Verwegener Deal mit dem verführerischen Milliardär

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Ruby muss den erfolgsverwöhnten Milliardär Lucas Rothwell davon überzeugen, ihr sein Anwesen als Hochzeitslocation zur Verfügung zu stellen. Die Zukunft ihrer Event-Agentur steht auf dem Spiel! Da macht Lucas ihr einen verwegenen Vorschlag: Sie begleitet ihn auf seine griechische Insel, im Gegenzug gewährt er ihr die Bitte. Entgegen jeder Vernunft genießt Ruby sieben Tage und sieben Nächte voller Leidenschaft. Doch was geschieht, wenn die Woche vorbei ist? Ihr törichtes Herz sehnt sich nach mehr, aber Lucas verschweigt ihr etwas Dramatisches …


  • Erscheinungstag 23.08.2022
  • Bandnummer 2558
  • ISBN / Artikelnummer 9783751509893
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Ein Schwarm Schmetterlinge flatterte in Ruby Penningtons Bauch, als sie die von Hecken gesäumte Auffahrt von Rothwell Park hinauffuhr.

Sie kam immer mit gemischten Gefühlen „nach Hause“ auf das große Landgut in den Mooren von Yorkshire Moors, aber besonders schlimm war es, wenn sie wusste, dass Lucas Rothwell zu Hause war. Doch sosehr sie sich auch danach sehnte, ihre Großmutter wiederzusehen, war sie diesmal gekommen, um Lucas zu treffen.

Dicke Wolken jagten über den Himmel, und Regen peitschte über das Moor, der Wind pfiff und heulte wie eine Sirene, die bevorstehendes Unheil ankündigte.

Ruby stellte den Wagen in der Nähe der alten Ställe ab.

Sei nicht nervös. Sei nicht nervös.

Sei nicht nervös.

Aber die im Geiste gesungene Aufmunterung half ihr nicht weiter. Die Schmetterlinge in ihrem Bauch hatten sich inzwischen in Fledermäuse verwandelt. Es war unmöglich, in Gegenwart von Lucas Rothwell nicht nervös zu sein.

Wie lange hatte sie ihn nicht mehr gesehen? Jahre. Normalerweise kam sie nur nach Hause, wenn sie genau wusste, dass er nicht da war.

Aber diesmal war es anders.

Sie musste ihn sehen.

Sobald Ruby aus dem Auto stieg, peitschte der schneidende Wind ihr die Haare ins Gesicht, und eisiger Regen prasselte auf ihre Haut. Aber dieses wilde und launische Wetter der Yorkshire-Moore war genau das, was sich ihre prominente Kundin aus Amerika für ihre Hochzeit wünschte.

Es würde die wichtigste Hochzeit werden, die Ruby bisher veranstaltet hatte, und sie schuldete es ihren besten Freundinnen und Geschäftspartnerinnen, das Schloss als Veranstaltungsort zu mieten. Sie führte ihr Geschäft Happy End Hochzeiten mit Harper und Aerin durchaus erfolgreich, aber diese Hochzeit würde ihnen mehr Berichterstattung in den Medien bringen, als sie sich je erträumt hatten.

Ruby strich sich die Haare mit der Hand aus dem Gesicht und ging auf den prachtvollen Eingang des Schlosses zu. Mit seinen vielen Türmchen war das jahrhundertealte Anwesen die perfekte Kulisse für eine Märchenhochzeit.

Sie musste Lucas überzeugen. Wenn Ruby sich etwas vorgenommen hatte, erlaubte sie sich nicht, ans Scheitern zu denken. Scheitern hatte ihre drogenabhängige Mutter ihr vorgelebt, und Ruby würde ihrem Beispiel nicht folgen.

Außerdem verließen sich ihre Freunde und Geschäftspartner auf sie, auf keinen Fall würde Ruby sie enttäuschen.

Bevor sie ihren Schlüssel ins Schloss stecken konnte, öffnete sich die Tür einen Spalt. „Ruby, was machst du denn hier?“

Der entsetzte Gesichtsausdruck ihrer Großmutter war nicht gerade die Begrüßung, die Ruby erwartet hatte. Es war Monate her, seit sie in Rothwell Park gewesen war. Und obwohl ihre Großmutter nicht gerade überschwänglich war, freute sie sich doch bestimmt ein klitzekleines bisschen über ihren Besuch?

„Ich habe dir schon vor Wochen gesagt, dass ich am Feiertagswochenende zu Besuch komme.“

Ihre Großmutter warf einen verstohlenen Blick über die Schulter. Ohne die Haustür zu öffnen, flüsterte sie durch den Türspalt: „Jetzt ist kein guter Zeitpunkt. Lucas Rothwell ist hier und wünscht keine Besucher im Haus.“

Ruby rollte im Geiste mit den Augen über die übertrieben ehrfurchtsvolle Art ihrer Großmutter. Und was die Anwesenheit von Lucas betraf … nur darum hatte Ruby den ganzen Weg von London auf sich genommen.

Ihre Großmutter hatte vor einigen Wochen erwähnt, dass er an diesem Wochenende in Yorkshire sein würde, nachdem er monatelang beruflich zwischen Griechenland und Italien hin und her gependelt war.

„Warum? Hat er eine seiner Supermodel-Freundinnen mitgebracht?“

Es wäre nicht das erste Mal, dass sie Lucas mit einer seiner glamourösen Geliebten begegnete. Ruby hatte ihre Kindheit und Jugend damit verbracht, so zu tun, als wäre sie nicht eifersüchtig, dass er sie nie so ansah wie diese schönen Frauen.

Aber als unscheinbare Enkelin der Haushälterin war sie für Lucas stets unsichtbar gewesen. Mit zehn Jahren war Ruby bei ihrer Großmutter im Schloss eingezogen, nachdem ihre Mutter ins Gefängnis gekommen war.

Ihre Großmutter schüttelte den Kopf, hielt die Tür aber immer noch halb geschlossen. „Er ist alleine, aber …“

„Großartig … ich muss unbedingt mit ihm reden.“ Ruby lächelte und schob die Tür ein Stück weiter auf, dann beugte sie sich hinunter, um ihrer Großmutter einen schmatzenden Kuss auf die Wange zu geben. „Nicht, dass es nicht immer schön wäre, dich zu sehen“, fügte sie hinzu.

„Hör auf, Ruby.“

Die Großmutter wedelte unwirsch mit der Hand, als wollte sie ein lästiges Insekt verscheuchen, aber Ruby wusste, dass es liebevoll gemeint war. Ihrer Großmutter fiel es ebenso schwer, Zuneigung zu zeigen wie sie zu erhalten, und obwohl Ruby sich als Kind mehr Zärtlichkeit und liebe Worte gewünscht hatte, fühlte sie sich darum nicht weniger geliebt.

Ihre Großmutter hatte sie aufgenommen und großgezogen, und dafür würde sie ihr ewig dankbar sein. Rothwell Park war das erste echte Zuhause gewesen, das Ruby gekannt hatte.

Hier hatte sie Sicherheit gefunden, im Gegensatz zu dem chaotischen Leben bei ihrer Mutter, zwischen flohverseuchten Betten und Drogenschulden.

Als Ruby eingetreten war, schloss ihre Großmutter hinter ihr die Tür. Ihr Gesichtsausdruck wirkte immer noch besorgt.

„Er hat mir ausdrücklich gesagt, dass ich an diesem Wochenende keine Fremden ins Haus lassen soll.“ Das Flüstern hallte gespenstisch durch die große Eingangshalle.

„Ich bin ja wohl kaum eine Fremde.“

Ihre Großmutter rang aufgeregt die Hände, sie sah zur großen Treppe, als erwartete sie, dass Lucas herunterkam, um sie auf der Stelle zu feuern. „Du kannst nicht hierbleiben. Er wird es nicht erlauben.“

Ruby verzog das Gesicht. „Ach, sei doch nicht so dramatisch, Gran. Natürlich wird er es erlauben. Hier war jahrelang mein Zuhause. Außerdem habe ich Geschäftliches mit ihm zu besprechen. Wo ist er?“

Ihre Großmutter schluckte sichtbar. „In der Bibliothek. Ich wollte ihm gerade seinen Tee bringen. Aber …“

„Ich übernehme das für dich.“

Warum Lucas seinen Tee nicht selbst holen konnte, verstand sie nicht, aber sie wollte nicht mit ihrer Großmutter darüber streiten. Beatrice Pennington war noch eine Haushälterin der alten Schule.

Lucas’ Eltern Claudia und Lionel Rothwell hatten sie und ihre Großmutter hin und wieder zu Weihnachten und anderen Anlässen eingeladen, aber Beatrice hatte stets darauf geachtet, die Unterscheidung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufrechtzuerhalten.

Ruby hatte still und heimlich rebelliert, indem sie ein Versteck gefunden hatte, von dem aus sie die großen Dinnerpartys beobachtete, die Claudia und Lionel veranstalteten. Die Rothwells hatten in einer ganz anderen Welt gelebt, und Ruby war fasziniert gewesen von ihrem glamourösen und extravaganten Leben.

Als ihre Großmutter die Teekanne auf ein Tablett stellte und dabei vor Schmerz zusammenzuckte, vergaß Ruby ihre Erinnerungen. „Hast du dir den Arm verletzt?“, fragte sie besorgt. „Lass mich mal sehen.“

„Es ist nichts“, wehrte ihre Großmutter ab.

Ruby nahm der alten Dame die Kanne aus der Hand und stellte sie zurück. Dann drehte sie das Handgelenk ihrer Großmutter um.

„Gran, das muss behandelt werden“, rief sie beim Anblick der entzündeten Brandwunde aus.

Ihre Großmutter zog das Handgelenk aus Rubys Griff. „Ach was. Da hatte ich schon viel Schlimmeres.“

„Vielleicht, aber du bist jetzt älter, und Wundinfektionen können im Handumdrehen gefährlich werden. Du solltest wirklich einen Arzt aufsuchen. Vielleicht brauchst du eine Hauttransplantation oder so etwas. Wenn ich mit Lucas gesprochen habe, kann ich dich zum Arzt fahren.“

„Ich brauche keinen Arzt“, wehrte ihre Großmutter mit entschlossener Stimme ab. „Und jetzt bringe ich ihm den Tee, bevor er eiskalt ist.“

Frustriert schüttelte Ruby den Kopf und warf dann einen Blick auf das Tablett. „Oh, lecker, Honigkuchen. Den habe ich seit Monaten nicht mehr gegessen.“ Sie griff nach einer zweiten Tasse und einem zweiten Teller und stellte beides auf das Tablett.

Ihre Großmutter wirkte entsetzt. „Was machst du da?“

„Ich leiste Lucas beim Tee Gesellschaft.“

„Deinetwegen werde ich noch entlassen.“ Das Gesicht ihrer Großmutter war von echten Sorgenfalten gezeichnet.

Ruby nahm das Tablett auf. „Du solltest wirklich ans Aufhören denken, Gran. Du wirst nicht jünger, und das Schloss ist viel zu groß. Du kannst es nicht länger ganz alleine in Ordnung halten.“

„Ich gehe in Rente, wenn ich dazu bereit bin, und keinen Augenblick vorher.“

Ruby hatte gelernt, dass man mit ihrer Großmutter nicht streiten sollte, wenn sie schlecht gelaunt war. Aber das war ein weiteres Thema, über das sie mit Lucas Rothwell reden musste … der Ruhestand ihrer Großmutter.

„Wenn ich mit Lucas gesprochen habe, helfe ich dir beim Abendessen.“

Die Bibliothek im Erdgeschoss lag mehrere Hundert Meter von der Küche entfernt, was Rubys Sorge über das zunehmende Alter und die Gebrechlichkeit ihrer Großmutter nur noch verstärkte. Die harten Winter in Yorkshire machten ihrer Großmutter mit ihren schmerzenden Gelenken bestimmt zu schaffen.

Wie lange erwartete Lucas Rothwell noch, dass ihre Großmutter ihn von vorne bis hinten bediente? Obwohl er weniger Zeit als früher in Rothwell Park verbrachte, konnte er doch wohl nicht erwarten, dass eine Frau von über achtzig ihm ohne Hilfe den Haushalt führte.

Es war nicht zu übersehen, dass das Schloss nicht mehr so gereinigt wurde wie früher. In den Ecken der langen Flure lagen Staubflocken, und Spinnweben hingen wie Spitzen von den Wandlampen und Kronleuchtern. Sie gaben dem Schloss eine gespenstische Atmosphäre.

Bestimmt konnte sich Lucas ein ganzes Team von Leuten leisten, die sich um sein verdammtes Schloss kümmerten. Als Landschaftsarchitekt hatte er an Großprojekten in ganz Europa gearbeitet und ein Vermögen gemacht. Er beschäftigte alleine drei Gärtner hier. Warum konnte er nicht auch drei Haushälterinnen haben?

Die Bibliothek befand sich in einem eigenen Flügel mit Blick über die Moore. Die Tür war geschlossen, also stellte Ruby das Tablett auf ein Tischchen und klopfte dann leicht an die Tür. Das Geräusch hallte durch den breiten Korridor.

„Herein.“

Lucas’ tiefe Stimme sandte einen Schauer über Rubys Arme und ließ die Fledermausflügel in ihrem Bauch wieder flattern. Er konnte manchmal ziemlich herrisch sein, aber sie war kein schüchternes Kind mehr. Jetzt war sie eine erfolgreiche Geschäftsfrau und stolz darauf. Sie würde sich nicht länger durch seine Nähe einschüchtern lassen.

Ruby drehte den Türknauf, nahm dann das Tablett und stieß die Tür weiter auf, um die Bibliothek zu betreten. Aber irgendetwas ließ sie innehalten. Über dem Raum mit all den Holztäfelungen und den vom Boden bis zur Decke reichenden Regalen voller wertvoller alter Bücher lagen lange gespenstische Schatten.

Mit dem Rücken zu ihr saß Lucas in einem der beiden Ohrensessel vor den vier hohen schmalen Fenstern. Der Himmel draußen war jetzt dunkelgrau, und Regentropfen pickten wie winzige unsichtbare Schnäbel gegen die Fenster.

„Wer ist da?“ Lucas’ Stimme wurde schärfer. Er erhob sich aus dem Sessel und wandte sich zu Ruby um.

In einem schwarzen Rollkragenpullover und einer schwarzen Hose wirkte er noch größer als seine beeindruckenden eins neunzig. Und er trug eine dunkle Pilotenbrille. Er legte den Kopf schief und wartete – wie ein Wolf, der versuchte, eine neue Fährte aufzunehmen.

Der Gedanke sandte einen weiteren Schauer über ihre Haut. Heiße Röte stieg ihr in die Wangen. Würde sie nur nicht so leicht in seiner Nähe erröten. Was hatte Lucas Rothwell nur an sich, dass sie das Gefühl hatte, immer noch ein unbeholfener Teenager zu sein?

Teilweise lag das an dem peinlichen Vorfall, als sie sechzehn gewesen war. Mehr als teilweise, wenn sie ehrlich war. Wann immer sie in seiner Gegenwart war … was heutzutage Gott sei Dank selten vorkam … konnte sie nicht anders, als an ihren ungeschickten, angetrunkenen Annäherungsversuch auf einer der Rothwell-Partys zu denken. Und an seine kalte Zurückweisung, die ihr noch Stunden danach in den Ohren geklungen hatte.

Seit jener schrecklichen Nacht waren elf Jahre vergangen, doch Ruby kam es vor, als wäre es gestern passiert. Aber sie würde deshalb nicht ihr Ziel aus den Augen verlieren. Harper und Aerin verließen sich auf sie. Delphine Rainbird wünschte sich Rothwell Park für ihre Hochzeit. Sie war eine berühmte amerikanische Schauspielerin, die ihren Leibwächter Miguel Morales heiratete.

Die Aufmerksamkeit der Medien wäre fantastisch für Rubys Geschäft, ganz zu schweigen von dem Preis, den Delphine zu zahlen bereit war, um ihre Märchenhochzeit in dem Schloss in den windgepeitschten Mooren von Yorkshire zu feiern.

„Wenn du das Licht einschalten oder die Sonnenbrille abnehmen würdest, könntest du sehen, dass ich es bin.“ Ruby trug das Tablett zum Tisch neben dem Ohrensessel. „Warum trägst du sie an einem Tag wie heute im Haus? Es kommt nicht gerade gleißender Sonnenschein durch die Fenster.“

Ein oder zwei Herzschläge lang war es still, bevor er mit hohler Stimme antwortete: „Kopfschmerzen.“

„Oh, entschuldige. Ich werde versuchen, nicht zu laut mit dem Geschirr zu klappern.“ Ruby fuhr fort, den Tee in die beiden Tassen zu gießen.

„Was machst du da?“ Seine Augenbrauen waren zusammengezogen, seine Lippen zu einer schmalen Linie zusammengepresst. Seine Haltung wirkte eindeutig abweisend, aber davon würde Ruby sich nicht einschüchtern lassen.

„Ich trinke Tee mit dir. Du kannst sowieso nicht den ganzen Honigkuchen alleine essen.“

„Nimm alles wieder mit. Und mach die Tür hinter dir zu, wenn du rausgehst.“ Er wandte ihr den Rücken zu und starrte aus den regennassen Fenstern, die Hände tief in den Hosentaschen vergraben.

Ruby stieß einen langen Seufzer aus. „Lucas, ich weiß, Kopfschmerzen können auch den ausgeglichensten Menschen ein wenig reizbar machen, aber ich habe einen langen Weg zurückgelegt und möchte mit dir über etwas reden. Etwas Wichtiges.“

„Jetzt ist kein guter Zeitpunkt.“

„Wann wäre denn ein guter Zeitpunkt?“

Es trat wieder Stille ein. Nur die alten Bücherregale knarrten, der heulende Wind draußen peitschte ein paar verirrte Blätter auf den Boden und trieb sie in einem Wirbel an den Fenstern vorbei.

Schließlich stieß Lucas einen langen Seufzer aus, dann nahm er eine Hand aus seiner Hosentasche, um damit durch sein schwarzes Haar zu fahren. „Geht es um deine Großmutter?“

Sein Ton hatte sich verändert und klang jetzt etwas weicher. Aber Lucas blieb mit dem Rücken zu ihr stehen. Seine breiten Schultern, der muskulöse Rücken und die schmalen Hüften zogen ihren Blick auf sich.

Aber nicht einmal sich selbst gegenüber wollte Ruby zugeben, wie sehr er sie anzog. Männer wie Lucas Rothwell spielten einfach nicht in ihrer Liga. Er gab sich nur mit Supermodels ab … nicht mit Mädchen von nebenan mit Sommersprossen und Aknenarben.

„Zum Teil, ja.“

Lucas wandte sich vom Fenster ab, griff mit einer Hand nach der Lehne des Ohrensessels und ließ sich hineinsinken. Er streckte seine langen Beine aus und überkreuzte seine Füße an den Knöcheln. Auch wenn seine Pose lässig wirkte, spürte sie in seinen Bewegungen eine seltsame Anspannung.

„Du kannst einschenken.“ Er nickte in Richtung des Teetabletts.

Ohne seine Kopfschmerzen hätte Ruby darauf bestanden, dass er Bitte sagte. Während Lucas sich auch zu besten Zeiten schweigsam und schroff gab, war er normalerweise nicht unhöflich.

Jedenfalls nicht, wenn sie nicht beschwipst war und ihn anflehte, sie zu küssen. Oh nein. Warum konnte sie diesen elenden Moment nicht für immer aus ihrem Gedächtnis streichen? Bei dieser Gelegenheit war er brutal unhöflich gewesen. Und von diesem Tag an hatte sich ihre Teenagerschwärmerei in glühenden Hass verwandelt.

Danach war sie ihm monatelang aus dem Weg gegangen. Mit achtzehn war sie nach London gegangen, um Arbeit zu finden, und kam nur zwei- oder dreimal im Jahr zurück, um ihre Großmutter zu besuchen. Lucas sah sie nur noch auf den Titelbildern von Zeitschriften. Sein Erfolg als preisgekrönter Landschaftsarchitekt führte ihn um die ganze Welt. Rothwell Park besuchte auch er nur noch gelegentlich.

Ruby goss Tee in die beiden Tassen. „Trinkst du ihn immer noch schwarz, ohne Milch und Zucker?“

„Ja.“

Sie reichte ihm eine Tasse, aber seine Finger stießen gegen die Untertasse, und ein Teil des Tees schwappte über den Rand der Tasse. Er stieß ein Schimpfwort aus und nahm die Tasse.

„Entschuldigung. Hast du dich verbrannt?“, fragte er.

Mit ihrer Tasse in der Hand setzte Ruby sich in den anderen Ohrensessel. „Nein, aber wo wir gerade von Verbrennungen sprechen … Hast du die Brandwunde am Handgelenk meiner Großmutter gesehen?“

„Nein. Ist es schlimm?“

„Ich denke, sie sollte einen Arzt aufsuchen. Aber du weißt, wie sie ist.“

„Ich weiß.“

„Vielleicht kannst du es dir anschauen, auf dich hört sie eher als auf mich.“

Seine Miene wirkte angespannt. „Ich habe keine Erfahrung mit Verbrennungen. Aber im Bad im Erdgeschoss gibt es einen Erste-Hilfe-Kasten. Du kannst ihn gern benutzen.“

„Danke. Ich werde sehen, was ich tun kann.“ Ruby beäugte das köstliche Honigbrot auf dem Tablett. „Möchtest du etwas von Großmutters Lebkuchen?“

„Nein, danke. Aber bitte nimm dir.“

Ruby nahm eine Scheibe und legte sie auf einen Teller. Aber bei dem Gedanken, alleine zu essen, fühlte sie sich plötzlich verunsichert und stellte den Teller beiseite.

Er runzelte die Stirn. „Was ist los?“

„Hebe ich mir für später auf.“

„Mach dich nicht lächerlich. Ist das nicht dein Lieblingskuchen?“

„Ja, und deshalb esse ich ihn besser nicht. Ich kann bestimmt nach einem Stück nicht aufhören.“

Seine Mundwinkel zuckten. Das kleine Lächeln ließ ihn Jahre jünger und weniger einschüchternd wirken.

Ruby nahm all ihren Mut zusammen, atmete noch einmal tief durch, dann sagte sie: „Ich muss dich um einen Gefallen bitten.“

Ihre Hände zitterten so sehr, dass das Geschirr leise klapperte. „Ich habe eine wichtige Kundin, die in Yorkshire heiraten möchte und …“

„Nein.“ Das Wort schnitt durch die Luft wie ein Schuss.

„Aber du hast mich nicht ausreden lassen …“

Lucas stellte seine Tasse auf den Tisch, erhob sich von seinem Stuhl und stellte sich mit dem Rücken zu ihr wieder vor die Fenster.

„Aber warum nicht?“ Ruby bemühte sich um einen ruhigen Tonfall.

Sie musste ihn dazu bringen, Ja zu sagen. Sie durfte nicht scheitern. Scheitern war das, was ihre Mutter getan hatte, nicht sie. Ruby schmiedete Pläne und führte sie aus. Sie hatte Versprechungen gemacht, und die würde sie bedingungslos einhalten.

Lucas stieß ein humorloses Lachen aus. „Du meinst, abgesehen davon, dass ich Hochzeiten hasse?“

Ruby seufzte. „Nicht alle Hochzeiten sind wie die deiner Eltern. Ich meine, nicht viele Paare heiraten dreimal und lassen sich jedes Mal wieder scheiden.“

„Du verschwendest deine Zeit, Ruby. Ich werde meine Meinung nicht ändern.“

„Aber Rothwell Park ist die perfekte Kulisse für diese Hochzeit. Du müsstest nicht einmal hier sein. Bitte, Lucas, denk wenigstens noch einmal darüber nach, bevor du Nein sagst …“

„Nein.“

Ruby sprang von ihrem Stuhl auf und stieß beinahe das Teetablett vom Tisch. Mit geballten Fäusten stand sie vor ihm. Ihre Wangen glühten vor Wut. Sie konnte nicht zulassen, dass er ihre sorgfältig ausgearbeiteten Pläne durchkreuzte. Sie konnte ihr Versprechen gegenüber ihren Freunden und ihrer Kundin nicht brechen.

Die Hochzeit musste hier stattfinden. Sie würde einen Weg finden, ihn zu überzeugen, selbst wenn es länger als ein Wochenende dauern würde.

„Ich kann nicht glauben, dass du so unfair bist. Diese Hochzeit ist die größte, die wir je organisiert haben, und sie würde unserem Geschäft so sehr helfen. Ein Traum würde für uns wahr …“

„Bitte geh.“

„Nein. Ich werde, verdammt noch mal, nicht gehen.“

Bevor sie sich zurückhalten konnte, legte Ruby eine ihrer Hände auf seinen Arm, um ihn zu zwingen, sie anzusehen. Er zuckte zusammen, als hätte sie ihn mit einem Stromkabel berührt.

Seit jener schrecklichen Nacht vor elf Jahren hatte sie ihn nicht mehr berührt. Aber das Gefühl war noch genau dasselbe. Eine seltsame Energie strömte durch ihren Körper. Sie stand so nah bei ihm, dass ihr der berauschende Duft seines Aftershaves nach Zitronen und Hölzern in die Nase stieg.

Ihre Hand auf seinem Arm prickelte. Sie fragte sich, ob Lucas dasselbe spürte. Doch er legte nur ungerührt seine Hand auf ihre und schob sie von seinem Arm, als wäre sie ein Fussel.

„Glaubst du wirklich, dass du damit bei mir etwas erreichst?“

Bei seinem verächtlichen Tonfall stieg eine weitere Hitzewelle in ihre Wangen. Sie starrte ihn finster an, aber alles, was sie sehen konnte, war ihr eigenes wütendes Spiegelbild in seiner Sonnenbrille.

„Erstens gehe ich nicht, bevor du mich nicht wenigstens angehört hast. Und zweitens kann ich meine Großmutter nicht alleine mit ihrem verbrannten Handgelenk zurücklassen. Warum stellst du keine zweite Haushälterin ein? Die Arbeit ist zu viel für sie geworden.“

„Sie besteht darauf, dass sie nicht in Rente gehen will.“

„Aber kannst du nicht sehen, wie vernachlässigt das Schloss ist? Überall liegt Staub, und an den Wänden hängen Spinnweben.“

Er presste die Lippen zu einer schmalen Linie zusammen. „Nein, das kann ich nicht sehen.“

Bei seinem finsteren Tonfall runzelte Ruby die Stirn. „Aber alles ist voll davon. Schau dir nur die Fenster hier an. Man müsste schon blind sein, um das nicht zu sehen.“

Die Linie seines Mundes wurde noch schmaler. „Genau das ist das Problem … ich bin blind.“

2. KAPITEL

Lucas hörte, wie Ruby nach Luft schnappte, als hätte seine Nachricht sie zutiefst erschüttert. So war es ihm auch gegangen, als er vor etwas mehr als einem Monat seine Diagnose bekommen hatte.

Selbst falls er nach einer Operation sein Augenlicht vollständig wiedererlangen sollte, konnte er in der Zwischenzeit keine Aufträge erledigen. Und wie sollte er den Alltag bewältigen? Er war nicht der Typ Mann, der von anderen abhängig sein konnte. Er war unabhängig bis zur Rücksichtslosigkeit und konnte sich keine andere Lebensweise vorstellen.

„Blind?“, keuchte Ruby. „Aber wie? Ich meine, was ist passiert?“

„Mir wurde letzten Monat ein Hypophysentumor entfernt.“

„Ein Tumor? War er … bösartig?“ Sie flüsterte das Wort, als hätte sie Angst, es laut auszusprechen.

„Nein, zum Glück nicht. Aber die Operation führte zu einer starken Schwellung am Sehnerv.“

Er hörte ihr Schlucken, dann knarrte eine Diele, als würde Ruby ihr Gewicht von einem Fuß auf den anderen verlagern. Er konnte sich genau vorstellen, wie sie jetzt ihre kleinen weißen Zähne in ihrer prallen Unterlippe vergrub. Bei dem Gedanken konnte er wieder ihre dezente Schönheit vor sich sehen, und eine seltsame Wärme stieg in seinem Inneren auf.

Zuzulassen, dass sie ihn berührte, war ein Fehler gewesen. Aber er hatte nicht damit gerechnet. Sie hatte ihn unvorbereitet erwischt. Ihr Duft … der berauschende Duft nach Pfingstrosen und Hyazinthen und Sommer, bei dem er immer an sie denken musste, brachte ihn dazu, sich näher zu ihr zu beugen.

Warum war er sich ihrer Nähe plötzlich so bewusst? Das ergab keinen Sinn. Seit sie ein Teenager war, hatte er sein Bestes getan, sie zu ignorieren … besonders seit jener Party.

Die Schwärmerei eines sechzehnjährigen Schulmädchens wäre für manche Männer vielleicht schmeichelhaft gewesen, aber ihn hatte es nur noch in der Überzeugung bestärkt, dass Verliebtheit eine Katastrophe war. Seine Eltern hatten das dreimal mit ihrer Achterbahnbeziehung bewiesen, die aus leidenschaftlichem Verlieben und Entlieben bestand.

An jenem Abend hatte er Ruby die Grenzen sehr deutlich gemacht. Diese Grenzen waren seit elf Jahren in Kraft, und er war fest entschlossen, dass sich daran nichts ändern würde.

„Ist es dauerhaft? Ich meine …“

„Mein Augenarzt ist vorsichtig optimistisch. Normalerweise kehrt das Sehvermögen zurück, allerdings nicht immer.“ Lucas atmete aus und fügte hinzu: „Ich kann Umrisse erkennen, hell und dunkel. Aber das ist auch alles.“

„Das tut mir so leid … Und da sitze ich hier und plappere über Sonnenschein, der blendet, und frage dich, warum du die Spinnweben nicht sehen kannst. O Gott, es tut mir so leid.“ Der Schmerz in ihrer Stimme war fast greifbar.

Als er sich ihre kirschroten Wangen vorstellte, musste er trotz allem lächeln. Er hatte noch nie ein Mädchen getroffen, das so knallrot wurde. Die feurige Glut ließ ihre Sommersprossen hervorstechen wie Schokoladenstreusel auf einem Dessert. „Bitte hör auf, dich zu entschuldigen.“

Einen Moment lang herrschte angespannte Stille. Lucas hörte jeden ihrer Atemzüge, war sich jeder ihrer Bewegungen bewusst. Er hörte das Rascheln ihrer Kleidung, das Quietschen ihrer Schuhe.

Er nahm sie auf eine Weise wahr, wie er es noch nie zuvor getan hatte. Vielleicht lag das auch daran, dass er wochenlang ganz alleine gewesen war. Abgesehen von der Ergotherapeutin, die ihm beigebracht hatte, wie er sich in seiner Umgebung zurechtfinden und grundlegende Aufgaben wie Anziehen, Essen und Trinken bewältigen konnte.

Trotzdem stieß er immer noch gelegentlich gegen Möbel, und das Letzte, was er wollte, war, dass ihm jemand dabei zuschaute. Er hatte seiner Haushälterin Beatrice Pennington strenge Anweisungen gegeben, alle Besucher fernzuhalten. Aber er hatte nicht bemerkt, dass sie sich verletzt hatte.

Wie sollte er auch? Er konnte, verdammt noch mal, nichts sehen, und sie würde nicht im Traum daran denken, ihn in seiner größten Not im Stich zu lassen.

„Lucas … ich meinte ernst, was ich über Grandma gesagt habe. Ich muss ein paar Tage bleiben, um ihr zu helfen. Und falls ich sie überreden kann, sich zur Ruhe zu setzen, könnte ich dir helfen, neue Bewerber einzuladen und …“

„Ich will niemanden hier haben“, sagte Lucas. Er war kaum in der Lage, seinen höflichen Ton beizubehalten.

Dass seine vertrauenswürdige Haushälterin in dieser Situation in den Ruhestand ging, war unmöglich. Nur noch ein oder zwei Monate, dann wusste er, wie sich sein Sehvermögen entwickelte.

„Ich bin nur hier, um meinen Zustand aus der Presse herauszuhalten. Es wurde schon mehr als genug über die Rothwell-Skandale berichtet. Ich werde nicht zulassen, dass ich auch noch einer werde.“

„Aber Großmutter braucht …“

Autor

Melanie Milburne
<p>Eigentlich hätte Melanie Milburne ja für ein High-School-Examen lernen müssen, doch dann fiel ihr ihr erster Liebesroman in die Hände. Damals – sie war siebzehn – stand für sie fest: Sie würde weiterhin romantische Romane lesen – und einen Mann heiraten, der ebenso attraktiv war wie die Helden der Romances....
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