Im Sturm verführt

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Brianna Moneypenny ist die perfekte Assistentin: tüchtig, smart, korrekt ... aber leider viel zu attraktiv. Anderthalb Jahre konnte Ölmilliardär Sakis Pantelides ihr widerstehen - jetzt ist er ihren Reizen hilflos ausgeliefert. Denn als einer seiner Tanker bei einem gefährlichen Sturm kentert, kämpft Brianna mit ihm darum, eine weitere Katastrophe zu verhindern. Tag und Nacht. Nach ihrem aufopfernden Einsatz kann Sakis nicht anders: Er muss sie in seine Arme ziehen und küssen! Noch ahnt er nicht, welche Gefahr von der Blondine ausgeht. Für sein Imperium - und für sein Herz …


  • Erscheinungstag 31.03.2015
  • Bandnummer 2172
  • ISBN / Artikelnummer 9783733701536
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Komm schon, Ari, gib mal ein bisschen Gas! Obwohl mich eigentlich nicht überrascht, dass du schlappmachst, während ich mich hier abrackere!“

Sakis Pantelides zog gleichmäßig die Ruder durch das aufgewühlte Wasser und genoss den Adrenalinrausch, der durch seinen Körper schoss. „Und hör auf, zu jammern, alter Mann! Ist doch nicht meine Schuld, wenn dir die Jahre allmählich zu schaffen machen.“ Er grinste, als er seinen Bruder genervt durch die Zähne zischen hörte.

In Wahrheit war Ari nur zweieinhalb Jahre älter, doch Sakis ließ keine Gelegenheit aus, ihn wegen des Altersunterschieds aufzuziehen. Und dieser sprang immer wieder darauf an.

„Keine Angst, Theo wird dir beim nächsten Ruderwettbewerb schon aus der Klemme helfen, damit du dich nicht so anstrengen musst“, setzte Sakis nach.

„Theo wird zu sehr damit beschäftigt sein, den anwesenden Ladys seine Muskeln zu zeigen“, spottete Ari. „Mir ist schleierhaft, wie er es bei dieser ganzen Angeberei jemals geschafft hat, fünf Weltmeistertitel zu holen.“

Zufrieden stellte Sakis fest, dass er seinen inneren Ruderrhythmus trotz der monatelangen Pause von seinem Lieblingssport nicht verloren hatte. Und das Gespräch über seinen jüngeren Bruder machte ihm richtig Spaß.

„Stimmt“, antwortete er Ari lachend. „Er hat sich immer mehr um sein Aussehen und die Damenwelt geschert als um irgendetwas anderes.“

Synchron mit seinem Bruder ruderte er weiter, und inzwischen brachten sie das Wasser dabei kaum noch in Aufruhr. Sie passierten die Markierung in der Mitte des Sees, den der exklusivste Ruderclub Londons für seine Zwecke nutzte, und Saki fühlte sich nach dem ersten Adrenalinschub von Frieden und Ruhe erfüllt.

Sein letzter Besuch im Club war lange her, obwohl sich der Sport als perfekte Gelegenheit herausgestellt hatte, die Brüder näher zusammenzubringen. Sozusagen gemeinsam in einem Boot zu sitzen. Die gnadenlosen Terminkalender ihrer drei Firmenbereiche von Pantelides Inc. erlaubten es ihnen kaum, privat noch Zeit miteinander zu verbringen. Immer seltener schafften sie es, sich überhaupt in derselben Zeitzone aufzuhalten. Auch dieses Mal hatte Theo kurzfristig abgesagt, weil er sich in Rio de Janeiro um eine Krise von globalem Ausmaß kümmern musste.

Möglicherweise hatte Theo auch gänzlich andere Gründe für seine Absage. Ihm – als erklärtem Playboy – wäre durchaus zuzutrauen, Tausende von Kilometern zu fliegen, nur um mit einer schönen Frau schick essen zu gehen.

„Wenn ich herausfinde, dass er uns versetzt hat, um irgendeinem Rock nachzujagen, werde ich seinen Jet für wenigstens einen Monat konfiszieren“, schwor Sakis.

Ari schüttelte den Kopf. „Kannst du ja gern versuchen, aber wahrscheinlich würde er dir den Kopf abreißen, wenn du dich zwischen ihn und eine seiner Angebeteten stellst. Wo wir gerade von Frauen sprechen, wie ich sehe, hat sich deine endlich mal von ihrem Computer losgeeist …“

Sakis durchfuhr ein heißer Blitz, trotzdem änderte er seinen Bewegungsrhythmus nicht. Doch als er über Aris Schulter hinweg zum Ufer blickte, hätte er um ein Haar seinen nächsten Ruderschlag verpasst. Nur seine antrainierte Disziplin verhinderte, dass er sich aus dem Konzept bringen ließ. Und diese eiserne Disziplin war auch verantwortlich dafür, dass er einen Weltmeisterschaftstitel mehr als seine beiden Brüder errungen hatte.

„Lass uns eines klarstellen!“, brummte er. „Sie ist nicht meine Frau!“

Seine persönliche Assistentin Brianna Moneypenny stand neben seinem Wagen. Das allein war überraschend, denn normalerweise zog sie es vor, sich im Inneren der Limousine aufzuhalten und stets einen Finger am Puls der Tagesgeschäfte zu haben.

Noch beunruhigender fand Sakis allerdings ihren angestrengten Gesichtsausdruck. Seit seine supereffiziente Assistentin vor achtzehn Monaten ihre Stelle angetreten hatte, war ihre Miene kein einziges Mal nicht von eiserner Professionalität gezeichnet gewesen.

Aber heute wirkte sie …

In Sakis’ Magengegend breitete sich ein ungutes Gefühl aus. Einerseits genoss er es, in Briannas Nähe zu sein, andererseits war er strikt dagegen, Berufliches und Privates miteinander zu vermischen. Außerdem hatte ihn das Leben auf die harte Tour gelehrt, seine Emotionen grundsätzlich für sich zu behalten. Alles andere führte unweigerlich zu Verletzungen, die empfindliche Narben hinterließen. Auf dieses dünne Eis würde er sich nie wieder begeben.

„Ich mache mir bloß Sorgen, mein lieber Bruder“, bemerkte Ari. „Sie sieht aus, als würde sie jeden Moment ins Wasser springen und herschwimmen. Oder dir ins Gesicht springen. Du hast doch wohl nicht komplett den Verstand verloren und mit ihr geschlafen?“

Sakis kniff die Augen zusammen und versuchte, trotz der Entfernung zu erkennen, was seine Assistentin auf dem Herzen hatte. „Keine Ahnung, was mit ihr los ist. Allerdings frage ich mich ernsthaft, weshalb dich mein Sexleben so brennend interessiert?“

Für ihn kam es überhaupt nicht infrage, Moneypenny in irgendeiner Form näherzukommen. Seit achtzehn Monaten ignorierte er schon die unerwünschten Reaktionen seines Körpers, wann immer er Zeit mit seiner Assistentin verbrachte, und beschränkte sich strikt auf neutrale Zusammenarbeit. Er hatte in seinem Leben zu viel Zeit damit vergeudet, sich aus den Klauen liebeskranker Frauen zu befreien.

Seine Ruderzüge wurden kräftiger, und sein Blick war auf Moneypenny fixiert. Ihre steife Haltung ließ seine Alarmglocken in den höchsten Tönen schrillen.

„Dann läuft da gar nichts zwischen euch beiden?“, wollte Ari wissen.

Ihr Boot hatte inzwischen den Landesteg erreicht, und Sakis warf seine Ruder beiseite. „Falls du mit dem Gedanken spielst, dich an sie heranzumachen, vergiss es gleich wieder! Sie ist die beste Assistentin, die ich je hatte, und wer mir das kaputtmacht, verliert augenblicklich einen elementaren Körperteil! Familienmitglieder büßen zur Strafe gleich zwei ein!“

„Beruhige dich wieder, Bruder! In diese Richtung habe ich doch gar nicht gedacht. Außerdem höre und sehe ich dir an, dass es um dich selbst längst geschehen ist“, fügte Ari lachend hinzu.

Sakis wünschte sich, sein Bruder würde dieses heikle Thema endlich fallen lassen. „Bloß weil ich ein Talent erkenne, bin ich nicht gleich rettungslos verliebt! Kehr mal lieber vor deiner eigenen Tür!“

Ari zog beide Brauen hoch. „Mein Assistent ist keine Frau, das dürfte also schwierig werden.“

„Ich habe Brianna Moneypenny eingestellt, weil sie klüger ist als all ihre Vorgängerinnen zusammen. Obendrein verteidigt sie meine beruflichen Interessen wie ein Rottweiler, und das ist alles, was mich interessiert.“

„Bist du ganz sicher? Denn ich entnehme deinen großen Worten eine gewisse Ehrfurcht, die man auch als Anbetung missverstehen könnte.“

Als ihm klar wurde, dass sein Bruder ihn nur auf die Schippe nehmen wollte, schnitt Sakis eine Grimasse. „Mach nur so weiter! Ich schulde dir ohnehin noch eine Narbe für die, die ich deiner Unvorsichtigkeit zu verdanken habe.“ Mit den Fingerspitzen berührte er die pfeilförmige, alte Verletzung über seiner rechten Augenbraue, die ihm Ari als Teenager mit einem Ruder verpasst hatte.

„Irgendjemand musste dir den Zahn ziehen, dass du der attraktivste von uns dreien bist“, verteidigte Ari sich grinsend und sah für einen Moment aus wie der unbeschwerte Draufgänger, der er gewesen war, bevor das Schicksal ihm so übel mitgespielt hatte. „Dein Rottweiler wartet jedenfalls ungeduldig auf dich. Sie sieht fast aus, als wollte sie gleich die Zähne fletschen.“

Brianna war näher gekommen und stand nun mit verschränkten Armen auf dem Anleger. Ihr Blick war fest auf Sakis gerichtet, und der Ausdruck auf ihrem Gesicht wirkte angsteinflößend.

Er machte sich auf das Schlimmste gefasst, als sie ein Handtuch für ihn in die Höhe hielt. Das bedeutete nämlich, er würde nicht einmal mehr die Zeit haben, im Clubhaus zu duschen.

„Geh nur.“ Ari winkte ab. „Ich kümmere mich hier um unsere Ausrüstung, und ich werde mir auch alle Drinks, die wir vorhin schon geordert haben, allein genehmigen.“

Sakis ignorierte seinen Bruder und lief auf seine Assistentin zu. „Was ist los?“, fragte er angespannt, doch sie zögerte. „Spucken Sie es aus, Moneypenny!“

Es war nur ein winziges Zucken um ihre Mundwinkel, doch Sakis wusste, dass irgendetwas sie vollkommen aus der Ruhe gebracht haben musste.

„Mr Pantelides, wir haben ein Problem“, begann sie, während er sich abtrocknete.

„Was für ein Problem?“

„Eines Ihrer Tankschiffe, die Pantelides Six, ist vor Point-Noire havariert.“

Trotz der sommerlichen Temperaturen lief es ihm eiskalt den Rücken herunter. „Wann ist das passiert?“

„Ein Crewmitglied hat mich vor fünf Minuten über das Hauptbüro angerufen.“ Sie brach ab und fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen.

„Da ist noch mehr, oder?“

„Ja, leider. Der Kapitän und zwei Besatzungsmitglieder werden vermisst. Und …“

„Und was?“

Ihr Gesichtsausdruck wurde noch ernster. „Der Tanker hat einen Felsen gerammt und Leck geschlagen. Im Augenblick fließen laut unserer Berechnungen circa sechzig Barrel Öl pro Minute in den Südatlantik.“

Brianna würde niemals vergessen, was nach ihrer Hiobsbotschaft geschehen war. Äußerlich blieb Sakis Pantelides zwar ruhig und kontrolliert – ganz der souveräne Ölmilliardär, den sie nun schon seit achtzehn Monaten als verantwortungsbewussten Vorgesetzten kannte. Zu ihren außerordentlichen Fähigkeiten gehörte es, in anderen Menschen wie in einem Buch zu lesen. Und sein verkrampfter Kiefer, die geballten Fäuste und der schneeweiße Ring um seine Nase verrieten ihr, wie sehr ihn diese Nachricht traf.

Über die Schulter ihres Chefs hinweg sah sie Arion Pantelides mit besorgter Miene auf sich zukommen. Er war eine genauso imposante Erscheinung wie sein Bruder, groß und gut aussehend. Aber im Gegensatz zu Sakis’ messerscharfem Verstand, der sich in seinem stechenden Blick spiegelte, wirkte Arion beinah introvertiert.

„Ist schon bekannt, wodurch der Unfall verursacht wurde?“, wollte Sakis wissen.

Sie wandte sich ihm zu und schüttelte den Kopf. „Der Kapitän geht nicht an sein Handy. Seit der ersten Meldung ist es uns nicht gelungen, Kontakt zur Mannschaft herzustellen. Die Küstenwache ist schon auf dem Weg. Ich habe darum gebeten, dass man sich bei uns meldet, sobald sie am Unglücksort eingetroffen sind.“

Mit zügigen Schritten näherte er sich der Limousine, und Brianna eilte neben ihm her. „Unser Notfallteam steht bereit“, erklärte sie. „Sie fliegen los, sobald sie von Ihnen das Okay bekommen.“

Arion Pantelides holte sie ein. „Was ist denn genau passiert?“, wollte er wissen und legte seinem Bruder die Hand auf die Schulter.

Mit knappen Worten schilderte Sakis das Problem, und Arion starrte Brianna entsetzt an. „Haben wir die Namen der vermissten Crewmitglieder?“

„Ich habe die vollständige Besatzungsliste auf die Handys von Ihnen beiden und von Theo geschickt. Zusammen mit einer Liste der verantwortlichen Minister, die wir für die Entscheidungsprozesse ins Boot holen müssen, um niemandem auf die Füße zu treten. Außerdem habe ich Telefontermine mit allen organisiert und einen vorläufigen Stundenplan erstellt.“

Sakis zog beeindruckt die Augenbrauen hoch, und Arion lächelte zögernd.

„Geh nur“, sagte er zu seinem Bruder. „Ich werde von hier aus tun, was ich kann. Wir sprechen in etwa einer Stunde noch mal, ja?“ Ein letztes Mal klopfte er Sakis auf die Schulter, dann entfernte er sich.

„Ich muss mit dem Präsidenten reden“, murmelte Sakis.

Brianna nickte. „Ich habe seinen Privatsekretär schon in der Leitung. Er stellt Sie durch, sobald Sie bereit sind.“

Automatisch fiel ihr Blick auf seine breite, tief gebräunte Brust und den Ausschnitt seines schweißnassen Hemds. „Sie müssen sich umziehen. Ich hole ein paar frische Sachen.“

Bevor er sich vor ihr entkleiden konnte, wandte sie sich schnell ab und öffnete den Kofferraum des Wagens. Eigentlich keine ungewöhnliche Situation, denn ihr Job kannte praktisch keinen Feierabend und keine Freizeit. Aber obwohl sie derart eng zusammenarbeiteten, hatte sie ihn noch nie komplett nackt gesehen.

Zum Glück, denn Sakis Pantelides verfügte über einen enormen Sexappeal. Da war es sicherer, sich jeden Gedanken an Sex aus dem Kopf zu schlagen und sich stattdessen auf Effizienz und Professionalität zu konzentrieren.

Als Sakis sich vor einigen Monaten zum ersten Mal vor ihr umgezogen hatte, war sie nach dem ersten Schreck doch ziemlich gut mit diesem aufreizenden Anblick fertiggeworden. Schließlich hatte sie sich hart darauf trainiert, nichts und niemanden an sich heranzulassen. Gefühle, Vertrauen und tiefergehende Emotionen waren nur der Beginn einer ernsthaften persönlichen Katastrophe.

Sie hatte gelernt, hartherzig zu sein, um nicht an ihrem Kummer und Elend zu ersticken. Die Alternative wäre gewesen, in ihrer eigenen Verzweiflung zu versinken.

Geflissentlich richtete sie also ihren Blick auf den glitzernden See, während sie ihrem Boss einen makellosen grauen Anzug mit frisch gebügeltem Hemd und Krawatte reichte. Danach holte sie Socken und schwarze Lederschuhe aus einer Extratasche.

Ich will seinen durchtrainierten Oberkörper gar nicht sehen, sagte sie sich immer wieder. Die feinen Härchen auf seiner Brust, die in einer feinen Linie im Bund seiner Shorts verschwanden. Die kräftigen Schenkel, mit denen er eine Frau mühelos unter sich gefangen halten konnte … Außerdem konnten seine Shorts kaum verbergen, wie ansehnlich sein …

Ein lautes Piepen meldete einen Anruf über das Autotelefon. Hastig stieg Brianna auf den Rücksitz und nahm das Gespräch entgegen.

„Pantelides Shipping“, meldete sie sich und griff nach ihrem Tablet-PC. Schweigend hörte sie dem Anrufer zu und fügte gleichzeitig ein paar neue Punkte zur aktuellen To-do-Liste hinzu. Nachdem sich Sakis zu ihr gesellt hatte, schnallte sie sich an und tippte dann weiter auf ihrem Gerät herum.

„Die einzige Antwort, die ich Ihnen momentan geben kann, ist: kein Kommentar“, sagte sie mit fester Stimme. „Nein, absolut nicht. Keine Redaktion wird von uns ein Exklusivinterview bekommen. Pantelides Shipping wird in knapp einer Stunde eine Pressemitteilung herausgeben, die Sie auch auf unserer Website finden können. Das ist die offizielle Stellungnahme, und falls es darüber hinaus Fragen geben sollte, können Sie sich gern an unsere Pressestelle wenden.“

„Boulevardblatt oder Mainstream-Medien?“, erkundigte sich Sakis, nachdem sie aufgelegt hatte.

Fleet Street. Sie wollten die Gerüchte, die sie gehört haben, bestätigt wissen.“

Das Telefon klingelte wieder, und Brianna ignorierte es, nachdem sie die Nummer identifiziert hatte. Es gab momentan wichtigere Gespräche, die Sakis zu führen hatte. Sie reichte ihm das Headset und stellte den Anruf durch, der seit zehn Minuten in der Warteschleife hing.

Sein Gesichtsausdruck veränderte sich, als er endgültig in die Rolle des Großunternehmers schlüpfte. Er ließ sich eine Übersicht über die bisherigen Ereignisse reichen, dabei streiften seine Fingerspitzen Briannas Hand.

Sie zuckte zusammen, verdrängte die übertriebene Reaktion aber sofort wieder. Am leichtesten fiel ihr das immer, wenn sie sich sofort mit Arbeit ablenkte. Also lauschte sie Sakis’ Ausführungen und war – wie so oft – beeindruckt von der souveränen Art, mit der er über seinen Bereich des gigantischen Firmenkonglomerats seiner Familie herrschte.

„Mr President, bitte erlauben Sie mir, Ihnen gegenüber mein tiefes Bedauern über die entstandene Situation auszudrücken. Selbstverständlich wird mein Unternehmen die volle Verantwortung für den Vorfall übernehmen und keine Kosten und Mühen scheuen, um die ökologischen und ökonomischen Auswirkungen für die Region so gering wie nur möglich zu halten. Ja, ich habe bereits ein fünfzig Mann starkes Expertenteam auf den Weg geschickt, um eine genaue Untersuchung durchzuführen und erste Maßnahmen zu ergreifen. Alles Notwendige wird dann umgehend veranlasst werden … Sicherlich, dem stimme ich voll und ganz zu. Ich werde innerhalb der nächsten zwölf Stunden auch persönlich vor Ort sein.“

Briannas Finger flogen buchstäblich über das Tablet, während sie parallel zum Gespräch den weiteren Tagesplan entwarf und Informationen sammelte. Als er auflegte, standen bereits der Privatjet und das dazugehörige Bordpersonal in den Startlöchern.

Das Telefon klingelte erneut.

„Soll ich rangehen?“, fragte Brianna, doch Sakis schüttelte den Kopf.

„Nein, als Chef der Firma sollte ich von hier an übernehmen.“ Sein Blick war sehr ernst. „Auf uns kommt einiges zu. Alles wird erst mal schlimmer werden, bevor es besser werden kann. Fühlen Sie sich dieser Aufgabe gewachsen, Miss Moneypenny?“

Sie zwang sich zu mehreren tiefen Atemzügen und dazu, an den verzweifelten Schwur zu denken, den sie vor zwei Jahren in einer dunklen und kalten Zelle abgelegt hatte. Ich weigere mich zu versinken!

Energisch drückte sie ihren Rücken durch und hob das Kinn. „Ja, ich bin zu allem bereit, Mr Pantelides.“

Seine dunkelgrünen Augen ruhten einen Moment auf ihr, dann nickte er und griff nach dem Telefonhörer.

Während der Rückfahrt zum Büro in den Pantelides Towers tat Brianna das, was sie am besten konnte. Sie las ihrem Boss jeden Wunsch von den Augen ab und erledigte still und leise alles Notwendige, damit sie diese Krise bestmöglich in den Griff bekamen.

Für sie war dies die einzige Methode, mit der sie ihren Alltag erfolgreich bewältigen konnte. Vor ihnen lag eine schwere Zeit. Sie konnten leider nicht verhindern, dass permanent Öl in den Südatlantik lief – zumindest nicht, ehe das Notfallteam seine Arbeit aufnahm.

Sakis war deutlich anzusehen, wie sehr er es hasste, mit dem Unvorhergesehenen konfrontiert zu werden. Einmal abgesehen davon, dass es sich um eine echte Umweltkatastrophe unvorstellbaren Ausmaßes handeln könnte. Für gewöhnlich versuchte er, jeden einzelnen Schritt seiner Kontrahenten vorauszuahnen, um unerwünschten Überraschungen aus dem Weg zu gehen, doch das half ihm in diesem Fall nicht.

Gemessen an den wenigen Dingen, die Brianna über seine Vergangenheit wusste, wunderte sie sein Verhalten wenig. Dabei kannte sie nicht die ganze verstörende Familiengeschichte. Aber sie wusste, dass es Sakis missfiel, wenn seine Firma wieder einmal im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses stand. Vor allem nach dem Skandal, den sein Vater damals über die Familie gebracht hatte …

Sein Telefon klingelte wieder. „Mrs Lowell? Nein, tut mir leid, keine Neuigkeiten.“ Sein Tonfall, mit dem er die Frau des vermissten Kapitäns zu beruhigen versuchte, klang gefasst und freundlich. „Ja, er gilt als vermisst. Sicher, ich werde Sie augenblicklich persönlich anrufen, sobald ich neue Informationen habe. Darauf gebe ich Ihnen mein Wort.“

Eine Ader an seiner Schläfe pochte. „Wann ist die Rettungsmannschaft vor Ort?“, fragte er Brianna, nachdem das Telefonat beendet war.

Sie sah auf die Uhr. „In ungefähr neunzig Minuten.“

„Heuern Sie eine weitere Crew an. Es ist besser, wenn drei Teams in achtstündigen Schichten arbeiten, als wenn sich zwei Teams in Halbtagsschichten abmühen. Ich möchte Fehler vermeiden, die durch Erschöpfung entstehen könnten. Wir werden rund um die Uhr schuften, bis die Vermissten gefunden sind und der Strandabschnitt bei Point-Noire gesäubert wurde. Sorgen Sie bitte dafür, Moneypenny!“

„Ja, natürlich.“

Sie hatten inzwischen den Lift, der sie aufs Dach zur Helikopter-Plattform brachte, erreicht, und ihr Gepäck war bereits durch das Personal verladen worden. Auf sie wartete ein Hubschrauber, der sie zum Firmenjet bringen sollte.

Während des Flugs telefonierte Sakis mit seinem Bruder Theo. Brianna konnte der Diskussion, die in hektischem Griechisch geführt wurde, nicht folgen. Aber sie war von der Sprache fasziniert … und von dem Mann, der sie beherrschte.

Er warf ihr einen verwunderten Blick zu, und sie merkte erst jetzt, wie schamlos sie ihn angestarrt hatte. Hastig wandte sie sich wieder ihrem Tablet zu.

Himmel, was dachte sie sich bloß dabei? Sakis Pantelides hatte sich ihr gegenüber immer vorbildlich verhalten. Ganz professionell. Er hatte sie niemals unschicklich berührt oder angesehen. Und das war ihr allemal lieber so!

In diesem Punkt hatte sie ihre Lektion nämlich gelernt – auf brutalste Art, um genau zu sein. Und alles nur, weil sie sich tiefe Gefühle gestattet hatte. Weil sie sich nach der Hölle, die sie mit ihrer Mutter durchleben musste, auf einen anderen Menschen einlassen wollte, um endlich geliebt zu werden.

Zum Glück würde sie diese Erfahrung niemals vergessen und daher ihren Fehler auch nie wiederholen. Falls sie doch Gefahr lief, das Erlebte zu verdrängen, erinnerte sie spätestens die Tätowierung auf ihrer Schulter an die unrühmliche Vergangenheit …

Seufzend beendete Sakis sein letztes Gespräch und lehnte sich in seinem Sitz zurück. Neben ihm saß seine Assistentin und tippte auf ihrem Computer herum, und das schon, seit sie vor vier Stunden mit dem Privatjet gestartet waren. Unauffällig beobachtete er Brianna und bemerkte, wie sie von Zeit zu Zeit angestrengt die Stirn krauszog.

Ihr glattes blondes Haar hatte sie zu einem makellosen Knoten geschlungen, der seit heute Morgen um sechs Uhr nichts von seiner Perfektion eingebüßt hatte. Unbewusst ließ er seinen Blick an ihr heruntergleiten und verspürte wieder einmal diese innere Unruhe, die Brianna immer häufiger in ihm auslöste. Das schwarze Kostüm mit weißer Bluse wirkte zwar etwas streng, doch es schmeichelte ihrer schlanken Figur. Kleine, unauffällige Perlenohrringe vervollständigten das Outfit.

Sakis musterte sie wesentlich genauer, als er es sich sonst gestattete: die sanft geschwungenen Brüste, den flachen Bauch und die endlos langen Beine. Seine Unruhe verwandelte sich in Erregung, und er umklammerte die Armlehnen, um sich wieder zu fangen.

Seine attraktive Moneypenny machte einen ausgesprochen fitten Eindruck, auch wenn sie für seinen Geschmack etwas zu dünn war. In den vergangenen eineinhalb Jahren war sie kein einziges Mal zu spät zur Arbeit gekommen und hatte sich auch nie krankgemeldet. Außerdem wusste er, dass sie immer öfter Gebrauch von einem der Apartments in den Pantelides Towers machte, die der Geschäftsführung zur Verfügung standen, anstatt nach Hause zu fahren … wo immer das auch war.

Nicht zum ersten Mal dankte er dem Himmel dafür, dass er mit dieser fähigen Assistentin gesegnet war. Ihre kompetente Hilfe im Arbeitsalltag machte sie zu einer unbezahlbaren Mitarbeiterin. Ganz im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin Giselle – der Unfähigkeit in Person! Schon als Sakis Briannas einwandfreien Lebenslauf in den Händen gehalten hatte, war es ihm vorgekommen, als wäre sie zu gut, um wahr zu sein.

Während der zahlreichen Vorstellungsgespräche mit Anwärterinnen, die kaum einen Hehl daraus machten, dass sie ihrem Chef auch nach Feierabend gern zu Diensten wären, hob Brianna sich mit vorbildlicher Distanz von ihren Konkurrentinnen ab. Er konnte keine Assistentin gebrauchen, die sich durch ihn von ihrer Arbeit ablenken ließ. Allerdings kam es ihm seltsam vor, dass Brianna mit ihren außergewöhnlichen Fähigkeiten nicht längst in einer anderen Festanstellung war.

Er hatte sie mal danach gefragt, und ihre Antwort war denkbar simpel gewesen: „Sie sind der Beste auf Ihrem Gebiet. Und ich möchte für den Besten arbeiten.“

Zuerst hatte ihn diese Aussage misstrauisch gemacht. Aber da war kein kokettes Lächeln gewesen, kein aufreizender Wimpernschlag oder zweideutiger Unterton in der Stimme. Im Gegenteil, sie hatte sogar relativ abweisend gewirkt und schien einzig und allein auf ihre Karriere konzentriert zu sein.

An genau diesem Punkt hatte er zum ersten Mal bemerkt, dass in ihrer Gegenwart all seine Sinne erwachten. Noch beängstigender wurde dieses Phänomen, wenn er ihr in die Augen blickte …

Natürlich bekämpfte er diese unerwünschten Gefühle, wann immer sie ihn überfielen. Derartige Schwächen hatten keinen Platz in seinem Berufs- oder Privatleben. Alles, was er wollte, war eine höchst effiziente Assistentin, die jede neue Herausforderung erfolgreich meisterte.

Und Moneypenny übertraf in dieser Hinsicht seine kühnsten Erwartungen. Regelmäßig gelang es ihr, ihn mit ihrem Talent und ihrer Kompetenz aufs Neue zu überraschen. Eine echte Seltenheit für einen Mann in seiner Position.

Er war mit seiner Musterung bei ihren Füßen angekommen und stellte erstaunt fest, dass sie auf der Innenseite ihres linken Knöchels ein winziges Tattoo trug. Es war ein blauschwarzer Stern, nicht größer als ein Daumennagel. Dieses kleine Detail passte kein bisschen zu Briannas nüchterner Erscheinung, und für einen Moment glaubte Sakis, er würde halluzinieren.

Aber nein, da war definitiv eine echte Tätowierung auf ihrer hellen, seidigen Haut!

Als hätte sie seinen Blick gespürt, ließ Brianna plötzlich ihre Hände ruhen und hob den Kopf.

Hastig sah Sakis auf seine Armbanduhr. „Wir werden in drei Stunden landen. Lassen Sie uns ruhig für eine halbe Stunde Pause machen, bevor wir die Krise weiter in Angriff nehmen!“ Wie erwartet, machte sie nicht den Eindruck, als wollte sie ihr Tablet aus der Hand legen. „In zehn Minuten wird ein warmes Essen serviert.“

Automatisch fiel sein Blick wieder auf ihren Knöchel, und Brianna kreuzte die Beine, sodass er die Tätowierung nicht mehr sehen konnte.

„Mr Pantelides?“

„Ähm, ich gönne mir vorher noch eine schnelle Dusche“, brummte er und stand auf. An der Tür zu einer der hinteren Kabinen blieb er stehen und drehte sich noch einmal um.

Brianna Moneypenny griff gerade zum Bordtelefon und klappte mit der anderen Hand ihren Laptop auf. Fleißig und beflissen wie immer! Seine Assistentin war wirklich höchst professionell und hatte bei ihrer selbstbewussten Bewerbung vor achtzehn Monaten nicht zu viel versprochen.

Autor

Maya Blake
<p>Mit dreizehn Jahren lieh sich Maya Blake zum ersten Mal heimlich einen Liebesroman von ihrer Schwester und sofort war sie in den Bann gezogen, verlor sich in den wunderbaren Liebesgeschichten und begab sich auf romantische Reisen in die Welt der Romanhelden. Schon bald träumte sie davon, ihre eigenen Charaktere zum...
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