Mein argentinischer Märchenprinz

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Diamanten bei Tag, Champagner in der Dämmerung, seidene Bettwäsche bei Nacht und immer ihr zärtlicher Traummann an ihrer Seite: Faith kommt sich wie in einem Märchen vor, in dem der Millionär Raul Vásquez ihr Prinz ist! Eigentlich ist sie nach Argentinien gekommen, um sich hier als Tierärztin um Rauls wertvolle Pferde zu kümmern. Stattdessen ist sie in den Armen eines aufregenden Liebhabers und mitten in einem glamourösen Leben gelandet! Bis Faith erfährt, unter welcher Bedingung Raul ihr seine Welt zu Füßen legt - eine Bedingung, die sie nicht erfüllen kann …


  • Erscheinungstag 19.03.2020
  • ISBN / Artikelnummer 9783733716189
  • Seitenanzahl 160
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Anmutig wie eine Kriegerin saß sie auf ihrem Pferd. In der glühenden Sonne Argentiniens schimmerte ihr Haar wie flüssiges Gold.

Zuerst hatte ihn ihr Anblick verärgert, zum einen, weil sie das Pferd in wildem Galopp durch die sengende Hitze trieb, vor allem aber, weil er Einsamkeit gesucht hatte, nicht Gesellschaft. Und wenn es etwas gab, das die argentinische Pampa im Überfluss zu bieten hatte, dann war es Einsamkeit.

Endloses Weideland erstreckte sich bis zum Horizont, der so eben und gerade war, als hätte ihn jemand mit einem Lineal gezogen.

Als Pferd und Reiterin näherkamen und er das Tier erkannte, wandelte sich sein Ärger in Sorge, und augenblicklich flammte Wut über denjenigen in ihm auf, der ihr erlaubt hatte, ausgerechnet mit diesem Pferd allein auszureiten. Er nahm sich vor, den dafür Verantwortlichen später ausfindig zu machen. Schließlich verflog sein Ärger, denn mit typisch männlichem Wohlwollen nahm er die feinen Gesichtszüge der Frau anerkennend wahr.

Er war sein Leben lang von wunderschönen Frauen umgeben gewesen, jede einzelne weitaus aufwendiger hergerichtet als sie, und dennoch konnte er den Blick nicht von ihrem Gesicht wenden. Sie hatte helle Haut, und ihr zierlicher Körper war eine verführerische Kombination aus langen, schlanken Gliedern und wohlgeformten Rundungen. Es schien, als hätten die Götter sie einzig geschaffen, um Männern den Kopf zu verdrehen.

Ihre zarte Haut und ihre geröteten Wangen verliehen ihr einen Hauch von Unschuld. Ein Gedanke, den er mit einem schiefen Lächeln quittierte, denn so selten, wie er mit dieser Eigenschaft in Berührung gekommen war, staunte er, dass es ihm überhaupt auffiel.

Sein Zynismus saß so tief, dass er zunächst der Überzeugung gewesen war, sie müsse ihn gesehen und absichtlich verfolgt haben, aber da sie genauso gut nur rein zufällig hier aufgetaucht sein konnte, verwarf er diese Unterstellung gleich wieder.

Ein glücklicher Zufall, dachte er beiläufig, während sein Blick auf ihren Lippen ruhte. Ein wirklich sehr glücklicher Zufall.

Mit angelegten Ohren krümmte das Pferd den Rücken und machte einen gewaltigen Bocksprung, der sie direkt aus dem Sattel hätte werfen sollen.

Faith biss jedoch bloß verärgert die Zähne zusammen und blieb wie angewachsen im Sattel. „Deine Laune ist heute wirklich grässlich, Fuego, kein Wunder, dass jeder Angst vor dir hat“, murrte sie. „Du wirst mich nicht abwerfen, wir sind meilenweit weg von zu Hause, also bleibe ich sitzen, wo du auch hinrennst. Es wäre besser, du würdest das allmählich begreifen.“

Die Hitze war erdrückend, und Faith wollte eben nach ihrer Wasserflasche greifen, als sie aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahrnahm. Sie wandte den Kopf und erstarrte im Sattel. Jemand beobachtete sie.

Sie war so sehr damit beschäftigt gewesen, sich auf dem Pferd zu halten, dass sie den Mann gar nicht bemerkt hatte.

Jetzt allerdings bemerkte sie ihn.

Er war tatsächlich der attraktivste Mann, der ihr jemals begegnet war, und seit ihrer Ankunft in Argentinien hatte sie viele Männer getroffen. Er war schlank, muskulös und hatte breite, kräftige Schultern. Doch was ihren Herzschlag aus dem Takt brachte, war die sexuelle Aura, die ihn umgab.

„Sie starren mich an, Signorina.“ Seine tiefe, männliche Stimme jagte ihr einen prickelnden Schauer über den Rücken.

Natürlich entging ihrem Pferd die mangelnde Aufmerksamkeit nicht. Es nutzte den Augenblick zu einem weiteren gewaltigen Bocksprung, der Faith durch die Luft fliegen und rücklings im Staub landen ließ.

„Verflixt noch mal!“ Der Schmerz schoss durch ihren ganzen Körper, und für einen Moment blieb sie einfach liegen, um herauszufinden, ob sie sich irgendetwas gebrochen hatte. „Das Pferd braucht einen Psychiater.“

Zwei starke Hände umfassten ihre Taille und stellten sie auf die Füße, als wäre sie federleicht. „Er braucht einen männlichen Reiter.“ Als sie seinem Blick begegnete, begann ihr Herz zu rasen.

„Das hat nichts mit meinem Reitstil zu tun. Es war Ihre Schuld, weil Sie ohne jede Vorwarnung plötzlich vor mir standen …“ Verwirrt brach sie ab, denn sein sinnlicher Blick raubte ihr jeden weiteren Gedanken.

„Ich bin davon ausgegangen, dass Sie mich gesehen haben. Die argentinische Pampa bietet nicht allzu viele Möglichkeiten, sich zu verstecken.“

„Ich musste mich auf mein Pferd konzentrieren.“

„Sie sind viel zu schnell geritten.“

„Sagen Sie das dem Pferd, nicht mir. Ich nehme an, es wurde nicht umsonst Fuego getauft – mein Spanisch ist nicht das Beste, aber ich weiß, dass es ‚Feuer‘ bedeutet.“ Faith zwang sich, den Blick von seinem schönen Gesicht zu wenden, in der Hoffnung, ihr wild schlagendes Herz würde sich beruhigen, wenn sie ihn nicht mehr ansah. „Ich habe das Tempo nicht gewählt. Bei Pferden mit diesem Charakter kriegt man immer mehr als erwartet.“ Was ist nur los mit mir? Plötzlich fühlte sie sich so benommen, ihr Kopf war wie leer gefegt, und eine besorgniserregende Trägheit hatte sie erfasst.

Das muss die Hitze sein, sagte sie sich selbst. Nur die unbarmherzige, sengende Hitze, die die gesamte Landschaft in eine drückend schwüle Sauna verwandelte.

„Wohnen Sie auf der Estancia La Lucia?“ Er sah sich um, obwohl das elegante Kolonialhaus über eine Stunde entfernt lag. „Sie sollten nicht allein ausreiten. Was ist denn mit dem Rest Ihrer Truppe passiert? Sie sollten einen der Reitknechte dabeihaben.“

„Oh bitte!“ Von der glühenden Sonne schon halb geröstet und mit immer noch schmerzenden Gliedern, warf Faith ihm einen warnenden Blick zu. „Ich bin wirklich nicht in der Stimmung für dieses machomäßige argentinische Männergehabe. Nicht gerade jetzt.“

Ironisch zog er eine Augenbraue hoch. „Argentinisches Männergehabe?“

„Sie wissen, was ich meine.“ Sie versuchte, den Schmutz von ihrem Hosenboden zu klopfen. „Diese mega Macho- Anmache. Diese Wirf-dir-die-Frau-über-die-Schulter-Art der Kommunikation.“

„Interessante Beschreibung.“ Sichtlich amüsiert betrachtete er sie. „Wir sind hier in Südamerika, Cariño. Hier wissen die Männer, was es bedeutet, ein Mann zu sein.“

„Ist mir nicht entgangen. Seit ich das Flugzeug verlassen habe, fühle ich mich von so viel Testosteron umgeben, dass es mich ganz wahnsinnig macht.“

„Willkommen in Argentinien.“ Ein Anflug von Spott schwang in seinen aufreizend langsam betonten Worten mit, und mit einem Mal fühlte sie sich völlig unbeholfen und schüchtern. Dass sie so auf ihn reagierte, machte sie wütend, denn bisher hatte sie sich immer für sehr selbstbewusst gehalten.

„Arbeiten Sie hier?“, fragte sie.

Sein Zögern war so kurz, dass sie glaubte, es sich nur eingebildet zu haben. „Ja.“

„Sie Glückspilz.“ Sie ging davon aus, er wäre einer der Gauchos, die die mehrhundertköpfige Rinderherde hüteten, die auf diesen Ländereien weidete. Während sie sich erneut zwang, den Blick von ihm zu lösen, fragte sie sich, weshalb gerade dieser Mann eine derartige Wirkung auf sie hatte. Ja, er sah gut aus, aber das hatte er mit einigen der Männer gemein, denen sie hier in Südamerika begegnet war.

Doch irgendetwas hatte er an sich …

Er war ein überwältigender, selbstbewusster Mann, der sich ganz selbstverständlich in diese Umgebung einfügte.

„Ihr Englisch ist beeindruckend“, stellte sie fest.

„Das kommt, weil ich manchmal mit den Frauen rede, bevor ich sie mir über die Schulter werfe.“ Er musterte sie irritierend lange. Dann ließ er den Blick zu ihrem Mund gleiten und dort verweilen, als würde er über etwas nachdenken.

Allmählich wurde Faith die drückende Hitze unerträglich. Gleichzeitig fühlte sie sich von diesem Mann so angezogen, dass sie sich schon in seinen Armen liegen sah.

Sie sehnte sich förmlich nach seinem Kuss, und die Stärke dieses Verlangens entsetzte sie, weil sie seit ihrer Ankunft in Buenos Aires jeden Mann auf Distanz gehalten hatte. Schließlich war sie hier, um zu arbeiten, zu forschen und zu lernen, und nicht, um einen Mann zu finden. Stattdessen fühlte sie sich gefangen von dem sinnlichen Blick dieses Fremden. Es war, als würde er den Moment auskosten und ihre Gedanken lesen.

Sie ahnte, dass ihr etwas sündhaft Erregendes bevorstand, und wartete mit angehaltenem Atem auf das, was nun unweigerlich kommen würde: etwas, das ihr Leben für immer veränderte.

Doch anstatt sie zu küssen, lächelte er sie nur vielsagend an, bevor er sich Fuego zuwandte. „Ihr Pferd braucht Wasser.“

Aus dem Bann seines Blickes entlassen, spürte Faith, wie die Spannung aus ihrem Körper wich. Tiefe Röte schoss ihr ins Gesicht. „Mein Pferd braucht so einiges.“

Was ist eben passiert?

Hatte sie sich dieses Band zwischen ihnen nur eingebildet?

Während er das Pferd zum Fluss führte, betrachtete sie ihn ausgiebig – seine breiten Schultern, die schmalen Hüften, die langen Beine …

Nein, sie hatte sich nichts eingebildet. Aber er war kein Teenager mehr, der auf ein schnelles Abenteuer und rasche Befriedigung aus war. Sie hatte es hier mit einer ganz anderen Sorte zu tun. Er war durch und durch ein richtiger Mann, von dem glänzenden schwarzen Haar und dem dunklen Bartschatten bis hin zu den stählernen Muskeln, die seiner so männlichen Erscheinung weitere Härte verliehen. Gelassen, weltgewandt und erfahren, verhielt er sich ihr gegenüber derart überlegen, dass sie nicht im Geringsten daran zweifelte: Er spielte mit ihr.

Wütend auf sich selbst und auf ihn, hob sie das Kinn und schlenderte zu ihm hinüber, darauf bedacht, sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr er sie in seinen Bann gezogen hatte.

„Ich muss zurück.“ Sie nahm Fuegos Zügel und schwang sich in den Sattel, wobei sie mit einiger Befriedigung bemerkte, wie der Blick des Mannes auf ihren schlanken Schenkeln verweilte.

Sie hatte sich die Anziehungskraft zwischen ihnen nicht eingebildet. Nicht nur ich spüre dieses brennende Verlangen.

„Warten Sie.“ Er hielt das Pferd an den Zügeln fest. „Sie sagten, Sie arbeiten auf der Estancia. Wo denn eigentlich? Sind Sie in den Gästequartieren angestellt?“

„Da sind ja wieder Ihre Vorurteile.“ Um sich nicht erneut von ihm ablenken zu lassen, strich sie Fuego über den Hals. „Alle argentinischen Männer, die ich bisher kennengelernt habe, glauben anscheinend, eine Frau gehöre in …“ Sie unterbrach sich gerade noch rechtzeitig, doch er zog eine Braue hoch, und seine Augen blitzten teuflisch amüsiert.

„Ja, und weiter? Wir argentinischen Männer glauben, eine Frau gehöre in …?“

Sein Charme und seine maskuline Ausstrahlung irritierten sie so sehr, dass sie im Moment kein Wort herausbrachte. Und eigentlich wollte sie ihren Satz ja auch gar nicht beenden. Es würde ihrem Gespräch nur eine äußerst gefährliche Richtung geben, die sie besser vermied. „In die Küche“, schloss sie lahm, „in die Küche.“

Sein leicht spöttisches Lächeln vertiefte sich. „In die Küche? Wenn Sie das glauben, haben Sie den durchschnittlichen argentinischen Mann bis jetzt noch nicht durchschaut.“

„Der durchschnittliche argentinische Mann interessiert mich absolut nicht“, erwiderte sie zuckersüß.

„Weshalb sind Sie nach Argentinien gekommen? Wegen unserer Pferde?“

Faith sah sich in der endlosen Weite der Grasebene um, die sie wie ein wogendes grünes Meer umgab. „Ich bin hergekommen, weil ich etwas über Raul Vásquez gelesen habe.“

Er schwieg einen Moment. Dann sagte er: „Sie sind Tausende von Meilen gereist, um Raul Vásquez zu treffen?“ Es lag eine Kälte in seinen Worten, die sie zuvor nicht bemerkt hatte. „Sie hoffen nicht zufällig darauf, sich einen Milliardär zu angeln?“

Erst starrte Faith ihn verwundert an, dann brach sie in schallendes Gelächter aus. „Nein, natürlich nicht, seien Sie nicht albern. Abgesehen davon, dass ich diesen Mann noch nie getroffen habe, sind milliardenschwere Schirmherren des Polospiels auch nicht ganz mein Stil. Er ist im Moment in den Staaten, wegen irgendwelcher großartiger Geschäfte. Da er eine Vielzahl von Leuten beschäftigt, gehe ich nicht davon aus, dass sich unsere Wege jemals kreuzen werden.“

Er musterte sie unangenehm eindringlich. „Und würde Sie das enttäuschen?“

„Sie haben mich falsch verstanden. Der Mann selbst interessiert mich nicht, nur seine Poloranch. Deshalb bin ich hier. Wahrscheinlich wissen Sie, dass Raul Vásquez Poloponys züchtet und trainiert. Seine tierärztlichen Institute zählen zu den besten der Welt. In einer Fachzeitschrift las ich einen Artikel von Eduardo, dem leitenden Arzt dieser Einrichtung, und bewarb mich daraufhin um eine Stelle. Dass ich den Job wirklich bekommen habe, ist die Erfüllung eines Traums.“

„Eduardo hat Sie eingestellt?“ Es folgte ein kurzes, ungläubiges Schweigen. „Sie sind Tierärztin?“

„Ja, ich bin Tierärztin.“ Verärgert über das sichtliche Erstaunen in seinen Augen, biss sie die Zähne zusammen. Schließlich sagte sie: „Willkommen im einundzwanzigsten Jahrhundert. Wissen Sie, auch Frauen können Tierarzt werden, auch wenn diese Neuigkeit noch nicht in Südamerika angekommen ist.“

„Ich bin mir bewusst, dass auch Frauen Tierarzt werden“, sagte er ruhig, „aber wir reden hier von einem großen kommerziellen Gestüt, nicht von einer Kleintierpraxis in der Stadt.“

„Für Kleintierpraxen habe ich mich noch nie interessiert. Ich wollte schon immer mit Pferden arbeiten.“

Er ließ den Blick zu ihren Armen gleiten. „Ich zweifele nicht an Ihrem Engagement oder Enthusiasmus, aber manchmal ist auch körperliche Kraft nötig, besonders hier draußen in der Pampa, wo wir mit starken Hengsten und Zuchtstuten umgehen müssen.“

„Da haben wir es wieder! Sie glauben, es gehe immer nur um Muskeln, Aggression und Dominanz. Dabei sollten Sie wissen, dass es vielmehr um das Verständnis für das Verhalten des Pferdes geht. Raul Vásquez hat das eingesehen und einige revolutionäre Trainingsmethoden entwickelt.“

„Ich kenne seine Trainingsmethoden. Aber beantworten Sie mir eine Frage …“ Er sah ihr wieder ins Gesicht und fuhr in leisem, vernichtendem Ton fort: „Wer hatte die Gewalt, als Sie durch die Pampa galoppierten, den Wind in ihrem Haar? Sie oder das Pferd?“

„Oh, das Pferd“, gab Faith heiter, mit funkelnden Augen zu. „Aber Gewalt meinerseits hätte daran nichts geändert.“

„Fuego muss von einem Mann geritten werden. Einem Mann mit genug reiterlichem Können und genügend Kraft, um ihn zu kontrollieren.“

„Nein, verstehen muss man ihn. Will man ein Verhalten ändern, muss man zuerst verstehen, was diesem Verhalten zugrunde liegt. Das gilt für Pferde ebenso wie für Menschen.“

Ihr Leben lang hatte sie nur studiert und ihre gesamte Freizeit mit Pferden verbracht. Kein Mann hatte es jemals geschafft, ihr Interesse auf sich zu lenken.

Bis jetzt.

Dieser Fremde brachte sie völlig aus der Fassung, machte sie unsicher und verwirrte sie über alle Maßen.

Normalerweise hätte sie sich niemals als schüchtern bezeichnet, doch jetzt wurde sie sich ihrer Naivität in Bezug auf Männer wie ihn schrecklich bewusst.

„Ich sollte jetzt los. Ich muss zurück und …“ Sie brach ab. Ob er mich wohl aufhalten wird?

Doch er machte keine Anstalten.

Er ließ Fuegos Zügel los und trat einen Schritt zurück. „Seien Sie vorsichtig“, sagte er sanft, was ihr nur ein ratloses Lächeln entlockte, da sie sich absolut sicher gewesen war, dass er sie aufhalten würde oder zumindest vorschlagen, sich bald wieder zu treffen.

Und das wollte sie.

Ich will es wirklich.

Der Vásquez Polo Cup, ein wichtiges Turnier des Argentinischen Polovereins, war die großartigste Veranstaltung, die Faith je besucht hatte.

Zwar war sie nur in ihrer Rolle als amtierende Tierärztin zugegen, aber sie kam nicht umhin, die Zuschauer zu mustern, die sich auf der Tribüne versammelt hatten. „Warum sehen diese Frauen nur alle so fantastisch aus?“, wunderte sie sich laut. „Und wie kriegen sie es hin, dass ihre Haare so glatt sind? Meine locken sich bei dieser Hitze immer sofort.“

„Das da oben ist die Elite von Buenos Aires“, meinte Eduardo. „Vermutlich haben sie den ganzen Tag damit verbracht, sich aufzudonnern, in der Hoffnung, dem Boss aufzufallen.“

„Dem Boss?“ Faith sah sich um. „Raul Vásquez? Er spielt heute aber nicht, oder? Ist er hier?“

„Noch nicht.“

„Aber das Spiel fängt in ein paar Minuten an.“ Sie konnte den Blick einfach nicht von den in Seide gehüllten und mit Diamanten geschmückten Frauen auf der Tribüne wenden. Sie wirkten wie ein Schwarm exotischer Vögel. „Die sind alle ziemlich schick angezogen, wenn man bedenkt, dass sie den Nachmittag mitten unter Pferden verbringen.“

„Das ist nun mal Polo“, erwiderte Eduardo gedehnt. „Das großartigste Spiel der Welt. Da werfen sich alle in Schale.“

Jetzt donnerten die Männer auf ihren geschmeidigen Pferden auf das Spielfeld, und Faith versuchte, sich von dem Glanz dieses Spektakels nicht zu sehr hinreißen zu lassen.

Sie untersuchte eben das Fesselgelenk eines Hengstes, als sie das lärmende Rotorgeräusch eines Hubschraubers über sich hörte.

„Da kommt er“, murmelte Eduardo und warf einen Blick nach oben. „Das Spiel fängt in zwei Minuten an. Er ist mal wieder pünktlich auf die Minute.“

Faith war zu sehr mit dem Tier beschäftigt, um die Landung des Helikopters zu verfolgen. „Er ist nicht ganz fit.“

Eduardo runzelte die Stirn. „Er ist fitter als jeder andere Mann, den ich kenne.“

„Nicht der Boss, das Pferd hier!“ Faith sah Eduardo verärgert an. „Denkt hier denn jeder nur an Raul Vásquez?“

Das plötzliche Kreischen der Menge sagte Faith, dass das Spiel begonnen hatte, und sie warf einen Blick über ihre Schulter, um zuzusehen, wie Pferde und Reiter das Feld hinabpreschten.

Bevor sie nach Argentinien gekommen war, hatte sie nie ein Polospiel gesehen. Auch jetzt ließ die Geschwindigkeit und Gefährlichkeit dieses Spiels sie immer noch ehrfürchtig erstarren.

Sie wandte sich einem der Pferdepfleger zu. „Welcher der Reiter ist Raul Vásquez?“

„Derjenige, der auf ganzes Risiko geht.“

Die Augen gegen das grelle Sonnenlicht zusammengekniffen, richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf das Spielfeld.

Aus dieser Entfernung war es unmöglich, die Gesichter der Spieler unter den Schutzhelmen zu erkennen, doch einer der Männer stach zwischen ihnen allen hervor. Er war geschmeidig und muskulös, und während er sein Pferd einhändig lenkte, lehnte er sich weit aus dem Sattel, um in einem gefährlichen Manöver den Ball zu schlagen.

Ungläubig schaute Faith zu und bereitete sich schon darauf vor, ihn mit verheerender Wucht zu Boden stürzen zu sehen. Er musste einfach fallen! Doch mit einer Kombination aus reiner Muskelkraft und athletischer Gewandtheit hielt er sich auf dem Pferd, schwang seinen Schläger mit treffsicherer Genauigkeit und schlug den Ball ins Tor.

Beifall brandete im Publikum auf, und Faith bemerkte plötzlich, dass sie die ganze Zeit den Atem angehalten hatte.

Sie wandte sich wieder ihrer Arbeit zu, untersuchte ein Pferd nach dem anderen, sprach mit deren Pflegern und war eben erst zur Hälfte fertig, als einer der Männer ihr auf die Schulter tippte. „Sie treten die Löcher zu. Das ist Tradition, jeder macht mit.“

Zuschauer und Spieler spazierten über das Spielfeld und traten die Erdklumpen wieder fest, die von den Hufen der Pferde aufgeworfen worden waren. Dabei wurde viel gelacht und geredet, und es bot den Zuschauern die Gelegenheit, sich unter die Spieler zu mischen.

Gerade wollte Faith eines der Grasbüschel mit dem Fuß festdrücken, da kam ihr ein großer schwarzer Stiefel zuvor, und als sie aufsah, blickte sie direkt in die strahlenden Augen des Mannes, den sie auf dem Polofeld beobachtet hatte.

Raul Vásquez.

Der Mann vom Fluss.

Sekundenlang starrte sie ihn sprachlos an und schluckte trocken. „Das wusste ich nicht. Sie haben sich nicht vorgestellt.“

„Das wollte ich auch gar nicht“, sagte er langsam und bedächtig. Bei seinem umwerfenden Anblick wurde ihr ganz heiß, denn obwohl sie von wunderschönen, glamourösen Frauen umgeben waren, hatte er nur Augen für sie.

„Sie hätten sich vorstellen müssen!“

„Warum? Dann hätten Sie sich vielleicht ganz anders verhalten, und das hätte ich nicht gewollt.“ Sein Lächeln war so verwirrend und unglaublich vertraut.

„Wie habe ich mich denn verhalten?“

Wie zufällig stieß er mit seinem Bein gegen ihres. „Sie waren erfrischend natürlich.“

Sie warf einen Blick zu den stolzen, selbstbewussten Frauen ringsum. „Sie meinen, ich verbringe nicht den ganzen Tag damit, mich verwöhnen zu lassen. Weshalb unterhalten Sie sich ausgerechnet mit mir?“

„Weil Sie mich faszinieren.“

„Sie bevorzugen Frauen, die ungeschminkt, dafür aber von oben bis unten mit Staub bedeckt sind?“

Er lachte. „Mich interessiert die Person, nicht deren Hülle.“

„Oh bitte!“ Sie betrachtete sein schönes Gesicht. „Wollen Sie mir ernsthaft erzählen, Sie würden einer Frau, die nicht umwerfend aussieht, mehr als einen Blick gönnen?“

„Nein, das will ich Ihnen nicht erzählen.“

Dass er ihr unablässig in die Augen sah, raubte ihr förmlich den Atem. „Also meinen Sie, dass … Sie wollen sagen …“

„Ja“, erwiderte er amüsiert. „Genau das. Normalerweise sind Sie aber etwas schlagfertiger. Was ist los? Hat Ihnen noch nie jemand ein Kompliment gemacht?“

Die Luft um sie herum schien wie elektrisch geladen, und Faith war sich der unzähligen, auf sie gerichteten Augenpaare bewusst. „Alle Leute schauen zu uns her.“

„Und, kümmert Sie das?“

„Na ja, Sie sind es vielleicht gewöhnt, im Mittelpunkt zu stehen, ich bin es nicht.“ Wütend darüber, dass sie sich so linkisch benahm und nicht wusste, was sie sagen sollte, funkelte sie ihn an. „Aber es ist egal, wer Sie sind, ich halte Sie immer noch für einen Macho und Sexisten.“

Lachend warf er den Kopf zurück. „Sie haben absolut recht, Cariño. Ich bin ein Macho und Sexist. Und ich will Sie einladen. Kommen Sie mit zu meinem Strandhaus.“

Das Strandhaus war sein privater Wohnsitz, eine herrliche, exklusiv für ihn entworfene Villa, gelegen an einer sandigen Bucht mit Blick auf den Atlantik.

Was hatte er vor?

Ein Blick in seine dunklen Augen reichte aus, ihr diese Frage zu beantworten. Erneut schoss ihr flammende Hitze in die Wangen.

Entsetzt darüber, wie gern sie Ja gesagt hätte, trat sie einen Schritt zurück, und einmal mehr wurde ihr bewusst, dass alle Frauen auf dem Spielfeld sie neidisch musterten. Wie konnte sie einem Mann wie ihm überhaupt etwas abschlagen? Ehe sie sich jedoch in etwas verrannte, das sie mit Sicherheit später bereuen würde, beeilte sie sich, ihm zu antworten: „Nein, vielen Dank.“

„Ich hatte Ihnen keine Frage gestellt.“

„Dann war es ein Befehl?“

Er sah sie amüsiert an. „Eher eine sehr entschiedene Bitte.“

„Ich muss bis zehn arbeiten.“

„Ich sorge dafür, dass Sie den Abend freibekommen.“

Einfach so.

Das ist die Macht eines Milliardärs, dachte Faith hilflos. „Nein, das wäre den andern gegenüber nicht fair.“ Was hätte sie wohl gesagt, wenn sie nicht arbeiten müsste. Hätte sie sich einverstanden erklärt? „Ich fürchte, wir müssen Ihre Einladung verschieben. Eduardo hat heute Abend frei, und eine der Stuten könnte jede Minute fohlen. Ich kann hier nicht weg.“

Das Lächeln verschwand, und eine angespannte Stille folgte. „Eine der Stuten wird fohlen?“, fragte er schließlich. „Welche?“

„Velocity.“

Er zog scharf die Luft ein. „Eduardo sollte hier sein, wenn sie fohlt.“

„Danke für Ihr Vertrauen.“

„Das ist nicht persönlich gemeint.“

Sie lachte auf. „Soll das heißen, Sie trauen generell keiner Frau eigenständige Arbeit zu?“

Autor

Sarah Morgan
<p>Sarah Morgan ist eine gefeierte Bestsellerautorin mit mehr als 21 Millionen verkauften Büchern weltweit. Ihre humorvollen, warmherzigen Liebes- und Frauenromane haben Fans auf der ganzen Welt. Sie lebt mit ihrer Familie in der Nähe von London, wo der Regen sie regelmäßig davon abhält, ihren Schreibplatz zu verlassen.</p>
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