Mein unwiderstehlicher Boss

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Sonnengebräunte, breite Schultern, muskulöse Arme und ein markantes Gesicht mit sinnlichen Lippen – bei Fox Granthams Anblick denkt Ru sofort an ein Abenteuer. Dabei will sie seine persönliche Assistentin werden, nicht seine Geliebte. Das Geld braucht sie für ihren nächsten Trip um die Welt. Doch als sie den Hotel-Tycoon auf das Anwesen seiner Großmutter begleitet, schürt die ständige Nähe das Feuer zwischen ihnen, und bald brennt Ru lichterloh für Fox. Allerdings hat sie nicht vor, für einen Mann ihre Reisepläne aufzugeben …


  • Erscheinungstag 10.10.2023
  • Bandnummer 2311
  • ISBN / Artikelnummer 9783751515825
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Alle würden sich kaputtlachen, wenn sie wüssten, in was für einer Klemme ich, Lady Avangeline Forrester-Grantham, stecke. Alte Freunde – auch wenn nicht mehr viele da sind – würden kichern, und die Presse würde sich die Finger lecken.

Es wird immer schwieriger, Jack, Fox, Soren und Merrick die Wahrheit zu verschweigen. Sie wollen unbedingt, dass ich mein Testament mache, und geben einfach nicht nach. Ich habe sture, entschlossene Männer großgezogen. Darauf war ich immer stolz.

Jetzt allerdings sind ihre Hartnäckigkeit und ihre Intelligenz Stachel in meinem blaublütigen Fleisch.

Aber ich werde es schon schaffen, wie alles andere, was ich bewältigen musste.

Wir geben niemals auf.

„Warum haben Sie Ihren letzten Job aufgegeben?“

„Ich habe Geld gestohlen und einen Drogentest nicht bestanden.“

Fox Grantham musterte die blonde Frau, die ihm gegenübersaß. Wenn diese neueste Kandidatin für die Stelle seiner persönlichen Assistentin keine Witze machte, war das die dümmste Antwort, die er je in einem Bewerbungsgespräch gehört hatte.

Er sah auf ihren Lebenslauf hinunter, der ganz oben auf einem Stapel Aktenordner lag. Die Schreibtischplatte hatte er nicht mehr gesehen, seit Dot vor sechs Wochen gekündigt hatte. Diese Bewerberin war zu jung, hatte kaum Erfahrung und verfügte auch nicht über die organisatorischen Fähigkeiten und die Computerkenntnisse, die erforderlich waren. Er fragte sich, was die Personalabteilung sich dabei gedacht hatte, sie ihm zu schicken. Dann fiel ihm wieder ein, dass sie sich nicht die Rosinen aus dem Kuchen picken konnten.

Das war seine Schuld.

Er schickte die Frau weg, kniff sich in den Nasenrücken und versuchte, die nötige Energie zusammenzuraffen, um aufzustehen und sich eine Tasse Kaffee zu kochen. Er hatte die Personalabteilung drei der besten Agenturen in New York kontaktieren lassen, aber wenn diese Bewerberin alles war, was sie zu bieten hatten, pfiffen sie tatsächlich auf dem letzten Loch. Allerdings hatte er in den vergangenen sechs Wochen neun Zeitarbeitsleute verschlissen. Wie die Managerin einer der Agenturen ihm heute gesagt hatte, war er ein schwieriger und anspruchsvoller Kunde.

Klar, er erwartete von seiner Assistentin, Überstunden zu machen, und vermied Privatgespräche, aber er zahlte überdurchschnittlich gut. Das war doch auch etwas wert, oder?

Verdammt, Dot. Er hatte über zehn Jahre mit ihr zusammengearbeitet. Ihre Kündigung war ein schwerer Schlag gewesen. Seine sechzigjährige Assistentin hatte die körperliche Energie, mit ihm mitzuhalten, war geistig rege genug, seinen Schnellfeuergedanken zu folgen, und noch dazu ein Logistikgenie. Er hatte nicht verstanden, warum sie nach ihrer Hochzeit nicht weiter für ihn arbeiten wollte. Dot hatte die Augen verdreht und ihm erklärt, dass ihr Mann – den sie sechs Wochen nach ihrem Kennenlernen geheiratet hatte, so was Verrücktes! – dagegen war, dass sie zehn Stunden am Tag und an den meisten Wochenenden arbeitete.

Ein Grund mehr für ihn, feste Beziehungen für eine schlechte Idee zu halten. Es machte ihm sehr zu schaffen, dass er seine fantastische Assistentin verloren hatte, weil sie ihre Ehe ihm vorzog.

„Was guckst du so böse?“

Fox schaute auf, da Jack in sein Büro kam. Sein Bruder hatte die Hände in die Hosentaschen gesteckt. Obwohl es früher Abend war, sah Jack aus, als käme er gerade von einem Fotoshooting für die Modeseiten der GQ. Sein grauer Designeranzug war maßgeschneidert und wirkte frisch gebügelt. Seine grau und mintgrün gemusterte Krawatte war perfekt gebunden. Anders als er sah Jack immer wie geleckt aus und bewahrte stets kühlen Kopf. Das waren zwei der vielen Gründe, weshalb Jack das Gesicht von Grantham International war, dem Unternehmen, das er, Jack und ihr verstorbener Bruder Malcolm vor Jahren gegründet hatten.

„Was ist, Fox?“

„Dumme Leute. Sie werden jeden Tag dümmer.“

„Oder du wirst ungeduldiger“, bemerkte Jack, spazierte zum Fenster und sah auf die Autos hinunter, die über die 5th Avenue krochen und von hier oben klein wie Ameisen wirkten. Wie immer in New York war der Verkehr abscheulich.

Jack hatte nicht unrecht, musste er einräumen. Statt Geduld hinzuzugewinnen, je älter er wurde, nahm seine jedes Jahr ab. In fünf Jahren, wenn er vierzig wurde, würde er wohl als ungeduldigster Mensch der Welt im Guinnessbuch der Rekorde stehen.

Darauf war er nicht stolz, aber… Mein Gott. Er hatte nicht die Zeit, einer endlosen Reihe unfähiger Assistentinnen zu erklären, was er wollte. Dot hatte es einfach gewusst.

„Sorens und Eliots Verlobung sorgt online ganz schön für Aufsehen“, sagte Jack.

Fox warf ihm rasch einen Blick zu. Manchmal war Jacks Miene so undurchdringlich, dass sogar er, der ihn am besten kannte, sich unsicher war, welche Gefühle dahintersteckten.

Dieses Problem hatte man mit ihm nicht. Er redete nicht lange um den heißen Brei herum. „Ich mag sie“, sagte Fox, lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und faltete die Hände über seinem Bauch. Ihr Cousin Soren, der wie sie bei ihrer Großmutter aufgewachsen war, nachdem ihre Eltern alle bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen waren, stand ihnen nahe wie ein Bruder. „Ich glaube, sie tut Soren gut.“

„Hohes Lob. Du hältst doch sonst nichts von Models.“

„Es gibt sicher viele, die so nett und bodenständig wie Eliot sind“, sagte Fox. „Aber mir sind bisher nur die völlig wahnsinnigen begegnet.“

Jack lachte leise. „Ich kann immer noch nicht fassen, dass Soren seine Schwimmkarriere aufgibt.“

Das konnte Fox auch nicht. Soren hatte bei den letzten Olympischen Spielen mehrere Goldmedaillen gewonnen, sich aber nun entschlossen, das Wasser hinter sich zu lassen, eine Stiftung zu gründen und eine sitzen gelassene Braut zu heiraten, das Supermodel Eliot Stone. Alles binnen eines Monats. Ihm wurde schwindlig, wenn er nur daran dachte.

Seit ihrer Jugend waren er, Jack, Malcolm und Merrick – der Sohn von Avangelines Haushälterin und ein weiterer Wahlbruder – von der Gastronomiebranche fasziniert. Er, Malcolm und Jack hatten das Imperium wieder aufleben lassen, aus dem ihre Großmutter sich zurückgezogen hatte, um sich um sie zu kümmern. Merrick hatte eine eigene Kette erfolgreicher Foodtrucks und Diner gegründet und war auf gesundes Fast Food spezialisiert. Soren war anders. Für ihn war Essen nur Treibstoff. Das Schwimmen war sein Lebensinhalt gewesen, aber nun stand seine Stiftung für ihn im Mittelpunkt.

Fox war froh darüber, dass Soren beschäftigt war. Die Grantham-Jungs neigten dazu, sich in Schwierigkeiten zu bringen, wenn sie zu viel Zeit hatten.

Jack setzte sich auf einen Stuhl und öffnete einen Knopf an seiner Jacke. Er schob die Ärmel hoch, und Fox bemerkte, dass er die schlichten Platin-Manschettenknöpfe trug, die ihrem Vater gehört hatten.

Er war froh, dass Jack die große Schmucksammlung ihrer Eltern nutzte. Er selbst rührte sie nicht an, aber er hatte auch nicht dieselbe emotionale Verbindung zu seinen verstorbenen Eltern wie Jack, der nicht ahnte, was ihr Vater und ihre Mutter – angeblich perfekt, wunderschön, erfolgreich und bis über beide Ohren verliebt – in Wirklichkeit getan hatten.

Die Ringe, Ketten, Armbänder und Ohrringe ihrer Mutter würden im Bankschließfach bleiben, bis Jack heiratete und den umwerfenden Schmuck seiner Frau und vielleicht einer Tochter schenken konnte. Der wunderschöne Verlobungsring seiner Mutter mit einem zehnkarätigen kolumbianischen Smaragd im Brillantschliff würde zweifelsohne an Jacks künftige Frau übergehen. Kurz hatte er die linke Hand von Peyton geschmückt, Mals Verlobten, aber sie hatte ihn nach dessen Tod zurückgegeben.

Alles, was Fox aus der Sammlung wollte, war der prächtige Ring mit dem Neun-Karat-Opal – ein Geschenk an seine Mutter, das sie nie bekommen hatte. Er hatte niemanden, dem er ihn schenken konnte, und würde auch nie jemanden haben. Doch seit er den funkelnden blutroten Stein mit Streifen in Blau, Lila und Grün darin vor zehn Jahren zum ersten Mal gesehen hatte, war er fasziniert davon.

„Hast du in letzter Zeit was von Peyton gehört?“, fragte er und stützte die Ellbogen auf den Schreibtisch. Ihr Verhältnis zu Mals Ex war nach dessen Tod abgekühlt, aber Jack hatte im vergangenen Jahr eine Versöhnung angestoßen.

Eine heftige Regung, die er nicht deuten konnte, blitzte in Jacks Augen auf. Neugierig legte Fox den Kopf schief. Wurde Jack etwa blass? Hallo … Sein Bruder hatte das beste Pokerface, das er kannte, und ließ sich nie etwas anmerken. Warum rief also die bloße Erwähnung von Mals Ex so eine Reaktion hervor?

Er wollte gerade nachbohren, da kam Merrick ins Büro, wie immer in Chinohose und losem Oberhemd gekleidet. Er war ständig unterwegs und führte sein Unternehmen virtuell, nutzte aber ihren Konferenzraum für Meetings.

„Mom lässt fragen, ob du nicht mehr in der Lage bist, ein Telefon zu benutzen“, sagte er, als er sich auf den Stuhl neben Jack setzte und die Beine übereinanderschlug.

Fox zuckte zusammen. „Ich rufe sie heute Abend an“, versprach er.

„Mach dich darauf gefasst, dass sie dich drängt, als nächster Bruder für eine Weile in Calcott Manor zu wohnen“, warnte Merrick ihn vor. „Sie hat mir erzählt, dass du damit dran bist, Avangeline und ihren Gast im Auge zu behalten.“

„Warum ich?“, fragte Fox und zeigte auf seinen chaotischen Schreibtisch. Er konnte nicht auf das Anwesen seiner Großmutter ziehen, denn er musste ein Unternehmen führen und eine neue Assistentin einstellen. Sein Leben spielte sich in Manhattan ab. Eigentlich hoffte er, der letzte Bruder zu sein, der an der Reihe war – oder vielleicht gar nicht mehr dranzukommen, wenn es einem der anderen gelang, ihre Großmutter davon zu überzeugen, ein Testament aufzusetzen und Aly Garwood davonzujagen. Soren hatte es als Erster probiert, aber ohne Erfolg.

Immer noch kein Testament, und die Betrügerin wohnte weiter bei Avangeline. Es wurde Zeit, dass der Nächste sich bemühte, doch warum sollte das ausgerechnet er sein?

„Mom sagt, du hast einen Burn-out und musst aus der Stadt, bevor du unter dem Stress zusammenbrichst“, erklärte Merrick. „Ich habe versucht, ihr klarzumachen, dass du grundsätzlich so mies drauf bist, aber sie hört nicht auf mich.“

Fox zeigte ihm den Mittelfinger und wechselte das Thema. „Soren scheint ja jetzt zu glauben, dass Aly nicht lügt.“

Ihm war immer noch nicht klar, wieso sein vernünftiger Cousin auf diesen Hippie-Scheiß hereingefallen war. Aly war eine Betrügerin. Ihre Geschichte konnte einfach nicht der Wahrheit entsprechen.

Es stimmte zwar, dass Aly Garwood bei Mals Tod dessen Leber transplantiert bekommen hatte, aber erwartete sie wirklich von ihnen, zu glauben, dass sie damit auch ein paar Eigenarten und Charakterzüge ihres ältesten Bruders übernommen hatte? Ihr angeblicher Beweis war, dass sie jetzt plötzlich Bier, Autos und Süßigkeiten mochte. Fiel ihr denn nichts Besseres ein? Das alles konnte sie aus dem Internet erfahren haben.

Sie waren die Granthams, Erben eines Milliardenvermögens. Es hätte Fox nicht überrascht, wenn jemand seine Schrittlänge oder seine Lieblingszahnpasta online gepostet hätte. Aly hätte problemlos ein paar Kleinigkeiten über Mal herausfinden können. Die Frage war nur, worauf sie es abgesehen hatte. Um das herauszufinden, würden zur Not alle Brüder nach Connecticut fahren und nicht lockerlassen, bis sie den wahren Grund dafür aufgedeckt hatten, warum Aly Garwood sich in Avangelines Leben eingeschlichen hatte.

„Soren sieht im Moment alles durch die rosarote Brille“, meinte Merrick. „Auf seiner Fahrt zu Avangeline hat er sich in Eliot verliebt. Kein Wunder, dass er nicht klar denken kann. Ich brauche mehr Beweise als die, die er uns vorgelegt hat, wenn ich auch nur versuchen soll, ihr zu glauben.“

„Genau“, stimmte Jack zu.

Fox nickte ebenfalls. Er war besonders skeptisch und zynisch. Das war ein gutes Mittel, um nicht verletzt zu werden. Diese Lektion hatte er früh gelernt, und das auf die harte Tour. Nichts war jemals so, wie es schien. Immer lauerte irgendwas unter der Oberfläche. Es war wichtig, nachzubohren, sodass er nie wieder kalt erwischt wurde.

„Genug von der Leber-Lady“, sagte Merrick. „Einer von uns, und zwar du, Fox, muss nach Calcott Manor fahren, die Situation dort im Auge behalten und Avangeline bearbeiten, damit sie ihr verdammtes Testament macht.“

Avangeline war über achtzig. Da ihr Anteile an Grantham International und an Merricks Firma gehörten, drohte Chaos, wenn sie starb, ohne ihre Vermögenswerte klar aufgeteilt zu haben.

Niemand von ihnen verstand, warum Avangeline, die vierzig Jahre lang ein Firmenimperium geführt hatte, davor zurückscheute. Was steckte hinter dieser unlogischen, wenn nicht gar dummen Starrsinnigkeit?

„Ich kann nicht nach Calcott Manor fahren.“ Fox zeigte auf seinen Schreibtisch. „Ich bräuchte eine Assistentin, und die habe ich nicht. Im Moment halte ich mich nur über Wasser, indem ich mir in dringenden Fällen Jacks Assistentin ausleihe.“

„Die hat übrigens auch genug von dir“, sagte Jack.

Was? Er hatte sich ihr gegenüber doch tadellos benommen!

„Du hast keine Assistentin, weil du ungeduldig und fordernd bist und deine Anweisungen wie Maschinengewehrfeuer herunterratterst. Du erwartest von allen, ohne Einarbeitung sofort von null auf hundert zu beschleunigen, bürdest ihnen zu viel auf und willst die Ergebnisse besser gestern als heute haben.“

Na und? Dot hatte das doch auch geschafft. „Ich habe höllisch viel Arbeit und kann nicht den Babysitter spielen“, grummelte er.

„Du musst deine Erwartungen zurückschrauben, wenn du jemanden finden willst, der länger als einen Tag bleibt“, sagte Jack. „Vielleicht kannst du ja in Hatfield jemanden suchen.“

Ja, und Schweine können fliegen. Wenn die Agenturen in New York City niemanden auftrieben, hatte er garantiert keine Chance, in Hatfield, Connecticut, jemanden zu finden, der seinen Ansprüchen genügte. Das sagte er seinen Brüdern auch.

„Du kannst so ein Arschloch sein“, bemerkte Merrick fröhlich. „Wie viele Zeitarbeitsleute hast du verschlissen, seit Dot weg ist? Sechs, sieben?“

Er zuckte mit den Schultern. Es war ihm peinlich, zuzugeben, dass es sogar mehr gewesen waren.

„Was ist der gemeinsame Nenner?“, fragte Jack und antwortete selbst, bevor Fox etwas sagen konnte: „Du. Du bist das Problem, nicht sie.“

Fox sah Merrick an, der zustimmend die Hände ausbreitete.

Na toll.

Jack beugte sich vor und stützte die Unterarme auf die Knie. Fox kannte diesen besorgten Blick. Jack spielte wieder mal den edlen Ritter, der entschlossen war, alle zu retten und zu beschützen. Nur, dass er kein Vogel mit gebrochenen Flügeln war. Er musste nicht zusammengeflickt werden. Er musste bloß vermeiden, nach Calcott Manor geschickt zu werden, und verdammt noch mal eine Assistentin finden.

Besser gestern als heute.

„Wir machen uns Sorgen um dich“, sagte Jack. „Wir fürchten, dass du einen Burn-out hast und kurz vor einem Nervenzusammenbruch stehst.“

Nein. „Ich arbeite lange, ja, aber ich bin eben so.“

„Derzeit kommst du nie nach sechs ins Büro, und vor zwanzig Uhr gehst du nicht wieder“, gab Jack zurück. „Das sind mindestens vierzehn Stunden.“

„Bist du mein Kindermädchen?“, knurrte Fox.

„Wann hattest du zuletzt ein Date? Sex?“, fragte Jack.

Vor vier Monaten? Oder fünf? Er hatte einen One-Night-Stand gehabt, kurz nach seiner Affäre mit der Primaballerina Giselle. Seine Brüder waren seine engsten Freunde, aber selbst mit ihnen redete er nicht über sein Sexleben.

„Es war einfach in letzter Zeit ziemlich hektisch“, erklärte er und hoffte, dass sie ihn in Ruhe lassen würden. „Wir haben das Hotel in Dubai und ein Restaurant in Rio eröffnet.“

„Mehr als sonst ist doch gar nicht los“, konterte Jack. „Du willst nur keine Aufgaben delegieren.“ Er schlug sich auf die Knie und stand auf. Seine Miene wirkte entschlossen. „Du fährst für einen Monat nach Calcott Manor, Assistentin hin oder her.“

„Ich …“

Jack stemmte die Hände auf einen Papierstapel auf Fox’ Schreibtisch und sah ihn wütend an. „Provozier uns nicht, Fox. Wir schleifen deinen Arsch durch dieses Hotel und in ein Taxi, wenn es sein muss.“

Werdet ihr nicht. Fox schnaufte, sah Merrick an und wartete darauf, dass der sich mit ihm über Jacks dramatischen Auftritt lustig machte. Merrick stand jedoch auf und stellte sich hinter Jack. Zum Teufel. Sie meinten es ernst.

Erschöpft rieb Fox sich den Nacken. Er wollte nicht nach Hatfield, aber noch weniger wollte er sich mit seinen Brüdern streiten. Wenn es sein musste, konnte er vermutlich für ein oder zwei Wochen im Homeoffice arbeiten, auch ohne Assistentin. Danach würde er entweder eine einstellen oder in die Stadt zurückkehren müssen, doch diese Entscheidung würde er fällen, wenn es so weit war.

Auf seinem riesigen Computerbildschirm rief er schnell seinen Kalender auf. Heute war Dienstag – er hatte morgen noch ein paar wichtige Termine und einen weiteren am Freitag.

„Ich kann Samstag oder Sonntag hochfahren, wenn euch das recht ist“, schlug er vor und ärgerte sich, weil er sich dazu hatte breitschlagen lassen.

„In Ordnung“, stimmte Jack zu.

Merrick sah Jack an. „Unsere Arbeit hier ist getan.“

„Bastarde“, rief Fox ihnen nach, als sie gingen.

Als hätten sie es geübt, streckten beide je eine Hand hinter ihren Rücken und zeigten ihm den Mittelfinger.

Eins zu null für seine Brüder.

So weit, so gut.

Der Zugang zu den Büros der Grantham-Brüder, die im mittleren Stockwerk des Nordflügels des Forrester-Grantham-Hotels lagen, erfolgte durch eine diskrete Lobby am Seiteneingang des Gebäudes. Obwohl sie nicht als Besucherin angemeldet war, wies die Empfangsdame sie nicht ab, ganz wie sie gehofft hatte. Sie hatte nur sagen müssen, dass sie Fox Granthams neue Zeitarbeiterin war. Die Empfangsdame reichte ihr ohne Zögern ein Besucherschildchen und sagte ihr, sie würde einen Besen fressen, wenn sie länger als einen Tag durchhielt.

Ru Osman plante, nicht nur einen Tag durchzuhalten, sondern den ganzen Monat. Denn wenn sie das nicht täte, würde sie womöglich noch ihre Eltern umbringen.

Im übertragenen Sinne, nicht wörtlich.

Ru strich sich eine Locke aus dem Gesicht und musterte die Tür zu Fox Granthams Büro. Er braucht eine Assistentin, ich habe einen Masterabschluss. Das schaffe ich schon, kein Problem. Na gut, sie hatte ihren Abschluss in Asienwissenschaften gemacht, aber sie hatte außergewöhnlich gute Computerkenntnisse.

Sie würde Termine planen, Notizen abtippen, ein paar Tabellen erstellen. Ganz einfach. Nach dem Erdbeben in Haiti hatte sie Häuser wiederaufgebaut, und sie hatte als Nachtportierin in einem Hostel in Athen gearbeitet, also wusste sie, wie man in einer chaotischen Umgebung alles im Griff behielt und kühlen Kopf bewahrte, wenn man es mit schwierigen Menschen zu tun bekam. Sie konnte sich konzentrieren und die nötigen Informationen sammeln, um herausfordernde Aufgaben zu lösen. Bestimmt würde sie es schaffen, ein paar Wochen lang für Mr. Wunderschön-aber-schlecht-gelaunt zu arbeiten.

Ru holte tief Luft, öffnete die Tür zu seiner Bürosuite und atmete aus, als sie feststellte, dass sein luxuriöses, mit Glaswänden abgetrenntes Eckbüro leer war. Der Schreibtisch der Assistentin befand sich im vorgelagerten Raum, dazu eine Anrichte und eine Reihe von Schränken. Auf dem Tisch stand ein hochmoderner Computer. Ru lief das Wasser im Mund zusammen.

Obwohl sie eine Weltenbummlerin war, kannte sie sich mit Computern aus und war früher sogar eine mehr als nur gute Hackerin gewesen. Seit ihr hochaufgerüsteter Computer ihr in Rom gestohlen worden war, beschränkte sie sich auf ein kleineres und leichteres Modell, das sie im Rucksack bei sich tragen konnte. Leider hatte dieser neue Computer vor drei Monaten im feuchten Klima von Kuala Lumpur den Geist aufgegeben. Sie selbst hatte sich eine Virusinfektion eingefangen, die sie für zwei Wochen bettlägerig gemacht und sie weitere sechs alle Energie gekostet hatte.

Die Kombination aus Arztrechnungen und Arbeitsunfähigkeit hatte ihre Ersparnisse aufgezehrt. Sie hatte keine Wahl gehabt, als das Blankoticket einzusetzen, das ihre Eltern ihr für ihre Rückkehr in die Staaten gekauft hatten. Sie war bei ihnen ein- und eine Woche später gleich wieder ausgezogen, weil sie es nicht verkraftete, überbehütet zu werden.

„Schatz, du bist so dünn und blass – iss ein Ei, trink diesen grünen Smoothie und ruh dich heute Nachmittag aus.“

„Ich habe deinen Lebenslauf auf Vordermann gebracht, Ru. Einer der Jungs in meinem Club meint, dass er dir bei seiner Firma einen Job in der Datenerfassung beschaffen kann.“

Sie hielt nie Mittagsschlaf, trank lieber Gin als Smoothies und wusste, dass sie nie die Geduld für einen Datenerfassungsjob haben würde. Dass sie Ende zwanzig war und schon lange nicht mehr zu Hause wohnte, spielte keine Rolle – ihre Eltern gluckten und überschütteten sie mit gut gemeinten Ratschlägen, so sollte sie gut auf sich aufpassen, immer ihre Türen abschließen und am besten jemanden heiraten, der sie beschützen konnte.

Ihr Handy klingelte. Ru nahm es aus der Tasche und verzog das Gesicht, als „Eltern“ auf dem Display erschien. Wieso riefen ihre Eltern sie an, sobald sie auch nur an sie dachte? Hatten sie heimlich eine Benachrichtigungsfunktion in ihrem Gehirn installiert?

Sie zu ignorieren würde aber nur noch mehr Anrufe und besorgte Textnachrichten nach sich ziehen, also war es einfacher und weniger zeitraubend, den Videoanruf anzunehmen. „Morgen, Eltern.“

Taranah und Mazdak Osman begrüßten sie fröhlich, und Ru musste gegen ihren Willen über die Begeisterung der beiden lächeln. Ja, sie brachten sie auf die Palme, aber es war süß, dass sie sich immer so freuten, mit ihr zu sprechen. Sie war der Mittelpunkt ihrer Welt, der Grund dafür, dass die Sonne jeden Tag auf- und wieder unterging.

„Wollen wir uns zum Brunch treffen?“, schlug ihre Mom vor. „Wir laden dich ein.“

Äh … Sie wollte die beiden nicht belügen, ihnen aber auch nicht verraten, dass sie versuchte, diesen Job zu bekommen. Sonst wären sie nur ganz aufgeregt, weil sie in ihrer Stadt nach einer Stelle suchte, und hofften, dass sie doch noch hier sesshaft wurde. Egal, wie oft sie ihnen sagte, dass sie irgendwann wieder abreisen würde, sie lebten in der ständigen Hoffnung, dass sie blieb.

„Tut mir leid, Momma, ich habe schon was vor.“ Oh Gott. Das klang, als hätte sie ein Date.

„Mit Scott?“, fragte Taranah.

Ru sah zur Decke hoch. „Nein, Mom, nicht mit Scott. Ich habe dir allmählich oft genug gesagt, dass zwischen uns nichts läuft.“

„Warum nicht? Du hast ihn mal gedatet.“

Ru liebte ihre Mutter heiß und innig, aber sie wollte ihr nur ungern erklären, was Freunde mit gewissen Vorzügen waren. Ihre Mom glaubte allen Ernstes, dass Sex nur in einer Ehe stattfinden sollte.

„Nun nerv sie doch nicht immer mit Scott, Tara“, sagte ihr Dad. „Klappt es wirklich nicht mit dem Brunch, Süße?“

„Tut mir leid, Dad. Aber ihr beide könnt ja gehen“, schlug sie vor. „Tut so, als hättet ihr ein Date.“

„Dating habe ich gehasst“, grummelte ihr Vater.

„Als könntest du dich daran überhaupt noch erinnern, Mazdak“, zog Tara ihn auf und legte ihren Kopf an seine Schulter. „Na gut, Süße, aber du besuchst uns bald, ja?“

Ru verabschiedete sich, und die Gesichter ihrer Eltern verschwanden vom Bildschirm. Sie liebten sie, ihr einziges Kind, und wollten, dass sie bei ihnen blieb, statt in ferne Länder zu verschwinden. Eigentlich wusste sie auch, dass sie mehr Zeit mit ihnen verbringen sollte. Wären sie doch nur etwas weniger aufdringlich.

„Wer zum Teufel sind Sie?“

Beim Klang der schönen, tiefen Männerstimme drehte Ru sich betont langsam um. Sie musste wirken, als ob sie hierhergehörte und von der Agentur geschickt worden war.

Mein Gott. Wie sollte sie was sagen, wenn ein Leckerbissen von über eins achtzig in der Bürotür stand? Sein dunkles Haar war schweißnass und seine sonnengebräunten, breiten Schultern und kräftigen Arme nackt. Sein Sporthemd war unter den Armen und am Hals weit ausgeschnitten und ließ seine Brustmuskeln und einen Hauch von Brusthaar sehen. Sie konnte sich nicht davon abhalten, ihren Blick tiefer gleiten zu lassen und seine muskulösen Oberschenkel unter dem Saum der teuren Joggingshorts zu bewundern. Starke Waden, wie ihr auffiel, große Füße in edlen Laufschuhen.

Zum Anbeißen …

Außer-Atem-und-schlecht-gelaunt wiederholte seine Frage mit mehr Nachdruck. Ru riss sich aus der Betrachtung – etwas zu lange Haare, eine sexy Unterlippe und ein Kinn, das sehr stur wirkte – und zog die Augenbrauen hoch, als sie seinen genervten Blick sah. Seine Augen hatten einen fantastischen Blauton, wie der Nachthimmel im Winter.

Er presste die Lippen noch fester aufeinander, und Ru riss sich zusammen. Sie durfte sich keine Angst anmerken lassen, und so sah sie zur Wanduhr hinüber.

„Ich bin Ru Osman, und Sie sind spät dran“, sagte sie, obwohl sie wusste, dass sie ein großes Risiko einging. Aber wenn sie auch nur einen Hauch von Furcht zeigte, würde er sie bei lebendigem Leib fressen.

„Nur zu Ihrer Information, ich habe heute Morgen schon um Viertel vor sechs an meinem Schreibtisch gesessen“, erklärte er und hob einen Hemdzipfel an, um sich den Schweiß aus dem Gesicht zu wischen. 

Autor

Joss Wood
<p>Schon mit acht Jahren schrieb Joss Wood ihr erstes Buch und hat danach eigentlich nie mehr damit aufgehört. Der Leidenschaft, die sie verspürt, wenn sie ihre Geschichten schwarz auf weiß entstehen lässt, kommt nur ihre Liebe zum Lesen gleich. Und ihre Freude an Reisen, auf denen sie, mit dem Rucksack...
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