Darf ich dir mein Herz anvertrauen?

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Business-Tycoon Calhoun Hart vertraut nur sich selbst! Bis er sich bei einem Karibiktrip das Bein bricht und plötzlich eine persönliche Assistentin braucht. Die hübsche Justine zieht ihn gegen jede Vernunft unwiderstehlich an. Ein Fehler, der ihn sein Herz kostet?


  • Erscheinungstag 04.01.2021
  • Bandnummer 11
  • ISBN / Artikelnummer 9783751504331
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

„Was willst du denn, ich hatte erst vor Kurzem Sex.“ Calhoun Hart hoffte, dass seine Stimme überzeugend genug klang.

„Ich glaube dir kein Wort.“

„Es stimmt aber.“

Sam Hart musterte seinen jüngeren Bruder aufmerksam, dann schüttelte er lachend den Kopf. „Ich wette, du lügst.“

„Von mir aus kannst du wetten, so viel du willst, du wirst es sowieso nicht herausfinden.“ Cal hatte nun endlich wieder Oberwasser. „Aber mal was ganz anderes – du könntest mir ja eigentlich den Oldtimer überlassen.“

„Den Silver Shadow? Auf gar keinen Fall. Großvater hat ihn mir vererbt, weil er genau weiß, dass ich ihn liebevoll behandele. Außerdem bin ich der Älteste.“

„Gib nicht so an, was sind denn schon neun Monate?“

Sam zupfte seine Fliege zurecht und straffte die Schultern. „Außerdem bin ich zwei Zentimeter größer.“

Auch wenn es scherzhaft gemeint war, Cal ärgerte sich darüber, sich das immer wieder anhören zu müssen. Solange er denken konnte, hatte er im Schatten seines großen Bruders gelebt. Was immer er getan oder sich gewünscht hatte, Sam war ihm stets einen Schritt voraus gewesen.

Sie befanden sich momentan im Bankettsaal des Holden House, eines vornehmen Hotels in Blackwater Lake, Montana. Sam hatte hier am Vormittag Faith Conelly geheiratet, die Besitzerin des Blumenladens in der Innenstadt. Noch nie zuvor hatte Cal seinen Bruder so glücklich gesehen. Er gönnte es ihm von Herzen, obwohl er einen leisen Anflug von Neid nicht unterdrücken konnte.

Offenbar war Sam daran gelegen, auch Cals Sexleben ein wenig Auftrieb zu verschaffen, nachdem sein eigenes nichts mehr zu wünschen übrig ließ.

„Als dein großer Bruder rate ich dir, dass du dir so schnell wie möglich eine Frau suchen solltest.“

„Du kannst wirklich schrecklich penetrant sein. Ich frage mich, wie Faith nur auf dich reinfallen konnte.“

Sams Blick schweifte über die Gästeschar, bis er seine schöne Braut in ihrem bodenlangen Spitzenkleid entdeckte. Als hätte sie seinen Blick gespürt, drehte sie sich um und warf ihm strahlend eine Kusshand zu.

„Phoebe hat ein klein wenig nachgeholfen“, sagte Sam spitzbübisch. „Ich werde sie übrigens adoptieren.“

Phoebe war Faith’ achtjährige Tochter, ein süßes und sehr altkluges Mädchen.

„Ein Grund mehr, dir zu gratulieren“, sagte Cal aufrichtig. „Du bist ein glücklicher Mann.“

„Du nicht“, stellte Sam nüchtern fest. „Du wirst es auch nie werden.“

„Wie kannst du so etwas nur sagen?“

„Weil du immer nur arbeitest. Bis zum letzten Moment wussten wir noch nicht einmal, ob du zur Hochzeit kommst.“

Als Präsident von Hart Energy war Cal eben ein viel beschäftigter Mann. „Aber ich hab’s doch noch geschafft.“

„Du bist aber ohne Begleitung hier, der beste Beweis dafür, dass du zu viel arbeitest.“

In diesem Moment kam Katherine Hart herangeschlendert, die Mutter der beiden. „Cal, sei nett zu deinem Bruder. Heute ist sein großer Tag.“

„Er hat doch angefangen.“ Mit Absicht benutzte Cal die typische Redewendung kleiner Jungs.

Katherine Hart trat zwischen ihre Söhne und hängte sich bei ihnen ein. „Sam, was hast du denn zu ihm gesagt?“

„Dass er ein Workaholic ist.“

„Wenn’s nur das gewesen wäre“, erwiderte Cal und erntete dafür einen warnenden Blick seines Bruders.

Zum Glück fragte ihre Mutter nicht weiter nach. „Ich muss Sam leider recht geben, du arbeitest wirklich zu viel.“ Katherine Hart war noch immer eine wunderschöne Frau und wirkte alterslos in ihrer Eleganz. „Dad und ich haben auch schon überlegt, was man dagegen tun könnte.“

„Ihr macht euch alle unnötig Sorgen. So ist das eben, wenn man eine Firma leitet.“

„Niemand versteht das besser als ich. Trotzdem gibt es wichtigere Dinge im Leben.“

Für Cal nicht, denn sein ganzes Bestreben war es, Hart Energy voranzubringen und zum erfolgreichsten Unternehmen des Familienimperiums zu machen. Vor allem wollte er seinen Bruder Sam übertrumpfen, dem Hart Construction gehörte.

„Hör zu, Mom …“

„Nein.“ Seine Mutter sah ihn beschwörend an. „Mach nicht denselben Fehler wie dein Vater. Er hat mit seiner Arbeitswut beinahe unsere Familie zerstört.“

Cal wusste das alles nur aus Erzählungen, denn er und Sam waren noch zu klein gewesen, als seine Eltern sich vorübergehend getrennt hatten. Katherine hatte sich damals mit ihren beiden Kleinkindern alleingelassen gefühlt und sich daraufhin einem anderen Mann zugewandt, von dem sie schließlich schwanger geworden war. Da Hastings, ihr Mann, sie nicht verlieren wollte, tat er alles, um sie zurückzugewinnen. Er nahm Lincoln, den Halbbruder von Cal und Sam, als seinen eigenen Sohn an, und bald darauf war die Familie wieder glücklich vereint.

„Das kann mir nicht passieren“, erinnerte Cal seine Mutter, „denn ich bin nicht verheiratet.“

„Aber du warst es mal, und wenn du dein Leben nicht änderst, wirst du noch ein einsamer Wolf werden.“

„Mit der Ehefrau hatte ich jedenfalls kein gutes Händchen.“

„Kein Grund aufzugeben. Manche brauchen eben mehrere Anläufe, und angeblich soll es jedes Mal besser klappen.“

„Jeder Mensch braucht das, sonst vertrocknet man.“ Es war vollkommen klar, worauf Sam hier anspielte … auf Cals brachliegendes Sexleben.

„Im Ernst“, sagte Katherine. „Es gibt Studien, die beweisen, dass verheiratete Männer länger leben, und ich möchte nun mal nicht, dass du frühzeitig unter die Erde kommst.“

„Jetzt übertreib mal nicht, Mom.“ An ihrem besorgten Blick merkte er allerdings, dass dies die falsche Antwort gewesen war.

„Wann hast du zuletzt Urlaub gemacht?“

„Da müsste ich in meinem Kalender nachsehen. Können wir die Frage zurückstellen?“

„Nicht nötig, ich habe Shanna gefragt, und die meinte, seit sie in der Firma ist, und das sind bereits vier Jahre, hättest du dir kein einziges Mal freigenommen.“

„Du hast hinter meinem Rücken mit meiner Assistentin geredet?“

„Was ist daran denn so schlimm?“ Katherine sah ihren Sohn herausfordernd an.

„Nichts. Ich wundere mich nur.“ Er konnte es einfach nicht fassen, dass seine Mutter sich über ihn erkundigt hatte. „Aber wenn Shanna das sagt, wird es wohl stimmen.“

„Anscheinend hat sie selbst auch lange keinen Urlaub gehabt.“

„Ich habe eine Idee“, sagte Sam. „Warum nehmt ihr euch nicht beide ein paar Wochen frei, du und Shanna?“

„Ich brauche aber keine Erholung.“

„Mal die Batterien aufzuladen, kann dir nur guttun“, wandte seine Mutter ein. „Dein Vater und ich haben kürzlich erst zwei Wochen auf einer Karibikinsel verbracht. Wir haben in einer traumhaften Villa direkt am Meer gewohnt. Es war einfach fantastisch. Ich gebe dir die Adresse.“

„So etwas ist nichts für mich.“

„Bitte denk mal drüber nach“, beschwor ihn Katherine.

„Bitte, Mom, können wir ein anderes Mal darüber reden? Du hast schließlich selbst gesagt, dass heute Sams Tag ist.“

„Er hat recht, Mom“, sagte Sam. „Faith hat gerade ihren Brautstrauß geworfen, also bin ich gleich mit dieser Strumpfbandsache dran.“ Er schien zu überlegen. „Aber was deinen Urlaub angeht, habe ich einen Vorschlag.“

„Und der wäre?“

„Wir schließen eine Wette ab. Du buchst vier Wochen Urlaub auf der Karibikinsel, und ich wette, dass du es dort nicht so lange aushältst.“

„Natürlich würde ich das, wenn ich es wollte.“

„Okay, dann lass uns doch wetten.“

Die herausfordernde Stimme seines Bruders spornte Cals Wetteifer unweigerlich an. „Worum wetten wir denn?“

„Um den Silver Shadow.“

Cal starrte seinen Bruder entgeistert an. „Um Grandpas Oldtimer?“

Sam zuckte mit den Achseln. „Da du die Wette sowieso verlierst, riskiere ich ja nichts.“

Cal kam es so vor, als wären sie wieder kleine Jungs, begierig, einander auszustechen. Er streckte Sam die Hand entgegen. „Okay, die Wette gilt.“

„Abgemacht.“ Sam schlug ein. „Mom, du bist unsere Zeugin.“

„Gern“, erwiderte Katherine erfreut. „Schaut, da drüben versammeln sich die jungen Männer. Sam, jetzt bist du gefragt, und du, Cal, geh hin und fang das Strumpfband auf.“

„Auf gar keinen Fall.“

„Doch, darauf freue ich mich schon die ganze Zeit.“ Sam rieb sich die Hände. „Ich werfe es dir direkt zu, dann kannst du gar nicht anders als es zu fangen.“

Kurze Zeit später löste Sam das Strumpfband vom Bein seiner Braut und warf es in die Gruppe der unverheirateten Männer. Natürlich fing Cal es auf, so wie es von Sam beabsichtigt gewesen war. Er konnte es ja schlecht fallenlassen, sonst hätte er sich blamiert. Jetzt hielt er das lächerliche Ding aus Satin und Spitze in der Hand. Dem Brauch zufolge war er also der Nächste, der den Gang zum Altar antreten würde.

In diesem Fall hatte Sam also sein Ziel erreicht, doch die Wette würde er verlieren, so viel war klar.

Warum sollte er es nicht vier Wochen lang auf einer paradiesischen Insel aushalten? Er musste sich nur überlegen, womit er sich dort die Zeit vertrieb.

Am ersten Tag seines Urlaubs brach sich Calhoun Hart ein Bein und beschloss deshalb die nächsten Wochen auf der Insel zu arbeiten. Zuerst hatte Justine Walker geglaubt, sie hätte den schwarzen Peter gezogen, als sie einwilligte, als Aushilfssekretärin für Shanna einzuspringen, doch spätestens als sie aus dem Flugzeug stieg, wurde ihr klar, dass sie das absolute Glückslos gezogen hatte. Vier Wochen in einem Tropenparadies arbeiten! Blauer Himmel, Strand, Meer und Palmen! Wow!

Keine der anderen Assistentinnen hatte für den als Workaholic verschrienen Cal Hart arbeiten wollen, und Justine hatte sich auch nur dazu bereit erklärt, nachdem der Personalchef ihr das dreifache Gehalt angeboten hatte.

Ihren Rollkoffer im Schlepptau, humpelte sie den von Blumenrabatten gesäumten Pfad zu dem luxuriösen Bungalow hoch, in dem Cal Hart residierte. Vom langen Sitzen in dem engen Jet tat ihr das Bein weh, deshalb sie stärker hinkte als üblich. Irgendwann würde ihr Bein wieder ganz gesund werden, hatten die Ärzte ihr versprochen. Es war sowieso ein Wunder, dass es nach dem Unfall überhaupt hatte gerettet werden können.

Damals wäre es ihr allerdings vollkommen egal gewesen, wenn man ihr das Bein amputiert hätte, denn am liebsten wäre sie gestorben.

Vor dem imposanten Eingang blieb sie kurz stehen und atmete ein paar Mal tief ein und aus, um ihren Puls zu beruhigen. Das dauerte eine Weile, denn ihr Herz schlug gerade besonders schnell. Für gewöhnlich betrat sie zum Arbeiten nämlich keine Villa mit Panoramablick auf den karibischen Ozean.

Nachdem sie sich wieder etwas beruhigt hatte, klopfte sie an die Tür. Ihr war klar, dass es eine Weile dauern würde, bis ihr Boss sich mit seinem gebrochenen Bein zur Tür bewegt hatte. Der Mann, der kurz darauf vor ihr stand, wirkte trotz seiner Krücken und dem Gipsverband wie das Bild von Männlichkeit schlechthin. Zum zweiten Mal, seit sie auf der Insel gelandet war, stockte ihr der Atem. Mit diesem umwerfend aussehenden Mann sollte sie die nächsten vier Wochen zusammenarbeiten?

Sie hatte schon viel von Calhoun Hart gehört, allerdings nicht unbedingt Schmeichelhaftes, aber gesehen hatte sie ihn bisher nur von Weitem. Er hatte hellbraunes, leicht gewelltes Haar und Augen von einem tiefdunklen Blau, das durch das weiße Baumwollhemd noch intensiver wirkte.

„Schön, dass Sie da sind.“ Er drehte sich unbeholfen zur Seite, um sie hereinzulassen. „Wären Sie so nett, die Tür … äh …“

Ihr fiel ein, dass er möglicherweise ihren Namen gar nicht wusste. „Justine Walker“, sagte sie und machte die Haustür zu.

„Cal.“

„Wie bitte?“

„Mein Name ist Cal, Kurzform von Calhoun. Es spart uns Zeit, wenn Sie mich so nennen.“

„Natürlich.“

Sie humpelte hinter ihm her in einen geräumigen Wohnbereich. Auf den weißen Sofas lagen Kissen in Meeresfarben, und ein heller Holzfußboden schien sich geradewegs zum Strand und Wasser hin zu erstrecken. Die breite Glasfront zur Terrasse stand offen, sodass Innen und Außen zu verschmelzen schienen. An der hohen weißen Decke hingen mehrere Ventilatoren mit Flügeln wie Palmblätter, die den frischen Wind vom Meer im Raum verteilten. Vor der Sitzgruppe lag ein flauschiger weißer Teppich.

Justine sah ihren Boss fassungslos an.

„Stimmt was nicht?“, fragte er verwirrt.

Warum sollte sie nicht ehrlich antworten? „So viel Luxus bin ich, ehrlich gesagt, nicht gewohnt.“

„Oh.“ Er wirkte amüsiert.

„Eine Villa mit einem solchen Ausblick … einfach unglaublich.“

Seufzend ließ Cal sich auf dem Sofa nieder und legte sein Bein hoch. „Schauen Sie sich ruhig erst einmal überall um. Da drüben geht es zu Ihrer Suite.“ Er deutete zu einem Durchgang in der hinteren Ecke des großen Raums.

Der Personalchef von Hart Energy hatte ihr die örtlichen Gegebenheiten bereits erklärt. Die Villa verfügte über zwei große private Suiten. Da Mr. Hart in seiner Bewegung eingeschränkt war, wollte er seine Assistentin immer in seiner Nähe haben, aber sie hätte auf jeden Fall ihren eigenen Bereich. Der Subtext des Ganzen war, dass sie sich keine Sorgen wegen sexueller Belästigung zu machen brauchte.

Gerade wollte sie zu ihrem Zimmer gehen, als es an der Haustür klopfte.

„Das ist wahrscheinlich der Hotelservice. Könnten Sie die Leute bitte hereinlassen?“

„Natürlich.“ Während sie zur Haustür ging, spürte sie Cals Blick im Rücken und bemühte sich unwillkürlich, ihr Hinken zu verbergen.

Vor der Tür standen zwei Männer in Hotellivree, die einen mit diversen Platten und Schüsseln beladenen Rollwagen vor sich herschoben. Justine trat beiseite, um sie hereinzulassen. Mit geübten Händen verteilten die beiden Bediensteten die Gerichte auf dem Kaffeetisch neben Cal und verließen dann diskret das Haus.

„Darf ich Ihnen auftun?“, fragte Justine.

„Ja, gern.“

Sie hob die silbernen Abdeckhauben hoch und sah, dass es mehrere Vorspeisen gab, außerdem verschiedene mediterrane Hauptgerichte und Salate sowie Obst und Desserts. Ihr lief augenblicklich das Wasser im Mund zusammen.

„Ganz schön viel“, bemerkte sie.

„Da ich nicht wusste, was Sie mögen, habe ich einfach mehrere Sachen bestellt. Nach der langen Reise sind Sie doch bestimmt hungrig.“

„Das bin ich tatsächlich“, gestand sie.

Wie aufmerksam er war. Davon hatte ihr niemand erzählt. Ihre Kollegen beschwerten sich immer nur über das Arbeitspensum, das er von ihnen verlangte.

Nach seinen Anweisungen füllte sie einen Teller, den sie ihm zusammen mit Besteck und einer Serviette reichte, dann bediente sie sich selbst und setzte sich in den Sessel auf der anderen Seite des Kaffeetischs.

Beinahe hätte sie genüsslich geseufzt, als sie den ersten Bissen in den Mund steckte. Es schmeckte einfach köstlich.

Nachdem sie eine Weile schweigend gegessen hatten, fragte Justine: „Wie ist denn das mit Ihrem Bein passiert?“

„Gleich am ersten Urlaubstag habe ich es mit Fallschirmspringen versucht.“

„Sie sind also einer von diesen Adrenalinjunkies, die vollkommen unnötigerweise aus einem Flugzeug springen, anstatt bequem sitzen zu bleiben.“

„Ja.“

Sein Lächeln brachte sie dermaßen aus der Fassung, dass sie froh war, kein volles Glas in der Hand zu haben. Es wäre mit Sicherheit übergeschwappt.

„Immerhin scheint der Fallschirm ja aufgegangen zu sein“, sagte sie leicht atemlos. „Sonst sähe es schlimmer aus.“

„Dann säße ich jetzt nicht hier.“ Er zuckte mit den Achseln. „Ich bin nur einfach unglücklich gelandet. Aber es ist ein glatter Bruch. Der Arzt meinte, dass es schnell heilen wird.“

„Haben Sie Schmerzen?“

„Am Anfang schon, aber jetzt kaum noch.“ Er sah sie an. „Was ist mit Ihrem Bein passiert?“

Die Frage traf sie unvorbereitet. So viel Direktheit hatte sie nicht erwartet. Aber er brauchte ja nicht unbedingt zu wissen, dass sie mehr verloren hatte als ihren Model-Gang. „Autounfall.“

„Oh.“

„Hatten Sie noch andere Aktivitäten geplant außer Fallschirmspringen?“

„Ja. Sporttauchen, Parasailing und Klettern. Irgendwie muss man sich hier ja beschäftigen.“

„Tja, es sollte wohl nicht sein, und jetzt haben Sie stattdessen beschlossen, im Urlaub zu arbeiten? Wäre es da nicht besser gewesen, Sie wären in Ihr Büro zurück und hätten den Urlaub verschoben, bis Ihr Bein wieder gesund ist?“

Sie bemerkte eine trotzige Entschlossenheit in seinem Blick. „Die Aussicht hier gefällt mir besser.“

„Da kann ich nicht widersprechen.“ Sie blickte durch die offenen Terrassentüren auf den kristallklaren Swimmingpool und den endlosen Strand und das Meer dahinter. „Aber ich finde, in Blackwater Lake ist der Blick aus dem Büro auch nicht schlecht, mit dem See und den Bergen dahinter.“

Er musterte sie lange und intensiv. „Sie sind also aus dem Büro in Dallas in die neue Niederlassung in Blackwater Lake gewechselt?“

„Ja.“

Sie fand, dass die charmante kleine Stadt in Montana ein guter Standort war, um dort später ihr eigenes Yogastudio zu eröffnen. Ihr Plan war es, noch eine Weile für Hart Energy zu arbeiten, bis sie das Startkapital zusammen hatte, und mit diesem lukrativen Aushilfsjob kam sie ihrem Ziel einen großen Schritt näher.

„Das Essen war einfach fantastisch. Vielen Dank.“ Sie stellte ihren Teller auf dem Tisch ab. „So viel Aufmerksamkeit hatte ich nicht erwartet.“

„Was hatten Sie denn erwartet?“

„Na ja“, begann sie etwas verlegen, „Sie sollen ein ziemlich anspruchsvoller Chef sein, der nur an die Arbeit denkt und von seinen Angestellten dasselbe erwartet.“

„Haben Sie etwa mit Shanna gesprochen?“

„Ja, sie ist meine Freundin. Ehrlich gesagt hat sie mich sogar davor gewarnt, den Job anzunehmen.“

„So? Wieso haben Sie dann trotzdem zugesagt?“

„Wissen Sie eigentlich, wie viel Sie mir bezahlen?“

„Eine ganze Menge, vermute ich mal.“ Er zuckte mit den Achseln. „Ich kann’s mir ja leisten.“

Daran hegte sie nicht den geringsten Zweifel. Die Frage war eher, ob sie es sich leisten konnte, vier Wochen in diesem Paradies zu verbringen … mit einem Mann, der wie ein Filmstar aussah.

2. KAPITEL

„Was wollen Sie zuerst hören?“, fragte Justine. „Die gute oder die schlechte Nachricht?“

Es war jetzt später Nachmittag an ihrem ersten richtigen Arbeitstag. Cal saß mit seinem Laptop in der Sofaecke, das Gipsbein auf ein dickes Kissen gelagert. Er hob den Kopf und sah seine neue Assistentin an, die ein paar Meter von ihm entfernt an ihrem Schreibtisch arbeitete. Sie hatte ihr volles rotes Haar lose im Nacken zusammengebunden und trug eine eckige schwarze Brille. Sie wirkte geschäftsmäßig, aber gleichzeitig unglaublich sexy. Nicht zum ersten Mal, seit Justine Walker hier war, spürte er ein erregendes Kribbeln in seinem gesamten Körper.

„Entschuldigung, wie war die Frage?“

„Es gibt gute und schlechte Nachrichten. Sind Sie jemand, der gern zuerst das Unangenehme hinter sich bringt, oder stecken Sie lieber den Kopf in den Sand und schieben es hinaus?“

„Beides hat seine Vorteile“, erwiderte er. „Ich lasse mich überraschen.“ Seit sie am Tag zuvor angekommen war, hatte sie ihn mit so manchem überrascht, und so würde es wohl weitergehen.

„Es gibt ein vorläufiges Gutachten über die Windkraftanlage in der Nähe von New York. Es sind keinerlei negative Einflüsse auf die Umwelt, also auf die Tiere und Pflanzen zu erwarten.“

„Dabei dürfte es sich wohl um die gute Nachricht handeln.“

„Ja.“

„Und die schlechte?“

„Die Menschen dort sind weitaus weniger tolerant als Flora und Fauna. Die Anwohner haben aktuell eine Petition gestartet, um das Projekt zu stoppen.“ Sie setzte ihre Brille ab. „Die Gegend ist flach, und die Windräder sind sehr hoch, also sind sie meilenweit zu sehen.“

„Sie müssen doch hoch sein. Je höher, desto mehr Wind kann nutzbar gemacht werden.“

„Die Proteste haben gerade erst angefangen, vielleicht sollte man sofort intervenieren und versuchen, die Leute zum Umdenken zu bewegen. Zumindest die Mehrheit von ihnen.“ Sie zuckte mit den Achseln. „Allen kann man’s ohnehin nicht recht machen.“

Cal fühlte sich plötzlich unwohl in seiner Haut, aber das hatte nichts mit seinem gebrochenen Bein oder der soeben gehörten Nachricht zu tun. Die Anwesenheit von Justine verwirrte ihn unfassbar. Sie war intelligent, tüchtig und schien schon genau zu wissen, was zu tun war, bevor er sich selbst eine Meinung gebildet hatte. Im Grunde wäre alles wunderbar, wenn er nicht ständig an die Anspielung seines Bruders, sein Sexleben betreffend, denken müsste.

Die Lösung dieses Problems saß nur ein paar Schritte von ihm entfernt, buchstäblich zum Greifen nah.

Rothaarige waren normalerweise gar nicht sein Typ, aber an Justine gefiel ihm einfach alles, besonders ihre braunen Augen mit den goldenen und grünen Sprenkeln darin.

„Ich rede mal mit den Leuten vom Public Relations Department. Die wissen bestimmt, wie man diese Menschen überzeugen kann. Sie können ja inzwischen alles an Informationen über alternative Energien zusammentragen … Statistiken über die Leistung von Windkrafträdern verschiedener Höhe … vergleichende Untersuchungen zur Effektivität von Solarenergie und Windkraft … Umfrageergebnisse und dergleichen. Übrigens planen wir auch, einen Solarpark in der Wüste von Nevada anzulegen. Dort ist die Sonne und im Norden haben wir den Wind. So kann man die Naturkräfte perfekt nutzen.“

„Das ist eine wirklich gute Sache. Ich kümmere mich gleich morgen früh darum.“ Justine klappte ihren Laptop zu.

Er glaubte, nicht richtig gehört zu haben. „Warum nicht jetzt sofort?“

„Weil ich bereits zehn Stunden gearbeitet habe.“

„Wir haben doch eine Mittagspause gemacht.“

„Ja, und das Essen war wieder sehr köstlich.“ In ihrem Blick lag Mitgefühl. „Aber jetzt habe ich dennoch Feierabend.“

Cal spürte das dringende Bedürfnis, im Zimmer herumzulaufen, wie er es immer tat, wenn er mit einer Sache nicht klarkam, aber mit seinem Gipsbein würde das absolut lächerlich aussehen.

Trotzdem griff er nach seinen Krücken, hangelte sich vom Sofa hoch und humpelte zu Justines Schreibtisch hinüber. Da er nicht lange stehen konnte, setzte er sich dort kurzerhand auf die Schreibtischkante. Das war zwar weniger eindrucksvoll, als wenn er in voller Größe vor ihr stehen würde, aber es gab ihm dennoch die Möglichkeit, sie mit seinem Blick niederzuzwingen.

Autor

Teresa Southwick
Teresa Southwick hat mehr als 40 Liebesromane geschrieben. Wie beliebt ihre Bücher sind, lässt sich an der Liste ihrer Auszeichnungen ablesen. So war sie z.B. zwei Mal für den Romantic Times Reviewer’s Choice Award nominiert, bevor sie ihn 2006 mit ihrem Titel „In Good Company“ gewann. 2003 war die Autorin...
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