Baccara Collection Band 403

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VERBOTENES BEGEHREN NACH DIR von LAURENCE, ANDREA
Deacon ist ein erfolgreicher Hoteltycoon, doch als er für ein neues Projekt in seine Heimat zurückkehrt, fühlt er sich wieder wie der Bad Boy von einst. Seine Jugendliebe Cecelia ist längst mit einem anderen verlobt. Aber warum steht sie dann plötzlich nachts vor seiner Tür?

KÜSSE, DIE NACH LIEBE SCHMECKEN von GARBERA, KATHERINE
Ein Verhältnis mit Ethan, dem Freund ihres Ex? Für die schöne Fotografin Crissanne undenkbar! Bis der sexy Anwalt sie zärtlich küsst und Crissanne sich nicht nur so begehrt fühlt wie nie zuvor - sie verliebt sich auch in ihn. Fatal, denn plötzlich geht Ethan auf Distanz.

IM BANN HEIMLICHER LEIDENSCHAFT von DUNLOP, BARBARA
"Heirate mich!" Als TJ dem einstigen Mauerblümchen Sage einen Antrag macht, zählt für ihn nur sein Sohn, den sie ihm so lange verschwiegen hat. Doch dann stellt der verwitwete Millionär fest, dass eine aufregende Frau aus Sage geworden ist …


  • Erscheinungstag 26.02.2019
  • Bandnummer 403
  • ISBN / Artikelnummer 9783733725594
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Andrea Laurence, Katherine Garbera, Barbara Dunlop

COLLECTION BACCARA BAND 403

ANDREA LAURENCE

Verbotenes Begehren nach dir

Sommernächte und wilde Küsse im Pick-up! Als Cecelia nach Jahren vor Deacon steht, fühlt sie sich wieder wie ein verliebter Teenager. Für die Designerin ein Desaster, denn sie ist nicht nur in festen Händen, Deacon ist auch ihr neuer Boss. Doch als ihr Leben plötzlich in Scherben liegt, ist er der Einzige, der zu ihr hält. Begehrt er sie etwa immer noch?

KATHERINE GARBERA

Küsse, die nach Liebe schmecken

Für Crissanne hatte Ethan schon immer eine Schwäche, auch wenn sie die Freundin seines besten Freundes ist. Jetzt steht sie plötzlich vor seiner Tür – als Single! Es ist seine Chance, ihr Herz zu erobern, und als er in ihren Augen pures Verlangen sieht, scheint sein Glück perfekt. Bis ein erschütterndes Ereignis ihre junge Liebe auf eine harte Probe stellt …

BARBARA DUNLOP

Im Bann heimlicher Leidenschaft

Ihre große Liebe? Von wegen! Eigentlich sollte Sage den arroganten Unternehmer TJ sogar hassen, schließlich hat er einst mit ihren Gefühlen gespielt. Doch jetzt kann nur er ihren kranken Sohn retten. Als TJ erfährt, dass er der Vater ihres Kindes ist, will er Sage sogar heiraten – natürlich rein platonisch. Aber warum küsst er sie dann so verboten sinnlich?

1. KAPITEL

„Du schaffst das, Cecelia!“

Cecelia Morgan sprach sich selbst Mut zu. Sie ließ den Blick wohl zum hundertsten Mal über ihre Präsentationsmappe gleiten. Morgen sollte sie vor der Leitung des neuen Bellamy-Hotels erscheinen und ihre Ideen für die Inneneinrichtung präsentieren. Das war ein großer Schritt für sie.

Gleich nach dem College hatte sie sich selbstständig gemacht. Ihr Unternehmen TTM – To the Moon war spezialisiert auf Möbel für Kinder und auf Spielzeug. Von Anfang an hatte sie dabei auf das Luxussegment gesetzt. Sie bediente die Wünsche wohlhabender Eltern, denen für ihre Kinder nur das Beste gerade gut genug war.

Ihre Ideen kamen an. Aus einem kleinen Onlinehandel wurde sehr schnell eine Kette exklusiver Läden überall in den USA. Anstoß für die Expansion war ein Bericht in den sozialen Medien gewesen, in dem eine Promi-Mutter begeistert vom TTM-Design für ihr neues Kinderzimmer geschwärmt hatte. Um alle Nachfragen bedienen zu können, musste Cecelia am Stadtrand von Royal in Texas einen eigenen Produktionsbetrieb und ein Lager aufbauen.

Inzwischen hatte sie mit Luna Fine Furnishings eine Tochterfirma von To the Moon gegründet. Hatte sie sich bisher ganz auf die Bedürfnisse der Kleinen konzentriert, so wollte sie nun auch die Luxuswünsche der Erwachsenen bedienen. Der Auftrag für das Bellamy war ihre Chance, mit den Ideen für Inneneinrichtung ein größeres Publikum zu erreichen.

Das Bellamy war ein neues Fünf-Sterne-Hotel, das direkt vor den Toren Royals eröffnen wollte. Sein Besitzer war Shane Delgado. Er hatte sich vor einem Monat bei Cecelia gemeldet. Sie sollte neben zwei Mitbewerbern ein Angebot für die komplette Inneneinrichtung des Hauses machen. Der vorherige Innenarchitekt war gefeuert worden, weil es immer wieder zu Unstimmigkeiten gekommen war. Dies war die Chance für Luna Fine Furnishings. Falls Cecelia den Auftrag bekam, hatte sie den Fuß in der Tür zum Markt für exklusive Inneneinrichtung.

Wie ihr Daddy immer sagte: Wenn du nicht bereit bist, dich weiterzuentwickeln, kannst du auch gleich aufgeben. Sie war erfolgreich, aber das war nicht genug für die Morgans. Es musste immer weiter nach oben gehen.

Es hatte sie ziemlich überrascht, dass Shane sich überhaupt an sie gewandt hatte. Vorher hatte er kein Hehl daraus gemacht, dass er sie als vollwertiges Mitglied der „drei Hexen“ betrachtete – unter dem Spitznamen liefen Cecelia und ihre beiden besten Freundinnen Simone und Naomi bereits seit Highschool-Tagen. Sie hatten sich diesen Titel ehrlich verdient, das musste sie zugeben. Ebenso, wie sie zugeben musste, dass sie nicht sehr nett zu Shanes Freundin Brandee gewesen war.

Die letzten Gerüchte, die sich um die drei Hexen rankten, waren alles andere als schmeichelhaft gewesen. Man vermutete, dass sie hinter dem anonymen Erpresser Maverick steckten, der die Stadt seit einigen Monaten heimsuchte. Shane ging wirklich ein ziemliches Risiko ein, indem er sie einlud, sich an der Ausschreibung zu beteiligen. Deshalb sollte er es nicht bereuen.

Cecelia verstaute alle Unterlagen in der Mappe und schob sie in ihre Ledertasche. Sie war das Ganze schon so oft durchgegangen, dass sie es jetzt einfach dabei belassen sollte. Alles war perfekt. Eine der besten Arbeiten, die sie je gemacht hatte. Wie üblich setzte sie sich zu sehr unter Druck. Ihre Eltern waren ihr in dieser Hinsicht keine Hilfe. Cecelia war ihr einziges Kind, und sie setzten hohe Erwartungen in sie. Weniger als Perfektion war für sie nicht akzeptabel.

Cecelia nahm an, dies war die Ursache für ihren Erfolg. Brent und Tilly Morgan gehörten zu den besseren Kreisen von Texas. Sie hatten ihre Tochter so erzogen, dass sie ihre Nachfolge antreten konnte – quasi wie in einer Königsfamilie. Cecelia besuchte die besten Privatschulen, hatte Reiten als Hobby und nahm schon während der Highschool an Turnieren in Dressurreiten teil. Natürlich schloss sie ihr Studium der Betriebswirtschaft an einer der angesehensten alten Universitäten mit Summa cum laude ab, wie es sich für eine Tochter der Morgans geziemte.

Ihre Eltern hatten sie bei der Firmengründung emotional und finanziell unterstützt, aber Cecelia hatte das ungute Gefühl, dass die Hilfe ihren Preis hatte. Sollte Luna Fine Furnishings nicht so erfolgreich sein wie erhofft, würde sie es immer wieder zu hören bekommen. Auf keinen Fall wollte sie, dass ihr Vater ihr auf den Rücken klopfte und ihr riet, doch lieber bei den Babysachen zu bleiben. Oder noch schlimmer: dass er ihr riet, die Firmenleitung jemand anderem zu überlassen und mit Chip Ashford eine Familie gründete. Nach dem Motto: Lieber Babys machen als Möbel für Babys.

Sie hatte nichts dagegen, mit Chip eine Familie zu gründen – er war schließlich ihr Verlobter –, aber dafür wollte sie nicht alles aufgeben, was sie sich so hart erarbeitet hatte. Chip war Senator, und er hatte sie bei ihren beruflichen Ambitionen bisher unterstützt. Blieb nur zu hoffen, dass er sich nach der Heirat nicht der Haltung ihrer Eltern anschloss.

Es war ja nicht so, dass sie keine Kinder wollte. Im Gegenteil, sie hätte nur zu gern eigene Kinder gehabt, aber sie war überzeugt, gleichzeitig Mutter und erfolgreich berufstätig sein zu können. Sie hatte nicht die Absicht, ein Lebensziel für das andere aufzugeben.

Cecelias Handy machte sich bemerkbar. Eine Nachricht von Snapchat. Sie brauchte einen Moment, um zu begreifen, was sie da sah. Es war ein Foto von einem Dokument mit sehr klein gedrucktem Text. Eine Geburtsurkunde. Mit dem Stempel des Staates Texas unten in der Ecke. Merkwürdig war der begleitende Text:

Jemand hat ein Geheimnis.

Cecelia warf nochmals einen Blick auf das Foto, bevor es wie bei Snapchat üblich vom Display verschwand. Erst jetzt begriff sie, dass es nicht irgendeine Geburtsurkunde war, sondern ihre eigene! Die Urkunde, die ausgestellt worden war, bevor die Morgans sie adoptiert hatten.

Für einen Moment lang verschlug es Cecelia den Atem. Ihre Adoption war immer geheim gehalten worden. Alle, sogar entfernte Familienmitglieder, waren überzeugt, dass Brent und Tilly Cecelias biologische Eltern waren. Auch Cecelia selbst hatte es bis zu ihrem dreizehnten Geburtstag geglaubt. An dem Abend hatten sie ihr gesagt, dass sie adoptiert war und dass sie es zu ihrem eigenen Schutz geheim hielten.

Die traurige Wahrheit war: Ihre leibliche Mutter war drogensüchtig gewesen. Die Behörden nahmen ihr das Kind weg, als es erst wenige Wochen alt war. Kurz danach war ihre Mutter an einer Überdosis gestorben. Man gab das Kind zur Adoption frei. Die Morgans hielten es für das Beste, so zu tun, als habe es Cecelias leibliche Mutter und ihr trauriges Ende nie gegeben.

Aber irgendjemand hatte es herausgefunden.

Cecelia konnte sich nicht vorstellen, wie das geschehen war. Sie selbst hatte ihre Geburtsurkunde bisher noch nie zu Gesicht bekommen. Man hatte bei der Adoption eine neue ausgestellt. Jemand musste also wirklich tief gegraben haben, um an dieses Dokument zu gelangen.

Ein weiteres Bild erschien auf ihrem Display. Eine Nachricht, die aus ausgeschnittenen Buchstaben bestand – wie ein Erpresserbrief. Und genau das war es! Sie wurde aufgefordert, innerhalb von vierundzwanzig Stunden fünfundzwanzigtausend Dollar auf ein bestimmtes Konto zu überweisen. Sonst würde die ganze Stadt ihr Geheimnis erfahren. Unterschrift: Maverick.

In Anbetracht all dessen, was in den letzten Monaten in Royal passiert war, hätte sie wissen können, dass Maverick sie über kurz oder lang ins Visier nehmen würde. Die Person, die unter diesem Namen agierte, hatte mehrere Bewohner von Royal mit der Aufdeckung von Geheimnissen bedroht. Der anonyme Erpresser war das Thema in der Stadt. Jeder im Texas Cattleman’s Club hatte eine andere Idee, wer dahinterstecken könnte. Neuerdings waren sogar Cecelia und ihre Freundinnen Naomi und Simone – die drei Hexen – unter Verdacht geraten.

Cecelia war jedoch eine viel beschäftigte Frau. Sie leitete ihre eigene Firma, trat als Begleitung ihres Verlobten bei diversen politischen Veranstaltungen auf und gab die liebevolle Tochter ihrer Eltern. Da blieb ihr wirklich keine Zeit mehr, in der schmutzigen Wäsche ihrer Mitbewohner herumzustöbern. Durch ihren vollen Terminkalender und ihre hohen Ansprüche wirkte sie auf viele snobistisch, und vielleicht war sie das auch. Aber auf jeden Fall war sie keine Erpresserin. Leider hätte sie das nur beweisen können, indem sie publik machte, dass sie Mavericks jüngstes Opfer war.

Doch das war ausgeschlossen. Sie konnte nicht einfach so erklären, dass ihre ganze äußere Fassade eine Lüge war.

Hinzu kam noch, dass es nicht nur ihr Geheimnis war. Auch ihre Eltern hatten ihr ganzes Leben um ihre perfekte Tochter herumgebaut. Sie hatten den anderen Mitgliedern der Familie und auch ihren Freunden etwas vorgemacht, um den schönen Schein zu wahren. Nun musste Cecelia sie und ihre Geschichte schützen, indem sie Mavericks Forderung nachkam. Etwas anderes schien ihr nicht übrig zu bleiben.

Außerdem musste sie auch Chips Seite berücksichtigen. Die Ashfords waren eine sehr angesehene Familie. Chip ging selbstverständlich davon aus, dass Cecelia ihm ebenbürtig war. Würde er die Verlobung lösen, wenn er die Wahrheit erfuhr? In ihrer Beziehung ging es mehr um den äußeren Schein als um Liebe, aber sie hoffte, dass Chip genügend für sie empfand, um nicht alles in den Wind zu schlagen, wenn ihr Geheimnis aufgedeckt wurde. Was sie betraf, war sie eine Morgan durch und durch.

Und als eine Morgan war es ihre Pflicht, ihren Ruf und den ihrer Familie zu schützen – sonst konnte sie sich den Termin im Bellamy gleich schenken. Was Shane betraf, hing ihr Ruf ohnehin an einem seidenen Faden. Ganz sicher wollte er nicht, dass die Eröffnung seines Hotels von einem Skandal überschattet wurde.

Aber wann ging das alles zu Ende? Gab Maverick sich mit einer Zahlung zufrieden oder stellte er weitere Forderungen, bis Cecelia kein Geld mehr hatte und ihr Unternehmen bankrottging?

Cecelia stützte den Kopf zwischen die Hände und kämpfte gegen eine aufkommende Migräne. Sie steckte in der Klemme und wusste nicht, wie sie sich daraus befreien sollte. Entweder erfüllte sie Mavericks Forderung, oder die Wahrheit über ihre Adoption würde zum Stadtgespräch werden, mit allen unabsehbaren Folgen.

Die Uhr tickte.

Sie war sich nicht sicher, wie es weitergehen sollte, aber sie wusste, was sie jetzt tun würde: Immer, wenn es eine Krise gab, rief sie ihren Daddy an. Dieses Gespräch war allerdings nichts für das Telefon, das musste sie persönlich führen. Sie wusste nicht, wie Maverick von ihrer Adoption erfahren hatte, aber falls er ihr Telefon abhörte oder ihren PC überwachte, dann konnte sie nicht die üblichen Kommunikationswege nutzen, sondern musste ihren Vater aufsuchen.

Cecelia brauchte mehr als eine Stunde, um die Villa ihrer Eltern am Rande von Houston zu erreichen. Es war schon fast zehn Uhr, doch sie wusste, dass ihre Eltern noch nicht schliefen. Wie erwartet fand sie ihren Vater in der Bibliothek. Er las ein Buch und rauchte dabei eine seiner geliebten Zigarren.

Brent Morgan sah überrascht auf, als er seine Tochter in der Tür stehen sah. „Kleines! Was machst du denn hier? Deine Mutter hat gar nichts davon gesagt, dass du kommst.“

Cecelia nahm in dem Ledersessel ihm gegenüber Platz. „Sie wusste nicht, dass ich komme. Ich habe Probleme, Daddy.“

Er runzelte die Stirn, bevor er das Buch beiseitelegte und die Zigarre ausdrückte. „Was ist es? Etwas zwischen dir und Chip?“

„Nein. Mit Chip hat es nichts zu tun.“ Cecelia seufzte tief, bevor sie ihrem Vater von der Nachricht berichtete, die sie erhalten hatte. Zunächst reagierte er besorgt, dann verärgert. Seine Miene versteinerte sich.

„Mir bleiben vierundzwanzig Stunden, um das Geld zu überweisen, oder alle erfahren die Wahrheit“, schloss Cecelia.

Er musste nicht lange überlegen. „Unsere Familie kann sich einen solchen Skandal nicht leisten. Und stell dir nur vor, wie es die Ashfords verletzen würde. Das willst du doch sicher nicht. Du musst zahlen.“

Cecelia hasste es, erpressbar zu sein. Die einzige Möglichkeit, dem Erpresser den Wind aus den Segeln zu nehmen, wäre, selbst mit der Wahrheit an die Öffentlichkeit zu gehen. Wenn sie Maverick zuvorkamen, konnten sie die Adoption so darstellen, wie es ihnen am wenigsten schädlich erschien. Zudem konnten sie auch gleich erklären, wieso sie sie geheim gehalten hatten.

„Bist du sicher, Daddy? Ich meine, ich weiß, dass ihr versucht habt, mich zu beschützen, aber ich bin jetzt erwachsen. Natürlich wäre es mir lieber, die Geschichte käme nicht heraus. Aber wäre es das Ende der Welt, wenn die Leute wüssten, dass ich adoptiert bin? Ändert es irgendetwas?“

„Natürlich tut es das!“ Das Gesicht ihres Vaters war rot angelaufen, sodass sein grau meliertes Haar fast weiß wirkte.

„Seit dreißig Jahren haben wir alle angelogen. Die Wahrheit würde unseren Ruf ruinieren. Und was würden die Ashfords denken? Dafür hätten sie mit Sicherheit kein Verständnis. Genauso wie unsere Freunde und die Kunden. Es könnte schädlich sein für das Geschäft. Man würde dir vielleicht die Mitgliedschaft im Texas Cattleman’s Club entziehen. Es wäre gesellschaftlicher Selbstmord. Deine Mutter könnte mit einem solchen Skandal nicht leben.“

„Ausgeschlossen“, beharrte er. „Das muss ein Geheimnis bleiben. Punktum. Ich leihe dir das Geld, falls du es brauchst, aber du wirst diesem Erpresser die geforderte Summe überweisen.“

Cecelia erkannte am Ton ihres Vaters, dass seine Entscheidung unumstößlich war. So war es schon früher gewesen, wenn sie als Kind oder später als Teenager ihre Grenzen ausgetestet hatte. Sie war jetzt erwachsen, aber Brent Morgan hatte immer noch das letzte Wort. Sie hatte früher nicht die Kraft gehabt, sich gegen ihn zu stellen, und sie hatte sie auch jetzt nicht. Sie war hierhergekommen, um seinen Rat zu hören, und es wäre dumm, diesen Rat nicht anzunehmen.

„Nicht nötig, ich habe das Geld. Ich werde es gleich morgen früh überweisen. Ich will nur hoffen, dass die Sache damit ausgestanden ist.“

„Das hoffe ich auch“, erklärte ihr Vater. „Ich will nicht, dass wir zu einer Lachnummer werden.“

Cecelia seufzte resigniert und erhob sich. „Ich kümmere mich darum, Daddy.“

Deacon Chase bog mit seiner 1965er Corvette Stingray in die Hauptstraße von Royal ein. Es war dreizehn Jahre her, seit er die Stadt das letzte Mal im Rückspiegel gesehen und sich dabei geschworen hatte, dieses engstirnige, verstaubte Kaff nie wieder zu betreten. Während des ganzen Fluges von Frankreich in die Staaten hatte er sich gefragt, wieso er überhaupt hierher zurückkam. Ja, es war ein gutes Geschäft, und die Zusammenarbeit mit Shane Delgado, seinem alten Freund aus Highschool-Zeiten, war immer ein Vergnügen. Aber als Shane erwähnte, dass er ein Luxushotel in ihrer Heimatstadt Royal bauen wollte, hätte er den Mund halten sollen.

Andererseits war das die Chance, der ganzen Stadt und insbesondere den Leuten, die ihn damals zurückgestoßen hatten, zu beweisen, dass er besser war als sie.

Gut, damals war er nur ein Junge aus bescheidenen Verhältnissen gewesen. Seine Mutter arbeitete im örtlichen Lebensmittelladen, sein Vater war Automechaniker. Deacon war nur deswegen mit all den reichen Kids auf einer Privatschule gewesen, weil seine Eltern ihm eine bessere Zukunft ermöglichen wollten. Sie hatten jeden Cent, den sie entbehren konnten, in seine Ausbildung gesteckt. Dennoch hatte er nebenher in der Cafeteria arbeiten müssen, um das Schulgeld zusammenzubekommen.

Niemand hatte große Erwartungen in ihn. Die Mitschüler fanden, er passte nicht zu ihnen, würde nie zu ihnen passen und sollte sich mit seiner Situation im Leben abfinden.

Niemand hatte damit gerechnet, dass er sein Hobby, alte Autos zu restaurieren, nutzen würde, um mit den Erfahrungen und dem damit verdienten Geld Häuser zu renovieren. Und schon gar nicht hatten sie erwartet, dass er die Gewinne daraus in Hotels investieren würde. Nun war der Junge, der in der Cafeteria gearbeitet hatte, Milliardär und Besitzer unter anderem des Hôtel de Rêve, eines der luxuriösesten Hotels in Cannes in Frankreich.

Der einzige Mensch in Royal, der je an ihn geglaubt hatte, war Cecelia gewesen. Damals in der Highschool hatte sie immer zu ihm gestanden. In Anbetracht der Tatsache, dass für sie das Beste gerade gut genug war, hatte es ihm geschmeichelt, wie viel sie in ihm sah, während die meisten Mitschüler ihn entweder ignorierten oder sich über ihn lustig machten. Cecelia hatte immer wieder gesagt, er wäre wie ein Rohdiamant. Ihr Rohdiamant.

Es hatte die anderen Jungen auf der Schule ziemlich geärgert, dass sie sich für ihn entschieden hatte statt für einen von ihnen. Was hatte er ihr schon zu bieten? Eine Tüte Milch zum Mittagessen? Es stellte sich heraus, dass er ihr sehr wohl vieles zu bieten hatte. Er erinnerte sich noch gut an die vielen Stunden, die sie hinten in seinem Pick-up verbracht hatten. Sie hatten geredet. Hatten sich geküsst. Hatten von einer gemeinsamen Zukunft geträumt.

Als Deacon an der Ampel der Kreuzung Main Street und First Avenue anhielt, konnte er nur den Kopf schütteln. Es war lächerlich gewesen zu glauben, aus diesen Träumen könnte je etwas werden. Er mochte noch so viele Hotels besitzen, noch so viele Maßanzüge und Sportwagen, ganz zu schweigen von der großen Jacht, die er an der französischen Riviera besaß – er wusste genauso gut wie alle anderen, dass Cecelia zu gut für ihn war.

Es hatte nicht lange gedauert, bis auch sie das begriffen hatte.

Die Ampel sprang auf Grün um, und Deacon fuhr die Straße hinunter, an der die alte Werkstatt seines Vaters gewesen war. Nachdem er seine erste Million gemacht hatte, hatte er seinen Eltern ein Haus in Florida gekauft. Dort konnten sie ein frühes Rentnerdasein genießen, unbehelligt von den arroganten Einwohnern von Royal. Sein Vater hatte die Werkstatt verkauft, und an der Stelle stand jetzt ein Einkaufszentrum. In den letzten dreizehn Jahren hatte sich hier viel verändert.

Unwillkürlich wanderten Deacons Gedanken wieder zu Cecelia. Wie sehr mochte sie sich verändert haben? Er versuchte, sie nicht im Netz zu stalken, aber gelegentlich warf er doch einen Blick auf die gesellschaftlichen Nachrichten Houstons, um zu sehen, was sie machte. Die grobkörnigen Schwarz-Weiß-Fotos wurden ihrer Schönheit nicht gerecht, da war er sich sicher. Das letzte Mal hatte er sie gesehen, als sie eine junge Frau von achtzehn Jahren gewesen war. Schon damals war er überzeugt davon gewesen, dass sie die schönste Frau war, die er je kennenlernen würde. Sicher war die Zeit freundlich gewesen zu seiner Cecelia.

Nicht, dass es eine Rolle spielte. Im letzten Artikel, den er über sie gelesen hatte, wurde ihre Verlobung mit Chip Ashford bekannt gegeben. Er erinnerte sich noch aus der Schulzeit an Chip. Er war ein reicher, arroganter Schnösel. Deacon war sich ziemlich sicher, dass sich daran nichts geändert hatte, aber wenn Cecelia bereit war, ihn zu heiraten, dann war sie eindeutig nicht mehr das Mädchen, an das er sich erinnerte. Damals hatte sie kaum ein Wort mit Chip gewechselt.

Mr. und Mrs. Morgan waren jetzt wahrscheinlich sehr stolz auf sie. Sie hatte sich endlich für den richtigen Mann entschieden.

Deacon bog in die schmale Landstraße ein, die zu seinem letzten Immobilienerwerb führte. Das rustikale, aber luxuriöse Blockhaus, das ihm hier als Wohnsitz dienen sollte, befand sich auf einem großen, bewaldeten Grundstück ein paar Meilen außerhalb der Stadt. Er hatte das Anwesen unbesehen gekauft, nachdem die Entscheidung gefallen war, gemeinsam mit Shane das Bellamy-Projekt anzugehen. Er hätte mit dem Haus nicht glücklicher sein können. Es war genau sein Stil, auch wenn es so ganz anders war als die elegante europäische Architektur, an die er sich inzwischen gewöhnt hatte.

Es wäre nicht wirklich nötig gewesen, das Haus zu kaufen. Deacon hatte nicht die Absicht, länger in Royal zu bleiben als unbedingt nötig. Aber der Geschäftsmann in ihm ließ sich ungern einen guten Deal entgehen. Und es schien eine Schande zu sein, das Geld für Miete auszugeben. Auch wenn es nur für die kurze Zeit war, in der sie am Hotel arbeiteten. Er bedauerte seine Entscheidung nicht.

Erstaunt registrierte er, dass der Wagen von Shane Delgado vor dem Haus stand. Deacon fuhr die Corvette in die Garage und begrüßte seinen Freund und Geschäftspartner.

Deacon hatte nicht viele Freunde gehabt in der Schule. Eigentlich gar keine. Aber sein Nebenjob – das Kaufen und Restaurieren alter Wagen – hatte Shanes Aufmerksamkeit erregt. Er war es gewesen, der Deacons ersten restaurierten Wagen gekauft hatte, einen kirschroten 1975er Ford Pick-up mit weißen Ledersitzen. Deacon war sehr stolz gewesen auf seine Arbeit, vor allem, als Shane den geforderten Preis sofort zahlte, ohne mit der Wimper zu zucken. Über ihre gemeinsame Liebe zu alten Autos hatte sich im Laufe der Jahre eine Freundschaft entwickelt, die sie dazu bewog, in Kontakt zu bleiben. Als sie beide im Immobiliengeschäft aktiv wurden, lag es nahe, bei einigen Projekten zusammenzuarbeiten.

„Was ist passiert?“, fragte Deacon, als er zu Shane trat.

Der Bau am Bellamy verlief relativ problemlos, sodass Deacon die Rolle des stillen Teilhabers zukam. Shane behelligte ihn nur dann mit Details, wenn etwas schiefging.

„Diesmal bin ich ausnahmsweise einmal nur hier, um mir mit dir einen Drink zu genehmigen“, versicherte Shane ihm grinsend. „Beim Bau läuft alles rund. Morgen wird Cecelia Morgan ihre Ideen für die Inneneinrichtung präsentieren. Danke, dass du sie empfohlen hast. Sobald wir uns für einen der drei Entwürfe entscheiden, sind wir der Eröffnung des Hotels schon einen entscheidenden Schritt näher.“

Deacon versetzte seinem Freund einen Schlag auf die Schulter. „Ich hätte sie nicht empfohlen, wenn ich sie nicht für die Beste für diesen Job halten würde. Komm rein.“ Sie gingen die Stufen zur Haustür hinauf. „Hast du schon gegessen?“

Shane nickte. „Habe ich. Wenn Brandee mich weiter so gut versorgt, bin ich Ende des Jahres ein Zweieinhalbzentner-Mann.“

„Du kannst dich sehr glücklich schätzen.“ Deacon schenkte ihnen einen Whiskey on the Rocks ein. Shane war seit Kurzem mit Brandee Lawless liiert, der Besitzerin der benachbarten Hope Springs Ranch. Sie war ein zierliches blondes Temperamentsbündel und eine hervorragende Köchin. „Ich hätte nichts dagegen, mich jeden Abend von Brandee bekochen zu lassen.“

„Das kann ich mir vorstellen.“ Shane lachte. „Aber du solltest bei deinen kultivierten Europäerinnen bleiben.“

Deacon grinste. Er hatte wirklich nichts anbrennen lassen während seiner Zeit in Europa. Einige Jahre waren seit seiner Trennung von Cecelia vergangen, aber immer noch tat es seinem verletzten Stolz gut, dass eine ganze Reihe schöner und begehrenswerter Frauen nur auf die Chance wartete, wieder mit ihm zusammen zu sein. Er würde es jedoch niemandem gegenüber zugeben – schon gar nicht Shane –, dass für ihn keine auch nur andeutungsweise an Cecelia heranreichte.

Deacon und Shane saßen zusammen, nippten an ihren Drinks und genossen die Gesellschaft. Dazu kamen sie heutzutage nur noch sehr selten. Aber Deacons Arbeitszimmer lud förmlich dazu ein, sich zu entspannen. Die Wände verschwanden hinter gut bestückten Bücherregalen. Die in Leder gebundenen Bände waren schon im Haus gewesen. Deacon würde sie niemals lesen, aber sie schufen eine nette Atmosphäre. Zusammen mit den Ölgemälden von weiten Landschaften und Rindern. Ein sehr männlicher, texanischer Stil.

„Sag mal …“ Shane sah seinen Freund fragend an.

„Ja?“

„Du weißt schon, dass Cecelia sich auf Möbel für Kinder spezialisiert hat, oder?“

Deacons Anspannung wuchs. Vielleicht provozierte die Stimmung in diesem Raum Vertraulichkeiten, sonst hätte Shane Deacons Motive für seine Empfehlung sicher nicht offen hinterfragt. „Ja, ich weiß. Und ich weiß auch, dass ihre kleine Firma in den Jahren extrem gewachsen ist. Sie hatte immer ein gutes Auge für Design.“

„Das hat sie, das will ich nicht bestreiten. Aber sie für das Bellamy zu nehmen ist ziemlich riskant für mich. Sie und Brandee sind nicht gerade die besten Freundinnen. Und was ist, wenn sie etwas mit diesem Maverick zu tun hat? Das wäre nicht die Art von Publicity, die wir für unser Hotel wollen. Ich muss dich nicht erinnern, wie viel wir zu verlieren haben, falls unser Spiel nicht aufgeht.“

„Sie weiß, dass es noch zwei Mitbewerber gibt. Bisher haben wir uns noch für niemanden entschieden. Falls sie mit der Sache überfordert ist oder sich irgendwie merkwürdig benimmt, danken wir ihr für ihre Zeit, und das war’s dann. Nicht ideal, aber auch nicht das Ende der Welt.“

Shane musterte ihn aus zusammengekniffenen Augen. Er schien zu vermuten, dass Deacon noch andere Motive dafür hatte, Cecelia in das Projekt einzubinden. Deacon selbst war sich nicht sicher, was bei ihm wirklich ausschlaggebend gewesen war für seine Empfehlung.

„Bisher sagen mir die Entwürfe der anderen Firmen nicht sonderlich zu. Sie macht ihre Präsentation als Letzte. Falls ihre Ideen nicht ankommen, wirft das unser Projekt um Wochen zurück, bis wir jemanden finden, der noch einmal ganz bei null anfängt. Wir haben schon die ersten Buchungen vorliegen. Jede Verzögerung kostet Geld.“

Deacon nickte. Ihm war das Risiko sehr wohl bewusst, aber aus irgendeinem Grund musste er es einfach eingehen. Vielleicht war er ein Masochist und quälte sich gern. Vielleicht suchte er auch nur nach einem Vorwand, um Cecelia wiederzusehen. Er war sich da nicht sicher. „Entspann dich, Shane. Das Projekt wird pünktlich und im Kostenrahmen fertig werden, und zwar mit dem anspruchsvollen Ambiente, das du dir wünschst.“

„Woher willst du das wissen?“

„Weil Cecelia noch nie versagt hat“, erklärte Deacon mit Überzeugung. „Sie wird nicht ausgerechnet jetzt damit anfangen.“

2. KAPITEL

„Willkommen, Miss Morgan. Bitte, nehmen Sie Platz.“

Cecelia hatte gerade zwei Schritte in den Konferenzraum getan, als die Stimme des Mannes sie abrupt innehalten ließ. Sie sah auf – und starrte in die grün-goldenen Augen ihrer Vergangenheit. Sie konnte keinen weiteren Schritt tun. Ihr Herz geriet ins Stolpern, während sie verzweifelt versuchte, das Ganze zu verstehen. Es konnte nicht sein, dass Deacon Chase, ihre erste große Liebe, dort saß. Neben Shane Delgado.

Deacon war fast direkt nach dem Highschool-Abschluss aus Royal verschwunden. Niemand hatte seither etwas von ihm gesehen oder gehört. Sie meinte, sich an ein Gerücht zu erinnern, dass seine Eltern nach Florida gezogen waren. Gelegentlich hatte sie sich gefragt, was wohl aus ihm geworden sein mochte, aber sie hatte es nicht über sich gebracht, im Internet nach ihm zu suchen und es herauszufinden. Sie wusste, es war am besten, Deacon in der Vergangenheit zu belassen. Aber hier war er nun – und möglicherweise eine Gefahr für ihren Erfolg.

Cecelia begriff, dass sie etwas unglücklich im Eingang zum Konferenzsaal stand und dass alle sie erwartungsvoll ansahen. Sie gab sich einen Ruck, setzte ein strahlendes Lächeln auf und ging zum Kopfende des Tisches, wo ein leerer Stuhl auf sie wartete. An seiner Seite.

„Ich danke Ihnen allen, dass ich heute hier sein darf. Es freut mich, dass ich eine Gelegenheit habe, Ihnen meine Ideen für die Einrichtung des Bellamy zu präsentieren. Ich bin begeistert von Ihrem Projekt und hoffe, meine Vorschläge entsprechen Ihren Erwartungen.“

Deacons kühler Blick war ihr durch den ganzen Raum gefolgt, bis sie an ihrem Platz war. Sie versuchte, sich davon nicht irritieren zu lassen. Der Mann hatte allen Grund, sie zu hassen, also sollte sie nichts anderes erwarten.

Sie wusste, dass Shane einen stillen Teilhaber hatte, wäre aber im Traum nicht darauf gekommen, es könnte Deacon sein. Aus dem schlaksigen Teenager war ein Mann mit breiten Schultern geworden. Sein Kinn war kantiger als früher. Seine Züge schienen sich im Moment zu verhärten, als müsse er Worte zurückhalten, die ihm auf der Zunge lagen. Die Furchen auf seiner Stirn und die Linien um die Augen verrieten, dass er nicht mehr viel lachte.

Eine traurige Vorstellung. Der Deacon, an den sie sich erinnerte, war voller Leben und Lebensfreude gewesen, trotz der bescheidenen Karten, die das Schicksal ihm zugeteilt hatte. Damals in der Highschool war er so vielversprechend gewesen. Cecelia hatte es gar nicht erwarten können, zu sehen, was er aus seiner Zukunft machen würde.

Jetzt wusste sie es. Aus dem Jungen, der früher in der Cafeteria gejobbt hatte, war ein erfolgreicher Geschäftsmann geworden, der ihre Zukunft in den Händen hielt.

Sie öffnete ihre Mappe und ging die Unterlagen durch, an denen sie praktisch gearbeitet hatte, seit Shane sie angerufen und eingeladen hatte, an der Ausschreibung teilzunehmen. Einige Entwürfe, die sie mit Wasserfarben vervollständigt hatte, legte sie auf die Staffelei hinter sich. Sie atmete einmal tief durch und sah jedem in der Runde fest in die Augen – außer Deacon –, bevor sie mit der Präsentation begann.

Es fiel ihr leicht, sich in den Details ihrer Pläne für das Hotel zu verlieren. Mit Stoffen, Möbelstücken, Stil und Design kannte sie sich aus. Sie hatte eine sehr klare Vorstellung von dem, was sie im Bellamy ausdrücken wollte, damit es sich von allen anderen Luxushotels der Gegend um Houston unterschied.

Dem Lächeln und dem Kopfnicken ihrer Zuhörer nach zu urteilen hatte sie den Nagel auf den Kopf getroffen. Der Einzige, der weniger als beeindruckt wirkte, war natürlich Deacon. Er sah sie nach wie vor durchdringend an. Seine Miene war nicht zu deuten.

„Hat jemand eine Frage?“ Sie sah sich um. Niemand.

Shane kam zu ihr herum, um ihr die Hand zu schütteln. „Vielen Dank, Cecelia“, sagte er mit einem merklich erleichterten Lächeln. „Ich muss sagen, ich bin sehr beeindruckt. Du bist die Letzte, die ihre Ideen präsentiert hat. Wir werden deine Vorschläge hier im Kreis diskutieren. Falls unsere Entscheidung zugunsten von Luna Fine Furnishings ausfällt – was glaubst du, wie lange wirst du brauchen, um mit der Arbeit beginnen zu können?“

Ihr Puls raste, aber sie wusste nicht, ob es an Shanes Frage lag oder daran, dass Deacon neben ihr saß. „Ich habe schon begonnen, die größeren Möbelstücke fertigen zu lassen“, gestand sie. „Die Stoffe sind bestellt, sie sollten morgen eintreffen. Ich bin das Risiko eingegangen in der Hoffnung, dass meine Ideen Ihnen allen gefallen. Falls dem nicht so ist, suchen zweihundertfünfzig Kommoden eine neue Verwendung.“

Einige lachten leise. „Du gehst auf Risiko“, bemerkte Shane beeindruckt. „Das gefällt mir. Ich glaube, du musst kein neues Zuhause für die Kommoden suchen. Wir möchten das Hotel Ende des Monats eröffnen. Meinst du, dass das zu schaffen ist?“

Ende des Monats? Cecelia spürte förmlich, wie sich ihr Magen verkrampfte. Das war extrem eng. Auch wenn sie die Stoffe für Vorhänge und Polstersessel bereits bestellt hatte, brauchte die Einrichtung von zweihundertfünfzig Suiten ihre Zeit. Aber sie konnte jetzt nicht Nein sagen. Schlafen wurde eindeutig überbewertet. Das konnte sie auch noch tun, wenn der April vorüber war.

„Natürlich schaffen wir das“, erklärte sie zuversichtlich. „Vielleicht müssen die Handwerker rund um die Uhr arbeiten, aber es ist machbar.“

Cecelia versuchte, sich auf Shane zu konzentrieren, aber Deacon lenkte sie ab. Er wirkte nicht mehr so abweisend wie zu Beginn, aber sie hatte trotzdem keine Ahnung, was in ihm vorging. Ein Teil von ihr wünschte, sie wüsste es – ein anderer Teil wollte es lieber nicht wissen.

„Es klingt alles sehr gut. Gib uns nur ein paar Minuten, damit wir uns besprechen können. Würdest du so lange in der Lobby warten?“

„Selbstverständlich.“ Cecelia nahm ihre Sachen und ging. Als sie die Tür hinter sich zuzog, hatte sie das Gefühl, ihr wäre eine zentnerschwere Last von den Schultern gefallen. Eine Wand zwischen Deacon und sich zu wissen schien den ganzen Unterschied zu machen. Erfreulicherweise konnte sein durchdringender Blick sie hier nicht erreichen.

Keine Frage, die Begegnung mit ihm hatte sie aufgewühlt. Das war wahrscheinlich seine Absicht gewesen. Nach allem, was sie ihm angetan hatte, hatte sie nichts Besseres verdient. Zum ersten Mal kamen ihr Zweifel, ob es ihr tatsächlich gelingen könnte, diesen Auftrag an Land zu ziehen. Gut, Shane hatte sie persönlich gebeten, ein Angebot zu machen, aber vielleicht hatte Deacon ihm nur zugestimmt, damit er eine Chance hatte, sie zurückzuweisen. So wie sie ihn vor Jahren zurückgewiesen hatte.

Sie holte sich ein Glas Wasser und setzte sich. Es überraschte sie, dass die Entscheidung so schnell fallen würde, aber wenn das Hotel tatsächlich Ende des Monats fertig sein sollte, dann hatten sie nicht viel Spielraum.

Zehn Minuten später ging die Tür auf, und die Mitglieder der Kommission kamen heraus. Cecelia wartete geduldig, bis eine Assistentin sie in den Konferenzraum bat.

Nur Deacon saß darin.

Cecelia bemühte sich, die Fassade zu wahren. Jetzt, wo sie allein waren, ging sie davon aus, dass er ihr mit kühlen Worten erklären würde, wieso sie den Auftrag nicht verdient hatte.

Er lächelte höflich. „Ich will es nicht unnütz in die Länge ziehen. Das Fazit ist: Alle sind sehr angetan von den Entwürfen. Shane ist nach oben gegangen und lässt von der Vertragsabteilung etwas aufsetzen. Ein Kurier wird dir die Unterlagen ins Büro bringen. Vorausgesetzt natürlich, du willst den Job.“

Von allem anderen einmal abgesehen war sie zunächst einmal froh, dass er wieder beim Du war. Schließlich waren sie alle zusammen zur Schule gegangen, und gerade zwischen ihnen beiden war ja noch wesentlich mehr gewesen. Was den Job betraf – sie müsste verrückt sein, den Auftrag abzulehnen. Das Budget, über das Shane mit ihr gesprochen hatte, deckte alle Material- und Arbeitskosten ab und ließ unter dem Strich noch einen netten Profit zu, den sie gleich wieder in die Firma investieren konnte. Aber sie wollte nicht zu eifrig erscheinen, schon gar nicht vor Deacon. „Es freut mich, dass meine Ideen gut angekommen sind. Ich sehe mir die Verträge gern an und melde mich dann bei euch.“

Er nickte. „Wir sind uns alle einig, dass der Zeitplan etwas eng ist. Im Erdgeschoss des Hotels gibt es einen Verwaltungstrakt mit mehreren Büros. Wir können dir hier einen Raum anbieten, damit du direkt vor Ort arbeiten kannst.“

Das würde helfen. Vor allem, wenn dort wenigstens eine Liege stand, auf der sie gelegentlich schlafen konnte. Vielleicht konnte sie auch eine Suite fertig herrichten und dann dort übernachten. „Das wäre sehr nett, danke.“ Sie zögerte einen Moment, bevor sie hinzusetzte: „Darf ich dich etwas fragen?“

Deacon zog eine Braue in die Höhe. „Natürlich.“

Sie wusste, sie sollte das Angebot einfach annehmen und es dabei bewenden lassen, aber sie wollte wissen, wieso sie sich für sie entschieden hatten. Wieso er sich für sie entschieden hatte. „Ich bin sehr dankbar für diese Chance, aber es interessiert mich, wieso ihr nicht einen der etablierten Anbieter genommen habt. Du weißt sicher, dass ich mich auf Möbel für Kinder spezialisiert habe. Dies ist mein erster größerer Vorstoß in die Richtung für Erwachsene.“

Deacon nickte. „To the Moon ist bekannt dafür, dass das Beste gerade gut genug ist. Wieso sollte es bei deinen Ideen für Erwachsene anders sein? Du bist die Beste in allem, was dir wichtig ist, Cecelia. So war es schon immer.“

Für einen Moment erschien ein Ausdruck des Schmerzes in seinen Augen, wich aber gleich wieder dem der kühlen Indifferenz. „Wenn du mich jetzt entschuldigen würdest …“ Er verließ den Konferenzraum.

Cecelia blieb wie benommen zurück. Sie hatte auch die Worte zwischen den Worten gehört. Die Beste in allem, was dir wichtig ist … Ihre Beziehung zu ihm war ihr offensichtlich nicht wichtig gewesen – aus seiner Perspektive.

Deacon mochte bereit sein, sie für einen Job zu engagieren, aber er war nicht bereit, ihr zu verzeihen, was sie ihm angetan hatte.

Deacon wusste, er hatte einen Fehler gemacht.

In dem Moment, als Cecelia den Konferenzraum betrat, hatte er das Gefühl, jemand hätte ihm einen Schlag in die Magengrube versetzt. Er versuchte, die Fassade des kühlen Geschäftsmanns zu wahren, aber im tiefsten Inneren fühlte er sich völlig anders. Seine Brust war wie zugeschnürt, und er hatte Mühe, ruhig zu atmen. Sein Puls jagte, als befände er sich mitten in einem Marathon. Er hatte geglaubt, inzwischen immun gegen sie zu sein, aber das war ein Irrtum gewesen.

Cecelia trug ein elegant geschnittenes, schwarz-goldenes Kostüm, das jede ihrer weiblichen Rundungen zur Geltung brachte. Das war eindeutig nicht der Körper, an den er sich erinnerte. Sie war immer noch zierlich, aber sie war erwachsener geworden, seit er sie das letzte Mal gesehen hatte. Er hatte Mühe, sich von dem kurzen Einblick in den verführerischen Ausschnitt ihrer Bluse zu erholen, als sie ihn anlächelte und ihre langen blonden Locken nach hinten warf.

Er war verloren, er wusste es.

Was zum Teufel hatte er sich dabei gedacht, wieder hierherzukommen? Und wieso hatte er Shane dazu gebracht, Cecelia einzuladen, sich an der Ausschreibung zu beteiligen? Damit war doch klar, dass er ihr nicht ausweichen konnte! Wie hatte er so dumm sein können?

Cecelia begann ihre Präsentation mit Stoffen und Details von Möbeln. Details, die ihn nicht im Geringsten interessierten. Er hörte kaum ein Wort von dem, was sie sagte. Er war wie benebelt von dem zarten Duft ihres Parfums, das ihn an die heißen Nächte in seinem Pick-up erinnerte. Es war derselbe Duft, den sie schon in der Highschool getragen hatte. Er hatte zwei Monate sparen müssen, bis er genügend Geld zusammenhatte, um ihr ein Fläschchen davon zum Geburtstag zu schenken.

Jetzt konnte er nur noch daran denken, wie sich ihr nackter Körper unter seinem anfühlte, während er ihren Duft tief in seine Lungen sog. Sie waren nur sechs Monate zusammen gewesen, aber es waren die sechs besten Monate seines Lebens. Deacon war sich damals nicht sicher gewesen, wie es mit seinem Leben weitergehen sollte. Er wusste nur eines: Er wollte Cecelia an seiner Seite haben. Sie sollte ein Teil seiner Zukunft sein. Er wusste nicht mehr, wie oft sie sich geliebt hatten, aber es war nicht genug gewesen.

Als er sie während der Präsentation ansah, sah er die jüngere Cecelia vor sich, die ihn von der Ladefläche seines Pick-ups aus anlächelte.

Plötzlich spannten sich alle Muskeln seines Körpers an. Heißes Verlangen durchströmte ihn. Verzweifelt versuchte er, sich wieder in den Griff zu bekommen. Wäre sie etwas früher mit ihrem Vortrag fertig geworden, hätte er sich nicht erheben und ihr danken können, ohne dass es peinlich geworden wäre.

Deacon hatte geglaubt, als erfolgreicher Immobilienmogul nach Royal zurückzukehren würde alles ändern. Aber alle Selbstsicherheit verflog in dem Moment, als er Cecelia sah. Plötzlich war er wieder der ungelenke Teenager mit all den Unsicherheiten dieses Alters. Damals war er nicht gut genug für sie gewesen, und aus irgendeinem Grund hatte er das Gefühl, dass sich daran nichts geändert hatte.

Sie hatte ihre Beziehung am Abend der Schulabschlussfeier beendet. Er wusste nicht einmal, wieso. Bis zu dem Zeitpunkt war sie ebenso begeistert wie er über ihre Pläne für eine gemeinsame Zukunft gewesen. Aus heiterem Himmel hatte sie dann einen Schlussstrich unter ihre Beziehung gezogen und war gegangen.

Deacon hatte immer gewusst, dass er nicht der Mann war, den die Morgans sich für ihre Tochter wünschten. Er kam aus keiner angesehenen Familie, war damals arm und arbeitete mit den Händen. Sicher waren Brent und Tilly Morgan begeistert, als Cecelia sich für Chip Ashford entschied, ehemals Kapitän des Football-Teams und jetzt Senator. Er entstammte einer der angesehensten Familien Houstons und hatte zweifellos eine glänzende Zukunft vor sich.

Deacon verstand nicht, wieso er sich jetzt in diese Lage gebracht hatte. Er wusste doch, dass er sich wie immer zu Cecelia hingezogen fühlen würde. Und wieder würde er nicht bekommen, was er sich ersehnte.

Er musste sich in Erinnerung rufen, dass er nicht nach Royal zurückgekehrt war, um Cecelia zu verführen. Er war gekommen, um ihr und allen anderen in dieser kleinkarierten Stadt zu beweisen, dass er besser war als sie. Als sie alle. Er wollte ihnen zeigen, dass er trotz seiner bescheidenen Herkunft schneller ein Imperium mit Immobilien aufbauen konnte, als sie es ererbten. Cecelia sollte ihre damalige Entscheidung bereuen. Doch auch die Morgans sollten es bedauern. Das war alles, was er wollte.

Sobald er seine Mission erfüllt und das neue Hotel eröffnet hatte, wollte Deacon nach Europa zurückkehren, seine Laster pflegen und Royal vergessen.

Bis auf eine Einschränkung: Er bezweifelte, dass er Cecelia je vergessen würde.

Allein zu sein mit ihr war die Hölle. Wie sollte er damit leben, dass sie nun bis zur Eröffnung des Hotels permanent in seiner Nähe arbeiten würde? Er konnte ihr nicht aus dem Weg gehen. Und er wollte es eigentlich auch nicht.

Er kam sich vor wie der letzte Idiot, als er den Korridor hinunter zu dem Büro ging, das Shane ihm für die Bauphase zur Verfügung gestellt hatte. Er hatte das Gefühl, vor Cecelia davongelaufen zu sein. Er hätte selbstsicherer auftreten sollen, gleichgültiger. So als habe sie überhaupt keinen Eindruck auf ihn gemacht.

Er hatte sich gerade an den Schreibtisch gesetzt, als Shane in der Tür erschien. „Ein erfolgreicher Tag, würde ich sagen! Wir haben nicht nur ein Hotel, sondern ein Hotel, in dem die Gäste nicht auf dem Boden schlafen müssen. Was hältst du davon, wenn wir in den Klub fahren und uns zur Feier des Tages einen Drink gönnen?“

Deacon zog eine Braue hoch. Er hatte noch nie einen Fuß in den Klub gesetzt. Damals war er nicht einmal gut genug gewesen, den Pool für sie zu reinigen. „Ich bin kein Mitglied“, erklärte er. „Und ich bin sicher, es gibt genügend Leute im Klub, die dafür sorgen würden, dass ich es nie werde.“

Shane winkte ab. „Du gehst als mein Gast. Wenn du Mitglied werden möchtest, kann ich dich vorschlagen. Ich bin sicher, dass nur wenige den Mut hätten, mir zu widersprechen. In letzter Zeit regen sich die Leute über ganz andere Dinge auf. Zum Beispiel über diesen Maverick-Skandal und darüber, dass jetzt auch Frauen Mitglied werden können. Bestimmt würden sie dich nur zu gern aufnehmen – allein schon, weil du ein Mann bist.“

Deacon hatte noch nie darüber nachgedacht, dem Klub beizutreten. Bei Lichte betrachtet wollte er auch nichts mit einem Verein zu tun haben, der gerade erst zu der Erkenntnis reifte, dass auch Frauen vollwertige Mitglieder der Gesellschaft waren. Das wollte er jedoch nicht sagen, weil er wusste, dass Shane Mitglied war und seinen Spaß daran hatte. „Nein, danke. Ich glaube, ich erledige hier noch ein paar Dinge und fahre dann nach Hause. Ich habe ein T-Bone-Steak im Kühlschrank, das danach schreit, gegrillt zu werden. Ich möchte es nicht enttäuschen.“

Shane lächelte. „Okay, wenn du meinst. Aber irgendwann schleppe ich dich doch in den Klub, darauf kannst du dich verlassen.“

„Wozu? Was gefällt dir an einer Runde von Leuten, die da mit ihren Cowboyhüten sitzen und sich über Rinder und Pferde unterhalten?“

„Also, zuerst einmal gibt es im Restaurant die besten Steaks, die du dir vorstellen kannst. Außerdem macht der Barkeeper hervorragende Drinks. Es ist ein netter Ort, um sich zu entspannen und die Zeit mit Freunden zu verbringen.“

Deacon nahm an, dass das für jeden anderen verlockend geklungen hätte. „Nochmals, ich passe. Du bist hier mein einziger Freund. Und andere brauche ich nicht, um mit ihnen die Zeit zu verbringen. Fahr du nur hin und genieße ein Steak für mich mit.“

Shane streckte die Segel und zog alleine los.

Deacon war erleichtert darüber, um ein gemeinsames Essen herumgekommen zu sein. Er hatte viele Gründe dafür, den Klub zu meiden. Insbesondere hatte er keine Lust, dort Cecelia und Chip zu begegnen. Nicht, nachdem sie ihm unwissentlich einen ganzen Nachmittag die Hölle bereitet hatte.

Nein, er brauchte noch ein wenig Zeit, bis er sich zumuten konnte, Cecelia wieder über den Weg zu laufen. Er musste sich in Erinnerung rufen, wie sehr sie ihn verletzt hatte und wie sehr ihm daran lag, dass sie ihre Entscheidung bedauerte. Um einen klaren Kopf zu bewahren, musste er zunächst einmal auf Distanz bleiben.

Ein gutes Steak. Ein starker Drink. Ein Film von Netflix. Das war es, was er jetzt brauchte.

3. KAPITEL

Später am Nachmittag kehrte Cecelia in ihr Büro zurück. In der Lobby wartete Simone auf sie. Das war eine ihrer besten Freundinnen. Doch nach dem Tag, den Cecelia hinter sich hatte, war sie nicht wirklich in Stimmung für einen Plausch. Zudem musste sie sich sofort auf das Bellamy-Projekt stürzen, wenn sie den Termin der Eröffnung halten wollte.

Simone beachtete die Stress-Signale nicht, die Cecelia ausstrahlte. Sie folgte ihr durch die Korridore von To the Moon zu ihrem privaten Büro.

„Hast du schon das Neueste gehört?“, wollte sie wissen, kaum dass sie die Tür hinter ihnen geschlossen hatte.

Cecelia ließ sich in ihren Schreibtischsessel sinken. „Nein. Was denn?“

Simone rang die Hände und setzte sich auf den Rand ihres Schreibtisches. „Es heißt, dass Maverick wieder zugeschlagen hat. Über die sozialen Netzwerke ist heute eine Nachricht an alle Mitglieder des Klubs gegangen.“

Cecelia hielt den Atem an. Sie war zu sehr mit ihrem neuen Projekt beschäftigt gewesen, um Zeit für ihr Smartphone gehabt zu haben. Hatte Maverick ihr Geld genommen und trotzdem ihr Geheimnis aufgedeckt? „Und? Was stand in der Nachricht?“

Simone zog ihr Smartphone aus der Tasche und scrollte über den Bildschirm, um den Text zu finden. Schließlich reichte sie es Cecelia. Die Nachricht war kurz und gnädig vage:

Jemand im Texas Cattleman’s Club ist nicht, wer er zu sein vorgibt.

Cecelia zuckte die Schultern und gab Simone das Smartphone zurück. „Was heißt das schon? Ich würde sagen, die Hälfte der Leute dort sind nicht, wer sie zu sein vorgeben.“

Simone steckte das Telefon ein. „Die Leute glauben immer noch, dass wir dahinterstecken.“

„Ich bin nur dankbar, dass ich für diese Nachricht als Absenderin absolut nicht infrage kommen kann. Ich habe jede Menge Zeugen.“

Simone zuckte die Achseln. „Das heißt nicht, dass sie nicht glauben, Naomi und ich steckten dahinter – und letztlich dann doch wir alle drei. Hätte ich die Zeit, hätte ich vielleicht tatsächlich Lust, so etwas zu machen. Eigentlich sollten wir dem Menschen dankbar sein. Royal war doch in letzter Zeit ziemlich langweilig. Maverick hat endlich Bewegung in die Stadt gebracht. So aufregend ist es nicht mehr gewesen, seit wir den großen Tornado hatten.“

Aufregend? Cecelia konnte weder eine Erpressung noch eine Naturkatastrophe aufregend finden. Beides waren erschreckende Phänomene, jedes auf seine Art. „Vielleicht solltest du nicht ganz so angetan reagieren, wenn solche Nachrichten herumgehen. Dann denkt doch jeder, wir fänden das gut.“

„Hey, was ist los mit dir? Du bist so anders als sonst.“

Weil ich es bin, die Maverick erpresst! Die Nachricht betrifft mich, hätte Cecelia am liebsten gerufen, aber natürlich behielt sie es für sich und sagte stattdessen: „Ich bin nur gestresst und müde. Ich hatte heute diese Präsentation im Bellamy.“

„Oh.“ Simone sah sie erwartungsvoll an. „Wie ist es gelaufen? Hast du Shane mit deinen Ideen überzeugt? Verlässt er Brandee und brennt mit dir durch? Bitte sag mir, dass er wenigstens nicht unhöflich war.“

„Er war sehr professionell. Brandee wurde gar nicht erwähnt. Offensichtlich habe ich ihn überzeugt, denn ich habe den Auftrag bekommen. Es sieht ganz so aus, als hätte ich auch seinen stillen Teilhaber überzeugt. Deacon Chase.“

Simone zog die Nase kraus, während sie nachdachte. „Deacon Chase. Woher kenne ich diesen Namen?“

„Meine erste große Liebe in der Highschool.“

Simones Augen wurden ganz groß. „Machst du Witze? Der Deacon Chase ist Shanes stiller Teilhaber? Hast du mit ihm nicht dein erstes Mal erlebt?“

Cecelia rollte genervt die Augen. „Sag es doch noch lauter, Simone! Auf der anderen Straßenseite haben es noch nicht alle verstanden.“ Es stimmte: Deacon war der erste Mann gewesen, den sie geliebt hatte. Und er war der einzige geblieben.

„Weiß Chip, dass er in der Stadt ist?“

„Spielt das denn eine Rolle? Chip und ich hatten nichts miteinander in der Highschool. Wir waren nicht einmal während der Collegezeit zusammen. Er hat keinen Grund, sich wegen Deacon Sorgen zu machen.“

Simone war sich da nicht so sicher. „Er weiß, dass ihr beiden zusammen wart und dass es ziemlich ernst war. Glaubst du nicht, es macht ihm etwas aus, dass Deacon zurück in Royal ist?“

Wenn Cecelia eines ganz sicher wusste, dann das: Chips Ego war riesig. In seinen Augen war Deacon keine Konkurrenz und würde es nie sein, da er nicht aus denselben Kreisen wie er stammte. „Ich habe eingewilligt, seine Frau zu werden. Ich wüsste nicht, wieso Chip sich von ihm bedroht fühlen sollte.“

Simone schüttelte den Kopf. „Der Deacon von damals war vielleicht keine Konkurrenz. Aber wenn er jetzt Shanes stiller Teilhaber ist, dann hat er Erfolg gehabt. Das könnte alles ändern.“

Cecelia hatte jetzt keine Zeit, sich deswegen Gedanken zu machen. „Wie auch immer – sobald das Hotel eröffnet hat, wird Deacon wieder verschwinden. Apropos, ich muss gehen. Ich bin heute Abend mit Chip im Klub verabredet. Wir wollen meinen neuen Auftrag feiern.“

„Sehr schön. Ich muss auch los. Ich bin nur kurz vorbeigekommen, um den neuesten Klatsch mit dir zu teilen. Ich treffe mich gleich mit Naomi am Flughafen. Wir fliegen zur Fashion Show nach L.A. Wir bleiben ein paar Tage. Halt mich auf dem Laufenden, falls es etwas Neues von Maverick gibt.“

„Mach ich, obwohl ich sicher bin, du fändest das alles nicht ganz so prickelnd, wenn er dich erpressen würde.“

„Oh, ich glaube, irgendwann landet er auch bei mir. Bei uns allen.“

Simone eilte beschwingten Schrittes hinaus. Die Bedrohung durch Maverick schien sie nicht im Mindesten zu beunruhigen. Noch bis vor wenigen Tagen hätte auch Cecelia sich deswegen keine Gedanken gemacht, aber jetzt überlagerte die Sorge darüber alles andere.

Er musste Cecelia meinen in dieser neuesten Nachricht. Sie hatte das Geld überwiesen, genau wie sie es ihrem Vater versprochen hatte, und dennoch gab er keine Ruhe. Genau das hatte sie befürchtet. Es würde sie nicht überraschen, wenn sie eine weitere Geldforderung erhielt. Ganz gleich, was ihr Vater meinte – sie war inzwischen überzeugt, dass bei Maverick nur eine andere Taktik half.

Ihre Eltern wollten nicht, dass sie Chip die Wahrheit sagte, aber falls Maverick keine Ruhe gab, war das vielleicht ihre einzige Möglichkeit, den Schaden zu begrenzen. Chips Familie war nicht nur vermögend, sie hatte auch Beziehungen. Wenn Cecelia Chip ihr Geheimnis anvertraute, konnte er ihr vielleicht im Kampf gegen den Erpresser helfen. Die Ashfords konnten Maverick zertreten wie einen Wurm, wenn sie es denn wollten. Sie hoffte es, denn sonst hatte sie niemanden, an den sie sich wenden konnte. Heute Abend beim Essen musste sie dringend mit Chip reden, bevor das Ganze aus dem Ruder lief.

Chip war ihre Rettung.

Cecelia war ein reines Nervenbündel, als sie ihren BMW auf dem Parkplatz des Klubs abstellte.

Dieses wichtige Gespräch hätte sie lieber woanders geführt, aber Chip hatte das Essen arrangiert, ohne sie vorher gefragt zu haben. Er saß bereits in der letzten Nische des Restaurants, als sie hereinkam. Der Ober begleitete sie hinüber. Chip erhob sich und umarmte sie zur Begrüßung flüchtig.

„Da bist du ja, Kätzchen. Du kommst zu spät. Ich habe schon angefangen, mir Sorgen zu machen.“

Cecelia warf einen Blick auf die Uhr, während sie sich setzte. Es war exakt fünf Uhr dreißig. Aber sie wollte darüber nicht streiten. Für Chip bedeutete Pünktlichkeit, fünf Minuten vor der vereinbarten Zeit da zu sein. „Tut mir leid. Simone hat mich aufgehalten. Sie wollte noch kurz mit mir reden, bevor sie mit Naomi nach Kalifornien fliegt.“

Chip nahm ihr gegenüber Platz. „Und was hatte die hübsche Simone dir zu erzählen?“

Cecelia überlegte einen Moment. „Wollen wir nicht zuerst die Bestellung aufgeben?“

„Ich habe schon für uns beide geordert“, warf Chip ein. „Für dich die gegrillte Goldmakrele, weil du ja für die Hochzeit auf dein Gewicht achtest.“

Cecelia schluckte ihre Empörung herunter. Sie hasste es, wenn Chip einfach über ihren Kopf hinweg entschied. Insbesondere wenn seine Einschätzung ihres Gewichts eindeutig nicht zutraf. Vielen Dank für die Blumen! Es erschien ihr wie ein Omen für ihre gemeinsame Zukunft mit ihm. Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass sich in ihrem Leben nichts ändern würde: Im Moment tat sie alles, um ihre Eltern zufriedenzustellen, und in Zukunft würde sie anscheinend dasselbe für ihren Mann tun.

„Gut, dann muss ich ja nicht warten“, sagte sie, ohne auf seine Bemerkung einzugehen. „Simone hat mir erzählt, dass dieser Maverick schon wieder jemanden erpresst.“

Chip nickte nachdenklich. Der Ober brachte ihm einen Gin Tonic und ein Glas Weißwein für Cecelia. „Ich habe heute Nachmittag am Rande etwas davon mitbekommen, aber ich hatte keine Zeit, mich damit zu befassen. Was hat das mit Simone zu tun? Ist sie das neueste Opfer? Würde mich nicht überraschen, wenn sie in Schwierigkeiten wäre.“

Cecelia stählte sich innerlich. Im Moment war sie dankbar für das Glas Wein, auch wenn sie einen roten bevorzugt hätte. Sie nahm einen großen Schluck, bevor sie erklärte: „Nein. Ich bin das Opfer.“

„Was?“ Chip beugte sich zu ihr herüber. „Nicht so laut“, warnte er. „Die Leute könnten dich hören.“ Er sah sich rasch um, ob jemand in der Nähe war. Glücklicherweise war es noch früh, sodass noch nicht viele Tische besetzt waren. Am übernächsten Tisch gab es eine lebhafte Diskussion über Rinder, und niemand achtete auf sie. „Was genau ist passiert?“

Cecelia sprach leise. „Ich habe eine Nachricht von ihm erhalten. Es sieht so aus, als hätte er etwas aus meiner Vergangenheit aufgedeckt, und er versucht, mich damit zu erpressen. Eine Zahlung habe ich bereits geleistet, aber es scheint nicht genug zu sein, wenn man von dem Post von heute Nachmittag ausgeht.“

Chips Miene hatte sich versteinert. Er zeigte nichts von dem Mitgefühl oder der Sorge, die sie sich von ihm erhofft hatte. „Womit hat er dich in der Hand? Du hast mir geschworen, dass du eine makellose Vergangenheit hast. Das ist absolut wichtig, wenn du die Frau eines Senators sein willst. Es darf nichts geben, das meine Karriere irgendwie beeinträchtigen könnte.“

Cecelia seufzte. Wieso ging es jetzt plötzlich um ihn und seine Karriere? „Ich weiß. Es ist nichts, womit ich wirklich etwas zu tun hätte. Meine Eltern haben es unter der Decke gehalten, weil sie mich beschützen wollten, aber letzten Endes halte ich es für nicht so wichtig. Man kann es wirklich nicht als eine Leiche im Keller betrachten, Chip.“

Abwartend sah er sie an, doch Cecelia zögerte. Seit dreizehn Jahren hatte sie nicht mehr darüber gesprochen. Überhaupt hatte sie bisher nur ein einziges Mal mit jemandem darüber geredet außer mit ihren Eltern … mit Deacon. Ihm hatte sie sich anvertraut. Aber irgendwie hatte sie das Gefühl, dass es dieses Mal nicht ganz so einfach werden würde. „Ich bin adoptiert“, flüsterte sie.

Chip zuckte zusammen, als hätte sie ihm eine Ohrfeige versetzt. „Adoptiert? Wieso hast du mir das nicht gesagt?“

Cecelia musste die Zähne zusammenbeißen. Sie wusste, sie hatte einen Fehler gemacht. „Die Morgans haben mich adoptiert, als ich erst wenige Wochen alt war. Sie beschlossen, mich als ihr leibliches Kind auszugeben und niemandem die Wahrheit zu sagen – wegen meiner Mutter.“

„Was ist mit ihr?“

„Sie hatte ein Drogenproblem. Man hat mich ihr weggenommen. Meine Eltern haben mir gesagt, sie ist darüber so unglücklich gewesen, dass sie kurze Zeit später eine Überdosis genommen hat.“

Chip lief rot an. „Willst du mir sagen, deine Mutter war ein Junkie?“

„Ja, es sieht so aus. Sie hatte ein schweres und letztlich tödliches Drogenproblem.“

Chip schien ihr gar nicht mehr zuzuhören. „Ich kann es nicht fassen! Dass du mir eine solche Information vorenthältst!“ Seine Züge hatten sich verzerrt. „Ich dachte, du kommst aus einer guten Familie und wärst die perfekte Frau für mich. Aber du bist nichts weiter als eine Hochstaplerin. Wie konntest du meine Frau werden wollen, wenn du ein solches Geheimnis mit dir herumschleppst?“

Cecelia vergaß für einen Moment vor Entsetzen, den Mund zu schließen. Sie hatte erwartet, dass er überrascht sein würde und vielleicht ein wenig besorgt über die Auswirkungen auf seinen Ruf, aber mit Sicherheit hatte sie keine Vorwürfe darüber erwartet, ihn hintergangen zu haben.

„Ich bin doch keine Hochstaplerin, Chip Ashford. Du kennst mich schon mein ganzes Leben lang. Ich bin bei den Morgans in demselben Vorort von Houston aufgewachsen wie du. Ich habe dieselben Privatschulen besucht wie du. Ich bin nicht wie meine leibliche Mutter und werde es nie sein. Ich konnte mir meine Mutter nicht aussuchen.“

Chip schüttelte den Kopf. „Du kannst versuchen, dich herauszureden, aber ein Lügner bleibt ein Lügner.“

Cecelia spürte, wie sie ein kalter Schauer überlief. „Bitte, Chip … sei doch nicht so. Ich habe dich nicht absichtlich hintergangen. Meine Eltern hielten es für das Beste, wenn niemand davon weiß.“

„Dann kann ich mich ja bei Maverick bedanken“, bemerkte Chip kalt. „Ohne ihn hätte ich die Wahrheit über dich nie erfahren. Du und deine Eltern, ihr hättet zugelassen, dass ich dich heirate, obwohl ihr wusstet, dass alles auf einer Lüge basiert.“

Cecelia hatte plötzlich Tränen in den Augen. Hatte Chip vor, sich wegen dieser Sache von ihr zu trennen? Es klang ganz so. „Chip …“

„Hör auf“, fuhr er sie an. „Deine Tränen helfen dir jetzt auch nicht weiter. Versuch nicht, mir einzureden, du wärst hier nur das arme Opfer! Tut mir leid, Cecelia, aber die Verlobung ist geplatzt. Ich kann keine Frau heiraten, der ich nicht vertrauen kann. Du wärst für jede Wahlkampagne eine Belastung, und ich habe nicht vor, meine Zukunft für eine Frau aufs Spiel zu setzen, deren Leben auf einer Lüge basiert.“

Cecelias Blick fiel auf den Platinring mit dem riesigen Diamanten, den sie in den sechs Monaten ihrer Verlobung getragen hatte. Sie wollte den protzigen Ring nicht länger behalten. Kurz entschlossen streifte sie ihn ab und reichte ihn über den Tisch.

Chip steckte ihn wortlos ein. „Danke, dass du das Ganze so vernünftig siehst.“

Der Schmerz über seine Abfuhr verwandelte sich langsam in Wut. Nie hätte sie sich Chip anvertraut, hätte sie gewusst, dass er so reagieren würde. Jetzt konnte sie nur noch Schadensbegrenzung betreiben. „Ich hoffe, ich kann auf dich zählen, dass die Sache unter uns bleibt“, sagte sie kühl. „Wahrscheinlich kommt es irgendwann an die Öffentlichkeit, aber ich ziehe es vor, den Zeitpunkt selbst zu bestimmen, wenn du nichts dagegen hast. Im Interesse meiner Eltern.“

Chip erhob sich. „Was sollte ich davon haben, es irgendjemandem zu sagen? Ich habe hier schon genug Zeit verschwendet. Der Ober soll die Rechnung auf mein Konto setzen.“ Ohne ein weiteres Wort verließ er das Restaurant.

Cecelia blieb allein zurück mit den Getränken, einem Korb mit Brot und einer Bestellung von Gerichten, die niemand mehr wollte.

Sie war wie benommen. Irgendwie hatte sie erwartet, dass die Auflösung ihrer Verlobung sie mehr berühren würde. Die Wahrheit war wohl, dass sie Chip nicht wirklich liebte. Ihre Beziehung basierte eher auf strategischen Verbindungen zwischen ihren Familien als auf Romantik. Dennoch tat es weh, dass er sie so fallen ließ, als sie seine Unterstützung am dringendsten gebraucht hätte. Sie hatten eine gemeinsame Zukunft geplant. Doch statt der ersehnten Familiengründung einen entscheidenden Schritt näher zu kommen, stand sie nun wieder am Anfang.

Sogar wenn Chip Wort hielt und ihr Geheimnis für sich behielt, war es noch peinlich genug, wenn alle von ihrer geplatzten Verlobung erfuhren. Die Gerüchteküche würde brodeln, wenn keiner von ihnen Gründe nannte. Beklommen fragte sie sich, wie Chip ihren Schritt erklären würde.

Letztlich war sie sicher, dass ihr Geheimnis doch ans Licht kommen würde. Auf die eine oder andere Art würden alle erfahren, dass Cecelia die adoptierte Tochter einer Drogensüchtigen war. Royal war so klein, dass jeder sich in die Angelegenheiten der anderen mischte. Sie besaßen all den Glamour der großen Gesellschaft von Houston und gleichzeitig die Neugier einer Kleinstadt. Darauf hätte Cecelia gut verzichten können.

Die Frage war nun: Wer stand noch zu ihr, wenn die Wahrheit sich herumsprach? Die Mitglieder des Klubs waren ihrem Motto nach zu Loyalität verpflichtet, aber darauf mochte sie nicht bauen. Sie wusste, wie wankelmütig die Menschen waren.

Dann war da ihre Familie. Würden ihre Eltern sich von dem Schlag je erholen? Sie hatten ihr Leben lang versucht, eine perfekte Fassade zu wahren. Würden die Familienmitglieder, die Freunde und Geschäftspartner ihnen je verzeihen, dass sie ihnen jahrzehntelang etwas vorgemacht hatten?

Cecelia erhob sich. Sie legte ein paar Geldscheine auf den Tisch, um einem Gespräch mit dem Ober aus dem Weg zu gehen. Im Wagen ließ sie sich in den Sitz zurücksinken und atmete tief durch. In diesem Moment hätte sie ihre Freundinnen dringender denn je gebraucht. Aber Simone und Naomi waren auf dem Weg nach Kalifornien. Sie würden erst in ein paar Tagen zurück sein.

Mit ihren Eltern konnte sie nicht reden. Die Auflösung der Verlobung würde sie mehr treffen als sie selbst. Sie liebte ihre Eltern, aber sie war sich klar darüber, dass der äußere Schein ihnen wichtiger war als alles andere. Mit Sicherheit würde besonders ihre Mutter alles tun, um die Ashfords wieder für sich einzunehmen.

Doch die Ashfords waren im Moment Cecelias geringste Sorge. Wenn sie sie nicht so akzeptieren konnten, wie sie war, dann wollte sie ohnehin nichts mit ihnen zu tun haben. Was war schon dabei, wenn sie nicht die gute Herkunft hatte, von der Chip ausgegangen war? Sie war doch immer noch dieselbe Person wie die, die er immer gekannt hatte.

Sie verließ den Parkplatz und bog statt nach rechts zu ihrem schlossähnlichen Haus im Stadtteil Pine Valley nach links ab. Sie wollte nur noch fahren und endlich wieder einen klaren Kopf bekommen.

Nach ein paar Meilen war sie zu der Erkenntnis gekommen, dass es vielleicht am besten so war. Vielleicht tat Maverick ihr letzten Endes sogar einen Gefallen. Lieber konnte sie sich jetzt von Chip trennen, als sich später durch eine Scheidung zu kämpfen. Wenn sie vielleicht schon eine Familie hatten. Ein interessantes Gedankenspiel: Hätte Chip seine eigenen Kinder zurückgewiesen, wenn sie in irgendeiner Weise die geringere Herkunft der Mutter verraten hätten?

Der Gedanke ließ Cecelia erschauern. Das Einzige, was sie sich immer gewünscht hatte, war eine eigene Familie. Sie sehnte sich nach Blutsverwandten, mit denen sie durch mehr als ein Blatt Papier verbunden war. Sehnte sich nach Menschen, die sie bedingungslos akzeptierten. Ihre Eltern liebten sie, daran hatte sie keinen Zweifel. Aber es war schwer, ihren hohen Erwartungen gerecht zu werden. Wie würden sie zu ihr stehen, falls sie sie enttäuschte? Würden sie ihre perfekte Cecelia immer noch lieben und beschützen, wenn sie nicht ganz so perfekt war?

Cecelia erreichte den Stadtrand. Im alten Wilson-Haus sah sie Licht. Unwillkürlich ging sie mit der Geschwindigkeit runter, um genauer hinzusehen. Sie hatte nichts davon gehört, dass jemand das Haus gekauft hatte. In dem luxuriösen Blockhaus wohnte schon seit Jahren niemand mehr, aber jetzt war es offensichtlich bewohnt.

Sie wusste selbst nicht, wieso, aber sie bog in den gewundenen Kiesweg ein, der zu dem alten Haus führte. Vielleicht war es das Versteck von Maverick. Vor dem Haus sah sie eine 1965er Corvette Stingray. Ein Cabrio. Sie kannte sich mit Autos nicht aus, aber sie erinnerte sich daran, einen solchen Wagen auf einem Poster in Deacons Zimmer gesehen zu haben. Der Wagen war kirschrot gewesen – sein Traumauto.

Dieses Modell war burgunderrot, aber es konnte nur Deacon gehören. Und noch eines war ihr mit einem Schlag klar: Es gab keinen anderen Ort auf der Welt, an dem sie jetzt lieber sein wollte.

Deacon hatte die Wahrheit über sie gewusst. Vor Jahren, als sie noch in der Highschool waren und total verliebt, hatten sie einander all ihre Geheimnisse gestanden. Cecelia hatte ihm von ihrer Adoption und ihrer leiblichen Mutter erzählt. Sie hatte ihm sogar das einzige Foto gezeigt, das sie von ihrer richtigen Mutter besaß. Ihre Eltern hatten es ihr zu ihrem dreizehnten Geburtstag überreicht. Man hatte es in der Hand ihrer toten Mutter gefunden. Es zeigte sie mit ihrem Baby – nur eine Woche bevor man es ihr genommen hatte.

Cecelia hatte dieses Foto schon oft angesehen. Hatte nach Ähnlichkeiten zwischen sich und ihrer Mutter gesucht. Sie war immer erstaunt gewesen über das glückliche Lächeln, mit dem ihre Mutter ihr Baby betrachtete. Wie hatte sie das alles wegwerfen können? Mit Deacon hatte sie darüber sprechen können. Er hatte sie nicht verurteilt. Deacon hatte sie so angenommen, wie sie war. Einerseits die reiche, verwöhnte Tochter der Morgans, andererseits die arme, adoptierte Tochter, die man der drogensüchtigen Mutter fortgenommen hatte. Deacon hatte sie trotz allem geliebt.

In diesem Moment sehnte sie sich danach, wieder so bedingungslos angenommen zu werden. Ohne lange nachzudenken, parkte sie den Wagen und eilte die Stufen zur Veranda hinauf. Sie klopfte. Sie hatte keine Ahnung, wie Deacon auf sie reagieren würde. Ihrer ersten Begegnung nach zu urteilen stand ihr wohl kein herzliches Willkommen bevor. Doch das war ihr einerlei.

Einen Moment später ging die Tür auf. Deacon stand vor ihr, nur bekleidet mit einer alten Jeans. Sein fester, muskulöser Oberkörper war leicht mit goldbraunem Brusthaar bedeckt, das sie so nicht in Erinnerung gehabt hatte. Es reizte sie, die Hände über seinen Körper gleiten zu lassen, um zu sehen, wie anders er sich jetzt anfühlte.

Ihre Blicke trafen sich. Spiegelten unverhohlenes Verlangen. Cecelia zögerte nicht. Noch ehe Deacon auch nur Hallo sagen konnte, warf sie sich in seine Arme.

4. KAPITEL

Deacon hatte alles erwartet, aber nicht, Cecelia vor sich zu sehen. Hätte er es geahnt, hätte er sich vielleicht ein Hemd übergezogen. Vielleicht auch nicht.

Stattdessen stand er nun halb nackt in der offenen Tür und sah in die verführerischen graugrünen Augen seiner Vergangenheit. Irgendwie wirkte Cecelia gebrochen. Nicht so selbstsicher wie bei ihrer Präsentation. Fast schien es ihm, als zitterte sie, während in ihren Augen Tränen glänzten. Ehe er fragen konnte, was los war, warf sie sich in seine Arme und küsste ihn.

Deacon konnte sie nicht zurückstoßen. Er hatte sie einmal geliebt, und ihre Begegnung am Nachmittag hatte das alte Begehren wieder geweckt. Die Jahre der Bitterkeit traten in den Hintergrund, zumindest für den Moment. Er hatte keine Ahnung, was sie an diesem Abend zu ihm geführt hatte, aber er war dankbar dafür.

Ihre Lippen waren heiß und fordernd. Das war nicht mehr das süße, zögernde Küssen aus Teenagerzeiten. Cecelia war eine erwachsene Frau, die genau wusste, was sie wollte und wie sie es bekommen konnte. Allem Anschein nach wollte sie ihn, Deacon.

Sie schob die Finger in sein Haar, während sie sich an ihn drückte. Er spürte ihre vollen Brüste durch die dünne Seide ihrer Bluse. Als sie die Zunge in seinen Mund schob, fühlte er, wie seine Selbstbeherrschung wich. Sie wusste wirklich, wie sie das Tier in ihm wecken konnte. Er versuchte, nicht daran zu denken, dass sie dies vielleicht bei Chip Ashford gelernt hatte.

Der Gedanke brachte Deacon abrupt zurück in die Wirklichkeit. Er löste den Kuss und trat einen Schritt zurück. „Was machst du hier, Cecelia?“, fragte er und hielt die Hände auf ihren Schultern, um den Abstand zu wahren. „Solltest du jetzt nicht bei deinem Verlobten sein statt bei mir?“

Cecelia hob die Hand und zeigte ihm wortlos den Finger, an dem noch vor wenigen Stunden ein riesiger Diamant gefunkelt hatte. Das hieß also, die Verlobung war geplatzt – in der kurzen Zeit seit der Präsentation. Eine interessante Entwicklung. Hatte sie etwas mit seiner Ankunft in der Stadt zu tun? Sicher nicht. Nur in seinen Träumen trennte sich Cecelia für ihn von Chip.

„Darf ich hereinkommen?“ Sie sah ihn unter langen, dichten Wimpern fragend an.

„Natürlich.“ Er wollte sie fragen, was sie in seine Arme getrieben hatte, kam aber nicht dazu, weil sie ihn erneut küsste.

Diesmal sah er keinen Grund, sie zu stoppen. In einem letzten Aufbäumen an Geistesgegenwart stieß er die Tür hinter sich zu, nahm Cecelia dann auf seine Arme und trug sie in sein Schlafzimmer. Sie klammerte sich an ihn und schien nicht bereit, ihre Lippen von seinen zu lösen, während er sie durch das Haus manövrierte.

Behutsam setzte er sie auf der Kante des breiten Bettes ab. Sofort machte Cecelia sich an seinem Gürtel zu schaffen, zog ihn aus den Schlaufen seiner Jeans und ließ ihn zu Boden fallen. Es war keine Frage, was sie wollte. Und wenn er ehrlich war, wollte er es auch.

Er hätte nicht erwartet, dass ihm dieses Geschenk einfach so in den Schoß fallen würde, aber er hätte ein Narr sein müssen, jetzt viele Fragen zu stellen. Als sie begann, seine Hose aufzuknöpfen, zog er ihre Hand beiseite.

„Ich mache das“, sagte er.

Cecelia lächelte nur und begann, die Knöpfe ihrer Bluse zu öffnen. Einen nach dem anderen. Und jedes Mal zeigte sie mehr von ihrer cremefarbenen Porzellanhaut, die er immer so bewundert hatte. Sie war eine der wenigen Frauen, die er kannte, die wirklich eine makellose Haut hatte. Keine Sommersprossen, keine Leberflecken, nicht einmal eine Narbe. Einfach perfekt.

Er erinnerte sich daran, wie er seine von der Arbeit an den Autos schwieligen Hände vor Jahren über ihre seidige Haut hatte gleiten lassen. In diesem Moment streifte sie die Bluse ab. Ihre Brüste quollen fast aus den Schalen des BHs, während ihr Atem vor Verlangen schwer ging. Er trat einen Schritt zurück, als sie sich aufrichtete, um den Reißverschluss ihres engen Rockes zu öffnen. Der Stoff glitt über ihre weiblich gerundeten Hüften und sammelte sich zu ihren Füßen. Der Anblick ihres fast nackten Körpers verschlug ihm für einen Moment den Atem. Sie war genauso schön und perfekt, wie er sie in Erinnerung gehabt hatte. Nur dass sie jetzt eine erwachsene Frau war mit all den richtigen Rundungen, die er nun zu schätzen wusste. Als Teenager war Cecelia seine erste Liebe gewesen, und er hatte kaum gewusst, was er da tat. Damals hätte er mit einer Frau, wie Cecelia es jetzt war, nichts anzufangen gewusst.

Cecelia sah ihm in die Augen, während sie hinter sich griff, um den Verschluss ihres BHs zu öffnen. Endlich waren ihre Brüste frei. Die festen, erdbeerroten Brustwarzen waren noch genauso verführerisch wie damals. Dreizehn Jahre waren eine lange Zeit. Er konnte es nicht erwarten, sie in seinen Händen zu spüren. Die harten Spitzen drückten sich in seine Hände, als er Cecelias Brüste sanft massierte.

Sie seufzte zufrieden, legte den Kopf zurück und ließ ihr blondes Haar in Wellen über ihre Schultern fallen. „Ja“, flüsterte sie. „Ich brauche dich, Deacon. Ich brauche dich mehr denn je.“

Er sagte nichts. Senkte den Kopf und nahm eine ihrer festen Brustspitzen zwischen die Lippen. Spielte mit seiner Zunge daran, bis Cecelia sich in seinen Armen wand. Er legte seinen Arm um ihre Taille und drückte Cecelia an sich, bevor er eine Hand in ihr schwarzes Höschen schob.

Autor

Andrea Laurence
Bereits im Alter von zehn Jahren begann Andrea Laurence damit, Geschichten zu schreiben – damals noch in ihrem Kinderzimmer, wo sie an einer alten Schreibmaschine saß. Sie hat immer davon geträumt, ihre Romane eines Tages in der Hand halten zu können, und sie arbeitete jahrelang hart, bis sich ihr Traum...
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Barbara Dunlop
<p>Barbara Dunlop hat sich mit ihren humorvollen Romances einen großen Namen gemacht. Schon als kleines Mädchen dachte sie sich liebend gern Geschichten aus, doch wegen mangelnder Nachfrage blieb es stets bei einer Auflage von einem Exemplar. Das änderte sich, als sie ihr erstes Manuskript verkaufte: Mittlerweile haben die Romane von...
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Katherine Garbera
<p>USA-Today-Bestsellerautorin Katherine Garbera hat schon mehr als neunzig Romane geschrieben. Von Büchern bekommt sie einfach nicht genug: ihre zweitliebste Tätigkeit nach dem Schreiben ist das Lesen. Katherine lebt mit ihrem Mann, ihren Kindern und ihrem verwöhnten Dackel in England.</p>
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