Tiffany Exklusiv Band 39

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BITTE LIEBE MICH von BOND, STEPHANIE
Nur ungern arbeitet Alexa mit dem eigensinnigen Jack zusammen, denn er erregt sie wie kein Mann zuvor! Immer schwerer fällt es Alex, ihm zu widerstehen. Trotzdem ist sie entschlossen, ihren Verlobten Heath zu heiraten, obwohl sie den längst langweilig findet …

VERLOCKEND HEIßES ABENTEUER von THOMPSON, VICKI LEWIS
Eileens geheimer Traum? Sex mit einem Fremden. Ungehemmt erotische Fantasien ausleben und sich danach nie mehr wiedersehen. Und als eines Tages ein attraktiver, breitschultriger Mann ihr Bu¨ro betritt und sie anlächelt, sieht Eileen ihre Chance gekommen: jetzt oder nie!

STUNDEN WIE IM RAUSCH von FOSTER, LORI
Verzweifelt sucht der Anwalt Tyler nach der süßen Haremsdame, mit der er heiße Liebesstunden nach einer Kostümparty erlebt hat. Ist es möglich, dass seine leidenschaftliche Geliebte und Traumfrau die unscheinbare Carlie ist, mit der er tagtäglich zusammenarbeitet?


  • Erscheinungstag 13.10.2015
  • Bandnummer 0039
  • ISBN / Artikelnummer 9783733750244
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Stephanie Bond, Vicki Lewis Thompson, Lori Foster

TIFFANY EXKLUSIV BAND 39

1. KAPITEL

„Jack, hörst du mir überhaupt zu?“

Jack Stillman versuchte, sich auf die Stimme seines Bruders am anderen Ende der Telefonleitung zu konzentrieren. „Klar, Derek.“

„Ich verlasse mich ganz auf dich“, sagte Derek im Ton des überlegenen älteren Bruders, der Jack jedes Mal zur Weißglut brachte.

Er lehnte sich in seinem Bürosessel zurück und legte die Füße auf den Schreibtisch. „Mach dir keine Sorgen. Ich bin in der Lage, den Laden am Laufen zu halten, solange du weg bist.“

„Dass du dazu in der Lage bist, weiß ich“, antwortete Derek trocken. „Ich zweifle nur an deinem Enthusiasmus. Es bereitet mir schlaflose Nächte.“

„Deine frischgebackene Ehefrau sollte das Einzige sein, was dir schlaflose Nächte bereitet.“

Derek lachte, und seine Stimme verriet Jack, dass sein Bruder nicht jede Minute seiner Hochzeitsreise damit verbrachte, an die Arbeit zu denken. „Du bist dir doch darüber im Klaren, was auf uns zukommt, Jack?“

„Und ob. Das Mäuschen von der Finanzbehörde taucht heute Nachmittag hier auf, die Telefonrechnung muss bezahlt werden, und morgen früh um zehn Uhr habe ich einen Termin bei Al Tremont. Alles unter Kontrolle, Bruderherz.“

„Da wir auf die Betriebsprüferin einen guten Eindruck machen wollen, solltest du sie nicht Mäuschen nennen.“

Jack seufzte.

„Sieht das Büro ordentlich aus?“, erkundigte sich Derek.

Jack warf einen Blick auf die Pizzaschachtel, die seit gestern auf dem Schreibtisch lag. Daneben stapelte sich die leere Verpackung, die vorgestern chinesisches Essen enthalten hatte. Gegenüber den beiden Schreibtischen – Jack teilte das Büro mit Derek – sollte eigentlich ein Regal an der Wand stehen, doch es war zusammengebrochen; die Aktenordner und Bücher lagen auf dem Boden. Jack fragte sich, ob der kleine Basketballkorb, den er am Regal angebracht hatte und den er häufig benutzte, mit Schuld an dem Unglück war. Die Post lag seit zwei Wochen ungeöffnet herum. Jack hob vorsichtig den Deckel der Pizzaschachtel an, entdeckte ein übrig gebliebenes Pizzastück und biss hinein. „Alles aufgeräumt“, sagte Jack ins Telefon, während er auf der zähen Pizza kaute.

„Gut. Bist du anständig angezogen?“

„Hm.“ Jack blickte an sich hinunter. Das bunt geblümte Hemd hatte er während seines ausgedehnten Aufenthalts in Florida erstanden. Er zog die oberste Schreibtischschublade auf und griff aufs Geratewohl in die Krawattensammlung, die er dort für Notfälle hortete. Er förderte ein schwarz-weiß gestreiftes Exemplar zutage und band es um.

„Warst du beim Friseur?“

Er fuhr sich durch sein widerspenstiges und zu langes schwarzes Haar und murmelte etwas Beruhigendes.

Derek atmete erleichtert auf. „Gibt es gute Entwürfe für Tremont?“

Ein Blick auf seinen Zeichenblock bewies Jack, dass dort nichts war, was man als Entwurf bezeichnen konnte. Er schnippte ein Stück Peperoni vom Papier. „Ich habe mich selbst übertroffen“, antwortete er.

„Prima. Was sind deine Ideen?“

„Hm … ich rufe dich an, sobald die Sachen vom Drucker zurück sind“, lenkte Jack ab.

„Gut. Du bist der Künstler“, erwiderte Derek und lachte. „Die Sache mit der Betriebsprüfung macht mich nervös, aber ich bin überzeugt, dass deine Entwürfe Tremont überzeugen werden. Wenn wir den Auftrag kriegen, gehören wir bald zu den ganz Großen im Geschäft.“

Jack fühlte sich schuldig. Das kalte Stück Pizza lag ihm wie ein Stein im Magen. „Ich weiß, Derek. Ich werde mein Bestes tun.“ Er schaute auf die Uhr, die auf Dereks Schreibtisch stand, weil er seine Armbanduhr neulich beim Pokern verspielt hatte. Das Mäuschen vom Finanzamt würde in knapp einer Stunde hereinrauschen. „Hör zu, Bruderherz, ich muss was tun.“

„Ruf mich auf dem Handy an, falls die Betriebsprüferin irgendwelche Fragen hat, die du nicht beantworten kannst.“

„Mach ich. Gib Janine einen Kuss von mir, ja?“ Jack legte auf, ehe Derek etwas erwidern konnte. Dann biss er noch einmal in das kalte Pizzastück und beförderte den Rest samt Schachtel schwungvoll in den überquellenden Abfalleimer. Er wischte seine Hände an seinen ausgefransten Jeansshorts ab und stand seufzend auf. Es war Zeit, mit der Arbeit anzufangen.

Er gähnte und tappte barfuß hinüber in die Abstellkammer. Um in die Leinenschuhe zu schlüpfen, blieb später noch genug Zeit. Jack schüttelte den Kopf, als er sah, wie akkurat alle Dinge in der Kammer geordnet waren. Derek hatte den Ordnungssinn der Mutter geerbt, während Jack mehr dem Vater nachgeraten war.

Jack dachte voller Liebe an seinen verstorbenen Vater. Noch jetzt wirkte sich sein Einfluss aus. Paul Stillman, immer gut gelaunt und großherzig, hatte einst einen Anhalter mitgenommen – und der war niemand anderes als Alexander Tremont, Inhaber einer bekannten Kaufhauskette. Während der gemeinsamen Fahrt war zwischen beiden Männern eine spontane Sympathie entstanden, und Tremont versprach Paul Stillman, an ihn und seine kleine Werbeagentur zu denken, sobald der Kontrakt mit der jetzigen Agentur auslief.

Vergangene Woche war Jack tatsächlich von Al Tremonts Sekretärin angerufen worden. Al bedauerte den Tod Paul Stillmans zutiefst, war aber trotzdem bereit, sein Versprechen einzulösen und vereinbarte einen Termin, um Vorschläge für eine neue Werbekampagne zu diskutieren. Derek, von Jack sofort informiert, war begeistert. Er wollte sogar seine Hochzeitsreise abbrechen, doch Jack konnte ihn davon abhalten, indem er ihm versicherte, er würde das Ding schon schaukeln.

Er wusste, dass er etwas Geniales präsentieren musste, um den Auftrag zu bekommen. Die Frage war nur, ob er die Energie dafür aufbrachte. Er hatte bereits ein wenig Vorarbeit geleistet und einige Bekannte über das Sortiment der tremontschen Kaufhäuser ausgefragt. Außerdem – waren es nicht immerhin noch vierundzwanzig Stunden bis zum Termin? Die besten Ideen kamen ihm ohnehin meist um drei Uhr morgens. Wozu also sich aufregen?

Jack legte einen Werkzeuggürtel um, und machte sich daran, das umgekippte Regal zu reparieren. Es war wesentlich wackliger, als er angenommen hatte, doch schließlich stand es wieder. Nun mussten die Ordner, Zeitschriften und Bücher einsortiert werden. Nach wenigen Minuten jedoch stieß Jack auf einen alten Bekannten – eine Ausgabe des Playboy mit einer Reportage über die besten Colleges im Süden der USA. Ein Eselsohr brachte ihn sofort zur Seite mit dem Artikel über die Universität von Kentucky, die er besucht hatte.

Schau einer an, dachte er. Da ist doch die Blondine, die ich bei irgendeinem Footballspiel kennengelernt habe. Wie hieß sie noch? Sissy? Wir hatten eine nette Zeit …

„Verzeihung“, sagte eine weibliche Stimme.

Jack fuhr herum und schlug die Zeitschrift zu. In der Tür stand die faszinierendste Frau, die er jemals gesehen hatte. Bewundernd starrte er sie an. Sie war groß, schlank, mit klassischen Gesichtszügen und glattem, schwarzem Haar, das zu einem eleganten Nackenknoten zusammengenommen war. Sie trug ein figurbetontes hellblaues Kostüm und musterte Jack kritisch mit ihren kühlen blauen Augen. In der rechten Hand hielt sie eine schwarze Aktentasche.

Wow! dachte Jack. Das Finanzamtsmäuschen ist eine Schönheit!

„Ja, bitte?“, sagte er so charmant wie möglich. In Gedanken sah er sich mit ihr bereits im Restaurant, danach im Bett …

„Ich suche Mr Stillman“, erklärte sie mit rauchiger Stimme.

„Sie haben ihn gefunden“, erwiderte Jack, warf die Zeitschrift auf einen Stapel und kam herüber.

„Sie sind Derek Stillman?“

„Nein, sein Bruder Jack. Ich sehe besser aus, aber Derek kann besser mit Zahlen umgehen. Er ist nicht da. Ich habe Sie erwartet.“

„Tatsächlich?“ Sie blickte sich in dem unordentlichen Büro um. „Dann wissen Sie also, wer ich bin?“

„Klar. Derek und ich haben am Telefon gerade über das Meeting gesprochen.“

In diesem Moment kam ihm deutlich zu Bewusstsein, wie armselig das Büro zurzeit wirkte. Wahrscheinlich war das eher von Vorteil, denn so kam die Finanzamtsmaus nicht auf die Idee, dass Stillman & Sons womöglich Steuern hinterzogen. Wo kein Geld war, konnte man keins verstecken. „Wie Sie sehen, gehören wir nicht gerade zu den Topagenturen“, sagte Jack und grinste reuevoll. „Vor einem Monat wären wir beinahe Bankrott gegangen. Im Moment halten wir uns gerade so über Wasser. Sie werden also nicht lange brauchen.“

„Das ist richtig“, entgegnete sie schneidend. „Was ich sehe, reicht mir.“ Sie wandte sich zum Gehen.

„Was ist mit dem Termin?“

„Abgesagt.“

Erleichtert atmete Jack auf. Derek würde sich freuen, dass die Betriebsprüfung so glimpflich abgelaufen war. Allerdings hatte Jack nicht vor, seine Bekanntschaft mit dieser außergewöhnlichen Lady so rasch wieder zu beenden.

„Haben Sie’s wirklich so eilig?“, fragte er und kam näher. „Es gibt immerhin einen Silberstreif am Horizont.“ Sie drehte sich um. Jack gönnte ihr ein gewinnendes Lächeln. „Wie wär’s mit einem Dinner zu zweit?“

Sie hob eine Augenbraue. „Mit Ihnen?“

Er zwinkerte ihr zu. „Ich grille die besten Steaks.“

„Ich bin Vegetarierin.“

„Hm. Dann sagen wir, ich grille Ihnen ein paar Auberginen. Einverstanden?“

Sie verzog keine Miene. „Keinesfalls. Adieu, Mr Stillman.“

„Warten Sie“, rief er und kam ihr barfuß hinterher. Im Vorraum befanden sich ein unbenutzter Schreibtisch, ein Telefon und ein ausgeschalteter Computer – der Arbeitsplatz der Empfangssekretärin, die es nicht gab.

Jacks Besucherin wandte sich erneut um. Ihre Miene war eisig.

Er streckte eine Hand aus. „Lassen Sie mir wenigstens Ihre Visitenkarte da, damit ich meinem Bruder beweisen kann, dass Sie hier waren.“ Natürlich hatte er vor, sie anzurufen. Er würde sie herumkriegen, so wie er jede Frau um den Finger wickelte.

Die schwarzhaarige Schönheit zögerte, doch dann nahm sie ein vergoldetes Etui aus der Aktentasche, zog eine Visitenkarte heraus und legte sie mit spitzen Fingern auf den Schreibtisch neben die ungeöffnete Post, die sich dort stapelte. Daraufhin verließ sie das Büro. Jack blieb in der Tür stehen und sah ihr nach, wie sie mit langen Schritten davonging.

Er pfiff leise durch die Zähne. „Knackiger Po.“ In bester Laune blickte er nach oben, wo das Firmenschild sozusagen nur noch am seidenen Faden hing und im Wind schaukelte. Es war Zeit, es endlich richtig zu befestigen – jetzt, nachdem die Betriebsprüfung vorbei war.

Außerdem war es Zeit, sich ein paar Gedanken über die Werbekampagne für Tremont zu machen. Jack ging davon aus, dass er den Auftrag quasi in der Tasche hatte. Daneben blieb genug Zeit, sich intensiv um eine nähere Bekanntschaft mit der kühlen Schönheit von vorhin zu bemühen. Er summte eine fröhliche Melodie und nahm im Vorbeigehen die Visitenkarte vom Tisch.

Als er den Namen las, stockte ihm der Atem: Alexandria Tremont, Leiterin der Werbeabteilung, Tremont Enterprises.

Während Alexa zu ihrem weißen Cabrio ging, schüttelte sie fassungslos den Kopf über Jack Stillmans Unverschämtheit. Schwungvoll riss sie die Fahrertür auf, stieg ein und ließ den Motor an.

Was fällt dem Typ eigentlich ein? dachte sie. Der Parkplatz, über den sie nun zur Straße holperte, war schäbig, genau wie die Bürogebäude in dieser Gegend. Alexa sah ein ungeputztes schwarzes Motorrad, das der Besitzer so schräg geparkt hatte, dass kaum jemand daran vorbeikam. Es hätte zu Jack Stillman gepasst.

Sie zögerte einen Moment, weil es herrlich gewesen wäre, an diesem schönen Herbsttag das Verdeck ihres Wagens aufzumachen, doch dann ließ sie es bleiben. Sie hatte keine Lust, im Büro erst wieder ihr Haar aufstecken zu müssen. Schade eigentlich, dass sie, seit sie den Sportwagen in einem Anfall von Übermut gekauft hatte, nur so selten mit offenem Verdeck fuhr.

Alexa wich einem Schlagloch aus und reihte sich in den Verkehr ein. Als sie an Jack Stillmans unmögliches Benehmen dachte, trat sie automatisch fester aufs Gaspedal. Der Mann sah gut aus, aber das erlaubte ihm noch lange nicht, sie anzumachen! Sie errötete, als sie an seinen prüfenden, anerkennenden Blick dachte. So eine Frechheit!

Der Typ hatte sich nicht einmal bemüht, auf einen potenziellen wichtigen Kunden einen guten Eindruck zu machen. Barfuß! In Shorts! Wenn Alexa etwas hasste, war es lässige Arroganz, die sich auf nichts gründete. Offensichtlich nahm Jack Stillman an, sie fiele auf seinen Charme herein. Da konnte er bei ihr lange warten.

Ihr Vater hatte zu Recht darauf bestanden, dass sie das Unternehmen von der Pike auf kennenlernte. In den vergangenen fünfzehn Jahren hatte sie verdammt hart gearbeitet, um die Kollegen vergessen zu machen, dass sie die Tochter des Chefs war. Bereits als sie die Universität verließ, kannte sie die Firma in und auswendig. Vor zwei Jahren war sie Leiterin der Werbeabteilung geworden, und nun bewarb sie sich um den frei gewordenen Posten des Marketingdirektors. Es gab noch andere Bewerber, doch sie wusste, dass sie aufgrund ihrer Leistungen gute Karten hatte. Ihr Vater würde stolz auf sie sein, falls sie von den anderen Direktoren gewählt wurde.

Dann würde vermutlich auch Schluss sein mit den ständigen Einmischungen ihres Vaters in ihre Entscheidungen. Die Sache mit Stillman & Sons war das perfekte Beispiel. Ihr, Alexa, oblag es, sich um einen neuen Kontrakt mit einer angesehenen Werbeagentur zu kümmern. Doch ihr Vater hatte entschieden, zuerst zu prüfen, ob man mit der wenig bekannten Agentur Stillman & Sons einig werden konnte – nur weil Al vor Jahren einmal ein Versprechen abgegeben hatte. Der alte Stillman war mittlerweile gestorben, doch Al beharrte stur auf seinem Wort.

Alexa blieb also nichts übrig, als sich mit einer Firma abzugeben, deren Inhaber während der Arbeitszeit den Playboy las und sich einbildete, auf Frauen zu wirken.

Aus der mittleren Armlehne nahm sie ihr Handy und tippte die Privatnummer ihres Vaters ein.

Er antwortete schon nach dem ersten Klingeln. „Hier ist Al.“

„Und hier ist Alexa“, antwortete sie. „Störe ich?“

„Natürlich nicht. Was gibt’s, meine Liebe?“

„Ich war gerade bei Stillman & Sons.“

„Wollte die Agentur nicht morgen um zehn jemanden schicken?“

Alexa wünschte bereits, sie hätte nicht angerufen. „Ich dachte, es sei nett, ihnen einen Höflichkeitsbesuch zu machen.“

„Und?“

„Die Agentur kannst du vergessen, Dad.“

„Wie kommst du zu diesem Schluss?“

„Der Laden ist heruntergekommen, und Jack Stillman macht keinen guten Eindruck. Der Mann hatte sogar den Nerv, mich anzumachen.“

Al Tremont lachte. „Er hat offenbar einen guten Geschmack.“

Alexa verdrehte die Augen. „Stillman & Sons sind außerdem nicht gut im Geschäft.“

„Hast du Referenzen gesehen?“

„Es schien mir die Sache nicht wert, danach zu fragen.“

„Ich habe aus vertrauenswürdiger Quelle gehört, dass die Agentur zwar klein ist, aber gute Arbeit leistet. Ich möchte sehen, was sie uns zu bieten haben. Außerdem, Alexa, haben wir auch mal klein angefangen.“

„Na schön“, lenkte sie ein. „Der Termin bleibt bestehen. Wir sehen uns morgen früh um zehn.“

„Einen schönen Tag, Sweetheart. Übrigens: Gloria möchte, dass du bald mal zum Dinner zu uns kommst.“

Alexa rümpfte die Nase. Die zweite Frau ihres Vaters war nicht ihr Fall. Sie gab eine vage Erwiderung, die Al als Zustimmung auffassen konnte, und verabschiedete sich. Als sie das Handy weglegte, fühlte sie sich wie immer hin- und hergerissen zwischen der Zuneigung zu ihrem Vater und dem Bedürfnis, als Führungskraft ernst genommen zu werden.

Allerdings, dachte sie, wird Jack Stillman schon selbst dafür sorgen, dass ich meinen Willen kriege und die Agentur in St. Louis beauftragen kann, die ich ausgesucht habe. Sie lachte. Wenn Al diesen Spielertyp kennenlernt, wird er zugeben, dass ich recht hatte. Gute Chancen also für meine Wahl zur Marketingdirektorin.

Eigentlich musste sie Jack Stillman dankbar sein. Anscheinend hatte ihre Mutter doch recht gehabt, wenn sie behauptete, nichts geschehe ohne Grund.

2. KAPITEL

„Derek bringt mich um“, sagte Jack laut und presste die Hände auf die Schläfen. In seinem Kopf wirbelten die Gedanken, und ihm war übel. „Er wird mich erschlagen.“

„Dann hoffe ich, dass Sie genug Bargeld bei sich haben.“

Jack sah auf. In der Tür stand eine füllige schwarze Frau um die Fünfzig. Sie trug eine weiße Hose und ein weißes T-Shirt, dazu eine Papiermütze mit der Aufschrift „Tony’s“. „Ist das Stromboli-Sandwich mit extra Käse für Sie?“, wollte sie wissen.

Er nickte.

„Sechs Dollar vierzig.“ Die Frau legte die Tüte mit dem Sandwich auf den Tisch und streckte ihre Hand nach dem Geld aus. Ihre Fingernägel waren mindestens zwei Zentimeter lang und grell gelb lackiert.

Jack seufzte, stand auf und holte seine Geldbörse. Dann blätterte er ihr acht Eindollarscheine hin und fügte einen neunten hinzu, als sie ihn mit hochgezogener Augenbraue ansah.

„Sind Sie hier das Mädchen für alles?“, wollte sie wissen und wies auf den Werkzeuggürtel, den Jack um die Hüften trug.

„Mehr oder weniger“, murmelte er. „Die Firma gehört mir und meinem Bruder.“

„Dem Mörder?“

„Wie bitte?“

„Der Typ, der Sie umbringen wird – ist das Ihr Bruder?“

„Oh. Ja.“

„Und warum wird er Sie umbringen?“

Jack war irritiert, weil die Frau so neugierig war. „Das ist eine lange Geschichte.“

„Fangen Sie an. Sie haben Glück, denn das hier war meine letzte Lieferung für heute.“ Sie lächelte, und Jack sah bemerkenswert weiße Zähne und nette Grübchen.

Sie hatte etwas vertrauenerweckend Mütterliches. Wahrscheinlich wollte sie nur freundlich sein. Jack hatte plötzlich Lust, sich seinen Kummer von der Seele zu reden. „Ich soll mich um die Firma kümmern, solange mein Bruder verreist ist. Aber ich habe Mist gebaut.“

„Inwiefern?“

„Ich erwarte eine Betriebsprüferin vom Finanzamt. Vorhin kam eine Besucherin, und ich nahm an, dass sie das sein müsste.“

„Und?“

„Es war aber eine potenzielle Kundin. Morgen früh hätte ich in ihrem Büro einen Termin gehabt, um eine neue Werbekampagne zu präsentieren. Es geht um Tremont’s, die Kaufhauskette.“

„Und?“

„Sagen wir, ich habe ihr den Eindruck vermittelt, dass unser Laden hier das Letzte ist.“

„Wer war die Frau?“

„Alexandria Tremont. Sie muss mit dem Besitzer der Kaufhauskette verwandt sein.“

„Sie ist seine Tochter.“

„Kennen Sie sie?“

Die Frau fuhr mit dem Zeigefinger über den Schreibtisch und blies den Staub, der daran haften blieb, fort. „Ich habe von ihr gehört. Mein Sohn arbeitet in der Herrenabteilung des Kaufhauses in der Webster Avenue. Er erzählt, die Lady mache einen guten Job.“

„Sie ist ein Eisblock“, murmelte Jack.

„Und sie soll todschick sein.“

„Mir ist sie zu dünn.“

„Außerdem ist sie ledig, berichtet mein Sohn.“

„Kein Wunder. Sie ist kalt wie eine Hundeschnauze.“

Die Frau taxierte den verwaisten Arbeitsplatz der Sekretärin. Ein Kalender wies immer noch April aus, der Computerbildschirm war dunkel, und der Tischlampe fehlte die Glühbirne. „Und dazu ist sie wahrscheinlich noch reich“, fuhr sie fort, „und kultiviert.“

Er erinnerte sich daran, dass Prinzessin Tremont ihn beim Lesen des Playboy überrascht hatte. „Auf mich hat sie keinen besonderen Eindruck gemacht“, behauptete er.

„Und was für einen Eindruck haben Sie auf Miss Tremont gemacht?“ Die Frau warf einen Blick auf Jacks Shorts und seine bloßen Füße.

„Ich bemühe mich normalerweise nicht darum, den Leuten zu gefallen.“

Sie verschränkte die Arme über ihren üppigen Brüsten. „Sind Sie verheiratet?“

„Nein.“

„Das überrascht mich nicht.“

„Mein Bruder hat gerade geheiratet“, erwiderte Jack, als könne Derek dieses Manko ausbügeln. „Er ist in den Flitterwochen.“

„Wann erwarten Sie ihn zurück?“

„In zwei Wochen.“ Jack rieb sich die Schläfen. „Derek wird mich umbringen, wenn er erfährt, dass ich das Geschäft mit Tremont verpatzt habe.“

Die Frau sichtete kurz den Poststapel. „Zuerst muss er Sie in all der Unordnung mal finden. Wo ist Ihre Sekretärin?“

„Wir haben keine.“

„Ich mache es“, sagte sie entschieden, nahm ihre Papiermütze ab und warf sie in den Abfalleimer.

Jack blinzelte. „Was machen Sie?“

„Den Job. Sie gehen zurück an Ihre Arbeit – übrigens könnten Sie gleich noch das Schild über dem Eingang befestigen –, und ich kümmere mich um den Kram hier.“ Sie wies auf den vernachlässigten Schreibtisch und das Telefon, das gerade klingelte.

„Aber es gibt gar keinen Job“, wandte Jack ein.

Doch die Frau hatte bereits den Telefonhörer abgehoben. „Stillman & Sons“, meldete sie sich. „Was kann ich für Sie tun?“

Energisch ist sie, dachte Jack. Und sie hat eine angenehme Telefonstimme.

„Die unbezahlte Rechnung von der Druckerei Lamberley?“

Sie warf Jack einen fragenden Blick zu, und er schüttelte abwehrend den Kopf. Die Agentur hatte zurzeit einfach kein Geld.

„Wir schicken Ihnen heute Nachmittag einen Scheck“, flötete sie ins Telefon.

Nachdem sie aufgelegt hatte, herrschte Jack sie an: „Wir können es uns nicht leisten, diese Rechnung zu bezahlen!“

„Habe ich gesagt, über wie viel der Scheck ausgestellt wird?“, fragte sie grinsend.

Jack grinste ebenfalls.

Sie drückte ihm die Sandwichtüte in die Hand. „Essen Sie das Zeug endlich.“ Damit wandte sie sich dem Poststapel zu und begann Werbesendungen in den Müll zu befördern.

Jack starrte sie an. „Wer zum Teufel sind Sie?“

Sie blickte kurz auf. „Tuesday Humphrey, Ihre neue Sekretärin.“

Er fragte sich, ob sie vielleicht verrückt war. Allerdings blickten ihre Augen klar und ruhig. Was sie anpackte, tat sie kundig und gelassen. „Wir haben aber keine Stelle frei.“

„Weiß ich“, gab sie zurück. „Die Stelle wurde nämlich gerade besetzt.“

Das Telefon klingelte erneut. Sie nahm ab. „Stillman & Sons, was kann ich für Sie tun?“ Mit ihrer freundlichsten Stimme sagte sie: „Mr Stillman ist gerade in einer Besprechung mit einem Kunden, aber ich schaue, was ich für Sie tun kann. Einen Moment bitte.“ Sie hielt die Sprechmuschel zu. „Das ist die Sekretärin von Alexandria Tremont“, flüsterte sie. „Sie bestätigt den Termin morgen früh um zehn.“

„Aber sie hat ihn doch gerade abgesagt.“

Tuesday nahm die Hand von der Sprechmuschel. „Mr Stillman hat Miss Tremont dahin gehend verstanden, dass das Meeting abgesagt wurde. Nein? Bitte bleiben Sie am Apparat. Ich schaue nach, ob dieser Termin noch frei ist.“

Sie hielt die Sprechmuschel wieder zu. „Der Termin steht noch“, sagte sie zu Jack. „Nehmen Sie ihn wahr?“

Er nickte erleichtert.

„Ja, Ma’am“, wandte sie sich wieder an die Sekretärin. „Bitte teilen Sie Miss Tremont mit, dass sich Mr Stillman auf ein ergebnisreiches Meeting freut. Vielen Dank für Ihren Anruf.“ Sie legte auf und sortierte weiter Post. „Anscheinend bekommen Sie eine zweite Chance, die Tremonts zu beeindrucken.“

„Sieht so aus.“

„Worauf warten Sie?“, forderte Tuesday ihn auf. „Wir haben beide eine Menge zu tun.“

Jack zögerte. „Eine Betriebsprüfung steht uns auch noch ins Haus.“

„Das haben Sie mir bereits gesagt.“ Sie beförderte einen Katalog mit Sportkleidung in den Abfall.

Instinktiv streckte Jack die Hand danach aus. Er konnte einen neuen Wasserskianzug brauchen. Doch Tuesdays Gesichtsausdruck hielt ihn davon ab.

Na schön, dachte er. Sie kann hier nicht mehr Unheil anrichten als ich.

„Machen Sie, was Sie wollen“, sagte er deshalb. „Aber ich kann Sie nicht bezahlen.“

Daraufhin ging er nach draußen, um das Firmenschild zu befestigen. Es dauerte nicht lange, und das von seinem Vater gemalte Holzschild hing wieder ordentlich an seinem Platz.

Nostalgische, aber auch traurige Gefühle überkamen ihn, als er an seinen hochbegabten Vater dachte, der seiner Frau und seinen Kindern zuliebe die Malerei aufgegeben hatte, um als Werbegrafiker Geld zu verdienen.

Stillman & Sons hatten sich in Lexington bald einen Namen gemacht. Es war ein echtes Familienunternehmen. Die Mutter leitete das Büro, Derek kümmerte sich um die Finanzen, und selbst Jack übernahm hin und wieder kreative Aufträge, obwohl er die Firma immer abgelehnt hatte, weil sie seinen Vater seiner Meinung daran hinderte, seiner wahren Berufung nachzugehen.

Jack hieb mit dem Hammer auf einen Nagel ein und traf seinen Daumen. Er fluchte.

Freier Unternehmer zu sein war seinem Vater nicht bekommen. Sicher, er verdiente gutes Geld, besaß einen guten Namen, aber er ergraute früh, und der Stress ließ ihn älter wirken, als er war. Seine Staffelei und seine Pinsel rührte er nicht mehr an. Sorgenfalten gruben sich in seine Stirn, und der einst fröhliche, gelassene Mann, der es sich und seiner Familie gut gehen ließ, wurde zunehmend ernster und abgespannter. Die Besuche in Gemäldegalerien und Museen, die Jack als der kreativere Sohn immer so genossen hatte, wurden seltener. Obwohl er wusste, dass es kindisch war, sich von diesen Erinnerungen leiten zu lassen, lehnte er ihretwegen die Agentur ab. Jetzt, mit vierunddreißig, war er überzeugt, dass es einem begabten Mann nicht gut tat, Verantwortung für ein Geschäft zu übernehmen. Zum Schluss hatte man den Menschen, die man liebte, zwar Geld, aber keine Zuwendung mehr zu geben.

Jack zog ein Taschentuch aus einer Hosentasche und begann, das Schild sauber zu reiben. Der Buchstabe „s“ in dem Wort „Sons“ war fast verblasst. Jacks Ansicht nach war Derek sowieso derjenige, dem die Firma gehören sollte. Er verstand nicht, warum sein Bruder ihn immer drängte, als Partner im Unternehmen zu bleiben.

Während Derek nach seinem Studium sofort in die Firma eintrat, war Jack nach seinem Diplom in Kunst und Betriebswirtschaft nach New Orleans getrampt und hatte dort als Tätowierer in Blue Willies berühmten Tattoo-Salon angeheuert. Vor zwei Jahren war er nach Kentucky zurückgekehrt, und das Glück wollte es, dass er seinen Vater noch lebend antraf, denn zwei Wochen später starb dieser an einem Herzinfarkt.

Danach hatte er in der Agentur gearbeitet, die nach dem Tod des Vaters jedoch stetig an Ansehen verlor. Die Mutter ging mit einer Schwester auf Reisen, und Derek entwickelte sich mehr und mehr zum Tyrannen – obwohl Jack zugeben musste, dass er selbst nicht gerade ein bequemer Geschäftspartner war.

Seltsame Gedanken an diesem Morgen! Jack fragte sich, ob es Alexandria Tremonts missbilligender Blick gewesen war, der sie ausgelöst hatte. Aber nein. Er hatte es nicht nötig, irgendjemanden zu beeindrucken. Er stieg von der Leiter und ging zurück ins Büro.

Drinnen spielte leise Radiomusik. Tuesday summte die Melodie mit. Sie hatte in der kurzen Zeit wahre Wunder vollbracht. Die Post war in drei Stapeln sortiert worden, Schreibtisch und Regale waren staubfrei.

„Zwei Anrufe“, verkündete Tuesday und reichte ihm zwei pinkfarbene Notizzettel. „Beide von Firmen, die Geld wollen. Ich habe ihnen gesagt, dass unsere Buchhaltung sich zurzeit auf eine Betriebsprüfung vorbereitet und Ihnen damit ein paar Tage Luft verschafft.“

Jack grinste. „Großartig.“

„Nur für ein paar Tage“, warnte Tuesday, und fuhr fort, mit einem Lappen, den Jack als eines seiner Lieblings-T-Shirts erkannte, die Möbel abzustauben. Tuesday wandte sich ihm noch einmal zu und drohte mit dem Zeigefinger. „Das heißt also, dass Sie das Meeting morgen früh nicht in den Sand setzen dürfen, junger Mann.“

Solcherart zurechtgewiesen, zog sich Jack in sein Büro zurück und machte sich daran, das Regal endgültig standfest zu machen und einzuräumen. Dabei konnte er nicht verhindern, dass seine Gedanken abschweiften.

Was fiel Alexandria Tremont ein, hier hereinzuschneien, die Räumlichkeiten und ihren Inhaber mit abschätzendem, dann vernichtendem Blick zu messen, ihre hinreißende Nase zu rümpfen und sich auf dem Absatz umzudrehen? Nicht, dass Jack jenen Blick von Fremden nicht schon erlebt hatte. Wer ihn nicht kannte, hielt ihn leicht für einen Verlierer. Ein voreiliger Schluss, denn Jack hätte keine Probleme gehabt, in der Geschäftswelt zu den Gewinnern zu gehören. Doch er hatte daran überhaupt kein Interesse. Oder? Ein Impuls überkam ihn, der arroganten Alexandria Tremont zu beweisen, wie sehr sie sich irrte.

Blödsinn, sagte er sich gleich darauf. Wozu soll ich ihr irgendetwas beweisen? Das Einzige, was ich tun muss, ist, unserer Agentur den Auftrag zu sichern. Warum fühlte er dann jenes seltsame Kribbeln im Bauch, als ginge es tatsächlich um mehr als ums Geschäft?

Aus dem Vorzimmer drangen plötzlich laute Stimmen. Konnte das die Betriebsprüferin sein? Jack zog seine Schuhe an, legte den Werkzeuggürtel ab und eilte nach draußen, hielt aber verblüfft inne, als er Tuesday sah, die einen Mann im Anzug mit dem Gesicht nach vorn auf den Schreibtisch drückte. Das Gesicht des Mannes war schmerzverzerrt.

„Tuesday!“, brüllte Jack. „Was zum Teufel tun Sie da?“ Mit ein paar Handgriffen befreite er den Mann, obwohl Tuesday heftig protestierte.

„Ich wollte dem armen Menschen doch nur helfen“, erklärte sie. „Er sagte, er habe Rückenschmerzen. Daher habe ich ihn eingerenkt.“

„Diese Verrückte hat mir das Rückgrat gebrochen“, jammerte der schmächtige Mann. „Sie hat mich zum Krüppel gemacht!“

Jack warf Tuesday einen wütenden Blick zu und stellte sich dem Mann dann vor. „Ich bin Jack Stillman. Bitte entschuldigen Sie das Verhalten dieser Frau, Mr …“

„Stripling“, ergänzte das Männlein und richtete seine Krawatte. „Martin Stripling. Ich komme von der Finanzbehörde.“

Jack schloss die Augen. Nun war ihm klar, warum Derek angenommen hatte, es würde ein weiblicher Betriebsprüfer kommen. „Ich übernehme die Verantwortung für diese unmögliche Frau – auch wenn ich sie vor einer Stunde zum ersten Mal gesehen habe.“

„Wieso?“, fragte Stripling ungläubig. „Kam sie etwa rein und ging nicht wieder?“

„Sozusagen“, murmelte Jack.

„Was für ein seltsames Unternehmen ist denn das hier?“

„Eines, das jedenfalls keinen Umsatz macht“, versicherte Jack. „Wenn Sie mir bitte zu meinem Schreibtisch folgen wollen, Mr Stripling. Danach muss ich kurz ein Wörtchen mit meiner Sekretärin reden.“

Der Mann warf Tuesday einen höchst beleidigten Blick zu und trottete hinter Jack her, der ihm den Weg wies und sich dann an Tuesday wandte.

„Nun?“, herrschte er sie an.

Sie reckte das Kinn. „Mein verstorbener Ehemann war Chiropraktiker. Als Mr Stripling mir mitteilte, dass er sich wegen akuter Rückenschmerzen verspätet habe, dachte ich, es sei nett, ihm zu helfen.“

„Indem Sie ihm das Kreuz ausrenken?“

„Unsinn. Sie werden sehen, wie dankbar er mir bald sein wird.“

„Ich werde eher erleben, dass er mich anzeigt!“

Das Telefon klingelte, und Tuesday nahm den Hörer ab. „Stillman and Sons, die führende Werbeagentur in Lexington! Was kann ich für Sie tun?“ Sie hielt die Sprechmuschel zu, lächelte und reichte Jack den Hörer. „Ihr Bruder.“

3. KAPITEL

Alexa richtete sich auf und streckte sich. Sie war ganz verkrampft vom langen Sitzen am Schreibtisch daheim. Sie griff nach dem Weißweinglas, an dem sie ab und zu genippt hatte, seit sie nach ihrem anstrengenden Zwölfstundentag heimgekommen war. Sie drehte ihren Schreibtischsessel herum, sodass sie auf die Lichter von Lexington hinunterblicken konnte. Es war einer jener seltsam warmen Oktobertage. In Strümpfen ging sie zum Fenster und öffnete die Balkontür.

An der Universität von Kentucky fand anscheinend eine Sportveranstaltung statt, denn die Autos stauten sich auf dem Weg, der zum Campus führte. Alexa war nicht unbedingt sportbegeistert, aber sie wusste, dass die Universität in dieser Hinsicht eine große Anziehungskraft auf Studenten aus allen Regionen hatte – und machten diese Studenten nicht einen Großteil der Kunden von Tremont’s aus?

Alexa trank einen Schluck Chardonnay und überlegte, ob es nicht gut wäre, einmal mit ihrem Vater zu einer Sportveranstaltung zu gehen, um endlich herauszufinden, ob das Ganze wirklich so aufregend war. Oder sie würde Heath bitten, sie zu begleiten, und er würde die Sache in großem Stil organisieren, obwohl er sich nicht für Sport interessierte.

Heath Reddinger hatte sich seit seinem Eintritt in die Firma unentbehrlich gemacht. Er war Leiter des Controllings, gut aussehend, intelligent und einfühlsam. Alexa mochte ihn sofort. Al Tremont hingegen blieb zurückhaltend, schätzte jedoch Reddingers gute Arbeit. Als Alexa sich vor zwei Monaten mit Heath verloben wollte, gab er sofort seine Zustimmung. Alexa betrachtete lächelnd den schönen Einkaräter, den Heath ihr geschenkt hatte.

Ein anderes Bild schoss ihr durch den Kopf: Jack Stillman, unordentlich, unverschämt – mit einem Wort: unmöglich. Sie wusste jedoch, dass sein Charme bei ihrem Vater nicht verschwendet sein würde. Alexa nahm sich vor, all ihre Autorität aufzubieten, um ihre Entscheidung für die erfolgreiche Werbeagentur aus St. Louis – durchzusetzen. Eine Meinungsumfrage hatte kürzlich ergeben, dass Tremont’s im Vergleich mit der Konkurrenz zurzeit schlechter abschnitt, was Qualität und Schick betraf. Das würde sich mit der neuen Werbekampagne ändern.

Das Telefon klingelte. Auf dem Display sah sie, dass es Heath war. Sie nahm den schnurlosen Apparat, nahm ihr Weinglas und ging in den Küchenbereich. „Hallo?“

„Hallo, Liebling.“

Sie strich im Vorübergehen ein Sofakissen glatt. Sie hasste Unordnung in ihrem schönen hellen Loft über der Stadt. „Hi. Hast du meine Nachricht erhalten?“

„Ja. Möchtest du, dass ich zu dir komme?“

Sie hatten zwar schon seit Wochen nicht mehr miteinander geschlafen, doch Alexa verspürte heute Abend wenig Lust auf jene ausgedehnten Rituale, die Heath als Vorspiel praktizierte. „Ich bin müde“, entschuldigte sie sich. „Morgen ist ein anstrengender Tag.“

„Natürlich, natürlich.“ Wie nett er doch immer war. „Übrigens hat mich Al gebeten, morgen früh bei dem Meeting mit Stillman & Sons dabei zu sein. Ich hoffe, es ist dir recht.“

Alexa vermutete, dass ihr Vater sich damit Unterstützung verschaffen wollte, denn Heath tat eigentlich immer, was der Firmenpräsident wollte. „Deshalb hatte ich vorhin angerufen“, erklärte sie. „Ich gehe davon aus, dass das Meeting reine Zeitverschwendung ist. Heute Morgen bin ich kurz in der Agentur vorbeigefahren. Der Inhaber ist ein Neandertaler.“

„Hm. Hast du das deinem Vater gesagt?“

„Ja, aber er will die Sache unbedingt durchziehen, weil er es dem verstorbenen Eigentümer der Agentur vor Jahren versprochen hat.“

„Na ja“, meinte Heath etwas nervös. „Dann nehme ich an, dass es eine kurze Angelegenheit wird.“

„Vermutlich.“ Sie stellte die Weinflasche wieder in den Kühlschrank. „Wir müssen uns gegen meinen Vater verbünden. Wenn wir wollen, dass Tremont mehr Umsatz macht, brauchen wir eine gescheite Kampagne, die von einer Agentur entworfen wird, die den Finger am Puls der Zeit hat.“

„Ich bin ganz deiner Meinung“, erwiderte er.

„Vielleicht können wir morgen zusammen essen gehen?“

„Sehr gern. Ich reserviere einen Tisch bei Gerrard’s.“

Ihr Lieblingsrestaurant. Heath war immer so zuvorkommend. „Wie schön. Wir sehen uns morgen.“

Sie beendete das Gespräch, zog die Nadeln aus ihrem Haar und fühlte sich aus irgendeinem Grund nervös. Sie nahm eine Zeitschrift und ihr Weinglas, setzte sich auf ihren weißen Liegesessel und zog an der zierlichen Kette ihrer Tiffany-Stehlampe, die gleich darauf angenehmes Licht verbreitete.

Die Lampe war ein Einzugsgeschenk ihrer Mutter gewesen. Doch noch ehe sie Zeit gehabt hatten, das Loft gemeinsam einzurichten, war ihre Mutter gestorben. Die edle Glaslampe weckte daher immer wehmütige Erinnerungen in Alexa. Sie nippte an ihrem Wein und konzentrierte sich auf die Zeitschrift, um sich über die neuesten Modetrends zu informieren.

Doch Jack Stillman ging ihr nicht aus dem Kopf. Sein Name erinnerte sie an irgendetwas. Aber an was? Es fiel ihr nicht ein, sosehr sie auch grübelte.

Es klopfte an ihrer Wohnungstür. Alexa wusste, wer es war, ehe sie geöffnet hatte. Lana, trendy und leicht verrückt, stand draußen.

Sie hatten sich auf der High School kennengelernt, einem katholischen Institut, in dem Lana ständig für Unruhe sorgte. Obwohl Alexa das genaue Gegenteil der quirligen Lana war, hatten sich die beiden Mädchen angefreundet.

Lana grinste breit und hielt zwei Töpfchen Eiscreme mit Schokoladensoße hoch.

Alexa ließ die Freundin herein. Lana hatte die Figur eines Models, dazu grell blondiertes kurzes Haar.

„Ich habe Instrumente mitgebracht, die uns das Essen erleichtern werden“, verkündete Lana und hielt zwei Silberlöffel hoch. „Es ist so blöd, die Schokolade hinterher unter den Fingernägeln zu haben.“

Alexa nahm einen Löffel, nahm eine Eiscremepackung und folgte Lana zur Sitzecke, wo sie sich einander gegenüber niederließen. Es war ein lang erprobtes Ritual.

„Schönes Silber“, bemerkte Alexa.

„Es gehört der widerlichen Vicky.“ Lana riss ihre Eispackung auf.

„Du hast ihr Silberbesteck gestohlen?“

„Nur ausgeliehen.“ Lana schaufelte einen Löffel Eis in ihren kirschrot geschminkten Mund. Kauend fügte sie hinzu: „Sie ist ein Biest.“

Alexa lächelte. „So schlimm kann es doch nicht sein.“

„Du musst ja nicht mit ihr zusammenleben. Diese Frau denkt nur an sich selbst und nervt mit ihrer Dummheit die gesamte Umgebung. Ich habe noch nie so jemand Stumpfsinnigen kennengelernt.“

„Doch. Gloria, die Goldgräberin“, bemerkte Alexa.

„Die war immerhin schlau genug, deinen Vater zu heiraten.“

„Wie wahr.“ Alexa seufzte. Ihre Hoffnung, dass sie und ihr Vater sich näherkommen würden, nachdem ihre Mutter gestorben war, hatte sich nicht erfüllt. Auch dank Gloria Bickum Georgeson Abrams. Diese Frau hatte die Unverschämtheit besessen, direkt nach der Beerdigung mit einer Schüssel Nudelsalat vorbeizukommen, und war einfach da geblieben.

„Ich schwöre dir, Alexa, ich bringe Vicky um. Weißt du, was sie getan hat?“

„Hat sie schon wieder deinen Wildledermantel ausgeliehen?“

„Sie hat ihn ruiniert. Aber es kommt noch schlimmer.“

„Hat sie die Telefonrechnung nicht bezahlt?“

„Ich habe den Techniker verführt, damit er unsere Leitung nicht kappt. Aber die Krönung komm noch.“

„Und zwar?“

„Rate mal.“

„Lana …“

„Sie geht mit Bill Friar.“

„Oh, nein!“ Lana war eine bildschöne Frau, und ihr Intelligenzquotient überragte den der meisten Zeitgenossen bei Weitem. Nur dass Männer nicht auf exzentrische Intellektuelle standen. Bill Friar schien die große Ausnahme gewesen zu sein. Und dann hatte er Lana das Herz gebrochen.

„Gute Antwort“, lobte Lana und fuhr fort ihr Eis zu essen. „Sie besitzt die Gemeinheit, vor mir damit anzugeben.“

„Ist es etwas Ernsteres?“

„Nein. Sie hat noch ein Dutzend andere Typen, mit denen sie ausgeht. Sie hat es auch nur getan, um mir eins auszuwischen.“

„Woher wusste sie, dass du und Bill …“

Lana starrte blicklos auf die Verpackung. „Sie hat mein Tagebuch gelesen.“

Alexa verschluckte sich fast. „Das gibt’s doch nicht!“

„Doch. Aber warte nur. Ich werde mich an ihr rächen.“

„Warum suchst du dir nicht einfach eine andere Mitbewohnerin?“

„Wir haben den Mietvertrag beide unterschrieben. Also muss ich sie noch acht Monate ertragen. Danach bin ich weg. Und währenddessen werde ich mir einfach ein paar Dinge von ihr ausleihen.“ Lana wies auf ihr Ohrläppchen. „Das hier sind zum Beispiel ihre Ohrringe.“

Alexa beugte sich vor. „Hübsch.“

„Nicht wahr? Nun sag schon, was gibt es bei dir Neues? Ich habe dich heute Morgen im Büro angerufen, aber deine Sekretärin sagte, du seist unterwegs.“

„Ich hatte was zu erledigen.“

„Und was?“

Alexa aß nachdenklich einen Löffel Eis. „Hast du jemals was von einem Typ namens Jack Stillman gehört?“

„Klar. Der war einer der Football-Stars an der Uni, als wir im ersten Semester waren. Kannst du dich nicht erinnern?“

„Ich bin mir nicht sicher.“

„Sah klasse aus und war total beliebt. Besonders bei den Mädchen.“

„Hört sich so an, als könne man den Typ vergessen.“

Lana kicherte. „Er war berühmt dafür, dass er den Ball nie verlor. Aber ich wundere mich nicht über deine Erinnerungslücke. Du hast ja praktisch Tag und Nacht im Geschäft verbracht, um deinen Daddy zu beeindrucken. Das hat sich übrigens nicht geändert, Alexa.“ Sie lächelte die Freundin herausfordernd an. „Du musst öfter mal ausgehen.“

„Heath und ich gehen zusammen aus.“

„Hör mir auf mit Heath. Meine Gummipuppe Harry ist aufregender.“

„Jede so, wie es ihr gefällt“, gab Alexa zurück.

„Was hat es dann mit Jack Stillman auf sich?“, wollte Lana wissen.

„Ihm gehört eine kleine Werbeagentur. Morgen früh soll er uns Vorschläge für eine neue Werbekampagne präsentieren.“

„Anscheinend ist er mittlerweile erwachsen geworden.“

„Das kann man wohl nicht unbedingt sagen“, meinte Alexa. „Heute Morgen bin ich kurz in der Agentur vorbeigefahren. Dabei bin ich ihm begegnet. Leider.“

„Sieht er immer noch so toll aus?“

„Keine Ahnung. Er hat dermaßen den Macho herausgekehrt, dass ich darauf nicht geachtet habe.“

„Aha“, sagte Lana grinsend. „Er hat dich beeindruckt.“

„Er hat einen Eindruck hinterlassen“, wehrte Alexa ab. „Aber keinen guten.“

„Ach ja?“

„Glaub mir, Lana, mit diesem Typ kann man nicht zusammenarbeiten.“

„Wer redet denn vom Arbeiten?“

Alexa seufzte genervt. „Weder arbeiten noch sonst was. Er ist ein Spieler. Außerdem ist die Agentur alles andere als erfolgreich.“

„Schade. Jack Stillman war mal eine ziemlich heiße Nummer.“

„Anscheinend lebt er immer noch mit dieser Illusion.“

„Dann bekommt er den Auftrag von euch nicht?“

„Nicht wenn ich es verhindern kann!“

Lana streckte sich und gähnte. „Na schön. Lass mich wissen, wie’s weitergeht.“

„Willst du schon heim?“

„Um halb fünf muss ich morgen raus.“

„Wann kaufst du endlich das Café und machst dich selbstständig?“, wollte Alexa wissen.

„Sobald ich Geschmack an dem bitteren Zeug finde“, erwiderte die Freundin. „Noch habe ich immer eine Packung Earl Grey unter dem Ladentisch. Morgen habe ich viel zu tun, aber wir könnten übermorgen zusammen essen gehen. Dann kannst du mir erzählen, wie es mit dem schwarzen Blitz war.“

„Wie bitte?“

Lana deutete hinüber zu den Bücherregalen. „Schau in deinen College-Jahrbüchern nach. Jack hatte diesen Spitznamen, weil er schneller und besser war als jeder andere Footballer. Gute Nacht.“

„Nimm deinen Löffel mit.“

Lana grinste. „Behalte ihn.“

Alexa lachte immer noch, nachdem Lana die Haustür längst hinter sich zugezogen hatte. Rasch holte sie das College-Jahrbuch ihres ersten Semesters heraus. Es fiel nicht schwer, Jack im Sportteil zu entdecken. Die Seiten waren voll mit Fotos von ihm. Immer in Angreiferpose, rennend, den Ball verteidigend. Das letzte Foto zeigte ihn in schlammbespritzter Footballkluft Arm in Arm mit einem Mann, der eine etwas größere, etwas breitere Ausgabe von ihm selbst war. Dem Text war zu entnehmen, dass der schwarze Blitz sein Team bei einem wichtigen Spiel zum Sieg verholfen hatte. Mit zweiundzwanzig Jahren besaß Jack dasselbe unverschämte Grinsen, die funkelnden Augen und das zu lange, widerspenstige schwarze Haar wie jetzt. Alexa verzog das Gesicht, als sie daran dachte, wie wenig sich der Mann, den sie heute Morgen getroffen hatte, von diesem Bild unterschied.

Sie schlug das Buch zu. Die Sache mit dem Footballstar konnte zum Problem werden, denn sie wusste, dass ihr Vater eine Schwäche für diesen Sport hatte. Außerdem war er keineswegs immun gegen den dreisten Charme eines Typs wie Jack Stillman.

Wut stieg in Alexa auf, als sie daran dachte, wie oft Frauen in Führungspositionen einfach an den ganz banalen Netzwerken von Männern scheiterten. Netzwerke, die beim Golfspielen oder in der Sauna oder auf dem Rennplatz gepflegt werden. Sie nahm an, dass die Schwierigkeiten, die sie im Unternehmen und mit ihrem Vater hatte, vor allem darauf beruhten, dass sie kein Mann war. Wäre sie der Sohn gewesen, den ihr Vater sich gewünscht hatte, und wäre sie eine Sportskanone geworden, so wäre ihr mehr Anerkennung sicher gewesen.

Sie sehnte sich so nach der Vertrautheit, die sie mit ihrer Mutter verbunden hatte. Sie war müde. Eigentlich wäre es Zeit gewesen, schlafen zu gehen. Doch ihr Bett mit der frischen weißen Decke, das in einer Ecke des Lofts stand, wirkte auf sie wenig einladend.

Sie trank den letzten Schluck Wein, ehe sie das Glas in die Spüle stellte. Dann kam sie zurück und zog sich für die Nacht um. Nachdem sie ihr Make-up entfernt hatte, ließ sie sich wieder auf ihrem Liegesessel, legte die Füße hoch und bedeckte sie mit einer leichten edlen Decke.

Doch der Schlaf wollte nicht kommen, selbst als sie schon lange die schöne Jugendstillampe ihrer Mutter ausgeschaltet hatte. Sie fühlte sich einsam und war frustriert, weil sich offensichtlich irrationale Dinge zwischen sie und ihre beruflichen Entscheidungen drängten. Jack Stillman war der geborene Blender, aber er schaffte es auf seine nonchalante und rücksichtslose Art, alle Welt glauben zu machen, er sei erste Wahl!

Alexa biss die Zähne zusammen. Sie würde es der Männerriege schon zeigen. Jack hatte bei ihr und in ihrem Unternehmen keine Chance. Er wusste es bloß noch nicht.

4. KAPITEL

„Verspiel unsere Chance nicht, Jack.“ Dereks Worte klangen ihm noch im Ohr. Er hatte noch einmal angerufen, und Jack hatte sein Bestes getan, die Anwesenheit Tuesdays herunterzuspielen. Abends gab er ihr fünfzig Dollar und den guten Rat, nicht wieder bei ihm aufzukreuzen. Derek gegenüber tat er so, als habe er alles unter Kontrolle.

Jack fluchte und riss ein weiteres Blatt von seinem Skizzenblock. Er zerknüllte es und warf es achtlos beiseite. Seine Muse hatte ihn diesmal endgültig verlassen. Es war halb vier Uhr morgens, und bisher konnte er nicht behaupten, einen einzigen guten Einfall gehabt zu haben. Die Präsentation bei Tremont würde eine Katastrophe werden, wenn ihm nicht bald die Erleuchtung kam.

Doch die ließ auf sich warten. Immer wieder betete Jack sich die Schlagworte vor: Kleidung, Mode, Stil, Wohndekor. Was ihm fehlte, war ein zugkräftiger Slogan. Zum Beispiel:

Tremont’s: Einkaufen bis zum Umfallen.

Wenn du dein Geld ausgeben willst, tu’s bei Tremont’s.

Du hast zu viel Geld? Wir haben die Mode!

Fürchterlich, dachte Jack entnervt. Damit lockt man niemanden in ein Kaufhaus.

Er skizzierte ein paar Ideen und verwarf sie wieder. Alexandria Tremonts abfälliges Lächeln ging ihm nicht aus dem Sinn. Offensichtlich erwartete sie von ihm keine gute Arbeit – und er würde diesmal auch keine liefern. Es half auch nichts, sich einzureden, dass ihm nichts daran lag, die kühle schwarzhaarige Schönheit zu beeindrucken.

Zum ersten Mal in seinem Leben stellte er fest, dass es nicht genügte, sich auf seine Genialität zu verlassen. In der Schule und auf der Uni war ihm alles so leicht gefallen. Und seine Sportlerkarriere hatte ihm einen Höhenflug nach dem anderen beschert – und die schönsten Frauen. Trotzdem entschied er sich gegen eine Profikarriere als Footballer. Einerseits, weil er seinem Körper die unmenschlichen Strapazen nicht zumuten wollte, und andererseits, weil er annahm, dass das Leben mehr Herausforderungen zu bieten hatte. Nur dass er diese Herausforderungen bisher höchstens halbherzig angenommen hatte.

Wollte er diese eine Herausforderung denn? Ja, gestand er sich ein. Aus verschiedenen Gründen – wozu beispielsweise auch Miss Tremonts abschätziger Blick gehörte – sehnte er sich danach, im Leben etwas zu erreichen. Etwas, worauf er stolz sein konnte. Er wollte den Auftrag von Tremont’s!

Mit neuer Energie stürzte Jack sich in die Arbeit. Als es langsam hell wurde, war der Fußboden mit zusammengeknülltem Papier übersät. Allerdings war Jack weit davon entfernt, aufzugeben.

Um kurz nach sieben hörte er ein Geräusch an der Eingangstür. Einbrecher? Er ging, um nachzuschauen. Zu seiner Überraschung traf er Tuesday im Flur.

„Guten Morgen“, begrüßte sie Jack fröhlich.

„Wie sind Sie reingekommen?“

Sie hielt eine Kreditkarte der Kaufhauskette Tremont hoch. „Ich kann Türen knacken. Ist ganz einfach, Honey. Sie sind ziemlich früh auf den Beinen.“

„Ich war gar nicht im Bett“, gestand er. „Sagte ich Ihnen nicht, Sie sollen wegbleiben?“

„Sie hatten einen schlechten Tag. Daher wollte ich Ihnen noch eine Chance geben.“ Tuesday betrachtete Jack genauer. „Sie sehen nicht besonders fit aus.“

„Ich weiß.“

„Haben Sie die Präsentationsunterlagen fertig?“

„Mehr oder weniger.“

„Sind sie gut?“

„Nein.“

„Schade. Dann müssen Sie die Leute eben mit Ihrem Charme überzeugen.“ Sie legte den Kopf schief. „Was wollen Sie anziehen?“

Jack blickte an sich hinunter. Er trug immer noch die Freizeitkleidung von gestern. „Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht.“

Tuesday seufzte. „Sagen Sie mir Ihre Kleidergröße für Sakko, Hose und Hemd?“

Jack tat es.

„Gut. Wie groß sind Sie? Einsneunzig?“

Er nickte.

„Schuhgröße fünfundvierzig?“

„Sechsundvierzig passt besser, ist aber nicht so leicht zu bekommen.“

„Wir werden sehen. Sie gehen jetzt unter die Dusche. Rasieren Sie sich“, befahl Tuesday. „Beeilen Sie sich, und rufen Sie mich, wenn Sie fertig sind.“

Jack wusste nicht, warum er ihr einfach gehorchte. Wahrscheinlich war er zu müde, um Widerstand zu leisten. Der Auftrag war sowieso verloren. Den Termin würde er nur um Dereks willen wahrnehmen.

Er ging duschen – der Hauseigentümer war so intelligent gewesen, die Büros mit kleinen Badezimmern auszustatten – und beseitigte die schwarzen Stoppeln in seinem Gesicht. In einem Schrank fand er Unterwäsche zum Wechseln, die Derek hier deponiert hatte. Derek war breiter als er, doch der Slip musste passen.

Es klopfte nachdrücklich. „Sind Sie endlich fertig?“

„Eine Sekunde!“, rief Jack und schlang ein Handtuch um die Hüften, ehe er die Tür aufmachte.

Tuesday kam herein, bewaffnet mit Kamm und Schere.

„Nein!“, protestierte Jack. „Sie werden mir nicht die Haare schneiden!“

„Oh, doch“, gab sie zurück und schob ihn zu einem Hocker. „Der Wildwuchs da muss weg.“

Jack blieb stehen und kreuzte die Arme vor der Brust.

„Kommen Sie schon“, gurrte Tuesday. „Wollen Sie, dass ich eine Leiter hole? Liegt Ihnen denn gar nichts an dem Auftrag?“

Jack seufzte. „Doch.“

„Dann setzen Sie sich.“

Er tat es, und Tuesday machte sich an die Arbeit.

Irgendwann meldete sich Jack zu Wort. „He, Tuesday, lassen Sie noch was zum Kämmen dran!“

Sie trat einen Schritt zurück, begutachtete ihr Werk, schnippelte noch ein wenig und verkündete dann: „Fertig. Jetzt sehen Sie wieder wie ein Mensch aus.“ Sie verließ zufrieden das Bad.

Auf alles gefasst, warf Jack einen Blick in die Spiegel und stellte überrascht fest, dass der neue Haarschnitt gut aussah. Vorsichtig fuhr er sich über den Nacken. „Lange nicht mehr gesehen“, murmelte er. Daraufhin feuchtete er sein Haar an und kämmte es zurück. „Hallo, Ohren.“

„So, schöner Mann.“ Tuesday kam wieder herein und brachte ihm einen Kleidersack. „Hier sind Anzug, Hemd, Manschettenknöpfe, Krawatte, Socken, Gürtel und Schuhe, Größe fünfundvierzig. Sie müssen Ihre Zehen halt ein bisschen einziehen.“

„Wo haben Sie das Zeug her?“, wollte Jack verblüfft wissen.

„Mein Sohn Reggie arbeitet bei Tremont’s, erinnern Sie sich nicht?“

„Stimmt. In der Herrenabteilung.“

Sie nickte. „Er kennt sich aus.“ Sie reichte ihm den Kleidersack. „Kleider machen Leute, wie Sie wissen.“

Betroffen hielt Jack inne. „Tuesday, Sie sind ein Genie!“

Sie grinste. „Das weiß ich. Warum haben Sie so lange gebraucht, um es zu merken?“

Jack zog den Reißverschluss des Kleidersacks auf, doch in Gedanken war er schon wieder am Schreibtisch. Es blieb ihm noch knapp eine Stunde, um die neuen Ideen zu Papier zu bringen.

„Sieht so aus, als würde der Deal vielleicht doch etwas“, sagte er zu Tuesday. „Rufen Sie mir bitte ein Taxi.“ Er hatte nicht vor, den Anzug und seine Präsentationsmappe auf dem Motorrad zu ruinieren.

„Schon passiert“, erwiderte Tuesday. „Das Taxi ist um Viertel vor zehn hier.“ Sie ließ ihn allein.

Jack grinste sich im Spiegel an und fühlte sich so jung und frisch wie schon lange nicht mehr.

„Mach dich auf eine Überraschung gefasst, Alexandria Tremont“, murmelte er. „Jetzt geht’s los!“

Der schönste Moment des Arbeitstages war für Alexa jeden Morgen der Rundgang durch die einzelnen Abteilungen des Kaufhauses, ehe es öffnete. Heute jedoch wanderten ihre Gedanken immer wieder zu der Besprechung mit Jack Stillman. Eigentlich tat der Mann ihr fast leid. Er war eingebildet und ungepflegt, aber sie empfand keine Genugtuung darüber, wenn ein Mensch sich lächerlich machte. Alexa seufzte und nippte an ihrem Kaffee. Hoffentlich, dachte sie, ist das Meeting schnell vorüber.

Sie war besserer Laune als gestern Abend, und sie betrachtete die Auslagen der Damenabteilung mit Wohlgefallen: die Schaufensterpuppen, die die neuen Herbstkostüme präsentierten; die flauschigen Handtücher in fröhlichen Farben, die stapelweise auf einem Tisch lagen; das edle Porzellan, die silbernen Teeservices. In den vergangenen Jahren hatte sich Tremont’s von einem Billigwarenhaus zu einem Einkaufsparadies für die obere Mittelschicht von Lexington und das Umland entwickelt.

In der Herrenabteilung einen Stock höher sah sie einen hochgewachsenen jungen Mann in tadellosem Outfit, der gerade dabei war, Herrenhosen mit Preisschildern auszuzeichnen. Alexa kannte den Mitarbeiter, erschien doch sein Name des Öfteren auf der Liste der Top-Verkäufer. Hieß er Ronnie? Nein, Reggie.

„Guten Morgen, Reggie“, begrüßte sie ihn.

Er hob abrupt den Kopf und ließ die Hose, die er in der Hand gehalten hatte, fallen. „Guten Morgen, Miss Tremont“, stammelte er und bückte sich, um das Kleidungsstück aufzuheben. „Ich bin heute ziemlich ungeschickt.“

„Unsinn.“ Alexa sah, dass seine Hände bebten. „Ist alles in Ordnung, Reggie?“

„Hm? Oh, ja, Ma’am. Alles bestens.“ Er wich ihrem Blick aus.

„Gut.“ Alexa maß der Sache keine weitere Bedeutung bei. „Verkaufen sich die neuen Krawatten gut?“

„Ja, Ma’am. Besonders die mit dem Coakley-Label.“

„Die mag ich auch besonders“, sagte sie, zufrieden damit, dass diese teure Linie sich besser verkaufte, als ihr Vater vorausgesagt hatte. „Weiter so, Reggie.“

Sie ging langsam die Treppe hinauf. Es waren vier Stockwerke bis in ihr Büro. Da sie moderne, dicksohlige schwarze Lederpumps und einen superkurzen schwarzen Minirock ohne Gehschlitz trug, war der Aufstieg heute eine echte Herausforderung. Sie ließ sich Zeit, denn sie wollte nicht ins Schwitzen geraten und ihre dünne blaue Bluse ruinieren, die sie unter dem schwarzen Blazer trug. Oben angelangt, schaute sie auf ihre Armbanduhr. Es war halb zehn. Genug Zeit also für eine weitere Tasse Kaffee und die Liste mit den Verkaufszahlen der vergangenen Woche. Außerdem war sie gern ein wenig früher als die übrigen Teilnehmer im Konferenzraum, um sich vorzubereiten.

Tess, ihre junge, tüchtige Sekretärin, begrüßte sie bereits mit der Umsatzliste in der Hand.

„Danke, Tess.“

„Sie sehen müde aus.“

Anscheinend hatte die neue Abdeckcreme versagt. „Ich brauche Kaffee.“

„Ich besorge Ihnen einen, Miss Tremont.“ Ehe Alexa protestieren konnte, nahm Tess ihr den Keramikbecher aus der Hand und füllte ihn mit frischem Kaffee. „Gibt es noch weitere Termine für heute, die ich notieren muss?“

„Nein“, erwiderte Alexa und nahm den Becher in Empfang. „Danke. Wir erwarten Mr Jack Stillman um zehn Uhr. Bitte führen Sie ihn in den Konferenzraum.“

„Wie erkenne ich Mr Stillman?“, wollte Tess wissen.

„Sie können ihn nicht verfehlen“, erwiderte Alexa nur und ging hinüber zum Konferenzraum. Tess verschliss Männer wie andere Frauen ihre Strumpfhosen.

Vor der Tür zum Konferenzraum zögerte sie kurz, dann trat sie ein. Sie mochte den Raum nicht besonders. An den Wänden standen hohe dunkle Bücherregale, deren Inhalt überwiegend einen Bezug zum Sport hatte – von der Zeitschrift bis zu präparierten Fischen, die der passionierte Angler Tremont einst gefangen hatte. Außerdem prangten zwei Hirschgeweihe an den Wänden.

Ein großer Massivholztisch dominierte den Raum. Die schweren Stühle, die dazugehörten, konnte Alexa nur mit Mühe bewegen. Sie wählte den Platz, der am weitesten von der Tür entfernt war, stellte ihren Kaffeebecher ab und legte den Wochenreport daneben. Danach ging sie zur breiten Fensterfront, um die Jalousien hochzuziehen. Der schöne weite Blick, den man hier aus hatte, war noch das Beste an diesem Zimmer.

So weit das Auge reichte, erstreckten sich Wiesen und Wälder hinter der Stadtgrenze von Lexington. Die Herbstfarben und der helle Sonnenschein bewirkten, dass die weißen Koppelzäune sich stark von ihrer Umgebung abhoben. Zwei Jährlinge galoppierten mit wehendem Schweif über eine Wiese. Alexa fiel ein, dass in ein paar Tagen die herbstlichen Pferderennen in Keeneland begannen. Sie lächelte unwillkürlich, glücklich, in solch einer wunderbaren Umgebung zu leben.

Lexington selbst war nicht allzu groß, aber eine lebhafte, wohlhabende Stadt. Alleen führten hinein ins Stadtgebiet; es gab alte Tabakfabriken aus Backstein, neue Bürogebäude, hübsche Wohnhäuser und eine Vielzahl von schönen brunnengeschmückten Plätzen. Die Stadt hatte eine angenehme Atmosphäre, halb städtisch, halb ländlich.

Die Zentrale der tremontschen Kaufhäuser befand sich in einem fünfstöckigen Haus in der Webster Avenue, nur wenige Schritte von der Haupteinkaufsmeile entfernt. Alexa konnte von ihrem Loft aus zu Fuß ins Büro gehen. Bisher hatte sich das alteingesessene Kaufhaus gut gegen die neuen Einkaufzentren behaupten können. Das lag nicht zuletzt daran, dass ein Parkhaus errichtet worden war und auf Alexas Anregung hin das gesamte Erdgeschoss in einen attraktiven Supermarkt umgewandelt worden war. Zudem gab es ein Café, das zum bevorzugten Mittagstreff der Angestellten der umliegenden Büros geworden war.

Alexa nahm einen Schluck Kaffee. Sie war so stolz auf das Unternehmen, und es gab ihr eine große Zufriedenheit zu wissen, dass sie an seinem Erfolg einen nicht unmaßgeblichen Anteil hatte.

Sie blickte aus dem Fenster und sah, dass unten auf der Straße ein Taxi hielt. Ein Mann stieg aus, der sofort ihre Aufmerksamkeit erregte. Sie beobachtete ihn, während er zahlte. Er sah gut aus mit seinem kurzen schwarzen Haar, dem eleganten Anzug. Alles an ihm schien Erfolg zu atmen.

„Was gibt es da unten so Interessantes?“, fragte eine männliche Stimme hinter Alexa.

Sie wandte sich um und lächelte, als sie Heath Reddinger erblickte. Er war ein attraktiver Mann, äußerst korrekt in einen dunkelblauen Nadelstreifenanzug gekleidet. Er trug eine teure Designer-Brille. „Ich schaue mir die Leute an.“

„Du siehst müde aus“, bemerkte er. „Wolltest du gestern Abend nicht früh ins Bett gehen?“

Statt sich über seine Fürsorge zu freuen, fühlte sie sich gemaßregelt. „Mir geht’s gut.“

Heath vergewisserte sich, dass niemand sie beobachtete, denn sie waren sich einig, dass sie ihre Beziehung so gut wie möglich aus der täglichen Arbeit heraushalten wollten. „Es tut mir wahnsinnig leid, aber ich muss unser Abendessen absagen“, begann er. „Ich werde in Cincinnati gebraucht und fliege heute Nachmittag.“

„Für wie lange?“ Sie hatte sich so sehr auf einen entspannten Abend bei Gerrard’s gefreut.

„Nicht länger als ein, zwei Tage, hoffe ich.“

„Gibt es Probleme mit unserer Bank?“

„Nein, keine Probleme. Ich muss nur etwas regeln. Bekomme ich eine Chance, unser Dinner demnächst nachzuholen?“

Sie nickte.

Er berührte liebevoll ihre Schläfe. „Was hältst du davon, ein paar Tage zu verreisen, wenn ich aus Cincinnati zurück bin?“

Es leises Klopfen, gefolgt vom Hüsteln der Sekretärin, ließ sie zusammenfahren. Der Mann, den Tess begleitete, war derselbe schwarzhaarige gut aussehende Mann, den Alexa aus dem Taxi hatte steigen sehen. Vermutlich ein Handelsvertreter. In diesem Job nützte ihm sein blendendes Aussehen viel. Seine dunklen Augen blitzten, sein Anzug saß tadellos. Kein Wunder, dass Tess wirkte, als habe sie gerade das große Los gezogen.

„Ja, bitte, Tess?“, fragte Alexa höflich.

„Mr Stillman ist da.“

Alexa konnte sich keinen Reim darauf machen, warum Tess Mr Stillman ankündigte, noch ehe sie den Handelsvertreter vorgestellt hatte. Sie warf dem Mann einen Blick zu. Er grinste jungenhaft. Sie war verwirrt.

„Guten Morgen, Miss Tremont“, sagte er mit seltsam vertrauter Stimme.

5. KAPITEL

Es dauerte einen Moment, bis Alexa begriff, dass dieser Traummann derselbe war wie jener grobe, unrasierte, langhaarige Typ, dem sie gestern begegnet war. Ihre Gedanken überschlugen sich, während sie versuchte, zwei und zwei zusammenzuzählen.

Jack Stillman dagegen schien die Situation zu genießen. Unverwandt fixierte er Alexa aus seinen braunen Augen. Sein Lächeln brachte sie nahezu aus der Fassung – es war herausfordernd und verlockend zugleich. Alexa wehrte sich gegen die Anziehung, die es auf sie ausübte.

„Guten Morgen, Mr Stillman“, erwiderte sie deshalb so kühl wie möglich. „Wenn Sie bitte Platz nehmen möchten.“

Statt zu antworten, ging Jack zu Heath Reddinger und reichte ihm die Hand. „Ich bin Jack Stillman von der Werbeagentur Stillman & Sons.“

Heath stellte sich ebenfalls vor, und Alexa hätte sich wegen ihres Fauxpas ohrfeigen können. Gerade erschien Bobby Warner, Alexas Konkurrent um den angestrebten Posten des Marketingdirektors. Er starrte Jack mit offenem Mund an.

„Sind Sie etwa der Jack Stillman, der in den Achtzigern für die Universität von Kentucky Football gespielt hat?“, wollte er wissen.

Jack grinste. „Ich bekenne mich schuldig.“

Alexa verdrehte entnervt die Augen.

„Ich werde das Spiel gegen Tennessee 1984 niemals vergessen“, fuhr Bobby begeistert fort. „Denen haben Sie’s gezeigt!“

Alexa sah erleichtert, dass mehrere Kollegen den Raum betraten. Bobby übernahm die Vorstellung. Alexa mischte sich nicht ein, sondern beobachtete nur. Innerhalb weniger Minuten unterhielt sich die Gruppe angeregt. Ihr Zentrum war Jack Stillman, obwohl er sich äußert zurückhaltend verhielt. Lachend erzählte man eine Sportanekdote nach der anderen und bat schließlich auch Jack, einige seiner einschlägigen Erlebnisse zum Besten zu geben.

Alexa beobachtete, wie mühelos es ihm gelang, witzig und unterhaltsam zu erzählen, ohne dabei angeberisch zu wirken. Er bezog alle Umstehenden ein, und bald erfüllte Gelächter den Konferenzraum. Wut stieg in ihr auf. Sie versuchte, sie mit einem Schluck heißem Kaffee hinunterzuspülen und verbrannte sich prompt die Zunge. „Verdammt!“

Alle drehten sich verblüfft zu ihr um.

„Gibt es ein Problem?“, fragte ihr Vater, der hereinschlenderte. Sofort begaben sich die Angestellten zu ihren Plätzen, wobei sie den Stuhl am Kopfende, gegenüber von Alexa, für den Chef freiließen.

„Nein“, antwortete Alexa und kam auf ihn zu. „Darf ich dir Mr Stillman …“

„Jack Stillman“, fiel ihr Vater ihr begeistert ins Wort und schüttelte dem Angesprochenen kräftig die Hand. „Der schwarze Blitz.“

Alexa hätte am liebsten den Raum verlassen.

„Ich freue mich, Sie kennenzulernen“, sagte Jack.

„Sie sind offensichtlich in Topform“, bemerkte Al Tremont. „Netter Anzug übrigens. Von uns, nehme ich an.“

Jack nickte und strich über den Ärmel des anthrazitfarbenen Sakkos. „Ihre Exklusivmarke.“

Alexa hatte bisher noch gar nicht darauf geachtet. Jetzt sah sie, dass Jack einen der teuersten Anzüge trug, die Tremont’s im Sortiment hatte.

„Eine schöne Krawatte“, fuhr ihr Vater bereits fort.

Jack hatte zu dem weißen Hemd genau jene grau und blau gestreifte Krawatte gewählt, die Alexa heute Morgen auf dem Stapel in der Herrenabteilung begutachtet hatte.

Ihr Vater wandte sich an die Kolleginnen und Kollegen, dabei schlug er Jack kameradschaftlich auf die Schulter. „Er trägt unsere Kleider, Leute. Der Mann hat Talent und ist überdies gewitzt.“

„Können wir mit dem Meeting anfangen?“, fragte Alexa ungeduldig. Sie hielt Jack nach wie vor für einen Scharlatan. Seine Präsentation würde beweisen, dass seine Arbeit nichts taugte.

Tess erschien mit der Klapptafel für die Präsentationspappen und warf Jack dabei so eindeutige Blicke zu, dass Alexa sich missbilligend räusperte. Tess verschwand widerwillig und zog die Tür hinter sich zu.

Alexa atmete tief durch. „Also, lasst es uns hinter uns …“ Sie fing einen irritierten Blick ihres Vaters auf und errötete.

„Lasst uns beginnen“, korrigierte sie sich. „Sie alle wissen, dass Tremont Enterprises eine neue Werbeagentur sucht, die das Unternehmen in eine neue Ära katapultiert.“ Sie machte eine bedeutungsvolle Pause. „Mr Stillman von der Agentur Stillman & Sons ist heute zu uns gekommen, um uns davon zu überzeugen, dass das kleine Familienunternehmen einen so großen Kunden wie uns zufriedenstellen kann.“

Sie sah, dass Jack ihre verbale Spitze genau mitbekommen hatte. „Ich nehme an, Sie möchten uns zunächst einen Überblick über Ihre Firmengeschichte und Ihren Werdegang geben, Mr Stillman.“ Sie setzte sich und gönnte ihm ein knappes Lächeln. „Denn“, fügte sie noch hinzu, „die anderen waren bei unserer aufschlussreichen Begegnung gestern ja nicht dabei.“

Er lächelte unergründlich und erhob sich, um zu erläutern, wie die Agentur arbeitete, welche Kunden sie hatte und welche Ausbildung er und sein Bruder genossen hatten. Zum Schluss berichtete er noch, dass die Agentur vor Kurzem einen Vertrag mit einem wichtigen Nahrungsmittelhersteller der Region abgeschlossen hatte. Alexa tat, als müsse sie ein Gähnen unterdrücken. Jack sprach sie direkt an. „Ich freue mich übrigens, dass Sie auf unsere kurze Begegnung gestern eingegangen sind, Miss Tremont. Es passt perfekt zu meiner Präsentation.“

Anscheinend wartete er auf eine Antwort, deshalb sagte sie nur: „Oh?“

Jacks Mundwinkel zuckte, während er Alexa ansah. „Sehen Sie, mein Plan ist voll und ganz gelungen.“

„Was für ein Plan soll das sein?“, fragte sie.

„Welchen Eindruck habe ich gestern auf Sie gemacht, Miss Tremont?“

Der Raum schien ihr plötzlich zu eng. Nervosität erfasste sie. „Wollen Sie die Wahrheit wissen?“

Seine Augen schimmerten belustigt. „Unbedingt.“

Alexa überlegte einen Moment und entschloss sich dann, so brutal wie möglich zu sein. „Ich fand Sie niveaulos, um ehrlich zu sein.“

Die Anwesenden scharrten überrascht mit den Füßen. Ein paar hüstelten.

„Alexa!“, fuhr ihr Vater auf, doch sie löste ihren Blick nicht von Jack.

Jack lächelte gelassen. „Warum?“

Alexa war sich bewusst, dass alle sie anstarrten, doch es war ihr völlig gleichgültig. Sie bemühte sich um ein Lächeln. „Sie meinen, abgesehen davon, dass Sie unhöflich und grob waren?“

Wieder gab es Tuscheln im Raum.

„Ich entschuldige mich, falls ich Sie beleidigt haben sollte“, erwiderte Jack. „Aber hat Sie nicht noch etwas ganz anderes gestört?“

„Und das wäre?“

„Mein Erscheinungsbild?“

Alexa schwieg.

„Tatsache ist“, begann Jack und kam um den Tisch herum zu ihr, „dass Sie mich heute Morgen nicht erkannt haben. Nicht wahr, Miss Tremont?“

Sie verschränkte die Arme. „Sie sehen jedenfalls anders aus, Mr Stillman.“

Er wandte sich an die Übrigen. „Lassen Sie mich Ihnen sagen, dass ich gestern, als Miss Tremont mich so überraschend besuchte, Jeansshorts, ein Hawaiihemd und einen Werkzeuggürtel trug.“

„Sie haben den unmöglichen Schlips vergessen, und dass Sie barfuß waren“, ergänzte Alexa.

Die Anwesenden lachten unterdrückt.

„Sie sind eine aufmerksame Beobachterin“, lobte Jack und lächelte sie gewinnend an, während er noch näher kam. „Würden Sie sagen, dass mein Outfit heute eine positive Veränderung darstellt?“

Aufgebracht starrte sie ihn an. „Gegenüber gestern wäre nahezu alles eine positive Veränderung.“

Er grinste, und die anderen lachten.

„Ich nehme an, Ihre Ausführungen dienen einem gewissen Zweck“, unterbrach Alexa die Heiterkeit sachlich.

„Aber ja.“ Er öffnete seine Mappe und entnahm ihr die erste Präsentationspappe. „Ich wollte Ihnen beweisen, dass ein altes Sprichwort einiges für sich hat.“ Er stellte den Entwurf auf die Staffelei. Es war ein handgemaltes Poster, das einen Footballer zeigte, der den Ball einem Mitspieler zuwarf. Im Hintergrund befanden sich jubelnde Fans.

Das nächste Bild zeigte denselben Mann in legerer Baumwollhose und Freizeithemd. Er grillte Hamburger bei einer Gartenparty. Um ihn herum hübsche Frauen mit Cocktailgläsern in der Hand. Der folgende Entwurf zeigte den Mann im Anzug, eine Aktentasche in der Hand. Wiederum standen Frauen im Hintergrund, die ihm bewundernd nachschauten; und die letzte Präsentationspappe stellte eine intime Schlafzimmerszene dar: der Mann in Boxershorts, lässig aufs Bett gestreckt, die Hand einer Frau auf seiner Schulter.

Alexa fühlte, wie ihr heiß wurde. Die dargestellte Szene war einfach und sehr erotisch. Es muss ihn einiges gekostet haben, der Versuchung zu widerstehen, die Hände zweier Frauen abzubilden, dachte sie bissig. Sie blickte zu Jack, der offensichtlich auf eine Reaktion von ihr wartete. Alexa senkte den Blick. Sie konnte nicht anders, als sich Jack Stillman mit einer Gespielin mit Bett vorzustellen.

„Das Herzstück meiner Kampagne – und Miss Tremont wird mir zustimmen, dass die Sache wirkt – ist also …“ Hier stellte er die letzte Pappe auf die Staffelei. Sie trug einen Schriftzug in fetten schwarzen Lettern, und Jack las ihn laut vor: „Tremont’s. Weil Kleider Leute machen.“

Alexa musste an sich halten, um nicht vom Stuhl aufzuspringen.

Jacks Herz raste. Es war gewagt, aus der gestrigen Pleite Kapital schlagen zu wollen. Allerdings hatte er nichts zu verlieren.

Im Konferenzraum herrschte gespannte Stille.

Doch schließlich brach Al Tremont in Gelächter aus und klatschte in die Hände. „Mir gefällt’s.“

Jack atmete auf. Die übrigen Konferenzteilnehmer murmelten ihre Zustimmung. Nur Heath Reddinger hielt sich zurück. Jack hatte die kleine private Szene zwischen ihm und Alexa beobachtet, als die Sekretärin ihn hereinführte. Er schloss daraus, dass Reddinger und die kühle Miss Tremont ein Paar waren. Eigenartigerweise störte es ihn. Er sah, dass Reddinger fragend zu seiner Liebsten blickte. Worauf wartete er? Auf die Erlaubnis, ebenfalls zuzustimmen? Der Ärmste!

Es war klar, dass Alexa die Meinung ihres Vaters keineswegs teilte. „Entschuldigen Sie“, unterbrach sie das allgemeine Geraune. „Einen Moment, bitte!“

Die anderen verstummten.

Sie presste die Lippen aufeinander. „Offen gestanden finde ich die Entwürfe ziemlich sexistisch. Unsere Hauptkunden sind Frauen. Wir können es uns nicht leisten, sie zu verprellen.“

„Das würden wir auch nicht“, antwortete Jack, als spräche er bereits für Tremont’s. Er präsentierte einen Entwurf für einen Fernsehspot, der eine Frau zeigte, die durch das Kaufhaus bummelte. „Wir sagen den Frauen ‚Kommt zu Tremont’s, und kauft euren Männern was Schickes zum Anziehen.‘“

Alexa fixierte ihn kühl. „Ich wiederhole: Ihre Idee ist sexistisch. Wenn ich Kundin wäre, würde diese Werbung mich beleidigen.“

„Aber Sie sind nicht die typische Kundin von Tremont’s“, entgegnete er. „Korrigieren Sie mich, wenn ich danebenliege – aber soweit ich weiß, ist die Standardkundin sowohl jünger als Sie und darüber hinaus verheiratet.“

An ihrem Gesichtsausdruck konnte er erkennen, dass er einen Nerv getroffen hatte.

Al Tremont lachte und schlug sich aufs Knie. „Da hat er recht, Alexa.“

Sie wird also Alexa genannt, dachte Jack. Es gefiel ihm. Er fuhr fort. „Die typische Kundin besitzt außerdem weniger Bildung als Sie und ist im Beruf nicht so erfolgreich.“ Jack hoffte, das würde sie versöhnen. „Allerdings gibt sie einen überproportionalen Teil ihres Einkommens für Kleidung aus. Deshalb zielt meine Kampagne darauf, dass sie noch ein wenig mehr Geld – ihr eigenes oder das ihres Mannes – ausgibt.“

Die anderen lachten beifällig und nickten.

„Und zwar, um ihren Gatten auszustaffieren.“

„Das hört sich ziemlich chauvinistisch an, Mr Stillman“, bemängelte Alexa.

„Kann sein“, gab er zu. „Wie sind die Verkaufszahlen bei Männerbekleidung?“

„Wir geben keine Zahlen an Fremde weiter.“

„Die Bilanz bei Männerbekleidung ist miserabel“, mischte sich Al Tremont ein.

„Aber der Absatz steigt“, widersprach Alexa.

„Ich nehme an, dass der Profit aus dem Verkauf von Männerbekleidung höher sein muss, um für das niedrigere Volumen aufzukommen“, sagte Jack. „Daher ist es sinnvoll, die Werbekampagne auf dieses Segment auszurichten. Wir bringen Frauen in die Herrenabteilung, und wenn sie dort eingekauft haben, können wir sicher sein, dass sie auch durch die anderen Abteilungen bummeln.“

„Es wäre vielleicht möglich, in der Herrenabteilung gleichzeitig auf Angebote in der Damenabteilung, bei Kinderbekleidung oder Haushaltswaren hinzuweisen“, schlug eine junge Frau vor.

Jack erinnerte sich daran, dass sie Marketingassistentin war. „Gute Idee“, lobte er und erhielt ein scheues Lächeln. „Wir animieren die Kundinnen, und sie können nicht widerstehen.“

Die Anwesenden begannen miteinander zu diskutieren. Jack sah, dass seine Vorschläge auf fruchtbaren Boden fielen. Nur Alexa saß steif und stumm auf ihrem Stuhl.

„Haben Sie Erfahrung mit der Produktion von Fernsehspots?“, wollte Heath Reddinger wissen.

„Nein“, gab Jack zu. „Aber ich kenne eine ortsansässige Firma, die erstklassige Arbeit liefert.“ Er warf einen Blick zu Alexa, doch sie wich ihm aus. Deshalb wandte sich Jack an ihren Vater. „Ich empfehle Ihnen, ein männliches Model zu engagieren, das sozusagen als Botschafter für Tremont’s auftritt. Überfluten Sie Fernsehen, Printmedien und Plakatwände mit seinem Bild.“

Al Tremont nickte. „Mir gefällt das Konzept. Es ist bestechend einfach und klug durchdacht.“

Alexandria räusperte sich. „Es ist nicht ganz das Niveau, das mir vorschwebt. Meine Idee war, Frauen anzusprechen, die sich für Designeroutfits, exklusiven Schmuck und hochpreisige Kosmetika interessieren.“

„Ich finde, wir sollten Jacks Konzept ernsthaft in Erwägung ziehen.“ Ihr Vater ging auf ihr Argument gar nicht erst ein.

„Vielleicht sollten wir Mr Stillman bitten, den Raum kurz zu verlassen, damit wir beraten können“, schlug sie vor.

Jack ging folgsam zur Tür, doch Al Tremont hielt ihn zurück. „Bleiben Sie, mein Sohn. Ich will vor allem wissen, was uns das Ganze kosten würde.“

„Vater“, fiel ihm Alexa ins Wort. „Die Angelegenheit ist viel zu wichtig, um sie sofort zu entscheiden. Es gibt noch einige andere Agenturen, die uns ihre Idee präsentieren möchten. Außerdem sollte das Marketingteam Zeit haben, darüber zu diskutieren.“

„Hör zu, Alex“, sagte ihr Vater knapp. „Ich habe mich entschieden. Ich will Stillman and Sons!“

Obwohl Jack große Genugtuung empfand, bemerkte er nicht ohne Unbehagen den Konflikt zwischen Vater und Tochter.

„Kann ich zwei Minuten unter vier Augen mit dir sprechen?“, bat Alexa ihren Vater. Sie ging mit erhobenem Kopf zur Tür hinaus und ließ sie offen. Alle blickten auf Al Tremont. Er seufzte und erhob sich, um seiner Tochter zu folgen.

Alexa ging draußen im Flur auf und ab. Sie war so wütend wie damals, als ihr Vater knapp ein Jahr nach dem Tod ihrer Mutter beschlossen hatte, Gloria, die Goldgräberin, zu heiraten. Wie kam er dazu, ihre Befugnisse einzuschränken, die er ihr erst ein paar Wochen zuvor übertragen hatte? Dazu noch vor allen Anwesenden, den unmöglichen Jack Stillman eingeschlossen.

Weil Kleider Leute machen! dachte sie höhnisch. Was für ein Schwachsinn.

Ihr Vater erschien, und Alexa kreuzte kämpferisch die Arme vor der Brust.

„Was ist los, Alexa?“, fragte er.

„Das frage ich dich!“, gab sie zurück. „Ich bin davon ausgegangen, dass es meine Aufgabe ist, eine neue Werbeagentur für Tremont’s auszuwählen. Und jetzt kommst du und vergibst den Auftrag an diesen völlig unfähigen Menschen!“

„Ich kann es immer noch nicht glauben“, schmunzelte ihr Vater. „Der schwarze Blitz wird für mich arbeiten.“

Alexa verschlug es momentlang die Sprache. Sie starrte ihren Vater an, als sei er verrückt geworden. „Willst du wirklich die Zukunft unseres Unternehmens aufs Spiel setzen, nur weil dich der Mann als Footballer begeistert hat?“

„Seine Kampagne gefällt mir. Die Idee ist zündend. Außerdem sind die anderen ganz meiner Meinung, Alexa.“

„Sie wollen dir bloß einen Gefallen tun.“

„Dann wünschte ich, mit dir wäre es genauso“, sagte Al Tremont lächelnd.

„Dad …“

„Stimme mir zuliebe zu. Ich bin fest überzeugt, dass die Kampagne Erfolg hat.“

„Aber das Risiko …“

„Manchmal braucht es einen Rebellen, um eingefahrene Strukturen aufzubrechen“, erwiderte Al. „Hör zu, Liebes. Es tut mir leid, dass ich dir vor allen Leuten über den Mund gefahren habe. Doch ich hatte den Eindruck, dass du voreingenommen warst.“

„Du hättest Stillman gestern mal sehen sollen.“

„Heute wissen wir, dass es Absicht war.“

„Unsinn. Er wusste doch gar nicht, dass ich vorbeikommen würde. Der Mann ist ein pathologischer Lügner.“

„Ich mag den Jungen. Irgendwas sagt mir, dass wir mit ihm genau richtig liegen. Es wird aber nur funktionieren, wenn du mitmachst, Alexa.“

„Aha, du brauchst mich also doch“, sagte sie beleidigt.

„Natürlich, Liebling. Ich werde keinen Vertrag mit Jack Stillman machen, solange du nicht zustimmst. Die Verantwortung für die Kampagne liegt bei dir.“

Wärme und Zuneigung durchflutete Alexa. Sie liebte ihren Vater. Ihm verdankte sie alles. Und normalerweise konnte man sich auf sein Urteil blind verlassen.

„Außerdem könntest du so beweisen, was für ein guter Partner in unserem Team du bist“, fügte er augenzwinkernd hinzu.

Sollte das eine Anspielung auf den Posten sein, den sie anstrebte?

„Nun, wie sieht’s aus?“, wollte Tremont wissen. „Ich möchte das Versprechen, das ich Jacks Vater gegeben habe, halten. Ich habe das Gefühl, die Agentur braucht einen dicken Fisch, um zu überleben.“

„Wie wahr.“

Autor

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