Sinnliches Wiedersehen auf den Seychellen

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Für ein arrangiertes Blind Date reist Jasmine auf die Seychellen. Angekommen im Tropenparadies, erkennt sie schockiert, wen die Elite-Partneragentur als perfektes Match für sie ausgewählt hat: ausgerechnet ihre erste große Liebe Freddie Highgrove! Ihre romantische Wirbelwindaffäre mit dem Sohn aus gutem Hause endete einst jäh, weil Jasmine als Tochter der Haushälterin nicht gut genug für ihn war. Auch wenn Freddie attraktiver denn je ist und sie sich sofort wieder zu ihm hingezogen fühlt, darf sie sich nicht noch einmal das Herz brechen lassen!


  • Erscheinungstag 28.06.2022
  • Bandnummer 132022
  • ISBN / Artikelnummer 9783751509794
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

„Ich bin nicht sicher, ob das wirklich eine gute Idee ist, Freddie.“

„Es muss endlich gesagt werden.“

„Aber warum ausgerechnet jetzt?“ Nervös griff Jasmine nach Freddies Hand und zog ihn von den Doppeltüren weg, die in den großen Festsaal des Herrensitzes führten.

Dahinter hörte man Stimmen, Lachen, das Klirren von Gläsern und gedämpfte Musik. Die Highgrove Boxing-Day-Party war offenbar bereits in vollem Gang. Traditionell versammelten sich am zweiten Weihnachtsfeiertag Freunde, Verwandte und Mitarbeiter, um Geschenke auszutauschen und miteinander das Fest der Liebe zu zelebrieren.

„Es ist der große Tag für deine Eltern“, wandte sie ein. „Du weißt doch, wie sie diese Party lieben.“

Freddie lachte. „Ich liebe sie noch viel mehr!“ Das dunkle, widerspenstige Haar fiel ihm in die Stirn und bot einen reizvollen Kontrast zum festlichen Touch seines eleganten Smokings. Auch wenn Jasmine ihn ihr ganzes Leben lang kannte, stockte ihr immer noch der Atem, wenn sie in die verträumten blauen Augen sah, die das markante Gesicht beherrschten und momentan vor Entschlossenheit Funken zu sprühen schienen.

Sie liebte ihn so sehr. Zu sehr, um seiner Entschlossenheit länger Widerstand entgegenzusetzen. Aber das, was er vorhatte …

Hilflos zupfte sie an den Trompetenärmeln ihres Kleides aus dem Laden der Wohltätigkeitsorganisation. Sein mittelalterlicher Stil unterstrich ihren zierlichen Körperbau und fand Freddies uneingeschränkte Billigung. Doch plötzlich fühlte es sich nur noch billig und fehl am Platz an.

„Einfach jeder ist hier …“, flüsterte sie erstickt.

„Umso besser!“ Freddie fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und legte für einen Moment seine Stirn an ihre. „Komm schon, Rotschopf, ist es nicht an der Zeit, der Welt etwas von dem Feuer zu präsentieren, das dein flammendes Haar verspricht?“

Ob er damit recht hatte? Nervös nagte sie an ihrer Unterlippe und versuchte, Kraft aus seinem entschlossenen Blick zu schöpfen.

„Ich habe es so satt, dass sie unsere Verbindung ignorieren. Ich hasse es, das Personal über uns flüstern und tratschen zu hören und ständig das Gefühl zu haben, etwas zu tun, wofür wir uns schämen müssten. Wenn wir jetzt in die Offensive gehen, bleibt ihnen gar keine andere Wahl, als unsere Beziehung zu akzeptieren. Wir könnten endlich diese Heimlichkeiten ad acta legen und voller Elan unsere Zukunft in Angriff nehmen.“

Jasmine lief ein Schauer über den Rücken. Ob es Panik oder Vorfreude war, vermochte sie in diesem Augenblick nicht zu entscheiden.

Ihre Mutter war seit siebzehn Jahren Haushälterin hier auf Highgrove. Freddies Eltern hatten sie damals eingestellt, während jeder andere der alleinerziehenden Mutter einer einjährigen Tochter nicht die geringste Chance eingeräumt hatte. Allein deshalb schuldete Jasmine ihnen eine Menge.

Aber Freddie hatte recht. So lange hofften sie nun schon darauf, eine Art stille Akzeptanz ihrer Beziehung zu erringen. Doch niemand nahm sie ernst. Welche Wahl blieb ihnen da noch?

„Red … Er ließ seinen Spitznamen für sie wie eine sanfte Liebkosung klingen. „Ich liebe dich, mein Rotschopf.“

Ihr Herz machte einen Sprung. „Ich liebe dich auch, Freddie“, flüsterte sie erstickt.

„Und es ist höchste Zeit, dass der Rest der Welt es hört, oder?“

Jasmine nickte schwach und errötete unwillkürlich, als er ihre linke Hand an seine Lippen zog und den Diamantring küsste, an den sie sich nach sechs Monaten langsam gewöhnt haben sollte. Heute spürte sie ihn besonders, aber er wog schwer.

„Ich kann es kaum abwarten …“, raunte Freddie mit feurigem Blick.

Sie wünschte, sie hätte seinen Mut und sein Vertrauen, aber so war es schon immer gewesen. Freddie war der Abenteuerlustige, der sie ständig drängte, aus sich herauszukommen und mehr zu wagen.

Hey, du willst doch Mrs. Freddie Highgrove werden, oder?“

Sein Blick ließ sie keine Sekunde los.

Mrs. Freddie Highgrove …

„Mehr als alles andere auf der Welt.“

Sanft umfasste er ihre Hände und drückte sie liebevoll. „Dann vertrau mir …“

1. KAPITEL

Jasmine Walker starrte auf das tropische Paradies hinter den halbtransparenten Vorhängen, die sich in der leichten Meeresbrise bauschten, und presste beide Hände auf ihren nervös flatternden Magen.

Es waren nur ihre Nerven, und die sollte sie in den Griff bekommen.

Schließlich lief sie weder Gefahr, ihr Vermögen zu verlieren, noch ein kritisches Investorentreffen meistern zu müssen.

Oder, was weitaus schlimmer wäre, sich dem gestrengen Besitzer von Highgrove zu stellen, nachdem sie gewagt hatte, in der Küche des Herrenhauses einen frisch gebackenen Keks von Maggies Tablett zu stibitzen.

Oder – absoluter Horror – wie Espenlaub zitternd vor den Flügeltüren zum Festsaal zu stehen und sich innerlich darauf vorzubereiten, dass Freddie ihre Verlobung ankündigte!

Unwillkürlich entrang sich ihr ein erstickter Laut.

Warum, um alles in der Welt, überfiel sie ausgerechnet jetzt eine zehn Jahre alte qualvolle Erinnerung, die sie längst ad acta gelegt zu haben hoffte?

Du weißt genau warum, höhnte eine perfide kleine Stimme in ihrem Hinterkopf.

Jasmine schluckte, schloss die Augen und versuchte, sich zu fassen. Ganz tief atmete sie den betörenden Duft ein, der den Raum erfüllte. Die sanfte, blumige Note sollte vermutlich ein Gefühl von Ruhe und Entspannung vermitteln. Beides könnte sie gut brauchen. Zumal sie sehr gut wusste, warum sie plötzlich längst verdrängte Ereignisse heimsuchten und sie darum automatisch an ihn denken musste.

Widerstrebend öffnete sie die Augen und fand die Antwort in jedem einzelnen Detail um sich herum, in jedem Geräusch, das an ihr Ohr drang.

Ihre Suite war eine bunte und dennoch harmonische Mischung aus leichten Holz- und Korbmöbeln, cremefarbenen Polstern, Kissen und kreolischer Kunst. Zu ihrer strohgedeckten King-Size-Cabana gehörten auch eine private Terrasse und ein Pool, von dem aus sie quasi direkt in das türkisfarbene Meer abtauchen konnte. Untermalt wurde das Ganze von sanftem Wellenschlag und skurrilen Lauten der einheimischen Tierwelt.

Eine versteckt liegende Luxusoase, die zu hundert Prozent auf Romantik und Entspannung ausgelegt war, ideal für Liebespaare und … für Hochzeitsreisen!

Von allen Orten, zu denen die M-Dating-Agency – die Partnervermittlung der Reichen und Berühmten – sie für ein verrücktes einwöchiges Blind Date hätte schicken können, hatte sich die Agentur ausgerechnet für dieses Paradies entschieden!

Die Seychellen.

Das Traumziel, zu dem Freddie Highgrove – ihr Freund aus Kindertagen, Herzensbrecher im Teenageralter und einzige große Liebe – versprochen hatte, sie zu bringen. Und nicht für einen Urlaub, sondern um dort ihre Flitterwochen zu verbringen.

Ein bittersüßes Lächeln umspielte Jasmines Lippen, als sie sich rücklings auf das breite Bett fallen ließ und zum luftigen Moskitonetzzelt aufschaute, das vom Dach ihres Himmelbettes herabgelassen werden konnte.

Freddie …

Sie atmete tief ein, flüsterte seinen Namen und rief damit alles wach, was sie glaubte, längst losgelassen zu haben: Schuld, Reue, namenlose Traurigkeit. Obwohl es eine Ewigkeit her war, fühlte es sich plötzlich an wie gestern.

Freddie …

Er war dafür verantwortlich, dass nach ihm jede ihrer Beziehungen gescheitert war. Es gab einfach niemanden, der mit der naiven Leidenschaft und schmerzhaften Intensität ihrer jungen Liebe hätte konkurrieren können.

Eine Wirbelwindaffäre seit dem Tag, an dem sie von besten Freunden zu Liebenden geworden waren. Und die ihren Höhepunkt an ihrem achtzehnten Geburtstag gefunden hatte, als Freddie ihr einen Antrag gemacht hatte. Ein perfekter Moment … und zugleich der Anfang vom Ende.

Sie war nicht gut genug für ihn, ein schüchternes Mauerblümchen, das davongerannt war, anstatt ans Glück zu glauben und mit beiden Händen danach zu greifen. Dafür hatte sie Freddie zu sehr geliebt. Sie hätte die Ablehnung seiner Familie nicht ertragen. Oder, noch schlimmer, später erleben müssen, dass auch er seinen Fehler einsah. Und darum verschwand das unsichere Mädchen, das sie damals gewesen war, aus seinem Leben.

Jasmine seufzte und versuchte, ihre Bedrückung abzuschütteln. Es war definitiv Zeit für einen Neuanfang. Aber ob eine Vermittlung durch die exklusivste aller Partneragenturen dafür die richtige Lösung war?

Geboren war diese Schnapsidee an einem Abend in Gesellschaft ihrer überdrehten Freundinnen, die beide weitaus abenteuerlustiger waren als sie und gerne auch mal Grenzen überschritten. Doch von all ihren verrückten Einfällen war dieser eindeutig der kostspieligste und riskanteste.

Exakt ausgedrückt: der pure Wahnsinn … für einhunderttausend Pfund!

Als ob Sadie und Izzy ihre wachsenden Zweifel spürten, summte prompt ihr Handy. Sadie, die Hauptinitiatorin dieser Reise, hatte etwas in ihrem Gruppenchat gepostet.

Bist du gut angekommen? Und hast du ihn schon getroffen? Wie ist er so? Oh, bitte … sag mir, dass er heiß ist … so richtig heiß!

Trotz ihres flauen Gefühls musste Jasmine lächeln. Sie tippte ihre Antwort.

Ja … nein … hmm …

Sadies Antwort folgte prompt.

Dann halt mich unbedingt auf dem Laufenden, wenn du nicht genervt werden willst!

Jasmine lachte und schüttelte den Kopf.

Jawohl, Mamma …

Okay, hab Spaß und tu nichts, was ich nicht auch tun würde … xxx

Das reizte Jasmine noch mehr zum Lachen: „Genau, Sades“, murmelte sie kopfschüttelnd. „Was wohl im Klartext heißt: Schmeiß dich ran, ohne Scheu und ohne Reue!“

Das passte zu Sadie, aber nicht zu ihr, dem dünnhäutigen Workaholic-Typ, der absolut kein Privatleben kannte und zuließ.

Aber jetzt war sie hier – und er vielleicht inzwischen auch.

Ihr Perfect Match, wie M es nannte, der eine unter Hunderten oder Tausenden! Und von allen Traumzielen rund um den Globus trafen sie sich ausgerechnet hier, auf den Seychellen.

Sie hatte sich ein sehr sonniges Fleckchen gewünscht, ohne übertriebenen Luxus. Sie hätte besser noch angefügt: ohne Handy-Empfang! Dann müsste sie ihren Freundinnen nicht ständig Bericht erstatten.

Jasmine seufzte. Sie war wirklich urlaubsreif. Aber ausgerechnet die Seychellen?

Wieder tauchte Freddies markantes Gesicht vor ihrem inneren Auge auf. Wie er wohl heute aussehen mochte?

Unwillkürlich schüttelte sie den Kopf. Es war nicht gut, in der Vergangenheit stecken zu bleiben. Hier ging es um die Zukunft. Um ihre Zukunft. Und wenn M behauptete, ihr perfektes Pendant gefunden zu haben, dann schuldete sie es der Agentur und ihrem strapazierten Bankkonto, auch das Beste daraus zu machen.

Außerdem würden Sadie und Izzy sie umbringen, wenn sie versuchte, im letzten Moment zu kneifen.

Exakt in diesem Moment summte ihr Handy wieder, diesmal war es Izzy.

Hoffe, du hattest eine gute Reise … Genieß jede einzelne Sekunde, und halte uns auf dem Laufenden! Xx

Jasmine seufzte und wollte schon eine Antwort tippen, da klopfte es an der Tür zu ihrer Cabana. Prompt schlug ihr Magen einen Purzelbaum.

Erneutes Klopfen. „Miss Walker? Hier ist Monique. Ich möchte Sie zu Ihrem Dinner begleiten.“

Mit einem unterdrückten Keuchen schoss Jasmine vom Bett hoch, wischte sich instinktiv die feuchten Hände an ihrem schwarzen Kleid ab und schluckte.

„Miss Walker? Sind Sie da? Sie werden von Ihrem Traumpartner erwartet …“

Traumpartner! Ihre Finger schlossen sich um das kleine Medaillon mit dem Bild ihrer verstorbenen Mutter. Wer wagt, gewinnt … glaubte Jasmine ihre aufmunternde Stimme zu hören.

„Ich komme!“, rief sie eine Spur zu laut.

Nach einem wilden Rundumblick in ihr helles, ruhiges Zimmer, das sie für sich bereits als verlässlichen Hafen während der kommenden Tage deklariert hatte, machte sie sich auf den Weg.

„Danke, dass Sie sich die Mühe machen, mich abzuholen“, begrüßte sie die zierliche Frau, die sie zuvor schon in ihr Zimmer geführt hatte.

„Das tue ich gern“, kam es freundlich zurück. „Heute Abend speisen Sie am Leuchtturm.“

Während sie Monique folgte, ließ Jasmine die farbenfrohe Erscheinung der exotischen Schönheit auf sich wirken. Ihr leichtes Button-Down-Kleid leuchtete zitronengelb, das schimmernde dunkle Haar wurde von einem bunten Tuch aus dem Gesicht gehalten, an den Füßen trug sie flache weiße Leinenslipper, die absolut lautlos waren.

Was dazu führte, dass Jasmines goldene High-Heels, zumindest in ihren eigenen Ohren, ein ohrenbetäubendes Stakkato verursachten. Außerdem fand sie ihr schwarzes Kleid plötzlich viel zu körperbetont und overdressed.

Oder waren es nur ihre Nerven, weil sie sich schon jetzt von der bevorstehenden Begegnung mit ihrem unbekannten Mr. Perfect überfordert fühlte?

M hatte Monate gebraucht, um ihren perfekten Partner zu finden! Jasmine hatte schon fast vergessen, dass sie sich bei der Agentur angemeldet hatte. Und selbst, nachdem sie die E-Mail gelesen hatte, tat sie ihr Bestes, um die Wahnsinnsidee ihrer beiden Freundinnen so weit wie möglich in den Hinterkopf zu verbannen. Und mit welchem Ergebnis?

Jetzt war sie hier und würde ihm gleich gegenüberstehen … auf Rosalie Island, einer kleinen Südseeinsel, die für sieben Tage allein ihnen gehörte – ausgenommen das Personal, das angewiesen war, sich diskret zur Verfügung zu halten.

Zumindest war ihr Perfect Match ordnungsgemäß überprüft worden und konnte sich demnach kaum als Axt schwingender Serienmörder entpuppen. Eine Möglichkeit, mit der sie Sadie und Izzy konfrontiert hatte, worauf ihre Freundinnen nur vielsagend mit den Augen gerollt und ihre überbordende Fantasie beklagt hatten.

Dazu hatten sie Jasmine an die horrende Summe erinnert, die sie für M’s Dienste zahlen musste, und angemerkt, dass sie so zumindest mit einem Nabob-Axtmörder rechnen könnte, der es wenigstens nicht auf ihr Vermögen abgesehen hatte.

Aber wie wollte M überhaupt herausfinden, wer perfekt zu ihr passte, wenn sie es nicht einmal selbst wusste?

Wirklich nicht? Zumindest einen hatte es gegeben, der …

Freddie, Freddie, Freddie ….

„Vergiss Freddie!“, hatten ihre Freundinnen unisono verlangt, als hätten sie den Namen von ihrer Stirn ablesen können.

Und die beiden hatten recht. Sie durfte den neuen Kandidaten nicht mit ihrer ersten Liebe vergleichen, wie sie es bisher bei jedem Mann getan hatte. Das war weder gerecht noch besonders produktiv und musste endgültig aufhören.

Trotzdem … zu erwarten, dass da draußen der Eine auf sie warten könnte, klang bestenfalls nach einem romantischen Märchen. Und an die glaubte Jasmine schon lange nicht mehr.

Was, um alles in der Welt, hast du hier verloren?

Freddie Highgrove ließ seinen Blick von dem strahlend weißen Leuchtturm zur beeindruckenden Aussicht im Hintergrund wandern und schüttelte abwehrend den Kopf. Die untergehende Sonne tauchte alles in ein goldenes Licht … die üppige Vegetation, das weite Meer und den weißen Sandstrand mit seinen trutzigen Granitblöcken, an denen sich die Wellen brachen.

Alles war dazu angetan, einem den Atem zu rauben, doch er fühlte nichts – wollte nichts fühlen. Seine Finger krampften sich um den Stiel des Weinglases, so fest wie die unsichtbare Faust, die sein Herz zusammenpresste.

Es gab nur eine Frau, die er in dieses Paradies hatte entführen wollen: Jasmine Walker, die ihn so schmählich enttäuscht und verlassen hatte.

In der Sekunde, als der Pilot von M’s Privatjet ihm den Zielflughafen bekannt gegeben hatte, hätte er ihn zwingen müssen, den Start abzubrechen, und den Flieger auf der Stelle verlassen sollen. Er hätte dem Ganzen konsequent und schmerzlos ein Ende bereiten müssen.

Stattdessen wartete er hier auf die Ankunft seines Dates, mit einem bitteren Geschmack im Mund und einem kaum zu bezwingenden Fluchtinstinkt. Da half auch der ausgezeichnete, perfekt gekühlte Wein nicht.

Als Madison Morgan, Besitzerin und Herz von M, ihn gefragt hatte: „Wenn ich Romantik sage, an welchen Ort denken Sie zuerst?“, hätte er sich auf die Zunge beißen und nicht wie ein dummer Teenager mit dem Ersten rausplatzen sollen, was ihm in den Sinn kam.

Freddie lachte auf, hart und bitter. Er hätte Paris, Rom oder sonst was sagen können, aber nein, es mussten die Seychellen sein! Und warum? Allein wegen … Jasmine.

Zehn Jahre waren inzwischen vergangen, und er konnte sich immer noch nicht von dieser Frau befreien. Obwohl, eine erwachsene Frau war sie damals noch nicht, korrigierte er sich. Sie beide waren verliebte Teenager gewesen, mit einer rosaroten Zukunft vor sich und so vielen naiven Ideen und Träumen in ihren Köpfen, dass es ihn jetzt noch schüttelte, wenn er daran zurückdachte.

Freddie presste die Lippen zusammen, fuhr sich mit der Hand über das frisch rasierte Kinn und gönnte sich noch einen Schluck Wein.

Inzwischen gab es in seinem harten, sportgestählten Körper keinen einzigen romantischen Knochen mehr – und ebenso wenig Interesse an dem von M arrangierten Perfect Match oder der von seiner Familie geforderten Vernunftehe, um den Ruf und Erhalt ihres illustren Namens zu sichern.

Also? Was hatte ihn überhaupt hierher verschlagen?

Das weißt du doch genau, ging er mit sich selbst zynisch ins Gericht. Es verzögert auf jeden Fall die Bemühungen deiner mit dem typisch schottischen Dickkopf gesegneten Familie, dich möglichst vor Ort unter die Haube zu bringen, indem du ihnen deine eigene Wahl servierst: eine bestsituierte und aus angemessenen Kreisen stammende Kandidatin.

Mit einem unterdrückten Fluch lockerte Freddie den ohnehin offenen Kragen seines schwarzen Designer-Poloshirts und wünschte sich irgendwohin, wo es ihm erspart bleiben würde, einer ahnungslosen Frau in die Augen schauen zu müssen, die ohne eigenes Verschulden niemals die Richtige für ihn sein könnte.

Sollte er jemals ein weiches, zur Liebe fähiges Herz besessen haben, so war es ihm vor zehn Jahren abhandengekommen … wie Jasmine.

Damals hatte er selbst all das haben wollen, was sich seine Eltern für ihn erträumten: eine Liebesheirat und Ehe, Kinder, ein Haus voller Liebe, Leben und Lachen. Und eines Tages hätte er Stammsitz, Status und Familienvermögen von seinen Eltern übernommen. Doch Jasmine hatte all das aufgegeben, weil sie gegangen war.

Fünfzehn Jahre Freundschaft, ein Jahr als Liebende, der Ring an ihrem Finger … nichts war wichtig genug gewesen, um sie zum Bleiben und Kämpfen zu bewegen.

Freddie goss den Rest des Weines in einem Schluck runter. Nie wieder würde er so dumm und naiv sein!

„Mr. Highgrove?“

Moniques sanfte Stimme ließ ihn den Kopf wenden. Er zwang sich zu einem Lächeln, das auf seinen Lippen gefror.

Das ist nicht möglich und kann nur ein Trugbild sein!

„Darf ich Ihnen Miss …“

„Jas!“, stieß er heiser hervor und brachte damit Monique zum Verstummen.

Auch Jasmine entfuhr ein unartikulierter Laut, während ihre Hand zum Hals hochfuhr. Das konnte … das durfte nicht sein! Diese Stimme, dieser Mund, die Augen, die sie bis in ihre sehnsüchtigen Träume verfolgten …

„Freddie?“

Monique runzelte die Stirn und fasste sich als Erste. „Sie beide kennen sich?“

Sie bekam keine Antwort.

Freddie hatte das Gefühl, den Mund voller Sand zu haben, und konnte kaum atmen.

„Sieht tatsächlich so aus, als müsste ich Sie einander nicht vorstellen …“ Monique lachte leise und klatschte dann in die Hände. „Was für ein unerwarteter Treffer von M!“, freute sie sich. „Wollen Sie nicht Platz nehmen, Miss Walker?“ Sie deutete auf Jasmines Platz, als läge nicht der leiseste Hauch von Spannung in der Luft.

Spürte sie es denn nicht?

Freddie jedenfalls konnte weder atmen noch sich bewegen, und Jasmine schien es nicht anders zu gehen. Ihre Augen waren riesengroß, ihr Mund stand offen, das Gesicht war aschfahl, trotz des perfekten Make-ups.

„Ich werde erst mal den Begrüßungschampagner einschenken“, schlug Monique vor.

„Nein!“

Beide Frauen fuhren angesichts des harschen Einwands zusammen.

Wieder fasste Monique sich zuerst. „Pardon, Sir?“

„Ich meine …“ Freddie gab sich Mühe, seinen Ton zu entschärfen. „Ich wollte nur sagen, das kann ich doch machen.“

„Natürlich, Sir.“ Ganz beruhigt schien Monique aber noch nicht zu sein. „Dann lasse ich Sie beide allein und melde mich später mit dem Essen zurück.“

„Setz dich, Jas“, forderte Freddie rau, sobald sie allein waren, und zog den Stuhl für sie zurück. „Ich beiße schon nicht …“ Doch er konnte sie dabei nicht ansehen.

„Hast du das hier arrangiert?“, fragte Jasmine steif.

Sein Lachen klang eher wie ein wütendes Bellen. „Ist das dein Ernst?“ Dass es so war, verrieten das anklagende Funkeln der smaragdgrünen Augen und die zusammengepressten Lippen. „Glaubst du wirklich, dass ich freiwillig auf diese Weise Kontakt zu dir aufnehmen würde?“

Er hatte sie mit seinen Worten treffen wollen, und es war ihm gelungen, wie unschwer zu erkennen war.

Ungewollt dachte er an den Tag zurück, als er sie in der Küche in Highgrove Manor an die Wand gedrückt und mit dem Zollstock gemessen hatte, weil sie ihm nicht glauben wollte, dass er fast dreißig Zentimeter größer war als sie. Anschließend hatte er ihren lachenden Protest mit einem Kuss erstickt, während er mit seinen Händen jeden Zentimeter ihrer zierlichen Gestalt …

„Nein, Jas…“, stieß er rau hervor. „Ich wusste nichts von dir.“

Er griff nach der Flasche und schenkte zwei Gläser ein. Jasmine hatte sich immer noch nicht bewegt. Das einzige Geräusch kam vom Aufsteigen der winzigen Champagnerperlen. Freddie stellte die Flasche zurück in den Eiskübel und wandte sich seinem reglosen Gegenüber zu.

Ihr flammend rotes Haar trug Jasmine jetzt zu einem kinnlangen Bob gestutzt, der zugleich Raffinesse und eine gewisse Reife signalisierte. Das schwarze Etuikleid endete kurz über dem Knie und umschloss ihre zarten Kurven wie eine zweite Haut. Ihre Designer-High-Heels mit den goldenen Absätzen ließen sie größer erscheinen als in seiner Erinnerung.

Stylisch, souverän und umwerfend attraktiv, schoss es ihm durch den Kopf.

Abgesehen von dem unübersehbaren Schock vermittelten ihre Körperhaltung und Mimik ein Selbstvertrauen und eine Selbstsicherheit, die er nicht an ihr kannte.

„Deiner anhaltend schockierten Miene entnehme ich, dass diese Begegnung auch nicht deiner Initiative zuzuschreiben ist.“

Jasmine schüttelte nur stumm den Kopf und verschränkte die Arme schützend vor ihrer Brust. Eine Geste, die ihn seltsam berührte, aber auch ärgerte. Schließlich hatte nicht er ihr Herz gebrochen, sondern umgekehrt, weshalb wohl eher er Schutz verdient hätte.

Unsinn! rief er sich augenblicklich zur Ordnung. Du bist älter, weiser und weißt es besser, als dich nochmals derart verletzen …

„Nein“, sagte Jasmine schließlich leise. „Ich habe nichts damit zu tun.“

„In dem Fall … warum setzt du dich nicht, und wir stoßen auf diesen ebenso unerwarteten wie grausamen Schachzug des Schicksals an?“

Ihre Blicke trafen sich, ihrer wachsam und voller Misstrauen, sodass Freddie ernsthaft befürchtete, Jasmine könne sich jeden Moment umdrehen und wieder einmal davonrennen. Doch stattdessen trat sie auf ihn zu. Ihr vertrauter Duft hüllte ihn ein und ließ seine Brust eng werden.

Sie roch immer noch so unglaublich gut und vertraut wie früher. Instinktiv hob er eine Hand ans Gesicht, als Barriere gegen den toxischen Duft, der seine Sinne zu umnebeln drohte. Kaum, dass Jasmine Platz genommen hatte, versuchte er mit seinem breiten Kreuz möglichst viel von dem sanften Schein der offenen Feuerstelle in der Mitte der Aussichtsplattform auszublenden, der ihr Haar wie durch Magie zum Leben erweckte.

Doch dann berührten sich ihre Finger, als er ihr den Champagner reichte. Ihre Blicke trafen sich, und wie durch Zauberhand fühlte er sich in die Vergangenheit zurückkatapultiert … ins Highgrove-Gästehaus, vor den offenen Kamin, in dem ein Feuer loderte … Champagnergläser in ihren Händen … ein Diamantring frisch an Jasmines Finger.

Freddie biss die Zähne zusammen, lehnte sich in seinem Stuhl zurück und hob das Glas zum Toast. „Auf uns“, sagte er heiser, sah den verletzten Ausdruck in ihren schimmernden grünen Augen und spürte förmlich, wie sie seine Seele berührte … nur um erneut darauf herumzutrampeln.

„Auf …“ Jasmine befeuchtete ihre Lippen mit der Zungenspitze und schien sich innerlich einen Ruck zu geben. „Auf uns.“ Ihre Kehle fühlte sich schrecklich eng an.

Freddie … mein Freddie! Der Mann, dessen Herz sie gebrochen und damit ihr eigenes in einen Eisklumpen verwandelt hatte.

In der ersten Schrecksekunde hatte sie ihn für ein Trugbild ihrer aufgeheizten Fantasie gehalten, da er unmöglich hier sein konnte, im Wunschparadies ihrer jungen Liebe. Dann spürte sie mit jeder Faser ihres Körpers, dass er wirklich vor ihr stand. Denn niemand außer ihm könnte sie bis ins Innerste berühren.

Autor

Rachael Stewart
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