Milliardenschwer verliebt

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Keinen Cent will Sophia von ihrer Milliarden-Erbschaft. Zu sehr schmerzt es sie, dass ihr verstorbener Vater sich nie zu ihr und ihrer Mutter bekannt hat. Ob Garrett sie umstimmen kann? Der attraktive Finanzexperte soll Sophia im Auftrag ihrer Halbbrüder überreden, das gemeinsame Erbe anzutreten, sonst geht alles verloren! Unter einem Vorwand trifft er die stolze Malerin - und ist nach einem Blick in ihre dunklen Augen entflammt von ihr. Viel zu lange verschweigt er seine heikle Mission, um ihr Herz zu erobern. Wird sie ihm seine Liebeslüge je verzeihen können?


  • Erscheinungstag 22.10.2013
  • Bandnummer 1790
  • ISBN / Artikelnummer 9783733720025
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

PROLOG

„Warum bin ich eigentlich hier?“ Fragend blickte Finanzvorstand Garrett Cantrell im Konferenzraum von Delaney Enterprises in die Runde.

Will Delaney fuhr sich mit den Fingern durch seine schwarzen Haare. „Weil Sophia Rivers nicht nur die Tochter unseres Vaters ist, sondern dummerweise auch seinen Starrsinn geerbt hat.“

„Aber wir geben nicht auf“, ergänzte Ryan Delaney. „Dafür steht zu viel auf dem Spiel. Wir können genauso stur sein wie sie. Es muss einen Weg geben, mit ihr ins Gespräch zu kommen.“

„Wir lassen uns nicht länger von ihr auf der Nase herumtanzen“, murrte Zach Delaney. „Jetzt drehen wir den Spieß um.“

„Genau“, bestätigte Will. „Aus diesem Grund habe ich Garrett ja auch zu uns gebeten.“

„Es muss ein Schock gewesen sein, erst durch das Testament eures Vaters zu erfahren, dass ihr eine Halbschwester habt“, sagte Garrett. „Aber da sie nun mal keinen von euch treffen will, solltet ihr das Thema vielleicht abhaken.“

„Auf keinen Fall“, widersprach Zach. „Wenn Sophia nicht im Vorstand der Delaney-Stiftung mitmacht, können wir unser Erbe in den Wind schlagen. Außerdem gehört sie zur Familie. All die Jahre hatten wir eine Schwester, ohne es zu wissen …“

„Ich bin ganz deiner Meinung“, sagte Will. „Sie ist ein Mitglied unserer Familie, und wir möchten sie kennenlernen.“

„Obwohl sie nicht will?“, vergewisserte sich Garrett.

„Ich glaube, das liegt an Dad und nicht an uns. Wir wollen diese Familie vereinen, und das ist ausgeschlossen, solange Sophia nicht mit uns redet. Jeder von uns hat versucht, sie zu kontaktieren, und jeder von uns ist gescheitert. Wir brauchen einen neutralen Vermittler.“

Garretts gute Laune verflüchtigte sich. „Dann fragt den Anwalt eures Dads. Mit Grady redet sie doch.“

„Ihr Anwalt redet mit Grady“, stellte Will klar. „Grady selbst hat mit der Frau noch nie gesprochen.“

„Wir wollen unser Erbe“, brachte Ryan es auf den Punkt. „Sie kostet jeden von uns vier Milliarden Dollar. Die lassen wir nicht einfach so sausen.“

Garrett schaute von einem Delaney-Bruder zum anderen. Seit dem Tag seiner Geburt stand er ihnen nahe. Sein Vater, ein enger Mitarbeiter des verstorbenen Patriarchen Argus Delaney, hatte Garrett dazu erzogen, sich der Familie seines Förderers verpflichtet zu fühlen. Abgesehen davon war Will, der Vorstandsvorsitzende von Delaney Enterprises in Dallas, Garretts bester Freund. Doch als er jetzt daran dachte, was die drei Brüder von ihm erwarteten, fühlte er sich entschieden unwohl in seiner Haut.

„Ich schlage vor, ihr drei macht noch einen Anlauf bei Miss Rivers“, sagte er.

„Komm schon, Garrett“, drängte Will. „Du kannst sie kontaktieren, weil du kein Delaney bist. Mach dir ein Bild von ihr und finde heraus, warum sie so widerspenstig ist. Du öffnest die Tür für uns, und dann übernehmen wir. Flieg nach Houston. Dort hast du doch ohnehin ein Unternehmen – und ein Haus, also drängt sich die Idee geradezu auf.“

„Mir gehört zwar eine Immobilienfirma in Houston, aber ich bin nicht oft dort. Lasst es sein, Jungs. Bittet mich nicht um etwas, was ihr selbst nicht hinkriegt.“

„Wir sind davon überzeugt, dass du mehr Erfolg haben kannst als wir“, argumentierte Will. „Du warst doch schon oft unser Vermittler. Wir werden dich für deine Mühe auch angemessen entschädigen. 500 Millionen für dich, wenn du uns hilfst, Sophia in den Vorstand der Stiftung zu holen.“

Das Geld bedeutete Garrett nichts. Reich war er selbst. Trotzdem konnte er schlecht ablehnen. Dafür fühlte er sich den Delaneys zu stark verpflichtet. Seufzend nahm er den Aktenordner, den Will ihm hinhielt, und schlug ihn auf.

Von einem Foto blickte ihm eine schöne dunkelhaarige Frau mit braunen Augen entgegen. Vielleicht ist dieser Auftrag doch nicht so übel, dachte Garrett.

„Wenn sie kooperiert, erbt sie drei Milliarden Dollar“, erläuterte Ryan. „Du tust ihr also auch einen Gefallen.“

„Wie kann sie eine derartige Summe bloß ablehnen?“ Zach schüttelte den Kopf.

„Sie muss verdammt wütend sein“, meinte Garrett. „Und das wird sich garantiert nicht leicht ändern lassen.“

„Wir müssen es versuchen“, beharrte Will. „Bist du dabei?“

Garrett warf noch einen Blick auf das Foto. Ich habe gerade drei Milliarden Dollar von Argus Delaney geerbt. Will ist mein engster Freund. Kann ich ihn hängen lassen, wenn er und seine beiden Brüder mich um Hilfe bitten?

„Hör mal, wir sind verzweifelt“, legte Ryan nach. „Und wir haben einen Termin, bis zu dem alles gelaufen sein muss.“

„In Ordnung“, antwortete Garrett widerstrebend.

Erleichtert bedankten sich die Brüder. Will grinste. „Alles spricht für dich, schließlich bist du kein Delaney.“

„Ich glaube kaum, dass das einen Unterschied macht“, brummte Garrett. „Eure Halbschwester wird keinen Deut freundlicher zu mir sein als zu euch. Macht euch bitte keine großen Hoffnungen.“

1. KAPITEL

Sophia Rivers nippte an ihrem Champagner. Zufrieden blickte sie sich um. Viele Freunde und Kunden waren gekommen, um das zweijährige Bestehen ihrer kleinen Galerie in Houston zu feiern.

„Guten Abend, meine Liebe.“

Sie wandte sich um und stand Edgar Hollingworth gegenüber, einem engen Freund von ihr und ihrer verstorbenen Mutter. Für Sophia war er so etwas wie Vater und Mentor in einer Person. „Guten Abend, Edgar.“

„Schwarz-Weiß steht dir ausgezeichnet.“

„Vielen Dank.“ Sie strich sich eine lange Strähne aus dem Gesicht.

„Wir haben uns lange nicht gesehen.“

„Ich war in New Mexico, zum Malen. Kennst du eigentlich das Paar da vorne rechts?“

„Das sind die Winstons. Sie stehen vermutlich auf deiner Gästeliste, weil sie kürzlich eins deiner Bilder gekauft haben.“

„Woher weißt du das denn, Edgar?“

„Weil ich es ihnen verkauft habe.“

Sophia lachte. „Ich bin wirklich froh, dass du meine Werke in deiner Galerie ausstellst. Du warst der erste Kunsthändler, der sie genommen hat, und das werde ich dir nie vergessen.“

„Deine Bilder wären ohnehin in einer Galerie gelandet. Wenn nicht in meiner, dann in einer anderen. Du bist eben talentiert.“

„Danke, Edgar.“ Sophias Blick fiel auf ein weiteres unbekanntes Gesicht. Sie stockte, obwohl sie nur das Profil sehen konnte.

Der Mann überragte alle übrigen Gäste. Seine braunen Haare hatten etwas Widerspenstiges an sich. Er würde ein interessantes Modell abgeben, dachte Sophia angesichts seiner geraden Nase und der markanten Gesichtszüge. Mit einem Champagnerglas in der linken Hand stand der Fremde vor einem Gemälde. „Noch jemand, den ich nicht kenne“, sagte sie.

„Garrett Cantrell, ein weiterer zufriedener Kunde. Ich habe mich vorhin kurz mit ihm unterhalten. Er besitzt eine Immobilienfirma. Letzte Woche hat er eins deiner Bilder gekauft.“

Eine Frau sprach Edgar an und verwickelte ihn in ein Gespräch. Dadurch hatte Sophia Gelegenheit, den dunkelhaarigen Fremden zu beobachten, während er langsam durch die Galerie schlenderte. Plötzlich ertappte sie sich dabei, dass sie auf ihn zusteuerte und fragte: „Wie finden Sie das Bild?“

Er richtete ein Paar rauchfarbene Augen auf sie. „Sehr gut.“

Ihr Herz schien zu stolpern. Aus der Nähe sah dieser Mann noch faszinierender aus. Attraktiv auf eine herbe Art, mit ausdrucksvollen Augen und dichten Wimpern.

„Das freut mich.“ Lächelnd streckte sie die rechte Hand aus, ohne den Blickkontakt zu unterbrechen. „Ich habe es nämlich gemalt. Mein Name ist Sophia Rivers.“

„Garrett Cantrell.“ Er nahm ihre Hand in seine.

Die Berührung löste bei Sophia ein ungewohntes Prickeln aus, das von den Haarwurzeln bis zu den Zehenspitzen reichte. Auf einmal schien ihr Körper vergessen zu haben, wie man atmete. Ihr Blick glitt zu Garretts Mund. Wie fühlt es sich wohl an, ihn zu küssen? fragte sie sich. Es kam ihr vor, als würde die Temperatur im Raum um ein paar Grad ansteigen. Sie wollte wegschauen, brachte es aber aus irgendeinem Grund nicht fertig.

„Die Künstlerin also“, stellte er fest und ließ ihre Hand los. „Schön, Sie kennenzulernen. Es gefällt mir, wie Sie die Atmosphäre des Westens eingefangen haben.“

Sophia riss sich zusammen. „Danke. Dieses Bild ist in New Mexico entstanden, in der Nähe von Taos.“

„Wenn ich es ansehe, habe ich das Gefühl, dort zu sein statt in einer Großstadt“, meinte Garrett Cantrell anerkennend.

„Genau das möchte ich erreichen.“ Sophia zögerte. „Sind Sie heute zum ersten Mal in meiner Galerie?“

„Ja, aber ich besitze schon eins Ihrer Werke. Wenn ich mir die Motive so ansehe, müssen Sie allerhand Zeit in New Mexico verbringen. Haben Sie dort auch eine Galerie?“

„Noch nicht. Im nächsten Frühjahr würde ich gern eine eröffnen, aber meine Planung steht noch ganz am Anfang. Ich verbringe meine Zeit lieber mit Malen.“

„Verstehe.“ Er betrachtete das nächste Bild. Darauf war ein alter Karren vor einem Haus aus Lehmziegeln zu sehen. Rundherum wuchsen farbenfrohe Malven. Ein kleiner Mesquitebaum stand an einer Hausecke. „Das hier mag ich auch“, sagte Garrett. „Am besten finde ich allerdings Ihre Serie über die Ureinwohner Nordamerikas.“

Er zeigte auf ein Bild, das einen Mann mit geflochtenem Zopf neben einem Pferd zeigte. Die beiden standen in einer kargen Landschaft, aus der sich vereinzelt Mesquitebäume erhoben. Über ihnen hingen weiße Wolken in einem blauen Himmel. Ein Adler segelte mit ausgebreiteten Schwingen dahin. „Der Kontrast zwischen Licht und Schatten ist toll gelungen“, lobte Garrett. „Ich kaufe das Bild. Wie groß ist die Chance, dass Sie mich beraten, wo ich es am besten hinhänge? Im Gegenzug lade ich Sie zum Abendessen ein.“

Sophia blinzelte verdutzt. „Wir kennen uns doch gar nicht, Mr Cantrell.“

„Nennen Sie mich bitte Garrett. Und wir können uns kennenlernen. Zum Beispiel wenn Sie mich nachher auf einen Drink in die Hotelbar um die Ecke begleiten. Morgen Abend hängen wir mein Bild auf, und anschließend gehen wir essen.“

„Na, Zeit verschwenden Sie jedenfalls nicht“, meinte Sophia amüsiert. Sie spürte wieder das seltsame Kribbeln von vorhin. „Ein Drink wäre nett. Ich schätze, dass ich in einer Stunde hier fertig bin.“

Er blickte auf seine Armbanduhr. „Gut, dann sind wir hiermit verabredet.“

„Mein Mitarbeiter wird das Bild für Sie verpacken. Wir können es Ihnen morgen liefern, wenn Ihnen das recht ist.“

„Sehr recht. Ihr Fahrer deponiert es am besten bei meinem Pförtner.“

Sophia nickte und ging auf einen jungen Mann zu: „Barry, Mr Cantrell möchte Bild Nummer 32 kaufen. Kümmere dich bitte darum.“

Sie widerstand der Versuchung, über die Schulter zurückzuschauen. Stattdessen schlenderte sie umher, sprach mit Kunden und Bekannten. Schließlich stand sie wieder vor Edgar.

„Cantrell hat sich für eins deiner Bilder entschieden“, bemerkte der ältere Herr.

„Ja. Ich bin nachher noch auf einen Drink mit ihm verabredet.“

Edgar zog die Brauen hoch. „Das ging aber schnell. Nun, er scheint sympathisch zu sein. Wohlhabend übrigens auch. Erst letzte Woche hat er mir aus dem Stand heraus dein Gemälde abgekauft, und jetzt kauft er noch eins. Der Mann weiß, was ihm gefällt.“

Sophia legte eine Hand auf Edgars Arm. „Entschuldige, da hinten stehen die Santerros. Mit denen muss ich unbedingt ein paar Worte wechseln.“

„Natürlich. Genieß den Abend. Und den Drink.“

„Das habe ich vor“, sagte sie leise, als sie sich von Edgar entfernte. Sie sah, wie Garrett ihrem Mitarbeiter eine Visitenkarte gab, und senkte den Blick auf seine langen Beine. Prompt beschleunigte sich ihr Puls. Attraktiv sah der Geschäftsmann aus in seinem dunkelblauen Anzug mit dem weißen Hemd und den goldenen Manschettenknöpfen.

Sophia blieb noch eine Stunde in der Galerie – eine Stunde, in der sie ständig wusste, wo sich Garrett Cantrell gerade aufhielt. Deshalb registrierte sie auch, dass er sich mit einem Paar aus ihrem Bekanntenkreis unterhielt. Sie wartete, bis er weiterging, und sprach die Trents dann an. „Guten Abend, wie geht es Ihnen?“

„Ausgezeichnet“, antwortete Jason Trent aufgeräumt.

„Wir lieben Ihre neuen Bilder“, ergänzte Meg Trent eifrig. „Danke für die Einladung.“

„Ich freue mich, dass Sie gekommen sind. Mir ist eben aufgefallen, dass Sie mit Garrett Cantrell geredet haben. Ich bin ihm heute zum ersten Mal begegnet, aber Sie kennen ihn offenbar schon länger?“

Jason Trent nickte. „Ich habe eins seiner Gebäude gemietet. Er kümmert sich gern selbst darum, dass alles reibungslos läuft. Mit Cantrell und seinen Leuten kann man gut zusammenarbeiten.“

„Wir kaufen eins Ihrer Aquarelle für unser Wohnzimmer“, wechselte Meg das Thema. „Das mit dem kleinen Jungen und dem Esel.“

„Wie schön, dass es Ihnen gefällt.“

„Sie sind wirklich fleißig“, meinte Jason.

„Malen macht mir einfach Spaß.“

„Offenbar mehr Spaß als die Finanzwelt.“

Sophia lächelte. „Stimmt. Bisher habe ich nicht bereut, dass ich die Branche gewechselt habe.“

„Genau dazu möchte ich meine Frau bewegen. Sie würde nämlich gern eine Boutique eröffnen.“

Meg seufzte. „Als Buchhalterin lebt es sich weniger riskant. Sie sind inzwischen etabliert, Sophia. Aber waren Sie nicht nervös, als Sie mit der Galerie angefangen haben?“

„Sehr sogar. Trotzdem war es die richtige Entscheidung für mich.“ Sie verabschiedete sich von den Trents und schlenderte weiter. In einer Ecke plauderte Garrett mit zwei Gästen. Sophia fragte sich, ob er die wohl auch schon kannte.

Sie stoppte am Tresen und spähte auf die Visitenkarte, die Barry dort deponiert hatte. Cantrell Properties. Es war eine schlichte Karte mit Firmenlogo, Telefonnummer und einer Adresse im Zentrum von Houston. Sophia steckte sie in eine Schublade.

Garrett gesellte sich zu ihr. „Können Sie schon weg? Es sind ja immer noch einige Gäste hier.“

„Ach, Barry kommt schon allein klar. Lassen Sie uns den Hinterausgang nehmen, das fällt weniger auf.“ Sophia führte Garrett durch eine Tür und einen Flur mit mehreren Büroräumen entlang. Schließlich standen sie auf dem Parkplatz.

Ein Wachmann saß im verglasten Häuschen, die Augen auf einen kleinen Fernseher gerichtet. Als er Sophia erkannte, kam er zur Tür. „Guten Abend, Miss Rivers.“

„Hallo, Ted. Ich komme später noch einmal vorbei, um mein Auto zu holen.“

„Geht klar. Guten Abend, Sir.“

Garrett erwiderte den Gruß. Dann nahm er Sophias Arm. „Mein Wagen steht an der Vorderseite.“

„Es ist ein schöner Abend. Wir könnten zu Fuß gehen“, schlug sie vor. So dicht neben ihm wurde ihr seine Größe noch bewusster.

„Gern.“

„Sie haben vorhin mit Meg und Jason Trent gesprochen“, meinte Sophia auf dem Weg zum Hotel. „Jason erzählte mir, dass er einer Ihrer Mieter ist.“

„Ja, richtig, ein ausgesprochen angenehmer Mieter. Seine Frau und er mögen Ihre Bilder.“

„Das freut mich. Es ist schön, wenn die eigene Arbeit geschätzt wird.“

Sie betraten die helle Hotellobby und gingen durch zur Bar, in der das Licht gedämpft war. Der Pianist spielte gerade eine Ballade, und mehrere Paare tanzten dazu. Garrett führte Sophia in eine Nische mit einem kleinen Tisch. Die Lampe darauf warf goldfarbenes Licht auf seine Wangenknochen.

Sophia war aufgeregt, ohne sich den Grund dafür erklären zu können. Sie bestellte ein Mineralwasser, Garrett ein Bier. Als die Getränke auf dem Tisch standen, erhob er sein Glas: „Auf eine neue Freundschaft. Möge sie wachsen.“

„Auf die Freundschaft.“

Er streckte eine Hand aus und legte sie auf Sophias. „Wollen wir tanzen?“

Ihr war, als würde die Berührung einen Schalter in ihr umlegen und sie unter Strom setzen. Wie in Trance stand sie auf. Garrett zog Jackett und Krawatte aus und ließ beides auf dem Sessel zurück. Dann ging er voraus zur Tanzfläche, drehte sich zu seiner Begleiterin um und nahm ihre rechte Hand.

Die andere Hand legte sie auf seine Schulter. Durch das weiße Hemd spürte sie den muskulösen Oberkörper. Garrett tanzte gut und steuerte sie sicher über die Tanzfläche.

„Auf diesen Moment habe ich den ganzen Abend gewartet“, sagte er leise.

Sophias Herz setzte einen Schlag aus. Sie hatte noch nie so rasch und so intensiv auf einen Mann reagiert.

„Gut, dass ich heute in Ihre Galerie gekommen bin“, fuhr er fort. „Ich wusste, dass mir Ihre Bilder gefallen würden, hatte aber nicht erwartet, dass die Künstlerin anwesend ist. Jetzt kommt es mir vor, als hätte sich die Welt komplett verändert.“

„Nun, ich glaube nicht, dass es ein weltverändernder Abend war“, wiegelte sie lächelnd ab, obwohl sie Garrett insgeheim zustimmte. Ich weiß nicht, ob die Welt für mich je wieder so sein wird, wie sie war, bevor ich diesem Mann über den Weg gelaufen bin.

„Finden Sie? Nun, noch ist der Abend nicht vorüber. Vielleicht ändern Sie Ihre Meinung ja noch.“

„Möglich.“

Die Ballade verklang, und der Pianist stimmte ein schnelleres Lied an. Garrett ließ Sophia los. Sie trat einen Schritt zurück. Nun tanzten beide für sich. Er bewegt sich dermaßen sexy, dachte sie. Reg dich ab und starr ihn nicht so an!

Als auch dieses Stück zu Ende war, kehrten sie in die Nische zurück. Garrett wartete, bis seine Begleiterin saß. Dann nahm er ebenfalls Platz und öffnete die beiden obersten Knöpfe seines Hemdes.

Sophia spürte Verlangen in sich aufkeimen. Ihr Handy klingelte. Hastig zog sie es aus der Tasche und las eine SMS von Edgar: ‚Wie läuft dein Abend mit G.C.? Ruf mich an, wenn du zu Hause bist. Ich hab deiner Mom mein Wort gegeben.‘

Sie musste lachen. „Edgar. Sie haben eins meiner Bilder in seiner Galerie gekauft.“

„Ja, ich erinnere mich.“

„Er hat meiner Mutter versprochen, auf mich aufzupassen. Seitdem ist er wie eine Glucke. Jetzt zum Beispiel will er wissen, wann ich heimkomme.“

Garrett grinste. „Ist er eifersüchtig?“

„Oh nein. Edgar war eine halbe Ewigkeit in meine Mutter verliebt. Sie sind miteinander ausgegangen, aber für Mom war er immer nur ein guter Freund. Als ich anfing, mich für Kunst zu interessieren, hat Mom Edgar davon erzählt. Heute ist er mein Mentor und Förderer. Ich schreibe ihm schnell, dass ich wohlauf bin und wir einen netten Abend verbringen.“

Sophia schickte eine SMS zurück: ‚Mir geht’s gut, Edgar. Du kannst beruhigt schlafen gehen.‘

„Einen netten Abend“, wiederholte Garrett gedehnt. „Ich werde mich wohl ein bisschen mehr anstrengen müssen, wenn ich Sie davon überzeugen will, dass sich heute Abend die Welt verändert hat.“

Lächelnd steckte sie das Handy wieder ein. „Erzählen Sie mir ein bisschen über sich.“

„Nun, ich bin mit dem sprichwörtlichen goldenen Löffel im Mund zur Welt gekommen. Mein Dad hat sehr gut verdient. Dadurch war unser Leben in vielerlei Hinsicht leicht.“

„Was war denn nicht leicht?“

„Der Tod meiner Mutter“, antwortete Garrett ernst. „Damals war ich 15. Und dann der meines Vaters, letzten Sommer. Wir standen uns ziemlich nahe.“

„Es tut mir leid. Ich weiß, wie weh das tut. Meine Mutter ist vor ein paar Jahren gestorben.“

„Und Ihr Vater?“

„Den habe ich nicht gekannt.“ Sophias dunkle Augen wirkten plötzlich hart.

„Ach so.“ Er ließ ein paar Sekunden verstreichen. „Wie sind Sie eigentlich zur Malerei gekommen?“

Sie nippte an ihrem Mineralwasser. „Zuerst war ich auf dem College. Ich habe meinen Abschluss in Buchhaltung gemacht, einen Job gefunden, bin aufgestiegen. Dann habe ich angefangen, mein Gehalt zu investieren – so erfolgreich, dass ich irgendwann auch für Moms Vermögen zuständig war. Auf diese Weise ist der Umgang mit Geld zu meinem Beruf geworden, aber die Kunst war schon immer meine wirkliche Leidenschaft. Der finanzielle Hintergrund scheint bei uns beiden übrigens ähnlich zu sein.“

„Sieht ganz danach aus“, stimmte Garrett zu.

„Mit dem Unterschied, dass ich den Beruf gewechselt habe.“

„Manchmal spiele ich auch mit dem Gedanken, das zu tun, aber ich bin irgendwie festgefahren.“

„Was würden Sie denn gern machen?“, fragte Sophia neugierig.

Er winkte ab. „Es sind keine ernsthaften Überlegungen. Ich bin genau da, wo ich sein soll. Ich tue, was ich gelernt habe und womit ich mich auskenne.“

„Aber Sie mögen noch etwas anderes“, beharrte sie. „Kunst ist es nicht, glaube ich. Und mit Immobilien hat es auch wenig zu tun.“

„Stimmt. Sie brauchen nicht zu raten, es ist keine große Sache. Ich schreinere gern Möbel. Es gefällt mir, etwas mit den Händen zu schaffen.“

„Allmählich finde ich unsere Gemeinsamkeiten regelrecht beängstigend.“ Sophia wunderte sich flüchtig, wie ausdrucksstark graue Augen sein konnten.

„Vielleicht ist das ein Omen. Es soll uns zeigen, dass wir gut miteinander auskommen werden.“

„Normalerweise ist es andersherum, oder? Gegensätze ziehen sich an, sagt man doch.“

„Tja, dann lassen Sie mich mal überlegen, wo unsere Unterschiede liegen.“ Garrett betrachtete Sophia aufmerksam. „Zunächst einmal leben Sie Ihren Traum, während ich meinen erlernten Beruf nicht aufgeben will.“

„Warum eigentlich nicht?“

Er hob die breiten Schultern. „Erziehung, schätze ich. Früher habe ich nichts geändert, weil ich meinen Vater damit verletzt hätte. Jetzt lebt er zwar nicht mehr, aber ich weiß noch genau, wie viel ihm daran lag, dass ich tue, was ich tue. Es ist nicht der einzige Grund, aber der wichtigste.“

Sophia nickte. „Das ist in der Tat ein Unterschied zwischen uns. Mom war mit der Veränderung in meinem Leben einverstanden. Ich finde es sehr schade, dass sie meinen Erfolg nicht mehr miterleben konnte – vor allem, weil sie mich immer ermutigt hat, meine Träume zu verwirklichen.“

„Seien Sie dankbar. Mir wurde immer das Gegenteil erzählt.“

„Ich bin dankbar“, versicherte Sophia. Sie blickte Garrett in die Augen und fühlte eine ungewohnte Sehnsucht in sich aufflammen. Noch heute Abend wird er mich küssen, wusste sie plötzlich. Und ich will, dass er es tut.

„Gibt es eigentlich keine anderen Männer in Ihrem Leben außer Edgar – und mich?“, fragte Garrett.

„Nein. Übrigens zählen Sie nicht richtig, schließlich kennen wir uns erst seit ein paar Stunden.“

„Und seitdem zähle ich“, widersprach er mit einer Stimme, die Sophia einen Schauer über den Rücken rieseln ließ. „Also ist Ihnen der Richtige noch nicht über den Weg gelaufen, und es gibt auch niemanden, der sich gerade um den Titel bewirbt.“

Sie schüttelte den Kopf. „Ich suche gar nicht nach dem Richtigen. In der letzten Zeit habe ich mich ganz auf meine Arbeit konzentriert.“

„Ich weiß, was Sie meinen. Vielleicht gelingt es mir, in dieser Hinsicht uns beiden etwas Abhilfe zu schaffen.“

Sophia zögerte. „Und was ist mit den Frauen in Ihrem Leben, Garrett? Erzählen Sie mir bitte nicht, es gäbe keine.“

„Doch, genau das. Ich bin Single.“

„Und vermutlich ein Workaholic?“

Er schmunzelte jungenhaft. „Ich fürchte, in dem Punkt muss ich Ihnen zustimmen.“

Sophias Handy klingelte erneut. Barry informierte sie per SMS, dass alle Gäste gegangen waren und er die Galerie zugesperrt hatte. „So spät schon“, staunte Sophia, als sie die Uhrzeit auf dem Display sah. „Ich muss gehen.“

Nebeneinander schlenderten sie zum Parkplatz zurück. „Wie wäre es, wenn ich Sie nach Hause fahre?“, fragte Garrett unvermittelt. „Morgen früh hole ich Sie zum Frühstück ab und bringe Sie anschließend zur Galerie.“

„Das klingt nach ziemlich viel Aufwand für Sie.“

„Überhaupt nicht.“ Er zog die Beifahrertür eines schwarzen Sportwagens auf.

Sophia überlegte kurz. Dann stieg sie ein und nannte Garrett ihre Adresse. Während er fuhr, betrachtete sie seine starken Hände mit den kurzen Fingernägeln. Ein goldener Manschettenknopf glänzte im Lichtschein des Armaturenbretts.

Sie kamen in ein Wohnviertel. Garrett parkte vor Sophias Haus, half ihr aus dem Wagen und begleitete sie zur Tür. Sophia schloss auf, bevor sie sich zu ihrem Begleiter umdrehte.

Autor

Sara Orwig
<p>Sara’s lebenslange Leidenschaft des Lesens zeigt schon ihre Garage, die nicht mit Autos sondern mit Büchern gefüllt ist. Diese Leidenschaft ging über in die Liebe zum Schreiben und mit 75 veröffentlichten Büchern die in 23 Sprachen übersetzt wurden, einem Master in Englisch, einer Tätigkeit als Lehrerin, Mutter von drei Kindern...
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