Küss mich, Boss!

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Liegt es am romantischen Zauber Italiens? Kara, bis jetzt immer reserviert im Umgang mit ihrem Boss Blake Benedict, vergisst während einer Geschäftsreise alle Vorsicht: Eine Nacht lang genießt sie mit ihm die Liebe! Mit süßen Folgen …


  • Erscheinungstag 26.07.2015
  • ISBN / Artikelnummer 9783733742713
  • Seitenanzahl 128
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Eine solche Gelegenheit darf man sich nicht entgehen lassen, dachte Kara. Jede andere Frau wäre glücklich gewesen, mit ihrem Chef zu der jährlich stattfindenden Konferenz nach Italien zu fliegen. Doch bei Kara war das traurigerweise nicht so. Und es würde niemals so sein.

Nicht, dass Blake Benedict ein Mann war, den man ohne Weiteres hätte übersehen können. Er war äußerst attraktiv, hatte herbe, aber interessante Gesichtszüge, die dafür sorgten, dass man genauer hinsah. Und das hatte sie schon oft getan. Gerüchten nach war er geschieden und hatte geschworen, nie wieder zu heiraten. Aber an Freundinnen mangelte es ihm nicht. Sie umschwirrten ihn wie Bienen einen Honigtopf.

Nicht so Kara. Sie wollte nicht, dass er sie bemerkte, und versuchte stets, sich unsichtbar zu machen, indem sie dunkle Kostüme und wenig Make-up trug und ihr Haar streng nach hinten frisierte. Eigentlich war ihr rötlich braunes Haar das Schönste an ihr, aber sie konnte es im Büro auf keinen Fall offen tragen.

Der Umstand, dass er sie nicht weiter beachtete, zeigte ihr, dass ihre Bemühungen, ihre weiblichen Reize zu verbergen, erfolgreich waren. Ihr war das Wichtigste, exzellente Arbeit abzuliefern, und selbst wenn er sie nicht mit Lob überschüttete, wusste sie, dass er mehr als zufrieden mit ihr war.

Bei dem Gedanken, ihn nach Italien zu begleiten, war ihr nicht ganz wohl. Das war unmöglich! Aber wie sollte sie ihm das sagen? Was, wenn er darauf bestand? Was, wenn er ihr sagte, dass das zu ihrem Job dazugehörte?

Sie war überglücklich gewesen, als sie den Posten als Sekretärin von Blake Benedict, dem Vorsitzenden der Benedict Corporation, einer internationalen Firma mit Hauptniederlassung in London, bekommen hatte. Als sie ihm das erste Mal begegnet war, hatte sie etwas Gefährliches gespürt, das ihren Körper wie ein Blitz durchzuckt hatte. Nie zuvor hatte sie etwas Derartiges empfunden. Blake war deutlich größer als die meisten Männer, sein markantes Kinn war mit einem Grübchen ausgestattet und sein dunkles, kurzes Haar war an den Schläfen silbrig. Er hatte tief liegende graue Augen und seine Nase sah aus, als wäre sie in Marmor gehauen – genau wie seine Lippen. Diese waren so schön geformt, dass Kara sich gelegentlich bei dem Wunsch ertappte, von ihnen geküsst werden zu wollen. Das, was sie dabei empfand, war Kara völlig fremd und verunsicherte sie sehr. Nicht nur, dass sie noch nie einen Mann geküsst hatte, sie war noch nicht einmal mit einem ausgegangen – dafür hatte ihr Vater gesorgt. Und obwohl ihr tyrannischer Vater nicht mehr lebte, war er doch noch ständig präsent.

„Das ist doch kein Problem für Sie, oder?“ Blake war überrascht, dass Kara nicht sofort begeistert zugesagt, sondern ihn nur entgeistert angestarrt hatte. Die Konferenz war eine Gelegenheit, die sich keine andere seiner Sekretärinnen hätte entgehen lassen.

Er musste sich eingestehen, dass Kara anders war, und wäre er nach Olivias Weggang nicht so verzweifelt gewesen, so hätte er sie nicht eingestellt. Er mochte es, sich mit schönen Frauen zu umgeben, und Kara war … nun, sie gab sich nicht gerade Mühe, toll auszusehen. Aber sie hatte erstklassige Referenzen und machte ihre Arbeit verdammt gut. Und er brauchte sie in Mailand. Sie hatte die Konferenz praktisch alleine organisiert. Sie wusste genau, was an der Tagesordnung stand. Darum würde er dafür sorgen, dass sie dabei wäre, egal, mit welchen Ausreden sie ihm käme.

Sie sah extrem nervös aus, und zum ersten Mal fiel ihm auf, was für zarte Fußgelenke sie hatte – sie waren alles, was er von ihren Beinen sehen konnte, denn wie immer trug sie einen dieser langen Röcke. Und ihre flachen Schuhe waren das Unvorteilhafteste, was er je gesehen hatte. Aber diese Fußgelenke … Warum hatte er die nicht schon früher bemerkt? „Haben Sie heute Abend etwas vor, Miss Redman?“ Er hatte keine Ahnung, warum er das fragte, aber es kam ihm auf einmal wichtig vor, es zu wissen.

„Gehört diese Frage hierher, Mr Benedict?“

Das war nicht die Antwort, die er erwartet hatte, und sie amüsierte ihn. Er meinte sogar, dass ihre blauen Augen aufblitzten. Sie waren fast violettblau. Noch etwas, das ihm bisher nicht aufgefallen war. Es sah toll aus, wie sie ihn mit großen Augen ansah und mit den langen, glänzenden Wimpern klimperte, während sie auf seine Antwort wartete.

Das war eine ganz neue und interessante Seite seiner Sekretärin. Eine Seite, die er gerne näher erkunden wollte.

Trotzdem gefiel es ihm nicht, dass sie seinen Wünschen nicht ohne Weiteres entsprechen wollte. „Falls ich Sie aufhalte, können wir unser Gespräch später fortsetzen.“

„Sie halten mich nicht auf.“ Kara bemühte sich, den Sarkasmus, den er in seine Stimme gelegt hatte, zu ignorieren. „Aber es gibt nichts zu besprechen. Ich kann Sie nicht nach Italien begleiten – so ist das einfach. Es tut mir leid.“

Mit angehaltenem Atem wartete sie auf seine Antwort. Sie konnte sich vorstellen, dass noch nie jemand Nein zu ihm gesagt hatte. Was Blake Benedict sagte, wurde ohne Wenn und Aber gemacht. Warum auch nicht, wo er doch der Besitzer einer der größten Firmen für IT-Solutions war. Blakes Erfolgsgeschichte übertraf die kühnsten Vorstellungen. Im Alter von fünf Jahren konnte er mit dem Computer bereits besser umgehen als die meisten Erwachsenen, mit sechzehn war er mit selbst geschriebenen Programmen ins Geschäftsleben eingestiegen, und jetzt arbeiteten Tausende für ihn. Jedermann verehrte ihn und niemand dachte auch nur daran, Nein zu ihm zu sagen. Aber Kara konnte ihre Mutter einfach nicht alleine lassen, nicht einmal für ein paar Nächte. Es wäre viel zu gefährlich.

Ihre kühne Absage verblüffe ihn offensichtlich. Er runzelte die Stirn und kniff die grauen Augen zusammen. „Kann nicht gibt es bei mir nicht, Miss Redman. Sie arbeiten lange genug für mich, um das zu wissen.“

Natürlich tat sie das, aber ihre Gründe waren ebenso wichtig. „Ich … ja, ich weiß, aber ich habe ein Leben neben meiner Arbeit, und …“

„Und dieses Leben ist so wichtig, das Sie sich nicht ihren beruflichen Aufgaben widmen können?“

Sein harscher Ton ließ sie erschaudern, doch sie ließ sich nicht beirren. „Mr Benedict, ich glaube nicht, dass ich meine Arbeit nicht stets zu Ihrer Zufriedenheit erledige.“ Sie hatte so oft bis spät in den Abend hinein gearbeitet, dass sie manchmal das Gefühl hatte, mehr Zeit im Büro zu verbringen als zu Hause.

„Das vielleicht nicht. Sie machen ihre Sache sehr gut“, gab er zu.

Oh, ein Lob, dachte sie. Das kam diesem Mann tatsächlich nur selten über die Lippen. Aber er war ein fairer Arbeitgeber. Seine Angestellten wurden anständig behandelt und bekamen hohe Gehälter, und sie lohnten es ihm, indem sie gute Arbeit ablieferten.

„Wer ist es denn, dem Sie bei Ihrer Zeitplanung Priorität einräumen? Ein Freund vielleicht?“

Seine gehobenen Brauen verrieten Kara, dass er diese Entschuldigung nicht gelten lassen würde. Sie wusste, dass er keine Ruhe geben würde, bis sie ihm die Wahrheit sagen würde, oder zumindest das, was sie davon preiszugeben bereit war. „Wenn Sie es unbedingt wissen müssen – ich kümmere mich um meine Mutter. Sie kommt nicht ohne mich klar.“ Und Kara betete, dass er nicht nach den näheren Umständen fragen würde.

Für den Bruchteil einer Sekunde zögerte er. Dies war offenbar etwas, womit er nicht gerechnet hatte. Kara fragte sich, ob auch er eine Mutter hatte, die auf ihn angewiesen war. Blakes Lebensinhalt war die Arbeit. Während der elf Monate, die sie für ihn arbeitete, hatte er nicht einen einzigen Tag Urlaub gemacht.

„Gibt es denn niemand anderen, der sich um sie kümmern könnte? Kein anderes Familienmitglied?“

Kara war versucht, zu erwidern: Würde ich dann hier sitzen und mit Ihnen darüber reden? Können Sie sich nicht denken, wie gerne ich zusagen und mit nach Italien kommen würde? Aber sie tat es nicht. Stattdessen sah sie ihm fest in die Augen. „Ich bin Einzelkind, und mein Vater ist tot.“ Klopfenden Herzens wartete sie auf seine Antwort.

Langsam hob er die Brauen. „Ich verstehe. Das ist bedauerlich. Es tut mir leid. Was fehlt Ihrer Mutter?“

„Sie hat gesundheitliche Probleme. Sie braucht mich.“

„Und Sie sind sicher, dass es niemand anderen gibt, der sich ein paar Tage um sie kümmern könnte?“

Kara zögerte. Die Schwester ihrer Mutter hatte immer wieder gesagt, dass sie sehr gern einspringen würde, falls Kara eine Pause brauchte, aber sie hatte dieses Angebot nie in Anspruch genommen. Sie war sich nicht sicher, ob ihrer Tante klar war, wie zerbrechlich Lynne geworden war.

Doch sie zögerte zu lange, und Blake Benedict packte die Gelegenheit beim Schopf. „Ich sehe an Ihrem Gesichtsausdruck, dass es jemanden gibt.“

Kara presste die Lippen zusammen und nickte. „Ja … meine Tante. Vielleicht. Ich müsste sie fragen.“

„Dann tun sie das, Miss Redman. Und wenn die Antwort Nein sein sollte, werde ich persönlich eine Pflegerin engagieren.“

Was bedeutete, dass er vorhatte, sie nach Mailand mitzunehmen, ob sie wollte oder nicht. Kara wusste nicht, ob sie sich darüber ärgern oder geschmeichelt fühlen sollte. Sie hatte Blake nicht die ganze Wahrheit gesagt, als sie ihm erzählt hatte, dass die Gesundheit ihrer Mutter der Grund war, warum sie sie nicht alleine lassen konnte; das Ganze war wesentlich ernster. Aber das ging ihn nichts an, und sie hatte nicht vor, darüber zu sprechen.

„Ich werde abwarten, was meine Tante sagt. Ist das alles, Mr Benedict?“ Sie sah ihm fest in die Augen. Er musste nicht wissen, wie viel Angst sie davor hatte, ihre Mutter alleine zu lassen.

„Das ist alles.“ Und schon widmete er sich wieder seiner Arbeit.

Ihre Mutter war entschieden dafür, dass Kara nach Italien fuhr. „Ich bleibe gerne ein paar Tage bei Susan. Sie wird sich freuen, dass ich zu ihr komme. Ich kann bei ihr bleiben, solange ich will.“

„Es ist nur für ein paar Tage“, beeilte sich Kara zu versichern. „Ich würde versuchen, darum herumzukommen, aber Mr Benedict besteht darauf, dass ich mitkomme.“

„Du machst dir zu viele Sorgen um mich, mein Schatz. Die Abwechslung wird mir guttun.“

„Aber natürlich mache ich mir Sorgen“, protestierte Kara. „Ich habe allen Grund dazu. Hast du keine Angst, dass er herausfindet, wo du bist?“

Das Gesicht ihrer Mutter verdüsterte sich. „Meinst du die Ratte, die Geld von uns will? Dein Vater hat uns nicht gerade gut behandelt, oder? Es ist unfair, dass du all dein sauer verdientes Geld …“

„Das stört mich nicht, solange es dir gut geht.“

„Bei Susan bin ich sicher“, versicherte ihre Mutter. „Und es wird dir guttun, einmal rauszukommen.“

Kara schüttelte den Kopf. „Das klingt ja, als würde ich in Urlaub fahren. Aber das wird alles andere als ein Urlaub, das kann ich dir versichern. Mr Benedict wird mich ganz schön schuften lassen.“ Schon der Gedanke daran, noch mehr Zeit als sonst mit ihm zu verbringen und den ganzen Tag von ihm herumkommandiert zu werden, war alles andere als spaßig.

„Er hat begriffen, was in dir steckt. Ich wette, dass du die beste Sekretärin bist, die er je hatte.“

Lächelnd zuckte Kara die Schultern, sagte ihrer Mutter aber nicht, dass Blake Benedict genau das angedeutet hatte.

„Wo sind die anderen?“

Blake hatte einen Wagen geschickt, der Kara zu dem kleinen privaten Flugplatz gebracht hatte, wo sie verabredet waren, und sie erwartete, dass die anderen Manager bereits an Bord sein würden. Doch kein anderer kam. Die Motoren liefen, nur noch wenige Sekunden bis zum Abflug, aber sie und Blake waren allein.

„Die anderen sind schon los. Ich dachte, wir könnten die Zeit nutzen, um uns ein wenig zu unterhalten. Sie arbeiten jetzt schon fast ein Jahr lang für mich und trotzdem weiß ich fast nichts über Sie.“

Sein Lächeln verriet ihr, dass er das die ganze Zeit geplant hatte. Es war ein Lächeln, das beruhigend auf sie wirken sollte, doch stattdessen ließ es die Alarmglocken in ihrem Kopf klingeln. Mit Blake Benedict alleine sein war das Letzte, was sie jetzt gebrauchen konnte. Und sie verstand nicht, warum er sich plötzlich so für sie interessierte. Es sei denn, er war auf etwas anderes aus.

Es ging das Gerücht um, dass seine letzten beiden Sekretärinnen, die ihn auf Geschäftsreisen begleitet hatten, die Firma direkt nach der Rückkehr verlassen mussten. Außerdem hieß es, das er Affären mit ihnen gehabt hatte, während sie unterwegs gewesen waren. War es das, was er vorhatte? Eine Affäre? Dachte er, dass es an der Zeit sei, ihr näherzukommen?

Ein kalter Schauer lief ihr den Rücken herunter. Daran hatte sie nicht gedacht, und jetzt war es zu spät, aus der Sache herauszukommen. Sie würde vorsichtig sein müssen. Sie musste ein Schutzschild aufbauen und aufpassen, es auch nicht eine einzige Sekunde fallen zu lassen. Als die Maschine schließlich abhob, war ihr ganz flau im Magen. Und das lag nicht an der Höhe.

Es war ein luxuriöser Flieger mit tiefen, bequemen Sitzen, doch der Umstand, dass sie mit ihrem Chef alleine war, ließ alles ringsumher unwichtig erscheinen. Es fühlte sich an, als seien sie die einzigen Personen im Universum.

Zum Glück hatten sie eine Stewardess, die bereitstand, um ihnen jeden Wunsch zu erfüllen. Doch die war bald darauf verschwunden, und Blake hatte Kara gebeten, sich neben ihn zu setzen. Er wollte noch einmal in Ruhe den Ablauf der Tagung mit ihr durchgehen.

Kara hatte das Gefühl, kaum noch Luft zu bekommen. Beim Einatmen nahm sie seinen Duft wahr. Selbst wenn sie die Augen schloss, konnte sie Blake Benedicts Gegenwart und seine Stärke spüren. Sein Duft war wie eine Droge; er durchdrang ihren ganzen Körper und gab ihr das Gefühl, von Leben erfüllt zu sein wie nie zuvor.

Und von Angst.

Was war bloß mit ihr los? Während all der Zeit, die sie für ihn arbeitete, hatte sie sich nie so gefühlt. Allerdings war sie noch nie mit ihm allein gewesen. Nicht so allein. In seinem Büro war es anders – die ganze Atmosphäre war anders. Jetzt fühlte sie sich unbeholfen und unsicher.

„Es gibt nichts, wovor Sie sich fürchten müssen, Miss Redman. Oder darf ich Sie Kara nennen? Kara ist so ein schöner Name; es wäre eine Schande, ihn nicht zu benutzen.“

Ein schöner Name! Das hatte noch nie jemand zu ihr gesagt. Wieder durchlief sie ein Schauer.

„Ich bin froh, dass Sie heute nicht so ein scheußliches Kostüm anhaben.“

Kara fühlte, wie sie errötete. Sie hatte zwei Kostüme eingepackt, aber heute Morgen hatte sie ihre eigenen Regeln gelockert und Jeans und einen knallrosa Pullover angezogen. Allerdings trug sie wie üblich kein Make-up und hatte die Haare nach hinten gebunden.

Auch Blake hatte auf seinen dunklen Anzug verzichtet und trug stattdessen einen cremefarbenen Leinenanzug, der gut zu seiner sonnengebräunten Haut passte. Jetzt hatte er das Jackett ausgezogen, und ein paar Strähnen seines Haars, das er wie üblich zurückgekämmt trug, hatten sich gelöst, was ihn jünger und beunruhigend zugleich aussehen ließ.

„Warum erzählen Sie nicht ein bisschen von sich?“, schlug er vor.

Ein erregter Schauer durchlief Kara. Es fühlte sich gefährlich an. „Was gibt es denn zu erzählen, das Sie noch nicht wissen?“

„Ich weiß überhaupt nichts“, antwortete er, „außer, dass Sie offenbar die meiste Zeit damit verbringen, sich um Ihre Mutter zu kümmern, anstatt auszugehen und sich zu amüsieren. Natürlich ist das sehr lobenswert. Aber ich bin sicher, sie wäre die Erste, die mir zustimmen würde: Sie brauchen ein eigenes Leben.“

„Ich bin mit dem, was ich tue, nicht unglücklich. Seitdem mein Vater gestorben ist, hat sie niemanden mehr – warum sollte ich meine Zeit nicht mit ihr verbringen?“

„Ich sage ja nicht, dass Sie es bleiben lassen sollen, sondern nur, dass Sie versuchen sollten, zum Ausgleich auch mal etwas anderes zu machen. Sie sind Einzelkind, genau wie ich. Wie war Ihre Kindheit? Hatten Sie viele Freunde, oder sind Sie lieber für sich geblieben?“

„Eher Letzteres“, gab sie zu.

„Hatten Sie eine glückliche Kindheit? Wie war Ihr Vater?“

„Warum wollen Sie das alles wissen?“, fragte Kara in unbeabsichtigt scharfem Ton. Blake hatte einen wunden Punkt getroffen. Auf keinen Fall würde sie ihm erzählen, was für einen scheußlichen Vater sie gehabt hatte und dass er ihnen selbst jetzt, wo er tot war, einen ganzen Haufen Probleme bereitete. „Ich dachte, wir müssten noch einmal die Unterlagen für die Tagung durchgehen“, sagte sie und rückte ein wenig von ihm ab.

Blake kniff die Augen zusammen. „Sie haben recht. Wir sollten uns um das Geschäftliche kümmern.“ Und doch fragte er sich, warum Kara solch eine Abneigung dagegen hatte, von sich zu erzählen – oder von ihrem Vater. Vielleicht hatte sie ihn so sehr geliebt, dass ihr sein Verlust noch immer Schmerzen bereitete? Wie sie sich in sich selbst zurückgezogen hatte, als er ihn erwähnt hatte! Blake hatte keine Ahnung, wie viel Zeit seit dem Tod ihres Vaters vergangen war, aber er konnte sich nicht daran erinnern, dass sie sich für eine Beerdigung freigenommen hatte. Es musste also passiert sein, bevor sie angefangen hatte, für ihn zu arbeiten.

Zu schade, dass Kara nicht reden wollte. Gern hätte er mehr über sie erfahren. Sie machte ihn neugierig. Quasi über Nacht war sie von einem hässlichen Entlein zu einem Schwan geworden. In den engen Jeans und dem knallrosa Pullover sah sie umwerfend aus. Er wollte seinen Blick nicht von ihr wenden. Unglaublich, dass sie sich in ihrer Freizeit so kleidete, während sie im Büro immer diese dunklen Kostüme trug. Zu gern hätte er gewusst, was sie für die Konferenz mitgenommen hatte.

Er klappte seinen Laptop auf und starrte auf den Bildschirm, ohne ihn wirklich zu sehen. Er hatte nur Augen für Kara. Es war ihm unverständlich, dass sie ihre Schönheit verborgen gehalten hatte. Sie hatte ein hübsches Gesicht – eine Nase, deren Spitze leicht nach oben zeigte, tolle blaue Augen und wunderschön geschwungene Lippen, die zum Küssen einluden.

Kara war froh, dass Blake aufgehört hatte, ihr Fragen zu stellen. Sie hatte sich bereits eingeengt gefühlt. Oder klopfte ihr Herz wegen der unerwarteten und unangemessenen Anziehung, die er auf sie ausübte, so schnell? Ihr Vater hatte ihr verboten, mit Jungs auszugehen, und nach seinem Tod hatte sie weder Zeit noch Lust dazu gehabt. Darum war dies das erste Mal, dass sie einem Mann, der Interesse an ihr zeigte, so nahe war, und es war ihr nicht geheuer.

Als Blake sich schließlich auf seinen Bildschirm zu konzentrieren begann, lehnte sich Kara entspannt zurück und schloss die Augen. Aber es war nicht leicht, Blake zu vergessen, während der Duft seines Rasierwassers in ihre Nase drang, sein Bein nur wenige Zentimeter von ihrem entfernt war und sie spürte, dass er sie zwischendurch ansah.

Irgendwann schlief sie ein. Mit einer sanften Berührung an der Schulter wurde sie von Blake geweckt. Er bat sie, ihren Gurt anzulegen, weil sie gleich landen würden.

Verlegen richtete sie sich auf. Blake war völlig entspannt und lächelte. Ob er sie beim Schlafen beobachtet hatte? Ihr wurde ganz heiß bei dem Gedanken. Hatte sie wohl mit offenem Mund geschlafen? Hatte sie lächerlich ausgesehen? „Es tut mir leid, dass ich eingeschlafen bin“, sagte sie zaghaft.

„Das sah sehr schön aus! Allerhand, Ihren Kopf auf der Schulter zu haben! Meine reservierte, adrette Sekretärin hat sich zum ersten Mal wie eine normale Frau benommen.“

Ein Schreck durchfuhr Kara. Ihr Kopf auf seiner Schulter! Was hatte sie getan? Ihr Herz schlug wie verrückt. „Es tut mir wirklich leid.“

„Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen. Es war mir ein Vergnügen.“

Ein Vergnügen! Wieder stieg ihr die Glut ins Gesicht. Wie unendlich peinlich! „Es war sehr unhöflich von mir … Gestern Nacht habe ich nicht gut geschlafen …“

„Weil Sie heute mit mir verreisen?“ Als der Blick aus seinen grauen Augen den ihren traf, erbebte Kara. Außerdem war etwas in seiner Stimme, das sie beunruhigte.

Es war falsch, von ihrem Vater auf andere Männer zu schließen, aber ihre Mutter hatte ihr geraten, vorsichtig zu sein, und ihr gesagt, dass Männer nicht immer so waren, was sie zu sein schienen. Und das Einzige, was Kara über Blake wusste, war, dass er für seine Affären berühmt war. Und sie hatte nicht vor, eine weitere Nummer in der Statistik zu werden.

Doch wie sollte sie seine Frage beantworten? „Es war der Gedanke an die kommenden Tage“, sagte sie, was nicht komplett gelogen war. „Ich war noch nie in Italien.“

„Dann trage ich gern zu Ihrer Weiterbildung bei, in dem ich Ihnen Orte zeige, die Sie nur aus Büchern oder dem Fernsehen kennen.“

„Mr Benedict.“ Kara setzte einen geschäftsmäßigen Gesichtsausdruck auf. „Ich glaube nicht, dass wir Zeit haben werden, Sightseeing zu machen. Ihr Terminplan ist sehr voll!“

Sein Schmunzeln sagte alles. „Für das Vergnügen ist immer Zeit, Kara.“

2. KAPITEL

Die Fahrt zum Hotel verging schnell, und weil Kara die Zimmer gebucht und Fotos davon gesehen hatte, wusste sie, was sie erwartete. Und doch erstaunte sie die tatsächliche Größe des Hotels. Das Gebäude war überwältigend. Aber was ihr die Sprache verschlug, war die Entdeckung, dass sich ihr Zimmer direkt neben dem von Blake befand.

Offenbar war es ein Teil seiner Suite, da es mit dieser durch eine Zwischentür verbunden war. Zum Glück war sie verschlossen, aber das änderte nichts an Karas Beunruhigung. Ob er veranlasst hatte, dass sie hier untergebracht wurde?

Es gab nur einen Weg, das herauszufinden. Sie ging die paar Meter durch den Korridor zu seiner Tür und klopfte. Als sie seine Stimme hörte, trat sie ein. „Warum habe ich das Zimmer neben Ihnen?“, fragte sie unverblümt.

„Stört es Sie?“

„Wenn ich ehrlich bin, ja.“

„Warum?“, fragte er und hielt ihren Blick mit seinen grauen Augen fest.

Autor

Margaret Mayo
Margaret Mary Mayo wurde am 7. Februar 1935 in der Grafschaft Staffordshire, England, geboren und hat diese Region noch nie verlassen. Sie hatte nie vor Autorin zu werden, obwohl sie das Lesen liebte. Nachdem ihre beiden Kinder, Adrian und Tina, geboren waren und schließlich zur Schule gingen, nahm sie ihre...
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