Der sinnliche Plan des Milliardärs

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Ihr Sex-Appeal ist überwältigend, weshalb Chase Hargrove heiß mit Haley flirtet! Aber auch, weil sie bei Black Crescent arbeitet. Chase hat sich geschworen, einen Spitzenjob in dieser Firma zu bekommen, um die Manager zu vernichten, die seine Eltern ruiniert haben. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis ihm das mit Haleys Einfluss gelingt. Doch er hat nicht mit der Leidenschaft gerechnet, die zwischen ihnen aufflammt! Um jeden Preis muss er Haley seinen finsteren Racheplan verheimlichen. Denn sie würde ihm niemals verzeihen …


  • Erscheinungstag 28.09.2021
  • Bandnummer 2205
  • ISBN / Artikelnummer 9783751503860
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Auf der Suche nach ihrem verflixten gelben Textmarker kramte Haley Shaw zwischen unzähligen Geschenkschachteln, Blumensträußen und Kartons mit Cupcakes und anderen Süßigkeiten.

„Was für ein Anblick.“

Diese tiefe Stimme war ihr nur allzu bekannt … und wie immer verfehlte sie nicht ihre erregende Wirkung.

Haley drehte sich um – und da stand er und schenkte ihr sein atemberaubendes Lächeln. Chase Hargrove setzte alles daran, der nächste CEO des Black Crescent Hedgefonds zu werden. Die erfolgreiche Firma hatte einiges durchgemacht, doch Haley war Black Crescent immer treu geblieben. Das war einer der Gründe, warum sie jetzt nicht nur mit Bewerbungen, sondern auch mit Bestechungsgeschenken geradezu überflutet wurde. Normalerweise sah ihr Arbeitsplatz viel ordentlicher aus.

„Ich nehme an, Sie meinen die Blumen und Geschenke und nicht die Tatsache, dass ich Ihnen in gebückter Haltung meine Kehrseite zugewandt habe“, sagte Haley und strich ihr schlichtes taubengraues Etuikleid glatt.

Chase’ dunkelbraune Augen funkelten. „Natürlich.“

Natürlich. Doch sein zweideutiges Lächeln verriet ihn, auch wenn Haley den Eindruck hatte, dass ein so einflussreicher Mann wie Chase seine Gefühle meistens für sich behielt. Er spielte sein eigenes Spiel und wollte sie aus dem Konzept bringen. Nun, wenn er ihre Aufmerksamkeit wollte, brauchte es ein bisschen mehr als harmloses Flirten.

Haley war stolz auf ihre Professionalität. Sie hatte hart arbeiten und viele Hürden nehmen müssen, um ihre derzeitige Position zu erreichen. Böse Zungen würden vielleicht behaupten, sie sei nur eine Assistentin, aber innerhalb von Black Crescent konnte sie mitentscheiden, und wenn es um ihre Pflichten ging, ließ sie sich nie von ihren Gefühlen hinreißen. Oder von einem Mann.

Nicht einmal von einem wahnsinnig heißen Mann, der im Rennen um die begehrte Stelle des CEO ziemlich weit vorn lag und eventuell ihr neuer Boss werden würde.

„Haben Sie einen Termin?“, fragte sie, obwohl sie genau wusste, dass er keinen hatte.

Seit ein paar Wochen tauchte Chase immer wieder in der Firma auf. Genauer gesagt, seit Joshua Lowell bei einer Pressekonferenz angekündigt hatte, dass er als CEO zurücktreten wolle und der Posten neu besetzt werden müsse. Chase hatte beeindruckende Bewerbungsunterlagen eingereicht und vor ein paar Wochen sein erstes Vorstellungsgespräch gehabt. Zwar hatten sie zunächst Ryan Hathaway den Job angeboten, doch Ryan hatte sich dagegen entschieden. Also ging die Suche weiter, und Chase wanderte auf der Liste der Kandidaten weiter nach oben. Er wollte diesen Job – und glaubte offensichtlich, es würde helfen, Haley auf seiner Seite zu haben.

Gegen eine kurze Affäre hatte sie zwar generell nichts einzuwenden, aber sie musste wirklich ihre Arbeit erledigen, und solange Chase vor ihr stand und sie förmlich mit Blicken auszog, konnte sie sich kaum auf etwas anderes konzentrieren.

Selbst wenn er nur wegen des Jobs hier war, verbrachte er doch den Großteil seiner Zeit damit, mit ihr zu flirten.

Haley war Joshua Lowells rechte Hand, deswegen nahmen alle an, dass sie das letzte Wort hatte, wenn es darum ging, wer der nächste CEO wurde. Sie musste zugeben, dass sie die viele Aufmerksamkeit genoss. Wer konnte schon lange wütend sein, wenn er ständig mit Cupcakes, Blumen und Schokolade beliefert wurde?

„Ich habe tatsächlich einen Termin“, erklärte Chase und schenkte ihr sein umwerfendes Lächeln. „Mit Ihnen.“

Verwirrt verschränkte Haley die Arme vor der Brust.

„Mit mir?“

„Wir sind zum Mittagessen verabredet.“

Oh, er war ja wirklich ein ganz Schlauer. Dachte er allen Ernstes, dass er einfach hier aufkreuzen und sie um den kleinen Finger wickeln konnte? Und dass sie alles stehen und liegen lassen und brav mit ihm auf ein Date gehen würde? Offensichtlich hatte er keine Ahnung von Frauen … oder zumindest von dieser Frau hier. Nichts konnte Haley von ihrer Arbeit abhalten. Zumindest war das so gewesen, bis er auftauchte.

„Dafür habe ich keine Zeit.“ In dem Versuch, das Chaos zu überblicken, hob sie verschiedene Blumenvasen von ihrem Schreibtisch. „Aber ich wünsche Ihnen viel Spaß.“

„Was suchen Sie denn?“ Anscheinend hatte er es nicht eilig zu gehen.

„Meinen Textmarker“, erklärte sie. „Ständig bekomme ich neue Geschenke geliefert, und langsam geht mir der Platz aus für die Dinge, die ich tatsächlich brauche. Normalerweise liegt alles an seinem Platz, aber jetzt …“

Frustriert warf sie die Hände in die Luft. Wie hatte es nur so schnell zu solch einer Unordnung kommen können?

„Auf dem Weg zum Lunch können wir beim Schreibwarenladen anhalten und Ihnen so viele Textmarker besorgen, wie Sie möchten“, schlug Chase vor. „Ich lade Sie ein.“

Haley blickte auf. Konnten die Schmetterlinge in ihrem Bauch nicht mal eine Pause einlegen? Er war bloß ein heißer Typ, der ihr ein bisschen Aufmerksamkeit und ein paar Stifte anbot.

Okay, seine breiten Schultern mochten das schwarze Jackett perfekt ausfüllen – na und? Was machte es schon, dass sein Haar so kunstvoll zerzaust aussah, als sei er gerade erst aus dem Bett gestiegen? In ihrem Bett hatte er nichts zu suchen, also konnte sie sich solche Fantasien auch sparen.

Haley hatte wichtige Dinge zu erledigen. Und sich von einem Mann ablenken zu lassen, der sich nicht für sie interessierte, sondern nur dafür, was sie alles für ihn tun konnte, gehörte nicht dazu.

Als ihr Telefon klingelte, seufzte sie.

„Wenn Sie mich entschuldigen würden? Ich muss zurück an die Arbeit.“

Das Telefonat dauerte nur kurz, und als sie wieder aufblickte, stellte Haley zu ihrer Überraschung fest, dass Chase Hargrove tatsächlich gegangen war. Aber es gab keinen Zweifel, dass er wiederkommen würde. Ein Mann wie er gab niemals auf.

Mit seiner Überraschung in der Hand betrat Chase zum zweiten Mal an diesem Morgen das Firmengebäude des Black Crescent Hedgefonds. Er war beflügelt von einer Mischung aus Entschlossenheit und Rachlust, und eine bloße Zurückweisung konnte daran nichts ändern.

Egal, wie oft er hier auftauchen musste, um mit ihr zu flirten oder alberne Bestechungsgeschenke zu machen, er würde es tun. Das alles war nicht halb so demütigend wie das, was Vernon Lowell seiner Familie angetan hatte.

Vor fünfzehn Jahren hatte dieser hinterhältige Bastard ein Millionenvermögen in den Sand gesetzt und sich dann aus dem Staub gemacht. Chase würde niemals vergessen, was sein Vater durchgemacht hatte, nachdem Lowell ihm einen Teil der Schuld in die Schuhe geschoben hatte.

Vernon hatte eine offensichtliche Spur gelegt, und an seiner Stelle hatte Chase’ Vater ein paar Jahre im Gefängnis abgesessen.

Da man Vernon niemals geschnappt hatte, witterte Chase jetzt seine Chance, selbst für Gerechtigkeit zu sorgen. Vernons Sohn Joshua war nun bei Black Crescent am Ruder, und der war auch nicht ganz unschuldig an allem, was geschehen war.

Dass sein Racheplan so angenehme Vorteile mit sich bringen würde, damit hatte Chase allerdings nicht gerechnet. Haley Shaws Anblick war definitiv ein Bonus bei der ganzen Sache. Etwas an ihrer direkten Art wirkte herausfordernd auf ihn … weshalb es ihn auch nicht störte, dass sie ihn dabei erwischt hatte, wie er ihr auf den Hintern starrte.

Er war kein Mistkerl, der Frauen ausnutzte. Er respektierte sie, aber er musste auch zugeben, dass er anders vorgehen würde, wenn Haleys Posten von einem Mann besetzt wäre.

Als er durch die große Glastür trat, nickte er der Rezeptionistin zu. Dann ging er zu den Aufzügen. Schon bald würde das alles ihm gehören. Er hatte gute Referenzen und war mehr als bereit, die Position des CEO zu übernehmen. Wenn das nicht klappte, dann hatte er immer noch genügend Einblick in die Abläufe hinter den Kulissen bekommen, um seinen großen Enthüllungsbericht zu schreiben, der Black Crescent in die Knie zwingen würde. Nichts anderes hatte die Firma verdient. Und Haley würde ihm unfreiwillig dabei helfen.

Den Job brauchte Chase nicht wirklich. Das Geld hatte er nicht nötig, aber es wäre ganz nett, einen weiteren Hedgefonds in seinem Portfolio zu haben.

Oben angekommen, trat er aus dem Aufzug und ging auf Haleys runden Schreibtisch zu. Augenblicklich schlug ihm wieder der betörende Duft der vielen Blumen entgegen. Es überraschte ihn nicht, dass so viele Bewerber sich gut mit Haley stellen wollten, aber sie waren wirklich erschreckend unkreativ. Pralinen? Viel zu große Blumensträuße? Cupcakes aus der örtlichen Bäckerei? Also bitte. Das war langweilig und amateurhaft.

Haley stand mit dem Rücken zu ihm, hatte einen Stapel Dokumente in der Hand und murmelte vor sich hin. Er fand es verdammt attraktiv, dass sie sich so in ihrer Arbeit verlieren konnte, aber er war nicht hier, um sie zu verführen. So schade das auch war. Unter anderen Umständen hätte er Haley gern in seinem Bett gehabt. Sie hatte Stil, war klug und selbstbewusst … und ihr Sex-Appeal war geradezu berauschend.

Schnell verdrängte er diese lustvollen Gedanken und klopfte mit den Fingerknöcheln auf ihren Schreibtisch. Erschrocken blickte Haley über die Schulter. Ihr blondes Haar umrahmte ihr Gesicht.

„Schon wieder zurück?“, fragte sie und hob die Augenbrauen.

Verdammt, warum musste er ihren Sarkasmus so charmant finden? Diese Herausforderung war alles andere als langweilig. Tatsächlich freute er sich jedes Mal wieder auf diese Wortgefechte mit Haley.

Er hielt sein Geschenk hoch. „Ich habe Ihnen etwas mitgebracht.“

Nun drehte sie sich vollends um und warf einen Blick auf das, was er in der Hand hielt. „Im Ernst?“ Lachend kam sie hinter ihrem Schreibtisch hervor. „Ist das ein ganzer Strauß aus Textmarkern?“

Er überreichte ihr das Geschenk. „Sie konnten Ihren nicht finden, und ich dachte mir, Blumen und Cupcakes haben Sie schon genug.“

Ihr strahlendes Lächeln entfachte ein Feuer tief in seinem Innern. Ihre natürliche Schönheit und ihr schnörkelloser Stil gefielen ihm, und das war eine Seite an ihm, die er lieber unterdrückt hätte. Schließlich verfolgte er andere Absichten.

Doch Lust und Verlangen ließen sich nicht so einfach ignorieren. Er konnte nichts daran ändern, dass er sich geradezu magisch zu ihr hingezogen fühlte, und fragte sich, ob Haley auch spüren konnte, wie heftig es zwischen ihnen knisterte.

„Nicht schlecht“, lobte sie, und ihr Lächeln wurde breiter. „Sie können um die Ecke denken, das bewundere ich.“

Chase steckte die Hände in die Taschen. „Ist das so bewundernswert, dass Sie mit mir zum Lunch gehen? Sie haben doch eine Mittagspause, oder?“

„Allerdings, ja. Die habe ich. Aber ich verbringe sie nicht mit Ihnen. Ich bin schon verabredet.“

„Sagen Sie ab.“

Sie neigte den Kopf zur Seite. „Sind Sie immer so herrisch?“

„Nur wenn ich etwas wirklich will.“

Und da war es. So schnell wie das Verlangen in Haleys Blick aufblitzte, war es auch schon wieder verschwunden. Soso. Wenn Chase hartnäckig blieb, hatte er am Ende vielleicht nicht nur den Job in der Tasche, sondern auch eine prickelnde Affäre. Eine Win-win-Situation.

Haley gab nach. „Na schön. Ich gehe mit Ihnen zum Mittagessen, aber wir reden nicht über Geschäftliches.“

Gar kein Problem. Chase würde sie aushorchen, ohne dass sie etwas davon merkte. Er war nicht so weit gekommen und hatte nicht so viele Milliarden verdient, ohne sich dabei eine fantastische Menschenkenntnis anzueignen.

Außerdem hatte er die erste Hürde schon genommen – ausgerechnet mit einem Strauß von Textmarkern. Chase war sich sicher, dass Haley ihm ein paar äußerst pikante Dinge über Black Crescent verraten würde, ohne dass sie eine Ahnung hatte, was gerade geschah.

„Gehen Sie voraus“, sagte er und wies zur Tür.

Sein Blick ruhte auf ihren sich wiegenden Hüften, und wieder musste er sich ins Gedächtnis rufen, dass er hier war, um Rache zu üben. Und nicht, um herauszufinden, wie schnell er sie aus ihrem hautengen Kleid bekommen konnte.

Nur die Zeit würde zeigen, wer von ihnen beiden bei ihrem Spielchen der Sieger sein würde … Aber Chase hatte nicht vor, dabei zu verlieren.

2. KAPITEL

Haley nickte dem Concierge freundlich zu, der ihr und Chase die Tür aufhielt. Für ein Mittagessen mit einem nahezu Fremden war das Restaurant ein bisschen zu schick, aber Chase hatte es ausgesucht, und Haley mochte den italienischen Salat, den sie hier servierten.

„Willkommen zurück, Mr. Hargrove“, begrüßte man sie mit einem Lächeln. „Wir haben Ihren üblichen Tisch für Sie vorbereitet.“

Um sich einen Kommentar zu verkneifen, biss Haley sich auf die Lippe. Sie folgte Chase zu einem Tisch für zwei Personen in einer ruhigen Ecke. Von hier aus hatte man eine wundervolle Aussicht auf New York City, die Haley besonders gern genoss, wenn sie in diesem Restaurant zu Abend aß.

Als sie allein waren, fragte Haley: „Also, Mr. Hargrove, wie viele Frauen haben Sie schon hierher mitgebracht?“

„Bitte sagen Sie Chase“, korrigierte er sie mit einem charmanten Lächeln. „Und es waren nicht viele.“

„Trotzdem haben Sie Ihren üblichen Tisch bekommen, und ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Mann wie Sie allein herkommt.“ Sie atmete tief durch und sah ihm direkt in die Augen. „Chase.“

Sobald sie seinen Namen aussprach, blieb sein Blick an ihren Lippen hängen, und Haley wünschte sich, sie wäre beim Nachnamen geblieben. Es sah ihr überhaupt nicht ähnlich, dass sie beim bloßen Anblick eines Mannes so nervös wurde, aber es war schon lange her, dass ein Mann sie mit so feurigem, alles verzehrendem Verlangen angeschaut hatte.

Vielleicht hatte sie in letzter Zeit zu viel gearbeitet und sollte mal wieder auf ein Date gehen. Sobald sie einen neuen CEO gefunden hatten, würde Haley sich wieder auf ihr Privatleben konzentrieren. Aber ganz sicher nicht mit Chase Hargrove an ihrer Seite.

Ohne Zweifel war er die Sorte Mann, der hübsche Dinge zu schätzen wusste, immer eine sexy Frau an seinem Arm hatte und erwartete, dass alles nach seinem Willen lief. In den vielen Jahren in diesem Geschäft hatte Haley genug Männer wie ihn gesehen und wusste, was er wollte. Sie war definitiv nicht sein Typ.

Nein, der einzige Grund, warum Chase mit ihr flirtete und sich so viel Mühe gab, war, dass er den Topjob bei Black Crescent haben wollte. Haley war nicht naiv, aber wenn er sich damit besser fühlte, würde sie sein kleines Spielchen mitspielen.

Hey, immerhin hatte sie jetzt schon neue Textmarker und ein Mittagessen abgestaubt, also war die Sache nicht ganz umsonst. Außerdem war Chase ein ziemlich hübscher Anblick.

„Erstens bin ich selbstbewusst genug, um auch mal allein zu essen. Und zweitens, ja, ich habe schon Freunde und Bekannte oder auch mal ein Date hierher mitgebracht.“

„Und zu welcher dieser Kategorien zähle ich?“, fragte Haley und strich die Serviette auf ihrem Schoß glatt.

Der Blick aus seinen dunklen Augen konnte eine Frau glatt dazu bringen, zu vergessen, mit wem sie es hier zu tun hatte. Doch obwohl ihre Familie sie jahrelang wie ein Dummchen behandelt hatte, wusste Haley es besser.

Sie hatte sich ihre Position hart erkämpft, völlig ohne Unterstützung ihrer Eltern. Die Arbeit als persönliche Assistentin war nicht leicht, aber oft übersah man Haley, weil sie meistens hinter den Kulissen agierte. Josh jedoch wusste zu schätzen, was sie tat. Ab und zu gerieten sie zwar mal aneinander, aber er behandelte sie immer respektvoll.

Jetzt arbeiteten sie gemeinsam daran, den perfekten neuen CEO zu finden, der Black Crescent in eine erfolgreiche Zukunft führen konnte.

Haley war stolz darauf, treu und hingebungsvoll für eine Firma tätig zu sein, die nach einem der größten Skandale, den diese Stadt jemals erlebt hatte, aus der Asche wiederauferstanden war.

Sie war zwar nur auf einer staatlichen Uni gewesen, aber ihr Abschluss war deshalb nicht weniger wert als der ihres Bruders, der eine Elitehochschule besucht hatte.

„Zu welcher Kategorie möchten Sie denn zählen?“, gab Chase zurück.

Haley schürzte nachdenklich die Lippen, doch zum Glück kam der Kellner vorbei, bevor sie antworten konnte. Selbstverständlich kannte Chase den Mann persönlich, scherzte mit ihm und fragte nach, wie die Arbeit lief. Entweder war Chase hier Stammkunde … oder das Restaurant gehörte ihm sogar.

Josh vertraute darauf, dass Haley die Dinge wahrnahm, die er übersah. Allison Randall, die Headhunterin, die die Topkandidaten vorgeschlagen hatte, hatte ihre Lebensläufe auf Herz und Nieren überprüft. Alles war perfekt.

Zu perfekt? Haley nahm sich vor, ein bisschen in Chase’ Vergangenheit herumzuschnüffeln. Natürlich hatte er einen fantastischen Lebenslauf und die besten Zeugnisse, aber sie wollte mehr über ihn wissen. Sie wollte seine persönliche Seite kennenlernen, die er bisher vor ihr verborgen hatte.

Sie glaubte nicht, dass Chase sich so viel Mühe machte, nur weil er CEO von Black Crescent werden wollte. Und ganz sicher lag ihm auch nichts an einer Beziehung mit ihr – oder daran, sie bloß ins Bett zu bekommen.

Sie bestellten ihre Getränke, doch bevor sie die Unterhaltung wieder aufnehmen konnten, klingelte Haleys Handy. Sie nahm es aus der Handtasche, warf einen Blick auf das Display und schenkte Chase ein reumütiges Lächeln.

„Da muss ich rangehen.“

Chase nickte. „Die Arbeit steht an erster Stelle.“

Tatsächlich ging es nicht um ihre Arbeit, und Privatsphäre brauchte sie für dieses Gespräch auch nicht unbedingt, also blieb Haley einfach am Tisch sitzen.

„Marcus“, sagte sie. „Ich wollte dich heute Nachmittag anrufen.“

„Ich wollte dir nur ein Update zu unserer Finanzierung geben“, berichtete Marcus, Haleys rechte Hand. „Der neueste Förderer hat beschlossen, seine Spende zu verdoppeln.“

Haley schnappte nach Luft. „Ist das dein Ernst?“

Ihr entging nicht, dass Chase sie genau beobachtete und geradezu an ihren Lippen hing. Zum Glück hatte dieser Anruf rein gar nichts mit Black Crescent zu tun, sondern mit Haleys Wohltätigkeitsorganisation, die ihr sehr am Herzen lag.

„Mein voller Ernst“, antwortete Marcus. „Das bedeutet, dass wir sieben weitere Kinder in die Stiftung aufnehmen können.“

Erleichtert atmete Haley auf und schloss kurz die Augen. Es war ihr schwergefallen, aus den Bewerbungen Kandidaten auszusuchen, die sie unterstützen wollten, und jetzt brauchte sie diese schwere Entscheidung nicht mehr zu treffen. Das waren fantastische Neuigkeiten! Ihre Organisation „Tomorrow’s Leaders“ half Teenagern, die ohne finanzielle Unterstützung nicht aufs College gehen konnten. Nicht jeder konnte es sich leisten, für die Studiengebühren einen Kredit aufzunehmen, und auch diese Kinder verdienten eine gute Ausbildung als solides Fundament für ihren Start in die Zukunft. Dabei half Haley ihnen nur zu gern.

Sie selbst war eines dieser Kinder gewesen. Ihre Eltern hatten sich jeden Cent vom Mund abgespart, um ihren älteren Bruder nach Harvard schicken zu können, doch danach waren die finanziellen Möglichkeiten der Familie erschöpft. Vielleicht hatten sie gehofft, er würde ein Staranwalt oder gefeierter Chirurg werden … So genau wusste sie das nicht. An Haley hatten sie jedenfalls geringere Erwartungen und dachten, ihre Tochter sei mit einem Highschool-Abschluss gut genug dran. Also hatte Haley sich den Rücken krumm geschuftet, um aufs Community College zu gehen, und ihr Studium als Jahrgangsbeste abgeschlossen. Ganz ohne Hilfe.

„Heute Abend schaue ich mir die Unterlagen noch mal an“, versicherte sie Marcus. „Ich kann dir gar nicht sagen, wie toll ich es finde, dass wir noch mehr Kinder aufnehmen können.“

„Ich wusste, du würdest dich freuen! Deswegen wollte ich auch direkt anrufen. Ich hoffe, ich störe nicht?“

Wieder blickte sie hinüber zu Chase. Er machte sich nicht mal die Mühe, zu verbergen, dass er sie anstarrte.

„Nein, schon okay“, sagte sie. „Ich rufe dich heute Abend zurück, dann können wir entscheiden, welche Kandidaten es werden.“

Haley steckte das Handy wieder in die Tasche.

„Um welche Kinder geht es denn?“, fragte Chase.

Sie lächelte. „Eigentlich sind es Teenager, aber ich bin mittlerweile vierunddreißig. Für mich sind sie Kinder.“

„Also arbeiten Sie viel mit Teenagern?“ Er klang überrascht und, wenn sie das richtig interpretierte, beeindruckt.

„Schon seit einigen Jahren.“ Und Haley war stolz auf ihre Arbeit. „Ich habe ,Tomorrow’s Leaders‘ gegründet, eine Organisation, die Schülern aus finanziell schwachen Familien dabei hilft, aufs College zu kommen. Einen Kredit für die Studiengebühren will sich nicht jeder ans Bein binden, und nicht alle Kinder können ein Stipendium bekommen.“

Chase hörte aufmerksam zu und wandte den Blick nicht von ihr. Nur wenige Menschen wussten, was Haley in ihrer Freizeit tat. Natürlich war sie stolz auf die Organisation, die sie selbst gegründet hatte, aber sie prahlte nicht gern. Außerdem hatte sie mit ihrem stressigen Job und der ehrenamtlichen Arbeit sowieso nur wenig Zeit für ein Privatleben.

„Beeindruckend.“ Chase lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Sie sind eine viel beschäftigte Frau.“

„Deswegen verbringe ich die Mittagspause ja auch so oft am Schreibtisch“, entgegnete sie.

„Dann bin ich umso glücklicher, dass ich Sie losgeeist habe.“

Chase lächelte, und sofort erwachten die Schmetterlinge in Haleys Bauch flatternd zum Leben. Der Mann war wirklich gefährlicher, als sie angenommen hatte. Sie musste auf der Hut sein, wenn es um ihn ging.

„Wie lange machen Sie diese ehrenamtliche Arbeit schon?“

Mit ihren Kollegen sprach Haley nicht über ihr Projekt – und mit ihrer Familie schon gar nicht. Sie sahen sich ja kaum. Daher freute sie sich umso mehr, wenn sie Gelegenheit dazu hatte.

Vielleicht würde Chase ja sogar beschließen, die Organisation zu unterstützen?

„Seit zwölf Jahren“, erklärte sie. „Direkt nach dem Studium habe ich angefangen, Geldgeber an Bord zu holen und die Organisation auf die Beine zu stellen. Im ersten Jahr konnten wir genau einen Schüler fördern, aber das war schon mal besser als nichts. Ich war entschlossen, weiterzumachen, selbst wenn ich pro Jahr nur eine Person aufs College schicken konnte.“

Fest ruhte Chase’ Blick auf ihr. Dann lehnte er sich vor und stützte die Unterarme auf die weiße Tischdecke.

„Weshalb brennen Sie so für dieses Projekt? Sie hatten doch selbst eine gute Ausbildung.“

„Die hatte ich. Aber hier geht es nicht um meine persönliche Vergangenheit.“

Ihre Beweggründe für die ehrenamtliche Tätigkeit waren nicht gerade ihr Lieblingsthema. Es wäre ihr zuwider, wenn jemand auf den Gedanken käme, dass sie sich nur aus Selbstmitleid engagierte. Sie sah nicht mit Bedauern auf ihre Kindheit oder Studienzeit zurück. Ohne diese schweren Erfahrungen wäre sie nicht die starke Karrierefrau, die sie heute war, und hätte ,Tomorrow’s Leaders‘ nicht ins Leben gerufen. Vielleicht hatten ihre Eltern ihr so gesehen sogar einen Gefallen getan.

Außerdem verfolgte Chase noch immer seine eigene Agenda, und sie wollte ihm keinen Einblick in ihr Privatleben geben. Das hier war nur ein Mittagessen mit einem Fremden. Wenn er vorhatte, sie zu verführen – nun, das war etwas ganz anderes, worüber sie nachdenken musste.

„Vielleicht ist das ja ein Thema für unser zweites Date“, erklärte er lächelnd.

Haley lachte. „Das hier ist doch kein Date.“

„Nicht? Daran sollten wir schleunigst etwas ändern.“ Chase legte die Hand um sein Wasserglas und neigte den Kopf. „Freitagabend, acht Uhr. Ich schicke einen Wagen, der Sie abholt.“

Einen Augenblick lang starrte Haley ihn bloß an, bevor sie in Gelächter ausbrach. „Funktioniert das normalerweise? Dass Sie einfach ein Date verlangen?“

Er zuckte mit den Schultern. „Haben Sie denn schon was anderes vor?“

„Mein Privatleben geht Sie nichts an.“

„Und trotzdem haben Sie mir so leidenschaftlich von Ihrer Wohltätigkeitsorganisation erzählt“, entgegnete er. „Ich finde, das ist etwas ziemlich Persönliches.“

„Vielleicht habe ich es ja nur darauf abgesehen, dass Sie etwas spenden.“

Ein Lächeln umspielte seine Lippen. Gut, dass er es sich verkniff. Haley wollte ihre fünf Sinne beisammenhalten.

„Hunderttausend Dollar.“

„Wie bitte?“, fragte sie.

Autor

Jules Bennett
<p>Jules Bennett, die ihren Jugendfreund geheiratet hat, ist Mutter von zwei Mädchen – und, natürlich, Autorin. Voller Tatkraft managt sie ihr Leben. Wenn sie sich erst einmal ein Ziel gesetzt hat, hält nichts sie davon ab, es zu erreichen. Davon kann ihr Mann ein Lied singen. Jules Bennet lebt im...
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