Verführerische Küsse – verhängnisvolle Lügen

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Dieser Mann macht sie einfach wahnsinnig! Ständig gerät Astrid Sterling im Job mit dem attraktiven Architekten Clay Morgan aneinander. Doch als Clay eine prestigeträchtige Auszeichnung erhalten soll, fragt er ausgerechnet Astrid, ob sie ihn zur Preisverleihung in Hollywood begleitet. Nie im Leben hätte Astrid mit dem gerechnet, was nach der Gala geschieht: In der eleganten Hotelsuite wird aus ihrem Waffenstillstand heiße Sinnlichkeit. So verführerisch sind Clays Küsse, dass Astrid glatt vergisst, ihm ein verhängnisvolles Geständnis zu machen …


  • Erscheinungstag 11.05.2021
  • Bandnummer 2185
  • ISBN / Artikelnummer 9783751503662
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Clay Morgan war einfach zu viel – ein Hüne von einem Mann mit stürmisch blauen Augen und einem fast schwarzen Haarschopf, der förmlich dazu aufforderte, von Astrid Sterling berührt zu werden. Sie beobachtete ihn von der anderen Seite des Raumes während einer geschäftigen Cocktailparty, wo er etwas abseits der Menge stand. Er nahm alles in sich auf. Als Architekt besaß er einen brillanten Verstand, ein Gehirn, das etwas aus dem Nichts erschaffen konnte. Ihn in Aktion zu sehen, war ein Wunder, das Astrid an jedem Arbeitstag genießen konnte. Aber Clay hatte ein kaltes Herz, möglicherweise aus Eis geformt. Zumindest vermutete Astrid das, wenn sie sein Verhalten ihr gegenüber beurteilte.

Sie hatte nichts getan, um das zu verdienen, nicht das Geringste. Und es trieb sie langsam in den Wahnsinn.

Grant Singleton veranstaltete diese Feier in seinem prächtigen Haus in La Jolla, Kalifornien. Er war CEO der Firma, für die Astrid arbeitete, Sterling Enterprises, eine Immobilienfirma, die von Astrids inzwischen verstorbenem Ex-Mann gegründet worden war. Astrid besaß siebzehn Prozent der Firma, sie war also keine gewöhnliche Angestellte – obwohl Clay, der mit ihr im Team des Seaport Promenade Projekts arbeitete, sie wie eine solche behandelte.

Sie nahm sich ein Glas Champagner von einem Tablett, das einer der Kellner herumreichte. „Danke“, sagte sie.

„Ist das nicht ein schöner Abend“, antwortete er.

Astrid schaute über ihre Schulter. Draußen vor der großen Fensterwand wiegten sich hohe Palmen in der sanften Meeresbrise hin und her. Die Palmwedel tanzten vor einem tiefschwarzen, mondbeschienenen Himmel im Wind. Die Szene war wie Clay – schemenhaft und geheimnisvoll, aber dennoch sehr anziehend. Sie wünschte sich, sie könnte jetzt mit ihm dort draußen sein, allein, weit weg vom Büro, sodass sie versuchen könnte, etwas von dem zu verstehen, was in ihm brodelte. Denn sie suchte verzweifelt nach Antworten. Warum war er so kalt und verschlossen? Warum behandelte er sie so abwertend?

„Absolut umwerfend“, erregte die Stimme des Kellners ihre Aufmerksamkeit.

Astrid drehte sich um und erwischte ihn dabei, wie er sie anstarrte. Sie lächelte und ignorierte das Gefühl, wie ein Objekt behandelt zu werden. Daran hatte sie sich inzwischen gewöhnt und gelernt, es nicht mehr wahrzunehmen, denn es passierte Dutzende Male am Tag. Seltsamerweise hätte sie als schlaksiger und unbeholfener Teenager alles für diese Art von männlicher Aufmerksamkeit getan. Als sie schließlich heranwuchs und ihr Körper kurviger wurde, hatte sich ihre ganze Welt verändert – ihre Modelkarriere startete, ein One-Way-Ticket heraus aus ihrer norwegischen Heimat und schließlich folgte ein Diamantring von Johnathon Sterling. Die Ehe hatte nicht lange gehalten, aber sie hatte ein paar Jahre seiner Liebe für sich allein beansprucht. Für das, was er ihr gegeben hatte, war sie dankbar. Ohne ihn würde sie jetzt sicher nicht auf dieser Party sein.

„Nochmals vielen Dank“, sagte sie zu dem Kellner, voller Ungeduld, sich wieder auf Clay konzentrieren zu können. Dies war eine der seltenen Gelegenheiten, bei denen sie ihn außerhalb der Arbeit sehen konnte, und sie wollte seine Interaktionen mit anderen beobachten, vor allem mit seiner Schwester Miranda, die gerade angekommen war. Astrids Verbindung zu Miranda war ungewöhnlich – Miranda war mit Astrids Ex-Mann Johnathon verheiratet gewesen, als dieser vor zwei Monaten verstarb. Zudem hatte Astrid unglücklicherweise ein schreckliches Geheimnis über den Beginn von Mirandas Ehe mit Johnathon erfahren – ein Geheimnis, das Astrid unbedingt für immer begraben wollte, das aber an ihr nagte, da sie Miranda ziemlich gern mochte. Außerdem wusste sie nur zu gut, wie es war, mit einem Mann verheiratet zu sein, der sich nahm, was er wollte.

Auf der anderen Seite des Raumes klopfte Grant sanft mit einem Löffel gegen sein Champagnerglas und bat so um die Aufmerksamkeit der Gäste. Tara, Johnathon Sterlings erste Ehefrau, gesellte sich zu ihm. Zusammen hielten Tara, Miranda und Astrid die Mehrheit der Anteile an Sterling Enterprises. Die Ankündigung, die Grant nun machen würde, hatte wahrscheinlich große Auswirkungen auf sie alle.

„Ich möchte Ihnen allen für Ihr Kommen heute Abend danken und einige aufregende Neuigkeiten verkünden.“ Grants warme braune Augen leuchteten vor Vorfreude. Er liebte seinen Job und war ein fähiger Geschäftsführer. „Wie viele von Ihnen wissen, hat Sterling Enterprises vor etwa zwei Wochen die erste Auswahlrunde für das Seaport Promenade Projekt bei der Stadt durchlaufen. Wir hätten das nicht ohne den Einsatz des gesamten Teams geschafft, einschließlich Clay Morgan, Astrid Sterling und natürlich Tara.“ Grant griff nach Taras Hand und Astrid sah, wie sich ihre Finger verschränkten und ihre Verbindung spürbar wurde. „Was mich direkt zu meiner nächsten Ankündigung führt. Tara und ich haben nicht nur vor, die Firma von heute an als gleichberechtige Geschäftsführer zu leiten, wir werden auch heiraten.“

Ein Raunen ging durch die Gästeschar, gefolgt von tosendem Applaus und Glückwünschen. Astrid hielt sich zurück, da dies für sie überraschend kam. Sie schlängelte sich durch die Menge, bis sie Miranda erreichte.

„Wusstest du etwas davon?“, fragte Astrid.

Miranda schüttelte den Kopf. „Ich hatte einen Verdacht. Es leuchtet völlig ein, findest du nicht? Sie kennen sich seit Jahren und bei den wenigen Malen, die ich beide zusammen erlebt habe, habe ich gespürt, dass es zwischen den beiden funkt.“

„Aber gleichberechtige Geschäftsführer?“ Astrid stellte die Frage so leise wie möglich. „Das hätte sie mit uns besprechen müssen.“

Miranda nickte. Sie war einer der wenigen Menschen, die Astrid ernst nahmen. „Dann lass uns mit ihr reden. Mal sehen, wo wir stehen.“

Sie gingen zu Tara, die von dem Moment völlig mitgerissen schien. „Herzlichen Glückwunsch“, sagte Miranda.

„Herzlichen Glückwunsch. Ich freue mich sehr für euch beide“, erklärte Astrid. Sie musterte Taras Gesicht, das entspannt und zuversichtlich wirkte. „Aber wir haben auch eine Frage.“

„Musst du es nicht mit uns absprechen, bevor du den Geschäftsführungsposten übernimmst?“, fragte Miranda.

„Technisch gesehen, ja. Aber das ist gut für uns alle drei. Denn nun kann ich unsere Interessen in der Firma besser vertreten.“

Astrid wünschte, sie könnte sich dessen sicher sein. „Solange du weiterhin an dem Seaport-Projekt festhältst.“ Soweit es Astrid betraf, war dies der perfekte Zeitpunkt, um egoistisch zu sein und ihre eigene Agenda voranzutreiben. Dieses Projekt erlaubte ihr, mit Clay zusammenzuarbeiten. Sie wollte diese Chance unbedingt nutzen. Wenn er sie wirklich nicht mochte, wollte sie zumindest herausfinden, warum.

„Genau. Ich brauche Gewissheit, dass es damit weitergehen wird“, fügte Miranda hinzu. Sie hatte ihre eigenen Gründe, warum ihr das Projekt so am Herzen lag. Es war Johnathons Lieblingsprojekt gewesen, bevor er vor mehr als zwei Monaten viel zu früh gestorben war. „Gibt es Fortschritte bezüglich der Benennung des Parks nach Johnathon?“

„Daran arbeite ich noch“, verkündete Tara.

In diesem Moment klopfte Grant erneut an sein Glas. „Ich möchte noch etwas verkünden“, rief er. „Ich gratuliere dem Stararchitekten der Firma, Clay Morgan, dazu, dass er im Finale für die Wahl zum Architekten des Jahres steht.“

Miranda begann, ebenso wie Astrid, begeistert zu klatschen, doch Astrids Herz wurde schwer, als sie Clays Reaktion beobachtete. Er lächelte zwar, aber es wurde überdeutlich, zumindest für sie, dass er diesen Moment im Rampenlicht nicht genoss. Wie traurig. Das war eine so große Leistung. Was war nur los mit ihm, dass er keine Freude an irgendetwas zu haben schien?

Astrid verspürte das dringende Bedürfnis, diesen traurigen Ausdruck auf seinem Gesicht in ein Lächeln zu verwandeln und eilte hinter Miranda zu ihm. Sie beobachtete, wie Miranda und Clay sich umarmten. Zwischen den beiden Geschwistern herrschte eine offensichtliche Wärme, ein Band, das stark und liebevoll zu sein schien. Er war also nicht aus purem Eis, zumindest nicht, wenn es um die Familie ging. Miranda trat zurück und Clays Blick wanderte zu Astrid. Einen Moment lang fühlte es sich an, als würde ihr Herz zusammengepresst werden, und sie versuchte zu entschlüsseln, was ihm durch den Kopf gehen musste. In diesem Sekundenbruchteil kam sie zu keinem anderen Schluss als dem, dass sie ihn auch umarmen wollte. Doch sie war sich sicher, dass er zurückweichen würde.

Stattdessen bot sie ihm einen Händedruck an. „Glückwunsch, Clay. Das ist so aufregend. Ich fühle mich geehrt, mit dir an dem Seaport-Projekt zu arbeiten. Ich kann es kaum erwarten, dass wir die nächste Phase gemeinsam in Angriff nehmen.“

Clay sah auf ihre Hand hinunter. „Danke. Aber ich werde darum bitten, von dem Projekt abgezogen zu werden.“

Astrids Herz sank so tief, dass es auf den Boden hätte plumpsen können. „Aber warum?“

„Ich fürchte, dass wir beide nicht gut zusammenarbeiten.“

Es tat höllisch weh, das zu Astrid zu sagen, und der verzweifelte Ausdruck auf ihrem atemberaubenden Gesicht machte es noch viel schwieriger. Aber es war die Wahrheit. Sie arbeiteten nicht gut zusammen, weil er unentwegt von ihr abgelenkt war. Er machte Fehler, wenn sie zusammenarbeiteten, und er war eigentlich stolz darauf, seinen Job fehlerfrei zu machen. Vor einigen Wochen hatte er beim Seaport-Projekt einen Fauxpas begangen, der sie das gesamte Projekt hätte kosten können, doch zum Glück hatte Tara seine Unachtsamkeit noch vor der ersten Präsentation entdeckt. Dem Architekten des Jahres durften solche Schnitzer definitiv nicht passieren, und er wollte diese Auszeichnung mehr als alles andere. Abgesehen von seiner kleinen Tochter und seiner Schwester Miranda hatte Clay nichts auf der Welt, woran er sein Glück festmachen konnte. Sein Job war ein wichtiger Teil seines Lebens und definierte ihn.

Astrid – mit ihren schlanken Beinen, ihrer liebenswerten Persönlichkeit und ihrem betörenden honiggoldenen Haar – stand zwischen ihm und dem Funktionieren seines Gehirns. Sie arbeiteten seit mehr als einem Monat zusammen, und es wurde nicht besser – vielleicht wurde es sogar noch schlimmer. Wenn sie in seiner Nähe war, war er nicht zu gebrauchen. Er ertappte sich dabei, wie er nach Worten suchte, dabei war er normalerweise sehr eloquent. Aber nicht, wenn Astrid in der Nähe war.

Stattdessen konzentrierte er sich auf den Schwung ihrer vollen Lippen, war verzaubert von ihren großen Augen. Nein, er konnte es sich nicht leisten, sich noch einmal in ein schönes Gesicht zu verlieben. Als er das letzte Mal eine solche Schwäche gezeigt hatte – für die Frau, die er geheiratet und die ihn und seine Tochter schließlich verlassen hatte –, hatte dies sein ganzes Leben ruiniert.

Einen solchen Fehler würde er nie wieder begehen. Seine Tochter und seine Karriere waren zu wichtig. Dennoch war er nicht bereit, Astrid über die Klinge springen zu lassen. Sie war eine fähige Partnerin bei der Arbeit und ließ ihm keine andere Wahl, als sich selbst aus der Gleichung zu entfernen. Es war ein Opfer, das er bringen musste, um seine Zurechnungsfähigkeit zu retten.

„Das kann nicht dein Ernst sein“, erwiderte Astrid auf seine Behauptung, sie seien kein gutes Team. „Wir arbeiten so gut zusammen. Wir haben die erste Runde des Seaport-Projekts überstanden, bei der wir, wie du sehr gut weißt, unter einem enormen Zeitdruck standen.“

„Was höre ich da über Seaport? Redet ihr zwei etwa übers Geschäft?“ Grant gesellte sich zu ihnen.

Clay hatte vorgehabt, mit Grant in Ruhe darüber zu sprechen und nicht vor allen anderen, vor allem nicht vor Astrid. „Ja, tun wir. Ich frage mich, ob ich von dem Projekt abgezogen werden könnte, damit ich mich einigen der dringenderen Aufgaben zuwenden kann.“

Eine tiefe Falte bildete sich auf Grants Stirn. „Ich dachte, es würde dir Freude bereiten. Es ist ein so hochkarätiger Auftrag. Außerdem bin ich der Meinung, dass du mit der Nominierung zum Architekten des Jahres ins Rampenlicht treten solltest, nicht aus ihm heraus.“

Offenbar hatte Tara mitgehört und entschuldigte sich bei ihrem Gesprächspartner. Clay wäre am liebsten im Boden versunken. Er hätte niemals zulassen dürfen, dass dies mitten auf einer Cocktailparty besprochen wurde. Es war dumm und töricht und viel zu öffentlich für Clay, der ein sehr privater Mensch war.

„Alles in Ordnung hier?“, fragte Tara.

„Clay will vom Seaport-Projekt abgezogen werden.“ Grant wirkte sehr besorgt.

„Nein, auf keinen Fall. Du und Astrid seid das Dream-Team. Und da ich jetzt offiziell meine Rolle als Geschäftsführerin übernehme, brauche ich euch beide, um dieses Projekt zu leiten. Ich habe vor, Astrid zusätzlich meine bisherigen Aufgaben bei dem Projekt zu überlassen.“

Wenn Tara nur wüsste, dass sie damit sein Problem nur noch verstärkte. Sie war zumindest ein Puffer zwischen Astrid und ihm gewesen. Und jetzt überließ sie es ihnen beiden allein? „Für das Projekt müssen im Moment lediglich Anpassungen des bestehenden Plans an die Bedürfnisse der Stadt vorgenommen werden. Das sind kleine Details, die man am besten einem der jüngeren Architekten überlässt.“ Clay hoffte, dass dieser neue Gedankengang sie überzeugen würde.

Tara schüttelte den Kopf. „Das sehe ich anders. Ich würde mich viel besser fühlen, wenn du der Hauptverantwortliche bleibst, weil du das Projekt einfach am besten kennst.“

Clay sah seine Chancen schwinden, sich in diesem Punkt durchzusetzen.

„Es ist meine Schuld“, warf Astrid ein, was Clay überraschte. „Die Wahrheit ist, dass es Clay schwerfällt, mit mir zu arbeiten. Aber macht euch keine Sorgen. Ich werde mich verbessern, und wir werden unsere Schwierigkeiten überwinden.“

Tara wandte ihren Blick zu Astrid, dann richtete sie ihn auf Clay. „Ist es das, worum es hier wirklich geht?“

„Es geht um mehr als das“, antwortete Clay.

„Willst du mir sagen, worum genau?“, konterte Tara.

Doch Clay hatte keine weiteren Erklärungen parat. Es sah so aus, als sei die Entscheidung bereits getroffen worden, und er müsse sich ihr beugen, sosehr es ihm auch missfiel. Vielleicht sollte er mit Scheuklappen durchs Büro laufen oder Astrid sagen, dass sie nur noch per Mail kommunizieren müssten. „Eigentlich ist es meine Schuld, nicht Astrids. Ich bin einfach zu unflexibel.“ Er wollte sich nicht in ein schlechtes Licht rücken, aber er wollte auch nicht, dass Astrid den Kopf hinhalten musste, denn schließlich hatte er damit angefangen.

„Gib uns etwas Zeit“, bat Astrid. „Wir kriegen das schon hin, wenn nicht, ziehe ich mich aus dem Projekt zurück.“

Clay unterdrückte ein frustriertes Seufzen. Das war auch nicht das, was er wollte. Aber er hatte nicht wirklich eine Wahl. Ein oder zwei Wochen konnte er noch mit der Folter durch Astrids Anwesenheit leben, dann würde er sich seinen nächsten Schritt überlegen müssen. „Ja, gut. Wir finden schon einen Kompromiss.“

„Wunderbar“, sagte Grant. Er schien zufrieden zu sein und ließ sich mit Tara wieder ins Partygeschehen ziehen.

Clay wusste, dass er heute Abend glücklich sein sollte. Er hatte die Nominierung erhalten, für die er hart gearbeitet hatte und sollte sich zumindest ein bisschen darüber freuen.

„Ich hoffe, ich habe dich nicht in Verlegenheit gebracht“, meinte Astrid. „Ich möchte nur nicht, dass die Dinge zwischen uns so angespannt sind.“ Sie blickte auf ihre Füße hinunter. „Ich meine, nicht mehr, als sie es ohnehin schon sind.“

Herrje, er war so ein Blödmann. Ein Teil von ihm wollte ihr erklären, was wirklich sein Problem war, aber er verstand es selbst nicht ganz. Er wusste nur, dass etwas tief in ihm sagte, er solle sich von ihr fernhalten. Es war ein Reflex. Er konnte nicht anders. „Wir sehen uns am Montag im Büro, okay?“

„Ich würde mich gern vorher mit dir treffen, damit wir noch einmal darüber reden können.“

Er schüttelte den Kopf. „Nicht nötig. Es liegt nicht an dir. Das ist mein Problem.“ Er zog seine Schlüssel aus der Hosentasche. Er musste hier raus und eine Nacht über alles schlafen. Vielleicht würde er am Morgen einen klareren Kopf haben. Er suchte die Menge nach seiner Schwester ab, aber sie war nirgends zu sehen. Er würde ihr eine Nachricht schicken, wenn er zu Hause war. „Schönes Wochenende“, sagte er zu Astrid, bevor er sich auf den Weg zur Tür machte.

„Es liegt auf keinen Fall nur an dir.“ Astrid ging ihm eilig nach.

„Glaub mir, es ist so.“ Er zog die Tür auf, aber aus Gewohnheit trat er für Astrid zur Seite. Verdammte gentlemanhafte Art.

Astrid drehte sich zu ihm um, sobald sie draußen stand. Wie konnte eine Frau nur so schön sein? „Es ist nie nur die Schuld einer Person. Ich weiß, dass es einen Grund dafür geben muss, dass du mich so behandelst.“

Clay befürchtete, dass seine kühle Art wohl doch zu heftig gewesen war. „Es tut mir leid, dass die Zusammenarbeit mit mir nicht angenehm ist. Ich stehe enorm unter Stress. Das ist keine Entschuldigung, aber es könnte einiges davon erklären.“

„Ich weiß, dass ich manchmal übermäßig motiviert bin. Ich finde es einfach schön, einen Job zu haben, der mir das Gefühl gibt, nützlich zu sein. Ich war jahrelang Model und etwas Positives hat der Job ganz und gar nicht in mir hervorgebracht.“

„Ich bin sicher, dass deine Auftraggeber sehr zufrieden mit deiner Arbeit waren.“ Wie hätten sie das nicht sein sollen? Sie war so verdammt sexy, dass sie einem Mann, einfach alles verkaufen konnte. Er setzte seinen Weg zu seinem Auto fort.

„Vielleicht, ich weiß es nicht genau. Aber ich weiß, dass ich es genieße, bei Sterling zu sein, und ich will nicht, dass sich das ändert.“

„Dir gehört ein Teil der Firma.“ Er hielt inne und drehte sich zu ihr um. „Ganz ehrlich, musst du überhaupt arbeiten?“

„Musst du denn?“ Sie hob fragend ihre Augenbrauen.

Nein, er musste nicht arbeiten, zumindest nicht wegen des Geldes. Er und Miranda hatten ein großes Familienvermögen geerbt, als ihre Großmutter starb. Aber er musste arbeiten, um bei Verstand zu bleiben. Es beschäftigte seinen Geist. Es bewahrte ihn davor, ständig seine Vergangenheit aufzuarbeiten. „Woher weißt du das?“

„Ich stelle Fragen.“

Clay wollte nicht, dass jemand Informationen über ihn zusammentrug. Das passte ihm überhaupt nicht in den Kram. „Lass das bitte. Wir beide sind Arbeitskollegen. Du brauchst nichts über mein Privatleben zu wissen.“ Wut kochte in ihm hoch. Er wollte nur noch weg.

„Es tut mir leid. Ich versuche, es zu verstehen.“

„Was zu verstehen? Mich?“ Beinahe fing er an zu lachen. Soweit es ihn betraf, war er ein leichter Fall. Wenn man ihn in Ruhe sein Leben leben ließ, war alles gut.

„Ja, dich.“ Sie berührte seinen Arm, und ihre Wärme durchfuhr seinen Körper mit Lichtgeschwindigkeit. „Ich will dazu in der Lage sein, mit dir zu arbeiten. Ich möchte von dir lernen und versuchen, wenigstens ein bisschen von deiner Brillanz aufzusaugen.“

Er blieb wie erstarrt stehen und wusste nicht, was er darauf erwidern sollte. Sie war so ernsthaft, so unerbittlich in ihrem Streben nach einem Kompromiss. Das machte sie für ihn nur noch gefährlicher. Warum konnte sie ihn nicht einfach aufgeben und die ganze Sache vergessen?

„Warum hasst du mich, Clay? Ich versuche zu verstehen, was ich getan habe.“

„Ich hasse dich nicht.“ Ich kann nicht aufhören, an dich zu denken.

„Aber es fühlt sich manchmal so an.“

„Das tut mir leid. Ich weiß nicht, was ich noch sagen soll.“ Er drückte auf den Türöffner und eilte im Laufschritt zu seinem Wagen. Er würde keine Frau mehr an sich heranlassen. Nie wieder. Als er den Motor anließ und das Licht anging, stand Astrid neben seinem Wagen und schüttelte ungläubig den Kopf. Selbst im grellsten Licht, das er sich vorstellen konnte, war sie wunderschön und verführerisch und genau die Frau, die er in seine Arme nehmen und küssen wollte. Aber sie war auch so schwer zu verstehen. Warum wollte jemand unbedingt einem Fremden vertrauen?

Er hingegen hatte vor langer Zeit gelernt, niemandem mehr zu vertrauen.

2. KAPITEL

Am Montagmorgen war ein Friedensangebot fällig. Astrid beschloss daher, etwas ganz Einfaches zu machen und irgendwas Süßes zu kaufen. Clay zeigte normalerweise für nichts eine Schwäche, aber manchmal verließ er morgens das Büro, um sich in der Bäckerei gegenüber einen Donut zu holen. Würde es ihr helfen, seine Vorliebe für Süßigkeiten zu befriedigen? Astrid war sich nicht sicher, doch es konnte nicht schaden, es zu versuchen.

Himmlische Gerüche von Zimt, Schokolade und Kaffee wirbelten in der Luft. Es war ein warmer und gemütlicher Ort, der Astrid nachdenklich werden ließ. Die Menschen erlebten hier ein wenig Glück – kam Clay deshalb so gerne her? Oder fühlte er sich fehl am Platz?

Astrid wusste sehr gut, wie es war, sich so zu fühlen, weil dies schon bei ihrer Familie so gewesen war. Sie war die Jüngste von sechs und das einzige Mädchen. Irgendwie fühlte sie sich von Anfang an ungewollt. Ihre Mutter hatte sich zwar immer ein Mädchen gewünscht, aber ihr Vater wollte keine weiteren Kinder. Es gab bereits viele Mäuler zu stopfen, und ihr Haus mit vier Schlafzimmern in Bergen an der Südwestküste Norwegens platzte aus allen Nähten.

Astrids fünf Brüder waren allesamt große, kräftige, junge Männer, die Astrid nicht nur behandelten, als sei sie aus Zucker, sondern sich auch so verhielten, als sei sie ein Alien. Sie musste um ihre Aufmerksamkeit kämpfen und vor allem darum, einbezogen zu werden. Als Astrid auftauchte, war sie der Eindringling, diejenige, die das Familiengleichgewicht störte. Da half es auch nicht, dass ihre liebevolle und herzensgute Mutter ihre Brüder immer wieder dazu drängte, sie mitzunehmen, wenn sie etwas unternahmen. Erst als sie im Alter von elf Jahren einen Wachstumsschub hatte und ihren ältesten Bruder davon überzeugte, sie mit ihnen Fußball spielen zu lassen, verdiente sie sich endlich etwas Respekt.

Astrid konnte die Parallele dazu nicht ignorieren – mit Clay, der sie nicht um sich haben wollte und Tara, die die Rolle ihrer Mutter übernahm, und sie drängte, einen Weg zu finden. Aber Astrid war kein kleines Mädchen mehr, sie war eine erwachsene Frau und ihr gehörten genauso viele Anteile an der Firma wie Tara. Sie würde das selbst in die Hand nehmen. Sie brauchte keine Hilfe. Sie brauchte nur Donuts.

Als sie an der Reihe war, stellte sie erfreut fest, dass noch einige von Clays Lieblingsdonuts da waren, gefüllt mit dunklem Schokopudding und mit Karamell überzogen. Sie bestellte drei, zwei für Clay und einen für sich, denn sie wollte herausfinden, warum er sie so mochte. Während sie auf ihren Kaffee wartete, fiel ihr ein bekanntes Gesicht auf – Sandy, eine Frau, die bei Sterling als Assistentin gearbeitet hatte. Sandy war eine wertvolle Mitarbeiterin gewesen, selbstbewusst und fähig, doch irgendwann war sie einfach verschwunden.

Ungläubig schaute Astrid zu der Frau hinüber, unsicher, ob sie sie richtig erkannt hatte. Als die Frau Astrids Blick auf sich spürte und schnell wegschaute, wusste Astrid, dass sie etwas sagen sollte. „Sandy? Sind Sie das?“

„Oh. Hallo, Ms. Sterling. Wie geht es Ihnen?“

„Gut. Ich bin auf dem Weg ins Büro. Ich muss sagen, dass wir Sie dort vermissen. Wir waren alle ein bisschen verwundert darüber, wie Sie gegangen sind. Sie haben sich nicht verabschiedet. Sie haben noch nicht einmal ordentlich gekündigt. Das hat vor dem ersten Abgabetermin für das Seaport-Projekt zu zeitlichen Schwierigkeiten geführt.“

Die Farbe war aus Sandys Gesicht gewichen. Offensichtlich war sie es nicht gewohnt, dass man sie direkt auf etwas ansprach, aber Astrid hatte keinen Grund, sich in Höflichkeiten zu verlieren.

„Ich weiß. Das war nicht nett von mir. Ich habe einen anderen Job angenommen. Ich wollte es niemandem sagen, aber ich hatte zu der Zeit noch einen Zweitjob. San Diego kann so teuer sein.“

„Ja, das stimmt. Wurden Sie bei Sterling nicht gut genug bezahlt?“

„Doch, wurde ich. Es ist nur so, dass mein anderer Arbeitgeber und ich schon länger zusammengearbeitet haben.“ Sie wippte hin und her und schien sich unwohl zu fühlen. „Ich schuldete meinem Chef einen Gefallen, und er wollte, dass ich in ein neues Projekt einsteige. Er akzeptierte kein Nein.“

Astrid nickte. „Ich verstehe. Nun, ich hoffe, alles hat sich für Sie geklärt.“

Sandy zuckte mit den Schultern. „Am Ende wurde ich sogar entlassen.“

„Sie haben Sterling also umsonst verlassen?“

Sandy nickte verlegen. „Ich war dumm.“

Astrid holte tief Luft. „Wir haben Ihre Stelle neu besetzt, aber Sie haben meine Nummer, oder? Rufen Sie mich an, wenn Sie keinen anderen Job finden. Vielleicht können wir etwas tun.“

„Danke, Ms. Sterling. Das mache ich.“

„Sandy, macht es Ihnen etwas aus, wenn ich Sie frage, was Ihr anderer Ex-Arbeitgeber macht?“

„Ebenfalls in Immobilien und Bauplanung, aber nicht in Kalifornien. Die Firma hat ihren Sitz in Seattle.“

Bei Seattle und Immobilien musste Astrid an den zerstrittenen Bruder ihres Ex-Mannes denken, aber sicher gab es im Bundesstaat Washington eine Menge solcher Firmen. „Also, viel Glück. Rufen Sie mich an, wenn Sie auf Stellensuche sind.“

Astrid verließ die Bäckerei, ging ins Sterling-Gebäude und machte sich auf den Weg zu Clays Büro. Seine Tür stand offen, aber ihr Herz machte trotzdem einen Sprung bei dem Gedanken hineinzuschauen. Allein die Vorstellung, ihn zu sehen und ihm einen Donut anzubieten, machte sie nervös. Das war doch lächerlich. Sie waren erwachsen. Sie musste aufhören, sich wie ein Teenager zu verhalten.

Als sie einen Blick hineinwarf, konnte sie ihn nicht entdecken. Mist. Er ist noch nicht hier. Es war gar nicht Clays Art, zu spät zur Arbeit zu kommen. Astrid hoffte wirklich, dass er sich nicht übers Wochenende doch noch entschieden hatte zu kündigen. Er mochte sie nicht besonders, aber er hasste sie doch hoffentlich nicht so sehr?

Gerade in diesem Moment kam Clay herein.

„Äh, guten Morgen?“ Er war vollkommen verwirrt.

Wenn Astrid geglaubt hatte, ihr Herz hätte bereits beim Anblick von Clays Büro übertrieben reagiert, so war es jetzt nicht mehr zu bremsen und donnerte in ihrer Brust. „Guten Morgen.“ Gott, sah er gut aus in seinem anthrazitfarbenen Anzug. Der Anzug war gut geschnitten und betonte seine breiten Schultern und seine überragende Statur. Doch verbergen konnte er nicht, was für prächtige Muskeln sich unter dem Stoff abzeichneten.

Clay räusperte sich und ging hinter Astrid zu seinem Schreibtisch. „Kann ich dir bei irgendetwas helfen?“

Astrid wurde klar, dass sie keine andere Wahl hatte, als die Wahrheit zu sagen. „Ich habe dir Donuts mitgebracht. Ich weiß, dass du sie magst.“ Totenstille folgte auf ihr Eingeständnis, wodurch sie sich noch dümmer vorkam.

Autor

Karen Booth
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