Man nehme: Lust und Leidenschaft

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Seit zwei Jahren arbeitet die hübsche Köchin Jillian für den attraktiven Millionenerben und Chefkoch Cole Cress. Und genauso lange knistert es schon heiß zwischen ihnen! Doch ein Happy End scheint unmöglich. Denn seine arrogante Mutter will Jillian unbedingt aus Coles Leben verbannen. Sie macht ihr ein verlockendes Angebot: Jillian soll ein Restaurant in San Francisco leiten! Aber das Schicksal bringt sie wieder zurück nach Manhattan, wo Cole mit seinem Geheimrezept auf sie wartet: Lust und Leidenschaft …


  • Erscheinungstag 26.10.2021
  • Bandnummer 2208
  • ISBN / Artikelnummer 9783751503891
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

April

Jillian Rossi rückte ihre Schildpattbrille zurecht und sah sich in der großzügigen Küche des Stadthauses in Manhattans historischem Viertel Lenox Hill um. Sie betrachtete die maßgeschneiderten Schränke, die verchromten Elektrogeräte und die bronzefarbenen Armaturen. Sie liebte diesen Ort. Kannte ihn in- und auswendig, seit sie letztes Jahr als Privatköchin für die Besitzer angefangen hatte.

Sie war es gewohnt, für wohlhabende Prominente zu arbeiten.

Nachdem sie jahrelang ihrer geliebten Großmutter Ionie beim Kochen zugeschaut hatte, war Jillian mit dem Traum vom eigenen Restaurant auf die Kochschule gegangen. Durch Postings ihrer selbstgekochten Gerichte und köstlichen Desserts war sie in den sozialen Medien richtig bekannt geworden. Dadurch konnte sie als Privatköchin durch die Welt reisen und für bekannte Sportler und Stars arbeiten. Yachtpartys. Ausgefallene Dinner. Aufregende Events. Privatjets. Villen. Penthousewohnungen. Privatinseln. Alles in der Hoffnung, sich bald ihren Traum erfüllen zu können.

„Der Lifestyle der Reichen und Schönen“, seufzte sie.

Ein paar Jahre später hatte sie diese glamourösere Seite des Lebens hinter sich gelassen, um endlich ihr Restaurant zu eröffnen. Sie hatte gedacht, ihre Tage als Privatköchin wären vorbei. Doch das Projekt scheiterte und ließ Jillian schon kurz nach der Eröffnung mit einem beträchtlichen Berg an Schulden zurück. Sie war enttäuscht und schämte sich für ihr Scheitern. Diese Gefühle waren ihre ständigen Begleiter – und das vergangene Jahr hatte leider nicht zur Heilung beigetragen. Genauso wenig wie ihre Rückkehr zur Arbeit als Privatköchin.

Sie liebte das Kochen. Und den Mitgliedern der Cress-Familie – die selbst alle weltberühmte Köche waren – schienen Jillians Gerichte zu schmecken. Darauf konnte sie sicherlich stolz sein. Nur fühlte es sich wie ein Rückschritt an.

Das lag alles schon hinter mir. Und jetzt bin ich trotzdem wieder hier.

Jillian ging durch die Küche in die riesige Speisekammer. Hier fand sie alles, was ihr Köchinnenherz begehrte. Unter der Marmorarbeitsplatte gab es einen kleinen Kühlschrank, und eine große Spüle fehlte natürlich auch nicht, um die Lebensmittel vorzubereiten.

Jillian ging zu ihrem Arbeitsplatz und überprüfte, ob im Drucker das cremefarbene Papier mit dem goldenen Monogramm lag. Sie bediente den Touchscreen und druckte das heutige Frühstücksmenü aus. Jedes Familienmitglied bekam ein eigenes auf das platinumrandete Gedeck gelegt.

Selbst Kleinigkeiten wurden hier pompös ausgeschmückt.

Bei all dem Ruhm dieser prominenten Familie wuchs ihr eigener Wunsch nach Erfolg nur noch. Sie alle hatten sich als Köche einen Namen gemacht und standen inzwischen an der Spitze eines millionenschweren Kochimperiums. Außerdem gehörte ihnen dieses fünfstöckige Stadthaus mit zehntausend Quadratmetern, das groß genug war, um die ganze Sippe unterzubringen. Hier wohnten die Eltern, Phillip senior und Nicolette. Mit ihren fünf Söhnen: Phillip junior mit seiner Frau Raquel und ihrer vierjährigen Tochter Collette, Sean, Gabriel, Lucas und …

„Morgen, Jillian.“

Cole.

Beim tiefen Klang der Stimme von Coleman Cress hielt sie einen winzigen Moment inne, bevor sie die Menüs aus dem Drucker zog. Ihr Herzschlag beschleunigte sich, als sie einen Blick über die Schulter warf und Cole im Türrahmen stehen sah.

Genau wie seine vier Brüder war er ein gut aussehender Mann. Groß, schlank und durchtrainiert wie ein Krieger. Seine Augen waren mandelförmig und graublau. Zusammen mit seiner braunen Haut ergab das eine umwerfende Kombination. Er sah aus wie gemeißelt – mit den hohen Wangenknochen, der breiten Nase und dem markanten Kinn. Trotzdem verliehen ihm seine vollen Lippen und die dichten, dunklen Wimpern einen sanften Zug. Die dunkelbraunen Locken trug er kurz, und der Schatten seines Bartes machte ihn unwiderstehlich. Mit seinem Kleidungsstil – dunkle T-Shirts, Jeans und Bikerjacken aus Leder – zog er alle Blicke auf sich.

Jillian dachte oft, dass er Ähnlichkeit mit dem Schauspieler Michael Ealy hatte.

Zum Anbeißen.

Inzwischen raste ihr Puls. „Guten Morgen, Mr. Cress“, antwortete sie, als er in die Speisekammer kam und die Tür hinter sich schloss. Sie reichte ihm das Menü. „Zum Frühstück gibt es heute Omelett. Hier ist die Liste mit den Zutaten.“

Cole sah ihr in die Augen und lächelte, so süß wie Sirup auf warmen Pancakes. Sein Lächeln war charmant, doch in seinen Augen blitzte etwas Freches auf. „Mr. Cress?“, fragte er neckend und kam direkt auf sie zu. Das Blatt Papier ignorierte er. „Warum so förmlich? Heute Nacht war es nur Cole.“

Cole, hör nicht auf. Wag es nicht, aufzuhören.

Sie zwang sich, den Blick von ihm zu lösen. Er war so nah, dass sie Gänsehaut bekam, und als sie sich an die letzte Nacht erinnerte, wurde ihr heiß. Im vergangenen Jahr hatten sie viele solcher Nächte miteinander verbracht. Heiße Nächte. Heimliche Nächte.

Cole ließ seine großen Hände unter ihre Kochjacke gleiten und legte sie Jillian auf die Hüften. Sie spürte die Hitze seiner Berührung durch ihre schwarze Leggings hindurch. Er senkte den Kopf und flüsterte gegen ihre Lippen: „Willst du mich etwa nicht küssen?“

Sie schloss die Augen. Nichts wünschte sie sich sehnlicher, als seinen Mund auf ihrem zu spüren.

„Das geht nicht“, wisperte sie und trat einen Schritt zurück, bevor diese wundervollen Lippen sie berühren konnten.

Er zögerte, schloss dann aber die Lücke zwischen ihnen. „Du hast recht, und das gefällt mir nicht“, gab er zu. Sein Blick ruhte bedauernd auf ihrem Mund, dann drehte Cole sich um und ging aus der Speisekammer. Die Tür ließ er offen.

Jillian biss sich auf die Unterlippe und sah ihm nach. Es dauerte einen Moment, bis ihr Puls sich wieder beruhigte. Diese Wirkung hatte Cole immer auf sie. Wenn er in der Nähe war, hatte sie sich nicht mehr unter Kontrolle.

Seit sie ihn das erste Mal gesehen hatte, ging er ihr nicht mehr aus dem Kopf. Letzten Januar. Als sie eingestellt worden war. In den folgenden zwei Monaten hatten sie einander intensive Blicke zugeworfen. Bis März wurde aus den Blicken eine heiße, hemmungslose Affäre. Nach zwei gescheiterten Ehen wusste Jillian inzwischen genau, was sie wollte. Sie hatte kein Interesse an etwas Festem. Also genoss sie ein Jahr später immer noch ihre leidenschaftliche, geheime Affäre mit dem rebellischen Cress-Sohn.

Für sie war klar: Daraus würde nichts Ernstes werden.

Sie räusperte sich und verließ mit den Menüs in der Hand die Speisekammer. Sie ging in Richtung Esszimmer, das im hinteren Teil des Hauses lag – dem Teil mit der glamourösen Glasrückwand. Im selben Moment stieg Nicolette Lavoie-Cress aus dem Aufzug neben der Treppe. Sie war eine klassische französische Schönheit mittleren Alters. Silberne Strähnen durchzogen ihre blonden Haare, und sie hatte dieselben blauen Augen wie Cole. „Guten Morgen, Mrs. Cress.“ Jillian nickte ihr höflich zu. „Ich wollte gerade das Frühstücksmenü austeilen.“

„Sehr gut“, sagte Nicolette mit einem starken französischen Akzent. „Zum Dinner erwarte ich die ganze Familie … bis auf Gabe.“

Gabriel Cress war nach einem heftigen Zerwürfnis mit Phillip senior ausgezogen. Seitdem hatte er das Haus nicht mehr betreten, nicht mal für die Feiertage. Cole hatte ihr verraten, dass Gabe immer noch mit Monica zusammen war, die in den letzten fünf Jahren als Haushälterin für die Cress-Familie gearbeitet hatte.

Doch Jillian ließ sich nicht anmerken, dass sie Bescheid wusste oder dass Nicolettes Bedauern nicht zu übersehen war.

„Es wird endlich wärmer, da sollten wir Pasta machen“, sagte sie.

Phillip senior, ein großer, massiver Mann mit einem breiten Lächeln, kam in die Küche. Er war Engländer und hatte Nicolette auf einer Kochschule in Paris getroffen. Er warf seiner Frau einen innigen Blick zu und nickte zur Begrüßung in Jillians Richtung. Dann ging er weiter ins Esszimmer, um am langen Tisch Platz zu nehmen. Ganz selbstverständlich setzte er sich auf den Lederstuhl am Kopf des Tisches.

„Wie wäre es mit Linguine mit Meeresfrüchten? Wir haben Tintenfisch, Muscheln, Garnelen und Hummer“, schlug Jillian vor, um Nicolettes Aufmerksamkeit wieder auf sich zu lenken.

Auf Jillian wirkte sie immer elegant und beherrscht, außer wenn sie mit ihrem Mann sprach. Ihre Liebe zu Phillip Cress senior stand außer Frage, genau wie seine Liebe zu ihr. Beide machten keinen Hehl aus ihrer Zuneigung füreinander.

„Merveilleux“, sagte Nicolette und ging ebenfalls ins Esszimmer.

Erleichtert folgte Jillian ihr, um die Menüs auf dem Tisch zu verteilen. Cole war in sein Handy vertieft und schaute nicht mal hoch, als sie ein Blatt direkt vor ihm platzierte. Es interessierte sie nicht, worin er so vertieft war. Sie käme nie auf die Idee, Besitzansprüche an einen wilden Rebellen wie Coleman Cress zu stellen.

Das wäre auch albern.

Die rosarote Brille hatte sie schon lange nicht mehr aufgesetzt. Eigentlich hatte sie sie sogar zertrümmert. Sie würde sich nicht noch mal auf eine Beziehung einlassen, die zum Scheitern verurteilt war, bloß weil ihr in der Kindheit unrealistische Ansprüche an Romantik vorgelebt worden waren. Zum Beispiel von ihren Eltern, die seit der Highschool zusammen waren. Im Augenblick wollte Jillian nur ihren Spaß mit Cole und seinem Eightpack.

Noch mehr Spaß machte das Ganze, wenn man es mit Schlagsahne, langen Motorradtouren durch Manhattan und gemeinsamen heißen Bädern garnierte.

Als die fehlenden Familienmitglieder eintrudelten, wischte Jillian ihre Gedanken beiseite und eilte zurück in Richtung Küche.

„Guten Morgen, Köchin Jillian!“

Sie lächelte zu Collette hinab. Die vierjährige Tochter von Phillip junior und Raquel war absolut bezaubernd. Mit ihrer knallgelben Brille, Grübchen auf den Wangen und einem breiten Grinsen strahlte sie sie an.

„Nein, nein“, tadelte Nicolette ihre Enkelin sanft.

„Ups.“ Collette kicherte und presste sich kurz die Hände vor den Mund. „Bonjour, Köchin Jillian.“

Natürlich brachte Nicolette ihr bereits Französisch bei.

Bonjour, Collette“, antwortete Jillian herzlich. Dann holte sie eine Kristallkaraffe mit frisch gepresstem Zitronensaft und eine Kanne mit ghanaischem Kaffee aus der Küche.

Sie musterte Felice, die Haushälterin, die Monica ersetzt hatte und jetzt in dem kleinen Anbau an der Ostseite der Küche wohnte. Sie war schon etwas älter, und genau wie Jillian konzentrierte sie sich auf ihre täglichen Pflichten. Sie war nicht so sympathisch wie Monica, aber ihre Arbeit erledigte sie gewissenhaft.

„Wie ich sehe, bestehst du immer noch darauf, dich wie ein Obdachloser zu kleiden, Coleman“, sagte Phillip senior mit britischem Akzent.

Jillian hielt kurz inne, denn der Ärger in der Stimme des Patriarchen war nicht zu überhören. All seine anderen Söhne trugen Anzüge und legten großen Wert auf ein professionelles Auftreten. Dass Cole sich strikt weigerte mitzuziehen, war seinem Vater ein ständiger Dorn im Auge.

Cole löste den Blick vom Handy und schaute seinen Vater über den Tisch hinweg an. „Wenn du auf mein bequemes Outfit anspielst, das ich mir als erwachsener Mann selbst ausgesucht habe, dann ja“, antwortete er eisig.

Ein Unterschied wie Tag und Nacht. Normalerweise war Cole charmant und freundlich, ein charismatischer Gentleman – außer im Umgang mit seinem Vater. Da schien er die Provokation regelrecht zu genießen.

„Im Leben geht es immer um die Entscheidungen, die wir treffen“, sprach er weiter.

Phillip senior kniff die Augen zusammen und verzog den Mund.

Nicolette entdeckte, dass Jillian noch in der Tür stand.

„Phillip, ich bin sicher, das kann warten“, sagte sie.

Übersetzt hieß das: nicht vor den Angestellten.

Mit einer Handbewegung hieß sie Jillian hereinzukommen, und Cole widmete sich wieder seinem Handy. Der wohlhabende Playboy hatte immer einen Witz oder einen sarkastischen Kommentar auf den Lippen und schien sein Image als Familienrebell zu genießen. Jillian glaubte nicht, dass er je etwas ernst nahm.

Genau deshalb ging es bei ihnen auch nie um mehr als wirklich guten, superspontanen und unheimlich heißen Sex. Mit all seinen Muskeln war Cole unendlich sexy und wusste genau, wie er sie befriedigen konnte. Darin schien er richtig aufzugehen.

Schluss jetzt.

Sie unterdrückte das lustvolle Kribbeln, das sie zu überkommen drohte. So ging das immer. Sie musste nur an den Sex mit ihm denken, und schon spürte sie ein Prickeln zwischen den Beinen. „Okay … Heute haben wir eine große Auswahl an Zutaten für Omeletts. Dazu gibt es Lyoner Kartoffeln. Außerdem saisonalen Obstsalat mit Honig und Toast Ihrer Wahl.“

„Für mich nur Eiweiß mit Spinat und ein bisschen Mozzarella“, sagte Lucas und schenkte sich Zitronensaft ein.

Das überraschte Jillian nicht. Der jüngste Cress-Bruder hatte fünfundzwanzig Kilo abgenommen und setzte jetzt alles daran, sein Gewicht zu halten.

Während sie die Bestellungen aufnahm, wanderte ihr Blick immer wieder zu Cole. Er war wütend, das sah sie an seinen angespannten Schultern. Sonst schlug er ihre Bratkartoffeln mit karamellisierten Zwiebeln und Butter nie aus.

Aber jetzt isst er sowieso nichts.

„Cole, was für ein Omelett darf es sein?“

Er hob den Blick. Seine Schultern entspannten sich, und er lächelte. Ein weiterer Stimmungswechsel wie auf Knopfdruck. „Ich lass das Frühstück ausfallen. Kaffee reicht.“

Kurz war Jillian überrascht. Seine Essgewohnheiten hingen tatsächlich von seiner Stimmung ab. Mit einem Nicken drehte sie sich um und ging in die Küche. Zum Viking-Gasherd mit den acht Brennern, um die Pfannen zu erhitzen. Die waren natürlich von der eigenen Cress,-Inc.-Kochgeschirr-Serie. Geschickt schlug Jillian je zwei Eier in acht Keramikschüsseln, dann kamen Salz und Pfeffer dazu und ein Schuss Sahne. Nachdem sie alles verquirlt hatte, schüttete sie die Eimasse in die heißen Pfannen.

Sie ließ die Eier bei mittlerer Hitze in Ruhe stocken und öffnete ihre Tasche, um ihr Messerset herauszuziehen, zusammen mit einer Karte mit dem Monogramm von Cress, Inc. Sie hielt sie sich an die Nase und inhalierte den leichten Duft von Coles Parfüm, der immer noch daran hing. Genau wie an ihrem Kissen, wenn er mal wieder eine Nacht in ihrem Apartment verbracht hatte.

Mit den Lippen formte sie still die Worte, die darauf standen. „Ich hab deinen Slip von letzter Nacht mitgenommen, bevor ich dich verlassen habe. Ich wollte deinen Geruch noch ein bisschen genießen.“

Die Erregung trieb sie fast in den Wahnsinn.

Sie warf einen Blick zum Esszimmer und sah, dass er sie beobachtete. Sanft klopfte er mit der Hand auf die Tasche seiner Lederjacke, bevor er ihr mit der Kaffeetasse zuprostete. Sie lief rot an. Schnell konzentrierte sie sich wieder auf die Omeletts und warf die gewünschten Zutaten in die Pfannen. Ihr Herz wollte sich jedoch nicht beruhigen – nicht beim Gedanken daran, dass Cole ihren Slip bei sich trug.

Unauffällig beobachtete Cole Jillian über den Rand seiner Kaffeetasse hinweg, als sie das Esszimmer verließ. Sie war groß und sonnengebräunt, ihre rotbraunen Locken hatte sie zu einem Knoten hochgebunden. Die Brille, die sie beim Kochen trug, konnte die langen, dichten Wimpern nicht verstecken, die ihre braunen Augen umrahmten. Durch die hohen Wangenknochen und das spitze Kinn wirkte ihr Gesicht herzförmig und betonte ihren vollen Schmollmund, der sich so perfekt küssen ließ. Bei jedem Schritt wackelte ihr Hintern verlockend in der schwarzen Leggings. Cole lächelte in seine Tasse. Dieser Anblick war noch viel besser, wenn keine Kleidung im Weg war und er die Hände auf ihren Po legen konnte.

Verdammt.

Jillian war wunderschön. Sie war witzig und temperamentvoll. Sexy. Unersättlich. Und nicht an einer ernsten Beziehung interessiert.

Perfekt.

Er genoss es sehr, so lange mit ihr zu flirten, bis sie endlich die sexuelle Spannung abbauen konnten, die zwischen ihnen pulsierte. Aber auf Liebe war er nicht aus.

Damit war er durch.

Als er im letzten Jahr Traci Mason getroffen hatte, war Cole überzeugt gewesen, mit dieser klugen und treuen Schönheit seine Zukunft planen zu können. Er hatte sogar einen Ring besorgt und ihr ganz romantisch im Heißluftballon einen Antrag machen wollen. Bis sein Bruder Gabriel ihm gesteckt hatte, wie Traci vor ihren Freundinnen prahlte. Sie hätte einen großen Fisch von der Cress-Familie an der Angel und wolle die Chance nutzen, um ihre eigene Karriere anzukurbeln.

Mit einem Video, das jemand heimlich von Traci gemacht hatte, hatte Gabe auch die letzten Zweifel beseitigt. Darauf hatte sie genau das gesagt und noch mehr. So viel mehr.

Ganz eindeutig hatte Cole ihr nur den Weg zum Erfolg ebnen sollen. Traci hatte ihn nie aufrichtig geliebt.

Seitdem bevorzugte er unverfängliche Affären. Die heiße Heimlichtuerei mit der schönen Privatköchin hatte ihm durch das letzte Jahr geholfen, in dem seine Familie sich so verändert hatte. Sein Vater hatte verkündet, dass er sich als CEO von Cress, Inc. zurückziehen und einen seiner Söhne als Nachfolger bestimmen würde. Das hatte die Beziehung der Brüder zerstört. Plötzlich dachte jeder nur noch an sich selbst. Und daran, sich vor Phillip senior als würdiger Thronfolger zu beweisen.

Natürlich ging es hier um ein richtiges Imperium.

Seine Eltern hatten mehr als fünfzig Jahre in ihren Ruf als angesehene Köche investiert. Sie hatten Michelin-Sterne und James-Beard-Awards gewonnen, unzählige Restaurants eröffnet und es mit mehr als zwei Dutzend Kochbüchern und Ernährungsratgebern auf die Bestsellerlisten geschafft. Auch ihre wohlüberlegte Entscheidung, Cress, Inc. zu gründen und sich darauf zu fokussieren, hatte sich ausgezahlt. Bereits ein paar Jahre später liefen ihre Kochshows im ganzen Land. Sie produzierten ihr eigenes Kochgeschirr und veröffentlichten ein Onlinemagazin. Außerdem waren da noch die akkreditierte Kochschule und eine Stiftung: die Cress Family Foundation.

Genau wie ihre Eltern waren die fünf Brüder ebenfalls Köche – und ebenso erfolgreich. Vor vier Jahren hatten sie dann – auf die ernsthafte Bitte ihrer Eltern hin – ihre Karrieren hinter sich gelassen, um Vollzeit im Führungsteam des Familienunternehmens einzusteigen. Der Älteste von ihnen, Phillip junior, führte die Cress Family Foundation. Gabriel hatte zunächst die Führung der Familienrestaurants übernommen, sich dann aber entschieden, sich seinen Traum vom eigenen Restaurant zu erfüllen. Sean betreute die Kochshows, und Lucas, der Jüngste, kümmerte sich um die Kochgeschirrserie.

Und Cole war für das Onlinemarketing und globale Branding von Cress, Inc. verantwortlich. Er leitete ein kleines Team, das sich um Werbung, Marketing und die Onlinepräsenz des Unternehmens kümmerte. Diese Aufgabe hatte er übernommen, weil es seiner Mutter so wichtig war, dass er etwas mit seinen geliebten Brüdern teilte.

Mit der Zeit hatte er diese Arbeit lieben gelernt und war inzwischen sogar stolz auf den Erfolg und das Wachstum der Firma. Auf den CEO-Posten war er allerdings überhaupt nicht scharf. Er wetteiferte bloß mit seinen Brüdern, weil er das Gefühl hatte, sein Vater traute ihm den Posten nicht zu. Sein Drang, zu kochen und neue Gerichte zu kreieren, war viel ausgeprägter als bei seinen Brüdern. Deshalb hatte er sich einen Foodtruck angeschafft und arbeitete dort an den Wochenenden. In den Augen seines Vaters war das eine weitere Schande, denn seiner Meinung nach war die gesamte Foodtruckindustrie eines Kochs der Cress-Familie unwürdig.

Was für eine überholte und voreingenommene Ansicht.

Er ist der Letzte, der sich so aufspielen sollte.

Cole stellte die Tasse ab und blickte zu seinem Vater hinüber. Wut brannte wie Feuer in Coles Innerem – die gleiche Wut, die schon in seiner Jugend seine rebellische Art befeuert hatte.

Lügner.

Phillip senior war angsteinflößend, vor allem wenn es darum ging, seine Söhne zu Männern zu erziehen. Er liebte seine Jungs, aber Wärme und Sanftheit hatte er nur für ihre Mutter übrig. Jammern, schlechtes Benehmen, Lügen oder Schwäche wurden nicht geduldet.

Cole betrachtete einen der beiden leeren Stühle am Tisch. Eigentlich saß dort sein älterer Bruder Gabe. Cole war stolz, dass er nicht einfach hingenommen hatte, wie abwertend ihr Vater über Monica gesprochen hatte, als er herausgefunden hatte, dass sein Sohn eine Haushaltshilfe datete.

Wenn er an die Situation zurückdachte, zog sich Cole der Magen zusammen …

„Verhältst du dich ihretwegen in letzter Zeit so verrückt?“, brüllte Phillip, und die Ader an seinem Hals pulsierte bedrohlich.

„Ihretwegen bin ich glücklich“, antwortete Gabe ruhig.

„Glücklich oder geil?“

„Beides.“

Cole schmunzelte, was seinen Vater nur noch wütender machte. Seine anderen Brüder saßen schweigend da und wagten es nicht, den Mund aufzumachen. Ihr Schweigen machte Cole sauer. So schnell war es mit der Loyalität unter Brüdern also vorbei.

„Manche Frauen taugen zum Heiraten, manche nur zum Sex. Lern endlich den Unterschied. Das gilt für euch alle“, knurrte Phillip.

Voller Zorn stampfte Gabe zu seinem Vater herüber und baute sich vor ihm auf. „Sprich nicht so respektlos über sie.“ Seine Stimme war kalt. „Ich lasse dir ja viel durchgehen, aber das geht zu weit.“

Eigentlich war Gabe der „Gute“. Er machte nie Ärger, gab nie Widerworte. Deshalb war es so super gewesen, als er sich gegen ihren Vater behauptet hatte. Cole wäre in der Vergangenheit gerne genauso mutig gewesen.

Das Gespräch am Tisch nahm seinen Lauf, und Cole trank gedankenverloren seinen Kaffee. Er hatte kaum bemerkt, wie verkrampft er sich an die Tasse klammerte. Jetzt lockerte er den Griff, und die Tasse drohte, ihm aus der Hand zu gleiten. Hastig fing er sie auf, bevor sie umkippen und den heißen Inhalt auf dem Tisch verteilen konnte.

Alle Augen richteten sich auf ihn.

„Quelque chose ne va pas, Oncle Cole?“

Er lächelte seine Nichte liebevoll an, die neben ihm saß und ihn durch ihre knallgelbe Brille ansah. „Alles in Ordnung, Collie.“

„Du wirkst noch mürrischer als sonst“, stellte Nicolette fest und schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln. „Du liebst doch Jillians Kartoffeln. Fühlst du dich nicht wohl?“

„Verhätschle ihn nicht, Nicolette.“

Bei dem schroffen Tadel seines Vaters versteifte Cole sich. „Verhätschelt bist wohl eher du, weil du glaubst, du kannst alles haben, was und wann du willst“, gab er schnippisch zurück.

Phillip senior sah ihn kurz an, schüttelte dann den Kopf und widmete sich wieder seiner Zeitung.

Cole entging nicht, dass Lucas und Sean sich vielsagend ansahen. Phillip junior verzog das Gesicht. Collette wusste nicht, wie sie mit der angespannten Stimmung umgehen sollte.

Die schwierige Beziehung zwischen Cole und seinem Vater war für niemanden neu. Doch dahinter steckte mehr als bloß Coles rebellische Art. Es ging um eine bittere Enttäuschung.

Als Teenager hatte er seinen Vater eines Abends mit einer Kellnerin im Familienrestaurant erwischt. Sofort hatte er wieder vor Augen, wie die beiden es miteinander trieben. Er blinzelte und zwang sich, an etwas anderes zu denken.

Das Geheimnis um die Affäre seines Vaters hatte er jedoch stets bewahrt. Ab und zu hasste er sich dafür.

Er sah seine Mutter an. Sie war wunderschön und hingebungsvoll.

Cole hatte sie nicht verletzen wollen, aber die Wut auf seinen Vater nagte seit Jahren an ihm.

Bevor er von Tracis hinterhältigem Spiel erfahren hatte, war er wild entschlossen gewesen, ihr ein besserer Mann zu sein, als sein Vater es für seine Mutter gewesen war. Auch wenn die Medien ihn für einen Playboy hielten, hatte er nie mehrere Frauen gleichzeitig. Er ließ sich nur nicht auf ernste Beziehungen ein.

„Kann ich noch etwas für Sie tun, bevor ich einkaufen gehe?“

Cole sah Jillian an, die im Türrahmen stand, dann blickte er über die Schulter in den riesigen Garten, auf den die Frühlingssonne hinabbrannte. Nur auf der langen Bank fand man noch ein ruhiges, schattiges Plätzchen. Nachts saß er gerne dort, rauchte Zigarre, trank teuren Whisky und lauschte den Geräuschen der Nacht.

Es gab viele Nächte, in denen die Erinnerungen an verpasste Momente mit der sexy Köchin seine Gedanken beherrscht hatten. Nicht selten hatte er sich zu Anrufen oder kurzen Nachrichten hinreißen lassen, um sich dann auf sein Motorrad zu schwingen und durch die Straßen zu ihr zu rasen.

Und tief in sie einzudringen …

„Das ist alles, Jillian. Danke“, sagte Nicolette und riss Cole aus seinen Gedanken.

„Jemand muss sich in Gabes Abwesenheit um die Restaurants kümmern“, sagte Phillip senior und wischte sich mit einer Serviette über die Mundwinkel.

Cole starrte ihn an. „Na, dann viel Glück dabei. Ich spring bestimmt nicht für ihn ein.“

„Werd erwachsen, Cole!“, blaffte Phillip junior.

Cole warf ihm einen wütenden Blick zu. „Fahr zur …“

„Oooh nein.“ Raquel sprang auf und schnappte sich den Teller ihrer Tochter. „Komm mit, Collette. Wir frühstücken oben weiter.“

„Was ist los?“, fragte das kleine Mädchen.

„Die Erwachsenen brauchen einen Moment für sich … damit ihnen wieder einfällt, dass sie erwachsen sind.“ Raquel warf Cole und ihrem Mann vielsagende Blicke zu und führte Collette aus dem Raum.

„Du benimmst dich wie ein bockiges Kind, und langsam wird’s lächerlich“, knurrte Phillip junior.

„Genau wie die Tatsache, dass du immer noch atmen kannst, obwohl du so tief in Dads Arsch steckst“, gab Cole zurück.

Von all den Brüdern war es Phillip junior am wichtigsten, seinem Vater zu gefallen. Und er glaubte, dass er als Ältester automatisch Thronfolger werden würde.

„Jetzt reicht’s“, sagte Sean streng und schüttelte den Kopf. Cole sah den „Star“ an. Jeder hatte seine Rolle. Sean genoss seine Rolle als Star von Cress, Inc. s erfolgreichsten Kochshows. Er hielt sich für das Gesicht der Marke und glaubte, damit hätte er den Platz auf dem Thron sicher. „Was?“, fragte Cole.

„Dass du dir immer einen Spaß draus machst, ihn zu provozieren“, antwortete Lucas.

Die Alternative sind Wutausbrüche. Aber das behielt Cole lieber für sich, als er seinen jüngsten Bruder, den „Liebling“, ansah. Lucas wurde schon sein Leben lang mit der Liebe ihrer Mutter überschüttet. Und mit Essen. Bis vor Kurzem hatte er noch mehr gewogen.

Cole liebte seine Brüder. Er konnte nur nicht ertragen, dass sie ihrem Vater so blind folgten, obwohl er das nicht verdiente.

Nur weiß das keiner außer mir.

„Ihr wollt Gabe also einfach ersetzen und ihm das Gefühl geben, dass wir ihn nicht mehr brauchen oder wollen?“ Er sah seine Brüder vorwurfsvoll an.

„À la nourriture. À la vie. À l’amour“, sagte Nicolette und brach so das Schweigen mit ihrem liebsten französischen Sprichwort. Auf das Essen. Auf das Leben. Auf die Liebe.

Dieser Leitspruch stand über jedem Herd an der Wand, ebenso auf dem Boden jedes Topfes der eigenen Kochgeschirrserie. Man fand es als Wasserzeichen auf jedem Brief der Herausgeber des Kochmagazins. Auch auf der Website war der Spruch zu lesen. Und er diente als Verabschiedung in jeder einzelnen Kochshow.

„Gabriel kommt wieder“, beteuerte sie. „Er wird hier und bei Cress, Inc. schmerzlich vermisst. Doch bis er sich entschließt, seine Stelle wieder anzutreten, muss jemand seine Arbeit übernehmen.“

„Ich mach das“, sagte Phillip junior. „Als künftiger CEO muss ich ein Exempel statuieren und einspringen, wenn andere unser Unternehmen im Stich lassen.“

„Arschkriecher.“ Abartig, wie schamlos seine Brüder jede Chance nutzten.

Autor

Niobia Bryant
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