Wiedersehen mit dem Texaner

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Für die hübsche Tierärztin Georgie ist der Job auf der Ranch des texanischen Millionärs Austin Calloway riskant: Unvergesslich ist ihr leidenschaftliches Abenteuer vor sechs Jahren - das nicht ohne Folgen blieb. Beim Wiedersehen spürt sie sofort die verhängnisvolle Sehnsucht …


  • Erscheinungstag 23.02.2023
  • ISBN / Artikelnummer 9783751521574
  • Seitenanzahl 160
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Wenn Austin Calloway auch nur eine weitere Lichterkette aufhängen musste, würde er einen Flug auf die Bahamas buchen, um Silvester dort zu verbringen.

In den letzten paar Jahren hatte sich die D Bar C Ranch – sein Zuhause – zu Weihnachten immer in eine künstliche Wintermärchenlandschaft verwandelt. Und das alles nur zum Wohle der Gemeinde. Nächste Woche würde das Chaos beginnen. Menschen würden in ihren Autos in der Einfahrt Schlange stehen, um Geschenke für benachteiligte Kinder abzuliefern.

Die Sache an sich gefiel ihm, denn er tat gern Gutes für seine Mitmenschen. Aber die damit verbundene Arbeit, die Ranch zu dekorieren, insbesondere unter der Aufsicht von zwei pingeligen weiblichen Verwandten, ging ihm mittlerweile gegen den Strich.

Nachdem er die letzte Lichterkette über den Stacheldrahtzaun gehängt hatte, sprang er vom Zaun hinunter und stieg auf das Quad, mit dem er durch das Haupttor davonfuhr. Vor dem Haus seines Bruders saß seine Schwägerin Paris in einem Schaukelstuhl, die Hände auf ihrem dicken Babybauch. Er winkte ihr zu und musste grinsen, als er seinen Bruder Dallas entdeckte, der sich mit einem riesigen aufblasbaren Weihnachtsmann abmühte, während seine Frau ihm zusah.

Die beiden schienen so glücklich zu sein! In der Weihnachtszeit musste er oft an seine eigene gescheiterte Ehe denken, und besonders um die Feiertage herum fühlte er sich meist sehr einsam.

Doch bevor er sich zu sehr in Selbstmitleid suhlte, beschleunigte er, denn er sah von Weitem seine beiden Stiefmütter, wie sie Engel in der Hecke aufhängten. Auf keinen Fall wollte er, dass sie ihn aufhielten und ihn baten, ihnen dabei auch noch zu helfen.

Maria war früher einmal sein Kindermädchen gewesen, ehe sein Vater sie nach dem Tod von Austins Mutter geheiratet hatte. Von seiner zweiten Stiefmutter Jenny hatte bis vor sechs Jahren, als das Testament seines Vaters verlesen worden war, niemand etwas gewusst. Austins Vater hatte Jenny heimlich in einem anderen Bundesstaat geheiratet, obwohl er bereits mit Maria verheiratet gewesen war.

Vor seinem eigenen Haus angekommen, stellte Austin den Motor des Quads ab und stieg in seinen Pick-up. Wieder fuhr er an seinen diversen Familienmitgliedern vorbei, ehe er auf die Hauptstraße einbog. Er genoss den Fahrtwind, der durch die offenen Fenster hereinwehte, und beschleunigte. Jetzt fühlte er sich frei!

Ein paar Kilometer weiter fuhr er auf den Parkplatz der Außenarena und parkte seinen Wagen. Sofort stiegen Erinnerungen an jene Zeit in ihm hoch, als er selbst noch ein leidenschaftlicher Rodeo-Reiter gewesen war. Er hatte den Sport vor einigen Jahren für eine Karriere als Autoverkäufer an den Nagel gehängt und besaß mittlerweile mehrere Autohäuser in drei verschiedenen Bundesstaaten. Wenigstens geschäftlich war er erfolgreich, wenn es in seinem Privatleben schon nicht geklappt hatte.

Er ging durch den Eingang und begrüßte ein paar Cowboys, die früher mal seine Konkurrenten gewesen waren. Einige der jüngeren Männer kannten ihn nur dem Namen nach und starrten ihn ehrfürchtig an, als wäre er eine Art Rodeo-Gott. Er musste zugeben, dass es ihn ein wenig stolz machte. Wenigstens hatte er beim Rodeo-Nachwuchs sein Vermächtnis hinterlassen, denn eigenen Nachwuchs würde er vermutlich nie haben.

Austin stieg auf die Zuschauertribüne und nahm auf einer Holzbank Platz. Und sofort sah er sie! Er kannte sie nur allzu gut. Sie war flatterhaft wie eine Motte im Frühling und stur wie ein rostiges altes Gatter. Mehr als einmal hatte sie ihn in die Knie gezwungen. Und obwohl bereits mehrere Jahre vergangen waren, seit er sie das letzte Mal gesehen hatte, erinnerte er sich immer noch liebevoll daran, wie viel Spaß es gemacht hatte, mit ihr zusammen zu sein.

Er beobachtete, wie sie auf einer braunen Stute zwischen den anderen Pferden hindurchgaloppierte. Nein, sie hatte weder ihr Temperament noch ihre Begabung verloren, und immer noch zog sie ihn total in ihren Bann.

Auf einmal sah er, wie ein Wallach auf sie zukam. Wenn sie nicht auswich oder zumindest das Tempo verlangsamte, würden die beiden zusammenstoßen.

Im selben Moment passierte es auch schon. Sie versuchte, die Stute in die eine Richtung zu lenken, doch das Pferd brach in die andere Richtung aus, und Georgie Romero, seine temperamentvolle, flatterhafte erste wirkliche Freundin, flog im hohen Bogen vom Pferd.

Er sprang auf, denn er konnte nicht tatenlos zusehen, wie sie da zwischen den Pferden auf dem Boden lag. Seine Mutter war beim Rodeo gestürzt und ums Leben gekommen, als er noch klein gewesen war. Damals war er noch zu jung gewesen, um sich der Konsequenzen des Sturzes oder gar des drohenden Verlusts bewusst zu sein.

Wenigstens diese Frau würde er retten. Auf keinen Fall wollte er eine solche Tragödie noch einmal erleben. Er hoffte inständig, es möge noch nicht zu spät sein.

Georgia Romero öffnete die Augen und stellte erstaunt fest, dass sich eine Menschenmenge um sie herum versammelt hatte. Direkt neben ihr war ein Mann mit braunen Cowboystiefeln in die Hocke gegangen. Er trug ein blau kariertes Hemd, das er an den Ärmeln hochgekrempelt hatte, was den Blick auf seine muskulösen Unterarme freigab. War sie jetzt im Cowboy-Himmel?

Als Georgie in das Gesicht des Mannes blickte, fiel ihr als Erstes der schöne Mund auf. Doch im nächsten Moment nahm sie seine leuchtenden dunkelblauen Augen wahr und erstarrte, denn sie kannte diesen teuflischen Blick nur allzu gut.

„Alles okay, Georgie?“

Nein, sie war gestorben und jetzt in der Cowboy-Hölle.

Schnell rappelte sie sich hoch. Verdammt, es konnte doch nicht sein, dass sie ihm wieder begegnet war. Sie wusste, dass ein Lächeln von ihm genügte, um sie durcheinanderzubringen. Vor sechs Jahren hatte er ihr Leben verändert, wovon er allerdings keine Ahnung hatte. „Wo ist mein Pferd?“

Mit einer Kopfbewegung deutete er nach draußen. „Jemand hat sie da drüben angebunden. Sie ist etwas erschrocken, aber es geht ihr gut.“

Vorsichtig wagte sie einen weiteren Blick in sein Gesicht. Austin Calloway, verdammt! „Danke“, murmelte sie verlegen. „Sie ist erst zwei Jahre alt und noch etwas unerfahren. Ich habe sie hergebracht, damit sie sich an die vielen Pferde gewöhnen kann. Offensichtlich war das zu früh, sie ist wohl noch nicht bereit für Wettkämpfe.“

Austin besaß die Frechheit, sie anzugrinsen. „Das habe ich mir auch gedacht, als ich sah, wie sie dich abgeworfen hat. Der Sturz hat ziemlich übel ausgesehen.“

Nein, dieses Mal würde sie sich nicht von ihm um den Finger wickeln lassen. Sie waren Vergangenheit und ihre Begegnung heute nur ein dummer Zufall.

Oh Gott! Sie blickte sich suchend um. Wo war ihr kleiner Junge? Dem Himmel sei Dank, Chance saß noch immer auf der Tribüne zwischen ihren Bekannten.

„Bist du sicher, dass alles okay ist, Georgie? Kein Kopfweh oder Doppeltsehen? Nichts gebrochen?“

„Mir geht’s gut“, erwiderte sie, wobei sie um einen ruhigen Ton bemüht war. Sie wollte auf keinen Fall, dass Austin erfuhr, dass sie einen Sohn hatte. Womöglich würde er sie dann mit Fragen bedrängen, und das war das Letzte, was sie brauchte.

Als sie wieder hergezogen war, um ihre Tierarztpraxis zu eröffnen, hatte sie gewusst, dass sie es ihm irgendwann erzählen musste. Aber sie wollte es so lange wie möglich hinauszögern und sich erst innerlich auf das Gespräch vorbereiten. Schließlich hatte sie keine Ahnung, wie er reagieren würde. Auf keinen Fall war eine laute Arena der richtige Ort dafür, eine solche Bombe platzen zu lassen.

„Du siehst aber nicht so gut aus. Irgendwie kommst du mir etwas durcheinander vor.“

Georgie wischte sich den Dreck von ihrer Hose. „Nein, keine Sorge, mir geht’s gut. Das ist nicht das erste Mal, dass ich abgeworfen wurde.“

Austin nahm seinen braunen Cowboyhut ab und fuhr sich mit der Hand durch das dichte Haar, ehe er den Hut wieder aufsetzte. „Stimmt. Ich kann mich noch gut an den Sommer erinnern, als du dir den Arm gebrochen hast, weil du versucht hast, auf dem Hengst deines Vaters zu reiten.“

War ja klar, dass er diese alte Geschichte zur Sprache bringen würde. „Ich weiß noch, wie du dir bei einer Prügelei mit Ralphie Jones wegen Hannah Alvarez deine Nase gebrochen hast.“

Wieder lächelte er sie an, und sofort spürte Georgie, wie ihr Puls zu rasen anfing. „Er hat angefangen. Außerdem fand ich sie eigentlich gar nicht so toll, ich war bloß jung und blöd.“

Georgie war damals genauso dumm gewesen, und sie hatte einen hohen Preis für ihre Naivität gezahlt: Sie hatte ihre Unschuld an Austin Calloway verloren. „Okay, es war schön, dich mal wieder zu sehen, aber ich muss gehen.“

Austin neigte den Kopf. „Wie lange bist du hier?“

Einen Moment lang überlegte sie, ob sie ihn anlügen sollte, aber irgendwann würde er sowieso die Wahrheit erfahren. Zumindest einen Teil der Wahrheit. „Auf unbestimmte Zeit.“

Erschrocken riss er die Augen auf. „Du wohnst jetzt wieder hier?“

„Ja.“

„Seit wann?“

Sie hatte keine Lust darauf, dass er sie ausfragte. Lieber wollte sie selbst etwas von ihm wissen. „Seit ein paar Wochen. Hat Dallas dir nicht davon erzählt?“

Verständnislos sah Austin sie an. „Nein. Dallas erzählt mir überhaupt nichts. Wann hast du ihn gesehen?“

„Er hat mich angerufen, nachdem er erfahren hatte, dass ich die Praxis von Doktor Gordon übernommen habe. Er wollte wissen, ob ich mich um die Tiere der D Bar C kümmern würde und um die des neuen Unternehmens, das ihr plant. Mehr hat er mir aber nicht verraten.“

„Wir nennen es Texas Extreme. Es ist sozusagen das Cowboy-Erlebnis für Neugierige. Die Leute können Kälberfangen und Bullenreiten lernen, und wir wollen Ausritte mit ihnen machen.“

Na, wunderbar! Ein weiteres Unternehmen, mit dem sich die Calloways ihre ohnehin schon vollen Taschen noch voller stopfen würden. „Interessant. Aber das Ranchhaus ist vermutlich nicht groß genug für die Gäste und für deine Brüder. Werdet ihr die Gäste in der Schlafbaracke unterbringen?“

„Wir sind gerade dabei, ein Landhaus zu bauen. Mittlerweile haben wir auch alle unsere eigenen Häuser auf der Ranch. Zumindest Dallas, Houston, Tyler, Worth und ich. Fort betritt das Gelände nicht, er hasst die ganze Familie.“

Georgie wusste noch genau, wie sehr es Austin mitgenommen hatte, als er erfuhr, dass sein Vater ein Doppelleben geführt hatte und er zwei Brüder, die Zwillinge Fort und Worth, und eine Stiefmutter in Louisiana hatte. Damals, nach der Verlesung des Testaments, hatte sich Austin an sie gewandt, weil er jemanden zum Reden brauchte. Dummerweise war es nicht beim Reden geblieben. Wenn sie diese Nacht doch nur hätte vergessen können! Aber das war nicht so einfach, weil ihr Sohn sie täglich daran erinnerte.

Georgie warf einen Blick in Richtung Tribüne. Chance lachte und schien glücklicherweise überhaupt nicht daran interessiert zu sein, wo seine Mutter war. Sie wusste nicht, ob er sie schon entdeckt hatte, und sie hatte keine Ahnung, was er tun würde, wenn das passierte. Möglicherweise würde er „Mama“ rufen. Und dann musste sie Austin alles erzählen. Na ja, zumindest fast alles.

Sie trat ein paar Schritte zurück. „Ich muss los.“

„Du machst nicht beim Tonnenrennen mit?“

„Nein, heute nicht“, antwortete sie kopfschüttelnd.

Wieder schenkte er ihr sein verführerisches Lächeln. „Na, dann werde ich wohl auch gehen.“

„Aber du bist doch gerade erst gekommen.“ Mist, nun hatte sie sich verraten!

Verwirrung spiegelte sich in seinem Gesicht. „Woher weißt du das denn?“

Verlegen sah Georgie zu Boden, bevor sie zu ihm aufblickte. „Ich habe gesehen, wie du auf der Tribüne Platz genommen hast.“ Und das hatte sie so sehr abgelenkt, dass sie sich nicht mehr auf ihr Pferd konzentriert hatte und gestürzt war. Aber die Tatsache, dass er sofort zu ihr gekommen war, verblüffte sie noch immer.

Er hakte beide Daumen in die Taschen seiner Jeans, und Georgie blickte unweigerlich auf den Bereich dazwischen. Sie spürte, wie sie errötete, und sah schnell weg.

„Ich bin hergekommen, weil bei uns alle wie verrückt Weihnachtsdekoration aufhängen und ich eine Pause brauchte“, erklärte er. „Aber wenn ich nicht bald zurückkomme, wird meine Stiefmutter einen Suchtrupp nach mir ausschicken.“

Georgie zwang sich, ihn anzusehen. „Wie geht es Maria?“

„Sie ist genauso temperamentvoll wie immer. Wie geht es deinen Eltern?“

Georgie hatte keine Lust, näher auf dieses Thema einzugehen. Es war ihr sowieso lieber, wenn Austin dachte, sie wohne noch immer zu Hause. Dann würde er wenigstens nicht anrufen oder vorbeikommen, denn die beiden Familien waren dank ihrer miteinander konkurrierenden Väter seit Jahren zerstritten. Nur ein einziges Mal hatte ein Calloway-Sohn ihre Residenz betreten, und zwar durch Georgies Schlafzimmerfenster.

In dieser Nacht vor achtzehn Jahren hatte sie ihm ihr Herz geschenkt. „Mom und Papa geht es gut“, sagte sie schnell und verbannte die bittersüßen Erinnerungen aus ihrem Kopf.

„Sie sind bestimmt froh, dass du wieder hier bist. Ich wette, der alte George stolziert herum wie ein Hahn, weil sein einziges Kind jetzt Tierärztin ist.“

Nicht wirklich. Ihr Vater schämte sich immer noch dafür, dass seine Tochter ein uneheliches Kind hatte. Und noch immer wollte die Familie nicht, dass das öffentlich bekannt wurde. Georgie hatte seit Jahren kein Wort mit ihrem Vater gesprochen. Glücklicherweise hatte ihre Mutter zu ihr gehalten und sie weiterhin unterstützt.

Den Kontakt zu ihren Freundinnen hatte sie abgebrochen, und sie hatte großes Glück gehabt, ein abgelegenes Häuschen für sich und Chance zu finden, auch wenn es nur zur Miete war. Irgendwann jedoch würden sowieso alle von ihrem Sohn erfahren, weil Georgie ihn nicht für immer verstecken konnte und das auch gar nicht wollte.

Aus den Augenwinkeln sah sie, wie Chance ihr zuwinkte. Noch einmal startete sie einen Versuch, sich zu verabschieden. „Jetzt muss ich aber wirklich das Pferd einladen und fahren, bevor der nächste Wettkampf beginnt.“

Einen Moment lang sah Austin sie schweigend an. „Du siehst wirklich gut aus, Georgie“, sagte er schließlich.

Er allerdings auch, musste sie sich eingestehen. Zu gut. Einen Moment lang brachte sie keinen Ton heraus. „Danke. Wir sehen uns“, stammelte sie schließlich verlegen.

„Das werden wir sicher.“

Georgie ignorierte seinen Kommentar, machte auf dem Absatz kehrt und ging durch das Tor, um ihr Pferd zu holen. Einen Moment lang blieb sie neben der Stute stehen und beobachtete, wie Austin die Arena verließ, ehe sie ihren Sohn zu sich rief. „Lass uns gehen, Chance!“

Chance hüpfte von der Tribüne herunter auf sie zu. „Wer war der Mann, Mama?“

Ach, du meine Güte. Sie hatte so sehr gehofft, dass Chance ihn gar nicht bemerkt hatte. „Austin Calloway.“

„Wer ist das?“

Während sie weiterging, überlegte sie, wie sie ihrem Sohn am besten antworten sollte. Sie entschied sich für eine Halbwahrheit. „Er ist ein alter Freund, mein Schatz.“

Ein alter Freund, der ihr erster Liebhaber und ihre erste große Liebe gewesen war. Und der einzige Mann, der ihr je das Herz gebrochen hatte. Aber am allerwichtigsten: Er war der Vater ihres Kindes.

Georgie konnte sich gut vorstellen, wie Austin Calloway reagieren würde, wenn er erfuhr, dass sie ihm die Existenz seines Sohnes vorenthalten hatte. Auf keinen Fall würde seine Reaktion positiv ausfallen, da war sie sich sicher.

Wütend stürmte Austin ins Haupthaus. Dallas saß mit seiner schwangeren Frau im Wohnzimmer auf dem Sofa.

„Mit dir muss ich ein Hühnchen rupfen, Dallas.“

Dallas und Paris sahen ihn beide an, als hätte er plötzlich ein drittes Auge auf der Stirn.

„Ich gehe mal nachsehen, ob Maria und Jenny mit dem Abendessen Hilfe brauchen“, sagte Paris schnell und stand auf.

Dallas lehnte sich in dem blau geblümten Sofa zurück, legte einen Arm über die Lehne und schlug die Beine übereinander. „Setz dich und erzähl mir, was dich bedrückt.“

Einen Moment lang überlegte Austin, ob er sich in den braunen Ledersessel setzen sollte, doch er war viel zu rastlos. „Ich will mich nicht hinsetzen.“

„Dann bleib eben stehen, verdammt noch mal, aber rede endlich!“

„Warum, zum Teufel, hast du mir nicht gesagt, dass Georgie Romero wieder hier ist?“

„Was? Georgia ist wieder hier?“, rief eine Frauenstimme aufgeregt.

Austin fuhr herum. Hinter ihm stand Maria, seine geliebte Stiefmutter und Mentorin, die sich allzu gern in Gespräche einmischte. „Dir hat er es also auch nicht erzählt?“

Dallas sah seinen Bruder mit zusammengekniffenen Augen an. „Ich habe vergessen, dass ich vorgestern mit ihr gesprochen habe. Außerdem ist das ja wohl nicht so wichtig.“

„Für deinen kleinen Bruder schon, mein Junge“, gab Maria zu bedenken, während sie sich das Haar mit einem Haargummi zu einem langen Zopf band. „Austin und Georgia haben eine ganz besondere Beziehung“, fügte sie augenzwinkernd hinzu.

Austin blitzte sie wütend an. „Hatten eine Beziehung. Das ist lange her.“

„Du würdest sie aber sofort wieder zur Freundin nehmen“, meinte Dallas und grinste ihn herausfordernd an.

„Was höre ich da, du hast eine Freundin, Schätzchen?“

Mit diesen Worten kam Austins blonde zweite Stiefmutter vergnügt hereinspaziert. Jenny war ein herzensguter Mensch, doch sie war ein Klatschweib, und am liebsten wäre Austin sofort wieder gegangen. Aber wenn er das täte, würde das leider für noch viel mehr Tratsch sorgen. „Nein, Jen, ich habe keine Freundin.“

„Er hatte mal eine Freundin“, fügte Maria hinzu. „Georgia und Austin waren auf der Highschool recht eng miteinander.“

„Austin hat ihr jahrelang nachgestellt, bevor sie zusammenkamen“, erklärte Dallas süffisant lächelnd.

„Das stimmt überhaupt nicht“, widersprach er. „Ich habe ihr gar nicht nachgestellt. Sie war einfach immer mit uns allen zusammen. Damals war ich gar nicht wirklich an ihr interessiert.“

„Erst als sie mit vierzehn aus dem Sommercamp zurückkam“, frotzelte sein älterer Bruder weiter.

Oh Mann, daran hatte er seit Jahren nicht mehr gedacht! Nach dem Sommer hatte Georgie auf einmal sehr weibliche Kurven gehabt, was natürlich allen Jungs gleich aufgefallen war. Auch heute noch hatte sie eine unglaublich gute Figur, was ihm vorhin sofort aufgefallen war. „Ja, sie hat sich in dem Sommer wirklich gemacht.“

„Du meinst, sie hat einen Busen bekommen“, mischte sich Jenny nun wieder in das Gespräch ein. „Ich bekam meinen mit zwölf. Auf einmal waren die Jungs hinter mir her wie verrückt.“

Maria winkte ab. „Kein Mensch will das wissen.“

Austin hatte keine Lust auf diese merkwürdige Unterhaltung und war froh, als Paris wieder ins Zimmer kam. „Das Abendessen ist in etwa fünf Minuten fertig.“

„Vielleicht solltest du deine besondere Freundin zum Abendessen einladen?“, schlug Jenny vor.

Was für eine blöde Idee! Andererseits wäre es sicher schön, ihr beim Essen gegenüberzusitzen. „Es ist spät, sie hat bestimmt schon was vor.“

Paris starrte überrascht in die Runde. „Sie? Darüber habt ihr also in meiner Abwesenheit gesprochen.“

Dallas erhob sich vom Sofa. „Ja, und über Mädchen und Jungs.“

„Frag nicht, Paris“, riet Maria ihr und hakte sich bei ihr unter. „Komm, wir gehen auftischen.“

Auf keinen Fall würde sich Austin weiteren Fragen über seine lang zurückliegende Beziehung mit Georgie aussetzen. „Ich bleibe nicht zum Essen.“

„Wie du willst, aber du hast offenbar keine Ahnung, wie lecker Jens gebratenes Hühnchen ist“, bemerkte sein älterer Bruder.

Ein anderes Mal würde er auf jeden Fall bleiben, aber heute nicht. „Ich bin sicher, dass es super schmeckt. Bevor ich gehe, möchte ich unser Gespräch mit dir noch zu Ende führen, Dallas.“

Sein Bruder zuckte mit den Schultern. „Ich höre.“

„Unter vier Augen, draußen“, fügte Austin hinzu, als er bemerkte, dass die Frauen stehen geblieben waren.

Dallas seufzte. „Okay. Aber mach’s kurz. Ich bin am Verhungern.“

Klar würde er es kurz machen, denn was er seinem Bruder mitzuteilen hatte, war schnell gesagt.

Als sie auf der Terrasse standen, drehte er sich zu Dallas um. „Hör mal, ich hätte es sehr begrüßt, wenn du alle Brüder in die Entscheidung miteinbezogen hättest, Georgie als Tierärztin für die Ranch einzustellen.“

Dallas fuhr sich mit der Hand über das unrasierte Kinn. „Das habe ich. Houston hat kein Problem damit und Tyler auch nicht. Worth weiß zwar nichts davon, aber er vertraut meinem Urteilsvermögen, im Gegensatz zu dir.“

Bei diesen Worten kehrte Austins Zorn zurück, und er hatte Mühe, sich zu beherrschen. „Du hast ihnen Bescheid gegeben, aber mir nicht?“

„Die Mehrheit entscheidet. Außerdem war mir klar, dass du nicht besonders begeistert sein würdest, so wie ihr damals auseinandergegangen seid.“

„Warum, zum Teufel, ist es wichtig, was damals in der Highschool passiert ist?“

„Ich meine, vor sechs Jahren, nach der Verlesung von Dads Testament.“

„Woher weißt du, dass wir uns damals getroffen haben?“

„Georgie rief mich ein paar Monate später an und wollte wissen, wie sie dich erreichen könnte. Aber zu dem Zeitpunkt warst du bereits mit Abby verheiratet. Als ich ihr das erzählte, schien sie völlig durcheinander zu sein. Mit anderen Worten, du hast ihr das Herz gebrochen. Zum zweiten Mal.“

Ja, das hatte er vermutlich getan, und es tat ihm leid, dass es so gekommen war. „Es war nur eine Nacht, Dallas, und ich habe Abby erst vier Monate später geheiratet, also habe ich weder Georgie noch Abby betrogen. Außerdem habe ich Abby nur aus einer Laune heraus geheiratet.“

„Eine Frau, die du kaum kanntest.“

Da hatte sein Bruder recht, und Austin schwieg.

„Du wusstest ganz genau, dass Georgie nicht mit jedem ins Bett steigt und dass sie das ernst nehmen würde“, beharrte Dallas.

Obwohl er geneigt war, seinem Bruder recht zu geben, gönnte Austin ihm diese Genugtuung nicht. „Das letzte Mal, als wir zusammen waren, haben Georgie und ich vereinbart, dass wir einander nichts versprechen und keine Erwartungen haben würden.“

„Gut, vielleicht hattest du keine Erwartungen, aber ich nehme an, sie hatte welche. Sie hat dich schon immer geliebt, Bruderherz, und es würde mich nicht überraschen, wenn das heute auch noch so ist. Obwohl ich das nicht ganz verstehen würde, so, wie du sie behandelt hast.“

Auf die Kritik seines Bruders konnte er gern verzichten. „Du hast gut reden, Dallas. Du hast eine Spur gebrochener Herzen im ganzen Land hinterlassen.“

„Ja, aber dann habe ich die eine Frau gefunden, mit der ich für den Rest meines Lebens zusammen sein will.“

„Ich bin froh, dass du dein Glück gefunden hast, aber diese Frau gibt es für mich nicht.“

Auf einmal wurde Dallas ernst. „Wenn du endlich mal die Augen aufmachen würdest, würdest du vielleicht sehen, dass du sie schon lange getroffen hast. Du bist ihr heute begegnet.“

Mit diesen Worten ging Dallas wieder ins Haus und ließ Austin verdutzt auf der Terrasse zurück. Okay, er hatte immer schon eine Schwäche für Georgie gehabt, aber das hatte er als reine sexuelle Anziehung abgetan. Und obwohl sie ihm immer noch gefiel, konnte er sich nicht vorstellen, mit ihr fest zusammen zu sein. Nein. Das konnte er sich, um ehrlich zu sein, mit keiner Frau vorstellen.

Er hatte bereits eine Ehe ruiniert. Ein zweites Mal würde ihm das bestimmt nicht passieren.

Doch er musste zugeben, dass er nicht abgeneigt sein würde, sich ab und zu mit Georgie zu treffen. Solange sie verstand, dass er nicht für eine gemeinsame Zukunft zu haben war. Denn jetzt, wo sie wieder in der Gegend war, würde es schwierig werden, die Finger von ihr zu lassen. Dazu war die Anziehungskraft, die sie auf ihn ausübte, viel zu stark.

„Wie läuft dein erster Tag als Tierärztin der Calloways, Georgie?“

Super … bis er in den Stall spaziert kam, in Jeans und Cowboyhut – der Traum eines jeden naiven Mädchens. Doch sie hatte gewusst, dass die Wahrscheinlichkeit, Austin über den Weg zu laufen, groß sein würde, als sie auf Dallas’ Angebot eingegangen war. Es war sogar einer der Gründe gewesen, den Job anzunehmen, denn sie wollte Austin abschätzen, allerdings nur sein Leben, nicht sein Aussehen.

Sie war jedoch immer noch etwas durcheinander von ihrem gestrigen Treffen. Ohne ihn eines Blickes zu würdigen, räumte sie die Ausrüstung in ihre Tasche. „Ich habe die schwangeren Stuten geimpft.“

„Wenigstens haben wir dieses Jahr nur vier und nicht zehn, wie normalerweise.“

Georgie richtete sich auf und strich einem der Pferde, das sein Maul zwischen den Boxenstäben hindurchstreckte, liebevoll über die Nüstern. „Ich weiß noch, als die hier geboren wurde. Das ist mindestens fünfzehn Jahre her. Wir werden beide nicht jünger, was, Rosie? Sie sollten dir mal eine Pause von den Fohlen gönnen.“

Obwohl sie Austin den Rücken zukehrte, spürte sie, wie er näher an sie herantrat. „Sie bringt ganz großartige Fohlen zur Welt, aber ich hoffe, Dallas wird sie nach diesem Jahr in den Ruhestand versetzen.“

„Gut. Ich bin aber sicher, dass sie keine Schwierigkeiten haben wird, dieses Jahr abzufohlen. Dallas bat mich herzukommen, wenn Sunny so weit ist, weil es bei ihr das erste Mal ist.“

Als er nicht antwortete, drehte Georgie sich zu ihm um. Breit grinsend sah er sie an. „Was ist daran so witzig?“

Autor

Kristi Gold
Mehr erfahren

Entdecken Sie weitere Bände der Serie

Die Liebe ist wie ein Rodeo-Ritt