Wie betört man einen Milliardär?

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Bei der ersten Begegnung hat es zwischen ihnen heiß geknistert. Beim zweiten Mal haben sie geflirtet. Jetzt sieht die Partyplanerin Eliza den Milliardär Jake Marlowe auf der Hochzeit von Freunden wieder! Wie wird ihre dritte Begegnung mit diesem umschwärmten Traummann enden?


  • Erscheinungstag 25.08.2022
  • ISBN / Artikelnummer 9783751515382
  • Seitenanzahl 160
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Eliza Dunne fühlte sich wie im Märchen, als Jake Marlowe in dem wunderschönen Ballsaal des mittelalterlichen europäischen Schlosses mit ihr Walzer tanzte. Hunderte von anderen Gästen, die von überallher gekommen waren, bewegten sich mit ihnen zu den Klängen des Kammerorchesters, und die kostbaren Juwelen und farbenfrohen Kleider der Frauen schimmerten im Schein der Kristallkronleuchter.

Eliza besaß keinen teuren Schmuck, fühlte sich jedoch fantastisch in dem glamourösen mitternachtsblauen Kleid, das oben eng anliegend und mit Perlen bestickt und nach unten hin ausgestellt war. Das dunkle Haar hatte sie mit strassbesetzten Kämmen hochgesteckt, die mit ihren Sandaletten um die Wette funkelten. Jake trug einen eleganten maßgeschneiderten Smoking.

Doch nicht die märchenhafte Umgebung, sondern er war der Grund für das aufgeregte Prickeln, das sie verspürte. Groß, beeindruckend und noch attraktiver als der Prinz, dessen Hochzeit sie gerade feierten, hatte er sie von ihrer ersten Begegnung an fasziniert.

Ihr Tanz war genauso intim wie ein Kuss, und sie war sich überdeutlich seiner Berührungen bewusst. Jake hatte ihr den Arm um die Taille gelegt, ihre Hand ruhte auf seiner breiten Schulter, seine raue Wange an ihrer. Eliza spürte seine Körperwärme, atmete seinen herben Duft ein, der ihre Sinne betörte. Sie nahm die anderen Paare um sich her kaum wahr, so versunken war sie.

Das erste Mal war sie ihm vor fast zwei Jahren begegnet, bei der Überraschungshochzeit ihrer Freundin und Geschäftspartnerin Andie Newman mit seinem Freund und Geschäftspartner Dominic Hunt. Jake war Trauzeuge und sie Brautjungfer gewesen, und sie hatten sich auf Anhieb verstanden.

Danach hatte sie ihn nur ein einziges Mal wieder getroffen, und zwar auf einer Geschäftsveranstaltung, und sie hatten die halbe Nacht geredet. Seitdem hatte sie ihn nicht vergessen können und jeden Moment unzählige Male erneut durchlebt. Er war so beunruhigend anders gewesen. Nun aber waren sie wieder Trauzeuge und Brautjungfer auf der Hochzeit von Freunden.

Ihre andere Freundin und Geschäftspartnerin, Gemma Harper, hatte gerade in einer prunkvollen Zeremonie in der Kathedrale Tristan, den Kronprinzen von Montovien, geheiratet, und jetzt fand die Feier statt.

Sie hatte erst mit Tristan und anschließend mit Dominic getanzt. Jake hatte keinen Hehl aus seiner Ungeduld gemacht und sie dann sofort aufgefordert. Es waren viele Mitglieder aus Königshäusern und Adlige anwesend, und Gemma hatte ihr erzählt, welche der Männer noch zu haben waren, doch Eliza hatte nur mit Jake tanzen wollen.

Nun löste er sich ein wenig von ihr und blickte lächelnd auf sie herab. Seine grünen Augen funkelten, und ihr stockte der Atem. Mit dem leicht zerzausten blonden Haar, dem markanten Kinn und den weißen Zähnen war er so attraktiv wie ein Hollywoodschauspieler, aber er schien nicht zu merken, dass alle Frauen ihm verstohlene Blicke zuwarfen.

„Und, amüsieren Sie sich?“, fragte er.

Beim Klang seiner tiefen Stimme erschauerte Eliza. „Ich weiß nicht, ob amüsieren der richtige Ausdruck ist. Ich habe das Gefühl, dass ich träume.“

„Es ist wirklich außergewöhnlich, stimmt’s? Eine königliche Hochzeit ist nicht gerade alltäglich für einen durchschnittlichen Australier.“

Durchschnittlich war er ganz bestimmt nicht. Jake hatte es schon als Twen zum Milliardär gebracht, und nun, mit zweiunddreißig, leitete er sein eigenes IT-Unternehmen. Doch trotz seines Reichtums, seines brillanten Intellekts und seines ungewöhnlich guten Aussehens trat er bemerkenswert bescheiden auf.

„Ich bin auf einer Schaffarm im Westen von New South Wales aufgewachsen“, erzählte Eliza. „Dort wurden die meisten Hochzeiten in der Scheune gefeiert. Für ein Mädchen vom Lande wie mich ist dies hier der Stoff, aus dem Märchen gemacht sind.“

„Auf mich wirken Sie eher wie eine typische Großstadtfrau. Immerhin sind Sie Chefin der besten Partyplanungsagentur in Sydney.“ Aus zusammengekniffenen Augen betrachtete er sie. „Die Schönste der Partyqueens.“

„Danke.“ Sie bemühte sich, nicht zu erröten. „Aber ich bin nicht die Chefin. Andie, Gemma und ich sind gleichberechtigte Partnerinnen.“

Sie kümmerte sich um die Finanzen, Andie um die Ausstattung und Gemma um das Essen.

„Aber Sie sind die Geschäftsfrau“, erklärte er.

„Das bin ich wohl“, räumte sie ein.

Die Firma bedeutete ihr alles, und seit der Gründung vor drei Jahren investierte sie ihre ganze Zeit und Energie darin.

„Tristan hat mir erzählt, dass Gemma die Hochzeit selbst organisiert hat“, sagte Jake. „Mit Ihrer und Andies Unterstützung aus der Ferne.“

„Das stimmt.“

Jake war gut mit dem Prinzen befreundet. Die beiden hatten sich vor Jahren beim Skilaufen in Montovien kennengelernt.

Verwundert und stolz zugleich schüttelte Eliza den Kopf. „Ich kann mir noch gar nicht richtig vorstellen, dass meine Freundin eines Tages eine richtige Königin sein wird. Doch das alles ist Gemma nicht wichtig. Ihr geht es nur um Tristan. Sie ist so glücklich mit ihm.“

Sie merkte selbst, wie sehnsüchtig sie klang. Natürlich hatte sie auch von der großen Liebe geträumt, doch die war ihr bisher nicht begegnet, und nun, mit neunundzwanzig, glaubte sie nicht mehr daran. Sie hatte eine gescheiterte Ehe hinter sich, und seit der Scheidung hatten sich alle Verabredungen mit Männern als Katastrophe entpuppt. Auf keinen Fall wollte sie je wieder heiraten und sich an einen dominanten Mann wie ihren Exmann oder ihren Vater binden, auch wenn sie sich manchmal einsam fühlte.

„Tristan ist auch sehr glücklich“, erwiderte Jake. „Er meint, er hätte es mir zu verdanken, weil ich ihn mit Gemma bekannt gemacht habe.“

Jake hatte Tristan Partyqueens empfohlen, als dieser in Sydney einen Empfang hatte organisieren müssen. Tristan war damals inkognito in Sydney gewesen, und Gemma und er hatten sich sofort ineinander verliebt. Die Verbindung hatte der Firma natürlich viel Publicity beschert.

Wieder betrachtete Jake sie. „Aber Sie machen sich Sorgen, was Gemmas neuer Status für Ihre Firma bedeutet, stimmt’s?“

Eliza krauste die Stirn. „Woher wissen Sie das?“

„Erfahrung. Ich habe es Ihnen angesehen, als ich Gemmas Namen erwähnt habe.“

„Ich hätte nicht gedacht, dass ich so leicht zu durchschauen bin. Gemma möchte weitermachen, aber ich glaube nicht, dass das aus der Entfernung klappt.“ Sie blickte sich um. „Sie lebt jetzt in einer ganz anderen Welt und hat viele Verpflichtungen.“

Eliza wusste, dass sie das Problem lösen musste, denn Andie und Gemma waren die Kreativen, während sie die Planerin war. Die beiden zogen sie oft damit auf, dass sie ein Kontrollfreak wäre, doch sie alle ergänzen sich hervorragend.

Jake verstärkte den Griff um ihre Taille. „Lassen Sie sich dadurch nicht den Abend verderben. Ich möchte ihn mir jedenfalls nicht verderben lassen.“

Wieder ließ der Klang seiner Stimme sie erschauern. „Sie haben recht. Ich möchte jeden Moment genießen.“

Jeden Moment mit ihm. Selig schloss Eliza die Augen, aber leider endete der Tanz schon bald.

„Noch einen Champagner?“, fragte Jake. „Wir könnten ihn auf der Terrasse trinken.“

„Eine sehr gute Idee.“ Ihr Herz klopfte schneller bei der Vorstellung, mit ihm allein zu sein.

Die Terrasse nahm die gesamte Länge des Ballsaals ein, und durch Rundbögen hatte man einen fantastischen Ausblick auf die erleuchteten Gärten und den See, über dem der blasse Mond hoch am Himmel stand. Jenseits davon erhoben sich die schneebedeckten Berge.

Es war Oktober und schon ziemlich frisch. So schien es ganz normal, dass Jake den Arm um sie legte, während Eliza die Aussicht bewunderte. Sie genoss seine Körperwärme und war sich immer noch überdeutlich seiner Berührung bewusst, als sie sich an ihn schmiegte und seine Muskeln spürte.

„Dieser Ort kommt mir so unwirklich vor“, bemerkte sie leise.

„Ja, Ehrfurcht gebietend“, erwiderte er.

Langsam trank sie einen Schluck Champagner. Da sie sich mit Wein auskannte und Gemma bei der Auswahl beraten hatte, wusste sie, dass dieser Jahrgang der teuerste überhaupt war. Doch sie war so fasziniert von Jake, dass sie genauso gut Mineralwasser hätte trinken können, ohne es zu merken.

Er nahm ihr das Glas aus der Hand und stellte es auf einen antiken Tisch in der Nähe. Dann drehte er sie zu sich herum. Er war groß, schätzungsweise einsneunzig, und zum Glück trug sie hohe Absätze, denn sie blickte nicht gern zu Männern auf.

„Ich habe den ganzen Tag darauf gewartet, mit Ihnen allein zu sein“, erklärte er.

„Ich mit Ihnen auch.“ Sie war froh, dass ihre Stimme nicht bebte. Man hatte ihr ein luxuriöses Gästeapartment im Schloss zugeteilt, wo sie wirklich allein sein konnten. Sicher hatte Jake auch eins.

Einen Moment lang betrachtete er sie nur, und er war ihr so nahe, dass sie seinen Atem im Haar spürte. Seine Augen schienen noch dunkler geworden zu sein. Gleich würde er sie küssen. Unwillkürlich bewegte sie sich auf ihn zu und öffnete die Lippen. Nach nichts sehnte sie sich in diesem Moment mehr.

Und trotzdem zögerte sie. Es gab noch etwas Unausgesprochenes zwischen ihnen. Also trat Eliza einen Schritt zurück, verschränkte die Arme und atmete tief durch. „Jake, hat sich seit Tristans Feier in Sydney etwas geändert? Ist Ihre Scheidung durch?“

Da er nicht sofort antwortete, verließ sie der Mut. „Ja auf Ihre erste Frage. Die Sache läuft. Aber sie ist noch nicht rechtskräftig. Ich warte auf das vorläufige Scheidungsurteil, ganz zu schweigen vom endgültigen.“

„Oh.“ Sie war zutiefst enttäuscht. „Ich dachte …“

„Sie dachten, ich wäre jetzt frei?“, hakte er schroff nach.

Eliza biss sich auf die Lippe und nickte.

Nun runzelte er die Stirn. „Ich auch. Allerdings war das alles nicht so einfach … Die Eigentumsregelungen …“

„Natürlich“, erwiderte sie.

Und wann bist du dann frei? hätte sie am liebsten gefragt.

Um seinen Mund erschien ein harter Zug. „Es ist frustrierend, aber es ist kompliziert.“

Es ging um Millionen von Dollar und um ein gemeinsames Leben, das auseinandergenommen wurde. Auch sie hatte eine Scheidung hinter sich, doch es war dabei um viel weniger Geld gegangen. Außerdem hinterließ eine Trennung immer Narben, egal, wie lange man verheiratet gewesen war. Deshalb wollte sie ihm keine weiteren Fragen stellen.

Bei ihrer ersten Begegnung hatte Jake ihr erzählt, dass seine Frau nach sieben Jahren Ehe die Trennung wollte, er hingegen nicht. Bei ihrer zweiten Begegnung hatte er ihr erzählt, dass die Scheidung laufen würde. Da sie gespürt hatte, dass er zwiegespalten war, hatte sie seinen Vorschlag, in Verbindung zu bleiben, abgelehnt. Sie fühlte sich zu stark zu ihm hingezogen, um so tun zu können, als wären sie nur gute Freunde.

Außerdem wollte sie sich nicht mit einem verheirateten Mann verabreden. Sie würde keinen verheirateten Mann küssen. Auch wenn er fast geschieden war. Auch wenn es sich um Jake Marlowe handelte. Auf keinen Fall sollte man in den Medien über sie spekulieren. Außerdem hatte ihr Exmann sie zum Ende ihrer Ehe hin betrogen, und obwohl sie Jakes Frau nicht kannte, wollte sie ihr nicht denselben Schmerz zufügen.

Zutiefst enttäuscht wich Eliza zurück und räusperte sich. „Ich wünschte …“ Unvermittelt verstummte sie und zuckte erschrocken zusammen, als ein schriller Alarm ertönte.

Jake blickte auf seine Uhr und fluchte leise. „Mitternacht“, informierte er sie. „Normalerweise rufe ich um die Zeit in der Firma an, um mich auf den neuesten Stand zu bringen.“ Er schaltete den Alarm aus. „Aber heute Abend nicht.“

Plötzlich war es sehr still auf der Terrasse. Man hörte nur die leise Musik aus dem Ballsaal und das Lachen eines Paars am anderen Ende der Terrasse. Eliza merkte, dass sie schneller atmete und das Herz ihr bis zum Hals klopfte.

„Nein, rufen Sie ruhig an. Es ist spät. Ich muss gehen.“ Schnell wandte sie sich ab und raffte ihr Kleid zusammen, doch Jake umfasste ihren Arm und drehte sie wieder zu sich herum.

„Gehen Sie nicht, Eliza. Bitte.“

Jake beobachtete, wie Eliza ihre Enttäuschung zu verbergen versuchte. Diese war allerdings nichts im Vergleich zu seiner.

„Aber ich muss los“, bekräftigte sie, während sie sich aus seinem Griff zu befreien versuchte. „Sie sind immer noch verheiratet. Wir können nicht …“

„… der Anziehung nachgeben, die von Anfang an zwischen uns war?“

Sie nickte.

Schon bei ihrer ersten Begegnung hatte es stark zwischen ihnen gefunkt. Für ihn war es eine Offenbarung gewesen. Die Chance auf etwas Neues und Aufregendes, nachdem er so lange versucht hatte, seine kaputte Ehe zu retten. Eliza war so schön, so klug, so interessant und doch so unerreichbar gewesen. Beim zweiten Mal war ihm klar geworden, dass sie sich genauso stark zu ihm hingezogen fühlte. Und an diesem Abend nahm er bei ihr dieselbe starke Sehnsucht nach mehr wahr.

Allerdings hatte Eliza bei ihrer letzten Begegnung unmissverständlich klargemacht, dass sie sich nicht mit einem verheirateten Mann einlassen würde. Er respektierte ihren Standpunkt. Als vermögender Mann war er unzähligen Frauen begegnet, die Dollarzeichen in den Augen hatten und die es nicht störte, dass er – oder sie – verheiratet war.

Als Tristan ihn gebeten hatte, sein Trauzeuge zu sein, hatte er sofort eingewilligt, nicht zuletzt um Eliza wiederzusehen. In ihrem schlichten blauvioletten Kleid war sie die Schönste der Brautjungfern gewesen und hatte – zumindest in seinen Augen – sogar die Braut in den Schatten gestellt. Auch in diesem Ballkleid, das ihre schmale Taille und ihre weiblichen Kurven betonte, konnte sie es jetzt selbst mit den Frauen aus dem Hochadel aufnehmen.

„Das hatte ich mir für diesen Abend nicht erhofft“, gestand Jake.

„Ich mir auch nicht“, flüsterte sie.

Ihm stockte der Atem, so schön war sie. Ihre blauen Augen funkelten wie Saphire, ihre Brauen und Wimpern waren genauso schwarz wie ihr Haar und bildeten einen wundervollen Kontrast zu ihrer hellen Haut. Jake vermutete, dass ihre Vorfahren Iren waren. Er wusste kaum etwas über sie und sehnte sich danach, sie besser kennenzulernen.

Er, der geglaubt hatte, er würde sich nie wieder für eine andere Frau interessieren. Der davon überzeugt gewesen war, dass er nur einmal heiraten würde. Er, der verzweifelt an einer Ehe mit einer Frau festgehalten hatte, mit der er sich längst entfremdet hatte, und daher keine andere angesehen hatte. Bis er Eliza begegnet war.

Es nervte ihn, dass die Scheidung so lange dauerte. Zuerst hatte er sie hinausgezögert, weil er gehofft hatte, seine Probleme mit seiner Frau lösen zu können. Dann hatte er herausgefunden, dass Fern ihn betrogen hatte. Nun konnte er es jedoch kaum erwarten, alles zu regeln und alle Brücken abzubrechen.

„Nur noch ein paar Monate, dann bin ich frei, Eliza. Und inoffiziell bin ich schon wieder Single. Könnten wir nicht …?“

Ihr Mienenspiel verriet, wie sie mit sich rang. Doch es überraschte ihn nicht, als sie den Kopf schüttelte.

„Nein“, entgegnete sie mit bebender Stimme. „Erst wenn du vom Gesetz her frei bist. Erst wenn wir uns ganz ehrlich begegnen können.“

Er bewunderte ihre Integrität. Doch er stöhnte, weil die Situation ihn derart frustrierte. Dann zog er Eliza an sich, und es fiel ihm schwer, nicht die Lippen auf ihre zu pressen. Vielleicht hätte er sie mit einigen Küssen und Zärtlichkeiten umstimmen können. Doch sie hatte recht. Er war noch nicht bereit – und das in mehr als nur einer Hinsicht.

„Sobald die Scheidung durch ist, melde ich mich und besuche dich in Sydney.“ Er lebte in Brisbane, der Hauptstadt von Queensland, etwa eine Flugstunde Richtung Norden.

Fast unbewusst ließ er die Finger über ihre bloßen Schultern und ihren Rücken gleiten. Es war eher eine beruhigende Geste. Er durfte nicht an Sex denken. Nicht jetzt. Noch nicht. Sonst verlor er noch den Verstand.

Ihr Kopf ruhte an seiner Schulter, und Jake spürte, wie sie nickte. „In Ordnung“, erwiderte sie leise.

Eine Weile hielt er sie so an sich gepresst. Nahm ihren süßen, blumigen Duft auf, ihre Wärme. Wünschte, er müsste sie nicht gehen lassen. Schließlich löste sie sich von ihm. Blickte zu ihm auf. Ihre Wangen waren gerötet, ihre Augen wirkten in diesem Moment noch blauer.

„Ich fliege morgen früh nach Sydney. Ich werde dich nicht mehr sehen“, sagte sie.

„Ich habe Besprechungen in Zürich“, informierte er sie. „Ich muss sehr zeitig aufbrechen.“

„Dann … heißt es jetzt auf Wiedersehen.“

Er legte ihr den Finger auf die Lippen. „Bis zum nächsten Mal.“

Einen Moment lang sah sie ihn forschend an. Schließlich nickte sie. „Bis zum nächsten Mal.“

Dann wandte sie sich ab und ging, ohne sich noch einmal umzudrehen. Ihr blaues Kleid raschelte bei jedem Schritt, und er beobachtete sie, bis sie durch einen Torbogen auf der rechten Seite verschwand. Nur ihr Duft lag noch in der Luft. Jake machte einen Schritt in die Richtung und blieb unvermittelt stehen. Er hatte nicht das Recht, sie ein zweites Mal zurückzurufen. Frustriert stöhnte er und hieb mit der Faust gegen die alte Mauer.

Für eine Weile sah er durch den Bogen auf den See, der ruhig dalag. Anschließend blickte er wieder zum Ballsaal. Da er nicht mehr mit Eliza tanzen konnte, wollte er sich auch nicht wieder unter die Gäste mischen. Außerdem fühlte er sich unter ihnen wie ein Außenseiter. Als Trauzeuge und Freund des Prinzen hatte er Zutritt zu ihrer Welt. Seine Luxusimmobilien und seine europäischen Luxuswagen ließen ihn glaubwürdig wirken.

Doch würden sie ihn auch so bereitwillig in ihre Kreise aufnehmen, wenn sie die Wahrheit über seine Vergangenheit wüssten? Würde Eliza ihn so anziehend finden, wenn sie seine Geheimnisse kannte?

Da er sich unbedingt ablenken musste, zog Jake sein Mobiltelefon aus der Tasche und rief in der Firma an.

2. KAPITEL

Sechs Monate später

Eliza bemerkte Jake Marlowe, sobald er die Business Class Lounge im Kingsford Smith Airport in Sydney betrat. Groß, breitschultrig, blond und sonnengebräunt wie ein Surfer, hätte er allein mit seinem Äußeren die Blicke auf sich gezogen. Da er jedoch ein Milliardär war, über den oft in den Medien berichtet wurde, beobachteten die Leute ihn verstohlen, als er mit großen Schritten zum Kaffeeautomaten ging.

Selbst aus dieser Entfernung verspürte Eliza ein erregendes Prickeln und errötete verlegen. Seit der Hochzeit hatte sie nichts mehr von ihm gehört, obwohl er sich nach der Scheidung bei ihr hatte melden wollen. Er hatte sich wer weiß wie lange in ihrer Heimatstadt aufgehalten und es nicht einmal für nötig gehalten, sich mit ihr in Verbindung zu setzen! Doch sie würde sich nicht dazu herablassen, ihm Schimpfwörtern an den Kopf zu werfen.

Zuerst war sie enttäuscht gewesen, dann wütend und schließlich peinlich berührt, weil sie ihm überhaupt geglaubt hatte. Weil sie sich falschen Hoffnungen hingegeben und davon geträumt hatte, ihn wiederzusehen. Auch jetzt konnte sie die starke Anziehungskraft nicht leugnen. In dem schwarzen T-Shirt und den verwaschenen Jeans sah Jake genauso gut aus wie im Smoking, ja, vielleicht sogar noch besser.

Das Aussehen war allerdings nicht alles. Sie hatte sich ein ganz falsches Bild von ihm gemacht. Sicher, sie hatten interessante Gespräche geführt und sich beinah geküsst. Doch letztendlich war er offenbar nur ein aalglatter Tycoon, der wusste, wie man eine Frau einwickelte. Sie war naiv genug gewesen, um darauf hereinzufallen. War überhaupt irgendetwas an ihm echt gewesen?

Sie hatte richtig gelitten, weil er sich nicht gemeldet hatte, und so etwas wollte sie nie wieder durchmachen. Vor allem nicht jetzt, da sie nicht wusste, wie es mit der Firma weitergehen sollte. Und nun, da Jake wieder Single war, konnte er sich vermutlich vor Angeboten kaum retten. Eine gut gekleidete Frau näherte sich ihm gerade und lächelte ihn an.

Jake lachte über etwas, das sie sagte. Er war so attraktiv, wenn er lachte. Verdammt, er war immer attraktiv, egal, was er tat!

Doch sie war schon immer stolz auf ihre Selbstbeherrschung gewesen. Einen Moment lang gestattete Eliza sich, ihn zu beobachten, dann senkte sie den Kopf und versteckte sich hinter ihrer Wirtschaftszeitung.

Vielleicht hatte sie sich nicht schnell genug geduckt – oder Jake hatte sie auch sofort bemerkt. Jedenfalls stand er wenige Sekunden später vor ihr, und ihr Herz begann zu rasen. Als sie die Zeitung sinken ließ und zu ihm aufblickte, gab sie sich überrascht. Der Blick seiner grünen Augen sagte ihr allerdings, dass Jake sich nicht täuschen ließ.

Zum Glück schaffte sie es, höflich-distanziert zu wirken. Er durfte auf keinen Fall erfahren, wie sehr er sie verletzt hatte. Das verlieh ihm zu viel Macht. In den letzten drei Monaten hatte man in allen Medien in epischer Breite über seine Scheidung berichtet. Trotzdem hatte er nicht angerufen. Wie hatte sie nur so naiv sein können, damit zu rechnen? Offenbar hatte sie zu viel in seine Worte hineingedeutet.

Eliza wollte aufstehen, aber Jake setzte sich auf den freien Platz neben ihr und beugte sich zu ihr herüber. Dabei streifte er ihren Schenkel, und es fiel ihr schwer, nicht zu seufzen. Sobald er ihr nahekam, schien es um ihre berühmte Selbstbeherrschung geschehen zu sein. Nun legte er die Hände auf die Schenkel, und sie weigerte sich, daran zu denken, wie herrlich seine Berührungen auf der Tanzfläche gewesen waren.

„Eliza.“

„Jake“, erwiderte sie kühl und nickte. Schnell schlug sie die Beine übereinander, um etwas auf Distanz zu gehen, und faltete demonstrativ die Zeitung zusammen.

Eine Weile herrschte peinliches Schweigen, doch sie hatte kein Interesse, das Gespräch zu beginnen, nicht nachdem Jake ihr gegenüber so gleichgültig gewesen war. Sie merkte, wie er nach den richtigen Worten suchte, und zu einem anderen Zeitpunkt hätte er ihr sogar leidgetan. Allerdings wusste sie, wie redegewandt er sein konnte. Wie er sie in seinen Bann geschlagen hatte. Diese plötzliche Verlegenheit musste Teil seines Spielchens sein. Offenbar war es ihm peinlich, ihr über den Weg zu laufen, nachdem er sich bewusst nicht bei ihr gemeldet hatte.

Eigentlich hätte sie ihn schmoren lassen sollen, doch ihr Flug konnte jeden Moment aufgerufen werden. Dies war vielleicht ihre einzige Chance, Jake klarzumachen, dass er sein Versprechen nicht gehalten hatte.

Natürlich war es kein richtiges Versprechen gewesen. Sie hatte nie an Märchen geglaubt – aber sie hatte ihm geglaubt. Obwohl die Lounge weitläufig und ziemlich leer war, war Eliza bewusst, dass man Jake und sie beobachtete und vielleicht auch alles mithörte. Deshalb beugte sie sich zu ihm hinüber.

„Wie war das noch mal mit dem Melden?“, fragte sie ihn leise. „In der Zeitung habe ich gelesen, dass deine Scheidung über die Bühne ist und du als einer der begehrenswertesten Junggesellen im Land giltst. Sicher genießt du das.“

Jake veränderte seine Position, wobei er wieder ihren Schenkel streifte. „Du könntest dich nicht mehr täuschen.“ Er räusperte sich. „Ich möchte es dir erklären.“

Sie wollte seine halbherzigen Ausreden nicht hören. „Lieber nicht. Mein Flug wird gleich aufgerufen.“

„Meiner auch. Wohin geht deine Reise?“

„Nach Port Douglas“, erwiderte sie kurz angebunden.

Sie hatte die Tage gezählt, bis sie endlich Urlaub in dem Hotel im Nordosten von Queensland machen konnte. In Cairns musste sie umsteigen. Sie brauchte unbedingt eine Auszeit, um sich in Ruhe Gedanken über die Zukunft der Firma machen zu können.

Autor

Kandy Shepherd
<p>Kandy Shepherd liebte das Schreiben schon immer. Um ihrer Leidenschaft auch beruflich nachzukommen, wandte sie sich dem Journalismus zu, arbeitete für angesehene Frauenmagazine und machte sich in dieser Branche als Redakteurin schnell einen Namen. Sie mochte ihren Job – doch noch lieber wollte sie Geschichten schreiben! Also ließ sie den...
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