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Noch nie geliebt - das ändert sich für die Mechanikerin Hannah, als Dylan in ihr Leben tritt. Er erkennt sofort, dass unter ihrem ölverschmierten Overall ein warmes Herz schlägt. Doch ihre heiße Romanze scheint vorbei, als er ihr einen ungeheuerlichen Vorwurf macht …


  • Erscheinungstag 20.08.2020
  • ISBN / Artikelnummer 9783733719173
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Unglaublich“, murmelte Hannah Reid vor sich hin, als sie Dylan Hart samt Gefolge aus dem Flughafen von Raleigh-Durham herauskommen sah. Die Hochzeit seiner Schwester Janey sollte in weniger als einer Stunde stattfinden, und der gut aussehende Sportreporter hatte nichts Besseres zu tun, als Autogramme zu verteilen und Hände zu schütteln. Auch wenn er damit viele Kinderherzen höher schlagen ließ, ärgerte sich Hannah über ihn. Er sah sich lässig um und lief dann zum Seitenstreifen, wo sie in ihrem Van auf ihn wartete.

„Wo ist der Bentley?“, fragte Dylan, nachdem er auf der Rückbank Platz genommen hatte.

Hannah war sauer, weil er sie wie eine Chauffeurin und nicht wie eine gute Freundin behandelte. Schneller als gewöhnlich bog sie auf den Highway und dachte, dass er sich wenigstens auf den Beifahrersitz hätte setzen können. „Er steht in Holly Springs, weil er für die Hochzeit gebraucht wird. Und wenn wir schon davon reden …“

„Ja, ich weiß.Wir sind spät dran. Aber du scheinst noch nicht mal ganz fertig zu sein. Oder ist das Schmieröl in deinem Gesicht beabsichtigt?“

Hannah berührte ihre Wange. Verflucht! Sie konnte nicht glauben, dass sie es schon wieder getan hatte …

„Mach dir keine Sorgen.“ Dylan betrachtete sie im Rückspiegel. „Ich erzähle niemandem, wo du gewesen bist.“

„Sehr witzig.“ Hannah versuchte, sich auf die Straße zu konzentrieren. Dylan sah wieder einmal unverschämt gut aus. Aber bloß weil er heute einen schicken Anzug und eine Krawatte trug und im Fernsehen unwiderstehlich gewesen war, bedeutete das nicht, dass sie sich seinetwegen verrückt machte.

Seine haselnussbraunen Augen und sein sexy Lächeln faszinierten sie immer wieder, und die Lachfalten und das markante Kinn betonten seine Ausstrahlung noch.

„Wo bist du gewesen?“ Dylan rutschte auf der Rückbank herum und berührte sie mit einer seiner breiten Schultern.

„Ich habe einen alten Jaguar repariert. Ein Eilauftrag“, murmelte Hannah und beobachtete im Innenspiegel, wie er frische Kleidung aus seiner Tasche holte. Was hatte er bloß vor?

Dylan zog seine Jacke aus und legte sie neben sich. „Heute?“

„Ich hatte Zeit“, sagte sie, während er einen Rasierer auspackte und sich die Stoppeln entfernte. „Das glaubte ich jedenfalls, bevor sich dein Flug verspätete.“ Nun waren sie vollkommen aus dem Zeitplan gekommen. Ihr blieb nur noch wenig Zeit, um sich für die Hochzeit zurechtzumachen, bei der sie an Dylans Seite hinter der Braut schreiten würde.

„Es gab Verzögerungen wegen des Wetters.“ Dylan nahm sein Aftershave und sah aus dem Fenster. „Anscheinend klart es auf.“

„Hoffentlich“, seufzte Hannah erleichtert und bog nach Holly Springs ab. „Es hat ja auch lange genug geregnet.“ Als sie wieder in den Innenspiegel sah, traute sie ihren Augen nicht. Zog er sich etwa im Auto aus? „Bist du angeschnallt?“

Dylan lächelte. „Im Moment nicht.“

Sie musste das Lenkrad fester halten, da er sie ganz schön ablenkte. Ihr Herz schlug auf einmal schneller. „Wir sind auf dem Highway, Dylan!“

Das schien ihn nicht weiter zu beunruhigen. Aus dem Augenwinkel konnte sie erkennen, wie er sein T-Shirt auszog und ein weißes Hemd vom Bügel nahm.

„Ich vertraue deinen Fahrkünsten. Du hast ja immerhin eine Ausbildung als Chauffeurin“, sagte er und zwängte seinen muskulösen Körper in das Hemd.

War es auf einmal heißer im Auto geworden?

Hannah stellte die Klimaanlage kühler. „Trotzdem solltest du dich anschnallen.“

„Aber ich kann meine Hose nicht ausziehen, wenn ich den Gurt anlege.“

Das war garantiert nur ein Scherz. Dylan würde sich in ihrem Auto nicht die Hose ausziehen. Oder etwa doch?

Sie blickte kurz über die Schulter und war sich sicher, dass sie sich das alles nur eingebildet hatte. Doch stattdessen wurden ihre Augen größer, als sie seine nackte Brust sah.

Hannah blickte schnell wieder auf die Straße. Ihre Hände zitterten. „Was tust du da?“ Sie konnte an nichts anderes mehr als an seinen muskulösen Körper denken. Dabei hatte sie einen Job zu erledigen. Sie musste mit Dylan zu Janeys und Thads Hochzeit fahren.

„Jemand sollte Hannah Reid mal zum Tanz auffordern“, sagte Mac Hart.

Dylan sah zu seinem Bruder. Irgendwie war er nicht überrascht, dass gerade Mac das sagte. Er hatte sich in seiner Familie schon immer um Recht und Ordnung gekümmert, bevor er vor fünf Jahren Sheriff von Holly Springs geworden war.

„Ja“, stimmte Fletcher ihm zu. Er selbst hatte die Liebe erst vor Kurzem mit der Floristin Lily Madsen entdeckt. „Die Hochzeitsfeier ist schon fast zu Ende, und keiner hat sie bisher zum Tanzen aufgefordert.“

„Das überrascht mich nicht“, brummte Dylan und sah sich nach der talentiertesten Automechanikerin der Stadt um. Er war froh, dass Hannah nicht in der Nähe war. Obwohl sie manchmal etwas reserviert wirkte, hätte sie bestimmt erwartet, dass er sie zum Tanzen aufforderte. „Hannah ist wie …“ Fast hätte er „… eine Schwester für mich“ gesagt. Doch seit er sie in dem umwerfenden Kleid und den hohen Absätzen gesehen hatte, wollte er sie nicht mehr als seine Schwester sehen.

„… wie ein guter Kumpel“, sagte er stattdessen. Früher hatte er sie immer für ein Mauerblümchen gehalten. Doch das hatte sich spätestens am heutigen Abend geändert. Im Moment glich sie eher einer Sexgöttin. Warum waren ihm bloß diese energischen grünen Augen nie aufgefallen? Die weiblichen Kurven hatte sie allerdings schon immer gehabt. Nur hatte sie diese bisher unter wenig vorteilhafter Kleidung versteckt. „Sie mag es eben, über Sport zu reden, mit den Jungs Bier zu trinken und Autorennen zu verfolgen.“

„Aber sie sieht sich doch gar keine Autorennen mehr an“, unterbrach Mac ihn.

„Stimmt“, bestätigte Joe Hart.

Dylan drehte sich zu Joe um und wunderte sich, wie sehr sein jüngster Bruder sich verändert hatte. Noch vor drei Monaten hatte Joes Welt sich ausschließlich um Sport gedreht. Dann hatte er eine Beziehung mit Emma Donovan angefangen, der Tochter seines Chefs. Und nun betrachtete der Profi-Eishockeyspieler sich als Beziehungsmensch und Frauenversteher.

„Nicht, seit Hannah und Rupert Wallace Schluss gemacht haben“, fügte Joe hinzu und nahm sich ein weiteres Stück Torte.

Das ist mittlerweile zwei Jahre her, erinnerte Dylan sich. Er fragte sich, wo sein Bruder Cal war. Seit ihn seine Ehefrau Ashley angerufen und ihm mitgeteilt hatte, dass sie es nicht zur Hochzeit schaffen würde – die hübsche Ärztin hing in Honolulu fest, wo sie eine Fortbildung zur Geburtshelferin machte –, war Cal frustriert.

„Auch wenn sie sich wie ein Mann verhält“, sagte Fletcher zu Dylan, „ändert das nichts daran, dass sie als Brautjungfer auf der Tanzfläche sein sollte. Und da du mit ihr zum Altar gegangen bist, solltest du auch mit ihr tanzen.“

Dylan versuchte, nicht daran zu denken, wie es sich anfühlen würde, Hannah in den Armen zu halten oder ihr tief in die Augen zu sehen. Wenn er zu viel Zeit allein mir ihr verbrächte, dann würde er vielleicht etwas Dummes tun – sie küssen, zum Beispiel. „Na gut“, sagte er schließlich. Einen Tanz lang könnte er sich schon zusammenreißen. „Wo ist sie?“ Er wollte das Ganze so schnell wie möglich hinter sich bringen.

„Als ich sie zuletzt gesehen habe, ging sie gerade nach oben“, sagte Mac.

„Vielleicht wollte sie der Braut beim Umziehen helfen“, überlegte Dylan, als Thad herunterkam, um sich unter die übrig gebliebenen Gäste zu mischen. „Am besten finde ich es selbst heraus.“ Dylan ging die Treppe hinauf, nickte dem Bräutigam zu und machte sich auf die Suche nach Hannah.

Die Tür zu Janeys Umkleidezimmer war geschlossen. Dylan konnte hören, wie zwei Frauen sich dahinter unterhielten und laut dabei lachten.

Er steckte die Hände in die Taschen und ging den Flur entlang. Ihm blieb nichts anderes übrig, als darauf zu warten, dass sie herauskamen. Am anderen Ende des Flurs hörte er Stimmen aus dem Umkleidezimmer des Bräutigams.

„Hast du einen Tipp, wie ich mit ihm umgehen sollte? Wie ist noch mal sein Name?“, hörte Dylan Hannah fragen.

Neugierig näherte er sich weiter der Tür.

„R. G.Yarborough“, antwortete sein Bruder Cal.

Dylan war fassungslos. Was suchte er bloß bei ihr?

„Es ist wichtig, den richtigen Anfang bei ihm zu machen“, fuhr Cal fort. „Also zieh dir einen kurzen Rock an.“

Dylan runzelte die Stirn. Besaß sie überhaupt einen?

„Was noch?“, fragte sie widerwillig.

Er wunderte sich, warum Hannah mit seinem Bruder, der gerade in einer Ehekrise steckte, über diese Dinge sprach.

„Es könnte schwierig mit ihm werden“, bemerkte Cal. „Aber wenn du deinen ganzen Charme einsetzt und Yarborough zeigst, dass du dein Handwerk verstehst …“

Dass du dein Handwerk verstehst? Dylans Augen wurden größer.

„Wie alt ist er überhaupt?“, unterbrach sie ihn mit nervöser Stimme. Kein Wunder, bei dem, was sein Bruder da von ihr verlangte.

„Ungefähr fünfundvierzig oder fünfzig, glaube ich. Er ist schon lange verheiratet“, sagte Cal. „Also denk dran …“

„Ich werde es nicht vergessen“, versprach Hannah.

„Gut.“ Cal hörte sich erleichtert an. Eigentlich sollte er Schuldgefühle haben. Unglaublich, dass er von Hannah verlangte, sich mit einem älteren, verheirateten Mann einzulassen! Wusste Cal denn gar nicht, dass sie so gut wie keine Erfahrungen mit Männern besaß? Dylan konnte sich nicht daran erinnern, dass sie mit einem Mann – außer dem Rennfahrer Rupert Wallace – ausgegangen war. Wenn man das überhaupt so nennen konnte. Die meiste Zeit hatte man sie nur dabei gesehen, wie sie an Motoren herumbastelten.

„Wo soll das Ganze stattfinden?“, fragte Hannah.

„Du wirst ihn in einer Stunde in Sharkey’s Pool Hall in Raleigh treffen.“

Das war ganz sicher nicht die beste Gegend für eine Frau. Egal, ob sie verabredet war oder nicht.

„Wenn es auf Anhieb klappt, dann nimmt er dich vielleicht in sein Haus mit.“

Dylan war in seinem ganzen Leben noch nicht so schockiert gewesen. Was sollte denn auf Anhieb klappen?

„Macht es Yarboroughs Frau nichts aus?“, erkundigte Hannah sich besorgt.

„Sie ist nicht in der Stadt. Vor ein paar Tagen ist sie mit den Kindern nach Kalifornien gereist, um die Familie zu besuchen.“

„Dann bleibt mir also genügend Zeit“, nahm Hannah an.

Dylans Neugier brachte ihn fast um. Er erkannte seine langjährige Freundin und seinen Bruder kaum wieder. Vorsichtig riskierte er einen Blick durch die angelehnte Tür. Der Raum war fast vollkommen dunkel. Nur ansatzweise konnte er Hannah wahrnehmen, die Cal gegenüberstand und die Arme verschränkt hatte. Sie wirkte wie bei einem Kundengespräch, das sie für ihr Unternehmen „Classic Car Auto Repair“ führte. Misstrauisch kniff sie die Augen zusammen. „Du meinst, dass der Kerl steinreich ist?“

Cal schüttelte angewidert den Kopf. „Yarborough schwimmt in Geld, was leider auch ein Teil des Problems ist. Wenn er nur etwas weniger hätte …“

Hannah nickte zustimmend. „Dann wäre es viel einfacher für dich.“

„Genau.“

„Mach dir keine Sorgen. Ich werde schon mit ihm zurechtkommen.“

Dylan lief ein eiskalter Schauer den Rücken hinunter, als er sie lächeln sah.

„Da wäre noch eine andere Sache, Hannah“, warnte Cal sie. „Niemand – und ich meine wirklich niemand – darf etwas von dieser Sache erfahren. Wenn Ashley davon Wind bekommt …“

Dylan war klar, dass Cals Frau genauso geschockt wäre wie er.

„Das verstehe ich vollkommen“, entgegnete Hannah. „Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, Cal. Niemand wird etwas von mir erfahren.“

Wenn man jemanden heimlich belauschte, dann konnte es passieren, dass man schnell etwas in den falschen Hals bekam. Dennoch war Dylan sich sicher, dass sein Bruder Cal die achtundzwanzigjährige Hannah mit einem reichen älteren Mann zusammenbringen wollte. Und sie schien es noch nicht einmal wirklich zu wollen.

Deshalb stieg er eine Stunde später vor Sharkey’s Pool Hall aus einem Taxi und war neugierig, was ihn erwarten würde.

Hannah stand an einem Billardtisch und trank ein Bier. Sie trug einen kurzen schwarzen Rock, Kniestrümpfe und Schuhe mit hohen Absätzen, die ihre beeindruckenden Beine betonten. Neben ihr stand ein Mann. Es handelte sich garantiert um R.G. Yarborough. Er war mindestens fünfzig und sah sehr wohlhabend aus. Sein Gesicht schien mehrere Schönheitsoperationen hinter sich zu haben, und seine jugendliche Kleidung und der Ohrring waren Indizien dafür, dass er sich in einer Midlife-Crisis befand. Für eine unschuldig wirkende Frau wie Hannah konnte er ganz sicher gefährlich werden.

Dylan durchquerte lässig den Raum, setzte sich an den langen Holztresen und bestellte ein Bier.

Von dort aus hatte er einen guten Blick auf Hannah und ihren Begleiter. Und nicht nur er, auch der Barkeeper schien ein Auge auf sie geworfen zu haben.

„Kennen Sie sie?“, fragte er Dylan.

Er nickte. Doch im selben Moment fragte er sich, ob er sie wirklich kannte. Die attraktive Frau vor ihm ähnelte nicht im Entferntesten dem Mädchen, mit dem er aufgewachsen war.

„Ich glaube nicht, dass ich diese heiße Braut hier schon einmal gesehen habe. Sonst hätte ich mich bestimmt an sie erinnert“, gab der Barkeeper zurück.

Das dachten vermutlich alle Männer in der Bar. Hannah zog mit ihrem sexy Outfit und ihrer wilden Mähne alle Blicke auf sich. Als sie einen Schluck Bier trank, streckte Yarborough die Hand aus und strich ihr über die Hüfte. Diese Berührung war Hannah sichtlich unangenehm. Aber anstatt zu protestieren, drehte sie sich zu ihm und flüsterte ihm etwas zu.

Dylan konnte nicht verstehen, was sie sagte. Doch der reiche Kerl holte plötzlich seine Brieftasche heraus und hielt ihr ein paar Scheine hin.

Hannah interessierte sich nicht für das Geld, schien allerdings sein Angebot nicht abzulehnen. Was immer es auch war …

Normalerweise wäre Dylan im Hintergrund geblieben. Aber das war eindeutig zu viel für ihn. Er wusste nicht, in was Cal die naive Hannah Reid da hineingeritten hatte, aber er würde ganz bestimmt nicht untätig herumstehen.

Er ging zum Billardtisch, wo Hannah immer noch wild flirtete.

„Hier geht es nicht nur um Geld“, sagte Hannah, gab Yarborough die Scheine zurück und zwinkerte ihm zu. „Wir haben doch noch etwas Besseres vor.“

Yarborough sah sie mit funkelnden Augen an. „Da haben Sie recht.“

Dylan stand nun vor ihnen und beschloss einzuschreiten, bevor es zu spät war. „Hannah!“

Sie sah zu ihm und wurde blass. „Dylan, was machst du denn hier?“

„Nichts Bestimmtes“, antwortete er.

Yarborough musterte Dylan und wandte sich an Hannah.

„Ist das Ihr Ehemann?“

Sie lächelte angespannt. „Nein. Ganz bestimmt nicht.“

„Ihr Freund?“, hakte Yarborough nach.

Dylan legte einen Arm um ihre Schulter. „Hannah gefällt das Wort ‚Freund‘ nicht. Es hört sich ihrer Meinung nach zu sehr nach Highschool an. Doch um Ihre Frage zu beantworten – ja, wir gehen hin und wieder miteinander aus.“

Hannah sah ihn schockiert an und drehte sich dann zu R.G. „Es ist nicht so, wie Sie denken. Dylan ist wie ein Bruder für mich.“

„Ein Bruder, der nicht möchte, dass jemand dich verletzt“, fügte Dylan hinzu und warf ihr einen bedeutungsvollen Blick zu.

Hannah stemmte die Hände in die Hüften, während die Gäste um sie herum langsam zu tuscheln begannen. Sie schien sehr sauer auf Dylan zu sein. „Seit wann bist du mein Aufpasser?“

Plötzlich kamen zwei Männer auf sie zu und wandten sich an Dylan.

„Hey“, sagte der eine. „Sind Sie nicht der Sportreporter von W-MOL?“

„Ja, Sie sind doch Dylan Hart“, meinte der zweite.

„Werden Sie wieder für das lokale Fernsehen berichten?“, fragte ein anderer.

Hannah klopfte auf Dylans Schulter. „Vielleicht solltest du dich deinem Fanklub zuwenden und mich in Ruhe lassen.“

Irgendetwas gefiel Dylan an der Situation immer noch nicht. Hannah versuchte, etwas vor ihm und allen anderen zu verheimlichen. „Auf keinen Fall!“

„Bitte entschuldigen Sie mich für einen Moment“, sagte sie zu Yarborough und zog Dylan zur Seite. „Was tust du hier?“

„Ich passe auf dich auf.“

Sie seufzte. „Woher weißt du überhaupt, dass ich hier bin?“

„Ich bin dir gefolgt.“

„Warum?“

Auf diese Frage hatte er immerhin eine gute Antwort. „Weil meine Sachen in deinem Auto sind.“

Yarborough kam zu ihnen. „Hey, Süße. Wollen Sie nun spielen oder nicht?“

Hannah schien hin und her gerissen zu sein. Sie wollte mit

R.G. gehen, zögerte aber gleichzeitig, da alle in der Bar zu ihr blickten.

„Ich warte hier solange“, verkündete Dylan. „Zeit habe ich mehr als genug.“

Hannah holte einen Schlüsselbund aus der Tasche und reichte ihn Dylan. „Nimm die Schlüssel, und hol dir die Sachen einfach selbst aus dem Wagen.“

„Irgendjemand muss mich aber nach Holly Springs zurückfahren“, beharrte Dylan.

„Ich dachte, du bist mir gefolgt.“

„In einem Taxi.“

„Dann nimm dir doch ein Taxi zurück.“

Dylan schüttelte den Kopf. „Ich habe kein Geld mehr. Aber das ist schon in Ordnung. Wie ich schon sagte, ich kann warten.“

Hannah gab entmutigt auf. „Warte hier.“ Sie ging zu Yarborough und sagte ihm etwas, was ihm nicht zu gefallen schien. Anschließend kam sie wieder zu Dylan zurück und ging mit ihm zur Tür. „Du kannst einem wirklich auf die Nerven gehen, weißt du das?“

„Ich werde das wiedergutmachen“, versprach er ihr und wunderte sich, dass er Hannah noch nie ausgeführt hatte.

„Wie denn?“, fragte sie wütend.

Dylan öffnete ihr lächelnd die Tür und nahm sich vor, wegen Yarborough später noch einmal nachzuhaken. „Ich lade dich zum Abendessen ein.“

Hannah starrte Dylan an, als sie die Bar verließen. Er schien es ernst zu meinen. Dabei würde sie niemals auf die Idee kommen, seine Einladung zum Essen als Date zu betrachten. Der Mann, den sie seit ihrer Kindheit kannte, verabredete sich nie mit ihr. „Wann?“, fragte sie und wusste immer noch nicht genau, was Dylan vorhatte.

„Warum nicht jetzt gleich?“, fragte Dylan lächelnd zurück.

Hannah ignorierte die Schmetterlinge im Bauch, die sein Lächeln bei ihr auslöste. „Wir haben doch schon bei der Hochzeitsfeier gegessen.“

„Das war eher ein spätes Mittagessen. Oder erlaubt dir deine Diät nicht, nach vier Uhr nachmittags noch etwas zu essen?“

„Sehr witzig.“

„Komm schon“, versuchte er sie zu überreden. „Ich lade dich auch ein.“

Schon allein wenn sie seine leuchtenden Augen betrachtete, schlug ihr Herz schneller. Sie wollte sich nicht vorstellen, was an diesem Abend noch alles passieren könnte. Vielleicht würde sie sogar den Mann küssen, den sie seit Jahren kannte. Aber nein. Das würde garantiert nicht geschehen. „Ich dachte, du hast kein Geld mehr.“

„Aber eine Kreditkarte.“

„Manche Taxis akzeptieren auch Kreditkarten“, sagte sie herausfordernd.

Er lächelte. „Ich wollte lieber mit dir essen gehen.“

Also war es doch ein Date. „Heute ist Sonntag, und es ist halb elf. Nur die Fast-Food-Restaurants haben jetzt noch geöffnet.“

„Das macht mir nichts. Lass uns losfahren.“

Hannah blieb stehen und sah ihn mürrisch an. „Ich habe noch nicht Ja gesagt.“

„Dich zum Essen einzuladen ist doch das Mindeste, was ich tun kann, nachdem ich dich von deinem Geschäft vorhin abgehalten habe.“

Hannah gefiel der Spott in seinen Worten gar nicht. „Was gibt es denn gegen eine Runde Billard einzuwenden?“ Nach all den Partien, die sie gegen ihn und seine Brüder in Holly Springs gespielt hatte, sollte er doch wissen, dass sie immer gewann.

Dylan zog die Brauen hoch. „Das hattest du also vor?“

Wenigstens sollten die Leute das glauben. „Ich hatte kein Date mit diesem Typen, Dylan“, sagte sie nüchtern und ging zu ihrem Auto.

„Gut. Der Kerl ist nämlich verheiratet, falls dir das entgangen sein sollte.“

Hannah wunderte sich nicht, dass Dylan der Ring an Yarboroughs Finger aufgefallen war. Trotzdem wollte sie ihm nicht erzählen, warum sie sich gerade diesen Mann ausgesucht hatte. „Na und?“, fragte sie, als sie die Hintertür ihres Wagens aufschloss, damit Dylan seine Sachen herausholen konnte. „Es ist doch nicht gegen das Gesetz, wenn ein verheirateter Mann eine Runde Billard mit einer Frau spielt, oder?“

Dylan öffnete seine Tasche und holte seine Kleidung heraus. „Stört es dich, wenn ich mich umziehe?“

Schon wieder? „Warte, bis wir im Restaurant sind. Ich habe schon genug von deinem gestählten Körper gesehen.“

Dylan lächelte verwundert. „Und? Hat es dich angemacht?“ Er warf die Kleidungsstücke ins Auto und setzte sich auf den Beifahrersitz.

Mehr, als sie zugeben wollte. „Träum ruhig weiter“, sagte sie trocken, als sie hinter dem Steuer saß.

Dylan würde sie sowieso nie als Frau betrachten. Für ihn war sie immer nur ein Kumpel gewesen. Obwohl … so wie jetzt hatte er sie noch nie angesehen. Sie startete den Motor und fuhr aus der Parklücke. „Wohin sollen wir fahren?“

„Auf dem Weg nach Holly Springs gibt es ein Restaurant, wo das Essen auf Rollschuhen serviert wird. Was hältst du davon, wenn wir es ausprobieren? Ich hoffe, dass sie meine Kreditkarte akzeptieren …“

„Mach dir deswegen keine Sorgen. Das kriegen wir schon hin.“ Hannah war zwar nicht reich, aber ab und zu konnte sie sich auch etwas leisten.

„Wenn sie nur Bargeld annehmen, dann zahle ich dir morgen alles zurück.“

„Kein Problem.“

Sie schwiegen eine Weile.

„Du siehst nicht sehr glücklich aus“, sagte Dylan schließlich.

Hannah stieß einen langen Seufzer aus. „Sollte ich das denn sein?“ Immerhin hatte er ihr ein wichtiges Treffen vermasselt. Als Dylan vorhin aufgetaucht war, hatte sie ihren Plan unmöglich fortsetzen können.

„Bist du enttäuscht, weil der Typ verheiratet war?“

Sie blinzelte überrascht.

„Du hast immerhin mit ihm geflirtet“, fuhr er fort.

Das war nur Mittel zum Zweck, redete sie sich ein. Doch Dylan sollte nichts davon erfahren. „Glaubst du nicht, dass er ein bisschen zu alt für mich war?“

„Trotzdem wirkte es so, als wollte er mit dir ins Bett steigen.“

Hannah wurde immer angespannter. „Überrascht dich das etwa?“, fragte sie und errötete.

Autor

Cathy Gillen Thacker
<p>Cathy Gillen Thacker ist eine Vollzeit-Ehefrau, - Mutter und – Autorin, die mit dem Schreiben für ihr eigenes Amusement angefangen hat, als sie Mutterschaftszeit hatte. Zwanzig Jahre und mehr als 50 veröffentlichte Romane später ist sie bekannt für ihre humorvollen romantischen Themen und warme Familiengeschichten. Wenn sie schreibt, ist ihr...
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