In dieser heißen Sommernacht ...

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Brennende Begierde, heiße Wut: Nur eine Frau kann solch widerstreitende Empfindungen in Nathan Battle wecken: seine sexy Ex Amanda. Seit sie zurück ist, steht Nathans Gefühlswelt Kopf. Was kann er nur tun, damit wieder Ruhe in seinem Leben einkehrt und er nicht dauernd von Amandas sinnlichen Kurven träumen muss? Spontan fasst er einen Entschluss: Um sein wildes Verlangen nach Amanda für immer zu befriedigen, wird er noch ein letztes Mal mit ihr schlafen! In einer heißen Sommernacht unter dem Sternenhimmel beginnt er sie zu verführen - mit ungeahnten Folgen …


  • Erscheinungstag 01.07.2014
  • Bandnummer 1826
  • ISBN / Artikelnummer 9783733720544
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Amanda Altman ist wieder da.

Die ganze Stadt sprach über nichts anderes, und Sheriff Nathan Battle war schrecklich genervt. Nichts hasste er mehr, als Gegenstand von Klatsch und Tratsch zu sein. Das hatte er bereits einige Jahre zuvor durchgemacht. Dadurch, dass er nach Houston gegangen war, hatte er das Schlimmste vermieden. Dort hatte er die Polizeiakademie besucht und ein paar Jahre gearbeitet.

Aber dann war er wieder in seine Heimatstadt Royal zurückgekehrt, hatte sich ein Heim eingerichtet und war fest entschlossen zu bleiben. Schließlich gehörte er nicht zu den Leuten, die Problemen aus dem Weg gingen. Irgendwann würden die Bewohner von Royal sich schon wieder beruhigen und ein anderes Opfer finden.

So war das in der kleinen texanischen Stadt nun einmal. Es passierte einfach zu wenig, und deshalb wärmte man gern die alten Klatschgeschichten wieder auf.

Selbst hier, in den heiligen Hallen des Texas Cattleman’s Club, konnte Nathan dem Gerede nicht entkommen – oder den genüsslichen Spekulationen. Leider hatte sein bester Freund besonders viel Vergnügen daran.

„Na, Nathan“, fing Chance grinsend an, „hast du Amanda eigentlich schon gesehen?“

Nathan blickte den Mann, der ihm gegenübersaß, düster an. Chance McDaniel hatte den ererbten Besitz zu einer Ferienranch mit Hotel ausgebaut, und Nathan musste zugeben, dass ihm mit McDaniel’s Acres etwas ganz Besonderes gelungen war. „Nein“, stieß er grimmig hervor.

„Du kannst ihr nicht ewig aus dem Weg gehen“, sagte Chance fröhlich und trank einen Schluck von seinem Scotch. Seine grünen Augen funkelten vergnügt. Offenbar machte es ihm großen Spaß, den Freund aufzuziehen.

„Warum nicht? Hat doch bisher ganz gut geklappt.“ Auch Nathan nahm einen Schluck.

„Aber sicher!“ Chance war kurz davor, laut loszuprusten. „In den letzten Wochen warst du deshalb ja auch die Ruhe selbst!“

„Sehr witzig!“

„Allerdings.“ Jetzt konnte Chance sich das Lachen nicht mehr verkneifen. Als er sich wieder beruhigt hatte, fragte er: „Wo holst du dir eigentlich jetzt deinen Kaffee? Ich meine, wo du den Royal Diner nicht mehr betreten kannst?“

„Bei der Tankstelle.“

„Was? Dir muss es ja wirklich dreckig gehen, wenn du Charlies Brühe trinkst. Vielleicht ist es an der Zeit, dass du lernst, dir selbst Kaffee zu kochen.“

„Und vielleicht ist es an der Zeit, dass du endlich die Klappe hältst!“, fuhr Nathan den Freund gereizt an. Warum war Amanda auch nach Royal zurückgekommen? Sie hatte sein ganzes Leben durcheinandergebracht. Normalerweise begann er den Tag mit einem guten Frühstück im Royal Diner, wobei Amandas Schwester Pam immer schon den frisch gebrühten Kaffee für ihn bereithielt. Aber seit Amanda wieder zurück war, musste er sich mit Charlies schlechtem Kaffee und irgendwelchen abgepackten süßen Teilchen zufriedengeben.

„Nun sei doch mal ehrlich, Nate“, fuhr Chance ruhig fort. „Auf die Dauer kannst du Amanda nicht aus dem Weg gehen. Sie soll entschlossen sein hierzubleiben. Margie Santos hat gesagt, dass sie sich sogar nach einem eigenen Haus umsieht.“

Das war auch Nathan schon zu Ohren gekommen. Wie auch nicht, wenn jeder im Umkreis von zehn Meilen scharf darauf war, ihn auf Amanda Altman anzusprechen. Margie war nicht nur die schlimmste Klatschtante, sondern auch die erfolgreichste Maklerin der Stadt. Also stimmte wohl, was Chance sagte. Amanda hatte die Absicht, in Royal zu bleiben.

Und das bedeutete, dass er sich damit abfinden musste und sie nicht länger ignorieren konnte. Zu ärgerlich, wo er doch gerade über sie hinweggekommen war, es zumindest geschafft hatte, nur noch selten an sie zu denken. Vor Jahren war das noch ganz anders gewesen. Während ihrer leidenschaftlichen Affäre war sie ihm Tag und Nacht im Kopf herumgegangen. Verständlich, wenn man bedachte, dass sie damals sogar verlobt gewesen waren.

Die Zeiten ändern sich eben. Er starrte in sein Glas. „Lass uns über was anderes sprechen.“

„Okay.“ Während Chance ihm erzählte, was in der letzten Zeit auf der Ranch passiert war, ließ Nathan den Blick durch den großen Raum wandern. Immer wenn er hier im Texas Cattleman’s Club war, dem TCC, wie der Club allgemein genannt wurde, hatte er den Eindruck, die Zeit sei stehen geblieben. Obwohl seit Kurzem auch Frauen Zutritt hatten, hatte sich nicht viel geändert.

Die Tradition war überall spürbar – in den mit Holz getäfelten Wänden, den schweren Ledersesseln und den Bildern, die allesamt Jagdszenen darstellten. Lediglich der große TV-Flachbildschirm war in den letzten Jahren hinzugekommen. Auch jetzt lief das Sportprogramm, wenn auch ohne Ton, denn Sport war den Texanern sehr wichtig.

Es herrschte eine wohltuende Stille, die nur vom Rascheln der Zeitungen und dem Klingen der Gläser unterbrochen wurde. Kurz war ein helles Frauenlachen zu hören, und Nathan grinste unwillkürlich, als er sah, wie Beau Hacket zusammenzuckte. Beau war fast sechzig, schob einen Bauch vor sich her und konnte sich nicht damit abfinden, dass neuerdings auch Frauen als Mitglieder aufgenommen wurden. Für ihn gehörten Frauen in die Küche und hatten in dem ehrwürdigen Herrenclub nichts zu suchen. Empört sah er sich um, als wollte er sagen: Habt ihr das gehört? Das geht doch nicht!

Keiner sagte ein Wort, aber Nathan konnte an vielen verklemmten Mienen ablesen, dass besonders die alte Garde mit dieser Neuregelung nicht einverstanden war.

„Hört sich an, als hätte Abigail viel zu lachen“, meinte Chance leise.

Nathan grinste. „Abigail hat immer viel zu lachen.“

Abigail Langley Price war mit Brad Price verheiratet und das erste weibliche Mitglied des Clubs. Diese Mitgliedschaft hatte sie gegen starken Widerstand, wenn auch mit Nathans Unterstützung, durchgesetzt, und Nathan bewunderte sie dafür noch immer.

„Findest du es merkwürdig, dass wir jetzt schon so viele weibliche Mitglieder haben?“ Fragend sah Chance den Freund an.

„Nein.“ Nathan leerte das Glas und stellte es auf den blank polierten Holztisch. „Im Gegenteil. Ich halte das für total normal.“

„Ich eigentlich auch. Aber Männer wie Beau sind nicht gerade glücklich darüber.“

„Männer wie Beau haben immer was zu meckern. Aber er wird sich schon daran gewöhnen.“ Und ironisch lächelnd fügte Nathan hinzu: „Die Zeiten ändern sich eben.“

„Das kann man wohl sagen. Wenn ich daran denke, worüber wir heute Abend abstimmen müssen.“ Besorgt schüttelte Chance den Kopf.

„Du meinst die Kinderbetreuung?“ Darüber wurde schon seit Tagen geredet. Seit Abigail und andere Frauen Mitglieder des TCC waren, brachten auch sie ihre Vorstellungen und Wünsche ein.

„Ja. Das wird den konservativen Mitgliedern gar nicht gefallen.“

„Fürchte ich auch“, stimmte Nathan ihm zu. „Obwohl so eine Einrichtung für Kinder sinnvoll ist, während die Eltern im Club sind. Wir hätten schon längst daran denken sollen.“

„Vollkommen richtig. Da wird Beau nur leider anderer Meinung sein“, gab Chance zu bedenken.

„Beau ist immer anderer Meinung.“ Nathan lachte leise. Als Sheriff hatte er häufig mit Beau zu tun, der sich über alles und jeden beschwerte.

„Stimmt.“ In diesem Augenblick schlug die Uhr über dem gewaltigen Kamin, und Chance stand seufzend auf. „Es wird Zeit. Die Versammlung fängt gleich an.“

„Ja, leider.“ Auch Nathan erhob sich. „Ich fürchte, es wird hoch hergehen.“

Und so war es auch. Nach einer Stunde hitziger Diskussionen hatten die Gemüter sich immer noch nicht beruhigt. Beau Hacket hatte sogar Unterstützung für seine steinzeitliche Einstellung gefunden. Sam Gordon, dem zusammen mit seinem Zwillingsbruder Josh das Bauunternehmen Gordon Construction gehörte, wehrte sich genauso hartnäckig wie Beau gegen die geplanten Neuerungen.

„Kommt mir das nur so vor“, flüsterte Nathan seinem Freund Alex Santiago zu, „oder denkt Sam Gordon immer mehr wie Beau Hacket?“

„Nein“, gab Alex leise zurück. „Das Gefühl haben andere auch. Selbst sein Bruder scheint überrascht zu sein, wie sehr sich Sam in die Sache verbissen hat.“

Obgleich Alex noch nicht lange in Royal lebte, hatte er sich bereits gut integriert und eine Menge Freunde gewonnen. Als Finanzberater und erfolgreicher Investor hatte er viel Geld verdient, und manchmal fragte sich Nathan, warum sich jemand wie Alex ausgerechnet in einer kleinen Stadt wie Royal niedergelassen hatte. Aber wahrscheinlich wunderten die Einwohner sich auch, warum Nathan Battle in die Stadt zurückgekommen war, um hier Sheriff zu werden. Obgleich er es gar nicht nötig hatte zu arbeiten, da ihm die Hälfte der Battlelands Ranch gehörte.

Mit einem schnellen Blick vergewisserte sich Nathan, dass die Anzahl der Anwesenden ausreichte, um zu einer gültigen Abstimmung zu kommen. Der frühere Rodeostar Ryan Grant war das erste Mal dabei und schien nicht so ganz ernst zu nehmen, was hier ablief. Dave Firestone, dessen Land an die Battlelands Ranch grenzte, hatte sich weit zurückgelehnt und betrachtete das Ganze wie ein Tennismatch. Beau war purpurrot vor Erregung und schrie jeden nieder, der nicht seiner Meinung war. Chance saß neben Shannon Morrison, die aussah, als würde sie jeden Augenblick aufspringen und Beau Hacket überdeutlich die Meinung sagen. Offensichtlich war sie entsetzt über seine altmodischen Ansichten.

Gil Addison, der Präsident des TCC, war am Ende seiner Geduld. Er stand am Kopfende des langen Tisches, seine schwarzen Augen funkelten vor Zorn, und er schlug mit dem kleinen Holzhammer so lange auf den Tisch, bis endlich Ruhe einkehrte. „Schluss mit der Diskussion. Wir sollten jetzt abstimmen. Alle, die für eine Kinderbetreuung und damit für den Anbau an das Billardzimmer sind, heben die Hand.“

Viele Hände reckten sich in die Höhe.

„Und alle, die dagegen sind, heben jetzt die Hand.“ Nur wenige Hände zeigten sich. Gil schlug wieder auf den Tisch. „Okay, dem Antrag wird stattgegeben“, sagte er lächelnd. „Der Anbau ist genehmigt.“

Beau und ein paar andere Mitglieder saßen kurz da wie versteinert. Erst wurden Frauen in den ehrwürdigen Männerclub aufgenommen, und nun auch noch das! Doch sie konnten nichts dagegen tun. Dann erhoben sie sich alle gleichzeitig und stürzten aus dem Raum.

Mitfühlend lächelnd sah Nathan ihnen hinterher. Er konnte sich vorstellen, wie ihnen zumute war, aber es hatte keinen Sinn, eisern an der Vergangenheit festzuhalten. Die Welt drehte sich schnell, und entweder man drehte sich mit ihr, oder man wurde überrollt. Sosehr auch er an manchen Traditionen hing, wusste er doch, dass man mit der Zeit gehen musste. Ob er wollte oder nicht, die Dinge änderten sich, und man musste flexibel sein. Vielleicht auch in seiner Haltung Amanda gegenüber?

„Sieg auf der ganzen Linie“, verkündete Abigail Price stolz und sah ihre Freundinnen strahlend an. „Und unsere Julia wird die Erste sein, die von dem neuen Betreuungszentrum profitiert. Wenn es denn erst einmal gebaut ist.“

„Das stimmt, Liebste.“ Brad Price legte seiner Frau den Arm um die Schultern. „Tut mir leid für Beau und die anderen, aber sie werden schon darüber hinwegkommen.“

„So wie du“, sagte Abigail leise und lächelte ihn an.

Recht hat sie, dachte Nathan. Vor gar nicht langer Zeit waren Abigail und Brad wütend aufeinander losgegangen, wann immer sich die Gelegenheit dazu ergab. Auch Brad war strikt dagegen gewesen, dass Frauen in den TCC aufgenommen wurden. Und nun? Sie waren verliebt wie die Turteltauben, verheiratet und hatten eine entzückende kleine Tochter.

Während sich alle gegenseitig beglückwünschten, sagte Alex plötzlich: „Lasst uns doch rüber zum Diner gehen und den Sieg mit Kaffee und Kuchen feiern.“

„Gute Idee“, stimmte Chance zu und warf schnell einen Blick auf Nathan.

Freunde! Manchmal können sie wirklich eine Pest sein, dachte Nathan. Seit er in Royal war, bemühten sich Chance und Alex, ihn mit Amanda zusammenzubringen. Aber er ließ sich nicht drängen. Irgendwann würde er sich mit ihr treffen, aber wenn, dann dort, wo er wollte, und keinesfalls jetzt in aller Öffentlichkeit. „Ohne mich“, sagte er und stand auf, ohne die anderen anzusehen. „Ich muss wieder ins Büro. Habe noch einiges aufzuarbeiten.“

„Du willst ihr doch nur aus dem Weg gehen“, brummte Alex.

„Ach was!“, brauste Nathan auf. „Als ob das in einer Stadt wie Royal möglich ist.“

„Eben. Darüber solltest du vielleicht mal nachdenken“, mischte sich Chance ein.

Idioten! Wütend verließ Nathan den Raum.

Amanda hatte so viel um die Ohren, dass sie kaum Zeit hatte, sich um Nathan Gedanken zu machen. Kaum, aber eben doch ein bisschen.

Denn obwohl ihre Tage ausgefüllt waren, da sie das Familienrestaurant mit ihrer Schwester Pam zusammen führte, nach einem neuen Haus suchte und Probleme mit ihrem Auto hatte, musste sie leider immer wieder an Nathan Battle denken. „Das war klar“, sagte sie leise vor sich hin. Sowie sie nach Royal zurückgekehrt war, waren auch die Erinnerungen an Nathan wieder da. Darüber sollte sie sich nicht wundern.

Fast ihr ganzes Leben hatte sie ihn gekannt. Seit sie dreizehn war, hatte sie heftig für ihn geschwärmt. Sehr gut erinnerte sie sich noch an dieses erregende Gefühl, als er sie, die kleine Sechzehnjährige, zum Schulball einlud. „Und wenn es dabei geblieben wäre“, murmelte sie, „dann hätte ich nur wunderschöne Erinnerungen.“ Sie füllte Wasser in die Kaffeemaschine, maß das Kaffeepulver ab und drückte auf den Startknopf.

Gedankenverloren sah sie sich in dem großen Raum um. Auch wenn sie in den letzten Wochen ein paar Änderungen vorgenommen hatte, war eigentlich alles noch wie früher. Dies war ihr Zuhause. Hier war sie aufgewachsen, hatte zuerst als Aushilfe in der Küche und dann als Kellnerin für die Eltern gearbeitet. Der Royal Diner war so etwas wie eine Institution in Royal und sollte in dem Sinn weitergeführt werden. Deshalb war sie nach dem Tod des Vaters in die Stadt zurückgekehrt und hatte zusammen mit ihrer Schwester Pam das Lokal übernommen.

Genau. Nicht wegen Nathan Battle war sie zurückgekommen, sondern um den Diner der Familie zu erhalten. Obwohl sie jedes Mal erschauerte, wenn sie nur an ihre frühere große Liebe dachte. Aber das war vorbei. Sie hatte sich geändert, und Nathan Battle war nicht Teil ihrer Lebensplanung.

„Meine angebetete Amanda, wann heiratest du mich endlich und ziehst mit mir nach Jamaica?“

Eine vertraute Stimme riss Amanda aus den Gedanken, und sie drehte sich lächelnd um. „Hallo, Hank.“

Hank Bristow war achtzig, lang und dünn und hatte eine von der Sonne gegerbte Haut. Seit seine Söhne die Ranch übernommen hatten, war er oft im Royal Diner anzutreffen, wo es immer jemanden gab, mit dem er sprechen konnte. Er zwinkerte Amanda zu und hielt ihr seinen Kaffeebecher hin.

„Sei ehrlich, Hank, du liebst mich doch nur wegen meines Kaffees.“ Amanda schenkte ihm ein.

„Na und? Eine Frau, die guten Kaffee kochen kann, ist nicht mit Gold aufzuwiegen.“ Er schmunzelte vergnügt.

„So, so.“ Amanda nickte ihm zu und versorgte dann auch die anderen Gäste mit frischem Kaffee. Fast alle waren ihr vertraut. Wie überhaupt das Leben in Royal. Sie hatte sich hier so problemlos wieder eingefügt, als sei sie nie weg gewesen.

„Warum hast du denn neue Speisekarten bestellt?“

Vielleicht nicht ganz so problemlos … Amanda wandte sich zu ihrer Schwester um. Offenbar hatte Pam wieder etwas an ihrer jüngeren Schwester auszusetzen. Leider hatten die beiden sich schon als Kinder nicht besonders gut verstanden. Und das war nicht besser geworden. Dabei war Amanda im Wesentlichen deshalb nach Royal zurückgekommen, weil Pam sie brauchte. Aber das musste nicht unbedingt bedeuten, dass sie über Amandas Hilfe froh war.

Amanda stellte die Kaffeekanne wieder auf die Wärmeplatte. „Weil die alten ersetzt werden mussten. Sie waren kaputt, und die Hälfte der Gerichte bieten wir gar nicht mehr an.“

Streng sah Pam sie an und stemmte die Hände in die Hüften. „Na und? Unsere alten Kunden wissen das. Sie brauchen keine eleganten neuen Speisekarten.“

Geduld, Amanda, Geduld … „Sie sind nicht elegant. Sie sind nur nicht mehr schäbig.“

„Pah …“

„Nun hör mir mal gut zu, Pam.“ Amanda zwang sich zur Ruhe. „Wir sind beide für das Lokal verantwortlich. Du hast gesagt, du brauchst Hilfe, und ich bin gekommen. Die Schwestern Altman führen den Diner gemeinsam.“

Sekundenlang starrte Pam beleidigt vor sich hin, dann zuckte sie mit den Schultern. „Ich habe dich aber nicht gebeten, den Laden hier zu übernehmen.“

„Das ist auch nicht der Fall. Ich will nur helfen.“

„Indem du alles änderst? Erst die Einrichtung und jetzt auch noch die Speisekarten?“ Pam senkte die Stimme, da einige Gäste neugierig in ihre Richtung sahen. „Hast du vergessen, wie wichtig Tradition für einen Ort wie Royal ist? Wahrscheinlich hast du zu lange in der Großstadt gelebt.“

Sofort meldete sich Amandas schlechtes Gewissen. In den letzten Jahren war sie kaum hier gewesen, das stimmte und tat ihr auch sehr leid. Denn nach dem Tod ihrer Mutter hätte sie den Vater und Pam unterstützen sollen. Stattdessen hatte sie sich kaum gekümmert. Und nun war es zu spät. Der Vater war tot, und sie würde sich ihr Leben lang Vorwürfe machen, dass sie nicht mehr Zeit mit ihm verbracht hatte.

Dennoch, das Leben ging weiter. Und sosehr sie auch an gewissen Traditionen hing, man musste mit der Zeit gehen. „Auch Dad hat eine Menge hier in dem Diner verändert, nachdem er ihn von seinem Vater übernommen hatte. Und die alten Möbel mussten ersetzt werden, sie waren verschlissen und ausgeblichen. Das ist dir doch bestimmt auch aufgefallen.“

„Darum geht es gar nicht!“

„Worum denn dann?“ Amanda seufzte leise. „Du hast mich gebeten, zu kommen und dir zu helfen. Oder nicht?“

„Das schon. Aber ich habe nicht damit gerechnet, dass du alles an dich reißt.“

Hm, da war was dran. Vielleicht hatte sie zu übereilt gehandelt. Vielleicht hätte sie nicht allein entscheiden, sondern die Schwester in die Überlegungen mit einbeziehen sollen. „Stimmt, Pam, das war nicht richtig.“ Überrascht sah die große Schwester sie an. Offenbar hatte sie ein solches Zugeständnis nicht erwartet. „Ich hätte mit dir über die neuen Speisekarten reden sollen. Und auch über die neue Ausstattung. Ich weiß, das war falsch. Ich … ich hatte nur vorher selbst nicht gewusst, wie sehr ich an dem Diner hänge, an unserem Zuhause. Und als ich dann wieder hier war, habe ich mich sofort in die Arbeit gestürzt.“

„Du hängst an dem Lokal? Das kann ich mir gar nicht vorstellen.“

Amanda lachte. „Ich mir eigentlich auch nicht. Wir beide haben hier doch oft ziemlich schuften müssen. Ich hätte nicht gedacht, dass ich mich eines Tages danach zurücksehnen würde.“

Kopfschüttelnd lehnte sich Pam gegen den Tresen und warf dann Hank einen scharfen Blick zu. Der alte Mann hatte alles mit angehört und wandte sich verlegen ab. „Es ist gut, dass du da bist“, gab Pam schließlich leise seufzend zu. „Und wenn wir uns die Arbeit teilen, sollte auch noch genug Zeit für Privatleben sein.“

„Ja, davon bin ich überzeugt.“ Amanda lächelte erleichtert. Vielleicht konnten sie und Pam doch noch zueinanderfinden.

„Aber wir beide führen den Diner, nicht du allein“, sagte Pam nachdrücklich. „Es geht nicht, dass du die Entscheidungen fällst und ich hinterher vor vollendeten Tatsachen stehe.“

„Nein, du hast vollkommen recht. Das wird nicht wieder vorkommen.“

„Gut.“ Zufrieden nickte Pam. „Dann lasse ich dich nachher allein. Es gibt neuerdings einige Bauern, die Biogemüse anbauen. Die will ich mir mal ansehen, denn wir sollten …“

Während Pam ihr begeistert von den neuen Anbaumethoden erzählte, hörte Amanda ihr lächelnd zu und ließ dabei den Blick über die Gäste schweifen, die regelmäßig im Royal Diner frühstückten. Dann blickte sie aus dem Fenster. Auch was sie da sah, war ihr vertraut. Die Mainstreet. Bürgersteige voll Menschen, die nach einem frühen Schnäppchen Ausschau hielten. Autos parkten am Straßenrand. Der Sheriff trat aus seinem Büro und ging in Richtung des Diners.

Der Sheriff … Nathan kam auf sie zu

Amandas Herz schlug plötzlich wie verrückt. Der Mund wurde ihr trocken, und sie starrte den Mann an, den sie einfach nicht vergessen konnte.

Höchste Zeit, endlich Amanda aufzusuchen. Nathan verließ das Büro und trat auf die Hauptstraße. Sein Hilfssheriff Red Hawkins würde ihn für ein paar Stunden vertreten. Nathan blieb kurz stehen und sah hoch. Der Morgen war klar, wahrscheinlich würde es wieder ein heißer Tag werden. Schon jetzt stand die Sonne gleißend am Himmel. Das war Texas, wie er es liebte.

Während er den Bürgersteig entlang in Richtung Diner ging, nickte er immer wieder den Leuten zu, die ihm entgegenkamen. Kurz blieb er stehen, um Macy Harris die Haustür aufzuhalten. Sie hatte ihr Zweijähriges an der Hand und den Kleinsten auf dem Arm. „Danke, Sheriff.“

Er lächelte. Dies war seine Welt. Hier gehörte er hin. Offenbar hatte er erst ein paar Jahre in der Großstadt als Polizist arbeiten müssen, um das Leben in Royal würdigen zu können. Und er würde hier bleiben, das war ihm absolut klar. Dies war sein Zuhause, und das konnte ihm auch jemand wie Amanda Altman nicht vermiesen.

Entschlossen überquerte er die Straße und näherte sich dem Royal Diner. Dieses Lokal gab es schon seit ewigen Zeiten. Bereits als Kind war er mit seiner Familie hier gewesen. Und später als Teenager hing er oft mit seinen Freunden dort herum, weil in der kleinen verschlafenen Stadt, wie er damals fand, einfach nichts los war. Der Diner war so etwas wie der Mittelpunkt des Städtchens, er war eigentlich zu jeder Tageszeit gut besucht. Und so würde Nathans erste Begegnung mit Amanda nach langer Zeit viele Zuschauer haben.

„Sei’s drum“, murmelte er vor sich hin. Irgendwann musste es sein, und es wurde Zeit, es endlich hinter sich zu bringen. Er zog die Tür auf, trat ein und blieb erstaunt stehen. Vieles war so wie immer, und doch hatte sich einiges verändert.

Die Wände waren frisch gestrichen. Der Tresen war immer noch rot, allerdings restauriert und leuchtete in einem dunklen Burgunderton. Auch ein Großteil der Möbel war ersetzt worden, und der Fußboden aus schwarz-weißen Fliesen glänzte wie frisch poliert.

Das alles nahm Nathan zwar wahr, aber eher unbewusst. Er machte einen Schritt vorwärts und blieb dann wieder stehen. Denn hinter dem Tresen war die Frau, wegen deren er gekommen war. Amanda Altman. Mann, sieht sie gut aus …

Sie blickte ihn an, und es überlief ihn siedend heiß. Damit hatte er nicht gerechnet. Er war so sicher gewesen, dass er über sie hinweg war und mit der Vergangenheit abgeschlossen hatte.

Was für ein Irrtum

„Hallo, Nathan.“

„Amanda.“

Augenblicklich war es totenstill im Raum. Offenbar hielten alle den Atem an, um kein Wort zu verpassen. Aber das war Nathan egal. Er sah nur Amanda.

Sie ging zum Ende des Tresens und setzte sich hinter die Kasse. Fühlte sie sich da sicherer? Irgendwie erleichterte es ihn, dass sie sich bei dieser Begegnung in aller Öffentlichkeit genauso unbehaglich fühlte wie er. Es entspannte ihn und machte ihm Mut. Schließlich war sie diejenige, die neu in der Stadt war. Sicher, sie war hier aufgewachsen, aber erst ein paar Wochen zuvor nach Royal zurückgekehrt, während er schon seit drei Jahren in der Stadt lebte und längst Fuß gefasst hatte.

Er war also in einer sehr viel besseren Position. Entschlossen folgte er ihr. Als er vor ihr stand, warf sie kämpferisch den Kopf zurück. Wie gut kannte er diese Geste.

„Morgen, Nathan“, flötete Pam, die aus der Küche kam. „Du bist ja lange nicht hier gewesen.“

„Hatte viel zu tun.“

„Das Übliche?“

„Ja, danke, Pam.“ Dabei ließ er Amanda nicht aus den Augen. Sie sah so aus wie immer und doch irgendwie anders. Vielleicht weil sie ihn nicht bewundernd anhimmelte, so wie früher? Und wenn schon, sagte er sich. Warum sollte sie? Ihre Affäre war längst vorbei, auch wenn er spürte, dass Amandas Anblick ihn noch immer erregte. Er lächelte freundlich. „Und? Wirst du länger hierbleiben? Oder besuchst du nur deine Schwester?“ Immer noch war es mucksmäuschenstill im Raum.

Pam kam auf ihn zu und reichte ihm einen mit einem Deckel verschlossenen Pappbecher Kaffee. Er griff in die Hosentasche, holte Kleingeld und ein paar Scheine heraus, blickte Amanda dabei aber unentwegt an.

„Geht auf Kosten des Hauses“, sagte sie schnell.

„Nicht nötig.“ Er legte das Geld auf den Tresen. „Aber du hast meine Frage noch nicht beantwortet. Bleibst du, oder bist du nur auf der Durchreise?“

„Ich bleibe hier, Nathan“, sagte sie leise. „Ich hoffe, das stört dich nicht.“

Er lachte übertrieben laut, wie er selbst fand, nahm den Deckel ab und trank einen Schluck. „Warum sollte mich das stören?“ Er hatte seine Stimme erhoben, sodass alle ihn hören konnten. „Wir sind doch schon ewig nicht mehr zusammen.“

Alle spitzten die Ohren.

„Stimmt. Schließlich sind wir keine Kinder mehr.“ Auch Amanda sprach jetzt lauter. Was er kann, kann ich schon lange … „Weshalb sollten wir nicht freundschaftlich miteinander umgehen können?“

Freundschaftlich? Nur mit Mühe konnte er seine körperliche Erregung verbergen, und sie meinte, sie könnten Freunde sein? Nie und nimmer. Doch das würde er ihr gegenüber nicht zugeben. „Selbstverständlich.“

„Gut. Ich bin froh, dass wir uns einig sind.“

„Ich auch. Wiedersehen.“ Nathan drehte sich um und ging zur Tür.

Autor

Maureen Child
<p>Da Maureen Child Zeit ihres Lebens in Südkalifornien gelebt hat, fällt es ihr schwer zu glauben, dass es tatsächlich Herbst und Winter gibt. Seit dem Erscheinen ihres ersten Buches hat sie 40 weitere Liebesromane veröffentlicht und findet das Schreiben jeder neuen Romance genauso aufregend wie beim ersten Mal. Ihre liebste...
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