Nur noch eine heiße Nacht mit dir!

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Ihr blondes Haar, ihre blauen Augen und ihr freundliches Wesen haben ihn verzaubert. Noch nie hat Slade Bartelli so viel für eine Frau empfunden wie für Melinda. In ihren Armen erlebt der smarte Texaner die pure Ekstase. Doch als Sohn eines berüchtigten Unterwelt-Bosses eilt ihm ein schlechter Ruf voraus, obwohl er verzweifelt versucht, sich davon zu befreien. Slade weiß, dass er lieber die Finger von Melinda lassen sollte, wenn er sie schützen will. Aber eine letzte heiße Nacht mit ihr hat ungeahnte Folgen …


  • Erscheinungstag 02.02.2021
  • Bandnummer 2171
  • ISBN / Artikelnummer 9783751503525
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

Sterling Perry ist wahrscheinlich ziemlich zufrieden mit sich, jetzt, da die Betrugsvorwürfe gegen ihn fallen gelassen wurden und er nicht mehr im Gefängnis sitzt. Verdammt. Eigentlich hätten die Beweise ausreichen müssen, damit er dort bleibt. Es läuft einfach nichts wie geplant. Seit Vincent … Nun, das ist jetzt auch egal. Niemand hat auch nur die geringste Ahnung, wer ihn umgebracht hat. Ich schätze, ich werde sie einfach durch einen Wink mit dem Zaunpfahl zu einem passenden Verdächtigen lotsen müssen.

Perry ist die absolut logische Wahl. Bei dem Gedanken an ihn steigt ein solcher Hass in mir auf, dass ich am liebsten jemanden schlagen würde. Doch stattdessen atme ich bloß tief durch und bemühe mich um Ruhe. Ruhig ist es wesentlich leichter, den Untergang der Männer zu planen, die mir einfach alles genommen haben.

Und es ist ja nicht so, als wären sie gute Menschen. Sie haben beide Fehler, zu viele, um sie alle aufzuzählen, und sie haben auf dem Weg nach oben vielen Leuten geschadet. Kollateralschäden, so wie ich. Doch das hat bald ein Ende.

Ryder Currin und Sterling Perry quälen einander ganz hervorragend, und das passt ausgezeichnet zu meinem Vorhaben. Aber es kann nicht schaden, Sheriff Battle auf den Plan zu rufen. Er ist die reinste Bulldogge und wird die Vorwürfe gegen Sterling Perry wieder auf den Tisch bringen.

Die Textnachricht von Vincent wurde von einem Perry-Holdings-Handy aus gesendet – und alle wissen, dass bei Perry Holdings nichts ohne Sterlings Zustimmung geschieht. Das sollte reichen, um Sterling wieder zum Mittelpunkt der Ermittlungen zu machen.

Ich lese die E-Mail, die gerade eingetroffen ist, und lächle zufrieden. Anscheinend hat Ryder Currin in seiner Firma Probleme bei den Arbeitsbedingungen. Interessant. Es sollte nicht allzu schwer sein, diese Information Sterling Perry in die Hände zu spielen, damit er sie dann nutzt, um Currin zu ruinieren.

Es fällt mir schwer, nicht zu selbstgefällig zu werden. Die Betrugsvorwürfe konnten ihren Zweck zwar nicht erfüllen, aber ich habe noch mehrere Eisen im Feuer. Sie werden beide für das bezahlen, was sie getan haben. Egal, wie lange es auch dauern mag.

1. KAPITEL

Melinda sah aufs Handy, während sie sich einen letzten Heizwickler ins Haar drehte. Sie versuchte, ihre Social-Media-Sucht in den Griff zu bekommen. Es gefiel ihr unheimlich, genau zu wissen, was ihre Lieblingspromis gerade trieben, doch sie hatte gelernt, dass es wesentlich besser für ihr geistiges Wohlbefinden war, wenn sie den Tag mit einer Tasse Kaffee begann.

Sie sah auf die Uhr am Spiegel ihres Schminktisches; sie war früh dran. „Okay, Jeeves, die aktuellsten Gesellschaftsnachrichten vom Houston Chronicle, bitte“, sagte sie. Sie hatte ihren elektronischen Assistenten so programmiert, dass er auf den Namen Jeeves reagierte, weil sie es lustig fand, so zu tun, als hätte sie einen feinen englischen Butler.

„Guten Morgen, Mels. Die heutige Schlagzeile lautet: ‚Philanthropin Melinda Perry hat heiße Affäre mit berüchtigtem Playboy Slade Bartelli‘. Fotos sind auf Houston Chronicle Punkt com verfügbar.“

„Okay, Jeeves, stopp“, sagte sie, schnappte sich ihr Handy und öffnete die App des Houston Chronicle. Oh nein. Sie wollte nicht in den Gesellschaftsnachrichten auftauchen. Es sollte niemand von ihrer Affäre mit Slade wissen.

In ihrer Familie ging es nun schon seit einem Jahr drunter und drüber, und sie hatte darum gekämpft, da nicht mit reingezogen zu werden. Sie hatte einfach ihr Leben weitergeführt und so getan, als wäre alles in Ordnung. Ihrem Vater war Betrug vorgeworfen worden, sodass er erst im Gefängnis gelandet und dann wieder entlassen worden war. Ihre Zwillingsschwester hatte eine skandalöse Beziehung mit dem Erzfeind ihres Vaters. Und sie selbst hatte ein Techtelmechtel mit dem Sohn des berüchtigten Mafioso Carlo Bartelli begonnen.

Um fair zu sein: Slade war kein Mitglied des Verbrechersyndikats seines Vaters. Sie hatte ihn auf der Ausschusssitzung einer Wohltätigkeitsorganisation kennengelernt, und er war ein guter Mensch – aber das schien den Medien egal zu sein.

Kaum hatte sie die App geöffnet, sprang ihr auch schon ein Bild von sich und Slade in inniger Umarmung entgegen. Sie küssten sich leidenschaftlich in einer Nische der Jones Hall, wo sie eine Oper gesehen hatten.

Ihr Herz schlug vor Panik schneller. Sie musste die Sache beenden. Das geriet alles außer Kontrolle. Ihr Verhalten in der letzten Zeit passte gar nicht zu ihr. Sicher, sie war neununddreißig, und wie ihre Zwillingsschwester so gern sagte, sie wurde auch nicht jünger. Wenn nicht jetzt, wann dann? Das war Angelas Reaktion gewesen, als Melinda ihr verlegen gestand, dass sie momentan mit jemandem ausging, der so gar nicht ihrem gewohnten Typ entsprach.

Aber so hatte Melinda sich das nicht vorgestellt. Ihr gefiel ihre wohltätige Arbeit, ihr ruhiges Leben. Und Angela hatte sehr deutlich gemacht, wie wenig sie von Slade hielt – nicht, dass Melinda den Segen ihrer Schwester brauchte.

Sie hörte ihren Dackel Pixie bellen, und kurz darauf trat Angela ins Schlafzimmer. Sie wohnten im selben Gebäude und besuchten sich gern.

„Ich dachte, du wärst nicht sicher, ob Slade der Richtige für dich ist. Hattest du nicht gesagt, du wolltest Mutter werden? Er ist ein bekannter Playboy, das weißt du, oder?“

„Ich muss dich wohl kaum fragen, wie du es herausgefunden hast“, sagte sie. „Ich wusste einfach nicht, ob das zwischen uns etwas Ernstes ist, und ich wollte keine große Sache daraus machen.“

„Das Foto wirkte ziemlich ernst auf mich“, sagte Angela. Sie setzte sich auf die Bank am Fußende von Melindas Bett. Sie hielt einen Thermosbecher in der Hand und war schick gekleidet wie immer. Was Melinda auch tat, sie kam sich immer wie die ernste adrette Schwester vor. Es würde sie nie jemand so nennen, aber sie war die ruhigere der Zwillinge, sowohl was Mode als auch ihre Persönlichkeit betraf. Wenn jemand mit Slade ausgehen sollte, dann eigentlich Angela.

„Dieses Foto … Ich hätte nie gedacht, man könnte uns sehen, sonst hätte ich ihn nicht so geküsst“, gab Melinda zu.

„Du wirst ja ganz rot! Wir sind neununddreißig, Mels. Langsam solltest du nicht mehr rot werden, wenn du über Sex sprichst.“

„Ich habe doch gar nicht über Sex gesprochen! Slade törnt mich einfach an. Das ist mir nicht peinlich, es ist nur … Ach, vergiss es. Was mache ich nur?“

„Magst du ihn?“

Ob sie ihn mochte? Darüber hatte sie noch gar nicht nachgedacht. Mit ihm war einfach alles so intensiv. Sie wusste von den Gerüchten über die Verbindungen seiner Familie zur Mafia, aber wenn sie bei ihm war, konzentrierte er sich ganz auf sie. Er gab ihr das Gefühl, die einzige Frau auf der Welt zu sein. Und die leidenschaftlichste Person, die er je getroffen hatte. Aber ehrlich gesagt, lag das nur an ihm. Donald, ein Ex, mit dem sie acht Jahre zusammen gewesen war, hatte sich immer beschwert, sie hätte kein Feuer. Doch mit Slade bestand dieses Problem nicht.

„Ich weiß, du hältst nichts von ihm. Da warst du sehr deutlich. Und ich bin mir nicht sicher, was ich für ihn empfinde. Er sitzt im Kunstausschuss. So haben wir uns kennengelernt.“

„Er sitzt im Kunstausschuss? Ich dachte, in seiner Familie seien einfach alle Mafiosi – eine Sache, die ich ziemlich besorgniserregend finde.“

„Er ist kein Mafioso, Angela, das habe ich dir doch schon gesagt. Er ist der einzige Enkel von Philomena Conti und repräsentiert die Familie. Philomena bekam Anfang des Jahres eine neue Hüfte, deshalb hat er sie bei der Sitzung vertreten. Wir haben uns auf Anhieb gut verstanden. Er mag Kunst genauso sehr wie ich. Er ist durch meine Beschreibung eines Van Dyck auf mich aufmerksam geworden.“

Angela trat hinter sie und legte ihr die Hände auf die Schultern. Sie sahen sich im Spiegel an; Melinda vermied es, sich anzuschauen. Sie trug immer noch die Heizwickler, weil sich ihr lockiges Haar so leichter stylen ließ, und sie hatte sich noch nicht geschminkt, sodass man ihre Sommersprossen sehen konnte.

„Sieh dich an“, sagte Angela.

Melinda betrachtete ihr Spiegelbild. Sie schenkte sich immer ein Lächeln; das half ihr, gutgelaunt in den Tag zu starten. Angela lächelte ihr ebenfalls zu.

„Du bist diesem Mann allein deinetwegen aufgefallen“, sagte sie. „Und es wurde langsam Zeit, dass du jemanden findest, der dich dazu bringt, in der Oper aus der Rolle zu fallen.“

Melinda seufzte. Egal, welche Gefühle Slade auch in ihr auslösen mochte, ihre Leben passten einfach nicht zusammen. Sein Leben bestand eher aus Cristal Champagner, Partys in seinem Penthouse und Trips nach Dubai als aus örtlichen Galerieeröffnungen.

„Ich weiß. Damit meine ich nicht, dass er gefährlich ist – er ist echt kein schlechter Mensch, Angela. Aber er ist auch nicht der Richtige für mich. Ehrlich gesagt dachte ich, nachdem wir miteinander geschlafen hatten, würde er sofort weiterziehen“, sagte Melinda. „Aber das ist er nicht. Da ist etwas zwischen uns, was es uns schwer macht, die Finger voneinander zu lassen.“

„Das ist Leidenschaft, Mels. Endlich hast du jemanden gefunden, der das Feuer in dir weckt“, sagte Angela. „Aber warum musste es ausgerechnet ein Bartelli sein? Such dir jemand anderen.“

Melinda schüttelte den Kopf. Sie wollte das Feuer nicht … zumindest nicht ständig. Feuer war gefährlich. Es hatte in der Beziehung ihrer Eltern zu Problemen geführt, und sie hatte sich stets darum bemüht, ein ruhiges Leben zu führen.

Doch nun war ihr Leben alles andere als ruhig. Ihre Periode war lange überfällig, und sie bekam sie eigentlich immer regelmäßig. Sie erwiderte im Spiegel den Blick ihrer Schwester; dieses Thema sollte sie erst wieder ansprechen, wenn sie einen Schwangerschaftstest gemacht hatte. So nahe sie und Angela sich auch standen, manche Dinge behielten sie einfach für sich.

„Wenn das so einfach wäre, hätte ich das doch längst getan“, sagte sie schließlich. „Ich bin nicht sicher, wo die Sache mit Slade noch hinführt, aber wir wissen beide, dass sie auf Dauer nicht halten kann.“

„Gut“, sagte Angela und umarmte sie kurz. „Bist du okay?“

Sie wollte nicken, doch durch die Heizwickler war ihr Kopf furchtbar schwer. „Ja, natürlich. Ich bin immer okay.“

„Nein, das bist du nicht. Du sagtest, du wolltest Mutter werden … Und dass du vermutest, schwanger zu sein? Bist du es? Ist er der Vater?“

Sie wollte nicht darüber sprechen. Sie war bisher nicht mal beim Arzt gewesen, auch wenn sie mehrere Schwangerschaftstests gekauft hatte. Sie hatte noch nicht den Mut aufbringen können, sie auch zu benutzen. Ja, sie wollte Mutter werden, aber sie hatte genau im Kopf, wie es ablaufen sollte. Sie war eine traditionelle Frau. Slade sollte sich unsterblich in sie verlieben und ihr einen Antrag machen. Sie wollte eine große Hochzeit – und zwar dann, wenn ihre Familie sich nicht mitten in einem Skandal befand – und dann ein Baby bekommen.

„Ich weiß nicht, ob ich schwanger bin“, sagte sie und senkte den Blick. Sie log nicht gern, aber sie konnte einfach nicht damit umgehen, schwanger zu sein, während im Chronicle ein Bild von ihr und Slade zu sehen war. „Ich meine, Slade Bartelli ist wohl kaum der Richtige für mich, oder?“ Angela lehnte sich mit der Hüfte an den Schminktisch und schaute sich nachdenklich in Melindas Schlafzimmer um. Zum ersten Mal wurde Melinda bewusst, dass sie vielleicht auch etwas zu verbergen hatte. „Ist bei dir alles in Ordnung? Wie läuft es mit den Hochzeitsvorbereitungen?“ Angela hatte erst vor Kurzem ihre Verlobung mit Ryder Currin verkündet.

„Ja, alles bestens. Netter Versuch, aber gerade geht es hier um dich“, sagte Angela. „Ich weiß nicht, was ich dir sagen soll. Wenn du sagst, Slade sei ein guter Mensch … Tja, dann bin ich auf deiner Seite. Geh nur sicher, dass du wirklich weißt, was du tust. Feuer kann durchaus etwas Gutes sein, und ich dachte schon immer, dass du es brauchst, um dich ein wenig von all der Routine und den Listen zu lösen. Aber Feuer kann einen auch verbrennen. Und ich will nicht, dass du verletzt wirst.“

Melinda drehte sich um und umarmte ihre Schwester. „Ich will auch nicht, dass du verletzt wirst. Männer sind … wesentlich komplizierter, als sie auf den ersten Blick zu sein scheinen.“

Lachend begann ihre Schwester, ihr die Heizroller aus dem Haar zu lösen. „Das sind sie. Warum können sie nicht einfach nur heiß sein?“

„Ja, und gebildet und all die Dinge, die uns gefallen. Und wenn wir wieder ins echte Leben zurückkehren müssen, verschwinden sie einfach.“

Ihre Schwester lachte erneut. „Hätten wir doch bloß das Kommando über die Welt.“

„Irgendwann bestimmt.“

„Irgendwann“, wiederholte Angela leise.

Sie ging ein paar Minuten später, und Pixie trottete herein und legte sich aufs Bett. Melinda machte sich fertig. Sie hatte eine Menge Arbeit in ihrer Stiftung und mehrere morgendliche Meetings vor sich.

Sie setzte sich die Sonnenbrille auf den Kopf, streichelte auf dem Weg zur Tür noch kurz Pixie und nahm dann den Fahrstuhl in die Lobby – wo sie von einem Blitzlichtgewitter empfangen wurde.

Panisch zog sie sich wieder in den Lift zurück. Sie kehrte zurück in ihre Wohnung, informierte ihre Assistentin, dass sie heute Morgen außer Haus war, und ging dann aufs Laufband. Bewegung half ihr immer beim Nachdenken. Diese Sache wurde eindeutig zu kompliziert; sie musste die Affäre mit Slade beenden. Ihre Küsse mit Donald waren nie jemandem aufgefallen.

Slade Bartelli warf das Handy auf den Beifahrersitz seines Ferrari Lusso und setzte rückwärts aus dem Parkplatz seines Büros in der Innenstadt. Er hatte versucht, Melinda zu erreichen, nachdem er die Schlagzeile des Houston Chronicle gesehen hatte – nichts. Absolute Funkstille.

Sie hielt nicht viel davon, öffentlich Zärtlichkeiten auszutauschen; das fand er niedlich, und es war einer der Gründe, warum er sie so mochte. Sie kleidete sich wie eine Lady und küsste wie … die Frau seiner heißesten Träume. Sie war anders, und das gefiel ihm an ihr. Doch sein Bauchgefühl – das ihn in seiner Kindheit immer vor Ärger gewarnt hatte – sagte ihm, dass sie aus seinem Leben verschwinden würde, ohne auch nur zurückzublicken, wenn er nicht mit ihr sprach.

Ein Teil von ihm – der Teil, mit dem er ständig zu kämpfen hatte – wollte den Paparazzo ausfindig machen, der das Bild geschossen hatte, und ihn windelweich schlagen. Aber er war kein solcher Bartelli. Er versuchte der Mann zu sein, zu dem seine nonna ihn erzogen hatte. Auch wenn er manchmal zugeben musste, dass die Methoden seines Vaters die wirkungsvolleren waren.

Obwohl es verboten war, parkte er direkt vor dem Eingang zu Melindas Wohnhaus – der Portier würde sich freuen, den Ferrari wegfahren zu dürfen, falls eine Politesse vorbeikommen sollte – und trat den Paparazzi vor der Tür mit finsterer Miene entgegen. Sie schossen Fotos, riefen seinen Namen, und er machte sich gerade bereit, sie fertigzumachen – wenn auch nur auf seine Art.

Er war besser als das Mafiablut, das in ihm floss. Doch das bedeutete nicht, dass er gut genug für Melinda Perry war. Ihre Familie mochte momentan Mittelpunkt eines Skandals sein – er hatte gehört, ihr Vater sei in einen Mord verwickelt –, doch Melinda stand stets darüber. Sie liebte ihre Familie, aber sie blieb auf Abstand. Niemand würde sie je für etwas anderes als gut und freundlich halten. Eine Beschreibung, die auf ihn niemals zutreffen würde – das durfte er nicht vergessen.

„Johnny“, sagte er und trat auf den Portier zu. „Ich möchte zu Ms. Perry. Wie lange sind die Paparazzi schon hier?“

„Seit heute Morgen. Sie wollen einfach nicht gehen.“

„Haben Sie die Polizei gerufen?“

„Das wollte Ms. Perry nicht. Sie sagte, sie machen nur ihre Arbeit.“

Natürlich hatte sie das. Sie hatte ein gutes Herz. „Wir sollten sie loswerden. Ich kümmere mich darum. Würden Sie meinen Wagen im Auge behalten? Parken Sie ihn ruhig um, falls nötig.“

„Sehr wohl, Sir.“

Slade trat in die Lobby und rang kurz mit sich, ehe er seinen Assistenten anrief, damit dieser sich um die Paparazzi kümmerte.

„Sehr wohl, Sir. Ihr Vater hat angerufen. Es war kein Notfall, er möchte bloß mit Ihnen sprechen. Und Ihre Großmutter erwartet Sie und Ms. Perry zum Abendessen.“

„Ignorieren Sie meinen Vater. Um nonna kümmere ich mich persönlich.“

„In Ordnung, Sir.“

Er legte auf und machte sich auf den Weg zu Melindas Wohnung. Es war offensichtlich, wieso alle so an ihrer Beziehung interessiert waren: Er war bekannt wie ein bunter Hund und hofierte die Medien. Es war ihm einfach kein anderer Weg eingefallen, um zu beweisen, dass er Conti Enterprises rechtlich einwandfrei leitete. Er wurde so genau beobachtet, dass er eine PR-Firma engagiert hatte, die ihm riet, sein Privatleben so öffentlich wie nur möglich zu führen und so viel Publicity einzuheimsen, wie er nur konnte.

Er hatte nicht geahnt, wie sehr ihm all die Aufmerksamkeit gefallen würde, doch sie passte einfach zu ihm. Er sprach gern mit der Presse; es störte ihn nicht mal, wenn sie ihn verfolgte. Aber für Melinda war das bloß ein weiteres Argument gegen ihn. Sein Dad war ein berüchtigter Mafiaboss. Er hatte vor langer Zeit versucht, sich der Mafia zu entziehen – allerdings ohne Erfolg. Ein weiterer Grund, warum Slade so gern für die Familie seiner Mutter arbeitete.

Sein Dad hatte mal gesagt, dass es, nachdem er einen Job als Auftragskiller angenommen hatte, kein Zurück mehr gab. Und Slade hatte diesem Pfad nie folgen wollen. Sosehr sein Bauchgefühl ihn auch drängte, den einfachen Weg zu wählen, kämpfte er doch dagegen an.

Aber Melinda brachte sein Bauchgefühl durcheinander. Sie machte ihn so scharf, dass er das Gefühl hatte, wieder achtzehn zu sein, statt beinahe vierzig. Wie sie hatte ihn schon lange keine Frau mehr angetörnt. Aber es war nicht nur der perfekte Sex; es war auch ihre Art, sich für ihre Leidenschaften, Kunst und Oper, einzusetzen.

Auf der vierundzwanzigsten Etage angekommen, zögerte er. Es wäre besser für sie, wenn er sie langsam aus seinem Leben verschwinden ließe. Ihr würde all diese Aufmerksamkeit von den Medien nicht gefallen. Bisher hatte er es geschafft, dass ihre Beziehung privat blieb, und das nicht ihretwegen, sondern eher um seiner selbst willen. Es fand einfach ein so großer Teil seines Lebens im Licht der Öffentlichkeit statt, dass es schön gewesen war, sie ganz für sich zu haben. Niemand hatte von ihnen gewusst, und das hatte auch ihr gefallen. Sie sagte zwar, sein Nachname mache für sie keinen Unterschied, doch er wusste, dass das nicht stimmte.

Er klingelte und hörte Pixie bellen, doch es kam niemand zur Tür. Nach ein paar Minuten klingelte er erneut.

Diesmal bellte Pixie nicht; vermutlich war Melinda zu Hause und wollte nicht mit ihm reden. Er klopfte an die Tür. „Ich bin’s. Slade. Lass mich rein, damit wir darüber reden können.“

Er wartete, unsicher, ob sie ihm die Tür öffnen würde, und es verging eine weitere Minute, ehe sie es endlich tat. Sie hatte ihr langes blondes Haar zu einem hohen Pferdeschwanz zusammengebunden, der ihr herzförmiges Gesicht betonte – ihre bevorzugte Frisur. Ihr Blick aus blauen Augen wirkte aufgewühlt, und es war nichts mehr von dem Lippenstift zu sehen, den sie heute Morgen zweifellos aufgetragen hatte; anscheinend hatte sie sich allzu häufig auf die Lippen gebissen. Sie wirkte blass, und sie lächelte nicht – ein klares Warnsignal. Melinda schenkte einfach jedem ein Lächeln. Wirklich jedem. Dem Portier, der ihr die Tür öffnete, dem Barista, der ihren Kaffee zubereitete, dem Chauffeur. Sie war einer der freundlichsten Menschen, die er je getroffen hatte. Jetzt stand sie jedoch bloß reglos vor ihm, statt ihn hereinzubitten.

„Geht es dir gut?“, fragte er. Er hatte keine Ahnung, wie er diese Situation retten sollte. Ihm war bewusst, wie sehr ihre diskrete Beziehung ihr gefallen hatte, aber diese Reaktion … Schämte sie sich etwa für ihn?

„Ich hatte schon bessere Tage, aber ja, es geht mir gut“, sagte sie, offenbar eine Lüge. Sie hatte einen Arm um sich geschlungen, als würde sie sonst zerbrechen.

„Ich weiß nicht, wie die Medien von unserem Opernbesuch gestern Abend erfahren haben. Meine Leute haben nichts gesagt. Ich habe die Polizei alarmiert, damit sie sich um die Paparazzi unten kümmert. Wir kriegen das sicher schnell unter Kontrolle.“

„Ach ja?“, fragte sie. „Wieso?“

„Wieso? Ich dachte, wir verbringen gern Zeit miteinander“, sagte er. „Ist das nicht Grund genug? Warum lässt du mich nicht rein, dann können wir darüber reden.“

Sie schüttelte den Kopf. „Wenn du reinkommst, werden wir mehr tun als bloß reden, und ich muss einen kühlen Kopf bewahren, Slade.“

Er lächelte. „Ich werde mich benehmen, versprochen.“

Melindas Wohnung war wie sie selbst, warm und einladend. Auf ihrem Kaffeetisch lagen Kunstbände über Dalí. Momentan recherchierte sie für eine Ausstellung, die der Kunstausschuss nach Houston bringen wollte. Darüber hinaus gab es einen kleinen Korb mit Zeitschriften, in dem sie mittlerweile auch einige der Geschäftszeitschriften aufbewahrte, die er gern las.

Sie ließ ihn nicht aus den Augen, ihr Blick immer noch aufgewühlt. Dafür war er verantwortlich. Es war nicht seine Absicht gewesen, aber er zog sie genauso in Skandale hinein wie ihr Vater und ihre Schwester. Etwas, von dem er sich eigentlich versprochen hatte, es nicht zu tun.

„Ich mag es, wenn du dich benimmst“, sagte sie und schüttelte dann den Kopf. „Siehst du? Nein. Du kannst nicht reinkommen. Ich bin in deiner Gegenwart einfach nicht ich selbst.“

Es gefiel ihm nicht, wie sie das sagte. Als hätte er einen schlechten Einfluss auf sie. „Ich glaube, du bist in meiner Gegenwart mehr du selbst, als du es sonst bist.“

2. KAPITEL

Melinda wünschte, sie hätte die Tür nicht geöffnet, doch das hatten ihre Manieren nicht zugelassen. Nun fiel es ihr schwer, tatsächlich mit Slade Schluss zu machen und in ihr altes Leben zurückzukehren, so wie sie es geplant hatte. Denn nun stand er vor ihr, unglaublich heiß mit seinem kantigen, leicht stoppeligen Kinn, diesem dichten schwarzen Haar, das sich oben leicht lockte, und diesen vollen Lippen. Oh, Himmel, am liebsten hätte sie ihm sofort erzählt, was alles geschehen war, seit Angela heute Morgen ihre Wohnung verlassen hatte. Aber sie hatte noch nicht entschieden, wie sie die Sache angehen wollte.

„Tatsächlich freue ich mich, dass du vorbeikommst“, sagte sie. „Möchtest du etwas trinken? Einen Eistee oder eine Limonade vielleicht?“

„Nein, danke. Wieso hast du auf keinen meiner Anrufe und keine meiner Nachrichten reagiert? Was ist los?“

„Bist du sicher, dass du nichts trinken willst? Nicht mal ein Wasser?“ Sie wich seiner Frage aus. Eigentlich war sie stolz darauf, wie mutig sie schwierigen Situationen für gewöhnlich entgegentrat, aber heute wollte sie nachsichtig mit sich sein. Gerade war einfach so viel mehr in ihrem Leben los, als man einer einzelnen Person zumuten sollte. Unwillkürlich dachte sie an die sieben – sieben! – Schwangerschaftstests in ihrem Bad.

„Ganz sicher“, sagte er. „Ich weiß, du stehst nicht gern im Rampenlicht, aber es war nur ein Kuss, und das Foto war gar nicht mal so schlimm. Machst du dir Sorgen, mit den Gerüchten über deinen Vater in Verbindung gebracht zu werden? Ich bin wahrscheinlich der Letzte, mit dem du angesichts der Gerüchte über den Mord gesehen werden willst. Was ist los, Babe?“

Auf der Baustelle des neuen Texas Cattleman’s Club in Houston – deren Leitung die Firma ihres Vaters hatte, Perry Construction – war ein Mordopfer gefunden worden: Vincent Hamm, ein Angestellter von Perry Holdings. Ihr Vater stand auf der kurzen Liste der Verdächtigen.

Sie zuckte die Achseln, suchte nach Worten. Sie konnte nicht einfach sagen, dass sie nicht gern in solche Skandale verwickelt wurde. Dass sie mehr von sich und ihrer Familie erwartete, und es ihr nicht gefiel, dass das Foto so deutlich zeigte, wie sehr sie Slade verfallen war. Er hatte diese gefährliche Ausstrahlung, und genau das hatte sie zu ihm hingezogen. Aber sie wollte nicht, dass die Welt – ihre Welt, die High Society Houstons, in der sie sich bewegte – diese Umarmung sah und sie dafür verurteilte.

„Ziemlich viel. Wenn wir ehrlich sind, wissen wir doch beide, dass wir nicht zueinander passen“, sagte sie. „Ich dachte, ich sei eine nette Abwechslung für dich, und hatte eigentlich damit gerechnet, dass dir bald langweilig wird und du schon längst mit mir Schluss gemacht hättest.“

„Tja, nein, mir ist nicht langweilig. Dir etwa?“, fragte er. Sein Ton war beinahe streitlustig, doch sie hörte seine Verletzlichkeit.

Sie wussste, was es für Slade bedeutete, Carlo Bartellis Sohn zu sein. Er versuchte so zu tun, als würde es ihn nicht treffen, dass die meisten allein aufgrund seines Nachnamens eine vorgefertigte Meinung über ihn hatten.

Geistesabwesend biss sie sich auf die Unterlippe. Slade könnte sie niemals langweilen. Er war aufregend, verkörperte einfach alles, was sie sich je von einem Mann gewünscht hatte. Aber Wünsche hatten nun mal nichts mit der Realität zu tun; das wusste sie besser als irgendjemand sonst. Sie hatte sich stets eine Bilderbuchfamilie gewünscht, und ihre war alles andere als das.

Autor

Katherine Garbera
<p>USA-Today-Bestsellerautorin Katherine Garbera hat schon mehr als neunzig Romane geschrieben. Von Büchern bekommt sie einfach nicht genug: ihre zweitliebste Tätigkeit nach dem Schreiben ist das Lesen. Katherine lebt mit ihrem Mann, ihren Kindern und ihrem verwöhnten Dackel in England.</p>
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