Gefangen im Schloss des dunklen Prinzen

– oder –

Im Abonnement bestellen
 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Um ihren Vater zu retten, bittet die schöne Belle seinen Entführer, sie gegen ihn auszutauschen. Als Prinz Adam Katsaros zustimmt und Belle mit auf sein Schloss nimmt, gerät sie in Panik. Der Grund? Obwohl sie vergeben ist, weckt Adams dunkle Aura in ihr ein gefährliches Verlangen …


  • Erscheinungstag 20.04.2023
  • ISBN / Artikelnummer 9783751522090
  • Seitenanzahl 160
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Es war einmal …

Belle sah zu dem imposanten Schloss hinauf und zog sich fröstelnd den Mantel enger um ihren schmalen Körper. Es war überraschend kühl auf der kleinen Insel im Ägäischen Meer.

Natürlich hatte Belle die typischen Mittelmeerbilder im Kopf gehabt, als sie von Olympios gehört hatte. Helle weiße Häuser, strahlend blauer Himmel und das Meer. Und vielleicht sah es am Tag ja auch so aus. Aber jetzt, bei Nacht, mit der samtigen Dunkelheit um sie herum und der feuchten Luft vom Ozean, fühlte es sich komplett unerwartet an.

Andererseits war die Festung, die sich vor ihr erhob, genau das, was Belle erwartet hatte. Beim Anblick des finsteren Bauwerks fühlte sie sich direkt ins Mittelalter versetzt! Nur einige hell erleuchtete Fenster ließen erahnen, dass dieses Gebäude Teil der modernen Welt war. Belles Ansicht nach passte das perfekt zu einem Mann, der so unzeitgemäß auf seiner Rache an einem harmlosen Fotografen bestand!

Woher nahm der Prinz sich eigentlich das Recht, ihren armen Vater einfach ins Gefängnis zu werfen? Bloß weil bald Fotos erscheinen würden, die Belles Vater unerlaubt von ihm gemacht hatte!

Eigentlich hätte Belle Angst haben müssen. Denn schließlich hatte Prinz Adam Katsaros bereits deutlich gezeigt, dass er unvernünftig war. Fast schon unmenschlich. Aber die Wut, die sie zum ersten Mal verspürt hatte, als sie von der Festnahme ihres Vaters gehört hatte, strömte noch immer durch ihre Adern.

Ihre Wut war wie eine Rüstung, die jegliche Angst von ihr fernhielt. Und das war seltsam, denn ihr ganzes Leben war bisher von Angst bestimmt gewesen!

Wie oft hatte Belle sich davor gefürchtet, ihren Vater zu verlieren! Den einzigen Menschen, der ihr Sicherheit und Geborgenheit geschenkt hatte, nachdem ihre Mutter sie verlassen hatte, als Belle erst vier Jahre alt gewesen war. Und wie oft hatte sie sich vor dem gefürchtet, was in ihr schlummerte! Würde auch sie eine launische, egoistische Kreatur werden, wie es ihre Mutter immer gewesen war – und wahrscheinlich immer noch war? Durch und durch beherrscht von ihren Begierden?

Doch von dem Augenblick an, als Belle in L.A. in den Flieger gestiegen war, hatte sie keinerlei Angst mehr verspürt!

Sie konnte nur hoffen, dass ihr Wagemut sie nicht verlassen würde.

Tony würde ausrasten, wenn er entdeckte, was sie getan hatte. Denn der Mann, mit dem sie seit fast acht Monaten befreundet war, hatte immer schon mehr in ihr Leben eingebunden werden wollen. Aber sie hatte das nie wirklich zugelassen. Genau, wie sie sich auch nicht auf körperliche Intimität mit ihm eingelassen hatte. Das alles gehörte zu ihrer Angst.

Sie hatte vorher noch nie einen Freund gehabt und war an ihren Freiraum und ihre Unabhängigkeit gewöhnt. Der Gedanke, beides über Bord zu werfen, war unerträglich für Belle.

Doch selbst ihre Freiheitsliebe konnte Belle nicht von dem abhalten, was sie heute hier vorhatte.

Überrascht stellte sie fest, dass der Palast mehr oder weniger unbewacht war. Niemand war zu sehen, als sie die Treppe hinaufging, die zu einer gewaltigen Doppeltür führte. Sie war versucht – und das nicht zum ersten Mal seit ihrer Ankunft auf der Insel –, den Kalender auf ihrem Smartphone zu checken. Womöglich war sie wirklich in ein vergangenes Jahrhundert zurückversetzt worden …

Belle hob die Hand, unsicher, ob man an eine solche Tür anklopfte oder nicht. Doch dann beschloss sie, den Eisenring zu erfassen und die Tür einfach aufzuziehen.

Das Holz knarrte und ächzte, als hätte schon lange niemand mehr dieses große imposante Gebäude betreten. Dabei wusste sie, dass das der Fall gewesen war. Denn erst vor ein paar Tagen war ihr Vater hierhergebracht worden. Und wenn man den Gerüchten trauen konnte, dann wurde er hier noch immer festgehalten.

Belle machte einen vorsichtigen Schritt nach vorn und war überrascht von der Wärme, die sie empfing. Wärme – und Dunkelheit. Denn das Licht der wenigen Wandleuchter reichte nicht aus, um den Raum zu erhellen. Das große steinerne Foyer hielt keine der Annehmlichkeiten bereit, die man von einem Palast erwartet hätte. Nicht, dass Belle oft in Paläste eingeladen worden wäre.

Nein, das kleine Häuschen am Meer, das sie und ihr Vater in Südkalifornien bewohnten, war alles andere als ein Palast!

Und trotzdem hatte sie vom Anwesen eines Prinzen etwas anderes erwartet. Denn obwohl sie keine Erfahrung hatte, hegte sie doch Erwartungen. Auch wenn man sie nie in die luxuriösen Villen in Beverly Hills und den entsprechenden Promipartys eingeladen hatte, kannte sie solche Häuser nur zu gut von den Fotos ihres Vaters.

„Hallo?“, rief sie ins Halbdunkel hinein und bereute es sofort, als sie das Echo ihrer Stimme vernahm. Trotzdem spürte sie weiter das Adrenalin, das sich wie eine undurchdringliche Ritterrüstung um sie gelegt hatte. Belle hatte eine Mission.

Wenn der Prinz ihr Anliegen erst einmal gehört hatte, würde er ihren Vater bestimmt freilassen. Dessen war sie sich sicher. Sie musste ihm nur von seiner Krankheit erzählen.

„Hallo?“, rief sie noch einmal, doch nichts rührte sich.

Plötzlich waren Schritte zu hören. Belle drehte sich zu einem Flur links des Raums um und erblickte einen hochgewachsenen älteren Mann auf sich zukommen. „Haben Sie sich verirrt, meine Dame?“

Sein Ton war sanft und freundlich, er sprach mit einem leichten Akzent. Ein wahrer Lichtblick in dieser rauen, unwirtlichen Umgebung!

„Nein“, erwiderte sie. „Ich habe mich nicht verirrt. Mein Name ist Belle Chamberlain, und ich suche meinen Vater, Mark Chamberlain. Der Prinz hat ihn festnehmen lassen und … Ich glaube nicht, dass er weiß, was er da tut!“

Der Diener – sie nahm jedenfalls an, dass er einer war – trat noch einen Schritt näher. Seine Züge waren jetzt deutlicher zu erkennen. Er wirkte besorgt. „Ja, ich weiß darüber Bescheid. Aber es wäre wohl am besten, wenn Sie wieder gehen würden, Ms. Chamberlain.“

„Nein, Sie verstehen mich nicht. Mein Vater ist krank, und eigentlich hätte er jetzt in den Staaten mit der Behandlung anfangen sollen. Man darf ihn nicht einsperren, nur weil er ein paar Fotos geschossen hat, die dem Prinzen nicht gefallen.“

„Alles, was Sie hier sehen, beschützt die Privatsphäre des Prinzen“, erwiderte der Mann, als ob sie gar nicht gesprochen hätte. „Und was immer der Prinz sagt, ist Gesetz.“

„Ich werde nicht ohne meinen Vater fahren. Ich werde nicht nach Hause fliegen, bis ich mit dem Prinzen gesprochen habe. Übrigens ist Ihr Sicherheitssystem schockierend nachlässig.“ Sie sah sich um. „Niemand hat mir den Eintritt verwehrt. Wahrscheinlich war es viel zu leicht für meinen Vater, Zugang zum Prinzen zu bekommen. Wenn er möchte, dass seine Privatsphäre gewahrt bleibt, sollte er sie besser schützen.“

Die Prominenten, die ihr Vater fotografierte, gaben sich große Mühe, seinem Teleobjektiv zu entkommen. Daher war sie nicht sehr beeindruckt von den Vorkehrungen des Prinzen.

Vielleicht war es ja ein bisschen herzlos von ihr, die Dinge so zu sehen. Aber sie war schließlich die Tochter eines Paparazzos, und so war das Leben nun einmal. Die Promis schlugen Kapital aus ihrem Bekanntheitsgrad. Ihr Vater war nur ein Teil dieses ganzen Systems.

„Glauben Sie mir“, sagte der Mann, „Sie wollen nicht mit dem Prinzen sprechen.“

Belle richtete sich zu ihrer vollen Höhe auf. „Glauben Sie mir“, gab sie zurück, „ich will auf jeden Fall mit dem Prinzen sprechen. Ich will ihm sagen, dass diese tyrannische Taktik, nämlich einen amerikanischen Staatsbürger festzunehmen, nur aus gekränkter Eitelkeit, mich in keiner Weise beeindruckt. Meiner Meinung nach sollte er das Geld, das er offensichtlich bei der Renovierung seines Palastes gespart hat, besser in einen guten Schönheitschirurgen investieren. Wenn ihm sein fliehendes Kinn nicht passt oder sonst etwas an seinem Äußeren, dann wäre das wohl die passendere Maßnahme.“

„Mein Kinn?“ Plötzlich erklang eine Stimme aus der Dunkelheit. Ganz anders als die des Dieners. Sie war sehr tief und hallte laut in dem steinernen Raum wider, hallte in Belle wider. Unwillkürlich begann Belle zu zittern.

Die Angst war zurück.

„Danke für die Anregung!“, erklang es schroff aus der Dunkelheit. „Das habe ich bis jetzt noch nie gehört! Im Gegensatz zu dem Vorschlag, dass ich einen Schönheitschirurgen aufsuchen sollte. Allerdings habe ich keine Lust, mich unters Messer zu legen.“

„Prinz Adam!“, sagte der Diener besänftigend.

„Sie können gehen, Fos.“

„Aber, Eure Maje…“

„Und hören Sie endlich damit auf, sich zu verbeugen!“, sagte der Prinz mit harter Stimme. „Das ist peinlich. Für Sie.“

„Ja“, erwiderte der Mann, „natürlich.“

Und damit verschwand die einzige Person, von der sich Belle bis eben noch Unterstützung erhofft hatte, lautlos im Dunkeln. Nun war sie ganz allein mit einem Prinzen, auf den sie in der Finsternis noch keinen einzigen Blick hatte werfen können.

„So“, erklang die körperlose Stimme des Prinzen aus einiger Entfernung, „Sie sind also wegen Ihres Vaters gekommen.“

„Ja.“ Sie holte tief Luft und versuchte sich zu sammeln. So leicht ließ sie sich nicht einschüchtern.

Das war nie so gewesen. Schließlich war sie trotz der Armut ihrer Eltern auf eine teure Privatschule gegangen, was sie dem Treuhandfonds verdankte, den ihr verstorbener Großvater für sie eingerichtet hatte.

Alle dort hatten gewusst, dass Belle nur aufgrund dieser Almosen in der Lage war, dort zu sein, und so hatte sie früh gelernt, sich zur Wehr zu setzen. Denn es verging kein Tag, an dem die anderen sie nicht aufzogen. Weil sie arm war. Weil sie den Kopf immer in den Wolken hatte – genauer gesagt in den Büchern. Aber diese gaben ihr Kraft, sie waren ihr Schutz. Sie erlaubten ihr, sich von den anderen zu distanzieren.

Sie hatte eine Jugend überlebt, die gespickt gewesen war mit den spöttischen Blicken und grausamen Bemerkungen der Kinder der Hollywoodstars. Der Prinz eines winzigen Landes, das von der Größe her auf eine Briefmarke gepasst hätte, würde sie nicht so schnell in die Flucht schlagen!

Sie hörte Schritte auf sich zukommen, konnte ihr Gegenüber aber immer noch nicht sehen.

„Ich habe Ihren Vater festgenommen“, sagte er.

„Ja, das weiß ich“, erwiderte Belle mit fester Stimme. „Und ich glaube, das war ein Fehler.“

Ein kurzes Lachen ertönte, doch es klang nicht amüsiert. „Sie sind entweder sehr mutig oder einfach nur dumm. Was fällt Ihnen ein, in mein Land und in mein Zuhause einzudringen und mich zu beleidigen?“

„Ich bin weder dumm noch mutig! Ich bin nur ein Mädchen, das sich um ihren Vater sorgt. Das können Sie doch bestimmt verstehen, oder?“

„Vielleicht“, gab er zurück. „Allerdings kann ich mich kaum noch erinnern. Ich habe mir schon lange keine Sorgen mehr um meinen Vater gemacht. Schließlich ist er auf dem Friedhof gut aufgehoben.“

Belle verschlug es die Sprache. Was sollte sie darauf entgegnen?

„Und ich habe Angst, dass mein Vater bald dasselbe Schicksal erleiden wird“, sagte sie schließlich. „Denn er ist sehr krank und muss dringend behandelt werden. Deshalb hat er auch die Fotos von Ihnen gemacht – weil er das Geld für die Krankenhauskosten brauchte. Schließlich ist das sein Job. Er ist Fotograf. Er …“

„Dieser Abschaum von Paparazzi interessiert mich überhaupt nicht. In meinem Land ist so etwas verboten.“

„Es gibt bei Ihnen also keine Pressefreiheit?“, fragte Belle und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Keine Freiheit, die es erlaubt, anderen Menschen nachzustellen, als wären sie Tiere, nur um ein paar Fotos zu schießen.“

„Ach, kommen Sie, ich kann mir nicht vorstellen, dass man Ihnen nachgestellt hat. Ich bin hier ganz leicht in Ihren Palast hineingekommen, es kann also für ihn auch nicht schwer gewesen sein.“

„Aber wir haben ihn erwischt. Leider hatte er seine Fotos schon an seinen Boss in den Staaten geschickt. Und da dieser Chef mit mir nicht verhandeln will …“

Belle nickte. „Ja, ich weiß. Die Fotos sollen Teil einer exklusiven Reportage über Sie sein, die diese Woche noch herauskommen soll. Ich habe mit dem Daily Star gesprochen.“

„Ja, und? Was soll ich denn Ihrer Meinung nach tun? Das Schicksal Ihres Vaters ist mir herzlich egal. Schließlich ist ihm mein Leiden ja auch egal.“

Wut erfasste sie. „Und wird Ihr Leiden Sie auch umbringen? Bei ihm ist das nämlich so. Wenn er nicht zurück in die USA fliegen und mit der Behandlung anfangen kann, wird er sterben. Und das werde ich nicht zulassen, auf keinen Fall. Warum wollen Sie, dass er hier in einer finsteren Zelle verreckt? Er kann Ihnen doch überhaupt nicht von Nutzen sein.“

Sie vernahm erneut Schritte, die auf sie zukamen. Eine große Gestalt war plötzlich zu erahnen.

„Ich möchte an Ihrem Vater ein Exempel statuieren und mögliche Nachahmer warnen. Reicht es denn nicht, was meine Familie durchmachen musste? Muss sich die Presse schon wieder auf das stürzen, was vor drei Jahren passiert ist? Das werde ich nicht erlauben.“

„Lieber lassen Sie also einen sterbenskranken Mann in Ihrem Verlies verrecken, ja? Unrecht und Unrecht ergibt noch kein Recht! Wollen Sie die Dinge nicht lieber in Ordnung bringen?“

„Sie irren sich“, sagte er mit schneidender Stimme. „Ich will nichts wieder in Ordnung bringen. Was mir zugestoßen ist, lässt sich nie wiedergutmachen.“

Die dunkle Gestalt schien sich abzuwenden. „Nein!“, rief Belle aufgeregt.

„Ich bin mit Ihnen fertig“, sagte die körperlose Stimme. „Mein Diener wird Ihnen den Weg zum Ausgang weisen.“

„Nehmen Sie mich!“

Es war ein Aufschrei, der ihrem Mund entwich, noch bevor sie darüber nachdenken konnte. „Anstelle meines Vaters. Lassen Sie mich seinen Platz einnehmen.“

„Warum wollen Sie das tun?“ Seine Schritte kamen wieder näher. Belle blinzelte und verfluchte ihre Unfähigkeit, nicht durch die Dunkelheit hindurchblicken zu können.

„Von Wollen kann keine Rede sein. Aber ich brauche zurzeit keine medizinische Behandlung. Daher kann ich in Ihrem Palast bleiben, so lang wie … Nun, so lang, wie das Strafmaß es vorsehen mag.“ Gut, sie hatte ihr Stipendium und stand kurz davor, ihren Master in Literaturwissenschaften zu machen. Aber all das opferte sie gern für das Leben ihres Vaters.

„Und was soll das bringen?“

„Sie können allen sagen, dass ich es war, die die Fotos gemacht hat. Sie können an mir ein Exempel statuieren.“

Er sagte nichts, und es war so still im Raum, dass Belle schon glaubte, er wäre gegangen.

„Bitte!“

„Nein!“, erklang es rau aus der Dunkelheit. „So leicht geht das nicht! Andererseits … Sie sind sehr schön. Ungewöhnlich schön. Vielleicht haben Sie ja recht, und ich habe tatsächlich eine gute Verwendung für Sie.“

Ein Schauer rann durch ihren Körper. „Aber …“

„Wenn ich eine Hure wollte, könnte ich mir eine besorgen!“, fiel ihr der Prinz ins Wort. „Nein, ich habe da eine andere Idee.“

Sie horchte auf. „Und die wäre?“

„Ihr Vater hat mein Foto nicht aus einer Laune heraus geschossen. In den letzten drei Jahren hat ein Stellvertreter an meiner Stelle über mein Land geherrscht. Aber diese Zeit endet jetzt. Ich muss mich entscheiden, ob ich die Regierungsgeschäfte wieder übernehme – oder abdanke.“

Ihr Herz setzte einen Moment lang aus. „Und … wie haben Sie sich entschieden?“

„Ich werde mich nicht für immer verstecken“, sagte er grimmig. „Ich werde meine Pflichten wieder selbst übernehmen, schließlich bin ich verantwortlich für das Wohlergehen meines Landes.“

„Ja, aber was … was kann ich dazu beitragen? Ich habe keine Ahnung von Regierungsgeschäften, ich …“

Er lachte kurz auf. „Dummes Mädchen, ich brauche doch nicht Ihren Verstand. Ich brauche Ihre Schönheit!“

Belle schwirrte der Kopf, sie konnte seinen Worten kaum folgen.

„Also gut, Sie haben einen Deal“, sagte er fest.

„Ich … wirklich?“ Worauf hatte sie sich da nur eingelassen? Ihm dabei zu helfen, wieder den Thron zu besteigen? Aber was konnte das bedeuten?

„Ich werde Ihren Vater sofort aus dem Gewahrsam entlassen.“

Belle nickte stumm, verspürte jedoch kein Triumphgefühl. Wieder kehrte ihre Angst zurück. Jetzt war sie selbst eine Gefangene dieses Verrückten. „Kann ich … kann ich ihn noch einmal sehen, bevor er abfliegt?“

„Nein“, erwiderte der Prinz.

„Ja, und was … was erwarten Sie eigentlich von mir?“

„Sie werden meiner Rückkehr ins öffentliche Leben den nötigen Glanz verleihen. Ein Diener wird Ihnen jetzt Ihr Zimmer zeigen.“ Damit wandte er sich zum Gehen.

Belle runzelte die Stirn. Mit „Zimmer“ hatte er sicher „Verlies“ gemeint …

„Nein!“, rief sie schnell und holte tief Luft. „Ich möchte Sie wenigstens einmal sehen!“

Auf keinen Fall wollte Belle die erste Begegnung mit diesem Mann so enden lassen! Sie wollte den Prinzen nicht als riesenhaften dunklen Schemen im Gedächtnis behalten. Und schon gar nicht als Monster, das in der Dunkelheit lauert! Das würde ihm nur Macht über sie verleihen …

„Wenn Sie darauf bestehen!“ Er trat näher, kam langsam ins Licht.

Belle starrte ihn an. Er war hochgewachsen und breitschultrig. Ein unglaublich großer Mann. Doch seine Körpergröße konnte sie nicht erschrecken. Was Belle erschreckte, war sein Gesicht.

Nein, er hatte kein fliehendes Kinn, im Gegenteil. Seine Knochenstruktur war absolut perfekt! Was die Verletzung seines Gesichts wie Gotteslästerung erscheinen ließ.

Seine goldbraune Haut war völlig zerstört. Sein Gesicht war von feinen Rissen gezeichnet, eine Narbe zog sich schräg über ein Auge. So tief, dass Belle sich fragte, ob er auf dieser Seite überhaupt sehen konnte. Vielleicht lächelte er ja, doch das war schwer zu erkennen. Das Narbengewebe um seinen Mund war auf einer Seite besonders stark ausgeprägt. Es schien zu verhindern, dass sein Mundwinkel sich in die Höhe zog.

In diesem Moment erkannte Bell, dass sie nicht von einem Mann gefangen genommen worden war, sondern von einem Biest.

2. KAPITEL

Prinz Adam Katsaros war kein schöner Mann mehr. Der Unfall, bei dem seine Frau ums Leben gekommen war, hatte sein Gesicht zerstört. Aber das war ihm ziemlich egal. Er war inzwischen auch kein guter Mensch mehr. Was dem Ganzen fast etwas Poetisches verlieh: Sein hässliches Äußeres passte zu seinem hässlichen Inneren.

Allerdings war es selbst für ihn ein starkes Stück, einfach eine Frau in seinem Schloss gefangen zu halten! Als sie ihr Angebot auf den Tisch gelegt hatte, hatte er keine Sekunde gezögert, es anzunehmen. Er wusste, dass er sie benutzen konnte. Und dass sie ihm mehr nutzen würde als ihr Vater.

Denn auch wenn er diesem Fotografen nur zu gern das Handwerk gelegt hätte, war ihm nicht an seinem Tod gelegen. Diese Frau war für ihn ein Geschenk des Himmels. Die Zeit seiner Zurückgezogenheit näherte sich dem Ende.

Die Vereinbarung, die er mit dem Vizekönig geschlossen hatte, enthielt klare Bedingungen. Wenn Adam nicht den Thron bestieg, würde es im Herbst Wahlen geben. Und das wäre das Ende eines Adelsgeschlechts, das seit vielen hundert Jahren über Olympios herrschte.

Aber das war nichts, wofür sich die Presse interessieren würde. Für sie gab es nichts Interessanteres als die Narben in seinem Gesicht! Doch wenn er mit einer schönen Frau an seiner Seite auftrat, erhielten sie Stoff für andere Schlagzeilen …

Genau das brauchte er, obwohl es ihm bisher nicht bewusst gewesen war.

In diesem Moment klingelte sein Telefon, und er fluchte laut. Es war bestimmt sein Freund – falls er ihn so nennen konnte – Prinz Felipe Carrion de la Viña Cortez.

Er drückte die Antworttaste und hielt sich das Handy ans Ohr. „Was willst du, Felipe?“

„Auch dir ein freundliches Hallo!“, kam die Antwort. „Übrigens habe ich Rafe auch in der Leitung, nur dass du es weißt.“

„Eine Konferenzschaltung?“, fragte Adam. „In welchem Schlamassel steckt du jetzt schon wieder?“

Sein heißblütiger Freund war berüchtigt für seine Skandalgeschichten, und es hätte ihn nicht gewundert, wenn er wieder irgendeinen Eklat verursacht hätte.

Wirklich, er, Felipe und Rafe hätten verschiedener nicht sein können. Wenn sie nicht damals im Internat so dicke Freunde gewesen wären, hätten sie sich wahrscheinlich längst nichts mehr zu sagen.

Andererseits verdankte er es den beiden, dass er in den letzten Jahren nicht komplett in der Dunkelheit verschwunden war. Und das würde er ihnen nie vergessen, auch wenn er immer ein bisschen irritiert war, wenn einer der beiden sich bei ihm meldete.

„Kein Schlamassel diesmal“, erwiderte Felipe. „Ich plane eine Feier zum fünfzigjährigen Thronjubiläum meines Vaters. Möglicherweise wird das auch seine letzte Feier sein, und natürlich möchte ich euch beide einladen.“

„Oh, dann müsste ich aber noch eine Frau finden, die bereit ist, den Blindenhund für mich zu spielen“, mischte Rafe sich zum ersten Mal in das Gespräch ein.

Vor fünf Jahren hatte er bei einem Unfall sein Augenlicht verloren. Obwohl Adam keine Einzelheiten wusste, hatte er immer den Verdacht gehabt, dass eine Frau an der Tragödie beteiligt gewesen sein musste. Doch Rafe vermied es eisern, darüber zu reden.

Im Gegensatz zu ihnen gehörte er nicht dem Adel an, sondern war von Jugend an von einem italienischen Geschäftsmann protegiert worden. Dieser Mann hatte für seine Schule gezahlt und ihm auch einen Platz in seiner Firma verschafft. Bis zu Rafes Unfall, der ihn urplötzlich zu einem der reichsten und mächtigsten Männer in ganz Europa gemacht hatte.

Der Unfall hatte Rafe komplett verändert. Und Adam konnte das nur zu gut verstehen …

Die drei hätten nicht unterschiedlicher sein können. Während Rafe sich damals mit großem Eifer seinem Studium widmete, hatten Adam und Felipe die meiste Zeit im College damit verbracht, Frauen zu verführen. Inzwischen hatten sie alle ihre Blessuren davongetragen – mit Ausnahme von Felipe. Doch Adam hatte die Erfahrung gemacht, dass sich hinter einer Fassade der Sorglosigkeit häufig die tiefsten Verwundungen verbargen …

„So schwer kann das nicht sein, Rafe!“, bemerkte Felipe nun trocken. „Sobald eine Frau einen Blick auf dein Bankkonto wirft, wird sie mehr als bereit sein, dir jeden Wunsch zu erfüllen!“

„Dein Vertrauen in mich ist erstaunlich“, meinte Rafe trocken.

„Auf jeden Fall besitzt du sehr viel mehr Charme als unser Freund Adam.“

Adam biss die Zähne zusammen. „Ich fürchte, es wird mir nicht möglich sein, an deinem Ball teilzunehmen.“

Autor

Maisey Yates
<p>Schon von klein auf wusste Maisey Yates ganz genau, was sie einmal werden wollte: Autorin. <br/>Sobald sie mit einem Stift umgehen und ihre erste Worte zu Papier bringen konnte, wurde sie von der Leidenschaft fürs Schreiben gepackt und bis heute nicht mehr losgelassen. <br/><br/>Von da an konnte nichts und niemand...
Mehr erfahren

Entdecken Sie weitere Bände der Serie

Gefährliches Verlangen nach dem Entführer