Der Milliardär und das Dienstmädchen

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Eine schöne Fremde sitzt nackt in seiner Badewanne und singt Weihnachtslieder … Milliardär Lukas Christophedes ist schockiert, als er nach einer langen Geschäftsreise seine Luxusvilla betritt. Hat die Putzfrau etwa seine Abwesenheit ausgenutzt? Tatsächlich! Doch statt Ashleigh anzuzeigen, hat er spontan eine Idee: Sie soll sich während eines Geschäftsessens als seine neue Lebensgefährtin ausgeben. Natürlich nur, um eine aufdringliche Kundin abzuwehren. Doch Ashleigh ist so betörend, dass sich in Lukas unerwartet Gefühle für sie regen …


  • Erscheinungstag 21.11.2017
  • Bandnummer 0024
  • ISBN / Artikelnummer 9783733708788
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Lukas Christophedes hörte den Gesang sofort, als er sein Stadthaus in Chelsea betrat. Leidenschaftlich vorgetragene Weihnachtslieder drangen an sein Ohr. Wie oft hatte er dieses verflixte Jingle Bells heute schon ertragen müssen?

Es waren nur noch wenige Tage bis Weihnachten, und offenbar konnte man der festlichen Stimmung nirgendwo entkommen. Sie hatte ihn vom Flughafen in Athen bis hierher nach London verfolgt, wo er dringende geschäftliche Termine wahrnehmen musste. Aber noch eine Version dieses verhassten Liedes würde er nicht dulden. Schon gar nicht in seinem eigenen Haus.

Die Putzfrau musste irgendwo ein Radio angelassen haben. Er hatte ein dauerhaftes Arrangement mit der Agentur Maids in Chelsea getroffen, die dafür sorgte, dass sein Heim in Schuss gehalten und regelmäßig gelüftet wurde. Vielleicht ließen die dort beschäftigten Damen systematisch Musik laufen, um mögliche Einbrecher abzuschrecken? Vielleicht gar keine so schlechte Idee, überlegte Lukas. Schließlich galt Chelsea als eine der reichsten Gegenden Londons. Trotzdem, je eher das Gedudel abgeschaltet wurde, desto besser.

Entschlossen durchquerte er die mit Marmor ausgelegte Eingangshalle, und der Gesang wurde lauter – und schiefer. Er zuckte zusammen. Das war kein Radio. Kein Sender würde einer untalentierten Frauenstimme wie dieser Platz in seinem Programm einräumen. Jemand musste in seinem Haus sein.

Er fluchte gleichzeitig auf Griechisch und auf Englisch. Vermutlich eine der Putzfrauen. Dabei war es kurz nach sechs und damit schon früher Abend. Um diese Zeit konnte er wohl erwarten, dass das Personal seine Arbeit erledigt hatte!

Dies war sein Rückzugsort, und er bestand auf seiner Privatsphäre. Die Maids in Chelsea würden sich für diesen Vertragsbruch auf eine heftige Beschwerde gefasst machen müssen.

Achtlos warf Lukas seinen Kaschmirmantel und den Schal auf einen antiken Lehnstuhl und steuerte auf die breite Treppe zu, die zu den beiden oberen Geschossen führte. Er würde diese Person aus seinem Haus werfen, und zwar auf der Stelle!

Der schräge Gesang kam aus dem ersten Stock, und Lukas nahm zwei Stufen auf einmal. Am liebsten hätte er sich die Finger in die Ohren gesteckt, während er sich dem Badezimmer neben seinem Schlafzimmer näherte. Je eher dieses Weib seinen Wischmopp nahm und verschwand, desto besser.

Er stieß die Tür zu dem luxuriösen Badezimmer auf und blieb wie angewurzelt stehen. In der frei stehenden Badewanne lag eine splitternackte Frau.

Ein Berg von weißem Schaum bedeckte ihren Körper, trotzdem konnte man ein paar hoch angesetzte, runde Brüste erahnen. Hinzu kamen schmale Schultern und ein schlanker Hals. Rötlich braune Locken waren mit einer Spange auf dem Kopf zusammengehalten, lösten sich jedoch vereinzelt aus ihrer Gefangenschaft und umrahmten ein herzförmiges Gesicht. Ein schlankes Bein zeigte Richtung Zimmerdecke, während die junge Frau mit einer langstieligen Bürste – seiner neuen Waschbürste – ihre Unterschenkel bearbeitete. Und ihre süßen Füße, deren Zehennägel pink lackiert waren.

„Oh, what fun it is to ride in a one-horse open sleigh-ay“, sang sie, und die letzte Silbe trug einen unnatürlich schrillen Ton in sich.

Fassungslos starrte er sie an, bevor er explodierte. „Wer zur Hölle sind Sie, und was machen Sie in meinem Badezimmer?“

Die junge Frau drehte sich zu ihm um und riss überrascht die Augen auf, die von einer ganz besonderen tiefblauen Farbe waren. Dann schrie sie plötzlich so laut auf, dass ihm die Ohren klingelten.

„Raus hier!“, kreischte sie.

Wütend sah Lukas sie an. „Zuerst verschwinden Sie aus meiner Wanne!“

Drohend schwang sie die Bürste in seine Richtung. „Nicht ehe Sie draußen sind!“

Die Bewegung hätte beinahe ihre Brüste freigelegt, was sie sofort bemerkte. Erschrocken kauerte sie sich in den Schaum und rutschte tiefer in die Wanne. Plötzlich wirkte sie schüchtern.

„Ich … ich nehme an, Sie sind Mr. Christophedes. Auch wenn man mir gesagt hat, Sie würden erst nach Weihnachten wieder nach London kommen.“

„Und Sie sind?“

Ihre Wangen nahmen eine tiefrote Farbe an. „Ashleigh Murphy. Ihre Reinigungsassistentin von Maids in Chelsea.“

„Also, Ashleigh Murphy, was machen Sie in meiner Badewanne?“

Wieder hob sie die Bürste, dieses Mal zögerlich. „Ich, nun, ich schrubbe sie.“

Ihre Frechheit brachte ihn zum Lächeln. Beinahe. Ihm fiel auf, wie jung sie war, höchstens Mitte zwanzig. Und ausgesprochen hübsch. Trotzdem. Sie hatte sich etwas erlaubt, das unverzeihlich war.

„Das glaube ich Ihnen nicht“, sagte er und kreuzte die Arme vor der Brust. „Versuchen Sie es noch einmal!“

„Dies ist ein Luxusbadezimmer. Als ich es geputzt habe, musste ich immer wieder denken: Wie ist es wohl, hier zu baden? Es ist fantastisch, oder?“

Mit einer Hand streichelte sie den Rand der Wanne, obwohl Lukas glaubte, dass sie es wohl unbewusst tat.

„Dieses versiffte Hotel, in dem ich abgestiegen bin, hat ein superekliges Gemeinschaftsbad. Ich musste es desinfizieren, bevor ich überhaupt daran denken konnte, auch nur einen Fuß hineinzusetzen. Und dann war das Wasser auch nur lauwarm. Zum Glück …“ Ihre Stimme erstarb.

„Zum Glück was?“, hakte er nach.

Sie zog die Nase kraus und blickte ziemlich schuldbewusst drein. „Tja, nun, zum Glück bin ich jetzt hier. Weil … ich hier wohne. In Ihrem Haus.“

„Wie bitte?“, rief er entsetzt, und sie rutschte noch etwas tiefer in die Wanne.

„Sie bekommen quasi eine Hauswirtschafterin rund um die Uhr“, bot sie schüchtern an.

„Kein akzeptables Angebot, Ashleigh Murphy“, konterte er.

Sie verschränkte die Arme und setzte sich aufrecht hin. Jetzt konnte Lukas etwas mehr von ihrem schlanken Körper sehen, was ihm außerordentlich gut gefiel. Dabei wusste er, dass er eigentlich nicht hinsehen sollte.

In seinen vierunddreißig Lebensjahren war ihm noch keine Situation wie diese untergekommen. Und das, obwohl er in einem Haushalt mit jeder Menge Personal groß geworden war und auch etliche Angestellte in seinem Athener Anwesen beschäftigte.

„Im Hotel konnte ich nicht länger bleiben, und dann wollte ich auf das Sofa einer Freundin ausweichen, aber das hat leider nicht geklappt. London ist um diese Jahreszeit dermaßen teuer, ich habe einfach nichts gefunden, was ich mir leisten konnte. Außerdem bin ich für Ihren Haushalt eingeteilt worden, also dachte ich …“

„Also dachten Sie, Sie nutzen die Gelegenheit und ziehen bei mir ein?“

„Die Gelegenheit nutzen? Danach sieht es vielleicht auf den ersten Blick aus. Aber ich war wirklich verzweifelt. Ich hatte keine andere Wahl, als in einem Ihrer Gästezimmer zu schlafen oder … nach Hause zu fahren.“

„Und Ihr Zuhause ist wo?“

„Australien.“

Ihm war ihr leichter Akzent zwar aufgefallen, aber er hatte ihn nicht richtig einordnen können. Lukas runzelte die Stirn. „Nicht der schlechteste Ort um diese Jahreszeit.“

Ihre Augenlider flatterten. „Doch, jedenfalls wenn man gerade vor seiner eigenen Hochzeit geflohen ist. Wenn ich jetzt heimfahre, wird jeder glauben, ich wäre zurückgekommen, um … diesen Mann doch zu heiraten. Dabei habe ich festgestellt, dass ich ihn nicht liebe.“

Sie war eine Braut auf der Flucht? Darauf wusste Lukas nichts zu erwidern. Andererseits war es keine Entschuldigung für ihren Übergriff. „Sie können froh sein, wenn ich nicht die Polizei rufe.“

Ihre Augen wurden riesengroß. „Bitte tun Sie das nicht! Ich schwöre, ich habe nichts gestohlen. Außerdem habe ich hier viel mehr sauber gemacht, als ich sollte, um mir die Miete für das Zimmer sozusagen zu verdienen. Und bitte sagen Sie Clio von der Agentur nichts davon“, drängte sie. „Sie ahnt nicht, was ich hier mache. Und sie war so gut zu mir, da will ich sie nicht enttäuschen. Dazu kommt … nun ja, sie macht privat eine schwierige Phase durch. Da braucht sie nicht noch mehr Aufregung.“

Die Tatsache, dass sein ungebetener Hausgast sich mehr Gedanken um seine Chefin als um seine eigene Haut machte, stimmte Lukas etwas milder. Vielleicht war diese Frau einfach bloß jung und naiv.

„Dann schlage ich vor, Sie packen einfach Ihre Sachen und …“

„Ich habe nur einen Rucksack“, unterbrach sie ihn.

„Packen Sie Ihren Rucksack und verschwinden Sie aus meinem Haus!“

Betroffen biss sie sich auf die Unterlippe.

Dabei fiel Lukas auf, wie weich und voll ihre Lippen und wie perfekt ihre Zähne waren.

„Jetzt gleich?“, fragte sie zaghaft.

Ungeduldig tippte er mit der Fußspitze auf den Boden. „Ja, jetzt.“

„Aber …“ Sie brach ab und schlang die Arme fester um ihren Oberkörper.

Ein dunkler Teil von ihm wünschte sich, ihr vorzuschlagen, sie solle sofort aus der Wanne steigen – während er genau hier stehen blieb. Er wollte sich vergewissern, dass der Rest ihres Körpers genauso wohlgeformt war wie das, was er bisher gesehen hatte. Aber diesem animalischen Impuls würde er natürlich nicht nachgeben. Nicht nachdem er erlebt hatte, welche Konsequenzen die mangelnde Selbstkontrolle seines Vaters gehabt hatte. Dieser Mann war kopflos seinen Begierden gefolgt, und Lukas war dem dekadenten Lebensstil seiner Familie selbst fast zum Opfer gefallen.

Entschlossen zog er ein großes, graues Badehandtuch vom Handtuchwärmer und warf es in ihre Richtung. Sie reckte sich danach und gewährte Lukas so einen weiteren Blick auf ihre Brüste. Als es ihr bewusst wurde, ließ sie das Tuch zu Boden fallen und rutschte wieder tiefer in die Wanne. Ihre großen blauen Augen glänzten, so als würden sich jeden Moment Tränen daraus lösen.

Plötzlich wurde ihm bewusst, in was für einer verletzlichen Lage sie sich befand, und unwillkürlich wich er zwei Schritte zurück. Natürlich wollte er sie so schnell wie möglich aus dem Haus schaffen. Aber er war kein Mann, der einer Frau bewusst Angst einjagen wollte.

„Ziehen Sie sich an und kommen Sie zu mir in mein Arbeitszimmer, ehe Sie gehen“, befahl er knapp und verließ das Bad, ohne sich noch einmal umzudrehen.

Mit zitternden Händen trocknete Ashleigh sich ab. Ihre Begegnung mit Lukas Christophedes hatte sie gründlich durcheinandergebracht. Nicht nur, weil er sie dabei erwischt hatte, wie sie es sich widerrechtlich in seinem Multi-Millionen-Dollar-Haus gemütlich gemacht hatte. Auch seinetwegen. Denn einen Sekundenbruchteil, bevor sie geschrien hatte, war ihr sein geradezu erschreckend attraktives Aussehen aufgefallen.

Als australisches Mädchen aus der Provinz hatte sie denkbar wenig Erfahrung mit griechischen Milliardären. In ihrer Vorstellung waren sie alle grauhaarig, alt und übergewichtig – und in diesem Haus gab es keine einzige Fotografie von Mr. Christophedes, die sie eines Besseren belehrt hätte.

In Wahrheit sah Lukas Christophedes aus, als wäre er gerade einem Glamourmagazin entsprungen: groß, breitschultrig, dunkelhaarig und mit einem männlichen, markanten Gesicht gesegnet, das mehr als nur schön war. Aber seine braunen Augen hatten vor Wut gefunkelt, und seine sinnlichen Lippen hatte er zusammengepresst, als er Ashleigh in der Badewanne entdeckte.

Er hatte extrem grimmig ausgesehen. Aber trotzdem bildschön.

Wenigstens lief sie ihm nicht noch einmal über den Weg, als sie, nur in ein Handtuch gehüllt, über den Flur zu dem Gästezimmer eilte, das sie sich für ihren Aufenthalt ausgesucht hatte. Selbstverständlich hatte sie eine unumstößliche Regel gebrochen, indem sie sich im Haus eines Klienten der Maids in Chelsea eingenistet hatte. Auch wenn sie verzweifelt gewesen war … was für eine verrückte Idee!

Sie zog sich an, stopfte ihre wenigen Habseligkeiten in ihren Rucksack und überlegte, was sie gleich zu Lukas sagen sollte. Falls er wirklich die Polizei anrief, musste sie eine Anzeige befürchten. Man würde sie vielleicht sogar dazu zwingen, das Land zu verlassen. Und alles nur, weil ihre Freundin Sophie auf mysteriöse Weise genau in der Nacht verschwunden war, als Ashleigh sie fragen wollte, ob sie eventuell eine Weile auf ihrem Sofa campieren könnte.

Sie hatten gemeinsam auf einer exklusiven Party gekellnert. Und während Ashleigh mit einigen unausstehlichen Gästen beschäftigt gewesen war, die offenbar zu viel Champagner getrunken hatten, war Sophie einfach verschwunden. Erst am nächsten Tag war sie wiederaufgetaucht, mit einem rätselhaften Lächeln auf den Lippen, aber ohne Erklärung, wo sie gewesen war.

In der Zwischenzeit hatte Ashleigh handeln müssen. Und da war ihr dieses Stadthaus eingefallen, das sie während der nächsten zwei Monate sauber halten sollte. Eine leer stehende Luxusresidenz, die offenbar kaum genutzt wurde.

Weit nach Mitternacht hatte Ashleigh sich schließlich in Lukas Christophedes’ Haus geschlichen und sich ein Gästezimmer ausgesucht. Das kleinste von allen, mit einem angrenzenden Duschbad.

In der ersten Nacht hatte sie noch in ihren Kleidern auf der Tagesdecke geschlafen, voller Panik, in diesem fremden Haus erwischt zu werden. Aber jetzt, in der dritten Nacht, hatte sie sich selbst glaubhaft eingeredet, niemandem mit ihrer Anwesenheit zu schaden. Sie hatte ihr Gewissen damit beruhigt, dass es ohnehin eine Schande war, dieses schöne Haus unbewohnt zu lassen. Und sie hatte sich obendrein nützlich gemacht, indem sie mehr Arbeiten verrichtete, als ihr Vertrag vorschrieb.

Doch was sie auch tat, sie konnte ihr Gewissen nicht wirklich beruhigen. Die ganze Zeit über wusste sie, dass sie etwas Falsches tat. Wieso hatte sie sich nach der ersten Nacht keine andere Unterkunft gesucht? Dann wäre sie mit dieser Nummer vielleicht davongekommen.

Sie hatte Angst, Sophie unter die Augen zu treten. Ihrer Freundin seit Schulzeiten, die ihr auch den Job bei den Maids in Chelsea besorgt hatte. Ganz zu schweigen von Clio. Die charismatische Besitzerin der Agentur war ein gewisses Risiko eingegangen, als sie Ashleigh einstellte – eine unbekannte Australierin, die kaum etwas von Hausarbeit und Gastronomie verstand.

Seufzend schulterte Ashleigh ihren Rucksack. Er wog nicht viel, weil sie nach ihrer Flucht aus Australien eigentlich nur zwei Wochen in London hatte bleiben wollen. Aber die Stadt hatte ihr so gut gefallen, dass sie ihren Job daheim gekündigt hatte, um ihren Aufenthalt zu verlängern.

Maids in Chelsea bedeutete harte Arbeit, aber auch jede Menge Spaß. Sie war nicht nur mit Sophie befreundet, sondern auch mit zwei anderen Kolleginnen: der schicken Emma und der zurückhaltenden Grace. Ashleigh wollte lange genug in England bleiben, um ihrem ehemaligen Verlobten Dan und ihrer Familie klarzumachen, dass sie keinerlei Absichten hegte, nach Hause zu kommen und doch noch zu heiraten. Für sie war die Feier endgültig abgesagt, doch alle anderen schienen davon auszugehen, die Trauung wäre lediglich verschoben.

Manchmal hatte sie das Gefühl, ihre Familie würde sich mit Dan gegen sie verbünden. Dan ist wie ein Sohn für uns, wir mögen ihn einfach, sagte ihre Mutter immer über ihn. Und genau da lag das Problem, denn auch Ashleigh mochte ihn. Aber eben nicht mehr als das. Es war keine leidenschaftliche Liebe, die eine lebenslange Ehe rechtfertigen würde.

Das hatte sie auch ihren Eltern erklärt, als sie ihre eigene Hochzeit einen Monat vor dem Termin einfach absagte. Sie hatte Dan sogar den langweiligsten Mann der Welt genannt, um ihre schockierten Eltern von ihrer Entscheidung zu überzeugen.

Doch anstatt ihr zuzuhören und ihr Glauben zu schenken, hatte ihre Mutter diese Einwände als normale Nervosität einer Braut abgetan und die Hochzeitsvorbereitungen unerbittlich vorangetrieben. Ashleighs Vater hatte seiner Tochter bloß den Kopf getätschelt und behauptet, es wäre doch nichts dabei, wenn ein Mann langweilig sei. Das wäre gleichbedeutend mit „ruhig und verlässlich“.

Ashleigh war anderer Meinung. Wie konnte sie ihren Verwandten bloß deutlich machen, dass sie Dan niemals heiraten würde? Noch nie hatte sie Weihnachten getrennt von ihrer Familie verbracht, aber in diesem Jahr ging es nicht anders. Während eines Video-Chats mit ihrer Mum hatte Dan direkt neben ihrer Mutter gesessen und verliebt in die Kamera gestarrt. Das war schlicht zu viel gewesen.

Ashleigh fühlte sich von ihren Liebsten betrogen, deshalb hatte sie ihnen an den Kopf geworfen, sie wüsste gar nicht, ob sie überhaupt jemals nach Australien zurückkehren wollte.

Und jetzt war sie hier, an diesem kalten Dezemberabend, und stand wieder kurz davor, auf die Straße gesetzt zu werden. Im schlimmsten Fall würde sie diese Nacht in einer Gefängniszelle verbringen, wenn Lukas Christophedes seine Drohung wahrmachte.

Sie ging die Treppe nach oben. Den Fahrstuhl hatte sie nie benutzt, aus Angst, er könnte stecken bleiben. Das wäre eine Katastrophe gewesen, denn schließlich durfte sie gar nicht hier sein. Egal. Alles war trotzdem aufgeflogen.

Natürlich wusste Ashleigh, wo sich sein Arbeitszimmer befand. Immerhin hatte sie es gründlich entstaubt und den Teppich gesaugt. Wie alle anderen Räume in diesem wunderschönen Haus war es luxuriös eingerichtet, hatte sich aber dennoch den gemütlichen Charme einer traditionellen englischen Bibliothek bewahrt: deckenhohe Bücherregale an den Wänden und echte persische Teppiche auf dem Fußboden.

Die Tür stand offen. Lukas Christophedes saß an seinem Schreibtisch, und Ashleigh stockte der Atem, als sie erneut feststellte, wie gut er aussah. Er hatte sein Jackett abgelegt, und in dem weißen Hemd kam sein muskulöser Oberkörper noch viel besser zur Geltung. Die Ärmel hatte er hochgekrempelt, und sie bemerkte, wie gebräunt seine Unterarme waren. Und sein Haar sah aus, als hätte er es gerade erst mit beiden Händen verwuschelt. Echt süß!

Zum ersten Mal wirkte er nicht beängstigend auf sie. Bis sein Blick auf sie fiel, da kroch ihr ein kalter Schauer über den Rücken. Dieser Mann hatte sie in seiner Gewalt. Durch ihr törichtes Verhalten hatte sie sich ihm praktisch mit Haut und Haaren ausgeliefert. Es würde nicht einfach werden, sich aus dieser Situation zu befreien.

2. KAPITEL

Lukas starrte Ashleigh Murphy an, als diese zögernd sein Arbeitszimmer betrat. Und er strengte sich an, um sich seine Überraschung nicht ansehen zu lassen. Er hatte damit gerechnet, eine eher alternativ aussehende Backpackerin vor sich zu haben. Der Typ Frau, der mit Trekking-Sandalen um die Welt reiste und Jugendherbergen frequentierte. Solche Mädchen kannte er aus Griechenland zur Genüge. In seiner Studentenzeit war er ihnen oft genug beim Segeln und Feiern in den Fischerdörfern am Meer begegnet.

Damals, bevor ihn sein Verantwortungsbewusstsein am Kragen gepackt und dazu gezwungen hatte, das Familienunternehmen vor dem fürchterlichen Missmanagement seiner Eltern zu retten.

Auch Ashleigh Murphy trug zerschlissene Jeans und ein Sweatshirt von undefinierbarer Farbe, kombiniert mit lässigen Turnschuhen. Turnschuhe! Seine überkandidelte Mutter wäre bei diesem Anblick hysterisch geworden. Dass da tatsächlich jemand mit solchen Schuhen auf dem teuren Perserteppich der Bibliothek stand.

Doch trotz ihrer Aufmachung strahlte diese angebliche Haushaltshilfe eine Grazie aus, die Lukas fesselte.

Sie wirkte zierlicher als eben gerade in der Badewanne, und sie bewegte sich mit einer natürlichen Eleganz, die ihr ganz offensichtlich angeboren war. Ihr rötliches Haar fiel ihr locker um die Schultern. Es rahmte ihre hübschen Gesichtszüge ein, dieses zarte Gesicht mit den riesigen blauen Augen und den hohen Wangenknochen. Sie strahlte eine unnachahmliche klassische Schönheit aus.

Ihr Einbruch in seine Privatsphäre irritierte ihn noch immer. Aber gleichzeitig nahm eine Idee in seinem Verstand Gestalt an. Eine Idee, die für ihn und für sein Geschäft gleichermaßen einige Probleme lösen könnte. Seit seinem wichtigen Meeting im The Shard zerbrach er sich schon den Kopf darüber. Es ging um eine groß angelegte Expansion, die Lukas unbedingt erfolgreich in die Wege leiten wollte.

Doch zuerst musste er feststellen, ob Ashleigh Murphy überhaupt geeignet war für das, was er mit ihr vorhatte. Mit der richtigen Strategie könnte man ihren Look durchaus wirkungsvoll verändern. Aber er musste noch mehr über sie herausfinden, um zu sehen, ob sie den Herausforderungen gewachsen war.

Mit einer Handbewegung forderte er sie auf, ihm gegenüber Platz zu nehmen.

Sie stellte ihren Rucksack ab und setzte sich.

Dann ließ er sie erst einmal warten und gab ein paar Notizen in sein Tablet ein. Die hübsche Ashleigh saß währenddessen kerzengerade vor ihm und machte einen überraschend selbstsicheren Eindruck. Wenn da nicht ihre Hände gewesen wären, die sich um die Stuhllehne klammerten. In einer anderen Situation als dieser hätte er sich darum bemüht, dass sie sich entspannte. Aber er wollte sie ein wenig zappeln lassen.

„Ich muss entscheiden, wie ich darauf reagieren soll, dass sich eine fremde Person in meine Badewanne legt, anstatt sie nur sauber zu machen“, begann er mit strenger Stimme.

Sie wurde rot im Gesicht. „Dafür kann ich mich nicht oft genug entschuldigen. Und natürlich weiß ich, wie falsch das war, was ich getan habe“, fügte sie hinzu, und ihre Stimme klang aufrichtig.

„Wie lange hatten Sie geplant, in meinem Haus zu wohnen?“

„Nur noch heute Nacht. Danach …“

„Sie meinen wohl eher, Sie hätten es so lange ausgenutzt, wie Sie gekonnt hätten?“, unterbrach er sie.

„Nein!“

Lukas antwortete nicht. Manchmal erreichte man mit Schweigen mehr als mit Worten.

„Na gut, ich wäre wahrscheinlich hier geblieben, bis ich etwas anderes gefunden habe. Jeden Tag kann die Geldanweisung von zu Hause kommen, und dann miete ich mich irgendwo ein. Ich arbeite noch nicht lange genug für Maids in Chelsea, um genügend Geld für eine Unterkunft zu haben.“

Sie wirkte zwar nicht wie eine gewöhnliche Backpackerin, aber offenbar war sie pleite.

Nicht schlecht für sein Vorhaben.

„Was für ein Visum haben Sie eigentlich?“, wollte er wissen.

„Ich brauche kein Visum. Mein Vater ist Engländer.“

„Und trotzdem leben Sie in Australien?“

„Meine Großeltern sind vor vielen Jahren zusammen mit meinem Vater ausgewandert. Als ich ein Teenager war, haben wir allerdings für zwei Jahre in Manchester gewohnt, weil mein Vater hier seine Habilitation geschrieben hat.“

„Dann ist er Akademiker?“

„Er ist Rektor an einer Schule in Queensland, wo wir auch leben“, erklärte sie.

„Und Ihre Mutter?“

„Sie ist Lehrerin.“ Nachdenklich legte sie den Kopf schief. „Mir ist allerdings nicht ganz klar, was das mit dieser Sache hier zu tun hat.“

„Es interessiert mich bloß“, sagte er. Sie interessierte ihn.

Ashleigh biss sich auf die Lippen, als wollte sie sich eine Antwort darauf verkneifen.

„Haben Sie schon immer als Haushaltshilfe gearbeitet?“, erkundigte er sich.

„Nein, selbstverständlich nicht“, widersprach sie sofort. „Natürlich ist nichts Falsches daran, damit sein Geld zu verdienen. Ich halte mich selbst sogar für eine richtig gute Haushaltshilfe. Und für eine patente Kellnerin und Gastgeberin – all das habe ich ja hier in London gelernt. Aber mein richtiger Job ist das ja nicht. Ich habe einen Abschluss in Buchhaltung von der Universität in Queensland.“

„Sie haben …?“

Sie hob eine Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen. „Sagen Sie es bitte nicht! Wenn ich für jedes Mal einen Dollar bekäme, sobald mir jemand sagt: Sie sehen gar nicht aus wie eine Buchhalterin … ich wäre mittlerweile eine reiche Frau.“

Lukas musste sich ein Lachen verkneifen. Sie hatte exakt seine Worte vorausgeahnt. Es machte sie nur noch interessanter, dass ihr Beruf so gar nicht zu ihrem unkonventionellen Auftreten passte.

„Sie verwalten hauptberuflich Gelder, und trotzdem stranden Sie obdachlos und pleite in dieser großen, grausamen Stadt?“, wunderte er sich.

„Die genaueren Umstände befanden sich außerhalb meiner Kontrolle“, verteidigte sie sich umständlich und sah zur Seite.

„Hat man Ihnen nicht beigebracht, die Wahrheit zu sagen?“

Wütend starrte sie ihn an. „Das tue ich doch!“

„Ich könnte Sie jetzt darum bitten, mir den Inhalt Ihres Rucksacks zu zeigen.“

„Um zu überprüfen, ob ich etwas gestohlen habe?“ Sie zuckte mit den Schultern. „Los, machen Sie ruhig! Ich habe nichts zu verbergen. Aber wenn Sie mich zu einer Leibesvisitation zwingen wollen, rufe ich die Polizei.“

Lukas schaffte es nicht, ihren Blick zu erwidern. Er hatte diese ganze Situation schon zu weit getrieben und fühlte sich nicht ganz wohl dabei. Außerdem wollte er ihre Sachen gar nicht durchwühlen. Und die Vorstellung einer Leibesvisitation … war zwar extrem reizvoll, aber gleichzeitig ungehörig. Und diese Art Mann war er nicht!

„Mir reicht Ihr Ehrenwort“, murmelte er, und sie nickte mit verkniffener Miene.

Einer der Gründe, weshalb es ihm gelungen war, das eigene Familienunternehmen vor dem Bankrott zu bewahren und in ein Erfolgsmodell zu verwandeln, war seine unbeirrbare Menschenkenntnis. Und sein Instinkt verriet ihm, dass diese junge Frau zwar leichtsinnig, aber keinesfalls unehrlich war.

„Darüber hinaus ist mir bekannt, wie gründlich die Agentur Maids in Chelsea die Referenzen ihrer Angestellten überprüft“, fuhr er umständlich fort. „Ich nehme an, das galt auch für Sie.“

Sie verdrehte die Augen. „Ich bin jedenfalls nicht vorbestraft, oder so, falls Sie das meinen. Ich habe einfach nur eine vorübergehende Unterkunft gesucht …“

Er sah auf seinen Computerbildschirm. „Ich habe mal ausgerechnet, was es Sie drei Nächte in einem Hotel mit vergleichbarem Komfort gekostet hätte.“ Die Summe, die er ihr nannte, ließ sie nach Luft schnappen. „Sie schulden mir also etwas.“

Autor

Kandy Shepherd
<p>Kandy Shepherd liebte das Schreiben schon immer. Um ihrer Leidenschaft auch beruflich nachzukommen, wandte sie sich dem Journalismus zu, arbeitete für angesehene Frauenmagazine und machte sich in dieser Branche als Redakteurin schnell einen Namen. Sie mochte ihren Job – doch noch lieber wollte sie Geschichten schreiben! Also ließ sie den...
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