Collection Baccara Band 358

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DER MILLIONÄR UND DIE SCHÖNE ERBIN von SCHIELD, CAT
Blitzhochzeit in Las Vegas? Für die schöne Hotelmanagerin Violet Fontaine eigentlich unvorstellbar. Nur um ihr Erbe zu retten, gibt sie dem selbstgefälligen Playboy JT ihr Jawort. Doch warum zittern ihre Knie vor Verlangen, als er sie gegen jede Absprache feurig küsst?

REICH, SEXY - UND GEFÄHRLICH von DUNLOP, BARBARA
Darby weiß, wie man mit mächtigen Männern umgeht: Um den Bau einer Eisenbahn zu stoppen, fordert sie sogar den smarten Bürgermeister Seth zu einem Flirt heraus. Ein gewagtes Spiel, denn sprühende Funken sind eine Sache. Aber leider kämpft ihr liebster Feind nicht fair …

IN DEINEN STARKEN ARMEN ... von EVANS, HARMONY
Derek Lansing ist noch attraktiver, als Natalie befürchtet hatte! Als Life Coach soll sie dem sexy Basketballstar helfen, sein Leben zu ordnen. Kein Problem, denkt die erfahrene Karrierefrau - bis sie in den Armen des durchtrainierten Sportlers dahinschmilzt …


  • Erscheinungstag 15.09.2015
  • Bandnummer 0358
  • ISBN / Artikelnummer 9783733722623
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Cat Schield, Barbara Dunlop, Harmony Evans

COLLECTION BACCARA BAND 358

CAT SCHIELD

Der Millionär und die schöne Erbin

Auf die süßeste Seite der Ehe verzichten? Da spielt Millionär JT nicht mit! Denn auch wenn Violet auf ihrer Zweckheirat besteht, begehrt er die bildhübsche Hotelerbin mit jedem Tag mehr. Das bringt JT in eine heikle Lage: Wenn er seinem Verlangen nicht widersteht, riskiert er, alles zu verlieren: sein Unternehmen und die Frau, ohne die er nicht mehr leben kann …

BARBARA DUNLOP

Reich, sexy – und gefährlich!

Bürgermeister Seth Jacobs wird nicht zulassen, dass die eigenwillige Darby seine Pläne durchkreuzt, nur weil ihre Hotelgäste Ruhe brauchen! Um sie vom Bau der neuen Eisenbahntrasse zu überzeugen, spielt er den unwiderstehlichen Charmeur. Allerdings unterschätzt er seine schöne Feindin! Und ihre verführerisch grünen Augen ziehen ihn schon bald in ihren Bann …

HARMONY EVANS

In deinen starken Armen …

Medaillen, Geld und Frauen! Eigentlich lebt Basketballstar Derek seinen Traum. Trotzdem, richtig glücklich ist er nicht … Deswegen stellt ihm sein Trainer die reizende Lebensberaterin Natalie zur Seite. Für den erfolgreichen Sportler ist die Schönheit ein Volltreffer! Ihr zuliebe legt Derek sogar seine PlayboyFassade ab – aber öffnet er ihr auch sein Herz?

1. KAPITEL

J T Stone streckte einen Arm auf der Rückenlehne des schwarzen Ledersofas aus und nippte an einem von Ricks legendären Cocktails, während er Violet Fontaine beobachtete.

Sie trug heute Abend ein schwarzes, hochgeschlossenes Minikleid mit langen Ärmeln. Von vorn wirkte das Kleid fast züchtig. Aber die Rückseite … oh Mann, was für eine Rückseite. Ein tiefer V-Ausschnitt entblößte ihren zart gebräunten Rücken. Zwei hauchdünne Spaghettiträger liefen über Kreuz vom Nacken zur schmalsten Stelle der Taille und lenkten seinen Blick auf ihren festen, runden Po.

Es kribbelte ihn in den Fingern, als er sich vorstellte, diese üppigen Kurven mit den Händen zu umfassen. Bevor er Violet kennenlernte, hatte er bei Frauen mehr auf Dekolleté und Beine geachtet. Doch mittlerweile hatte er es sich zur Mission gemacht, einen besseren Po zu finden als ihren. Bis jetzt erfolglos.

Rick, der Barkeeper im Baccara, der Bar des Fontaine Chic Hotels, war ein Genie, wenn es darum ging, einzigartige Cocktails zu kreieren. Die Behauptung, er wolle Rick für sein eigenes Hotel, das Titanium, anwerben, diente J T als Ausrede dafür, dass er sechs Abende die Woche hier herumhing. Dabei war er in Wirklichkeit nur hier, weil Violet jeden Abend um exakt elf Uhr fünfzehn ihre Runde drehte, um als Geschäftsführerin des Fontaine Chic mit den Gästen zu plaudern.

„Noch einen Drink, J T?“ Die Kellnerin schenkte ihm ein freundliches Lächeln.

„Klar.“ Er nickte in Violets Richtung. „Und gleich auch einen für sie.“

„Sie wissen doch, dass sie während der Arbeit nichts trinkt.“

„Vielleicht macht sie mir zuliebe heute Abend eine Ausnahme. Würden Sie sie zu mir schicken?“

Die Kellnerin schmunzelte über das allabendliche Ritual. „Selbstverständlich.“

Kurz darauf servierte ihm Violet höchstpersönlich seinen Drink. „Rick sagt, Dirty Martini sei dein heutiger Favorit.“

„Leistest du mir Gesellschaft?“

Sie schüttelte den Kopf. „Ich arbeite, J T.“

„Und ich bin dein bester Kunde.“

„Du bist ein Fan von Rick.“

„Ich bin ein Fan von dir“, widersprach er und bemerkte ihren überraschten Blick. War es möglich, dass ihr sein Interesse an ihr noch nicht aufgefallen war? Keine der Kellnerinnen glaubte, dass er nur wegen der Drinks jeden Abend herkam.

Dabei war sie eigentlich gar nicht sein Typ. Er stand auf kurvige Blondinen. Violet hingegen war hochgewachsen, schlank und brünett. Ihr langes dunkles Haar war zu einem hohen Pferdeschwanz gebunden. Der strenge Look betonte ihre hohen Wangenknochen und ihre großen braunen Augen.

„Du kannst dir bestimmt zwei Minuten Zeit nehmen“, sagte er und deutete auf den leeren Platz neben sich.

Sie zögerte kurz, doch dann setzte sie sich zu ihm auf die Couch und schlug die Beine übereinander. Die Spitze ihres schwarzen Pumps war nur Zentimeter von seinem Hosenbein entfernt.

J T sah sie aufmerksam an. Normalerweise war sie der fröhlichste, optimistischste Mensch, den er kannte. Doch die dunklen Ringe unter ihren Augen verrieten, dass sie noch härter arbeitete als sonst, seit vor einigen Wochen ihr Ziehvater, J Ts Onkel Tiberius Stone, unerwartet gestorben war.

„Du solltest dir eine Weile frei nehmen“, sagte er.

„Um rumzusitzen und zu trauern?“ Sie seufzte. „Ich weiß, das tun die meisten Menschen, wenn sie einen Elternteil verlieren, aber ich kann Tiberius’ Andenken am besten ehren, indem ich arbeite.“

J T nickte verständnisvoll. „Ich bin sicher, dass er das zu schätzen wüsste.“

„Ihr beide habt euch nicht besonders nahegestanden, doch in letzter Zeit hat er häufiger davon gesprochen, wie sehr er es bereute, dich nicht viel früher getroffen zu haben.“

J T hatte erst spät Gelegenheit gehabt, den jüngeren Bruder seiner Mutter kennenzulernen. Er war in Miami aufgewachsen, wo der Hauptsitz des Familienunternehmens Stone Properties beheimatet war. Tiberius hingegen hatte Miami vor über fünfundzwanzig Jahren im Streit verlassen.

Nach allem, was J T gehört hatte, hatte sein eigener Vater, Preston Rhodes, seinen Schwager beschuldigt, Firmengelder veruntreut zu haben. Preston hatte seinen Schwiegervater, J Ts Großvater James Stone, überredet, Tiberius zu feuern, der daraufhin nach Las Vegas gegangen war. Nach dem Tod des Firmengründers hatte Preston es dann geschafft, seinen Einfluss auf seine Frau Fiona Stone dazu zu nutzen, selbst an die Spitze des Unternehmens zu gelangen.

Bevor J T nach Las Vegas gekommen war, um für Stone Properties das Titanium zu leiten, war seine Meinung über Tiberius davon geprägt gewesen, was sein Vater ihm über ihn erzählt hatte. Doch nachdem er die vielen positiven Dinge gehört hatte, die in der hiesigen Geschäftswelt über seinen Onkel gesagt wurden, begann er, an den Beschuldigungen seines Vaters zu zweifeln.

Umso mehr hatte es ihn gefreut, als Tiberius ihm schließlich die Hand zur Versöhnung gereicht und begonnen hatte, eine freundschaftliche Beziehung zu ihm aufzubauen. Leider war die Zeit, die ihnen blieb, viel zu kurz gewesen.

J T holte tief Luft. „Ich hatte keine Ahnung, dass Tiberius so dachte.“

„Wenn es um eure Familie ging, konnte er sehr stur sein“, sagte Violet. „Und deinen Vater hat er wirklich gehasst.“

„Das beruhte ganz auf Gegenseitigkeit.“

Sie lächelte matt. „Aber er fand, dass du für Stone Properties hervorragende Arbeit leistest.“

J T schwieg einen Moment. „Ich werde das Unternehmen verlassen“, sagte er schließlich.

Violet sah ihn ungläubig an. „Warum?“

„Als ich vor zwei Monaten dreißig geworden bin, habe ich die Kontrolle über die Firmenanteile erhalten, die meine Mutter mir nach ihrem Tod hinterlassen hat. Dadurch habe ich Einblick in die Finanzen bekommen und gesehen, was mein Vater in den letzten Jahren alles angestellt hat.“

„Und?“

„Stone Properties ist völlig überschuldet. Mein Vater wollte unbedingt expandieren, doch durch all die neuen Immobilien sind unsere Rücklagen bis zum Anschlag belastet worden.“ Diese Erkenntnis war eine bittere Enttäuschung gewesen.

„Ich hatte ja keine Ahnung.“ Ihre Stimme klang besorgt. „Hast du mit deinem Vater darüber gesprochen?“

J T griff nach seinem Glas. „Er würde gar nicht zuhören, und da er die Anteilsmehrheit kontrolliert, habe ich ohnehin keinen Einfluss auf die Firmenpolitik.“

„Aber was hast du dann vor?“

Er gehörte zu denen, die sich nicht gern in die Karten blicken ließen. Andererseits war Violet nicht irgendjemand. Durch sie war er mit einem Teil seiner Familie verbunden, den er nie hatte kennenlernen dürfen. Ihre Freundschaft bedeutete ihm viel. Abgesehen davon, dass er sich nach ihrem Körper förmlich verzehrte.

„Ich kann mein eigenes Unternehmen gründen“, erklärte er achselzuckend.

„Bist du sicher, dass das eine gute Idee ist? Tiberius hat immer bedauert, dass er sich von deinem Vater aus der Firma vertreiben ließ.“

„Er wurde gefeuert, weil er Geld veruntreut hat.“

„Dein Vater hat ihn reingelegt“, widersprach sie energisch.

J T schwieg. Jeder normale Mensch würde seinen Vater gegen einen solchen Vorwurf verteidigen, aber J T hatte die Firmenbücher selbst gesehen und wusste, dass Preston den Aktionären nicht alles sagte. Das machte ihn in J Ts Augen zu einem Lügner. Außerdem hatte er nicht vergessen, wie sein Vater seine Mutter behandelt hatte.

„Wenn das wahr ist, habe ich umso mehr einen Grund, mich von der Firma zu trennen.“

Violet sah ihn nachdenklich an. „Heißt das, dass du Las Vegas verlassen wirst?“

Bedeutete ihre Frage, dass sie ihn vermissen würde? Ihm selbst schien der Gedanke, sie nicht mehr jeden Tag sehen zu können, unerträglich. Sie würde ihm so sehr fehlen. Besonders ihre offene, aufrichtige Art. Ihr charmanter, fast naiver Optimismus.

Das war auch der Grund dafür, dass er sich nie an sie herangemacht hatte.

Nicht lange nachdem er in Las Vegas angekommen war, war er Violet bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung begegnet. Vom ersten Augenblick an hatte sie ihn verzaubert, doch er hatte beschlossen, die Finger von ihr zu lassen. Nicht nur der erbitterte Streit zwischen ihren Vätern stand zwischen ihnen, sondern auch sein eigener Lebensstil.

Bevor er nach Las Vegas gezogen war, hatte er sich im Jet Set von Miami einen Namen als Playboy gemacht. Er hatte ein wildes, draufgängerisches Leben geführt, ob es nun um schnelle Boote, teure Autos oder schöne Frauen ging. Alles Dinge, die ihm eigentlich nichts bedeuteten. Die Hauptsache war, dass es seinem Vater missfiel.

J T mochte Violet viel zu gern, um sie in diesen ungesunden Familienzwist hineinzuziehen. Außerdem war sie ganz anders als die Frauen, mit denen er sich sonst einließ. Sie würde Erwartungen an ihn stellen. Erwartungen, die er nicht erfüllen konnte. Offenheit. Vertrauen. Sie würde ihn aus seiner bequemen, dunklen Höhle locken wollen, und von ihm verlangen, sein Glück zu finden. Doch wie sollte das gehen, wenn er nie gelernt hatte, glücklich zu sein?

Sein Vater hatte sich nie für irgendetwas anderes interessiert als fürs Geschäft, und seine Mutter war an ihrer Sehnsucht nach Liebe förmlich zerbrochen. Die Gleichgültigkeit ihres Mannes hatte ihr das Leben zur Hölle gemacht, und irgendwann hatte sie angefangen, sich in Alkohol und Drogen zu flüchten. Mit zwölf hatte sich J T bereits daran gewöhnt, von seinen Eltern ignoriert zu werden.

Familie. Echte Liebe. So etwas hatte J T nie kennengelernt.

Violet vermittelte ihm einen Eindruck davon, wie ein normales Leben sein konnte. Ihre Liebe zu ihren Schwestern, ihrer Mutter und zu Tiberius weckte in ihm den Wunsch, zu diesem Kreis dazuzugehören. Doch er brachte es nicht fertig, den dafür notwendigen Schritt zu tun.

Also kam er Abend für Abend ins Fontaine Chic und saß in der Bar. In der Casinosprache würde man sagen, er setzte das Minimum. Er hatte keine Chance auf den Hauptgewinn, aber er riskierte auch nicht, alles zu verlieren.

„Ich weiß nicht, was die Zukunft bereithält“, antwortete er schließlich. „Würdest du mich vermissen, wenn ich fortginge?“

Die Frage traf Violet offensichtlich unvorbereitet. Normalerweise berührten ihre Gespräche zwar Privates, ohne jedoch je die Grenze zum Persönlichen zu überschreiten. Heute Abend hatte J T die Spielregeln geändert, indem er ihr einen kurzen Einblick in seine Sorgen gewährt und ihr seine Zukunftspläne anvertraut hatte.

„Es wäre auf jeden Fall ein herber Verlust für die Umsätze des Baccara“, versuchte sie zu scherzen, aber ihr Lächeln wirkte angespannt.

„Violet.“ Er griff nach ihrer Hand. „Das mit Tiberius tut mir wirklich leid.“

Er hätte sie gern in seine Arme gezogen, damit sie sich bei ihm ausweinen konnte. Doch so vertraut waren sie nicht miteinander. Eine Tatsache, die frustrierend und erleichternd zugleich war.

„Vielen Dank.“ Sie strich sich eine Träne aus dem Augenwinkel. „Ich sehe sicher furchtbar aus.“

„Ich finde, du siehst wunderschön aus.“

Seine Worte trafen sie mitten ins Herz, und Violet brauchte eine Sekunde, um sich wieder zu fangen. Hastig entschuldigte sie sich und eilte zur Theke, um sich mit einer Serviette die Tränen zu trocknen. Als sie sich wieder im Griff hatte, kehrte sie zurück zu J T, der inzwischen aufgestanden war.

„Bist du okay?“, fragte er wieder in gewohnt nüchternem Ton.

Fast ein wenig erleichtert nickte Violet. Der Blick hinter die Fassade des spröden Geschäftsmannes, so kurz er auch gewesen war, machte J T nur noch interessanter. Und genau das war das Problem.

Sie hatte schon lange akzeptiert, dass jeder Blick von ihm ein sinnliches Feuerwerk in ihr auslöste. Mit Lust konnte sie umgehen. Sie war eine moderne Frau mit einem gesunden Appetit auf Sex. Sie gab dem zwar nicht gerade oft nach, doch das bedeutete nicht, dass sie kein Interesse hatte. Sie war nur vorsichtig.

Was sie viel mehr beunruhigte, war die Art, wie ihr Herz plötzlich schneller schlug, wann immer sie J T erblickte. Bei einem Mann wie ihm waren romantische Träumereien völlig unangebracht. Wenn es um persönliche Beziehungen ging, war er bekannt dafür, andere Menschen auf Distanz zu halten. So etwas konnte nur zu Herzschmerz führen. Und Violet hatte aus nächster Nähe erlebt, was diese Art von Leid anrichten konnte.

Als ihre Mutter Lucille schwanger geworden war, hatte ihr verheirateter Liebhaber sie einfach verlassen. Ross Fontaine, der Spross der reichen Fontaine-Hoteldynastie, hatte sie schamlos ausgenutzt und dann eiskalt abserviert.

Lucille war eine liebenswerte, aber eher schwache und hilflose Frau, die als alleinstehende junge Mutter völlig überfordert gewesen war. Violet wollte sich lieber nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn nicht irgendwann Tiberius Stone in ihr Leben getreten wäre. Er hatte Lucille vergöttert. Er hatte die Verantwortung für sie und ihre Tochter übernommen. Und er war der beste Vater gewesen, den Violet sich je hätte wünschen können.

Nein. Violet war viel zu klug, um ihr Herz an jemanden zu verschenken, der sich nicht fest binden wollte. J T hatte ihr schließlich nie irgendeinen Anlass gegeben zu glauben, dass er mehr in ihr sah als eine flüchtige Bekannte.

Trotzdem konnte sie nicht vergessen, wie ihr Puls gerast hatte, als sie seine starke Hand auf ihrer gespürt hatte. Das war nur Lust, redete sie sich ein. Nichts weiter. Der Kerl war schließlich ein Meter und fünfundachtzig pure Männlichkeit. Mit seinem schwarzen Haar und seinen dunklen Augenbrauen sah er einfach umwerfend gut aus. Und diese fein gezeichneten Lippen, das tiefe Ozeanblau seiner Augen …

„Ich muss jetzt wirklich los“, sagte sie, doch ihre Füße bewegten sich nicht von der Stelle. Irgendetwas hatte sich heute Abend verändert. J T hatte sie gefragt, ob sie ihn vermissen würde, wenn er aus Las Vegas fortginge, und er hatte sie dabei angesehen, als ob sein Leben davon abhinge, dass sie Ja sagte.

„Ich sollte auch besser gehen“, erwiderte er mit einem Blick auf seine Uhr. „Wenn du irgendetwas brauchst, ruf mich bitte an.“

Sie lächelte. „Das ist nett von dir.“

„Wir sind doch eine Familie.“ Sein Blick blieb höflich distanziert.

Violet sah ihn überrascht an. „Wie kommst du denn darauf?“

„Immerhin warst du die Tochter meines Onkels.“

„Nicht offiziell“, widersprach sie.

„Glaubst du wirklich, dass das für Tiberius von Bedeutung war?“

„Nein.“ Violet sah ihn aufmerksam an. „Aber ich hätte gedacht, dass es für dich von Bedeutung wäre.“

„Wieso?“

Violet zögerte. „Weißt du, ich bin nicht gern als uneheliche Tochter von Ross Fontaine aufgewachsen“, erklärte sie. „Er hat sich nie um mich gekümmert. Dass die Familie Fontaine so getan hat, als würde ich gar nicht existieren, hat mir ziemliche Komplexe beschert.“

„Das hat sich mittlerweile geändert. Henry Fontaine hat dich nicht nur als seine Enkelin anerkannt, er hat dich sogar als Geschäftsführerin eines seiner Hotels eingesetzt.“

Es stimmte. Nachdem Ross Fontaine bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen war, hatte sein Vater von der unehelichen Tochter seines Sohnes erfahren. Er war sofort nach Las Vegas gekommen, um die Fehler seines Sohnes wiedergutzumachen. Er war es auch, der sie mit ihren Halbschwerstern bekannt gemacht hatte, die ihr mittlerweile näherstanden als irgendjemand sonst.

Violet seufzte. „Trotzdem fühle ich mich manchmal wieder wie das elfjährige Mädchen, das von ihren Klassenkameraden ausgelacht wird, weil es damit angegeben hat, Ross Fontaines Tochter zu sein, obwohl alle wissen, dass er nichts mit seinem unehelichen Kind zu tun haben will.“

„Das muss hart für dich gewesen sein.“

Es fiel ihr schwer zu glauben, dass J T sich in ihre Lage versetzen konnte. Als alleiniger Erbe von Stone Properties hatte er immer gewusst, wer er war und wohin er gehörte.

„Du bist um kostbare Jahre mit deiner Familie betrogen worden“, fuhr er fort. „Und ich hatte keine Gelegenheit, meinen Onkel richtig kennenzulernen. Du hast ihn besser gekannt als irgendjemand sonst. Durch dich fühle ich mich mit ihm verbunden.“

Violet brauchte einen Moment, um zu erkennen, dass J T dabei war, einen Schritt auf sie zuzukommen. Mit einem Mal fühlte sie sich ein wenig schwindelig. „Vielleicht hast du recht. Vielleicht sind wir wirklich eine Familie.“ Sie bemühte sich um ein freundliches Lächeln, doch an J Ts Blick erkannte sie, dass es ihr misslang.

„Ich schätze, so ist es. Gute Nacht, Violet.“

Nachdem er das Baccara verlassen hatte, setzte Violet ihre Runde fort und dachte darüber nach, was ihre Schwestern wohl von diesem Gespräch halten würden. Die beiden waren so unterschiedlich wie Tag und Nacht. Aus der besonnenen Harper sprach immer die Stimme der Vernunft. Sie würde Violet empfehlen, sich von einem komplizierten Mann in so einer verzwickten familiären Situation fernzuhalten. Violets enge Beziehung zu Tiberius machte sie zur erklärten Feindin von J Ts Vater Preston Rhodes. Wenn sie und J T sich näherkamen, würde das seine angespannte Beziehung zu seinem Vater nur noch mehr belasten.

Scarlett hingegen hatte mehr Sinn fürs Romantische. Schon vor ein paar Wochen hatte sie angedeutet, dass sie hinter J Ts allabendlichen Besuchen im Baccara mehr vermutete, als eine Vorliebe für Ricks fantastische Cocktails. Scarlett war überzeugt, dass die Funken zwischen J T und Violet irgendwann unweigerlich ein Feuerwerk entfachen würden.

Violet musste schlucken, als sie diesen Gedanken weiterführte. Sex mit J T wäre sicher sehr explosiv. Als er ihre Hand berührt hatte, hatte sie sich zusammenreißen müssen, um sich ihm nicht in die Arme zu werfen und ihm einen ganz und gar unfamiliären Kuss auf seine wundervollen Lippen zu geben.

Violet schüttelte energisch den Kopf. Sie durfte nicht einmal daran denken, es so weit kommen zu lassen!

Sie ahnte, dass er hinter seinem professionellen Auftreten und seinem tadellosen Äußeren eine gewisse Unsicherheit verbarg. Von Tiberius wusste Violet, dass J Ts Kindheit nicht gerade leicht gewesen war, und gelegentlich hatte sie in seinem Blick tiefen Schmerz aufblitzen sehen. Instinktiv hatte sie ihn trösten und ihm helfen wollen. Aber J T war kein Mann, der Schwäche oder Verletzlichkeit eingestand. Es wäre klüger, sich um ihre eigenen Angelegenheiten zu kümmern, statt ihm Hilfe anzubieten, die er gar nicht wollte.

Violet beendete ihre Runde und kehrte in ihr Büro zurück. Obwohl es bereits drei Uhr nachts war, musste sie noch Akten durchsehen.

Alles was sie übers Geschäft wusste, hatte sie von Tiberius gelernt. Jahrelang war sie ihm wie ein Schatten durch das Lucky Heart gefolgt. Ihre Kehle war wie zugeschnürt, als sie aus dem Fenster den Las Vegas Strip hinunter blickte, an dessen anderem Ende das kleine Casinohotel ihres verstorbenen Ziehvaters lag. Dem schlichten Gebäude aus den sechziger Jahren mangelte es an all den Annehmlichkeiten moderner Hotels. Es gab kein Fünf-Sterne-Restaurant, keine extravagante Ausstattung und keine Luxussuiten. Die Decken waren niedrig. Der Teppich hätte längst erneuert werden müssen. Die Gäste kamen wegen der billigen Getränke und blieben wegen der Spielautomaten. Doch für Violet würde es immer ihr Zuhause bleiben.

Daher war sie auch so von Tiberius’ Reaktion überrascht gewesen, als Henry Fontaine ihr angeboten hatte, für ihn zu arbeiten. Sie hatte erwartet, dass er sie davon abhalten würde. Stattdessen hatte er sie noch ermutigt. Tiberius hatte gewusst, wie schwer es für sie gewesen war, als Ross’ uneheliche Tochter in Las Vegas aufzuwachsen, im langen Schatten prächtiger Hotels und Casinos, die zum Imperium der Fontaines gehörten.

Vielleicht fühlte sie deshalb so stark mit J T. Wenn es Preston nicht gelungen wäre, seinen Schwager auszubooten und den Vorsitz über Stone Properties an sich zu reißen, wäre das Unternehmen in den Händen der Stones geblieben. Erst in Tiberius’ dann in J Ts, der nach dem Wunsch seines Großvaters den Familiennamen weitertrug.

Was würde aus der Firma werden, wenn J T fortging? Sosehr die falschen Vorwürfe und der Streit Tiberius auch verletzt hatten, seine größte Sorge hatte doch immer dem Familienunternehmen gegolten. Es würde ihn beunruhigen, dass J T kündigen wollte.

„Nicht mein Problem“, murmelte sie, doch in ihrem Kopf arbeitete es bereits.

Trotz allem hatte Tiberius kurz vor seinem Tod begonnen, seinem Neffen die Hand zur Versöhnung zu reichen. Er hätte gewollt, dass sie J T half, Stone Properties zu retten. Und Violet war sicher, dass sie einen Weg finden würde, ihn zu unterstützen.

Nachdem sie diese Entscheidung getroffen hatte, ging sie in ihre Suite, um sich nach einer heißen Dusche endlich einmal gut auszuschlafen.

2. KAPITEL

Violet starrte auf die Regale voller juristischer Fachliteratur, die die Bürowände der Anwaltskanzlei bedeckten, während ihre Mutter neben ihr leise vor sich hin weinte. In den Wochen seit Tiberius’ Tod hatte Lucille unzählige Taschentücher verbraucht.

„Kommen wir nun zum Lucky Heart“, fuhr Tiberius’ Anwalt John Malcolm fort. „Wie Sie vermutlich wissen, ist das Casino hoch verschuldet.“

Violet nickte gedankenverloren und drückte tröstend die Hand ihrer Mutter. Sie war dankbar, dass Tiberius genügend Geld für Lucille beiseitegelegt hatte, sodass diese niemals finanzielle Sorgen haben würde. „Ich verstehe nur nicht, warum. All die Jahre, in denen ich dort gearbeitet habe, haben wir immer schwarze Zahlen geschrieben. Und das Geschäft hat doch weiterhin floriert. Woher kommen dann all diese Schulden?“

„Er hatte eine Hypothek auf das Lucky Heart aufgenommen, um eine große Anzahl Aktien zu kaufen.“

„Aktien?“ Das klang überhaupt nicht nach Tiberius. „Aber warum? Er hatte kein Vertrauen in den Börsenhandel. Er sagte immer, dass sei ein Spiel für Idioten.“

„Er hat in einen privaten Aktienfonds investiert.“

Violet rieb sich die schmerzenden Schläfen. „Können wir den Fonds nicht verkaufen, um das Lucky Heart wieder aus den Schulden zu kriegen?“

„Das wird leider nicht möglich sein.“

„Weshalb nicht? Was für Aktien hat er denn gekauft?“

„Stone Properties Aktien.“

Violet sah den Anwalt ungläubig an. „Warum hat er das getan?“

John Malcolms ernste blaue Augen bewahrten die Geheimnisse tausender Klienten. „Er hatte seine Gründe.“

Aber warum hatte Tiberius ihr etwas so Wichtiges verschwiegen. „Wie groß ist dieses Aktienpaket?“

„Während der drei Monate vor seinem Tod gelang es ihm, achtzehn Prozent anzukaufen.“

Hatte dieser Ankauf von Stone Properties Aktien irgendetwas mit Tiberius’ neuer Freundschaft zu J T zu tun? Zusammen hätten sie achtundvierzig Prozent der Firmenanteile kontrolliert. Das war zwar nicht genug, um die Firma zu übernehmen und Preston aus seinem Amt zu vertreiben, doch wenn Tiberius noch weitere drei Prozent in seinen Besitz gebracht hätte …

War das sein Plan gewesen?

„Hat er das Aktienpaket J T hinterlassen?“

John Malcolm sah sie überrascht an. „Nein, er hat es Ihnen hinterlassen.“

Jeder normale Mensch, der gerade achtzehn Prozent eines milliardenschweren Unternehmens geerbt hätte, würde wohl vor Freude durch das Anwaltsbüro tanzen. Doch Violet war nicht nach feiern zumute. Der Preis für ihren unverhofften Geldsegen war zu hoch. Sie hatte den Mann verloren, der in ihrem Herzen und ihrer Seele ihr Vater gewesen war.

„Warum mir und nicht meiner Mutter?“

„Weil er darauf vertraut hat, dass Sie wissen würden, was Sie damit tun sollen.“

„Zuerst erbt Scarlett ein Lagerhaus voller geheimer Akten, und jetzt das.“ Sie dachte an all die Informationen, die Tiberius jahrelang über Bekannte und Familie gesammelt und in einem geheimen Lager versteckt hatte. Welche Überraschungen hielt er noch bereit?

„Jetzt zu den Bedingungen der Erbschaft.“

„Und da geht’s schon los“, murmelte Violet.

Der Anwalt ignorierte ihre Bemerkung. „Sie dürfen den Aktienfonds weder verkaufen noch verschenken noch jemandem übertragen“, erklärte er. „Bis zum Tode von Preston Rhodes.“ Offensichtlich hatte Tiberius ganz sichergehen wollen, dass die Aktien niemals in die Hände seines Schwagers fallen würden.

„Gut möglich, dass sie bis dahin völlig wertlos sind“, seufzte sie.

„Und dann ist da noch eine Sache“, fuhr John Malcolm fort, als ob er sie nicht gehört hätte. „Da Sie nicht zur Familie gehören, können Sie trotz Ihrer Aktienanteile nicht an Abstimmungen bei Stone Properties teilnehmen.“

Violet ließ sich in ihren Stuhl zurücksinken und sah den Anwalt verwirrt an. Warum hatte Tiberius die Firmenanteile nicht gleich J T hinterlassen? Im nächsten Augenblick erkannte sie die Antwort: Weil er in seiner Beziehung zu J T noch nicht dieses Vertrauensverhältnis entwickelt hatte. Tiberius hatte vermutlich geglaubt, noch viele Monate zu haben, um seinen Neffen besser kennenzulernen. Er hatte seinen Tod schließlich nicht voraussehen können.

„Danke für all Ihre Hilfe.“ Violet erhob sich und reichte dem Anwalt die Hand.

„Ja“, sagte Lucille. „Vielen Dank. Ich weiß, dass Sie Tiberius all die Jahre ein guter Freund gewesen sind.“

„Manchmal habe ich mich eher wie eine Komplize gefühlt“, antwortete er seufzend. „Doch es war mir ein Ehre, ihn sowohl meinen Freund als auch meinen Klienten nennen zu dürfen.“ Violet und ihre Mutter verließen die Kanzlei und machten sich auf den Weg zum Parkplatz.

„Ich kann nicht glauben, dass Tiberius dir diesen riesigen Aktienfonds hinterlassen hat, ohne dass du damit irgendetwas anfangen kannst“, sagte Lucille kopfschüttelnd.

„Hat er dir gesagt, was er vorhatte?“

Lucille lächelte traurig. „Du weißt doch, dass er mit mir nie über Geschäftliches geredet hat.“

Nein. Tiberius hatte es sich immer zur Aufgabe gemacht, seine Gespräche mit Lucille fröhlich und unbeschwert zu halten. Es wäre ihm nie in den Sinn gekommen, sie damit zu belasten, dass er einen Coup gegen Preston Rhodes plante.

„Wirf doch einen Blick in sein Arbeitszimmer, wenn du mich zu Hause absetzt“, schlug Lucille vor. „Vielleicht findest du dort etwas.“

Violet nickte zustimmend und stellte kurz darauf fest, dass ihre Mutter recht hatte. Es gab mehrere Aktenordner, die den Aktienankauf betrafen. Zwei von ihnen enthielten Informationen zu Mitgliedern der Familie, die er noch nicht kontaktiert hatte. Violets Interesse erwachte, als sie Tiberius’ Notizen durchlas. An weitere drei Prozent der Firmenanteile heranzukommen würde nicht leicht werden, doch es ließe sich bewerkstelligen. Nicht, dass es ihr irgendetwas nutzte. Sie besaß achtzehn Prozent der Aktien und konnte sie weder verkaufen noch war sie stimmberechtigt.

Also was zur Hölle sollte sie damit anfangen? Oder besser gesagt, was hatte Tiberius erwartet, was sie damit anfangen sollte?

Der Gedanke, dass sie in die Intrigen rund um Stone Properties verwickelt wurde, verursachte ihr Bauchschmerzen. Sie war absolut zufrieden mit ihrem eigenen Hotel auf dem Las Vegas Strip. Von dem Augenblick an, als sie die Geschäftsführung im Fontaine Chic übernommen hatte, war sie restlos glücklich gewesen. Es war alles, was sie sich wünschte. Es kümmerte sie nicht, ob sie den Wettbewerb gewann, den ihr Großvater ausgerufen hatte, um zu entscheiden, welche der Fontaine-Schwestern ihm als Vorstandsvorsitzende von Fontaine Hotels und Resorts nachfolgen würde. Violet schätzte ihre Chancen realistisch ein. Nach ihrer hervorragenden Ausbildung im Hotelgewerbe würde Harper sicher das Rennen machen. Abgesehen davon war es ihr Geburtsrecht. Genau wie Stone Properties J Ts Geburtsrecht war.

Wenn Violet nur irgendetwas tun könnte, damit er sein rechtmäßiges Erbe antreten konnte. Wie gern würde sie Tiberius’ Plan verwirklichen, das Unternehmen seiner Familie zurückzugewinnen. Aber wie?

Als sie die Antwort erkannte, war sie selbst von der Einfachheit und der Tollkühnheit der Idee verblüfft. Das konnte sie nicht tun. Das war total verrückt. Andererseits verlangte die Situation möglicherweise nach etwas Verrücktheit.

Es gab nur einen Weg, das herauszufinden.

J T wollte gerade seinen üblichen Platz im Baccara verlassen und in sein Hotel zurückkehren, als er sah, wie Violet die Bar betrat. Sein finsterer Gesichtsausdruck hellte sich auf.

Sie hatte sich fünf Tage lang nicht in der Lounge blicken lassen, und er hatte schon befürchtet, dass sie ihm absichtlich aus dem Weg ging. Bei ihrer letzten Begegnung hatte er eine Grenze überschritten. Vielleicht war er zu weit gegangen.

Erleichtert bemerkte er, dass sie nach ihm Ausschau hielt, und gleich auf ihn zukam. Heute Abend trug sie ein knielanges schwarzes Kleid mit tiefem Ausschnitt, das ihr verführerisches Dekolleté zur Geltung brachte. Es war eine Herausforderung, den Blick auf ihr Gesicht gerichtet zu lassen.

„Ich bin froh, dass du heute Abend hier bist“, begrüßte sie ihn, nachdem sie sich gesetzt hatte.

„Du siehst bezaubernd aus“, sagte er und ließ seinen Blick über sie wandern.

„Danke.“ Sein Kompliment schien sie für einen Augenblick aus dem Konzept gebracht zu haben.

Trotz des gedämpften Lichts sah er, wie ihre Wangen leicht erröteten. Wie gern hätte er ihre zarte Haut berührt, ihren Körper fest an sich gezogen und sie geküsst. Er stellte sich vor, wie sie lustvoll aufstöhnen würde, wenn er mit den Lippen und der Zunge ihre Brüste liebkoste. Dass er sie in den letzten Tagen nicht gesehen hatte, hatte sein Verlangen nach ihr nur noch gesteigert. Er verbrachte viel zu viel Zeit damit, sich auszumalen, wie er Sex mit ihr haben würde.

„J T, hörst du mir zu?“

Er vertrieb die sinnlichen Bilder aus seinem Kopf. „Entschuldige. Ich war abgelenkt.“

„Vor zwei Tagen waren wir zur Testamentseröffnung bei Tiberius’ Anwalt“, erklärte sie noch einmal. Sie musterte ihn aufmerksam, als ob sie erwartete, dass er eine tiefere Bedeutung in dem erkannte, was sie sagte. „Die Überraschung war, was er mir hinterlassen hat.“

„Sein Haus, sein Bankkonto, das Hotel.“ J T zählte die Vermögenswerte an seinen Fingern ab. „Was sonst noch?“

Sie sah ihn herausfordernd an. „Wie wäre es mit achtzehn Prozent Firmenanteilen von Stone Properties?“

J T war seine Verblüffung deutlich anzusehen. „Wie ist er denn da drangekommen?“

„Er hat eine Hypothek auf das Lucky Heart aufgenommen und alle Aktien gekauft, die er in die Hände bekommen konnte.“

„Aber warum?“

„Um es mit deinem Vater aufzunehmen?“

„Achtzehn Prozent hätten ihm nicht viel genutzt. Als meine Mutter starb, hat sie meinem Vater dreißig Prozent der Firma hinterlassen. Zusammen mit den Aktien, die in Besitz meiner restlichen Familie sind, hat er genügend Stimmen, um das Unternehmen zu kontrollieren.“

„Bis vor zwei Monaten, als du dreißig wurdest. Dein Vater hat deine Anteile bis dahin verwaltet, nicht wahr?“

„Ja.“ J T wusste nicht, was er von dem Gespräch halten sollte. „Glaubst du, mein Onkel wollte sich mit mir zusammenschließen?“ Er erinnerte sich an die Gespräche, die er in den vergangenen Monaten mit Tiberius geführt hatte. „Er hat nie etwas erwähnt.“

„Ich schätze, er wollte dich erst besser kennenlernen.“

J T spürte Aufregung in sich aufsteigen. Wenn er seinen Erbteil mit Violets Anteilen zusammenlegen könnte, wäre er nur drei Prozent von der Chance entfernt, das Unternehmen von seinem Vater zurückzugewinnen und allen angerichteten Schaden wiedergutzumachen.

„Wie viel willst du für dein Aktienpaket?“

Sie holte tief Luft. „Genau an dieser Stelle wird’s ein wenig knifflig.“

„Knifflig? Inwiefern?“

„Die Bedingungen, die an Tiberius’ Testament geknüpft sind, erlauben mir nicht, die Aktien zu verkaufen, zu verschenken oder Ähnliches“, erklärte sie mit ehrlichem Bedauern. „Ansonsten hätte ich sie dir gern überlassen.“

„Aber du könntest für mich stimmen.“ Natürlich hätte er nur achtundvierzig Prozent, doch wenn es Tiberius gelungen war, mehreren Familienmitgliedern ihre Anteile abzuluchsen, dann konnte J T das auch versuchen. Ihm fehlten nur noch drei Prozent.

„Das ist das andere Problem“, erwiderte sie seufzend. „Nach dem von deinem Großvater festgesetzten Firmenrecht haben nur Familienmitglieder oder deren Ehepartner Stimmrecht. Und da ich kein Familienmitglied bin, bin ich auch nicht stimmberechtigt.“

J T war die Enttäuschung anzusehen. „Damit wären wir wieder bei null angekommen. Wenn deine Stimme nicht zählt, behält mein Vater die Kontrolle über die Aktienmehrheit.“

„Wir sind nicht wieder bei null angekommen“, widersprach Violet. „Wenn ich zur Familie gehören würde, könnte ich abstimmen.“

„Ja, wenn du zur Familie gehören würdest“, stimmte J T zu. „Aber das tust du nicht.“

„Ich könnte aber.“

Er verstand nicht, was sie meinte. „Wie denn?“

„Wir könnten heiraten.“

Wenn sie vorgeschlagen hätte, zum Mond zu fliegen, hätte er nicht verblüffter sein können. „Heiraten?“

„Natürlich nur auf dem Papier“, erklärte sie eilig. „Im Testament meines Onkels steht nicht, dass ich meine Anteile nicht durch Heirat weitergeben darf.“

„Da er wusste, dass wir niemals heiraten würden.“

Sie neigte den Kopf zur Seite. „Und woher hätte er das wissen sollen?“

„Ich habe ihm gesagt, dass ich keinerlei Absicht hätte, etwas mit dir anzufangen.“

Violet sah ihn entgeistert an. „Ihr beide habt über mich geredet?“

J T nickte. „Kurz nachdem ich in die Stadt gekommen war. Tiberius hatte Berichte über mein Leben in Miami gehört und war besorgt, dass ich dir nachstellen und dich verletzen könnte. Ich habe ihm versprochen, mich von dir fernzuhalten.“

„Wie nobel“, erwiderte sie spöttisch.

„So nobel nun auch wieder nicht“, entgegnete er trocken. „Das Versprechen ist mir nicht schwergefallen. Du bist einfach nicht mein Typ.“

Sie starrte ihn einige Sekunden schweigend an. Dann legte sie ihm lässig eine Hand auf den Oberschenkel.

„Du bist auch nicht mein Typ.“ Doch ihre raue Stimme und der Komm-und-spiel-mit-mir-Blick in ihren Augen sagte genau das Gegenteil. „Das macht es uns noch einfacher.“

J Ts Miene blieb ausdruckslos. Schließlich hatte er sich selbst das Versprechen gegeben, dass zwischen ihnen nichts laufen würde. „Vielleicht hast du recht.“ Er fühlte sich längst nicht so zuversichtlich, wie er klang. „Und es wäre ja nicht für immer.“

„Genau. Wir müssten nur bis zur nächsten Jahreshauptversammlung verheiratet bleiben. Die ist Ende August, stimmt’s?“

„Am fünfundzwanzigsten.“

„Das ist schon in sechs Wochen.“

„Deine Familie wäre bestimmt nicht glücklich darüber, wenn du mich ohne Ehevertrag heiratest.“

„Wir können eine einfache Vereinbarung aufsetzen, wonach jeder von uns mit dem aus der Ehe geht, was er eingebracht hat.“

Bei ihr klang alles ganz vernünftig. Warum also zögerte er?

Natürlich stand Heiraten nicht gerade ganz oben auf seiner To-do-Liste. Er genoss sein Leben als Junggeselle. Las Vegas war der perfekte Ort, um attraktive, alleinstehende Frauen kennenzulernen, die auf der Suche nach ein wenig Spaß waren. Sie kamen fürs Wochenende in die Stadt, und dann verschwanden sie wieder. Keine Komplikationen. Kein Wenn. Kein Aber.

Mit Violet war es etwas ganz anderes. Sie lebte dauerhaft in Las Vegas. Sich mit ihr einzulassen, würde kompliziert werden.

„Also, machen wir es?“, fragte sie.

„Bist du sicher, dass du mich heiraten willst?“ Das Herz hämmerte ihm in der Brust, und er musste sich in Erinnerung rufen, dass dies nur eine geschäftliche Vereinbarung war.

„Ob ich dich heiraten will? Natürlich nicht.“ Ihr fröhliches Lachen klang ein wenig unecht. „Aber ich habe das Gefühl, es Tiberius schuldig zu sein, um zu Ende zu bringen, was er begonnen hat.“

„Ich verstehe, dass du dich Tiberius gegenüber verpflichtet fühlst, trotzdem bin ich nicht sicher, ob das eine gute Idee ist.“

„Du hast selbst gesagt, dass es der Firma mit deinem Vater am Steuer nicht gut geht. Wenn er weitermacht, werden meine Aktien an Wert verlieren. Vielleicht werden sie sogar ganz wertlos. Ich weiß, dass du einen viel besseren Vorstandsvorsitzenden abgeben würdest. Also schütze ich meine Interessen, so gut ich eben kann.“

Ihre Antwort klang sehr überzeugend. Außerdem war die Vorstellung, Violet auf diese Weise näherzukommen, eine Verlockung, der er nur schwer widerstehen konnte. Trotzdem sollte er ablehnen. Die ganze Sache konnte viel zu leicht nach hinten losgehen.

Er mochte sie jetzt schon mehr als ihm guttat. Einfach nur zu sehen, wie sie die Bar betrat, war der Höhepunkt seines Tages. Was würde passieren, wenn er mehr Zeit mit ihr verbrachte? Er kannte sich selbst zu gut, um zu wissen, dass es ihm schon bald nicht mehr reichen würde, nur mit ihr befreundet zu sein. Er begehrte sie. Sehr. Und es war nur eine Frage der Zeit, bis er etwas deswegen unternehmen würde.

Andererseits war dies seine einzige Chance, Stone Properties aus den Händen seines Vaters zu retten.

„Ich bin dabei“, willigte er schließlich ein.

„Gut. Ich denke, wir sollten es lieber früher als später tun. Bevor noch einer von uns zur Besinnung kommt.“

„Okay. Wie wäre es mit Samstag?“

„Wie wäre es mit sofort?“ Sie bemerkte seinen entsetzten Blick. „Wäre das zu schnell?“

„Ziemlich schnell.“ Ach, zur Hölle. Worauf sollten sie warten? „Aber machbar. Welche Hochzeitskapelle nehmen wir? Die in deinem Hotel oder die in meinem?“

„Wie wäre es mit einem neutralen Ort? Kennst du den Tunnel of Love?“

J Ts Anspannung ließ etwas nach. Violet ging die Sache wirklich professionell an. Also sollte er es ebenso halten.

„Sehr romantisch“, bemerkte er trocken.

Sie warf einen Blick auf ihre Uhr. „Ich habe für Mitternacht reserviert.“

„Du warst wohl sehr sicher, dass ich Ja sagen würde.“

Sie zuckte mit den Schultern. „Es ist das Klügste, was du für deine Firma tun kannst.“

Doch im Augenblick war die Firma das Letzte, was ihn beschäftigte. Er dachte vielmehr an all die wundervollen Dinge, die ein Ehemann mit seiner frisch angetrauten Ehefrau tat …

„Wirst du die Buchung der Suite für die Hochzeitsnacht mir überlassen?“

Sie sah ihn entsetzt an. „Vielleicht war ich nicht deutlich genug. Eine Ehe auf dem Papier beinhaltet keinen Sex.“

„Nicht einmal in unserer Hochzeitsnacht?“ Sie war so entzückend in ihrer aufrichtigen Empörung, dass er sich die Frage nicht verkneifen konnte.

„Ich dachte, ich wäre nicht dein Typ“, erwiderte sie herausfordernd.

„Da du bald meine Frau sein wirst, könnte ich dieses eine Mal vielleicht eine Ausnahme machen.“

„Netter Gedanke, doch wir sollten die Sache wirklich geschäftlich halten.“

„Wie du meinst.“

„Glaub mir, das wird es uns einfacher machen.“

Das bezweifelte J T. Nichts würde einfach daran sein, mit Violet verheiratet zu sein. Im Gegenteil, die Dinge waren gerade dabei, sehr kompliziert zu werden.

3. KAPITEL

Auf ihrem Weg durch die Lobby des Fontaine Chic beschloss Violet, dass es für eine Braut am Tag ihrer Hochzeit okay war, aufgeregt und ein wenig ängstlich zu sein. Besonders wenn der Bräutigam so sexy und die Entscheidung, ihn zu heiraten so impulsiv war.

Sie trug ein elfenbeinfarbenes Spitzenkleid, das sie an diesem Morgen in einer der Hotelboutiquen gekauft hatte. In der Hand hielt sie eine kleine Reisetasche und eine Aktenmappe mit Tiberius’ Unterlagen über die Aktionäre von Stone Properties. Gegen besseres Wissen hatte sie sich von J T überreden lassen, die Hochzeitsnacht gemeinsam mit ihm in seinem Haus zu verbringen. Natürlich in getrennten Schlafzimmern.

Sie machte sich keine Sorgen, dass er die Situation ausnutzen würde. Schließlich hatte er klargestellt, dass sie nicht sein Typ war. Diese Aussage steckte allerdings immer noch wie ein Stachel in ihrem Fleisch. Bei seinem Ruf hatte sie eigentlich angenommen, dass er keinen besonderen Typ bevorzugte, abgesehen von weiblich, Single und jung. Das alles traf auf sie zu. Warum also war er nicht interessiert?

Hatte sie die falsche Größe? War sie zu dünn? Zu dick? Nicht hübsch genug? Violet verbot sich diese Überlegungen. Ob sie sein Typ war oder nicht, tat nichts zur Sache. Ihre Heirat war ein geschäftliches Arrangement, das durfte sie nicht vergessen.

J T erwartete sie neben einem leuchtend blauen BMW Cabriolet, das in der Hotelauffahrt stand. Er trug einen dunkelgrauen Anzug und ein weißes Hemd mit einer roten Krawatte, die seine kraftvolle Ausstrahlung noch betonte. Er hatte sie noch nicht entdeckt. Das erlaubte ihr, sein umwerfendes Aussehen einen Augenblick lang zu bewundern, während er mit einem der Hotelpagen scherzte. Ihr Körper reagierte vor lauter Anspannung schon seit Stunden nicht mehr normal auf die Befehle ihres Gehirns, doch jetzt fürchtete sie, die Kontrolle ganz zu verlieren.

Er lachte immer noch, als ihre Blicke sich begegneten. Sein strahlendes Lächeln verschlug ihr völlig den Atem.

„Absolut pünktlich, wie ich sehe.“ Er kam ihr entgegen, um ihr das Gepäck abzunehmen.

Die Frauen, mit denen er sonst ausging, brauchten vermutlich länger, um sich zurechtzumachen. Um ehrlich zu sein, hatten ihre Hände vor Nervosität so stark gezittert, dass sie lieber auf einen Lidstrich verzichtet hatte. Stattdessen hatte sie nur ein wenig Rouge aufgelegt. Erst als er seinen Blick auf ihren Mund richtete, fiel ihr ein, dass sie vergessen hatte, Lippenstift aufzutragen. Und das an ihrem eigenen Hochzeitstag!

„Verflixt“, murmelte sie. „Ich habe keinen Lippenstift dabei.“ Sie kramte in ihrer Handtasche, doch alles, was sie finden konnte, war Lippenbalsam.

„Du brauchst keinen.“ Er öffnete ihr die Beifahrertür.

„Ohne fühle ich mich irgendwie nicht vollständig bekleidet.“

„Ich versichere dir, dass du vollständig bekleidet bist.“

War das ein vergnügtes Zwinkern in seinen Augen? Wie sehr sie sich wünschte, seine Gedanken lesen zu können! Es wäre nett, den Mann, den sie gleich heiraten würde, ein wenig besser zu kennen.

„Ich musste mich beeilen, weil meine Assistentin noch ein paar Unterschriften von mir brauchte. Ich hatte schon befürchtet, zu spät zu kommen.“

„Und dass ich meine Meinung ändern würde?“

„Den Gedanken hatte ich tatsächlich.“ Sie stieg in den Wagen und beobachtete, wie J T auf die Fahrerseite ging. „Und was ist mit dir? Hast du gedacht, ich würde kneifen?“

„Keine Sekunde. Du bist der zuverlässigste Mensch, den ich kenne.“ Er setzte sich hinter das Steuer und startete den Motor.

Violet sah ihn überrascht an. „Wie kommst du darauf?“

„Aufgrund deines Rufes. Es heißt, wann immer du ein Versprechen gibst, bringst du die Sache zu Ende. Ganz egal, was passiert.“

„Ich tue nicht mehr als jeder andere“, erwiderte sie verlegen.

„Und du lässt dir deine guten Taten nie als Verdienst anrechnen.“ Er bog vom Strip auf den Las Vegas Boulevard. „Das könnte Menschen dazu verleiten, deine Großzügigkeit auszunutzen.“

Versuchte er, sie vor sich zu warnen? Falls es so war, war es zu spät.

„Das klingt, als würdest du mich für total naiv halten.“

„Eigentlich wollte ich dir ein Kompliment machen.“

„Ein ziemlich zweifelhaftes. Du bist ein zuverlässiger Kumpel.“ Sie verzog das Gesicht. „Keine besonders nette Bemerkung über deine zukünftige Braut.“

Er seufzte. „In Zukunft werde ich daran denken, dass du auf Komplimente kratzbürstig reagierst.“

„Tu das. Ehrlichkeit ist mir lieber als Schmeichelei“, stellte sie klar. „Hast du damit ein Problem?“

„Überhaupt nicht.“

„Gut. Betrachte mich einfach als Geschäftspartner, und wir werden wunderbar miteinander auskommen.“

J T nickte nur wortlos.

Zehn Minuten später bogen sie in den berühmten Tunnel of Love ein, eine Art Drive-in-Hochzeitskapelle, die eigentlich nur aus einem kitschigen, mit Sternen und Amor-Figürchen verzierten blauen Baldachin bestand.

Sie blieben an einem der Schalterfenster stehen und füllten ein kurzes Formular aus. In Las Vegas war Heiraten eine einfache Angelegenheit. Vielleicht zu einfach. Als die ersten Worte der Trauungszeremonie gesprochen wurden, rauschte es in Violets Ohren.

Sie blickte zwischen dem Mann am Schalter und ihrem Bräutigam hin und her. Heiratete sie wirklich gerade J T Stone? Während zuerst J T und dann sie selbst die Eheversprechen nachsprachen, hatte Violet das Gefühl, gar nicht in den Körper zu gehören, der hier neben J T im Auto saß. Sie erkannte kaum ihre eigene Stimme, als sie versprach, ihn zu lieben und zu ehren. Erst als J T zwei Platinringe aus der Tasche holte, und sie das kalte Metall an ihrem Finger spürte, kehrte sie in die Wirklichkeit zurück.

Fasziniert betrachtete sie die antike, mit feinen Ornamenten verzierte Fassung, die einen runden Diamanten hielt. Violet schätzte den Stein auf zweieinhalb Karat. In dem Moment, als J T ihr den Ring auf die linke Hand schob und sie erkannte, dass er passte, fiel alle Anspannung von ihr ab. Sie fühlte, dass das, was sie tat, richtig war.

Der Mann am Schalter unterbrach ihre Gedanken. „Und jetzt die Braut.“

J T reichte ihr den anderen Ring. Violet wiederholte das Versprechen von Liebe und Treue, während sie J T den Ring auf den Finger schob. Sie vermochte ihm nicht in die Augen zu blicken. Ihre verrückte Idee, ihn zu heiraten, damit er sein Familienunternehmen zurückgewinnen konnte, stand kurz davor, rechtlich und moralisch bindend zu werden.

„Hiermit erkläre ich Sie zu Mann und Frau“, verkündete der Angestellte feierlich.

In guten wie in schlechten Zeiten. Sie hatten es getan. Jetzt gab es kein Zurück mehr.

„Sie dürfen die Braut jetzt küssen.“

Als Violet ihren ersten Kuss von J T erwartete, schlug ihr Herz wie wild in ihrer Brust. Wie sein Kuss wohl sein würde? Leidenschaftlich? Romantisch? Würde er sie in seine Arme ziehen und ihr den Atem rauben, oder würde er sie mit langsamen, sinnlichen Berührungen um den Verstand bringen? Egal wie, sie wusste, es würde perfekt sein.

Dass er mit einer Hand ihr Kinn festhalten und ihr einen flüchtigen Kuss auf den Mundwinkel geben würde, hatte sie allerdings nicht erwartet. Verwirrt und enttäuscht ließ sie die anschließenden Formalitäten über sich ergehen.

Dann fuhren sie aus dem Tunnel of Love und tauchten wieder in den Lärm und die Lichter von Las Vegas ein. Während J T den Wagen durch den Verkehr auf den Highway lenkte, starrte Violet auf den Ring an ihrer Hand. Wo hatte er so schnell Eheringe herbekommen?

„Der gehörte meiner Großmutter“, sagte J T, als hätte er ihre Gedanken gelesen. „Und der hier meinem Großvater.“ Er hielt seine linke Hand in die Höhe. „Ich bin zur Ranch rausgefahren, bevor ich dich abgeholt habe.“

Die Erkenntnis, dass sie ein Familienerbstück trug, war Violet unangenehm. Sie hatten geheiratet, ohne einander zu lieben. Sie verdiente es nicht, so etwas Kostbares zu tragen.

„Stimmt etwas nicht?“, fragte J T.

„Wir hätten am Schalter Ringe kaufen können.“

„Warum, wenn diese hier in meinem Tresor verstauben?“

„Aber es ist der Ring deiner Großmutter.“ Es ärgerte sie ein wenig, dass er die Bedeutung des Schmucks nicht erkannte, mit dem er gerade seine Treue geschworen hatte.

Er blickte sie an. „Und ich vertraue darauf, dass du ihn mir zurückgibst, sobald er nicht mehr gebraucht wird.“

„Selbstverständlich.“ Violet beschloss, das Thema fallenzulassen. In zwei Monaten würde der Ring wieder im Safe liegen, wo er hingehörte.

Langsam wich das Adrenalin aus ihrem Körper. Ebenso wie ihr Selbstvertrauen. Sie hatte tatsächlich einen Mann geheiratet, der im Grunde ein völlig Fremder war. Und so, wie er sie auf Distanz hielt, würde sich das wohl auch nicht ändern.

Sie musste sich immer in Erinnerung rufen, dass ihre Beziehung trotz des Eheversprechens nur einem Zweck diente: J T erhielt die Gelegenheit, Stone Properties zurückzugewinnen, und sie würde Tiberius’ Plan zu Ende bringen und zugleich den Wert ihres Aktienpakets erhalten. Es war eine geschäftliche Vereinbarung. Nichts weiter.

„Worüber machst du dir Sorgen?“, fragte J T.

„Über nichts. Warum?“

Sie fuhren schon eine ganze Weile auf dem Highway Richtung Norden. J Ts Ranch lag ein Stück außerhalb der Stadt.

„Du hast seit fünfzehn Minuten kein Wort gesagt“, bemerkte er. „Das passt gar nicht zu dir.“

„War es verrückt, was wir gerade getan haben?“

„Total verrückt.“ Er fuhr vom Highway ab und bog auf eine zweispurige Landstraße. „Hast du deine Meinung geändert?“

„Nein.“ Sie war selbst überrascht, wie entschlossen sie war. „Es wird alles funktionieren. Wir müssen nur noch vor dem Aktionärstreffen an die fehlenden drei Prozent der Firmenanteile herankommen.“

J T nickte. „So oder so werden wir noch vor dem Herbst geschieden sein.“

Seine Ungeduld, sie loszuwerden, missfiel ihr, doch das war die Abmachung. Sie hatte kein Recht, mehr zu erhoffen.

„Dann sollten wir uns besser sofort an die Arbeit machen“, sagte sie. „Ich habe alle wichtigen Akten mitgebracht. Tiberius hatte vor, acht weitere Aktionäre zu kontaktieren. Vier von ihnen erscheinen mir vielversprechend.“

„Die werde ich mir gleich morgen früh ansehen.“

Ihr entging nicht, dass er in der ersten Person Singular gesprochen hatte. Doch noch bevor sie morgen ins Fontaine Chic zurückkehrte, würde sie ihm klarmachen, dass dies ein Teamprojekt war.

„Es wird funktionieren, okay?“

Er warf ihr einen skeptischen Blick zu. „Bist du immer so optimistisch?“

„Bei dir klingt das, als sei Optimismus eine Schwäche.“

„Keine Schwäche, aber das ist auch nicht gerade realistisch. Machst du dir nie Sorgen?“

Sie hielt ihr Gesicht in den Fahrtwind. „Jedenfalls nicht über die Zukunft. Warum sollte ich?“ Als er nicht antwortete, fuhr sie fort. „Du sitzt jeden Abend allein in der Bar und grübelst. Aber was nützt es, sich über Dinge Gedanken zu machen, die noch gar nicht passiert sind?“

„Es ist nicht die Zukunft, über die ich mir Gedanken mache, sondern die Vergangenheit. Dinge, die ich gern zurücknehmen oder anders machen würde, es aber nicht kann.“

„Was zum Beispiel?“

„Nichts, worüber ich sprechen möchte“, antwortete er knapp.

Violet schwieg. Er war ihr ein Rätsel. Sie wusste, dass seine Kindheit nicht gerade rosig gewesen war. Der krankhafte Ehrgeiz seines Vaters. Die Sucht seiner Mutter. Die emotionalen Verletzungen, die er in jungen Jahren erlitten hatte, hatten ihn zu einem eigensinnigen Teenager und später zu einem leichtsinnigen Playboy gemacht.

Als J T nach Las Vegas gezogen war, hatte Tiberius sie vor ihm gewarnt. Er war kein Vogel mit gebrochenem Flügel, der ihre Hilfe brauchte. Er war ein erwachsener Mann, der wusste, wie man Menschen benutzte, um sie anschließend wegzuwerfen.

Tiberius’ erster Eindruck von seinem Neffen war zwar richtig gewesen, doch Violet vermutete, dass es nicht die ganze Wahrheit war. Sie hatte im Internet recherchiert und herausgefunden, dass er in Miami tatsächlich ein ziemlich wildes Leben geführt hatte. Andererseits schätzte sie ihn nicht wie jemanden ein, der sich grundlos daneben benahm. Doch was auch immer der Grund für sein Verhalten gewesen sein mochte, es war tief in seinem Innern verschlossen.

J T bog in eine langgestreckte, beleuchtete Auffahrt und parkte den Wagen vor dem Haupteingang der Ranch. Üppige tropische Pflanzen und Wüstenblumen umgaben das massive Steingebäude. Die indirekte Beleuchtung der überdachten Veranda wirkte elegant und einladend.

„Das ist wirklich die lange Anfahrt wert“, bemerkte Violet staunend, als sie aus dem Auto stieg. „Ich kann nicht fassen, wie leise es hier ist.“ Für jemanden, der auf dem Las Vegas Strip groß geworden war, war die Stille fast ein wenig irritierend.

„Warte, bis du morgen früh erst die Aussicht aus dem Wohnzimmer siehst.“ Er nahm ihr Gepäck aus dem Kofferraum und führte sie ins Haus.

Violet war mehr als nur beeindruckt, als sie von der ausgedehnten zweistöckigen Eingangshalle ins kombinierte Wohn- und Esszimmer traten. Ein so großer Raum konnte schnell kalt und abweisend wirken, doch die vertäfelten Decken, die Beleuchtung und die Einrichtung in den warmen Farben der Wüste machten ihn sehr behaglich. Sie folgte J T in die professionell ausgestattete Küche, die beinahe so groß war wie ihre Suite im Hotel.

Er holte eine Flasche Champagner aus dem Kühlschrank, öffnete sie und schenkte ihnen ein. Dann erhob er sein Glas und stieß mit ihr an. „Auf unsere erfolgreiche Fusion.“ Der Klang der aneinanderstoßenden Kristallgläser erfüllte den großen Raum.

„Darauf, dass wir Stone Properties aus den Händen deines Vaters befreien.“ Violet nippte zögernd an ihrem Champagner. Der Mann neben ihr war Verlockung genug. Da sollte sie sich nicht auch noch vom Alkohol den Kopf verdrehen lassen.

„Es ist schon nach eins. Möchtest du, dass ich dir dein Zimmer zeige?“

„Ich weiß ja nicht, wie es dir geht, aber ich gehe meistens nicht vor drei ins Bett.“ Als sie an die hohen Glasschiebetüren trat, die vom Wohnbereich auf die riesige Terrasse führten, entdeckte sie draußen einen türkisfarbenen Swimmingpool. „Darf ich den benutzen?“

„Du brauchst mich nicht zu fragen. Seit etwa viertel nach zwölf gehört die Hälfte des Hauses dir.“

Violet fuhr herum. „Oh, nein. Das entspricht nicht unserer Vereinbarung. Wenn wir uns scheiden lassen, gehen wir einfach wieder unserer Wege. Und ich will ganz sicher nicht die Hälfte deines Hauses.“

„Vielleicht sollten wir noch einmal nachverhandeln. Möglicherweise muss ich Unterhalt von dir einfordern.“

„Warum das denn?“

„Weil mein Vater mich mit Sicherheit aus der Firma hinauswerfen wird, wenn unser Plan scheitern sollte. Und so wie er die Dinge führt, werden meine Aktien dann nicht mehr viel wert sein.“ Er lehnte sich gegen die Arbeitsplatte und verschränkte die Arme vor der Brust. „Während du als Vorsitzende des Fontaine-Imperiums Millionen besitzen wirst.“

Violet beschloss, seine Bemerkung als Scherz aufzufassen. „Oje, daran hatte ich ja gar nicht gedacht“, erwiderte sie mit gespielter Besorgnis. „Vielleicht sollten wir uns um eine Annullierung bemühen.“

„Du meinst, solange wir noch können?“ Seine samtige Stimme jagte einen wohligen Schauer durch ihren Körper.

„Hör auf, mich auf den Arm zu nehmen.“ Sie versuchte, unbeschwert zu klingen. „Nur weil wir verheiratet sind und unsere Hochzeitsnacht allein in diesem Haus verbringen …“ Violet verstummte.

„… bedeutet das nicht, dass wir unseren sinnlichen Trieben nachgeben müssen“, beendete er ihren Satz.

„Genau.“ Violet stellte ihr Glas beiseite. „Ich glaube, es ist doch Zeit, dass du mir das Schlafzimmer zeigst. Mein Schlafzimmer“, fügte sie energisch hinzu. „Wo ich schlafen werde. Allein.“

J T wies in die Richtung, aus der sie gekommen waren. „Es ist oben.“

Violet schob ihre plötzliche Benommenheit auf den Champagner. Der Gedanke, die Nacht allein mit J T in seinem Haus zu verbringen, hatte absolut nichts damit zu tun. Ob sein Zimmer am anderen Ende des Flurs lag? Oder ganz bequem nur ein paar wenige Schritte von ihrem entfernt?

Reiß dich zusammen! Du bist kein alberner Teenager auf einer Studentenparty. Du bist eine erfolgreiche Geschäftsfrau, und dieser Mann ist ein Kollege.

„Da wären wir.“ J T öffnete eine Tür und führte sie hinein. In dem Zimmer standen ein breites Bett aus Kirschbaumholz, eine Kommode und eine kleine Sitzecke vor einem offenen Kamin.

„Das ist hübsch. Vielen Dank.“

„Ich bin derjenige, der dir danken sollte. Wenn deine verrückte Idee funktioniert, werde ich die Firma meiner Familie retten können. Damit werde ich zutiefst in deiner Schuld stehen.“ Er stellte ihre Reisetasche auf dem Bett ab und ging zurück zur Tür. „Gute Nacht, Violet.“

„Eine Sache noch …“ Bevor sie darüber nachdenken konnte, was sie tat, trat Violet zu ihm und legte ihre Hände auf seine breiten Schultern. „Du hast mir bei unserer Hochzeit gar keinen richtigen Kuss gegeben.“

Bis auf ein kurzes Flackern in seinen Augen zeigte sich keine Reaktion in seinem Gesicht. „Dann muss ich das wohl nachholen.“

Violet stockte der Atem. Jeder Nerv in ihrem Körper war zum Zerreißen gespannt. Ihre Haut kribbelte. Sein Hemd streifte zart ihre nackten Arme, als er eine Hand auf ihren Hinterkopf legte und sie festhielt. Dann beugte er sich zu ihr hinab. Sein Mund war weicher, als sie erwartet hatte. Sie stöhnte leise auf, als er sanft an ihrer Unterlippe knabberte.

Dies war so viel besser, als sie es sich vorgestellt hatte. Sie schob ihm die Hände ins Haar und schmiegte sich enger an ihn. Ihre Reaktion ließ ihn den Kuss vertiefen. Er legte seine Hände auf ihren Rücken und zog sie an sich, bevor er mit der Zunge ihre Lippen teilte. Langsam. Zärtlich. Und sehr gekonnt. Er eroberte ihren Mund, als hätte er es schon tausendmal getan. Er ließ sich Zeit, jeden Winkel zu erkunden, und quälte sie mit seiner kontrollierten Leidenschaft. Doch was würde passieren, wenn er seine Selbstbeherrschung verlor?

Violet war kurz davor, ihre Einstellung zur sexfreien Ehe über Bord zu werfen. Ihre sinnlichen Erwartungen steigerten sich noch, als er die Hände über ihre Seiten höher wandern ließ und dabei mit den Daumen herausfordernd die Außenseite ihrer Brüste streichelte. Violet spürte pulsierendes Verlangen in ihrem Innern aufsteigen und sehnte sich danach, von J T in Besitz genommen zu werden. Rastlos drängte sie sich gegen ihn.

Er löste sich von ihren Lippen. „Besser?“, fragte er mit heiserer Stimme.

Besser? Wundervoll. Umwerfend. Überwältigend!

„Jetzt fühle ich mich verheiratet“, sagte sie ein wenig atemlos.

„Nach einer richtigen Hochzeitsnacht würdest du dich noch viel verheirateter fühlen“, murmelte er und streifte erneut sanft lockend mit dem Mund über ihre Lippen. Er strich mit den Fingern ihre Wirbelsäule hinab und legte eine Hand auf die schmalste Stelle ihres Rückens. Er presste sie gegen seine Hüfte, sodass sie seine Erektion spüren konnte. Violet wurden die Knie weich. Sie wünschte sich nichts mehr, als ganz von ihm erfüllt zu sein und sich in seinen sinnlichen Berührungen zu verlieren.

Verdammt, sie hätte nie nach diesem Kuss fragen sollen!

„J T, ich …“ Noch bevor sie wusste, was sie eigentlich sagen wollte, wurde seine Miene undurchschaubar und Violet stand wieder vor einer unüberwindbaren Mauer.

„Du musst nichts erklären.“ Er ließ sie los und trat einen Schritt zurück. „Ich weiß, dass unsere Ehe nur auf dem Papier besteht.“

Und sie war nur Augenblicke davon entfernt gewesen, diese Tatsache zu vergessen. Die Demütigung wirkte wie ein Eimer kaltes Wasser.

„Das ist es nicht“, begann sie zögernd. „Na ja, vielleicht auch, aber eigentlich … Ich kenne dich nicht besonders gut, und ich habe nicht die Angewohnheit, mit jedem Mann gleich ins Bett zu springen.“

„Du weißt mehr über mich als die meisten Frauen, mit denen ich ausgehe.“

Wirklich? Machte sie das zu etwas Besonderem? Violet biss sich auf die Lippe. Der Wunsch, mehr für ihn zu sein, als nur eine weitere seiner Eroberungen, war irritierend. Und gefährlich. Es war besser, die Dinge zwischen ihnen geschäftlich zu halten.

„Es wird sicher einfacher sein, wenn wir die Finger voneinander lassen.“ Wen wollte sie eigentlich überzeugen, ihn oder sich selbst?

„Dann schlage ich vor, dass du mich zukünftig nicht mehr aufforderst, dich zu küssen.“ Seine Stimme klang eisig und vorwurfsvoll.

„Es war nur ein Kuss“, versuchte sie ihn zu besänftigen. „Keine große Sache.“

„Ach ja, findest du?“ Er biss die Zähne aufeinander. „Nun, wenn ich so etwas wie das hier anfange, dann bringe ich es auch gern zu Ende.“

„Hast du noch nie eine Frau geküsst, ohne zu erwarten, mit ihr ins Bett zu gehen?“

„Nicht mehr seit der Highschool.“

„Soll das heißen, dass du dir nur dann die Mühe machst, eine Frau zu küssen, wenn du Sex mit ihr haben willst?“

„Das soll heißen, dass nur wenige Frauen ablehnen, mit mir Sex zu haben, nachdem ich sie geküsst habe.“

Wenn es seine Absicht war, ihr mit seiner selbstgefälligen Art auf die Nerven zu gehen, dann war er sehr erfolgreich.

Violet verschränkte die Arme vor der Brust. „Dann bin ich sehr froh, zu dieser Minderheit unter deinen Bekanntschaften zu gehören.“

„Du vergisst wohl, dass du keine meiner Bekanntschaften bist. Du bist meine Ehefrau.“

J T ergriff ihre Hand mit dem Ring seiner Großmutter und hob sie auf Augenhöhe. Er konnte sich selbst nicht erklären, warum er so wütend auf Violet war. Lag es daran, dass sie diesen unglaublichen, welterschütternden Kuss als keine große Sache abgetan hatte? Oder an dem quälenden Verlangen, das unerbittlich durch seinen Körper strömte? Allein und erregt ins Bett zu gehen entsprach nicht gerade seinen Erwartungen an eine Hochzeitsnacht. Und dabei hatte er bis vor wenigen Stunden nicht einmal in Betracht gezogen, überhaupt jemals zu heiraten …

„Ich bin dein Geschäftspartner“, erwiderte sie und zog ihre Hand zurück.

Verdammt. Sie war so schön, wenn ihre braunen Augen vor Wut funkelten und die Empörung ihre Wangen rosig färbte. So schnell wie sein Ärger aufgeflammt war, so schnell verflog er wieder.

„Entschuldige. Ich schätze, du hast recht. Wir sollten Sex aus der Sache heraushalten.“

Violet nickte erleichtert. „Ich denke, es ist besser, wenn wir uns an den Plan halten.“

„Einen Plan, den wir weiter ausarbeiten können, wenn wir ausgeschlafen sind.“

„Dann bis morgen früh.“

J T verließ das Zimmer und hörte, wie sie hinter ihm abschloss. Er ging durch den Flur zu seinem Schlafzimmer. Ohne das Licht einzuschalten, durchquerte er den Raum, öffnete die Balkontüre und trat hinaus in die Nacht. Doch er war viel zu aufgewühlt, um die Wüstenluft oder den Blick auf die Mondsichel zu genießen, die tief am dunklen Himmel hing.

Versuchte Violet, ihn um den Verstand zu bringen? Zuerst war sie in einem romantischen weißen Spitzenkleid zu der Hochzeit erschienen. Sie hatte bei einem Glas Champagner mit ihm geflirtet. Und dann beschwerte sie sich auch noch darüber, dass er sie nicht richtig geküsst hatte. Wusste sie wirklich nicht, was sie ihm antat?

Wahrscheinlich nicht. Doch was sollte er jetzt mit all seiner aufgestauten Sehnsucht anfangen?

J T umklammerte das Balkongeländer und holte tief Luft. Es war eine Sache, Abend für Abend in ihrer Bar zu sitzen und sich selbst mit Fantasien zu quälen, die nie wahr werden würden. Sie näher an sich heranzulassen war eine ganz andere. Das konnte er nicht. Er ließ nie jemanden an sich heran.

Sie wusste ohnehin schon Dinge aus seiner Vergangenheit, über die niemand sonst Bescheid wusste. Sein Onkel hatte ihr wohl von der Suchterkrankung seiner Mutter erzählt, sodass sie eine Vorstellung davon hatte, wie freudlos seine Kindheit gewesen war. Früher oder später würde sie über all die Dinge reden wollen, die damals passiert waren. Und er würde ihre Fragen zurückweisen und sich noch weiter verschließen. Was Intimität und Liebe anging, hatte er einfach kein Talent.

Ein Planschen vom Pool riss ihn aus seinen Gedanken. Er blickte hinunter und sah, wie Violet mit kraftvollen, eleganten Zügen durch das türkisfarbene Wasser schwamm. Am Ende des Beckens tauchte sie kurz auf, um Luft zu holen. Dann stieß sie sich mit den Füßen vom Rand ab und schwamm wieder zurück.

J T beobachtete, wie sie konzentriert und ausdauernd ihre Bahnen zog. Erst als sie ihre überschüssige Energie aufgebraucht hatte und sich still im Wasser treiben ließ, erkannte er, dass sie nackt war. Fluchend stieß er sich vom Geländer ab und stieg die Außentreppe hinunter, die seinen Balkon mit der Terrasse verband.

Er veranstaltete gerne Poolpartys und hielt immer ein paar Badesachen für seine Gäste im Badehaus bereit. Bis er einen Bikini gefunden hatte, von dem er glaubte, er könne Violet passen, war sie auch schon aus dem Wasser gestiegen und hatte sich in ein Handtuch gewickelt. Als er näherkam, blickte sie überrascht auf.

„Nächstes Mal, wenn du schwimmen gehst, zieh dir bitte etwas an“, sagte er und hielt den Bikini in die Höhe.

„Tut mir leid.“ Wassertropfen liefen aus ihrem langen, nassen Haar. „Ich wusste nicht, dass du noch wach bist.“

„Auch ich muss um diese Zeit oft noch arbeiten.“

„Danke für den Bikini. Ich werde dich heute Abend nicht länger stören.“

Machte sie Witze? Mit der Erinnerung an ihren nackten Körper vor seinem inneren Auge würde er ohnehin nicht einschlafen können. J T blickte ihr nach, bis sie im Haus verschwunden war. Erst dann kehrte auch er in sein Schlafzimmer zurück.

Nach kaum einer Stunde mit ihr allein war er kurz davor, sie sich über die Schulter zu werfen und in sein Bett zu schleifen. Nur gut, dass sie nicht unter einem Dach leben mussten. Wenn er andauernd mit ihrer natürlichen Sinnlichkeit konfrontiert wäre, würde seine Selbstkontrolle bald einbrechen, und noch bevor sie ihn an ihre Abmachung erinnern könnte, läge sie schon in seinen Armen.

Doch mit ihr zu schlafen wäre erst der Anfang. Bald schon würde sie versuchen, ihm all die hässlichen Geheimnisse aus seiner Kindheit zu entlocken, und er müsste mit der Angst leben, dass sie irgendwann auf etwas stoßen würde, das so schrecklich war, dass sie ihn aus ihrem Leben fortjagen würde. Und dann wäre er wieder allein und sein Leben völlig aus den Fugen.

Nein. Er musste dafür sorgen, dass es niemals so weit kam!

4. KAPITEL

Violet fand J T am nächsten Morgen um acht Uhr im Billardzimmer. Bevor sie zu ihm trat, blieb sie einen Augenblick im Türrahmen stehen und beobachtete ihn.

In ausgewaschenen Jeans und einem schwarzen Baumwollhemd stand er über den Billardtisch gebeugt, rollte immer wieder eine Kugel gegen die Bande, während er die Unterlagen las, die vor ihm auf dem grünen Filz ausgebreitet lagen. Die Aktentasche mit Tiberius’ Papieren stand leer auf dem Boden neben seinen nackten Füßen.

Am frühen Morgen mit so viel lässiger Männlichkeit konfrontiert zu werden war nicht fair. Besonders deswegen nicht, weil sie die ganze Nacht wachgelegen und an die Decke gestarrt hatte. Sie hatte es bedauert, ihn geküsst zu haben, und zugleich hatte sie sich gewünscht, sie hätte das Handtuch fallen gelassen, als er auf der Terrasse auf sie zugekommen war.

„Hast du schon einen Tee bekommen?“

Seine Frage machte ihr bewusst, dass sie viel zu lange dagestanden und ihn angestarrt hatte. „Ja, deine Haushälterin hat mir eine Tasse gekocht.“ Sie deutete auf die Unterlagen. „Hast du irgendetwas gefunden, das uns helfen könnte?“

„Tiberius hat Unmengen von Informationen gesammelt und zu all seinen Geschäftstätigkeiten umfangreiche Notizen angefertigt. Jeder Aktienkauf ist genau dokumentiert. Was mir fehlt, sind die Informationen zu Familienmitgliedern, die ihn abgewiesen haben.“

Violet trat näher an den Tisch. „Lass mich dir helfen. Vielleicht geht’s dann schneller.“

Sie wartete auf eine Reaktion, doch J T schwieg gedankenverloren. Hatte er sie nicht gehört, oder wollte er alles alleine regeln? Wenn das der Fall war, dann hatte er Pech gehabt. Es war ihr Plan gewesen, und sie hatte nicht vor, sich jetzt rauszuhalten. Sie sah, dass er zwei Listen mit Namen aufgestellt und diejenigen markiert hatte, die eindeutig auf Prestons Seite standen.

„Du solltest wissen, dass Paul und Tiberius vor drei Jahren einen Riesenstreit hatten“, bemerkte sie und deutete auf den Namen eines Cousins seiner Mutter. „Es ging wohl um irgendein seltenes Comicheft, das die beiden von Tiberius’ Geld gekauft hatten, als sie acht Jahre alt waren. Paul hatte es behalten, ohne je seinen Anteil zu bezahlen, und mittlerweile ist es über zehntausend Dollar wert.“

Sie schüttelte den Kopf. Ganz egal, wie viel der Comic wert war, es war einfach zu albern, sich nach so vielen Jahren noch darüber in die Haare zu kriegen.

„Danke.“ J T schrieb eine Notiz neben Pauls Namen und wandte sich wieder der Akte zu, die er gerade gelesen hatte.

„Du hast schon eine Menge geschafft.“ Sie erkannte, nach welchem System er die Akten geordnet hatte, und nahm fünf von ihnen von einem der bisher zwei Stapel, um sie auf einen dritten Stapel zu legen. Als sie damit fertig war, bemerkte sie J Ts stechenden Blick. „Was ist?“

„Die waren sortiert.“

„Jetzt ist es besser.“ Sie öffnete die oberste Akte und deutete auf einen Artikel aus einem Klatschmagazin. „Hier. Dein Cousin Casey steckt gerade mitten in einer hässlichen Scheidung. Er hat eine heimliche Geliebte mit einem sehr kostspieligen Geschmack, die sich schon als die nächste Mrs Casey Stone betrachtet. Außerdem läuft sein Anlageunternehmen nicht besonders gut. Er könnte für ein wenig Kapital empfänglich sein.“

J T sah immer noch verärgert aus. „Casey würde mir nie seine Anteile verkaufen. Mein Vater hat ihm mehrmals aus der Patsche geholfen.“

Violet wollte widersprechen, doch J Ts Miene nach zu urteilen, wäre das wohl sinnlos. Also legte sie die Casey-Akte beiseite und öffnete die nächste. „Oder hier, deine Großtante Harriet. Sie wird seit einiger Zeit von einem sehr cleveren Betrüger beeinflusst, der ihr das Geld aus der Tasche zieht.“ Sie sah J T eindringlich an. „Glaub mir, ich könnte eine große Hilfe sein. Niemand weiß besser, wie Tiberius’ Verstand gearbeitet hat. Wusstest du, dass er ein ganzes Lagerhaus voller Dokumente zur Stadtgeschichte von Las Vegas zusammengetragen hat? Er hat die gesamte Sammlung Scarlett hinterlassen, für ihre Ausstellung zum Thema ‚Mob Experience – Die Mafia von Las Vegas‘.“

„Das ist sicher sehr faszinierend, aber du hast genug getan.“ Er stieß sich vom Tisch ab und deutete mit dem Kopf zur offenen Tür. „Lass dir von Pauline ein Frühstück zubereiten. Ich fahre dich zurück zum Fontaine Chic, sobald du fertig bist.“

Violet erkannte, dass es naiv gewesen war, anzunehmen, dass J T sie als Partnerin akzeptieren würde, nur weil die ganze Sache ihre Idee gewesen war. Doch fürs Erste verkniff sie sich jeden Kommentar.

„Es gibt noch ein paar Dinge, über die wir reden müssen, bevor wir in die Stadt zurückfahren.“

„Worüber denn?“ Er verschränkte die Arme vor der Brust.

„Wie soll ich zum Beispiel das hier erklären?“ Sie zeigte auf den Ring an ihrer linken Hand.

Er zuckte die Schultern. „Wie immer du möchtest.“

Violet startete einen neuen Versuch. „Was wirst du denn über deine spontane Hochzeit gestern Abend erzählen?“

„Wenn das Thema zur Sprache kommt, werde ich behaupten, dass wir schon seit einem Jahr verlobt waren, aber bisher nicht darüber geredet haben.“

„Das ist alles?“

„Ich glaube kaum, dass irgendjemand nähere Einzelheiten von mir hören will.“

„Wirklich?“ Wie konnte er nur so gleichgültig sein? „Glaubst du nicht, dass dich jemand fragen wird, wie wir uns kennengelernt haben? Oder seit wann wir ein Paar sind?“

„Nein.“

„Gibt es denn niemanden, mit dem du über solche Dinge redest?“

„Meine Angestellten und Geschäftspartner interessieren sich nicht für mein Privatleben, daher werde ich unsere Heirat auch niemandem erklären müssen.“

„Schön für dich“, erwiderte sie ironisch. „Aber ich habe zwei Schwestern und eine Mutter, und sobald die erfahren, dass ich geheiratet habe, werden sie erwarten, dass ich ihnen alle pikanten Details erzähle.“

Er sah sie eindringlich an. „Es gibt aber keine pikanten Details.“

„Soll ich ihnen etwa erzählen, was wir in Wirklichkeit vorhaben?“

„Glaubst du, dass sie die Wahrheit für sich behalten werden?“

„Ich vertraue ihnen voll und ganz.“ Sie lächelte herausfordernd. „Aber wenn es dir lieber ist, kann ich ihnen auch erzählen, dass du schon seit Jahren hinter mir her bist, aber Angst davor hattest, dass Tiberius’ dir alle Knochen bricht, wenn er davon erfährt.“

Verärgert kniff er die Lippen zusammen. „So eine alberne Geschichte würden sie niemals glauben.“

„Scarlett schon.“ Jetzt kam Violet in Fahrt. Vernünftige Argumente hatten nicht funktioniert. Aber wenn es ihr gelang, ihn zu provozieren, würde sie vielleicht einen kleinen Blick in seine Karten erhaschen können. „Sie glaubt ohnehin, dass du nur meinetwegen jeden Abend im Baccara herumlungerst.“

„Und worauf basiert ihre Annahme?“ Seine ruhige Stimme gab nichts preis.

„Auf der Art, wie du mich ansiehst.“

„Und wie genau sehe ich dich an?“

Violet überlegte, wie Scarlett sich ausgedrückt hatte. „Sie sagte, du schmachtest mich an.“

Violet hätte schwören können, dass sie ein kurzes Flackern in seinen Augen gesehen hatte. Hatte sie etwa einen Treffer gelandet? Vielleicht war er doch nicht so desinteressiert, wie er behauptete.

„Deine Schwester hat Sinn fürs Dramatische“, bemerkte er trocken. „Außerdem ist sie frisch verliebt und sieht daher um sich herum nur potenzielle Liebespaare.“

Autor

Cat Schield
<p>Cat Schield lebt gemeinsam mit ihrer Tochter, zwei Birma-Katzen und einem Dobermann in Minnesota, USA und ist die Gewinnerin des Romance Writers of America 2010 Golden Heart® für romantische Serienromane. Wenn sie nicht gerade neue romantisch-heiße Geschichten schreibt, trifft sie sie sich mit ihren Freunden um auf dem St. Croix...
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