Schicksalsbote auf süßen Pfoten

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Als Matt in einem Tierheim zufällig seiner Jugendliebe Claire begegnet, prickelt es zwischen ihnen so heiß wie damals … Schon bald ist er nicht nur in den kleinen Spaniel verliebt, den sie ihm aussucht, sondern auch in Claire – obwohl er eine Frau wie sie gar nicht verdient hat …


  • Erscheinungstag 27.09.2021
  • ISBN / Artikelnummer 9783751508537
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

In seinem Zwinger im Tierheim des Vereins „Fellknäuel fürs Leben“ bearbeitete ein dreibeiniger Labradormischling mit grauer Schnauze gerade ein Kauspielzeug. Der Hund erinnerte Matt Fielding an ihn selbst. Das Tier war groß und kräftig, genau wie Matt mit seinen eins fünfundachtzig und den Muskeln, die er sich im Dienst bei der United States Army antrainiert hatte. Matt fehlte zwar kein Bein, aber er war gefährlich nah an einer Amputation gewesen, nachdem er durch eine Sprengfalle schwer verletzt worden war. Vor drei Monaten war er aus gesundheitlichen Gründen ausgemustert worden und hatte seither seine Zeit auf dem Stützpunkt mit Reha verbracht. Jetzt hinkte er nur noch ein bisschen. Doch um sich vor den Zwinger des alten Hundes zu knien, hatte er gut fünfzehn Sekunden gebraucht.

Ich würde dich am liebsten sofort mitnehmen, Hank, dachte er und betrachtete das Schild am Zwinger. Matt hatte Mitleid mit dem alten Knaben, der hier zwischen einem alten und einem neuen Zuhause festsaß – genau wie Matt. Aber seine Schwester würde ihn umbringen, wenn er ihr schickes Haus mit einem riesigen, alten Hund im Schlepptau betreten würde. Und jetzt bei ihr in Ungnade zu fallen, war keine gute Idee.

Denn er hatte seinen Befehl – und der lautete, für seine geliebte Nichte Ellie, die achtjährige Tochter seiner Schwester, einen passenden Hund zu finden. „Passend“ war natürlich relativ. Der alte Hank rührte zwar Matts Herz, aber er war nicht hier, um einen Hund für sich zu finden. Haustiere stellten eine Verpflichtung dar und sie brauchten ein Zuhause. Er war sechsunddreißig Jahre alt, und sein Leben hing völlig in der Luft. Bis vor drei Monaten hatte er nur für die Armee gelebt. Jetzt war er Zivilist. Und hinkte.

Zum ersten Mal seit fünf Jahren war er wieder in Spring Forest, seiner Heimatstadt in North Carolina. Die kleine Ellie hatte zur Begrüßung für ihn salutiert, und er hatte sie hochgehoben und umarmt. Aber im Gästezimmer seiner Schwester zu wohnen war nicht ideal. Er musste sich überlegen, was er als Nächstes tun sollte.

Im Augenblick war das jedoch, sich auf seine Mission zu konzentrieren.

Also, zurück zum Thema passender Hund.

„Hank ist einer meiner Lieblinge“, sagte eine Frau, und Matt zuckte zusammen.

Er kannte diese Stimme. Er schaute auf. Keine vier Meter von ihm entfernt stand Claire Asher.

Claire.

Dem Ausdruck ihres wunderhübschen Gesichts nach zu urteilen, hatte sie ihn nicht erkannt. Einen Augenblick lang brachte er keinen Ton heraus. Er konnte sie nur ansehen, während es ihm Brust und Kehle zuschnürte. So viele Nächte hatte er in den letzten achtzehn Jahren damit verbracht, an sie zu denken, sich zu fragen, wo sie steckte, ob sie glücklich war. Die Erinnerung an sie hatte ihm geholfen, schlimme Zeiten durchzustehen. Und jetzt stand sie vor ihm.

Sie hatte eine Leine in der Hand, und ein großer, zimtbrauner Hund stand neben ihr. Vielleicht ein Boxer, überlegte Matt. Es war einfacher, sich auf den Hund zu konzentrieren als auf die Frau – die ihn jetzt so schockiert anstarrte, wie er sich fühlte.

„Matt?“, fragte sie verblüfft.

Der Hund neben ihr legte den Kopf schräg. Seine dunkelbraunen Schlappohren fielen zur Seite.

Er nickte und stand auf. Dafür brauchte er wieder gut fünfzehn Sekunden. „Ich bin hier, um einen Hund für meine Nichte zu finden.“ In seinen Gedanken sagte er: Du siehst fantastisch aus. Wie geht es dir? Ich habe dauernd an dich gedacht. Was machst du hier? Ich habe dich vermisst.

„Ellie“, sagte sie zu seiner Überraschung. „Manchmal treffe ich deine Schwester in der Stadt.“

Er nickte. Sein Blick fiel auf ihre Hand. Kein Ring. Hatte er nicht mal gehört, dass sie geheiratet hatte?

„Du siehst toll aus, Claire.“ Das tat sie wirklich. Groß und so schlank wie auf der Highschool war sie immer noch die Claire Asher, an die er sich erinnerte – und die er nie vergessen würde. Ihr seidiges, hellblondes Haar ging ihr nur noch bis zur Schulter. In den Winkeln ihrer grünen Augen deuteten feinste Fältchen an, wie viele Jahre vergangen waren. Das letzte Mal, als er Claire gesehen hatte, war sie siebzehn gewesen. Jetzt war sie fünfunddreißig.

„Hast du gerade Urlaub?“, fragte sie.

Er schüttelte den Kopf. „Ich bin jetzt Zivilist. Ich bin erst seit gestern wieder in der Stadt. Fürs Erste wohne ich bei meiner Schwester. Darum bin ich auch hier. Sie und ihr Mann haben Ellie zum Geburtstag einen Hund versprochen. Also habe ich Laura angeboten, mich mal umzusehen. Ich habe viel Gutes über ‚Fellknäuel fürs Leben‘ gehört, als ich mich nach Tierheimen hier in der Gegend erkundigt habe.“

„Es ist wirklich etwas ganz Besonderes. Ich bin ehrenamtliche Helferin hier.“ Sie tätschelte den Hund an ihrer Seite. „Das hier ist Dempsey, mein Pflegehund.“ Sie lächelte – ihr wunderschönes Lächeln, das ihn früher ganz verrückt gemacht hatte. „Du hättest gestern oder heute Morgen kommen sollen“, sagte sie. „Samstag und Sonntag halten wir immer eine Adoptionsveranstaltung ab. Dieses Wochenende haben vier Welpen, fünf Hunde und fünf Katzen ein Zuhause gefunden.“

„Dann sind die Hunde in diesen Zwingern nicht adoptiert worden?“, fragte er und musterte Hank, der immer noch auf seinem Gummiknochen rumkaute.

„Dieses Wochenende nicht. Manchmal dauert es eine Weile, bis alles passt. Das ist das Wichtigste – es muss einfach alles stimmen, für das Tier und die Familie.“

Er nickte. „Habt ihr was Passendes für ein achtjähriges Mädchen da? Ihre Bedingungen sind: ‚super süß, verschmust und keine Bedrohung für meine Stofftiersammlung‘.“

Claire lachte. „Komm mit.“ Sie führte ihn bis ans Ende der Zwinger. Im letzten rannte ein Welpe im Kreis und versuchte, seinen eigenen Schwanz zu fangen. Dabei bellte der junge Hund lautstark.

„Meine Ohren“, sagte Matt lächelnd. Der Welpe erfüllte definitiv die Bedingung „süß“. Laut Beschreibung handelte es sich bei der kleinen Hündin um einen fünf Monate alten Spanielmischling. Sie war kastanienbraun und weiß, mit langen Schlappohren und krausem Fell. Ellie würde verrückt nach ihr sein.

„Genau darum ist sie noch hier. Bei beiden Adoptionsveranstaltungen hat sie zwanzig Minuten ununterbrochen gebellt. Sie ist aber erst seit ein paar Tagen im Tierheim. Eine andere Helferin und ich haben schon mit ihr gearbeitet. Sie braucht nur ein bisschen Hundeschule. Sie ist echt süß.“

Und laut, dachte Matt. Und … lebhaft. „Hört sie jemals auf, sich im Kreis zu drehen?“

Claire lachte wieder. „Ja. Mit Erdnussbutterleckerlis kann man sie dazu bringen, fast alles zu tun.“

„Wäre sie die Richtige für Ellie?“, fragte er. „Meine Schwester hat es gern ruhig und ordentlich. Ich glaube, sie will einen alten Hund im Körper eines Welpen.“

„Junge Hunde kann man erziehen. Aber Welpen sind Welpen – kleine Kinder. Sie machen Lärm, sind sehr aktiv und sie beißen in Schuhe.“

„Soweit ich weiß, hat Ellie noch nie in einen Schuh gebissen.“

Claire lachte und berührte seinen Arm. Es war nur eine beiläufige Geste, aber die Berührung sorgte dafür, dass ein Blitz ihn durchfuhr. Hier neben ihr zu stehen, mit ihrer Hand auf seinem Arm, das fühlte sich an, als ob sie nie miteinander Schluss gemacht hätten. Sie könnten jetzt Claire und Matt sein, die seit ihrer Schulzeit ein Paar waren, verheiratet mit vier Kindern, vier Hunden und vier Katzen – wie es Claire sich immer gewünscht hatte.

Im Lauf der Jahre hatte sich Matt manchmal spät nachts Vorwürfe gemacht, weil er die Beziehung mit Claire beendet hatte. Er hatte ihr erklärt, dass er sich darauf konzentrieren musste, der beste Soldat zu sein, der er nur sein konnte. Dabei hatte er es belassen. Auch wenn ihr Schmerz ihn beinahe dazu gebracht hätte, die Wahrheit zu sagen: dass er nicht gut genug für sie war und nie gut genug für sie sein würde; ein Hindernis, wenn sie ihren großen Traum wahrmachen wollte, in die Großstadt zu ziehen. Matt war nicht der Typ fürs Großstadtleben und er hatte vorgehabt, sein Leben lang Berufssoldat zu bleiben. Jetzt wusste er nicht mehr, wer oder was er war. Und in Spring Forest erkannte er sich selbst nicht mehr wieder. Hier gehörte er definitiv nicht hin.

Konzentrier dich auf deine Mission, befahl er sich. „Ich glaube, meine Schwester will vom Temperament her eher so was wie Dempsey“, sagte Matt und deutete auf Claires Pflegehund. Die Hündin saß da und reagierte überhaupt nicht auf den Wirbel um sie herum.

„Dempsey ist ein Schatz“, sagte Claire. „Man hat sie vor ein paar Monaten angebunden vor einem verlassenen Haus gefunden. Ich glaube, sie hatte noch nie ein richtiges Zuhause. Ich musste viel mit ihr arbeiten. Jetzt ist sie so weit, adoptiert zu werden, aber sie wird immer übergangen.“ Sie kraulte die Hündin am Hals.

Matt kannte Claire vielleicht nicht mehr, aber jeder konnte sehen, wie sehr sie diesen Hund liebte.

„Kannst du sie nicht behalten?“

„Ich will alle Hunde behalten, die ich in Pflege nehme. Aber das ist nicht meine Aufgabe“, erklärte sie. „Mein Job ist es, Hunde darauf vorzubereiten, ein gutes Zuhause zu finden. Wenn ich jeden Pflegehund behalten hätte, dann hätte ich inzwischen mehr als zwanzig.“

„Es muss schwer sein, sie loszulassen“, sagte er. „Hängst du nicht sehr an ihnen?“

„Absolut“, sagte sie. „Aber weil wir uns so viel Mühe mit ihnen geben, weiß ich, dass sie ein wunderbares Zuhause haben werden.“ Sie kraulte den Boxermischling wieder. Die Hündin schaute mit so viel Vertrauen zu ihr auf, dass sogar Matts ramponiertes Herz weich wurde.

„Einen Hund zu finden ist schwieriger, als ich dachte“, sagte Matt.

„Wir haben noch ein paar andere Welpen da, die deiner Nichte gefallen könnten. Vielleicht kannst du Ellie ja morgen mal mitbringen“, schlug Claire vor.

„Es ist toll, dass du so viel deiner Zeit opferst“, sagte er. „Wann sollen wir vorbeikommen?“

„Ich bin um drei mit dem Unterricht an der Middle School fertig, also schaffe ich es normalerweise bis um halb vier, hier zu sein.“

Also war sie tatsächlich Lehrerin geworden. Das war immer ihr Traum gewesen. Aber damals auf der Highschool wollte sie Spring Forest verlassen, um die Welt zu sehen. „Das geht“, sagte er. „Dann sehen wir uns morgen.“

Eine Sekunde lang sahen sie sich an. Sie rührten sich nicht. Er wünschte, er könnte sie in seine Arme ziehen und ihr sagen, wie schön es war, sie zu sehen. Er hatte sie so vermisst und hatte das nicht einmal gewusst. Wahrscheinlich war das auch gut so. Denn er hatte ihr nichts zu bieten.

Nachdem er Dempsey zum Abschied getätschelt hatte, konnte er sich keinen Reim darauf machen, wie er so erleichtert sein konnte, hier zu verschwinden, und sich gleichzeitig so darauf freute, morgen wiederzukommen.

Vor Hanks Zwinger blieb er stehen. Das Leben ist ganz schön hart, nicht wahr, mein Junge?

Hank legte den Kopf schief. Matt deutete das als Nicken.

Um wieder zu sich zu kommen, ging Claire mit Dempsey in den eingezäunten Garten. Zum Glück war außer ihr niemand da. Sie ließ Dempsey von der Leine und beobachtete, wie die Hündin auf dem Rasen herumrannte.

Matt Fielding. Es hieß ja, dass man die erste große Liebe nie vergisst. Auf Claire traf das jedenfalls zu. Sie hatte geglaubt, dass er der Mann war, den sie heiraten und mit dem sie den Rest ihres Lebens verbringen würde. Aber dann machte er direkt nach dem Schulball mit ihr Schluss.

Später hatte ihr erster Freund auf dem College ihr einen Heiratsantrag gemacht. Vielleicht war es die Aussicht auf Sicherheit, dass sie sofort Ja gesagt hatte, auch wenn sie ihn nie so geliebt hatte wie Matt. Aber nach fünf Jahren Ehe musste sie herausfinden, dass ihr Mann sie betrog und sich in eine andere verliebt hatte. Jetzt lebte sie allein in dem Haus in Kingdom Creek. Ohne Mann. Ohne die Kinder, über die sie geredet hatten. Und ohne die Hunde, die sie bei sich aufnehmen wollten.

Das Verrückteste war jedoch, dass ihre Schwester erst letzte Woche zu ihr gesagt hatte, ihr Problem wäre, nie wirklich über Matt hinweggekommen zu sein. Also sollte sie sich nach einem Mann umsehen, der so aussah wie er. Groß und muskulös, mit blauen Augen und dunklem Haar. Matt sah so gut aus und war einfach so … heiß, dass nur wenige Männer ihm auch nur ansatzweise das Wasser reichen konnten. Aber anscheinend hatte ihre Schwester einen aufgetrieben und für diesen Abend ein Date zu viert organisiert.

Einerseits wollte Claire absagen. Andererseits kam ihr eine Verabredung gerade recht. Claire wollte eine Beziehung – sie wollte Liebe und sie wollte einen Mann fürs Leben. Sie wollte ein Kind. Aber mit fünfunddreißig war sie kein junges Ding mehr.

„Wie konnte alles nur so schieflaufen, Dempsey?“, fragte sie die Hündin, die mit einem halb zerkauten Tennisball im Maul zu ihr kam. Sie warf den Ball. Dempsey jagte ihm nach.

Sie warf den Ball noch ein paarmal, bevor sie den Hund zum Spielen im Garten ließ, während sie wieder reinging, um beim Putzen der Zwinger zu helfen, die jetzt leer standen, nachdem ihre Bewohner adoptiert worden waren.

Als sie hereinkam, waren Birdie und Bunny Whitaker schon eifrig bei der Arbeit mit Desinfektionsmittel und Wasserschlauch. Claire mochte die beiden über sechzigjährigen Schwestern unheimlich gern – die vernünftige Birdie und die verträumte Bunny. Die beiden lebten zusammen in einem wunderschönen Farmhaus hier in Whitaker Acres, auf demselben Grundstück, auf dem sich auch das Tierheim befand. Zuerst hatten sie sich privat um herrenlose Hunde und Katzen gekümmert. Als das finanziell zu viel für sie wurde, hatten sie vor fast zwanzig Jahren „Fellknäuel fürs Leben“ als gemeinnützigen Verein gegründet. Neben den Hunden und Katzen hielten die Schwestern noch Ziegen, Schweine, Gänse und sogar ein paar Lamas auf ihrem Grundstück.

„Wer war denn der äußerst gut aussehende Mann, der vorhin hier war?“, fragte Bunny mit einem verschmitzten Lächeln, als sie anfing, einen Zwinger auszufegen. „Der war wirklich was fürs Auge.“

„Ich bin überrascht, dass du nicht gleich hingerannt bist, um zu fragen, wie du ihm helfen kannst“, sagte Birdie zu ihrer verzückten Schwester, während sie ihren Mopp auswrang.

„Also, das wollte ich ja“, sagte Bunny. „Aber dann habe ich gesehen, dass Claire gerade reingekommen war, und habe beschlossen, ihn ihr zu überlassen. Glaub mir, wenn ich nur zehn Jahre jünger wäre …“

Claire lachte, als Birdie wieder den Kopf schüttelte. Keine der beiden Schwestern hatte je geheiratet. Aber Claire wusste, dass Bunny Anfang zwanzig verlobt war und ihr Verlobter bei einem tragischen Unfall ums Leben kam. Birdie sprach nie über ihr Liebesleben.

Aber ganz egal wie viel oder wie wenig Erfahrung die Whitaker-Schwestern in Liebesdingen hatten, sie hatten beide jede Menge Lebensweisheiten zu bieten – Birdie mit ihrem gesunden Menschenverstand und Bunny mit ihrem großen Herz.

Darum würde Claire jetzt ehrlich sein.

„Das war der Mann, der mir am Ende meiner Schulzeit das Herz gebrochen hat“, sagte sie. „Matt Fielding. Ich habe sechs Monate ununterbrochen geheult.“

„Und dann hast du den ersten Kerl geheiratet, der dich um eine Verabredung gebeten hat“, sagte Birdie mit einem verständnisvollen Blick.

„Richtig“, sagte Claire, während sie Desinfektionsmittel auf die Gitterstäbe eines Zwingers sprühte und sie mit einem sauberen Tuch abwischte. „Aber für mich besteht noch Hoffnung. Ratet mal, wer heute Abend ein Blind Date hat? Meine Schwester und ihr Mann haben das arrangiert.“

„Oh“, sagte Bunny. Ihre blauen Augen funkelten. „Wie aufregend. Könnte ja der Mann deiner Träume sein.“

Birdie verzog das Gesicht. „Blind Dates sind normalerweise furchtbar.“

Claire lachte. „Also, wenn die Verabredung mich von der Tatsache ablenkt, dass meine erste große Liebe wieder in der Stadt ist? Dann reicht mir das völlig.“

„Oh, Mann“, sagte Birdie und stützte sich auf den Mopp. „Da ist jemand immer noch nicht über seine Jugendliebe hinweg.“

„Oje“, stimmte Bunny zu.

Und bevor Claire sagen konnte, dass sie das selbstverständlich doch war, fing der süße kleine Spaniel an, wie wild zu jaulen.

„Da will jemand sein Abendessen“, sagte Birdie. „Und zwar sofort.“

„Ich bin heute mit dem Füttern dran“, sagte Claire, verstaute das Desinfektionsmittel und ließ den Lappen in den Wäschekorb fallen. „Wenn ich euch zwei nicht mehr sehe, noch mal herzlichen Glückwunsch zu einem tollen Erfolg bei der Adoptionsveranstaltung heute.“

„Es war ein guter Tag“, sagte Bunny. „Und viel Glück für deine Verabredung.“

Claire lächelte. „Wer weiß? Vielleicht ist er ja wirklich der Mann meiner Träume.“

So oder so, Matt Fielding war das nicht. Ganz egal, ob sie ihm immer noch nachtrauerte oder nicht. Die siebzehnjährige Claire war bis über beide Ohren in ihn verliebt gewesen. Aber jetzt war sie fünfunddreißig, geschieden, und ihre biologische Uhr tickte.

Sie ging sie zur Tür, um die Futterschüsseln zu füllen und Medikamente in die Portionen zu schmuggeln, wo das nötig war.

„Ach, Claire“, sagte Birdie. „Noch ein guter Rat. Frag den Mann gleich in den ersten fünf Minuten, ob er Hunde mag. Wenn er Nein sagt, weißt du sofort, dass er nicht der Richtige ist.“

Bunny neigte den Kopf zur Seite. „Also, Birdie. Nicht alle Menschen lieben Tiere so wie wir.“

„Claires Traummann schon“, erklärte Birdie. „Da führt kein Weg dran vorbei. Wenn der Typ sagt, dass Hunde Nervensägen sind, kann sie ihn den Rest des Abends ignorieren.“

Claire lächelte. Birdie Whitaker hatte, wie meistens, absolut recht.

Matt hielt seine Nichte an der Hand, als sie abends den Main Street Grille betraten. Der Geruch von Burgern und Fish & Chips erinnerte ihn daran, wie hungrig er war. Seine Schwester Laura und ihr Mann Kurt hatten darauf bestanden, ihn zum Essen einzuladen, um seine Heimkehr zu feiern.

„Wir lieben diesen Laden hier“, sagte Laura, als die Bedienung sie zu einem Vierertisch am Fenster führte. „Tagsüber ist das eher ein Diner, aber abends wird daraus ein Pub. Angeblich ist das hier genau das richtige Ambiente für Dates.“

Matt sah sich im Restaurant um. Es waren eindeutig eine Menge Pärchen da.

Und, oh verdammt, war das etwa Claire?

Ganz offensichtlich hatte sie ein Date.

Er wandte sich ab, um sie nicht anzustarren. Als er sich setzte, riskierte er noch einen Blick. Es war tatsächlich Claire. Sie saß neben ihrer Schwester Della, gegenüber von zwei Männern. Der Typ gegenüber von Claire sah schick aus. Er hatte sein Haar zurückgegelt und trug eine modische Brille. Und er brachte Claire zum Lachen.

Verdammt. Früher hatte er Claire Asher zum Lachen gebracht.

Wenigstens ist sie glücklich, sagte er sich.

„Was nimmst du, Onkel Matt?“, fragte Ellie. „Ich will Nudeln mit Käse. Nein. Den Burger. Nein, Nudeln mit Käse. Oder soll ich Spaghetti mit Hackfleischbällchen essen?“

Er wandte seine Aufmerksamkeit seiner Nichte zu. Das arme Ding trug einen unglaublich schiefen rotblonden Zopf, aus dem ulkige Haarbüschel hervorstanden. Ellie hatte ihn gebeten, sie für das „Galadinner“ schön zu machen, und Laura hatte ihm gezeigt, wie das ging. Als er fertig war, musste seine Schwester fluchtartig den Raum verlassen, um nicht vor Lachen herauszuplatzen. Aber Ellie hatte erklärt, dass ihr Zopf einfach perfekt war.

„Also, ich weiß, dass du am liebsten Nudeln mit Käse isst“, sagte er. „Und weil heute ein besonderer Abend ist, denke ich, dass du dein Lieblingsgericht nehmen solltest.“ Matt zwang sich, die Speisekarte und nicht Claire anzusehen.

Aber sie sah einfach so verdammt hübsch aus. Ihre rosaroten Lippen glänzten, und ihr hellblondes Haar fiel ihr geschmeidig auf die Schultern.

„Das stimmt“, sagte seine Schwester und lächelte Ellie zu. „Heute Abend ist wirklich etwas Besonderes – wir feiern Onkel Matts lang ersehnte Heimkehr.“

Das ließ ihn aufhorchen. War das ein Grund zum Feiern? Mit sechsunddreißig im Gästezimmer seiner Schwester zu hausen? Ohne einen Plan, was er machen sollte? Meine Familie zu besuchen, während ich darüber nachdenke, ist vernünftig, ermahnte er sich. Natürlich hatte er Ideen. Und Fähigkeiten. Aber er fühlte sich nicht wohl in seiner Haut, so plötzlich in ein ganz anderes Leben gestoßen.

„Du bist ein Held. Vergiss das nicht“, hatte seine Schwester zu ihm gesagt. „Du gewöhnst dich ein und baust dir ein neues Leben auf – hoffentlich hier in der Stadt.“

Wo er dauernd Claire Asher über den Weg laufen würde? Auf keinen Fall. Am ersten Tag in Spring Forest hatte er sie jetzt schon zweimal gesehen. Das konnte er sich nicht jeden Tag antun. Aber bis er wusste, was er mit sich anfangen sollte, musste er wohl oder übel hierbleiben.

An der Speisekarte vorbei warf er Claire noch einen Blick zu. Oh, bitte. Jetzt ließ ihr Verehrer sie auch noch kosten. Als Claire lächelte und sich vorbeugte, spürte Matt, wie es ihm den Magen zusammenzog.

Er würde Ellie helfen, ihren Hund zu finden. Danach würde er die Stadt verlassen. Er würde nie herausfinden, wie er den Rest seines Lebens verbringen sollte, wenn er Claire dauernd begegnete – und wenn er nicht aufhören konnte, an sie zu denken.

Verdammt.

Jetzt lachte sie auch noch über irgendwas, das der Schnösel gesagt hatte.

Na, toll. Heute Abend war wirklich ein Fest.

Claires Date mochte Hunde. Liebte sie sogar. Er – Andrew, fünfunddreißig, geschieden, zwei Kinder, für die er mit seiner Ex-Frau das gemeinsame Sorgerecht hatte – hatte sogar einen eigenen Hund, einen gelben Labrador namens Sully.

Und Andrew war sehr attraktiv. Ihre Schwester hatte keine Witze gemacht, als sie behauptet hatte, dass er Matt ein bisschen ähnelte. Sie hatten eine ähnliche Haar- und Augenfarbe: dunkles Haar und blaue Augen. Dazu eine große Nase und ein kantiges Kinn. Beide Männer schafften es, elegant und rau zugleich zu wirken.

Andrew war charmant und nett und aufmerksam. Er stellte Fragen über ihren Job als Lehrerin. Er zeigte ihr Fotos von seinen Kindern und strahlte vor Stolz dabei.

Das Problem war nur, ganz egal wie wundervoll er zu sein schien, Claire hatte null Gefühle für ihn. Die Chemie zwischen ihnen stimmte einfach nicht. Sie war nicht daran interessiert, ihn besser kennenzulernen. Und die Vorstellung, ihn zu küssen, ließ sie kalt.

Wie unfair! Und sie wusste genau, warum dieser Mann keinerlei Wirkung auf sie hatte.

Denn die letzten paar Stunden hatte sie nur an Matt gedacht. Wie hätte sie das vermeiden sollen? Sie hatte ihn fast zwanzig Jahre lang nicht gesehen, und dann war er auf einmal wieder da. Unglaublich.

Sie war den Abend mit dem Vorsatz angegangen, sich die Verabredung nicht dadurch verderben zu lassen. Also hatte sie sich mehr Mühe als sonst mit Frisur, Make-up und Outfit gegeben. Als ob sie sich zwingen wollte, ihrem Date eine echte Chance zu geben.

Doch jetzt wollte sie nur noch nach Hause, um in einem heißen Schaumbad ein Glas Chardonnay zu trinken und zu entspannen. Um mit den Erinnerungen an Matt fertigzuwerden. An die erste Begegnung. Den ersten Kuss. Als er sich ihr geöffnet und von seinem älteren Bruder erzählt hatte, der aus Afghanistan nicht zurückgekommen war.

„Also, ich hoffe, wir können noch irgendwo was trinken gehen“, sagte Andrew, der darauf bestanden hatte, für alle zu zahlen, als er den Kreditkartenbeleg unterzeichnete. Er warf Claire ein hoffnungsvolles Lächeln zu.

Claires Schwester stand auf, und ihr Mann folgte ihrem Beispiel. „Wir müssen morgen ziemlich früh raus. Aber zieht nur los, ihr zwei.“ Sie warf erst Claire und dann Andrew einen Blick zu.

Autor

Melissa Senate
<p>Melissa Senate schreibt auch unter dem Pseudonym Meg Maxwell, und ihre Romane wurden bereits in mehr als 25 Ländern veröffentlicht. Melissa lebt mit ihrem Teenager-Sohn, ihrem süßen Schäfermischling Flash und der spitzbübischen Schmusekatze Cleo an der Küste von Maine im Norden der USA. Besuchen Sie ihre Webseite MelissaSenate.com.</p>
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