Blitzhochzeit mit dem Millionär

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Es knistert heiß! Eigentlich wollte die schöne Paris den Millionär Dallas Calloway nur fragen, ob sie sich um die Inneneinrichtung seines Anwesens kümmern soll. Stattdessen schlägt ihr der breitschultrige Texaner etwas vor, das sie atemlos vor Verlangen macht …


  • Erscheinungstag 23.02.2023
  • ISBN / Artikelnummer 9783751521567
  • Seitenanzahl 160
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Meine letzte Chance, dachte Paris, als sie aus ihrem Wagen stieg und auf das einstöckige Gebäude zuging. Es war zwar erst März, aber im Süden von Texas bereits unerträglich heiß. Was hatte sie sich nur dabei gedacht, als sie sich für den schwarzen taillierten Blazer und den engen Rock entschieden hatte? Wenigstens hatte sie sich das lange Haar hochgebunden, und es war nicht so warm am Nacken.

Sie brauchte unbedingt diesen Job. Ihre Nervosität stieg, als sie sich der Tür näherte.

„Willkommen in der D Bar C, wo Cowboys und Gastfreundschaft herrschen. Zieh deine Stiefel aus, häng deinen Hut an den Haken, und mach es dir gemütlich. Und falls wir nicht da sind, drück einfach auf die Klingel“, stand auf einem Schild neben der Tür.

Paris trug zwar weder Stiefel noch Hut, doch wie gern hätte sie sich ihrer hochhackigen Pumps entledigt. Allerdings würde es vermutlich keinen guten Eindruck hinterlassen, wenn sie barfuß zu einem Vorstellungsgespräch erschiene.

Paris atmete tief durch, ehe sie die schwere Mahagonitür öffnete. Angenehm kühle Luft schlug ihr aus dem klimatisierten Raum entgegen. Nur langsam gewöhnten sich ihre Augen an das dämmrige Licht. Niemand war zu sehen, doch Paris entdeckte die besagte Klingel auf der langen Holztheke. Sollte sie wirklich klingeln oder vielleicht einfach erst mal abwarten? Am liebsten hätte sie auf dem Absatz kehrtgemacht, aber sie hatte es bis hierher geschafft und durfte nun auf keinen Fall aufgeben.

Neugierig blickte sie sich im Raum um. Abgesehen von der Büroeinrichtung hinter der Theke war sonst alles im Westernstil eingerichtet. Stühle, die mit braunweiß geflecktem Rindsleder bezogen waren, standen halbkreisförmig vor dem offenen Kamin, über dessen Sims ein großes Geweih hing. Neugierig ging Paris ein paar Schritte näher. „Zwölfender, erlegt von J. D. Calloway“, stand auf einer kleinen Bronzetafel darunter.

Wie grausam die Menschen doch sein konnten, dachte Paris, und sie war froh, dass dieser J. D. Calloway nur das Geweih und nicht auch noch den Kopf des Tieres aufgehängt hatte.

Entschlossen drehte sie sich um und ging zurück zur Theke. Gerade, als sie mit zitternder Hand auf den Klingelknopf drücken wollte, ging auf der anderen Seite des Büros eine Tür auf, und ein großer dunkelhaariger Mann kam herein. Er schien völlig in Gedanken vertieft zu sein und hatte sie offensichtlich noch nicht bemerkt, wodurch Paris die Gelegenheit hatte, den Mann genauer unter die Lupe zu nehmen.

Er sah aus wie ein waschechter Cowboy, mit seinem hellbraunen Hut, seinem ausgebleichten blauen Hemd, der verwaschenen Jeans und den ausgelatschten Cowboystiefeln. Unweigerlich fiel Paris’ Blick auf die große silberne Gürtelschnalle und den Bereich darunter. Beschämt sah sie schnell wieder weg.

„Kann ich Ihnen helfen, Ma’am?“, fragte der Mann sie.

„Äh, ich …“ Mist, bei dem angenehm tiefen Klang seiner Stimme und seinen leuchtenden blauen Augen vergaß sie für einen Moment, wie sie überhaupt hieß. Sie hatte zwar schon einige Fotos von ihm gesehen, doch keines wurde Dallas Calloway in Person gerecht.

Er schien ihre momentane Unsicherheit zu bemerken, und ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus, das seine Grübchen zum Vorschein brachte. „Haben Sie sich verfahren?“

„Nein“, brachte sie mühsam hervor. „Ich bin Paris Reynolds.“

Freundlich streckte der Cowboy ihr die Hand entgegen. „Dallas Calloway. Was kann ich für Sie tun?“

Obwohl dies eine völlig normale und unschuldige Frage war, fielen Paris sofort so einige Dinge ein. Jetzt nimm dich mal zusammen, ermahnte sie sich selbst. „Ich bin wegen Ihres neuen Projekts hier.“

Ehe er etwas erwidern konnte, erschien eine zierliche ältere Frau hinter der Theke. Sie trug eine Blümchenbluse und ebenfalls verwaschene Jeans. Ihr silberbraun meliertes Haar hatte sie zu einem Zopf gebunden. Als sie Paris entdeckte, stellte sie sich umgehend neben Dallas. „Was auch immer Sie verkaufen, wir kaufen nichts“, sagte die Frau in barschem Tonfall.

„Ich verkaufe lediglich meine Dienstleistungen“, erwiderte Paris freundlich.

Die Frau sah sie wütend an. „Das hat mein Stiefsohn ganz sicher nicht nötig.“

In diesem Moment wurde sich Paris der Zweideutigkeit ihrer Antwort bewusst, und sie errötete. „Da haben Sie mich falsch verstanden. Ich bin hier, um Ihnen ein geschäftliches Angebot zu machen.“ Dem zweifelnden Blick der Frau nach zu urteilen, klang das nicht viel besser.

„Hör auf, voreilige Schlüsse zu ziehen, Mom“, meldete sich Dallas zu Wort, ehe die Frau noch einen weiteren Kommentar abgeben konnte. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie nicht das anbietet, was du meinst.“

Die Frau stemmte die Hände in die Hüften und lächelte spöttisch. „Dallas hat hier täglich mit Frauen zu tun, die unter dem Vorwand, Geschäfte machen zu wollen, herkommen.“

„Da hast du recht, Maria“, ertönte nun eine Stimme hinter Paris. „Unser Stiefsohn ist ein totaler Frauenschwarm.“

Als sie sich umdrehte, erblickte Paris eine hübsche blonde Frau mittleren Alters, die ein schickes korallenrotes Sommerkleid trug. Wie viele Stiefmütter hatte Dallas denn noch? Auf keinen Fall wollte Paris auch bei dieser Frau einen Fauxpas begehen. Lächelnd streckte sie ihr die Hand entgegen. „Ich bin Paris Reynolds.“

Die blonde Frau erwiderte Paris’ Lächeln und schüttelt ihr mit mehr Druck die Hand, als Paris erwartet hatte. „Ich bin Jenny Parks Calloway, J. D.s dritte Frau.“

„Na ja, nicht offiziell“, fügte Maria mürrisch hinzu.

Jenny runzelte die Stirn, ehe sie sich wieder Paris zuwandte. „Bitte entschuldigen Sie die zweite Ehefrau. Manchmal vergisst Maria ihre guten Manieren. Welcher blonde Farbton ist das, den Sie tragen?“

„Oh, das weiß ich nicht. Meine Haare sind von Natur aus so.“

Jenny lachte. „Genau, meine auch.“

„Und ich bin die Königin von Texas“, mischte Maria sich erneut ein.

Ohne auf die Bemerkung der anderen Frau einzugehen, lächelte Stiefmutter Nummer zwei Paris weiterhin freundlich an. „Ihr Kostüm gefällt mir übrigens wahnsinnig gut, Schätzchen.“

„Vielen Dank. Ihr Armband ist unheimlich schön“, erwiderte Paris das Kompliment.

„Danke, das habe ich letzten Monat bei einer Auktion in San Antonio ersteigert.“

Was für ein Zufall! „Wirklich? Ich war auch dort.“ Allerdings hatte Paris nicht mitgeboten, weil sie es sich nicht hatte leisten können. Sie war lediglich dort gewesen, um mögliche Aufträge an Land zu ziehen, was sich jedoch als wenig erfolgreich herausgestellt hatte und mit ein Grund dafür war, weshalb sie heute auf dieser abgelegenen Ranch vorsprach.

„Wie klein die Welt doch ist“, bemerkte Jenny und spielte mit der Perlenkette an ihrem Hals.

„Viel zu klein für meine Begriffe“, brummte Maria.

Dallas räusperte sich und öffnete die Klappe, die in der Theke eingebaut war. „Ms. Reynolds, wenn Sie mir bitte in mein Büro folgen würden, dort können wir uns ungestört unterhalten, und Sie können mir Ihr Angebot unterbreiten.“

„Aber beeilen Sie sich, denn er muss arbeiten“, ließ Maria verlauten.

„Sei doch endlich still“, konterte Jenny sofort, während Paris sich auf die andere Seite der Theke begab. „Für eine hübsche junge Frau hat Dallas immer genug Zeit. Außerdem passen ihre Namen so gut zusammen: Paris und Dallas. Das klingt, als seien sie füreinander gemacht.“

„Für mich hört sich das nach einer Flugstrecke an“, brummte Maria kaum hörbar.

„Es wird langsam Zeit, dass er ein nettes Mädchen kennenlernt, Maria“, fügte Jenny hinzu. „Vergiss nicht, was Ende der Woche ist, und wir wissen beide, was das bedeutet.“

Zu gern hätte Paris gewusst, was Jenny damit meinte. Aber egal, es war offensichtlich, dass Dallas das Gespräch unangenehm war, als er ihr wortlos bedeutete, ihm zu folgen. Sie gingen einen langen Gang entlang, und Paris musste sich zwingen, nicht ständig auf seinen wohlproportionierten Hintern zu starren. Die Art, wie er vor ihr herging und dabei seine Hüften hin und her wiegte, weckte unanständige Gedanken in ihr.

Ach, du meine Güte! Es lag wohl daran, dass sie bereits viel zu lange Single war, dass sie diesen Cowboy so anziehend fand. Na ja, sie musste zugeben, er war nicht irgendein Cowboy, sondern ein extrem gut aussehender und wohlhabender Cowboy, der in allem – vom Rodeo bis hin zur Viehhaltung – äußerst erfolgreich gewesen war. Zumindest hatte Paris das so im Internet gelesen.

Er schien das krasse Gegenteil von ihrem zwielichtigen Exmann zu sein, der alles ruiniert hatte, einschließlich ihrer Ehe.

Kurz darauf führte Dallas sie in ein großzügig eingerichtetes Büro, vor dessen Fenster ein luxuriöses braunes Ledersofa und zwei opulente Ledersessel standen. Die andere Seite des Raumes wurde von einem massiven Mahagonischreibtisch eingenommen. Der dunkle Dielenboden rundete das maskulin anmutende Dekor ab. Die Einrichtung entsprach zwar nicht unbedingt Paris’ Geschmack, doch sie musste zugeben, dass das Büro gut gestaltet war.

„Möchten Sie etwas trinken?“

„Gern, ein Wasser“, erwiderte Paris, obwohl sie viel lieber ein Glas Wein getrunken hätte.

„Kommt sofort. Setzen Sie sich doch.“

Sie nahm in einem der Klubsessel gegenüber des Schreibtisches Platz, stellte ihre Aktentasche auf den Boden neben sich und zog ihren Rock zurecht. Sie war bereit, ihm ihr Angebot zu unterbreiten, beschloss jedoch, zunächst etwas Small Talk zu betreiben, bis Dallas sich ebenfalls gesetzt hatte.

„Meine Neugier ist geweckt. Jenny erwähnte, dass Ende dieser Woche etwas ist. Darf ich fragen, worum es sich handelt?“

„Ich werde am Samstag achtunddreißig“, erklärte Dallas, während er Wasser in ein Glas einschenkte.

Sechs Jahre älter als sie. Aber das war völlig egal, ermahnte sie sich sofort. „Veranstalten Sie eine große Party?“

„Nein. Mein Geburtstag ist keine große Sache für mich.“

„Ich befürchte, Ihre Stiefmütter sind da anderer Meinung. Womöglich haben sie etwas für Sie geplant.“

Dallas ließ sich auf dem Stuhl hinter seinem Schreibtisch nieder und lehnte sich zurück. Seinem besorgten Gesichtsausdruck nach zu urteilen teilte er ihre Vermutungen. „Die sollten wissen, dass ich Überraschungspartys nicht mag.“

„Sind Sie da sicher? Zumindest eine der beiden Damen wünscht sich ganz offensichtlich ein Date für Sie. Oder wieso hätte sie sonst das mit dem netten Mädchen gesagt?“

Da war es wieder, dieses verführerische Lächeln, das seine Grübchen zum Vorschein brachte. „Wenn das wirklich der Fall ist, wären Sie bereit, die Rolle zu übernehmen?“

Ach, wäre sie doch bloß so mutig und spontan, um genau das zu tun. Andererseits, wenn sie dadurch den Job bekäme, warum nicht? „Ich trenne normalerweise Beruf und Vergnügen. Allerdings scheint Ihre Familie die Meinung zu vertreten, dass mein Vergnügen mein Beruf ist.“

Er kniff die Augen zusammen und musterte sie prüfend. „Was machen Sie überhaupt beruflich?“

Der misstrauische Ton in seiner Stimme ärgerte Paris. „Ich kann Ihnen versichern, dass ich dafür keine 0900-Nummer oder einen Zuhälter benötige.“

Belustigt sah er sie an. „Da bin ich aber froh, dass wir das geklärt haben.“

„Ich bin …“

„Nein, sagen Sie es nicht. Lassen Sie mich raten.“ Er neigte den Kopf zur Seite und deutete mit dem Zeigefinger auf sie. „Sie sind Börsenmaklerin und wollen meine Investitionen in die Hände bekommen.“

Offen gestanden wollte sie ganz andere Dinge von ihm in die Hände bekommen, die aber auch gar nichts mit seinen Vermögenswerten zu tun hatten. Was war nur mit ihr los? „Nicht mal annähernd.“

Dallas fuhr sich mit der Hand über das Kinn. „Ich wette, Sie haben einen Abschluss in Buchführung.“

Wenn er wüsste, wie wenig ihr Buchführung lag. Genau dieses Manko war ein weiterer Grund, weshalb sie ihn heute aufgesucht hatte. „Glauben Sie mir, Mathe ist nicht gerade meine Stärke.“

„Marketing?“

Paris nahm einen Schluck Wasser, ehe sie antwortete. „Versuchen Sie es noch einmal.“

Sein Blick fiel auf ihre Hände, die noch immer das Glas umschlossen hielten. „In Anbetracht dessen, dass Ihre Hände und Fingernägel sehr gepflegt sind, sind Sie vermutlich auch keine Farmarbeiterin.“

„Ich habe noch nie eine Kuh aus der Nähe gesehen“, meinte Paris grinsend.

„Nicht mal als Filet Mignon auf Ihrem Teller?“

„Ich ernähre mich vegetarisch.“

Dallas nahm seinen Hut ab und fuhr sich mit der Hand durch das dunkle Haar. Er strahlte sie mit seinen leuchtend blauen Augen an. „Wenn Sie Kosmetikerin sind, so etwas brauche ich nicht.“

Paris musste unweigerlich lachen. „Nein, keine Sorge, und Friseurin bin ich auch nicht. Geben Sie auf?“

„Ja, ansonsten fällt mir nichts mehr ein.“

Jetzt war es an der Zeit, ihre Karten offen auf den Tisch zu legen. Na ja, zumindest die meisten ihrer Karten. „Ich bin Innenarchitektin.“ In Ungnade gefallene Designerin, fügte sie im Stillen hinzu.

„Wirklich?“ Dallas warf ihr einen bewundernden Blick zu.

„Ja, wirklich. Und deshalb bin ich hier. Ich wollte mit Ihnen über …“

„Hey, Dallas, ich bin dann mal weg“, hörte Paris eine Stimme hinter sich sagen. Als sie sich umdrehte, sah sie einen durchtrainierten, blonden jungen Mann im Türrahmen stehen.

„Wo gehst du nun wieder hin?“, wollte Dallas wissen, und es klang nicht gerade erfreut.

„An den Strand übers Wochenende“, erklärte der Fremde.

„Hast du mit Fort gesprochen, Worth?“

„Ich habe ihn angerufen“, entgegnete der Mann mit dem ungewöhnlichen Namen und nahm sich eine Limo aus dem Kühlschrank. „Aber er ist immer noch sauer, dass ich ihn hängen gelassen habe und hergekommen bin. Er ruft nicht zurück.“

„Das kann ich mir vorstellen“, murmelte Dallas. „Weiß Houston, dass du gehst?“

„Ja, und Austin hat sich bereit erklärt hierzubleiben, falls eine der Kühe kalbt.“

„Gut, denn Tyler ist bis Montag weg.“

Waren denn hier alle nach Städten in Texas benannt? Ohne zu zögern, stand Paris auf, lächelte Worth an und streckte dem jungen Mann die Hand entgegen, denn Dallas schien sie offensichtlich nicht mit ihm bekannt machen zu wollen. „Hallo, ich bin Paris Reynolds.“

Worth grinste sie an und schüttelte ihre Hand. Jetzt, wo er lächelte, erkannte sie dieselben Grübchen wie bei Dallas. „Schön, Sie kennenzulernen, Ma’am. Sind Sie eine Freundin meines großen Bruders?“

Er war also auch ein Calloway, obwohl Paris sich nicht erinnern konnte, seinen Namen in irgendeinem der Zeitungsberichte über die Familie gelesen zu haben. „Wir haben uns heute erst kennengelernt.“

Worth zwinkerte ihr verschmitzt zu. „Wenn er Sie nicht nett behandelt, können Sie mich gern nach Padre Island begleiten. Ich bin viel witziger als er.“

Und um Jahre zu jung für sie. Außerdem hatten ihr braunhaarige Männer wie der, der ihr gerade gegenübersaß, schon immer besser gefallen als blonde.

Dallas deutete mit der Hand zur Tür. „Verschwinde. Ms. Reynolds hat es nicht nötig, von dir angebaggert zu werden.“

„Gut, gut.“ Worth hob abwehrend die Hände und ging langsam zur Tür. „Wenn du dann irgendwann mal wieder deinen Sinn für Humor wiedergefunden hast, kannst du es mir ja sagen.“ Damit verschwand Worth, jedoch nicht, ohne Paris noch einmal zuzuzwinkern.

„Bitte entschuldigen Sie sein Benehmen.“

„Kein Problem“, erwiderte Paris und setzte sich wieder. „Er scheint mir ziemlich harmlos zu sein.“

„Nach Aussage seiner Mutter ist er ein Schürzenjäger, und ich habe das schon mehr als einmal miterleben dürfen.“

Es war nicht schwer zu erraten, wer seine Mutter war. „Sie meinen Jenny, oder?“

„Ja, die dritte Frau meines Vaters. Maria ist die zweite.“

„Und Ihre Mutter?“

Dallas senkte für einen Moment den Blick. „Sie ist gestorben, als ich noch ziemlich klein war.“

„Das tut mir leid, Dallas. Das war sicher nicht leicht für Sie.“

„Ich kann mich nicht mehr wirklich an sie erinnern. Aber lassen Sie uns darüber reden, weshalb Sie hier sind.“

Typisch Mann, wenn es um seine Gefühle ging, blockierte er. „Na ja, wie ich bereits sagte, bin ich Innenarchitektin. Und da es offensichtlich ist, dass Sie demnächst meine Dienste brauchen werden, bin ich hier, um mich für den Job zu bewerben.“

Dallas runzelte die Stirn. „Wie kommen Sie darauf, dass ich eine Innenarchitektin brauche?“

War das ein Witz, oder hat er wirklich keine Ahnung? „Ich habe einen Artikel in der Zeitung von San Antonio gelesen, dass Sie dieses Programm namens ‚Texas Extreme‘ ins Leben rufen wollen, bei dem Sie Leuten die gefährliche Welt des Rodeos näherbringen.“ Wieso irgendjemand das erleben wollte, war Paris jedoch völlig schleierhaft.

„Und ich habe auch von Ihren Plänen gelesen, eine Lodge für Ihre Gäste zu bauen, und dabei kann ich Ihnen behilflich sein. Ich würde gern die Leitung der Raumausstattung bei diesem Projekt übernehmen.“

„Noch steht überhaupt nichts fest. Wir haben noch nicht einmal die fertigen Pläne des Architekten eingesehen.“

Das könnte von Vorteil für sie sein. „Umso besser. Wenn ich von Anfang an dabei bin, kann ich Vorschläge einbringen, von denen die Gäste nur profitieren werden. Ich habe viel Erfahrung im Design von Hotels. Ich arbeite sehr genau und …“

„Ms. Reynolds …“

„Paris.“

„Okay, Paris, zuerst einmal handelt es sich bei diesen Gästen um Möchtegern-Cowboys. Die brauchen keine ausgefallenen Zimmer, sondern lediglich ein Stockbett und eine Dusche. Womöglich reichen ihnen sogar ein Plumpsklo und ein Bach, in dem sie sich waschen können.“

Allein bei dem Gedanken schauderte Paris. Doch das war ein gutes Argument. Verdammt. Sie musste etwas dagegenhalten. „Was ist, wenn jemand seine Frau mitbringen will? Frauen haben meist höhere Ansprüche an eine Unterkunft. Und was ist, wenn von den Frauen oder Freundinnen auch jemand teilnehmen will?“

Er schien einen Moment über ihren Einwand nachzudenken. „Daran habe ich noch gar nicht gedacht.“

Jetzt hatte sie ihn. „Haben Sie auch mal über die Küche nachgedacht? Sie lassen doch eine einbauen, oder? Oder wollen Sie Marshmallows und Würstchen über dem offenen Feuer braten?“

Dallas schmunzelte. „Das ist eine gute Idee.“

„Ernsthaft. Würstchen zu jeder Mahlzeit?“

„Möglicherweise ist die Idee doch nicht so gut. Aber die Küche muss nicht besonders aufwendig sein. Wir brauchen nur die Grundausstattung.“

Mit dem Hotel- und Gastgewerbe schien dieser Mann nicht sehr vertraut zu sein. „Wie viele Leute wollen Sie denn im Schnitt pro Nacht unterbringen?“

„Zunächst nur etwa fünfzig, aber in Zukunft vielleicht mehr.“

„Um fünfzig hungrige Männer und eventuell Frauen zu beköstigen, brauchen Sie aber mehr als einen Herd mit vier Kochplatten, einen einfachen Kühlschrank und einen einzigen Ofen. Sie brauchen gewerbliche Geräte, viel Platz zum Zubereiten …“

„Ich verstehe, was Sie meinen“, unterbrach er sie, „doch wir wollen erst in einem Jahr eröffnen, unter Umständen sogar noch später. Wir müssen nämlich nicht nur die Lodge bauen, sondern auch eine neue Arena, mehrere Pferche und eine Erste-Hilfe-Station. Ich würde Sie sowieso erst in einem halben Jahr oder später brauchen.“

In zwei Monaten würde sie völlig mittellos sein. Das wohlbekannte Gefühl extremer Beklemmung stieg in ihr hoch. „Es wäre aber besser für Sie, mich direkt einzustellen, anstatt im Nachhinein etwas ausbessern zu müssen. Das würde Sie nämlich wesentlich mehr Geld kosten. Ich könnte mich mit dem Architekten treffen, ehe der die endgültigen Pläne ausfertigt.“

Sie hielt einen Moment inne und fuhr schließlich fort: „Ich könnte mich von Anfang an um alle Einzelheiten kümmern. Zudem wohne ich in San Antonio, und das ist nur eine Stunde entfernt, was für uns beide praktisch ist. Und ich werde weniger Geld berechnen als irgendeine der anderen Firmen da draußen, jedoch gleichzeitig qualitativ hochwertige Arbeit leisten. Was Besseres als mich werden Sie nicht finden. Und was am Wichtigsten ist, ich brauche diesen Job dringend.“

Wieder neigte er den Kopf zur Seite und musterte sie aus zusammengekniffenen Augen. „Wieso das denn, wenn Sie so gut sind in Ihrem Beruf?“

Sie war zu weit gegangen und hatte sich vermutlich diese Chance vermasselt. Aber allein die Tatsache, dass er sie noch nicht hinausgeworfen hatte, gab ihr neuen Mut. „Aufgrund von persönlichen Gründen musste ich wieder ganz von vorn anfangen, aber ich werde Ihnen die Einzelheiten ersparen. Stattdessen würde ich Ihnen gerne meine Arbeiten zeigen.“

Paris hob ihre Aktentasche auf den Schoß. „Ich habe mein Portfolio dabei, wenn Sie es sich ansehen möchten.“

Dallas sah sich Paris’ Mappe einen Moment lang schweigend an, und Paris’ Puls raste. „Ich bin sicher, dass Sie sehr qualifiziert sind“, bemerkte er schließlich. „Doch wie ich bereits sagte, halte ich es nicht für nötig, jetzt schon einen Dekorateur …“

„Designer“, fiel Paris ihm ins Wort.

„Jetzt schon einen Designer einzustellen“, beendete Dallas seufzend seinen Satz.

Paris gab sich geschlagen und stand langsam auf. „Ich verstehe, aber bedenken Sie bitte, dass ich in sechs Monaten vielleicht zu viele andere Aufträge habe.“ Oder im Gefängnis sitze, fügte sie im Stillen hinzu. Oder möglicherweise bei meinen Eltern auf deren Kartoffelfarm in Idaho lebe. „Es war nett, Sie kennenzulernen.“

Dallas erhob sich ebenfalls und kam um seinen Schreibtisch herum. „Noch eine kurze Frage, ehe Sie gehen. Was meinten Sie mit ‚wieder ganz von vorn anfangen‘?“

Sie hatte ihm das zwar nicht erzählen wollen, aber gut, wenn das bedeutete, dass er seine Entscheidung vielleicht noch mal überdächte, würde sie ihm alles erzählen – na ja, fast alles. „Gut, aber ich möchte, dass Sie wissen, ich bin nicht auf Mitleid aus.“

„Alles klar.“

„Vor fast zwei Jahren hat sich mein Mann mitten in der Nacht in die Dominikanische Republik abgesetzt und eine zügige Scheidung verlangt. Dabei hat er alles mitgenommen, was ich besaß.“

Die Wut in seinem Blick überraschte Paris. „Wo ist der Mistkerl jetzt?“

„Immer noch dort, mit meinem schwer verdienten Geld und seiner neuen Freundin. Kurz darauf wurde ich von der Firma, bei der ich acht Jahre lang gearbeitet hatte, entlassen. Ich habe kaum genug Geld, um meine Miete zu bezahlen, deshalb werde ich vermutlich zu meinen Eltern ziehen müssen, bis ich wieder auf eigenen Füßen stehe.“ Den Grund, weshalb sie entlassen worden war, verschwieg sie wohlweislich. Dafür schämte sie sich zu sehr.

Ein schwaches Lächeln umspielte seine Lippen. „Ich kann nachempfinden, was es heißt, bei der Familie zu wohnen.“

„Ihre Stiefmütter leben bei Ihnen?“

„Nein, sie wohnen im Haupthaus. Ich habe mir vor ein paar Jahren ein eigenes Haus gebaut. Aber trotzdem sehe ich die beiden jeden Tag, ob ich will oder nicht.“

Eine Zeit lang standen sie sich wortlos gegenüber. Das Schweigen war unangenehm, und Paris hatte das Gefühl, vor Scham im Boden zu versinken, nachdem sie ihm ihre finanzielle Lage offenbart hatte. Kurzerhand zog sie eine Visitenkarte aus der Tasche. „Falls Sie Ihre Meinung ändern sollten, können Sie mich gerne anrufen. Ansonsten wünsche ich Ihnen viel Glück bei Ihrem Vorhaben.“

„Ich wünsche Ihnen auch viel Glück“, meinte Dallas, während er sie hinausbegleitete. „Und sollte ich noch ein Date für eine Überraschungsparty brauchen, rufe ich Sie vielleicht einfach an.“

Das glaubte er doch selber nicht! Doch insgeheim wünschte Paris sich, dass er es täte. Wer würde nicht gern einen Abend mit einem gut aussehenden Cowboy verbringen? Und da er sie offensichtlich nicht einstellen würde … „Diese Einladung würde ich vielleicht sogar annehmen.“

Ohne seine Antwort abzuwarten, ging Paris zurück in den Empfangsraum und verabschiedete sich beim Hinausgehen von den beiden Stiefmüttern. Als sie im Auto saß, war sie völlig niedergeschlagen. Wieder einmal hatte sie versagt. Sie spürte Tränen in sich aufsteigen. Nein, weinen würde sie nicht. Das hatte sie in letzter Zeit viel zu oft getan.

„Wieso hast du sie gehen lassen, Dallas?“

Was er jetzt überhaupt nicht brauchen konnte, war eine von Marias Standpauken. Die hübsche Frau mit den grünen Augen und dem goldenen Haar, die ihn gerade aufgesucht hatte, war faszinierend und hatte einen bleibenden Eindruck bei ihm hinterlassen. Er verstand zwar nicht ganz, was es war, das er an ihr so anziehend fand, aber er musste ständig an sie denken.

Ihre Anwesenheit hatte wunderbare Gefühle in ihm ausgelöst, und beinahe hätte er Dinge zu ihr gesagt, die kein anständiger Mann zu einer Frau sagen würde, die er gerade erst kennengelernt hatte. Was war nur mit ihm los?

Autor

Kristi Gold
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