Verbotene Küsse für den Bodyguard

– oder –

Im Abonnement bestellen
 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

PR-Managerin Charlotte Pemberton ist die attraktivste Klientin, die Security-Boss Jacob Wolfe jemals hatte. Als er sie zur Fashion Week in New York begleitet, um sie vor einem Stalker zu beschützen, knistert es heiß zwischen ihnen. Vergeblich versucht er, Charlottes Sex-Appeal ignorieren. Als sie ihn auf einer Party zum Tanz auffordert und mit einem heißen Kuss überrascht, kann er ihr nicht länger widerstehen. Er bricht all seine Regeln und verbringt eine Liebesnacht mit ihr. Mit ungeahnten Folgen, die sein Leben für immer auf den Kopf stellen …


  • Erscheinungstag 29.06.2021
  • Bandnummer 132021
  • ISBN / Artikelnummer 9783733718848
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Jacob Wolfe war es gewohnt, erster Klasse zu fliegen. Allerdings saß dabei normalerweise nicht jemand wie Charlotte Pemberton neben ihm. Während die anderen Passagiere auf diesem Nachtflug von London nach New York schliefen oder zumindest versuchten, ein bisschen Ruhe zu finden, arbeitete Charlotte. Neben sich ein Glas Wein, hatte sie den Laptop aufgeklappt und tippte unermüdlich.

Jacob hatte keine Ahnung, woran sie arbeitete, und es war ihm auch herzlich egal. Sein Job war es, für ihre Sicherheit zu sorgen, sonst nichts.

Früher war er in der SAS, der berühmten Spezialeinheit der British Army, aktiv gewesen. Mit Modenschauen und Partys hatte er bisher wenig am Hut gehabt. Er empfand sich selbst als einen Mann mit einfachen Bedürfnissen, auch wenn er sich mittlerweile daran gewöhnt hatte, als Bodyguard für Promis und Würdenträger zu arbeiten. Und jetzt würde er vermutlich die nächsten neun Tage ziemlich häufig die Augen verdrehen, befürchtete er. Aber die Firma Aurora war ein wichtiger Kunde, außerdem wurde er als Babysitter für die Schwester des Earls von Chatsworth ungewöhnlich gut bezahlt.

Trotzdem nagte dieser Auftrag an seinem Ego. Er hatte seinen Sicherheitsdienst gegründet, um Menschen vor echten Gefahren zu schützen. Nicht, um gelangweilte Prinzessinnen zu begleiten.

In diesem Moment griff Charlotte nach ihrem Weinglas und sah zu ihm herüber. „Sie schlafen gar nicht?“, flüsterte sie.

„Natürlich nicht, Miss“, gab er zurück.

Stirnrunzelnd musterte sie ihn. „Wenn Sie mich noch einmal Miss nennen, haben wir ein echtes Problem.“

„Verstanden, Ma’am.“

Sie verzog das Gesicht. „Mr. Wolfe, bitte, sagen Sie Charlotte zu mir.“

Ohne etwas zu erwidern, hob er eine Augenbraue.

Seufzend wandte sie sich wieder ihrem Laptop zu. „Bestellen Sie sich ein Bier und entspannen Sie ein bisschen.“

„Ich trinke nicht, wenn ich arbeite, Miss.“

Dieses Mal lehnte sie sich zurück und sah ihn eindringlich an. „Wenn wir so förmlich miteinander umgehen, steht uns eine lange Woche bevor. Mir gefällt die Situation ebenso wenig wie Ihnen. Ich brauche keinen persönlichen Schutz. Das ist albern. Aber es war die Bedingung für meine Reise, und deshalb muss ich mich damit abfinden.“

Reglos erwiderte er ihren Blick. „Es ist nicht meine Aufgabe, etwas zu mögen oder nicht. Es ist ein Auftrag, und den erfülle ich.“

Das stimmte zwar, aber er ließ besser unerwähnt, dass Charlotte Pemberton die attraktivste Kundin war, die er jemals betreut hatte.

Ihre haselnussbraunen Augen, die von dichten Wimpern umrahmt waren, hatten einen Hauch von Grün, und um die Iris zog sich ein goldener Rand. Ihr glattes, glänzendes braunes Haar war auf Kinnlänge geschnitten und umrahmte ihr feines Gesicht mit den hohen Wangenknochen. Die Grübchen allerdings verliehen ihr etwas Verschmitztes. Offensichtlich hatte sie Sinn für Humor – zumindest hoffte er das.

„Ich weiß, tut mir leid“, lenkte sie ein. „Ich bin einfach nur sauer, dass meine Familie darauf bestanden hat, mir einen Bodyguard an die Seite zu stellen. Mit Ihnen persönlich hat das nichts zu tun.“

„Gut zu wissen.“ Ein leichtes Lächeln spielte um seine Mundwinkel, und unwillkürlich erwiderte sie es.

„Sie haben ein paar E-Mails und Briefe zu ernst genommen.“

„Besser, als sie auf die leichte Schulter zu nehmen und es hinterher zu bereuen“, gab er zu bedenken. Und er wusste, wovon er sprach.

„Ich bin kein Kind mehr, sondern achtundzwanzig Jahre alt. Und ich lasse mir nicht vorschreiben, wie ich zu leben habe.“

„Ja, Ma’am.“

„Hören Sie auf damit.“

Er grinste. Als eine Stewardess sich nach ihren Wünschen erkundigte, bestellte er ein Wasser, Charlotte lehnte ein zweites Glas Wein ab.

Während er an seinem Wasser nippte, klickte sich Charlotte weiter durch die Programme auf ihrem Laptop. Auch wenn sie nicht vorhatte zu schlafen – er würde jetzt ein bisschen ausruhen. Ein paar Stunden Schlaf würden dafür sorgen, dass er wieder topfit war, wenn sie landeten. Also lehnte er sich an die Kopfstütze und schloss die Augen. New York war eigentlich gar nicht so schlecht.

Charlotte wartete, bis Jacob Wolfe eingeschlafen war, dann seufzte sie tief auf. Nachdem ihre Mutter verkündet hatte, sie habe einen Leibwächter engagiert, der Charlotte zur Fashion Week begleiten würde, hatte sie rebelliert. Endlich einmal hatte sie die Gelegenheit, einen wichtigen Part in der Firma zu übernehmen, und dann stellte ihre Mutter ihr einen Babysitter an die Seite. Es war albern.

Und noch lächerlicher war es, wie attraktiv dieser Jacob Wolfe war. Sie war umgeben von gutaussehenden Männern mit perfekt sitzendem Haar, makelloser Haut und gut gebauten Körpern, die jedes Kleidungsstück großartig und wertig aussehen ließen.

Doch auch wenn Jacob Wolfes Anzug perfekt geschnitten und der Krawattenknoten selbst nach diesem stundenlangen Flug noch exakt gebunden war – dieser Mann war anders. Er hatte etwas Abenteuerliches an sich. Seine definierten Muskeln waren unter dem Stoff zu erkennen, sein Deckhaar war lang genug, dass eine Frau ihre Finger darin vergraben konnte, an den Seiten jedoch kurz geschnitten. Die Augen waren eisgrau, die Wimpern hell. Sein Drei-Tage-Bart hatte dasselbe Dunkelblond wie sein Haar und ließ ihn auf eine lässige Art rau wirken. Kurz – er schien Klasse zu haben, aber auch anpacken zu können.

Allerdings war er bestimmt zehn Jahre älter als sie und interessierte sich nur für seinen Job. Schade.

Andererseits würde sie in New York sowieso Tag und Nacht arbeiten, Ablenkung konnte sie sich nicht leisten. Doch vorhin hatte er sie einmal kurz angelächelt, und sie wünschte sich, das würde er noch einmal wiederholen.

Sie beneidete ihn darum, dass er einfach so im Flugzeug schlafen konnte. Auch wenn sie gelernt hatte, es zu verbergen, hasste sie es zu fliegen. Der Wein beruhigte sie etwas, und sie arbeitete gern im Flieger, weil sie dann etwas hatte, worauf sie sich konzentrieren konnte und nicht darüber nachdachte, dass sie tausend Meter über dem Meeresspiegel schwebten.

Unwillkürlich glitt ihr Blick noch einmal zu Jacob. Sie hatte sich Gedanken gemacht, dass ihr Bodyguard sie auch zu den Partys und Galas begleiten würde. Ihre Bedenken waren völlig unnötig gewesen – er würde eine gute Figur machen. Niemand würde auf die Idee kommen, dass er ihr Leibwächter war. Vielleicht gäbe es sogar Gerüchte.

Nachdenklich starrte sie auf ihren Monitor. Wäre ihr das recht? Sie konnte die Schlagzeilen förmlich vor sich sehen. Wer ist der geheimnisvolle Mann an Charlottes Seite? Und dann würden ein paar anzügliche Spekulationen folgen, die jeglicher Grundlage entbehrten.

Noch ganz in Gedanken öffnete sie eine E-Mail und begann stirnrunzelnd zu lesen.

New York ist die Stadt, die niemals schläft. Das würde ich dir auch empfehlen. #bleib wachsam

Diese Nachrichten fingen an zu nerven. Bisher hatte die IT-Abteilung bei Aurora noch nicht herausgefunden, woher sie stammten, und Charlotte nahm sie nicht allzu ernst. Sie war im Rampenlicht aufgewachsen und wusste, dass der Neid manchen Hasskommentar hervorbrachte. Dies war die dritte Nachricht innerhalb der vergangenen zwei Monate, ohne dass irgendetwas geschehen war.

Wenn es nach ihr gegangen wäre, hätte sie diese Reise ohne Bodyguard angetreten, doch sie war überstimmt worden. Nur ihre Schwester Bella hatte sie unterstützt und ihr beigepflichtet, dass es ihre Entscheidung sei, ob sie allein flog oder nicht.

Sie schloss das E-Mail-Programm. Endlich hatte sie Zeit, sich die Termine für die kommende Woche in Ruhe anzusehen. Und sobald sie gelandet waren, würden sie in die New Yorker Firmenwohnung fahren und sie konnte endlich ein bisschen schlafen.

Jacob fragte sich, wie Charlotte so frisch aussehen konnte, nachdem sie den ganzen Flug über kein Auge zugetan hatte. Er selbst hatte eine gute Stunde lang geschlafen, doch als er aufgewacht war, hatte sie noch immer gearbeitet.

„Schlafen Sie überhaupt mal?“, erkundigte er sich, während sie im Taxi durch New York fuhren.

„Oh, natürlich.“ Sie lächelte ihm zu. „Nur im Flugzeug schlafe ich grundsätzlich nicht. Sobald wir in der Wohnung sind, werde ich mich hinlegen und den ganzen Vormittag nicht mehr aufstehen.“ Prüfend musterte sie ihn. „Und das sollten Sie auch tun. Viel Schlaf haben Sie ja nicht bekommen.“

„Das bin ich gewohnt“, gab er zurück und wandte den Blick ab, um aus dem Fenster zu sehen. Die Stadt war taghell, obwohl die Sonne noch nicht aufgegangen war.

„Sie haben mich noch nicht erlebt, wenn eine Werbekampagne direkt vor dem Abschluss steht. Dann brauche ich auch keinen Schlaf, sondern nur Kaffee und Schokolade.“

Das konnte er sich vorstellen. Charlotte sprühte nur so vor … jugendlicher Energie. Seine dagegen war längst aufgebraucht. Stück für Stück verschwunden, zusammen mit seinem Optimismus und seiner Gutgläubigkeit. In einem anderen Leben hatte er auf die Menschlichkeit gezählt. Doch diese Illusion war ihm geraubt worden.

Wenn er sich sagte, sein Glaube an das Gute im Menschen sei ihm nach und nach abhandengekommen, machte er sich selbst etwas vor, gestand er sich ein. Er hatte ihn von einer Minute auf die andere in Südamerika verloren. Ebenso wie die Frau, die er geliebt hatte.

Es stand ihm nicht zu, über Charlottes luxuriöses Leben zu urteilen und ihre Sorgen lächerlich zu finden. Immerhin hatte er ein halbes Leben damit zugebracht, gegen das Böse zu kämpfen und anderen Menschen die Erfahrungen zu ersparen, die er gemacht hatte.

Charlottes Leben war völlig anders als seines, und er passte nicht hierher. Aber sein Job verlangte, dass er sich überall einfügte wie ein Chamäleon. Er war mit zerrissenen Jeans und ausgewaschenen T-Shirts aufgewachsen. Jetzt aber täuschte sein maßgeschneiderter Anzug darüber hinweg, dass dies nicht seine Liga war.

Das Taxi hielt vor einem Gebäude aus grauem Stein. Während Charlotte bezahlte, stieg Jacob aus und nahm mit einem kurzen, zielsicheren Blick die Umgebung in Augenschein. Der Februarwind war schneidend kalt und trieb ein paar Schneeflocken vor sich her.

Sobald sie mit ihrem Gepäck auf das Portal zusteuerten, öffnete der Portier die Tür. Jacob war lange genug für die Sicherheit von Prominenten zuständig, um sich an diese Annehmlichkeiten gewöhnt zu haben. Es war die Art von Luxus, bei der es nicht nötig war zu protzen. Das dicke, polierte Glas, das funkelnde Messing und die Marmorböden sagten alles. Beinahe lautlos brachte der geräumige Fahrstuhl sie hinauf zu ihrer Wohnung.

Nachdem Charlotte aufgeschlossen hatte, trug Jacob Koffer und Taschen hinein. Sie war nicht gerade eine Frau, die mit leichtem Gepäck reiste, aber das wunderte ihn nicht. Charlotte Pemberton war noch nie zweimal in derselben Garderobe fotografiert worden.

„Willkommen daheim“, sagte er mit leichtem Sarkasmus.

Sie seufzte. „Finden Sie es befremdlich, wenn ich zugebe, dass mir die Wohnung eine Nummer kleiner lieber wäre?“

Er verstand, was sie meinte. Allein der Eingangsbereich war größer als sein Wohnzimmer zu Hause, und das hieß schon etwas. Der Wohnbereich war in Weiß, Blassgrau und Beige gehalten – eine perfekte Einrichtung, die aber eher an eine Möbelausstellung erinnerte, als dass sie Gemütlichkeit ausstrahlte. Der Duft der weißen Lilien, die in einer hohen Vase auf einem Glastisch standen, erfüllte den Raum. Die Fenster boten einen Blick auf den Central Park, der in der Morgendämmerung dalag. Das Schneetreiben wurde dichter.

Als er ein herzergreifendes Seufzen hinter sich hörte, drehte er sich um. Charlotte stand verloren mitten im Zimmer.

„Alles okay mit Ihnen?“

Mit einem gezwungenen Lächeln nickte sie. „Jetzt merkte ich, wie müde ich bin. Ich brauche ganz dringend etwas Schlaf.“

„Lassen Sie mich kurz noch die anderen Räume überprüfen“, bat er.

„Ist das Ihr Ernst?“, erwiderte sie mit einem ungläubigen Lachen. „Ich verspreche Ihnen, dass in unserer Abwesenheit niemand in der Wohnung war. Meine Mutter hat Sie aus reiner Vorsicht engagiert, ich bin nicht in Gefahr.“

„Ich mache nur meinen Job“, gab er zurück und konnte nicht verhindern, dass seine Stimme etwas beleidigt klang. „Also warten Sie hier.“

Mit wachsamem Blick streifte er durch die übrigen Räume – ein Esszimmer mit einem langen Tisch für acht Personen, ein Ankleidezimmer, eine große moderne Küche und zwei riesige Schlafzimmer, beide mit einem eigenen Bad.

Als er zurückkehrte, saß Charlotte mit geschlossenen Augen auf einem der Sofas. Er war nur fünf Minuten fort gewesen, und doch schlief sie bereits tief und fest.

Sollte er sie hierlassen? Auch er wollte sich gern ausruhen, aber er hatte keine Ahnung, welches der Schlafzimmer für ihn gedacht war.

Unschlüssig kniete er sich vor sie, betrachtete ihre friedliche Miene, und sein Herz machte einen Satz. Sie war wunderschön. Und auch wenn sie mit dem silbernen Löffel im Mund aufgewachsen war, wirkte sie nicht arrogant.

Er hatte die Nachrichten mit den Drohungen gelesen. Sie waren nicht alarmierend, sollten aber auch nicht völlig ignoriert werden, fand er.

Vorsichtig legte er eine Hand auf ihren Arm. „Miss Pemberton?“

Unwillig brummte sie und kuschelte sich tiefer in die Kissen.

„Miss Pemberton“, sagte er nun lauter. Als sie immer noch nicht reagierte, stieß er sie an. „Charlotte.“

Mühsam öffnete sie die Augen und brauchte offensichtlich einen Moment, um sich zurechtzufinden. „Oh, ich bin eingeschlafen.“

„Tut mir leid, dass ich Sie geweckt habe, aber im Bett haben Sie es bequemer. Und ich wusste nicht, welches Schlafzimmer meines ist.“

„Oh, ja, und Sie wollen natürlich auch eine Runde schlafen.“ Gähnend setzte sie sich auf und streckte sich.

Ihr Körper war schlank und biegsam. Dieser Job wäre weitaus einfacher, wenn sein Klient ein dickbäuchiger Mittfünfziger mit beginnender Glatze wäre, dachte Jacob.

„Dann kommen Sie, ich zeige Ihnen Ihr Schlafzimmer.“

Sie ging vor und deutete auf die erste Tür am Ende des Eingangsbereichs.

Der Raum entsprach eher einer Suite als einem einfachen Schlafzimmer. Ein kleines Sofa und ein bequem wirkender Sessel gruppierten sich um einen Couchtisch, auf dem frische Blumen in einer Vase standen. Die Tagesdecke auf dem Kingsize-Bett war aus schwerem Brokat. Er musste gar nicht zum Fenster gehen, um sich zu überzeugen, dass er auch von hier aus, einen großartigen Blick auf den Central Park hatte. „Wow“, sagte er. „Sehr schön.“

Mit einem Kopfnicken deutete sie auf eine weitere Tür, die vom Schlafzimmer abging. „Dort ist Ihr Bad. Es gibt auch einen Whirlpool, falls Sie sich entspannen möchten.“ Nachdem sie ihn von Kopf bis Fuß gemustert hatte, fügte sie hinzu: „Bei Ihrer Größe müssen Sie sich in den Flugzeugsitzen ja förmlich zusammenfalten. Selbst in der ersten Klasse.“

Dann stieß sie sich vom Türrahmen ab, an dem sie gelehnt hatte. „So, ich bin direkt nebenan und habe vor, bis Mittag zu schlafen. Um drei habe ich eine Besprechung mit meiner Assistentin.“

„Dann bis heute Mittag.“

Er hörte, wie sie die Tür ihres Schlafzimmers schloss und die Vorhänge zuzog. Ein paar Minuten später vernahm er das Rauschen der Dusche und versuchte, nicht darüber nachzudenken, wie das heiße Wasser an ihren schlanken Schenkeln hinunterrann. Er war kein Mönch, verdammt, aber er war Profi genug, um seinen Job gut zu machen, auch wenn seine Klientin so attraktiv war wie Charlotte.

Und als müsste er sich das selbst beweisen, zog er seinen Laptop aus der Tasche und überflog noch einmal, was er sich zu Charlottes Assistentin Amelie notiert hatte. Dann sprang auch er unter die Dusche und streckte sich wenig später im Bett aus.

2. KAPITEL

Charlotte viertelte frische Erdbeeren und verteilte sie über ihren Joghurt. Das würde reichen, sie hatte keinen großen Appetit. Die Zeitverschiebung steckte ihr noch in den Knochen. Sie hatte Kaffee aufgebrüht und musterte jetzt die Blaubeermuffins. Amerikanische Muffins waren immer so mächtig. Also beschloss sie, sich nicht verführen zu lassen.

Zumindest fühlte sie sich ausgeruht genug für ein Treffen mit Amelie. Die Assistentin war ihr Garant für Bodenhaftung, und sie war unglaublich gut in ihrem Job. Sie würden die Pläne für die nächsten Tagen noch einmal durchgehen und prüfen, ob weitere Termine hinzugekommen waren. Dann mussten sie die Gästeliste für die Party besprechen, die Charlotte traditionell im Waldorf gab. Hier gab es grundsätzlich noch Zusagen in letzter Minute.

Sie fand das alles schrecklich aufregend, auch wenn sie schon zweimal dabei gewesen war. Doch da hatte sie lediglich ihre Mutter begleitet und ihr über die Schulter geschaut. Charlotte war bewusst, dass sie nun endlich eine Chance bekam zu zeigen, was in ihr steckte. Bisher war sie immer Aurora Germains Tochter gewesen oder Williams Zwillingsschwester. Endlich hatte sie ein eigenes Projekt und konnte aus dem Schatten ihrer Familie heraustreten. Natürlich würde das nicht über Nacht geschehen, aber diese Reise war ein guter Anfang.

Ihr Magen knurrte, und sie widmete sich ihrem Joghurt. Von ihrem Bodyguard hatte sie noch nichts gehört, und sie war froh darüber. Wahrscheinlich schlief er noch. Es war seltsam, die Wohnung mit einem Fremden zu teilen.

Sie schenkte sich einen Kaffee ein, klappte ihren Laptop auf und vertiefte sich in die Arbeit. Irgendwann riss das Läuten an der Tür sie aus ihren Gedanken. Als sie gerade aufstehen und zur Tür gehen wollte, hörte sie schnelle Schritte auf dem Flur.

Offensichtlich schlief Jacob also doch nicht mehr.

Gemeinsam mit Amelie kam er zurück ins Esszimmer, wo Charlotte ihre Unterlagen auf dem großen Tisch ausgebreitet hatte.

Amelie begrüßte sie mit einem amüsierten Schmunzeln, Jacobs Miene war grimmig. Wieder einmal.

„Hat der Pförtner hier angerufen und Miss Beauchamp angekündigt?“, wollte er wissen.

„Nein, natürlich nicht.“

„Das muss er aber. Es ist Teil der Sicherheitsvorkehrungen.“

„Es ist doch nur Amelie“, gab sie mit einem leichten Lachen zurück. „Kaffee?“

„Oui, erwiderte ihre Assistentin. „Was für eine Frage!“

Mit verschränkten Armen stand Jacob vor ihr. „Was ist denn noch?“, erkundigte sich Charlotte mit einem ungeduldigen Seufzer.

„Dieses Mal war es Amelie. Aber wir müssen verhindern, dass Fremde Zugang zur Wohnung haben. Offensichtlich sollte ich ein ernstes Wörtchen mit dem Personal reden, damit das nicht noch einmal passiert.“

„Jacob, es ist doch alles gut.“

„Lassen Sie mich einfach meinen Job machen, okay?“, gab er zurück, ganz offensichtlich um Fassung bemüht.

„Meinetwegen. Wenn Sie auch Kaffee möchten, bedienen Sie sich. Sie klingen so, als könnten Sie ein bisschen Koffein gebrauchen.“

Ohne ihn weiter zu beachten, bot sie Amelie einen Platz an. „Entschuldige bitte. Er weicht nicht von meiner Seite.“

Besorgt sah Amelie sie an. „Aber warum? Gibt es etwas, das ich wissen sollte?“

Charlotte überlegte, inwieweit sie ihre Assistentin und ihre Mitarbeiter insgesamt einweihen sollte. Sie wollte Amelie nicht beunruhigen und auch die Gerüchteküche nicht anheizen. Sosehr sie ihrem Team auch vertraute – irgendetwas würde nach außen dringen. Andererseits wäre es nicht fair, ihrer rechten Hand nichts zu erzählen.

„Erinnerst du dich noch an den seltsamen Brief, den ich im Herbst bekommen habe?“

„In dem jemand schrieb, du seist eine Schlange und würdest deine gerechte Strafe erhalten? Natürlich. Der war nicht nur seltsam, sondern extrem feindselig.“

„Es war nicht der einzige. Ich habe nichts davon erzählt, weil nichts passiert ist. Aber Maman hat darauf bestanden, dass ich einen Bodyguard mitnehme. Ansonsten hätte ich nicht nach New York reisen dürfen. Und da ist er nun – Jacob Wolfe, der Stachel in meinem Fleisch, bis ich wohlbehalten nach Paris zurückkehre.“

Amelie trank einen Schluck Kaffee und erwiderte dann mit gesenkter Stimme: „Er sieht verdammt gut aus, Charlotte.“

Selbst jetzt, als er mit finsterer Miene an den Küchentresen gelehnt stand, war er ausgesprochen attraktiv, musste Charlotte zugeben. Seinen perfekt sitzenden Anzug hatte er mittlerweile gehen Jeans und Sweatshirt getauscht, doch das machte ihn nicht weniger begehrenswert, im Gegenteil. Die Jeans brachten seine langen, muskulösen Beine noch besser zur Geltung, und der Hoodie ließ seine Schultern extrem breit wirken. Sein Haar sah aus, als wäre er nach dem Aufstehen nur einmal mit den Fingern hindurchgefahren, um es zu bändigen.

Er war ein Mann mit einer starken Präsenz. Und irgendwie mochte sie ihn, auch wenn sie das niemals zugeben würde. Aber jetzt musste sie sich auf die Arbeit konzentrieren. „Na ja, das Aussehen ist nicht alles“, gab sie deshalb achselzuckend zurück. „Lass uns die Termine besprechen. Ich bin ziemlich aufgeregt wegen des Interviews für die Vogue.“

Während Amelie ihren Laptop aus der Tasche zog, hörte Charlotte Jacob in der Küche rumoren. Sie hätte ihm anbieten sollen, sich von den Lebensmitteln im Kühlschrank zu bedienen. Stattdessen hatte sie ihn von oben herab behandelt. In diesem Zusammenhang fiel ihr der Brief wieder ein, in dem sie als hochnäsige Schlampe betitelt worden war. Traf das zu? Oder versuchte sie nur, ihren Weg zu gehen, und reagierte dabei manchmal falsch?

„Charlotte?“ Amelies Stimme holte sie zurück aus ihren Grübeleien. „Sollen wir die Fragen für das Interview noch einmal durchgehen?“

„Ja, gerne.“ Sie musste sich jetzt wirklich auf den Job konzentrieren, rief sie sich zur Ordnung.

Drei Stunden und mehrere Kannen Kaffee später hatten sie alles besprochen. Die Modenschau von Aurora war erst am Mittwoch, und schon jetzt war ein Team damit beschäftigt, alles aufzubauen. Das klang gut. Charlottes Rolle war lediglich, die Firma zu repräsentieren. Das klang einfach, doch die Vorstellung, den Anforderungen ihrer Mutter zu entsprechen, setzte sie unter Druck. Es war wichtig, in den Interviews charmant, witzig, klug und liebenswert zu sein. Die Balance hinzubekommen zwischen der echten Charlotte und dem Gesicht von Aurora, war eine Herausforderung für sie.

Gegen sechs Uhr wurde Amelie unruhig.

Charlotte grinste verstehend. „Bist du zum Dinner verabredet?“

„Um halb acht“, gab ihre Assistentin zu.

„Und du musst dich noch umziehen.“

Amelie zwinkerte. „Sowas in der Art.“

„Dann los. Wir haben viel geschafft heute. Morgen früh holen wir dich ab, ich möchte um halb neun in Tribeca sein.“ Wahrscheinlich wäre sie wegen des Jetlags sowieso um vier Uhr wach, befürchtete Charlotte.

„Perfekt. Dann bis morgen.“ Amelie beugte sich vor und flüsterte: „Ich nehme an, du bringst deinen Mr. Wolfe mit?“

Charlottes Wangen röteten sich. „Er ist nicht mein Mr. Wolfe. Und ja – er wird mich diese Woche ständig begleiten.“

Wieder zwinkerte Amelie und brachte Charlotte damit zum Lachen. „Geh schon, sonst kommst du zu spät“, scheuchte sie ihre Assistentin hinaus.

Sie hörte, wie Amelie Jacob einen schönen Abend wünschte. Was er erwiderte, konnte sie nicht verstehen. Doch seine tiefe Stimme schien in ihrem Magen zu vibrieren.

Die meisten Menschen wären vermutlich überrascht, wie ruhig ihr gesellschaftliches Leben verlief. Und nun würde sie eine Woche mit diesem Mann verbringen und musste dabei absolut professionell bleiben.

Doch das bedeutete nicht, dass sie blind war. Aber sie musste aufpassen – sie hatte sich durchaus schon öfter in Schwierigkeiten gebracht.

Nachdem Jacob die Tür hinter Amelie geschlossen hatte, atmete er tief durch. Nun war er allein mit Charlotte. Noch nie hatte er eine so … liebenswerte Klientin gehabt. Ja, sie war nicht nur wunderschön und begehrenswert – es war mehr als nur ihr attraktives Äußeres, was ihn anzog. Auch wenn sie manchmal ein bisschen zickig war, strahlte sie eine ganz besondere Sanftmut aus, die ihm gefiel. Ihre Freundlichkeit hatte nichts mit Schwäche zu tun. Seine Menschenkenntnis war ausgereift genug, um zu erkennen, dass Charlotte zwar nett war, aber durchaus ihre Interessen durchzusetzen verstand.

Frauen wie sie sollte man nicht unterschätzen. Er hatte einige Bruchstücke aus der Unterhaltung zwischen Charlotte und Amelie mitbekommen – genug, um zu begreifen, dass sie in dieser Woche eine große Firma auf einer der wichtigsten Modenschauen der Welt vertrat.

Auch wenn er sich nicht für Mode interessierte, respektierte er, dass es ein wichtiger Wirtschaftszweig war.

Jetzt saß sie noch immer am Esstisch und schrieb etwas auf ihrem Computer. Er überlegte, ob er schon etwas zum Dinner vorbereiten sollte. Der Eisschrank war gut bestückt, und er hatte erstaunt festgestellt, dass einige Lebensmittel darunter waren, die zu seinen Lieblingsspeisen gehörten. Er nahm das Hühnchenfleisch heraus, schnitt Gemüse klein und bereitete eine Chinapfanne vor

„Sie sind keine Vegetarierin, oder?“, erkundigte er sich bei Charlotte.

Sie schaute auf, und zum ersten Mal sah er sie mit Brille. Auch so wirkte sie verdammt sexy. „Was? Ach so, nein, bin ich nicht. Eigentlich esse ich so ziemlich alles.“

„Das ist Musik in meinen Ohren. Das Dinner ist in zwanzig Minuten fertig.“

„Jacob, Sie müssen nicht kochen …“

„Es macht mir nichts aus. Bisher habe ich ja sonst nichts zu tun. Und außerdem bin ich hungrig.“

Er schenkte ihr ein kurzes, strahlendes Lächeln und war wieder in der Küche verschwunden.

Ihm machte es Spaß zu kochen, und er verstand sein Handwerk, das wusste er. Nach dem Tod seiner Mutter war er allein mit seinem Vater aufgewachsen, einem Polizisten. Gemeinsam hatten sie angefangen zu kochen – erst ganz einfache Gerichte, dann waren sie immer mutiger geworden.

Eine chinesische Reispfanne zauberte er mit geschlossenen Augen.

Während er Paprika und Pilze schnitt, zog der Duft von angebratenem Knoblauch und Ingwer durch die Wohnung. Auch Broccoli und Mungobohnen-Sprossen hatte er entdeckt. Der Reis köchelte, Zeit, auch das Hühnchen anzubraten.

„Mhm, das duftet ja köstlich“, stellte Charlotte fest und kam weiter in die Küche hinein.

„Überrascht es Sie, dass ich kochen kann?“, fragte er amüsiert.

„Um ehrlich zu sein, ja“, gab sie unumwunden zu.

Autor

Donna Alward

Als zweifache Mutter ist Donna Alward davon überzeugt, den besten Job der Welt zu haben: Eine Kombination einer „Stay-at-home-mom“ (einer Vollzeit – Mutter) und einem Romanautor. Als begeisterte Leserin seit ihrer Kindheit, hat Donna Alward schon immer ihre eigenen Geschichten im Kopf gehabt. Sie machte ihren Abschluss in Englischer Literatur...

Mehr erfahren

Entdecken Sie weitere Bände der Serie

Heirs to an Empire