Wenn die Lust entflammt

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Was für ein Mann! Erst ruiniert Gabriel Steele ihre Familie. Und dann wagt er noch, ihr seine Hilfe anzubieten. Mallory ist empört. Doch je öfter sie Gabriel begegnet, desto mehr lässt sie sich gegen ihren Willen faszinieren von seiner männlichen Ausstrahlung, seiner Stärke und seiner Entschlossenheit. Was kann sie nur tun gegen dieses immer stärker werdende erotische Prickeln, das sie in seiner Gegenwart verspürt? Sie beschließt, eine heiße Liebesnacht mit ihm zu verbringen - um danach ein für alle Mal frei zu sein von ihrem drängenden Verlangen. Ein gewagtes Vorhaben ...


  • Erscheinungstag 19.08.2007
  • Bandnummer 1473
  • ISBN / Artikelnummer 9783863490508
  • Seitenanzahl 160
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Caroline Cross

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1. KAPITEL

Früher, als sie noch ein tolles Leben führte, hätte Mallory Morgan Gabriel Steele als groß, gefährlich und unbeschreiblich sexy bezeichnet.

Aber das war, bevor er ihr alles genommen hatte. Als sie jetzt die Tür ihrer Wohnung öffnete und ihn vor sich stehen sah, kamen ihr eher Worte wie hart und herzlos in den Sinn. Diesem Mann konnte man nicht über den Weg trauen.

„Mallory.“ Seine Stimme war leise, aber gebieterisch, wie immer. Sie passte perfekt zu seinem schlanken und doch kraftvollen Körper und den kühlen grünen Augen.

„Was willst du, Gabriel?“

„Wir müssen uns unterhalten.“

„Ach ja?“ Zu ihrer Erleichterung klang sie ruhig und beherrscht. Leider war sie das ganz und gar nicht gewesen, als sie sich vorhin zufällig bei „Annabelle’s“, einem der schicksten Restaurants in Denver, begegnet waren. Mallory hatte sich ziemlich danebenbenommen und einen ziemlich hohen Preis dafür gezahlt. „Lass mich mal überlegen.“ Sie legte den Kopf schief und tat ganze zwei Sekunden so, als würde sie ernsthaft darüber nachdenken. Dann sah sie ihn kühl an. „Nein.“

Ernergisch versetzte sie der Tür einen Stoß. Sollte Gabriel dabei zufällig am Kinn getroffen werden, ließ sich das leider nicht ändern.

Er zuckte nicht einmal mit der Wimper und hielt die Tür mühelos mit einem Fuß auf. „Hör zu, ich verstehe, dass du wütend bist …“

Mallory zog den scharlachroten Satinmorgenmantel fester um sich, den sie sich schnell über BH und Jeans geworfen hatte, als es unerwartet bei ihr geklopft hatte. „Wie bist du bloß darauf gekommen? Weil ich deine Reservierung gestrichen habe und mich weigerte, dir einen Tisch zu geben, obwohl der Speisesaal halb leer war? Oder weil ich lieber gekündigt habe, statt mich bei dir zu entschuldigen?“

„Hör auf, mich zu beleidigen. Ich habe deine Bemerkung über Schweine am Trog mitbekommen.“

„Dann sind wir hier ja fertig. Ich hab dir jedenfalls nichts mehr zu sagen.“

Er lächelte grimmig. „Du willst also nicht reden? Schön. Dann wirst du eben zuhören.“ Mit diesen Worten legte er die Handfläche auf die billige Holztür und versuchte, sie aufzudrücken.

Mallroy lehnte sich mit aller Kraft dagegen, aber als der Spalt immer größer wurde, so als würde sie sich Gabriel gar nicht in den Weg stellen, wurde ihr bewusst, dass es lächerlich war, sich auf einen Kampf einzulassen, den sie verlieren musste. Also änderte sie schnell ihre Taktik.

„Nun, wenn du darauf bestehst …“ Sie trat zurück und zuckte die Achseln. „Komm doch herein“, fügte sie spöttisch hinzu.

Zu seiner Ehre musste gesagt werden, dass er sich seinen Triumph nicht anmerken ließ. Aber das war kein Trost, denn kaum hatte er die Schwelle überschritten und die Tür hinter sich geschlossen, wurde Mallory klar, dass sie sich wieder verrechnet hatte. Wie sehr ihre Würde auch darunter gelitten hätte, sie hätte lieber kratzen, beißen und um sich treten sollen, als ihn in ihre Wohnung zu lassen.

Gabriel schien ihre sowieso schon winzige Wohnung zusammenschrumpfen zu lassen. Er schien das ganze Apartment auszufüllen, sodass Mallory sich plötzlich sehr klein und schutzlos vorkam. Beinahe atemlos wurde sie sich bewusst, wie groß und stark er war. Sie erschauerte, als er sie ansah.

Es war kaum zu glauben, dass sie früher nichts dabei gefunden hatte, schamlos mit diesem Mann zu flirten. Nicht dass es irgendetwas bedeutet hätte, und das nicht nur, weil sie den Ruf eines frivolen Partymädchens hatte aufrechterhalten müssen. Nein, vielmehr hatte sie schon sehr früh erkannt, dass Gabriel viel zu gefährlich war, als dass sie mehr als ein bisschen unbeschwerten Spaß mit ihm wagen könnte.

Und doch war sie jedes Mal, wenn sie ihm auf der einen oder anderen Party in Denver begegnete, entzückt gewesen von dem leichten Knistern, das unweigerlich zwischen ihnen entstand. Es lag immer eine gewisse Spannung in der Luft, wenn sie sich begegneten.

Irgendwann tanzten sie dann unweigerlich miteinander, und Mallory hatte es immer Spaß gemacht, sich dicht an ihn zu schmiegen, ihm freche Angebote ins Ohr zu flüstern und mit anzusehen, wie ein kleines Lächeln um seine Mundwinkel erschien, wenn sie mit der Fingerspitze über sein Kinn strich. Noch schöner war nur die besitzergreifende Art gewesen, mit der er ihre Taille fester umfasste, wenn sie ihren Schenkel an seinem rieb, und natürlich das amüsierte Funkeln seiner grünen Augen, mit denen er sie warnend ansah. Das Kribbeln, das dieser Blick in ihr auslöste, konnte sie bis in die Zehenspitzen spüren.

Aber all das gehört einem anderen Leben an, erinnerte sie sich streng. Das alles war, bevor Gabriel und seine verdammte Firma Steele Security ihren Vater jagten und Mallory ihr Zuhause, ihre Freunde, ihre letzten Illusionen und den Großteil ihrer Selbstachtung verloren hatte.

Ganz zu schweigen von einem so großen Vermögen, dass die Sorgen, die sie hatte, bis sie es verlor, sich darum drehten, ob sie das Wochenende für einen Einkaufsbummel in Paris oder lieber zum Skifahren in Gstaad nutzen sollte.

Es kam ihr vor, als wären seitdem hundert Jahre vergangen. Der Unterschied zur Gegenwart hätte nicht größer sein können, denn zurzeit war sie schon ganz krank vor Sorge, ob sie einen neuen Job finden würde, weil sie sonst ihre Miete nicht bezahlen konnte.

Aber das ging niemanden außer ihr etwas an. Gabriel konnte zwar einfach hier auftauchen und dabei mit seinem pechschwarzen kurzen Haar, dem perfekt sitzenden Anzug und dem bis zur Wade reichenden schwarzen Ledermantel aussehen wie ein gefallener Armani-Engel, aber er konnte sie nicht wirklich treffen. Auch wenn er ihren Frieden störte und Erinnerungen in ihr wachrief, die sie seit Monaten zu überwinden versuchte. Sie hatte viele Jahre Zeit gehabt, um zu lernen, wie sie Menschen allgemein auf Abstand hielt, und wusste nur zu gut, wie sie insbesondere Männer aus dem Gleichgewicht bringen konnte.

Dieser Gedanke beruhigte sie ein wenig. Mallory stieß langsam die Luft aus und hob lässig die Arme, um ihr langes widerspenstiges Haar in einer absichtlich sinnlichen Geste nach hinten zu streichen.

„Und?“ Sie verschränkte die Arme unter den Brüsten und gab sich alle Mühe, gelangweilt auszusehen. „Willst du weiter einfach nur herumstehen? Ich dachte, es gibt da etwas, was du unbedingt loswerden musst.“

„Ja. Das stimmt auch.“ Sein Gesicht blieb ausdruckslos, aber sein Blick wanderte von ihren Augen zu ihrem Hals und dem Ausschnitt ihres Morgenmantels, bevor er ihr wieder in die Augen sah. „Ich habe mich geirrt.“

„Du hast dich geirrt?“ Sie lächelte unaufrichtig. „Das kann nicht sein.“

Er erwiderte ihr Lächeln nicht. „Ich würde lieber hören, was du zu sagen hast. Warum erzählst du mir nicht, was hier los ist, Mallory?“

„Wie bitte?“

„Ich sehe ja ein, dass die vergangenen Monate hart gewesen sein müssen, aber …“

„Hart?“ Ihre Stimme drohte sich zu überschlagen, aber Mallory riss sich zusammen. „Ich bitte dich.“ Sie zuckte lässig die Achseln. „Ich war eine Debütantin der feinen Gesellschaft, und wer einmal gelernt hat, in hohen Absätzen Walzer zu tanzen und einen perfekten Knicks zu machen, der wird mit allem fertig. Dass man mein Zuhause und meine Sachen versteigert und meinen Wagen gepfändet hat, das macht doch nichts. Auch nicht, dass die Presse den Namen meiner Familie durch den Dreck gezogen hat. Das macht doch nichts. Aber dass ich mich mit dem öffentlichen Busverkehr vertraut machen musste, das war eine wirkliche Herausforderung …“

„Hör auf“, warf Gabriel ein. „Ich versuche nicht, den Ernst der Situation herunterzuspielen, und das weißt du auch. Es gibt keine Entschuldigung dafür, dass Cal die Investoren von ‚Morgan Creek‘ hereingelegt und sich davongemacht hat. Aber das erklärt nicht, warum du bei ‚Annabelle’s‘ arbeitest …“

„Gearbeitet habe, dank dir“, berichtigte sie ihn leise und ignorierte die Erwähnung ihres Vaters.

„… oder hier lebst.“ Er wies auf die Küche mit dem zerkratzten Tisch und dem alten Herd und auf den Raum, der gleichzeitig Wohn- und Schlafzimmer war und in dem das Schönste zwei nicht zusammenpassende Beistelltischchen waren, die Mallory von einem neun Blocks entfernten Wohltätigkeitsladen nach Hause geschleppt hatte.

„Ich weiß. Es ist einfach lächerlich. Aber weil ich leider wenig Geld, keine Berufserfahrung und einen beklagenswerten Mangel an Referenzen habe, scheinen Arbeitgeber und Vermieter mich nur zögernd in Betracht zu ziehen. Wer hätte das gedacht?“

Dieses Mal saß der Hieb, und Gabriel presste den sinnlichen Mund – wenn auch nur für einen Moment – fest zusammen. „Soweit ich weiß, gibt es da einen Treuhandfonds, den das Gericht und die Banken nicht anrühren durften.“

„Ach ja, mein Treuhandfonds.“ Sie wusste, dass sie sich auf gefährliches Terrain begab, machte einen Schmollmund und zuckte die Achseln, und um Gabriel abzulenken, zog sie den Morgenmantel, der bedenklich tief gerutscht war, nicht wieder über ihre Schultern. „Die traurige Wahrheit ist, bei all den Partys und Reisen und meiner ungezügelten Vorliebe für Designerkleidung und Dom Pérignon und Seidenunterwäsche … na ja, es gibt ihn nicht mehr.“

„Meinst du das ernst?“ Er sah sie finster an, offenbar nicht sicher, ob er ihr glauben konnte oder nicht.

Sie zuckte nicht mit der Wimper. „Todernst.“

„Und das hier?“ Er wies noch einmal auf den winzigen Raum mit dem wie Texas geformten Wasserfleck auf der Wand zwischen den zwei schmalen Fenstern.

Mallory hob leicht das Kinn an. „Zu mehr reicht es nicht.“

Er erstarrte einen Moment, und der Blick seiner grünen Augen schien sie durchbohren zu wollen. Dann stieß er ein derbes Schimpfwort aus, wandte sich ab und ging weiter in den Raum hinein. Aber schon nach ein paar Schritten war Gabriel an der Wand mit den beiden Fenstern angekommen.

„Pack ein, was du für heute Nacht brauchst“, befahl er, immer noch mit dem Rücken zu ihr stehend. „Morgen schicke ich jemanden, der alles Übrige abholt.“

Er hätte sie nicht mehr überraschen können, wenn er sich auf den Boden geworfen und ihr gebeichtet hätte, dass er ohne sie nicht mehr leben könne. „Was?“

Er wirbelte zu ihr herum. „Ich sagte, pack das Nötigste ein. Du bleibst keine Nacht länger hier.“

Sie musste träumen. Es kam ihr vielleicht so vor, als wäre sie wach, aber in Wirklichkeit war sie auf dem unbequemen kleinen Klappsofa eingeschlafen, und alles, was ihr so echt vorkam – der kühle Linoleumboden unter ihren Füßen, der schwache aufregende Duft von Gabriels Rasierwasser, die Nervosität, die seine Nähe immer in ihr hervorrief –, war nur ein Produkt ihrer Fantasie.

„Und wo soll ich hingehen?“, fragte Mallory verblüfft.

„Zu mir.“

Es war also doch kein Traum. Einen so verrückten Streich würde ihr Unterbewusstsein ihr niemals spielen So einsam und verzweifelt konnte sie gar nicht sein, dass sie jemals daran denken würde, zu Gabriel zu ziehen, um ihre Probleme zu lösen.

Das wäre ja, als würde sie einen Käfig mit einem Tiger teilen – vielleicht eine halbe Sekunde lang faszinierend, aber danach einfach nur furchterregend.

Warum hatte sie dann – wenn auch nur einen Moment lang – den unwiderstehlichen Wunsch, sein Angebot anzunehmen? Warum wollte sie die Augen schließen, sich in seine Arme schmiegen und ihn bitten, auf sie aufzupassen?

Eine Angewohnheit, sagte sie sich verärgert. Daran waren achtundzwanzig Jahre lotterhaften Lebens schuld, in denen sie immer nur den leichten Weg gewählt und anderen erlaubt hatte, ihr Schicksal zu bestimmen. Als man sie von ihrem Zuhause vertrieben hatte, das seit neunzig Jahren in Familienbesitz gewesen war, hatte sie sich geschworen, dass sie das nie wieder zulassen würde.

Und diesen Schwur würde sie unter keinen Umständen brechen, selbst wenn sie deswegen viele Jobs verlieren oder häufig auf ein Mittagessen verzichten musste, um über die Runden zu kommen, oder ein Leben lang in einem Loch wie diesem wohnen musste. Und wenn das hieß, dass sie sich Gabriel widersetzen musste, der immerhin für ihre jetzige Situation verantwortlich war, dann war das sogar noch besser.

„Herzlichen Dank“, sagte sie mit unverhohlener Unaufrichtigkeit, „aber ich verzichte.“

Mallory hatte ihn immer für klug gehalten – klüger als ihr oft angenehm gewesen war –, und auch jetzt enttäuschte er sie nicht. „Du willst nicht mit zu mir kommen? Gut. Dann such dir ein Hotel aus. Dort kannst du bleiben, bis ich etwas anderes arrangiert habe.“

Sie dachte an ihre letzte Erfahrung mit einem Hotel und schauderte. Aber sie konnte ihre Neugier nicht verbergen. „Das würdest du tun? Mich auf deine Kosten irgendwo unterbringen? Selbst wenn ich dir sage, dass ich deinen Anteil an allem, was geschehen ist, niemals vergessen werde?“

„Ja.“

„Selbst wenn ich nicht mit dir schlafe, egal wie freundlich du dich jetzt auch gibst?“

„Noch mal, ja. Außerdem erinnere ich mich nicht, dich darum gebeten zu haben.“

„Warum machst du es dann? Was springt für dich dabei heraus?“

Er zuckte die breiten Schultern. „Ein ruhiges Gewissen. Man muss kein Experte sein, um zu erkennen, dass diese Wohnung nicht sicher ist. Die Eingänge zum Gebäude sind nicht gesichert, es gibt keinen Riegel an deiner Tür, und ich wette ein Jahresgehalt, dass ein schwächlicher Fünfjähriger deine Fenster mit einem Zahnstocher aufbekommen könnte. Außerdem ist dies eine ziemliche schlimme Gegend, und du hättest in etwa so viele Chancen, hier zu überleben, wie ein Kätzchen, das man in einen Zwinger voller Pitbulls wirft. Ich lasse nicht zu, dass du hierbleibst.“

Wenn ihr das jemand anders gesagt hätte, hätte sie die letzte Bemerkung als den Gipfel der Prahlerei abgetan, aber Gabriel ließ seinen Worten immer die entsprechenden Taten folgen.

Nur bekam leider niemand immer das, was er wollte. Was auch für Gabriel galt. „Das liegt nicht in deiner Hand“, entgegnete sie knapp. „Sondern in meiner. Und ich gehe nirgendwohin.“

„Mallory …“, er schlug den übertrieben geduldigen Ton an, den Erwachsene meist bei widerspenstigen Kindern benutzen, „sei vernünftig.“

„Nein.“ So ein kleines Wort, und so machtvoll! „Ich will deine Hilfe nicht, Gabriel. Ich brauche sie nicht. Ich kann allein auf mich aufpassen.“

„Glaubst du das wirklich?“

Natürlich nicht. Noch nicht. Aber sie würde lieber betteln gehen, bevor sie das Gabriel gegenüber zugab. „Ja, selbstverständlich.“

Er sah sie nachdenklich an, und es war ihm nicht die geringste Überraschung darüber anzumerken, dass sie etwas so Unerhörtes gesagt hatte. Mallory war gezwungen, Gleichgültigkeit vorzutäuschen und zu warten.

Worauf, wusste sie allerdings nicht genau.

Doch während das Schweigen sich unbehaglich in die Länge zog, stellte Mallory sich schon einige seiner möglichen Reaktionen vor. Wenn er wollte, überlegte sie, kann er mich einfach über die Schulter werfen und hinaustragen. Oder er könnte – und bei dem Gedanken überlief sie ein vertrauter Schauer – zu ihr gehen, sie an sich reißen, sie aufs Sofa werfen und …

„Na schön. Das war’s dann also.“

Seine ausdruckslose Stimme riss Mallory aus ihren Tagträumen. Und doch dauerte es noch einige Sekunden, bevor sie begriff, was er gesagt hatte.

Das war’s? Sie waren fertig miteinander? Wirklich?

Einen entsetzlichen Augenblick lang wusste sie nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Dann erwachte allerdings der gesunde Menschenverstand, den sie fast ihr ganzes Leben lang mit aller Kraft ignoriert hatte, zu neuem Leben.

Bist du noch bei Trost? Er wirft endlich das Handtuch. Himmel noch mal, beeil dich und wirf ihn raus, bevor er seinen Entschluss ändert.

„Wer hätte das gedacht“, sagte sie spöttisch. „Endlich sind wir mal der gleichen Meinung.“

Er presste kurz die Lippen zusammen. „Pass auf, Süße“, riet er, während er schon den ersten Schritt auf die Tür zuging. „Du weißt ja, was man über kleine Mädchen sagt, die ein Raubtier reizen.“

„Nein, weiß ich nicht.“ Sie zwang sich, seinem Blick standzuhalten und nicht zurückzuweichen, als Gabriel wieder auf sie zukam. Sie war froh, dass es gleich vorbei sein würde. Sie würden beide ihrer Wege gehen, und in einer Woche, höchstens einem Monat, würde er nichts weiter als eine schwache Erinnerung aus einem weit zurückliegenden Leben sein. „Und es interessiert mich auch nicht.“

Plötzlich war er nur noch Zentimeter von ihr entfernt. Mallory schnappte erschrocken nach Luft und versuchte, Gabriel auszuweichen, aber es war schon zu spät. Er legte einen Finger unter ihr Kinn und hob es leicht an, sodass sie gezwungen war, ihm in die Augen zu sehen.

„Das sollte es aber“, meinte er leise. „Weil es heißt, dass das Raubtier am Ende zurückschlägt und süße kleine Dinger wie dich zum Frühstück verspeist.“

Ihr Magen zog sich nervös zusammen bei der nicht zu überhörenden Warnung im seidenweichen Ton seiner Stimme. Mallory klimperte verführerisch mit den Wimpern. und erwiderte nur: „Wie amüsant. Und jetzt lass mich los.“ Zu ihrer eigenen Überraschung klang ihre Stimme völlig ruhig.

„Noch nicht. Da gibt es noch etwas, was wir klarstellen müssen.“

„Ach? Und das wäre?“

„Wenn wir zusammen ins Bett gehen …“, er ließ den Blick einen langen Moment auf ihrem Mund ruhen, bevor er Mallory wieder in die Augen sah, „… wird es nicht das Geringste mit Dankbarkeit zu tun haben. Glaub mir, du wirst genauso wild auf mich sein wie ich auf dich.“ Und damit gab er sie genauso abrupt wieder frei, wie er sie gepackt hatte, und trat zurück.

Als Mallory sich von ihrer Verblüffung erholt hatte, war Gabriel bereits gegangen.

2. KAPITEL

Unverschämt. Unerträglich. Unmöglich.

Und unwiderstehlich.

Das beschreibt Mallory Morgan perfekt, dachte Gabriel finster, als er auf dem lädierten Bürgersteig vor dem baufälligen Mietshaus stand, in dem Mallory wohnte. Er stellte den Mantelkragen hoch, um sich vor der kühlen Märzbrise zu schützen, sah sich auf der mit Abfällen übersäten Straße um und ging dann zu seinem auf der anderen Seite geparkten Jeep hinüber.

Er überprüfte den Wagen kurz und gab dem kräftigen kleinen Latino, der sich anerboten hatte, auf ihn aufzupassen, einen Zwanzigdollarschein. „Danke, mi hijo.“

Da ihre Abmachung eigentlich über zehn Dollar im Voraus gewesen war und weitere zehn, wenn der Junge seinen Auftrag richtig erledigte, war die Begeisterung des Kleinen nur allzu verständlich. „Muchas gracias, Mister!“

Gabriel nickte. „Du hast es dir verdient.“

Sí. Wenn Sie mal wieder in die Lattimer Street kommen, fragen Sie nach Tonio, okay? Ich kümmere mich um Sie.“

„Ich werde daran denken.“

Bueno!“ Der Junge schenkte ihm ein strahlendes Lächeln und lief davon. Er sauste an drei tätowierten Schlägertypen vorbei, die vor einer mit Brettern vernagelten Ladenfassade standen und rauchten, und winkte einer erschöpft aussehenden jungen Frau zu, die gerade die Treppe herunterstapfte. „Mama, Mama! Rate mal, was ich habe!“, rief er, während er in der zunehmenden Dämmerung auf sie zuraste.

Offenbar hatte Gabriel gerade jemanden glücklich gemacht.

Leider war es nicht der Jemand, den er sich gewünscht hätte. Aber was hatte er auch anderes erwartet? Obwohl sonst allgemein für seine Klugheit und seine Fähigkeit, über den Tellerrand hinauszusehen, bekannt, hatte er vorhin die Feinfühligkeit eines Panzers bewiesen. Er hatte Mallorys Privatsphäre verletzt, gebieterisch Antworten verlangt, sie herumkommandiert und drangsaliert, statt ihr gut zuzureden. Und als wäre das nicht schlimm genug, hatte er sogar eine mehr als machohafte Andeutung gemacht, was sexuell zwischen ihnen passieren könnte.

Das Einzige, was den heutigen Tag vor einer vollkommenen Pleite rettete, war der sehr gewinnbringende Vertrag mit der „Lux Pacifica“-Hotelkette, den Gabriel beim Mittagessen geschlossen hatte und der seiner Firma den Auftrag erteilte, für die Sicherheit der leitenden Angestellten der Hotelkette in Übersee zu sorgen.

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