Ein Spitzenslip im Badezimmer

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So hat sich Emma ihr Wiedersehen mit ihrem Exmann Joe nun wirklich nicht vorgestellt: Beide sind nackt und von der prickelnden Situation völlig überrascht. Wildes heißes Verlangen erwacht …


  • Erscheinungstag 20.08.2020
  • ISBN / Artikelnummer 9783733719142
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Joe Hart hatte einen entscheidenden Fehler gemacht. Und jetzt, sieben Jahre, nachdem er zur falschen Zeit und am falschen Ort mit der Tochter des Chefs ertappt worden war, bekam er die Chance, seine Dummheit wiedergutzumachen. Er musste Emma Donovan nur endlich so sehen, wie sie wirklich war: nicht als die blauäugige Unschuld, nach der er sich jede Nacht in seinen Träumen verzehrt hatte, sondern als eine kaltherzige Lügnerin. Wenn es ihm gelang, sie aus seiner Erinnerung zu verbannen, konnte er neu anfangen.

Nun schien sein Wunsch sich zu erfüllen. Er war wieder in den Staaten, in seiner Heimatstadt Holly Springs, und konnte seine Mutter, seine vier Brüder, seine Schwester und deren Sohn regelmäßig sehen – vorausgesetzt, diese Besprechung fand jemals ein Ende.

Der Besitzer der Eishockeymannschaft „Carolina Storm“, Multimillionär Saul Donovan, bestand darauf, jede einzelne Vertragsklausel ausführlich durchzugehen, bevor sie ihre Unterschrift daruntersetzen konnten.

„Alle Mannschaftsmitglieder verpflichten sich, an den Wohltätigkeitsveranstaltungen der Gemeinde aktiv teilzunehmen.“

„Kein Problem“, sagte Joe und sah seinen Boss an. Donovan war gut fünfzig Jahre alt, ungefähr einen Meter achtzig groß und etwas rundlich um die Taille. Aber sein Blick war alles andere als weich. „Das habe ich immer schon getan, auch ohne Vertrag.“

Saul Donovan betrachtete seinen neuen Spieler über die Lesebrille hinweg. „Außerdem unterstützt die Mannschaft das Hockeycamp für Kinder. Dabei werden Sie diesen Sommer mitmachen.“

Joe nickte. Er fühlte sich wie ein Halbwüchsiger, der gerade eine Moralpredigt bekam. Sein Boss hatte sich zwar bisher sehr sachlich und professionell gegeben, trotzdem fürchtete Joe, dass das dicke Ende noch kam.

„Mein Neffe Christopher ist zwölf, er hat vielleicht auch Lust, an dem Camp teilzunehmen“, meinte Joe.

Saul Donovan nickte zufrieden und sah dann wieder auf das vor ihm liegende Blatt. „Und damit wären wir beim letzten Punkt angelangt.“ Er legte sorgfältig seinen Stift zur Seite und nahm die Brille ab.

Aha, dachte Joe, es ist so weit.

„Ich bin bereit zu vergessen, was vor einigen Jahren passiert ist“, begann Saul in drohendem Ton. „Vorausgesetzt, Sie halten sich strikt von meiner Tochter fern!“

Donovan glaubte doch wohl nicht, dass Joe freiwillig in sein Verderben rennen würde – und das ausgerechnet auf dem Höhepunkt seiner Karriere! „Darauf können Sie Gift nehmen.“ Es war ihm bitterernst damit.

„Ich werde nicht zulassen, dass Sie meine Tochter noch einmal unglücklich machen.“

Joe hatte nicht die geringste Lust, alte Wunden aufzureißen. Die schöne Emma Donovan hatte ihm damals das Herz gebrochen, und er hatte sich geschworen, nie wieder auf eine Frau hereinzufallen, schon gar nicht auf eine reiche Erbin oder die Tochter seines Chefs.

Vom weiblichen Geschlecht hatte er genug, seit er vor sieben Jahren versucht hatte, eine schluchzende, wütende Emma mitsamt ihrem Koffer zurück in ihr College zu schmuggeln – und dabei ihrem genauso wütenden Vater in die Hände gefallen war. Neunzehn Jahre alt waren sie gewesen, und bis heute wusste Saul Donovan nicht, was in dieser Nacht passiert war – oder fast passiert wäre. Als Joe die Wahrheit erfuhr, war er schlagartig zur Vernunft gekommen, sehr zu Emmas Erbitterung.

Als sich das Schweigen zwischen Joe und Saul in die Länge zog, griff Mannschaftstrainer Thaddeus Lantz ein. „Ich denke, Joe hat dich verstanden, Saul.“

Joe nickte nur. Und ob er verstanden hatte. Wenn er es dieses Mal wieder versiebte, bekäme er keine zweite Chance. Dann würde Saul dafür sorgen, dass er in der Eishockeyliga nirgends mehr einen Fuß auf den Boden bekam. Als Besitzer eines der besten nationalen Teams reichte seine Macht weit.

„Es wird nicht immer einfach sein, Emma aus dem Weg zu gehen“, warnte Saul.

Damit hatte er wohl recht, wenn man bedachte, dass sie ausgerechnet mit Joes Mutter zusammenarbeitete, die bis heute nicht einmal wusste, dass ihr Sohn und die Millionärstochter sich überhaupt kannten.

„Überlassen Sie das mir, Sir.“

Mrs. Harts „Wedding Inn“ war die bevorzugte Hochzeitsadresse von North Carolina, und Emma war inzwischen, jedenfalls nach Aussage seiner Mutter, die begehrteste Hochzeitsplanerin im ganzen Staat. Doch was ging ihn das an?

„Emma ist heute Abend im Inn.“

Das war nur einer der Gründe, warum Joe seiner Mutter nicht gesagt hatte, dass er in der Stadt war. „Ich wollte mir eigentlich ein Hotelzimmer in Raleigh nehmen, bis der Rest meiner Sachen kommt“, sagte er. Er hatte sich schon vor einem Jahr ein Haus hier gekauft, aber nie die Zeit gefunden, es einzurichten, vor allem, weil er nicht vorgehabt hatte, schon so bald hierher zu ziehen. Doch dann hatte Saul ihm angeboten, für die Carolina Storm zu spielen.

„Haben Sie schon ein Zimmer gebucht?“, fragte Saul jetzt ein wenig freundlicher.

„Nein, noch nicht.“ Nach seiner Ankunft war er mit seinem Anwalt Ross Dempsey direkt zu Saul gefahren.

„Sehr gut. Dann bleiben Sie doch einfach hier.“

Joe warf seinem Anwalt einen unsicheren Blick zu, und der nickte. „Ich soll in Ihrem Haus übernachten?“, fragte er vorsichtshalber nach. Allmählich bekam er eine Vorstellung davon, woher Emma ihre Stimmungsschwankungen hatte.

Saul nickte. „Wir haben genügend Gästezimmer.“ Joe zögerte. „Ehrlich gesagt, Sie täten mir damit einen Gefallen. Meine Frau und ich fahren zum Golfturnier nach Southern Pines, und da es in Holly Springs in letzter Zeit ziemlich viele Einbrüche gegeben hat, würde ich das Haus nur ungern leer stehen lassen.“

„Ich passe gern darauf auf“, willigte Joe ein. Nach seinen Eskapaden war es das Mindeste, was er tun konnte.

„Es wäre nur bis morgen Abend.“

„Kein Problem. Was ist mit Emma?“

„Sie lässt sich selten blicken. Und wenn sie kommt, ruft sie vorher an. Sie weiß, dass wir nicht da sind, hat also keinen Grund für einen Besuch.“

Joe hatte Mühe, seine Erleichterung nicht zu zeigen.

Saul schob ihm den Vertrag hin, und Joe unterschrieb. Was für ein Gefühl!

Dann drückte Saul ihm die Hand. „Die Pressekonferenz ist am Montagmorgen, neun Uhr, im Stadion in Raleigh.“

„Ich werde pünktlich sein“, versprach Joe.

Emmas Mutter Margaret erschien in der Tür. Joe hatte sie nie persönlich kennengelernt, aber viel von ihr gehört. Sie war eine Expertin in Public Relations. Mit ihrer Hilfe hatte ihr Mann sich vom Besitzer einer Sandwichbude zum Inhaber einer im ganzen Land verbreiteten Restaurantkette hochgearbeitet, inzwischen war sie für die Öffentlichkeitsarbeit des Eishockeyteams verantwortlich. Mit ihren dunklen Haaren und den grünen Augen war sie genauso hübsch wie ihre Tochter. „Saul, können wir fahren?“

„Ja. Ich muss nur noch meine Golfsachen holen.“

Margaret lächelte Joe an. Wenn sie ihm wegen der Affäre mit ihrer Tochter noch Vorwürfe machte, so ließ sie es sich zumindest nicht anmerken.

„Kommen Sie, ich zeige Ihnen das Haus.“ Sie führte ihn durch die Küche, zu einem Extraflügel mit Fitnessraum und Schwimmbad und schließlich zu seinem Zimmer. „Fühlen Sie sich wie zu Hause.“ Ihre Stirn umwölkte sich. „Richtig wohl ist mir nicht bei dem Gedanken, dass Sie ganz allein hier sein werden.“

Joe schüttelte den Kopf. „Keine Angst, Mrs. Donovan, ich kann auf mich aufpassen.“ Was sollte ihm schon passieren?

„Sehr schön“, meinte Helen Hart kurz nach halb zehn Uhr zufrieden, als der letzte Hochzeitsgast das Wedding Inn verlassen hatte.

Emma Donovan gab ihr recht. „Ja, es ist wirklich gut gelaufen.“ Und da die Familien des Brautpaars zur gesellschaftlichen und politischen Elite des Staates gehörten, würde die Hochzeit in den 11-Uhr-Nachrichten gewürdigt werden. Eine bessere Werbung konnte man sich gar nicht wünschen.

„Wahrscheinlich bekommen wir jede Menge Nachfolgeaufträge“, vermutete Helen glücklich.

Emma nickte. Sie konnte es immer noch nicht glauben, dass sie und Joes Mutter nicht nur Geschäftspartnerinnen geworden waren, sondern sich richtig angefreundet hatten. Allerdings hatte Helen keine Ahnung davon, dass Emma Joe überhaupt kannte. Emma hatte es ihr nicht absichtlich verschwiegen, nur irgendwie hatte sich nie der rechte Zeitpunkt für ein „Geständnis“ gefunden. Aber vielleicht war es auch besser so, denn sie war immer noch zornig, weil Joe sie nur seiner Karriere wegen wie eine heiße Kartoffel hatte fallen lassen.

„Schade, dass nicht alle unsere Kunden so unkompliziert sind.“

Helen nickte. „Ich darf gar nicht an die Snow-Hochzeit denken!“

Gigi Snow, die Brautmutter, war wirklich eine Heimsuchung. „Dafür ist morgen früh noch Zeit.“ Emma war todmüde. Für heute hatte sie genug von Hochzeiten.

„Fährst du jetzt noch nach Raleigh?“, wollte Helen wissen, als sie Emma hinausbegleitete.

„Nein. Meine Eltern sind übers Wochenende weggefahren, ich werde dort übernachten.“

„Ist dir das nicht unheimlich in so einem großen Haus?“, fragte Helen besorgt.

Emma schüttelte den Kopf. „Meine Eltern haben eine sehr gute Alarmanlage.“

„Keine Alarmanlage ist todsicher.“

„Ich habe keine Angst.“ Sie brauchte jetzt vor allem ein warmes Bad und dann ein Bett.

Kurz darauf steuerte Emma ihren Wagen durch ihre verschlafene kleine Heimatstadt Holly Springs. Wie sehr sich ihr Leben doch verändert hatte, seit sie ein kleines Mädchen gewesen war. Heute waren ihre Eltern reich, damals hatten sie noch sehr mit dem Aufbau ihrer Restaurantkette gekämpft und waren so wenig zu Hause gewesen, dass sie ihre Tochter ins Internat hatten geben müssen. Und während Emma ihre Schule abschloss und auf die Universität ging, hatte ihr Vater sich einen lange gehegten Wunsch erfüllt und eine Eishockeymannschaft gekauft – Carolina Storm.

Wie gern wäre Emma regelmäßig zu den Spielen gegangen, aber ihr Vater hatte es verboten. Eishockeyspieler sind nichts für Frauen, hatte er immer gepredigt. Sie hätte auf ihn hören sollen. Doch sie hatte sich über seine Anweisungen hinweggesetzt und die Spiele der unteren Liga in Providence besucht – nicht zuletzt deshalb, weil einer der jungen Spieler es ihr besonders angetan hatte.

Emma seufzte. Das war alles längst Vergangenheit. Wenn sie nicht schleunigst an etwas anderes dachte, würde sie wieder die ganze Nacht von einem Jungen mit zerzaustem hellbraunen Haar und goldbraunen Augen träumen …

Sie schüttelte über sich selbst den Kopf, als sie am Tor den Geheimcode eintippte und wartete, bis es sich öffnete. Alles war ruhig und friedlich wie immer.

In ihrem Zimmer auf der Rückseite des Hauses steckte Emma die Haare hoch, ließ die Badewanne volllaufen und zog sich aus. Dann versank sie bis zum Hals im warmen Wasser. Und wieder musste sie an Joe Hart denken, diesen hinreißenden Schuft, der ihr vor vielen Jahren das Herz gebrochen hatte. Sie hatten nie miteinander geschlafen, aber sie spürte noch immer seine leidenschaftlichen Küsse, seine zärtlichen Berührungen …

Verärgert über sich selbst stieg Emma aus der Wanne. Und da hörte sie das Geräusch. Etwas – oder jemand – bewegte sich im Erdgeschoss, im Fitnessraum vielleicht oder in der Sauna … Sie kämpfte einen kurzen Anflug von Panik nieder, dann lief sie zum Telefon und rief die Polizei an. Sheriff Mac Hart nahm selbst ab. „Sie rühren sich nicht vom Fleck“, befahl er streng. „Und Sie versuchen auf keinen Fall, den Einbrecher zu stellen.“

Emma hörte, wie eine Tür sich unten schloss und eine andere sich öffnete. Dann hustete jemand. Es war ein tiefes, männliches Husten. Etwas schien auf den Boden gefallen zu sein, und der Mann stieß einen Fluch aus. Egal, was Mac gesagt hatte, es fiel ihr im Traum nicht ein, untätig hier herumzusitzen und darauf zu warten, dass jemand sie aufstöberte. Entschlossen schlüpfte sie in ihren bodenlangen Bademantel und zog den Gürtel zu. Jetzt brauchte sie noch eine Waffe. Sie wusste auch schon, wo sie etwas Geeignetes fand.

Joe war auf der Treppe, als er die gedämpften Schritte im ersten Stock hörte. Da von der Familie niemand da war und das Personal freihatte, musste sich ein Einbrecher im Haus herumtreiben. Das fehlte ihm gerade noch. Was für ein Einstand! Er wollte, er hätte sich angezogen und sich nicht nur ein Handtuch umgebunden.

Lautlos schlich er die Treppe wieder hinunter und tappte in die Küche. Er tastete im Dunkeln die Wand neben der Tür ab und fand einen Besen. Dann stellte er sich hinter einen Schrank und wartete.

Es war eine mondlose Nacht, nur wenig Licht fiel in die Küche. So konnte er den Einbrecher nur schemenhaft erkennen. Er war kleiner als Joe. Jetzt durchsuchte er die Schubladen – etwas zu geräuschvoll und hektisch für seinen Geschmack. Joe musste handeln, bevor sein Gegner vielleicht ein scharfes Messer fand. Mit einem Satz sprang Joe hinter dem Schrank hervor. Der Eindringling wirbelte herum und stürzte sich mit hoch erhobenem Arm auf ihn. Joe duckte sich. Dann donnerte ein schwerer Gegenstand – eine Teigrolle aus Marmor! – neben ihn auf den Küchentresen.

Er stieß eine Verwünschung aus und schwang seinen Besen. Der Eindringling machte eine schnelle Bewegung zur Seite, und Joe verfehlte sein Ziel. Wieder schwang der Unbekannte die Teigrolle, aber Joe wehrte sie mit dem Besen ab, und sie fiel mit lautem Getöse zu Boden.

Joe wollte sich schon zu seinem Sieg gratulieren, als er auf einmal ein Knie in Richtung seiner empfindlichsten Stelle zielen sah. Gerade noch konnte er den Angriff mit seinem Oberschenkel abwehren, dann packte er seinen eher schmächtigen Gegner an den Armen. Bei dieser Aktion glitt das Handtuch zu Boden, das er sich notdürftig um die Hüfte geschlungen hatte. Sein Gefangener versuchte, sich zappelnd aus seinem Griff zu befreien, und dabei öffnete sich der Frotteebademantel. Sie prallten aneinander, und Joe spürte weiche Brüste an seinem Körper, zarte weibliche Haut, nach einer Mischung aus Seife und einem dezenten Parfüm duftend. Er erlitt einen regelrechten Schock und wich, wie vom Blitz getroffen, zurück.

Bevor er noch etwas sagen konnte, hatte die Frau sich ein Glas mit Süßigkeiten gegriffen und hämmerte damit auf ihn ein. Er bekam sie wieder zu fassen. „He, warten Sie! Ich …“

„Sie – Sie Verbrecher!“, schrie sie ihn an. „Wie kommen Sie dazu, hier einfach einzudringen?“

„Jetzt halten Sie mal die Luft an! Ich bin kein …“ Joe fluchte, als sie ihm gegen das Schienbein trat, und er versuchte, ihr das Glas zu entwinden. Fast hätte er es geschafft, als seine Gegnerin einen lauten Schrei ausstieß.

Von einer hysterischen Ziege ließ er sich ganz bestimmt nicht beeindrucken! Endlich hatte er den Behälter in seinen Besitz gebracht und außer Reichweite gestellt, als sie schon nach dem nächsten zur Waffe geeigneten Gegenstand tastete. Er wollte sie festhalten, aber sie wich zurück, sodass er nur den Ärmel ihres Bademantels zu fassen bekam.

Aber noch gab sie sich nicht geschlagen, sie wand und drehte sich, um sich zu befreien. Dabei büßte sie ihren Bademantel ganz ein, der mitten auf seinem Handtuch landete. Das hinderte sie allerdings nicht daran, wie wild auf Joe einzutrommeln. Dazu schrie und kreischte sie ohrenbetäubend.

Joe hatte allmählich genug. Er schloss die Arme wie einen Schraubstock um sie, in der Hoffnung, sie vielleicht so zu beruhigen, aber sie war jenseits aller Vernunft. Ganz gleich, was er tat oder sagte, sie wollte einfach nicht mit diesem Geschrei aufhören.

Dann tauchten plötzlich Scheinwerfer von draußen die Küche in gleißend helles Licht.

Joe sah auf seine Gegnerin hinunter, sah das zerzauste dunkle Haar, die wunderschönen smaragdgrünen Augen, die weichen Lippen … O nein, dachte er. Bitte nicht!

Im nächsten Augenblick hörten sie die Stimme des Sheriffs über den Lautsprecher: „Keine Bewegung!“

2. KAPITEL

„Du kannst es einfach nicht lassen, kleiner Bruder, was?“, fragte der Sheriff Joe. Drei uniformierte Beamte waren mit ihm in die Küche gekommen.

Das muss mit Emma zu tun haben, dachte Joe bitter, als er instinktiv vor sie trat, um sie in ihrer Blöße vor den Blicken der vier Männer zu schützen. Er hob ihren Bademantel auf und half ihr hinein. Nicht, dass das noch viel nützte. Alle hatten sich ausgiebig vergewissern können, dass sie ebenso splitternackt war wie er selbst.

Joe drehte sich halb nach den gleißenden Scheinwerfern um. Bildete er sich das nur ein, oder entdeckte er wirklich einen Übertragungswagen des lokalen Fernsehsenders im Garten?

Mit Mühe unterdrückte er einen ganzen Schwall von Flüchen. „Du gestattest, dass ich mir mein Handtuch hole, großer Bruder?“, fragte er stattdessen betont milde, aber sein Blick verhieß Mord und Totschlag. „Oder wolltest du mich gleich erschießen?“

Mac Hart steckte mit allen Anzeichen der Missbilligung seine Pistole ins Halfter zurück und signalisierte den übrigen Beamten, seinem Beispiel zu folgen. „Zieht euch was an, ihr zwei.“ Dann drehte er sich zu der Fernsehcrew um, die hinter ihm in die Küche drängte. „Und Sie hören gefälligst auf zu filmen“, befahl er.

„Wir kommen nur unserer Pflicht zur Berichterstattung nach“, behauptete der Reporter. „Wir haben von dem Einsatz im Polizeifunk gehört, und da es sich hier um das Grundstück von Saul Donovan handelt, ist das ein Fall von öffentlichem Interesse.“

Der rothaarige Kameramann trat einen Schritt nach vorne, die Kamera im Anschlag, während Joe sich sein Handtuch um die Hüften wickelte.

„He, Sie sind doch Joe Hart“, rief der Reporter. „Ist es wahr, dass Sie bei den Carolina Storm unterschrieben haben?“

Das hatte ihm noch gefehlt. „Kein Kommentar.“

„Können Sie mir dann vielleicht sagen, in welcher Beziehung Sie zu Mr. Donovans Tochter stehen?“, erkundigte der Reporter sich. „Oder warum Miss Donovan einen Einbruch gemeldet hat?“

Joe sah seinen Bruder Hilfe suchend an. Wenn hier jemand Autorität besaß, dann Mac.

„Genug, Leute“, entschied Mac. „Verlassen Sie das Grundstück. Haben Sie mich verstanden?“ Sein Ton verschärfte sich, als die Filmcrew keine Anstalten machte, seinem Befehl nachzukommen. „Hier gibt es nichts zu berichten.“

Seine Beamten drängten die protestierenden Fernsehleute hinaus, und Emma verließ fluchtartig die Küche. Joe folgte ihr.

Zum ersten Mal an diesem Abend sah er sie richtig an. Sieben Jahre waren vergangen, seit sie sich zum letzten Mal gesehen hatten. Sie war erwachsen geworden. Ihre Augen waren noch immer so smaragdgrün und von dichten Wimpern beschattet, wie er sie in Erinnerung hatte. Ihr Mund war weich und rot, das Kinn hatte sie kämpferisch erhoben. Sie hatte kein Make-up aufgelegt, aber mit ihrer pfirsichfarben schimmernden Haut und den dunklen Haaren sah sie umwerfend aus – und wie die reiche, verwöhnte Erbin, die sie damals herausgekehrt hatte.

Sie hätte ihm nicht gleichgültiger sein können, und doch fühlte er sich körperlich nach wie vor zu ihr hingezogen, musste er zu seinem Leidwesen feststellen. Dazu kam, dass sie ihn wie hypnotisiert anstarrte. Auch er konnte den Blick nicht von ihr wenden. Saul Donovan hatte völlig recht gehabt, ihm den Umgang mit seiner Tochter zu verbieten. Sobald sie zusammen waren, konnte er für nichts garantieren.

Mac räusperte sich. „Na?“, fragte er ungeduldig.

Joe drehte sich zu seinem Bruder um. Er schuldete ihm eine Erklärung. „Ich bin Gast hier.“

Emma sah ihn böse an, als wäre alles nur seine Schuld. Typisch. „Ich auch.“

„Ich hatte keine Ahnung, dass sie hier ist. Mr. und Mrs. Donovan sind übers Wochenende weggefahren und haben mich gebeten, hier zu übernachten.“ Wenn sich jemand hier unberechtigt aufhielt, dann ganz sicher nicht er!

„Und du meinst, ich hätte das gewusst?“, stieß Emma grimmig hervor.

Joe hob die Schultern. „Keine Ahnung. Es wäre ja nicht das erste Mal, dass du es darauf anlegst, mich in Schwierigkeiten zu bringen.“

Mac hob die Augenbrauen und sah von einem zum anderen. „Habe ich da etwas verpasst?“, erkundigte er sich.

Joe schüttelte den Kopf. In seiner Familie brauchte niemand etwas von der Dummheit zu erfahren, die ihn vor sieben Jahren in die zweite Liga zurückkatapultiert hatte, nur Stunden, nachdem er zum ersten Mal in die erste Liga berufen worden war. Welche Blamage! Und dass Emma der Grund für diese Dummheit gewesen war, musste erst recht niemand wissen.

„Alles in Ordnung, Mac“, behauptete er jetzt steif. „Du kannst wieder abziehen. Emma und ich bekommen das selbst geregelt.“

Mac sah Emma an. „Ist das für Sie okay?“

Emma nickte. „Es tut mir leid, dass ich falschen Alarm ausgelöst habe. Wenn ich gewusst hätte, dass Joe hier herumschleicht …“

„Was dann?“, fragte Joe finster. „Hättest du ihnen dann gesagt, sie sollen sofort schießen und erst später nachfragen?“

Emma verdrehte die Augen. „Haha.“ Sie wandte sich wieder Mac zu. „Dann hätte ich Sie natürlich nicht angerufen.“

„Bestimmt nicht“, bekräftigte Joe liebenswürdig. „Wenn du uns also jetzt entschuldigst, Bruderherz. Emma und ich haben einiges zu besprechen.“

Emma hielt ihren Bademantel vor der Brust zu. „Ich ziehe mich nur schnell an und verschwinde dann.“

„Nicht so hastig.“ Joe hielt sie an der Schulter fest. „Zuerst will ich wissen, was du hier zu suchen hast. War das geplant? Reichte es nicht, dass dein Vater mich sieben Jahre lang in die Provinz verbannt hat? Will er mich immer noch dafür bestrafen, dass ich dir die Unschuld geraubt und dich dann sitzen gelassen habe?“

So war es zwar nicht gewesen, aber die Donovans waren davon überzeugt. Emma hatte sich nie die Mühe gemacht, ihnen die Wahrheit zu sagen. Wahrscheinlich hätten sie ihr ohnehin nicht geglaubt.

„Ich habe keine Ahnung, wovon du überhaupt redest“, behauptete Emma. „Es ist mir sowieso schleierhaft, wieso mein Vater dich in sein Haus eingeladen haben soll.“

Joe sah sie nur an. Er weiß immer noch nicht, ob er mir glauben kann, dachte sie.

Für einen Moment presste er die Lippen zusammen. „Ich habe heute einen Vertrag bei ihm unterschrieben.“

Es waren Jahre verstrichen, seit sie ihn – abgesehen vom Fernsehen – zuletzt gesehen hatte, aber er übte noch immer dieselbe magnetische Wirkung auf sie aus. Sie konnte einfach den Blick nicht von der kleinen sichelförmigen Narbe über seinem rechten Auge oder von dem Grübchen in seinem Kinn wenden. Aber sie wollte sich nicht von seinem aufregenden Lächeln oder diesen goldbraunen Augen faszinieren lassen, wollte sich nicht klein neben ihm fühlen, sich nicht vorstellen, wie sein kräftiger sonnengebräunter Körper … Emma rief sich zur Ordnung. Und trotzdem …

„Ich dachte, mein Vater hätte entschieden, er würde dich nie wieder für ihn spielen lassen, an jenem Abend, als …“

„… als er mich dabei erwischte, wie ich dich wieder in deinen Schlafsaal zurückschmuggeln wollte?“ Sie sahen sich eine Weile nur stumm an. Dann fuhr Joe fort: „Du hättest mir sagen müssen, dass dein Vater der Donovan ist!“

Emma seufzte. „Dann wärst du niemals mit mir ausgegangen.“

Joe nickte. „Erraten.“

Wieder verspürte sie diese Fassungslosigkeit darüber, dass er sie damals so ohne Umstände hatte fallen lassen. „Jedenfalls hat es mir letztendlich gezeigt, dass ich dich richtig eingeschätzt habe.“ Und dass man sich nicht auf ihn verlassen konnte, jedenfalls nicht, wenn Gefühle im Spiel waren.

Joe lehnte sich an die Wand, dabei rutschte sein Handtuch ein wenig tiefer über seine Hüften. „Du willst mir weismachen, du hast keine Ahnung, was in dem Vertrag steht, den ich heute Abend unterschrieben habe?“

Emma wandte mit Mühe den Blick von seinem Nabel und den goldbraunen Härchen, die unter seinem Handtuch verschwanden. „Woher denn? Ich wusste ja nicht einmal, dass du überhaupt hier bist.“

„Und jetzt sollte ich auch nicht hier sein.“ Joe stieß sich von der Wand ab und setzte sich in Bewegung. Emma wünschte, er sähe nicht so verdammt sexy aus mit diesem Handtuch. Er fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. „Ich fürchte, morgen weiß jeder, was passiert ist.“

„Du meinst, dass wir praktisch in flagranti ertappt worden sind?“

„Wir sind bei überhaupt nichts ertappt worden!“

Autor

Cathy Gillen Thacker
<p>Cathy Gillen Thacker ist eine Vollzeit-Ehefrau, - Mutter und – Autorin, die mit dem Schreiben für ihr eigenes Amusement angefangen hat, als sie Mutterschaftszeit hatte. Zwanzig Jahre und mehr als 50 veröffentlichte Romane später ist sie bekannt für ihre humorvollen romantischen Themen und warme Familiengeschichten. Wenn sie schreibt, ist ihr...
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