienst zu Hause ab – und trotzdem war sein Vater gestorben. Mel war auf ein Elitecollege gegangen, während er die traurigsten Jahre seines Lebens durchmachte.

Und sie wagte zu behaupten, er hätte sich in all den Jahren nicht verändert?

Doch er war inzwischen älter und klüger und hatte die Unsitte, mit Mädchen zu kabbeln, längst abgelegt. Er rang sich ein Lächeln ab. „Sieben Jahre sind vergangen. Da sollte man annehmen, dass wir uns beide verändert haben.“

Sie blinzelte gereizt und presste die Lippen zusammen. „Was willst du, Adam?“

Verblüfft starrte er sie an, mit offenem Mund und gerunzelten Brauen. „Du bist mir ja immer noch böse“, stellte er fest. „Nach sieben Jahren bist du noch wütend auf mich.“ Er stieß ein kurzes, raues Lachen aus, und sie richtete sich gerade auf, das Kinn erhoben.

Die Spannung zwischen ihnen war deutlich spürbar, bis Mel sich abrupt umdrehte und zum Heck des Schiffes ging. Sie duckte sich unter einer Rutsche hindurch, die vom Oberdeck bis fast ins Wasser reichte, öffnete eine Pforte und setzte sich auf das Sprungbrett. Dann zog sie den Rock zu den Knien hoch und tauchte die schlanken Füße ins Wasser, ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen.

Adam schäumte. So einfach ließ er sich nicht abwimmeln! Er wand sich ebenfalls unter der Rutsche hindurch, setzte sich mit gekreuzten Beinen neben sie und nahm seine Tasche auf den Schoß. Sie verharrte schweigend, ablehnend.

Es ging ihm gegen den Strich.

Mel hatte stets eine starke Wirkung auf ihn ausgeübt. Von der ersten Begegnung an, als Kinder, war da eine Anziehung gewesen, was sie heftig abstritt und ihn ständig beunruhigte. Er spürte es noch, aber er würde sich hüten, es ihr zu sagen. Ihr Reichtum und ihre gesellschaftliche Stellung würden ihn nicht mehr einschüchtern. Er hatte es zu etwas gebracht, obgleich es nicht leicht gewesen war. Es gab keinen Grund für ihn, sich als der erbärmliche Habenichts zu fühlen, über den ihre Familie die Nase gerümpft hatte.

Die Jacht machte wenig Fahrt, doch das Wasser des Golfs war bewegt. Adam sah zum Himmel, dann stirnrunzelnd auf Melanie. Er suchte nach einem unverfänglichen Thema, um seine Gelassenheit zu beweisen. „Es sieht nach einem Sturm aus. Ich werde zu spät kommen.“

Er wünschte, sie würde fragen: „Zu spät wozu?“ Natürlich fragte sie nicht. Mel tat nie das, was er erwartete. Stattdessen sagte sie: „Ich wünschte, du wärst nicht auf diesem Schiff, Adam.“

Sie sah ihn nicht an, und das ärgerte ihn ungemein. Sein Leben lang war sie ihm aus dem Weg gegangen, für ihn unerreichbar gewesen. Und noch immer gab es Nächte, in denen er nicht schlafen konnte, weil er an sie dachte, sich vorstellte, dass …

Damals hatte er sie gnadenlos aufgezogen. Zwar war er zwei Jahre älter, doch er musste wegen der Krankheit seines Vaters, die nicht richtig behandelt wurde, ein Schuljahr wiederholen. Niedergelassene Ärzte waren zu teuer, und die Fahrten zur Klinik kosteten Adams Eltern viel Arbeitszeit.

Er hatte Mel in dieser Zeit oft gesehen, und ihr Lebensstil, ihr offensichtlicher Reichtum waren für ihn wie ein anhaltender, pochender Schmerz. Ständig führte sie ihm vor Augen, was er entbehrte und was sie im Übermaß genoss. Als Jugendlicher hatte er sie in mancher Hinsicht beinah gehasst.

In der Highschool dann hatte er gelernt, seine Gefühle zu verbergen und sie mehr und mehr als weibliches Wesen wahrzunehmen. Sie stellte alles dar, was er im Leben erreichen wollte: Sicherheit, Wohlstand, Geltung. Nach einer Weile wollte er sie erreichen. Aber das war wie ein Griff nach den Sternen. Lächerlich.

Er hatte sie unablässig beobachtet, mit klarem Blick für die Unterschiede, besessen und gleichzeitig besitzergreifend. Sobald jener traurige, einsame Blick in ihre blauen Augen trat, war er der Erste, vielleicht der Einzige, der es bemerkte. In dem kleinen, schlichten Ort war sie durch ihren großen Reichtum total isoliert vom Rest der Bevölkerung.

Er hatte ihre Traurigkeit verscheuchen wollen. Sie schuf eine Gemeinsamkeit zwischen ihnen, etwas, das ihn anzog.

Doch das war längst vorbei. Damals hatte sie ihn verabscheut.

Und offenbar hasste sie ihn noch heute.

„Ich hätte ein Charterboot nehmen sollen“, knurrte er. Er versuchte, die alten Sehnsüchte zu vergessen, die Stiche, die ihr Groll ihm versetzte, obwohl er es leugnen wollte. Der Wind pfiff über das Deck und fegte ein buntes Badefloß ins Meer, wo es ungebärdig auf den aufgewühlten Wellen zu tanzen begann. „Aber der Kapitän wurde plötzlich krank. Ich hätte einen wichtigen Termin verpasst, doch dann sah mich dein Freund, der Kapitän dieses Schiffs, und bot mir eine Passage an. Da habe ich zugegriffen.“

„Er ist nicht mein Freund. Ich kenne ihn kaum.“

„Warum bist du dann hier?“

Mel blickte aufs Meer hinaus, wobei sie sich ständig die windzerzausten Haare aus dem Gesicht strich. Sie trug das Haar jetzt kürzer, und das gefiel ihm. Der lässige Schnitt passte gut zu ihren zarten Zügen. Der Saum ihres Rocks wurde nass, aber entweder bemerkte sie es nicht, oder es war ihr egal. Adam dagegen bemerkte es. Er hatte immer jede Kleinigkeit, die sie betraf, überdeutlich wahrgenommen.

Sie überhörte seine Frage und sagte: „Ich habe dich vorhin schon gesehen.“ Sie warf ihm einen Blick zu und sah wieder weg, scheinbar gleichgültig. „Du warst die ganze Zeit von Frauen umringt, seit du den Fuß an Bord gesetzt hast. Manche Dinge ändern sich wohl nie.“

Verdutzt starrte er ihr Profil an. „Du hast mich gesehen und nicht einmal Hallo gesagt?“

„Warum sollte ich?“ Sie sah ihn direkt an, ihre Augen blitzten. „Wir sind nicht gerade in Freundschaft geschieden. Du warst ein mieses kleines Scheusal, das seinen Spaß daran hatte, mir das Leben sauer zu machen.“

Er musterte ihr Gesicht, sichtlich gepeinigt. „Meine Güte, Mel, das ist sieben Jahre her. Wir waren Kinder, und als wir älter waren, habe ich nicht …“

„Melanie. Ich heiße Melanie, verflixt noch mal.“

Er konnte sich nicht erinnern, sie jemals so aufgebracht erlebt zu haben. Meistens war sie ihm gegenüber gereizt, sie schreckte zurück, sobald er ihr zu nahe kam. Nie verteidigte sie sich, obwohl er alles daransetzte, sie aus der Reserve zu locken. Zunehmend frustriert zog er eine Augenbraue hoch. „Entschuldige tausend Mal.“ Dann fügte er hinzu: „Du hast dich tatsächlich verändert, nicht?“

Wieder hob sie das Kinn. „Wenn du damit meinst, dass du mich nicht mehr einschüchtern kannst – ja.“

„Ich habe dich eingeschüchtert?“ Es stimmte, er hatte es auf ihre Verletzlichkeit abgesehen gehabt, doch das wollte er jetzt nicht mehr gelten lassen. Neid, Begehrlichkeit, ein sehr tiefer emotionaler Hunger hatten ihn getrieben. Er war keineswegs stolz auf jene Phase in seinem Leben. „Honey, du hattest mich doch vollkommen in der Hand. Du hättest meine gesamte Familie zum Tor hinausjagen können, wenn du gewollt hättest.“

Sie blinzelte, als wäre sie von ihren eigenen Worten, von ihrem Geständnis überrascht. Ein paar Regentropfen fielen, sacht zuerst, doch bald hart und stechend. Im Hintergrund ergriff das Partyvolk lachend und kreischend die Flucht. Die Frauen angelten nach ihren Tops und Handtüchern, das geheizte Becken auf dem Oberdeck leerte sich im Nu. Minuten später waren alle unter Deck. Alle außer Mel und Adam.

Schließlich wandte Melanie den Blick ab, und Adam sog tief die Luft ein, während er sie nicht aus den Augen ließ. Einen Moment lang hatte er sich von ihrem Blick gefangen gefühlt, und das war keineswegs unangenehm gewesen. Sie rührte etwas in ihm auf, das er lange Zeit vergessen hatte.

Der Regen rauschte herunter und durchnässte Adams Haar, er ignorierte es.

Er sollte Mel am Arm nehmen und in die Kabine bringen. Aber er wollte nicht. Er wollte mit ihr reden, allein, abseits von der angetrunkenen Meute. Sobald sie die Insel erreichten, würde er sie vermutlich nie wiedersehen. Es drängte ihn, sich für sein früheres Benehmen zu entschuldigen. Er wollte ihr mitteilen, was er inzwischen alles erreicht hatte, wie sehr er sich geändert hatte.

Sie sollte in ihm nicht mehr den armen Kerl von unten am Fluss sehen.

Das Schiff bäumte sich plötzlich auf, sie rutschten auf den Planken entlang, suchten Halt an der Reling – und aneinander. Mel klammerte sich an Adams Hosenbein, während er ihren Ellbogen packte. Sanft, mit pochendem Herzen, strich er an ihrem Arm hinab bis zu ihren schmalen Fingern. Sie lockerte ihren Griff, doch bevor sie ganz losließ, nahm er ihre Hand und hielt sie fest.

Mels Augen wurden groß, und sie blickte sich um, als bemerkte sie erst jetzt den Sturm und das verlassene Deck. Das Stampfen des Schiffs verhinderte, dass sie Adam von sich stieß. Über das Dröhnen der Maschinen hinweg sagte sie: „Wir sollten hineingehen.“

Ein vergessenes Badetuch traf ihn im Rücken, von Regen und Wind herangeschleudert. Er verstärkte den Griff um ihre Hand, während er sich von dem Handtuch befreite. Zum Glück hatte er trockene Kleidung in der Reisetasche, sonst hätte er seine Besprechung vergessen können. Schließlich konnte er nicht das Geschäft seines Lebens abschließen, wenn er aussah wie eine nasse Katze. Ein weiteres Badefloß segelte vorbei und verschwand in den tosenden Wellen.

Besorgt über die Stärke des Sturms, stand Adam vorsichtig auf und half Mel ebenfalls auf die Füße. Das Gejohle aus der Kabine, das Lachen und die laute Musik ließen vermuten, dass niemand von ihrer Anwesenheit an Deck wusste. Und als Mel sich gerade aufrichtete, legte das Schiff sich hart auf die Seite, und sie verlor das Gleichgewicht. Mit vor Schreck geweiteten Augen und einem entsetzten Schrei stürzte sie über Bord.

Adam stieß einen Fluch aus und griff nach ihr, verfehlte sie jedoch. Seine Tasche schlug ihm gegen die Beine, der Gurt riss ihn von den Füßen. Auch er wurde in einem gewaltigen Schwung über Bord gespült, allerdings unglücklicher als sie, denn er schlug im Fallen mit dem Kopf an die Rutsche.

Bevor er unterging, nahm er noch das Rumoren des sich entfernenden Schiffsmotors wahr, das Brüllen des Sturms und – am schlimmsten – Melanies fast hysterisches Schreien. Ihre Angst elektrisierte ihn. Er ignorierte den Schmerz in seinem Kopf, kämpfte sich an die Oberfläche und suchte verzweifelt mit den Augen die Wellenkämme nach ihr ab.

Wind, Regen und Meer schlugen ihm ins Gesicht, seine Schläfe pochte höllisch, aber er durfte nicht nachlassen. Mel war bereits mehrere Meter von ihm entfernt, sie strampelte wild um sich, als wäre sie am Ertrinken. Die Angst drückte ihm schier die Luft ab, als er sich umdrehte und das Schiff entschwinden sah. Mit dem niederziehenden Gewicht der Tasche am Leib schwamm er auf Mel zu. Gerade als sie einen erneuten halb erstickten Schrei ausstieß, erreichte er sie … und versank mit ihr.

Melanie nahm eine glatte, gleitende Berührung am Unterkörper wahr und öffnete den Mund, um wieder zu schreien. Sie verschluckte einen gewaltigen Schwall Salzwasser. Der Gedanke an Haie steigerte ihre Panik ins Unermessliche, Unkontrollierbare.

Doch dann tauchte Adams blonder Haarschopf neben ihr auf. Sie fühlte sich hochgezogen und an seinen festen Körper gedrückt. „Mel!“ Sie spürte seine Beine, die mit ihrem langen Rock kämpften, seine Arme um ihren Körper. Nichts in ihrem bisherigen Leben hatte sich so beruhigend angefühlt.

„Lieber Gott.“ Sie klammerte sich fest an ihn und versuchte, die Schrecken ihrer Lage zu verdrängen. Sie liebte Schiffe, Sonne und Meer, aber sie hatte sich nie vorgestellt, einmal über Bord zu gehen und den Naturgewalten ausgeliefert zu sein. „O mein Gott, mein Gott …“

„Mel, du ertränkst mich ja. Beruhige dich.“

Er versuchte, sie ein wenig von sich zu schieben, aber sie hatte eine Hand in seinem Haar vergraben und schien um keinen Preis loslassen zu wollen. Sein vertrauter Duft, den sie ihr Leben lang nicht vergessen würde, umgab sie, und sie drängte sich noch näher an ihn. Sein Haar war noch genauso wie früher, etwas zu lang, zu sexy, der verflixte Kerl, und sie nahm es als Rettungsanker, sie wollte nicht als Haifischfutter dienen.

Ihre Stimme brach fast, als sie verzweifelt ausrief: „Wo ist das Schiff? Wo ist es?“

„Hab keine Angst“, sagte Adam. „Wir müssen jetzt ein bisschen schwimmen, Honey.“

„Schwimmen? Schwimmen!“ Eine bösartige Welle schlug ihr ins Gesicht, sie bekam Wasser in die Nase, sodass sie spuckte und würgte. Die Wut des Sturms ließ nicht nach und tauchte sie immer wieder unter. Würde das aufgewühlte Wasser die Haie anziehen oder vertreiben?

So ruhig wie möglich erklärte Adam: „Das Schiff ist weg, Mel. Entspann dich, du reißt mir die Haare aus.“

Mel versuchte es, sie gab sich alle Mühe. Sie hatte unbedingt Eindruck auf Adam machen wollen, und auf diese Weise gelang ihr das sicher nicht. Aber sie konnte ihre Finger einfach nicht von ihm lösen. „Das darf doch nicht wahr sein … das gibt’s doch nicht …“

„Mel, komm zu dir. Die Idioten an Bord sind entweder zu betrunken oder zu dämlich, um zu merken, dass wir nicht mehr da sind. Wir sind auf uns selbst angewiesen, bis sie anlegen und die Passagiere durchzählen.“

Falls sie überhaupt zählen. Er hatte recht, sie waren alle beschwipst, deshalb hatte sie sich von ihnen ferngehalten, um allein zu sein. Ob diese Leutchen jemals feststellten, dass zwei fehlten? Mel stöhnte laut. „Wir werden ertrinken!“

Autor

Lori Foster
Bisher hat die US-amerikanische Bestseller-Autorin Lori Foster über siebzig Liebesromane geschrieben. Unter dem Namen L.L.Foster schreibt sie Fantasy-Romane. Mit dem Schreiben begann Lori Foster erst im Alter von 30 Jahren, vorher dachte sie nie daran, eine Geschichte zu schreiben. Als sie mit einer Lungenentzündung das Bett hüten musste, brachte ihre...
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