Wenn heiße Leidenschaft erwacht

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Marc Medina braucht dringend eine Ehefrau auf Zeit. Eigentlich trauert er immer noch um seine verstorbene Frau. Aber nur wenn er wieder heiratet, erbt der texanische Ölmilliardär die Ranch, auf der er eine glückliche Jugend verbracht hat. Seine Assistentin Lara Seymour ist die perfekte Kandidatin für eine Scheinehe: schön, zuverlässig und in Geldnot! Doch kaum ist die Hochzeit vorbei, lodert heiße Leidenschaft zwischen ihnen. Wie soll Marc das Jahr bis zur Scheidung überstehen, wenn Lara ihn so sehnsüchtig anschaut?


  • Erscheinungstag 30.10.2018
  • Bandnummer 2052
  • ISBN / Artikelnummer 9783733724436
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Marc Medina saß in seinem großen Büro in Dallas, durch die geöffnete Tür konnte er seine Sekretärin Lara Seymour sehen. Es war schon eine Stunde nach Feierabend, aber sie hatte ihn um einen Gesprächstermin gebeten. Sie hatten achtzehn Uhr vereinbart. Er wusste, um Punkt achtzehn Uhr würde sie sein Büro betreten, keine Minute früher oder später. Was sie ihm wohl zu sagen hatte? Er hoffte nur, dass sie nicht kündigen wollte. Sie war nämlich die beste Sekretärin, die er je gehabt hatte.

Und die attraktivste.

Aber an so etwas wollte er gar nicht denken. Denn als Gründer und Chef des Unternehmens Medina Energy hatte er einen Grundsatz: Niemals etwas mit einer Mitarbeiterin anfangen! Daran hatte er sich stets gehalten und wollte es auch weiterhin tun.

Von all den Frauen, mit denen er schon zusammengearbeitet hatte, stellte Lara die größte Versuchung dar. Doch auch bei ihr war er nicht schwach geworden. Sie pflegten einen freundlichen, geschäftsmäßigen Umgang miteinander, das war alles.

Wie so oft in den letzten Tagen musste Marc an seinen kranken Großvater denken – und an das Ultimatum, das der alte Herr ihm gestellt hatte. Er forderte von Marc, dass er binnen eines Monats heiraten und dann ein Jahr lang auf seiner Ranch leben sollte. Dann, und nur dann, sollten Marc und seine Mutter die Ranch erben – und außerdem zahlreiche Ölquellen und Schürfrechte. Marc wollte dieses Erbe, für sich, vor allem aber für seine Mutter.

Sein Großvater wusste, dass Marc oft mit schönen Frauen ausging, und war offenbar der Ansicht, dass er problemlos in so kurzer Zeit die richtige Frau zum Heiraten finden würde, mit der er sich dann auf der Ranch niederlassen konnte. Marc wusste genau, worum es seinem Großvater eigentlich ging. Rico Ruiz’ Ärzte hatten ihm mitgeteilt, dass er nicht mehr lange zu leben hatte, und jetzt wollte er gewissermaßen sein Haus bestellen. Vor allem ging es ihm dabei um die beiden großen Lieben seines Lebens – seine Frau und seine Ranch. Rico wusste, wenn Marc die Ranch führte, würde seine Frau, Marcs Großmutter, dort bis ans Ende ihrer Tage bleiben können, und Marc würde sich liebevoll um sie kümmern.

Rico Ruiz war immer der Meinung gewesen, dass Marc eigentlich auf die Ranch gehörte. Er fand, das Rancherleben passte besser zu ihm als die Geschäftswelt. Und tatsächlich liebte Marc das Leben auf dem Land, doch er war noch nicht bereit, die Führung des Unternehmens dafür aufzugeben. Andererseits wusste Marc natürlich, dass sein Großvater grundehrliche Absichten hatte und nur das Beste für ihn wollte. Er liebte den alten Herrn und wollte ihm seine letzte Zeit auf Erden so schön wie möglich machen. Auch wenn er dafür das fast Unmögliche versuchen musste.

Wo, zum Teufel, sollte er nur so schnell eine Ehefrau herzaubern? Und zwar eine, die sich im Vorfeld bereit erklärte, sich schon bald nach dem Tod seines Großvaters wieder scheiden zu lassen und auch keine großen Forderungen zu stellen?

Das war das Problem. Die Frauen, mit denen er in letzter Zeit ausgegangen war, erfüllten dieses Kriterium nicht. Es waren Frauen, mit denen er zwar gern mal einen Abend verbrachte, doch wirklich zusammenleben wollte er mit keiner von ihnen. Nicht mal auf der großen Ranch, auf der man sich einigermaßen aus dem Weg gehen konnte. Er blickte noch einmal auf die Liste, die er bereits erstellt hatte. Jeder Name war bereits durchgestrichen.

Durch die offene Tür sah er, wie Lara sich hinunterbeugte, um eine Schublade zu öffnen. Ja, mit ihr würde er es ein Jahr aushalten können. Sie war die perfekte Sekretärin, kompetent und fleißig, und dennoch hielt sie sich immer im Hintergrund. Meist bemerkte man sie kaum, doch sie war immer zur Stelle, wenn er sie brauchte. Wirklich schade, dass er sie nicht fragen konnte. Er blickte auf den Zettel mit der Liste und fügte den Namen einer weiteren Frauenbekanntschaft hinzu. Doch schon fünf Minuten später strich er ihn durch.

Unwillkürlich blickte er wieder zu Lara hinüber. Sie hatte sich wieder an ihren Schreibtisch gesetzt. Bei ihrem Einstellungsgespräch vor einem Jahr hatte sie schon erwähnt, das sie eifrig sparte, weil sie später einmal Medizin studieren wollte. Damals hatte er das als Wunschdenken abgetan. Doch jetzt kannte er Lara besser, ihre Willensstärke, ihre Zielstrebigkeit, und traute ihr durchaus zu, den Plan in die Tat umzusetzen. Was sie sich in den Kopf setzte, zog sie auch durch, früher oder später.

Sie erinnerte ihn an eine andere Frau, eine Frau, die er über alles geliebt hatte. Er zog das Foto, das in einem kleinen Bilderrahmen auf seinem Schreibtisch stand, näher an sich heran und musterte es gedankenverloren. Es zeigte seine Frau Kathy. „Ich vermisse dich so sehr“, flüsterte er. Vierzehn Monate war es jetzt her, dass Kathy bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen war. Zu allem Unglück war sie auch noch im zweiten Monat schwanger gewesen. So hatte Marc nicht nur seine Frau verloren, sondern auch sein ungeborenes Kind.

Und bald würde er auch noch seinen todkranken Großvater verlieren. Wieder musste er an das Ultimatum des alten Herrn denken. Oder sollte man es nicht Ultimatum nennen, sondern Vorschlag? Marc hatte zwei gewichtige Gründe, warum er seinem Großvater seinen letzten Wunsch erfüllen wollte. Der erste war, dass er das Erbe wollte, nicht weil er es unbedingt brauchte, sondern weil es auch seiner Mutter zugutekommen würde.

Der andere Grund war: Er liebte seinen Großvater sehr. Marc hatte seinen Vater schon mit zwölf Jahren verloren, und seitdem war sein Granddad so etwas wie ein Ersatzvater für ihn gewesen. Natürlich wollte er seinen Großvater glücklich machen. Aber dass er dafür binnen eines Monats heiraten musste …

„Verdammt, was soll ich nur tun?“, murmelte er vor sich hin. Wie gerne würde er seinem Großvater seinen Herzenswunsch erfüllen! Es war das Letzte, was er für ihn tun konnte. Aber wie würde er die ideale Scheinehefrau finden?

Als er hochblickte, sah er Lara vor seinem Schreibtisch stehen. Ein schneller Blick auf die Uhr verriet ihm, dass es genau achtzehn Uhr war. Auf die Minute. Natürlich. Lara war die Pünktlichkeit in Person.

„Was wollten Sie denn mit mir besprechen, Lara?“

Lara wandte sich um, schloss die Tür zu seinem Büro von innen und setzte sich dann auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch. Er betete, das sie nicht kündigen wollte; sie war einfach zu gut als Sekretärin. Über ihr Privatleben wusste er nicht viel, allerdings hatte sie ihm vor einiger Zeit gestanden, dass sie ihre Verlobung gelöst hätte. Er hatte ihr dazu sein Bedauern ausgesprochen, und sie hatte sich dafür bedankt und nur noch erwähnt, dass sie und ihr Verlobter in verschiedenen Dingen einfach zu unterschiedlicher Meinung gewesen seien.

Lara räusperte sich und blickte zu Boden. „Was ich zu sagen habe … ist privat, sehr persönlich.“

„Sie können ganz offen sprechen. Es bleibt alles unter uns. Wie kann ich Ihnen helfen?“

Nervös fuhr sie sich durch das brünette Haar. „Ich … ich befinde mich in einer Situation, die ich irgendwann zwangsläufig offenlegen muss, aber jetzt noch nicht. Ich weiß, das hört sich im Moment vielleicht komisch an, aber ich will es erst mal noch für mich behalten. Es geht darum – ich werde später um eine zeitweilige Beurlaubung bitten müssen.“

Innerlich atmete er auf. Eine Beurlaubung – das ging ja noch. Hauptsache, sie kündigte nicht! „Das lässt sich einrichten, Lara“, sagte er. „Ich kann befristet eine Ersatzkraft für Sie einstellen.“

Sie wirkte seltsam nervös. So hatte er sie noch nie erlebt. Selbst ihre geplatzte Verlobung hatte sie nicht so aus der Fassung gebracht.

„In so einer Situation war ich noch nie“, murmelte sie, „und ich hätte auch nie damit gerechnet. Und es dann noch mit meinem Arbeitgeber besprechen zu müssen …“

Abwehrend hielt er ihr die Hände entgegen. „Um Himmels willen, Sie brauchen mir überhaupt nichts zu sagen, wenn Sie nicht wollen. Das mit ihrer zeitweiligen Beurlaubung geht klar. Ihr Privatleben geht mich nichts an. Es sei denn, Sie brauchen meine Hilfe.“

Sie lächelte ihn dankbar an und schüttelte den Kopf. „Oh, nein, nein. Ich brauche Ihre Hilfe nicht. Höchstens vielleicht ein bisschen Geduld und Verständnis.“

Er musterte sie prüfend. „Lara, vielleicht wäre es doch besser, wenn Sie mir reinen Wein einschenken. Vielleicht kann ich Ihnen doch in irgendeiner Form behilflich sein.“

Sie seufzte. „Es fällt mir wirklich schwer, aber wahrscheinlich ist es besser, wenn Sie Bescheid wissen.“

„Wenn Sie das auch so sehen, dann nur raus damit.“

Sie wand sich förmlich, blickte erst zu Boden, dann aus dem Fenster. Schließlich riss sie sich zusammen und sah ihm direkt in die Augen. „Ich … ich bin schwanger.“

„Oh.“

Tief holte sie Luft, bevor sie weitersprach. „Es war nicht geplant. Leonard – mein Verlobter – war davon nicht sehr begeistert. Das ist auch der Grund, weshalb wir jetzt nicht mehr verlobt sind.“

„Verstehe.“

„In seiner Lebensplanung kamen Kinder noch nicht vor. Deshalb wollte er mich zu einer Abtreibung überreden. Aber das kommt für mich auf keinen Fall infrage.“ Voller Entschlossenheit fügte sie hinzu: „Ich will mein Baby bekommen, komme, was wolle.“

Kein Wunder, dass sie so durcheinander war. Eine ungeplante Schwangerschaft brachte wohl das Leben jeder Frau in Unordnung. Lara war sonst ein Muster an Planung und Voraussicht. Umso mehr erstaunte es ihn, dass ihr etwas Unerwartetes widerfuhr – und dann noch eine Schwangerschaft!

Verstohlen musterte er sie. Sie war schlank wie eh und je. Noch war ihr nichts anzusehen.

„Vielleicht kann ich Ihnen doch irgendwie helfen“, bot er an. Möglicherweise brauchte sie Geld oder einen neuen Wohnsitz. Er fragte sich, ob sie Angehörige hatte, auf die sie sich verlassen konnte. Sie war ihm immer eine engagierte und loyale Mitarbeiterin gewesen, und er würde alles für sie und ihr ungeborenes Kind tun. Er fand, das war er ihr schuldig.

Sie lächelte ihn an und schüttelte den Kopf. „Das ist wirklich sehr nett von Ihnen, aber das wird nicht nötig sein.“

In diesem Moment kam ihm ein Gedanke. Lara steckte in Schwierigkeiten – und er auch. Sie war schwanger und auf sich allein gestellt, und er brauchte eine Ehefrau auf Zeit, um an sein Erbe zu kommen. Möglicherweise konnte ihnen beiden geholfen werden …

Wäre sie nicht die ideale Kandidatin für eine Scheinehe?

Bei ihr würde er sich darauf verlassen können, dass sie mit einer späteren Auflösung der Ehe einverstanden wäre, da war er sich sicher. Denn sie hatte ihre eigenen Pläne und auch die Energie, sie durchzuziehen. Deshalb würde sie auch nicht erwarten, dass er sich in sie verliebte. Das würde er nämlich nicht können. Sein Herz gehörte immer noch seiner verstorbenen Frau. Diesen Verlust hatte er noch lange nicht verarbeitet, deshalb war er auch nicht bereit für eine neue Beziehung.

Sie arbeiteten ja schon ein Jahr zusammen, ohne sich in privater Hinsicht nähergekommen zu sein. So würde es auch bleiben. Er würde sie für ihre Hilfestellung natürlich großzügig entlohnen, und das wiederum half ihr und dem Baby.

Ja, eigentlich war das eine fantastische Idee!

Er war so in Gedanken versunken gewesen, dass er erst jetzt bemerkte, dass sie die ganze Zeit weitergesprochen hatte. „Ich würde weiterarbeiten, solange meine Schwangerschaft es zulässt, wenn es Ihnen recht ist.“

„Ja, ja, sicher. Und wenn es dann so weit ist, nehmen Sie sich Zeit, solange Sie wollen.“ Am liebsten hätte er ihr sofort den Vorschlag gemacht, seine Pro-forma-Frau zu werden, aber hier im Büro – das erschien ihm irgendwie unpassend. So etwas sollte man in anderer Atmosphäre besprechen, vielleicht bei einem gemeinsamen Abendessen.

„Ich bin gerade erst im zweiten Monat, es ist also noch sehr früh. Es wäre mir ganz lieb, wenn die Kollegen im Büro es noch nicht erfahren. Deshalb hatte ich Sie auch um einen Gesprächstermin nach Feierabend gebeten.“

„Keine Sorge, von mir erfährt keiner was.“ Er lächelte sie aufmunternd an, dann wurde er wieder ernst. „Lara, es ist eine private Frage, und Sie brauchen nicht darauf zu antworten. Aber mich würde interessieren, ob Sie Familienangehörige haben, die Ihnen zur Seite stehen.“

Traurig schüttelte sie den Kopf. „Ich habe Freunde, aber keine Familienangehörigen. Keinen einzigen. Meine Mutter ist an Leukämie gestorben, als ich achtzehn war. Ich hatte eine ältere Schwester, die ebenfalls an Leukämie gestorben ist – schon im Alter von sieben Jahren. Mein Dad hat unsere Familie verlassen, als ich noch ganz klein war. Ich habe keinerlei Erinnerung an ihn. Also – null Verwandtschaft.“

„Das tut mir wirklich leid“, sagte Marc betroffen. „Das wusste ich nicht. Wie gut, dass Sie wenigstens Freunde haben. Auch hier im Büro. Sie sind sehr beliebt.“

Er war ein absoluter Familienmensch, deswegen tat es ihm doppelt leid, dass sie keine Verwandten hatte. Umso mehr würde sie seine Hilfe gebrauchen können. Er würde zum Beispiel einen Treuhandfonds für ihr Baby auflegen können. Und wenn sie pro forma heirateten, konnte das Kind seinen Namen tragen. Wahrscheinlich würden die Leute glauben, er wäre der Vater. Auch das könnte für Lara von Vorteil sein.

„Sie hatten mir mal von Ihren Plänen erzählt, Medizin zu studieren, wenn Sie genug Geld gespart haben. Gilt das immer noch?“

„Oh ja, absolut. Das bleibt mein Plan, auch wenn sich durch die Schwangerschaft und das Kind bestimmt alles verzögern wird. Am liebsten würde ich nach dem Studium in die medizinische Forschung gehen. Die Krankheit meiner Mutter hat mir gezeigt, dass noch viel Forschungsbedarf besteht, damit man den Menschen besser helfen kann. Und genau das ist mein Ziel: Menschen zu helfen. Falls es mit dem Medizinstudium doch nicht klappen sollte, dann eben auf andere Art und Weise.“

„Das ehrt Sie“, lobte er. „Ich drücke Ihnen die Daumen, dass es mit dem Medizinstudium klappt. Allerdings wird es mit einem Baby nicht leichter werden. Vor allem wenn man keine Familienangehörigen zum Babysitten hat …“

„Ich schaffe das schon“, entgegnete sie und reckte energisch das Kinn hoch.

„Das glaube ich Ihnen“, sagte er – und meinte es auch wirklich so. Er kannte ihren Ehrgeiz, ihre Zielstrebigkeit, ihre Power. In dieser Hinsicht ähnelte sie ihm und seiner Mutter.

„Falls es Ihnen wegen der Schwangerschaft mal nicht so gut geht, können Sie jederzeit nach Hause gehen. Auch während des Tages.“

„Vielen Dank, sehr nett. Aber bisher geht es mir blendend. Ich leide nicht mal unter Morgenübelkeit.“

„Freut mich zu hören. Sie haben hoffentlich einen guten Arzt?“

„Ja, einen sehr guten. Freunde haben ihn mir empfohlen.“ Sie lächelte Marc an. „Gut, das wär’s dann wohl fürs Erste. Vielen Dank, dass Sie mich so unterstützen. Ich sage Ihnen Bescheid, wenn ich mich entschließe, den anderen im Büro von meiner Schwangerschaft zu erzählen.“ Sie lächelte unsicher. „Ewig lässt es sich ja nicht verbergen.“

Sie erhob sich, und er geleitete sie zur Tür. Sie war ihm jetzt ganz nahe. „Bis morgen früh dann, Lara.“

„Bis morgen früh. Und nochmals vielen Dank für Ihren Beistand.“

Nun war er ganz allein im Büro. Er setzte sich wieder an seinen Schreibtisch.

Ja, sie wäre wirklich die ideale Pro-forma-Ehefrau. Er suchte ja keine Beziehung, und Lara würde auch keine Beziehung erwarten. Sie würde sich auch gar nicht in ihn verlieben wollen, weil sie andere Zukunftspläne hatte. Ihnen wäre wirklich beiden geholfen: Er würde sein Erbe antreten können, sie würde finanzielle Unterstützung bekommen – und das Baby einen Treuhandfonds und Marcs Nachnamen.

Besser ging’s schon fast gar nicht!

Natürlich fand er sie attraktiv, aber das war ja kein Hinderungsgrund. Sie hatten ja schon bewiesen, dass sie neutral miteinander umgehen konnten. Die Ehe sollte nur auf dem Papier bestehen; es gab keinen Grund, miteinander ins Bett zu gehen. Er trauerte immer noch um seine Frau, und Lara hatte eine geplatzte Verlobung zu verarbeiten.

Ein besonderer Bonuspunkt wäre: Er würde dem ungeborenen Baby helfen. Das lag ihm besonders am Herzen, weil er mit seiner Frau auch sein ungeborenes Kind verloren hatte.

Er entschloss sich, Lara zum Abendessen einzuladen. Dann würde er ihr seinen Plan in aller Ruhe unterbreiten können.

Am Mittwochabend um achtzehn Uhr dreißig war Lara fertig. Sie betrachtete sich noch einmal prüfend im Spiegel. Warum ihr Chef sie wohl zum Essen eingeladen hatte?

Etwas Geschäftliches konnte es kaum sein – das hätte sich ja im Büro klären lassen. Aber sie würde schon noch früh genug erfahren, um was es sich handelte.

Ein Abendessen mit dem Vorgesetzten! Und dann noch einem so attraktiven Vorgesetzten. Marc sah nicht nur gut aus, er war auch charmant, sexy, willensstark. Durch den Büroklatsch kannte sie auch seine Vorgeschichte – dass er seine schwangere Frau bei einem Flugzeugabsturz verloren hatte. Ganz offensichtlich trauerte er immer noch um sie und hatte deshalb kein Interesse an anderen Frauen. Davon abgesehen wäre er sicher ohnehin klug genug, nichts mit einer Angestellten aus seinem Unternehmen anzufangen.

Sie hatte sich vom ersten Augenblick an zu ihm hingezogen gefühlt, hatte diese Gefühle jedoch stets unterdrückt. Sie hatte andere Pläne, als etwas mit ihrem Chef anzufangen, auch wenn er noch so anziehend war.

Sie seufzte. Sicher hatte Marc sie nicht zum Essen eingeladen, um ihr zu kündigen. So etwas würde er nicht tun. Egal, in ein paar Minuten würde sie Näheres wissen …

Noch einmal schaute sie prüfend in den Spiegel. Dann klingelte es auch schon an ihrer Tür. Schnell öffnete sie. Marc stand vor ihr, lächelnd, charmant wie immer. „Hallo, Marc. Wollen Sie noch kurz reinkommen?“

„Danke für das Angebot, aber das könnte etwas knapp werden. Wegen unserer Tischreservierung meine ich. Ich würde sagen, wir fahren lieber gleich los.“

„Ich habe Ihre Einladung gerne angenommen, Marc, aber ehrlich gesagt habe ich mich auch ein bisschen gewundert. Ich meine, mir ist nicht ganz klar, warum …“

Wieder lächelte er. „Ich kann verstehen, dass Sie das neugierig macht. Der Grund ist ganz einfach, dass ich etwas mit Ihnen zu besprechen habe und das nicht im Büro erledigen wollte, wo man ständig gestört wird.“

„Ah so“, sagte sie und nickte. Aber eigentlich war sie jetzt immer noch nicht klüger.

Möglicherweise hatte es doch irgendetwas mit der Arbeit zu tun. Etwas Privates schien es nicht zu sein, denn ihr Chef benahm sich zwar freundlich, aber doch so distanziert wie immer. Auch als sie zum Auto gingen, machte er keine Anstalten, ihren Arm zu nehmen oder sie sonst wie zu berühren. Trotzdem war sie nervös wie ein kleines Schulmädchen.

Am besten stelle ich mir vor, dass es ein ganz normales Mittagessen in der Kantine ist, sagte sie sich. Das funktionierte natürlich nicht.

Nach kurzer Fahrt erreichten sie einen exklusiven Club, in dem er Mitglied war. Drinnen wurden sie in einen Nebenraum des Restaurants geleitet, wo schon ein Tisch für sie vorbereitet war.

„Jetzt bin ich aber wirklich neugierig“, sagte sie, als sie sich gesetzt hatten.

Er nickte. „Lassen Sie uns erst die Drinks abwarten und unser Essen bestellen, bevor wir die Sache besprechen. Ich möchte nicht, dass wir ständig unterbrochen werden. Aber so viel vorab: Es geht um eine persönliche Angelegenheit und hat mit meinem Großvater zu tun.“

Sie runzelte die Stirn. Was konnte denn sie und gleichzeitig seinen Großvater betreffen? Sie hatte nur über Flurfunk gehört, dass der alte Herr sehr krank war. Inzwischen platzte sie fast vor Neugier, aber sie musste sich noch etwas gedulden. Der Ober kam, und sie bestellten zunächst einmal die Getränke, Mineralwasser für sie und einen Martini für Marc.

Sie bekamen die Getränke serviert und bestellten ihr Essen. Dann hob Marc feierlich sein Glas. „Auf die beste Sekretärin, die ich je hatte. Und auf eine hoffentlich erfolgreiche gemeinsame Zukunft.“

Sie stießen an und tranken. Misstrauisch beäugte sie ihn, als er sein Glas abstellte. Eine hoffentlich erfolgreiche gemeinsame Zukunft? Was sollte denn das heißen?

Er legte die Hände auf den Tisch und räusperte sich. „Gut, dann will ich endlich zur Sache kommen. Wie Sie vielleicht schon gehört haben, ist mein Großvater sehr krank. Bauchspeicheldrüsenkrebs. Die Ärzte schätzen, er hat nur noch ein paar Monate.“

„Das tut mir sehr leid“, sagte sie mitfühlend. Sie spürte, wie sehr Marc unter der Situation litt, obwohl er sich äußerlich gut unter Kontrolle hatte.

„Er steht mir sehr nahe. Ich habe meinem Vater schon mit zwölf Jahren verloren, und mein Großvater war immer für mich da. Ich habe viel Zeit auf der Ranch meiner Großeltern verbracht. Ich liebe das Landleben, und ich liebe diese Ranch. Sie ist wunderschön.“ Er lächelte sie an. „So empfinde ich es jedenfalls.“

„Das mit ihrem Großvater ist wirklich eine Tragödie“, sagte sie leise. Noch immer hatte sie keinerlei Vermutung, was das Schicksal des alten Herrn mit ihr zu tun haben könnte.

„Danke für Ihr Mitgefühl. Auch meine Großeltern lieben die Ranch. Fast ihr ganzes Leben lang haben sie dort gearbeitet.“

Der Ober kam mit dem Essen – einem saftigen Steak für Marc und Alaska-Lachs für Lara. Als sie wieder allein waren, probierte sie ein Stück Lachs und schloss genießerisch die Augen. „Hmm, der ist wirklich gut.“

„Das Essen hier ist immer fantastisch“, kommentierte er. Seine Stimme klang tiefer als sonst. Als sie die Augen wieder öffnete, sah sie, dass er sie ganz genau betrachtete. Es machte sie nervös. Trotzdem gefiel es ihr …

„Erzählen Sie bitte weiter“, forderte sie ihn auf.

Er nickte und holte tief Luft. „Mein Großvater weiß, dass ihm nicht mehr viel Zeit bleibt, und er sorgt sich um meine Großmutter. Sie möchte gerne bis zu ihrem Lebensende auf der Ranch bleiben, aber sie kann sie nicht alleine bewirtschaften, sie kommt ja gerade eben noch so alleine zurecht. Und da komme ich ins Spiel.“ Er legte eine dramatische Pause ein. „Und da kommen auch Sie ins Spiel, Lara.“

Verwirrt sah sie ihn an. „Ich verstehe nicht …“

„Vielleicht essen Sie lieber auf, bevor ich weiterrede.“

Sie schüttelte den Kopf. „Nein, sonst platze ich vor Neugier.“ Wollte er sie vielleicht als Gesellschafterin für seine Großmutter einstellen? „Sie scheinen ja zu glauben, dass ich nach Ihrer Enthüllung keinen Bissen mehr runterbringe. Was um Himmels willen ist es?“

„Ich hoffe, ich schockiere Sie nicht zu sehr. Ich kann es ja selber noch nicht richtig fassen. Am besten fange ich am Anfang an. Also: Mein Großvater möchte, dass ich auf die Ranch ziehe – und ich muss mich einverstanden erklären, mindestens ein Jahr zu bleiben. Gleichzeitig kümmere ich mich in dieser Zeit natürlich um meine Großmutter.“

„Sie werden also die Firma für ein Jahr verlassen?“, fragte Lara. „Oder vielleicht sogar für länger?“ Die Vorstellung, ihren Chef längere Zeit nicht zu sehen, schmerzte sie. Wer ihn wohl vertreten würde?

„Länger nicht. Ich kenne ja meinen Großvater; ich weiß, wie er denkt. Er geht davon aus, dass ich nach einem Jahr sowieso nicht mehr von der Ranch wegwill.“

„Ich kann nachvollziehen, dass das sein Wunsch ist – aber wollen Sie das auch?“

„Er hat mir einen Vorschlag gemacht. Ein Angebot, das schon fast an Erpressung grenzt. Wenn ich dort ein Jahr lebe, werde ich die Ranch erben und außerdem ein Drittel der Schürf- und Abbaurechte für das Terrain und ein Drittel der Ölvorkommen. Meine Mutter wird jeweils ein weiteres Drittel erben, und der Rest geht an meine Großmutter.“

„Ich verstehe“, sagte sie und legte die Gabel beiseite. „Sie haben mich also zum Essen eingeladen, um mir mitzuteilen, dass ich einen neuen Chef bekomme.“

„Was ich erzählt habe, ist bei Weitem noch nicht alles, der größte Teil kommt erst noch. Also, ich würde meinem Großvater seinen Wunsch erfüllen, selbst wenn es nicht um das Erbe ginge. Ich liebe den alten Herrn und bin es ihm schuldig, ihm seine letzten Tage so sorgenfrei wie möglich zu gestalten.“

„Ich finde das großartig von Ihnen, Marc, und ich kann das nur zu gut verstehen. Ich habe meine Mutter auch sehr geliebt und alles dafür getan, ihr die letzte Lebenszeit so angenehm wie möglich zu gestalten. Trotzdem werde ich Sie auf der Arbeit vermissen.“ Sie würde ihn sogar sehr vermissen! Sie arbeitete gern für ihn. Als Chef war er fair, nie launisch und angenehm im Umgang. Ganz davon abgesehen, dass er umwerfend aussah!

„Es geht noch weiter, Lara. Essen Sie lieber noch ein bisschen, damit Sie anschließend nicht hungrig nach Haus gehen müssen.“

Sie nahm Messer und Gabel und schnitt sich ein Stück Lachs ab. „Hier, ich esse, sehen Sie? Aber Sie haben mir die große Neuigkeit doch schon beigebracht – dass Sie die Firma für ein Jahr verlassen.“

„Ich bin aber noch nicht zu dem Teil gekommen, der Sie betrifft.“

Überrascht sah sie ihn an. Was hatte das zu bedeuten? Vielleicht brauchte er eine Sekretärin auf der Ranch? War es das?

„Mein Großvater hat mir noch eine weitere Bedingung gestellt, Lara. Ich soll nicht nur ein Jahr auf der Ranch leben – ich soll auch noch binnen eines Monats heiraten.“

Autor

Sara Orwig
<p>Sara’s lebenslange Leidenschaft des Lesens zeigt schon ihre Garage, die nicht mit Autos sondern mit Büchern gefüllt ist. Diese Leidenschaft ging über in die Liebe zum Schreiben und mit 75 veröffentlichten Büchern die in 23 Sprachen übersetzt wurden, einem Master in Englisch, einer Tätigkeit als Lehrerin, Mutter von drei Kindern...
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