Verführerische Stunden an Bord

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War die Liebesnacht auf seiner Jacht ein Riesenfehler? Eigentlich hat Designerin Danni jede Sekunde mit dem sexy Millionär Leo Bisset genossen. Sie haben gelacht, sind schwimmen gegangen, und als die Sterne über dem Atlantik erstrahlten, haben sie sich sinnlich geliebt. Aber es war noch mehr als heiße Leidenschaft: Sie haben sich auch so fantastisch verstanden, als wären sie allerbeste Freunde. Doch jetzt wirft Leo ihr vor, dass sie ihn nur aus Berechnung verführt hat! Dabei hat Danni sich Hals über Kopf in ihn verliebt …


  • Erscheinungstag 27.09.2022
  • Bandnummer 2256
  • ISBN / Artikelnummer 9783751509213
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Ich kann nicht glauben, dass du dieser Zeitschrift erzählt hast, dass ich mich mit meinem Start-up nur an deine Fersen hefte.“

Es war ein sonniger Freitag im Juni, der erste große Tag des Hochzeitswochenendes, das im Fernsehen übertragen wurde. Seine Cousine Adler Osborn heiratete. Zumindest war es der erste Tag für das Publikum; Leo und seine Familie waren bereits seit zwei Tagen auf Nantucket. Zwei sehr ereignisreiche Tage, in denen eine brisante Enthüllung, in die Leos Vater und die Mutter des Bräutigams verwickelt waren, beinahe die gesamte Hochzeit zum Platzen gebracht hatten.

Sie hatten sich alle gerade zum Golfen getroffen und zeigten nach außen eine perfekte Fassade. Aber Leos Mutter sah aus, als wäre sie über Nacht um zehn Jahre gealtert. Seine Cousine, die Braut, zwang sich zu einem Lächeln, doch man hatte Angst, sie könnte gleich zusammenbrechen. Er hatte gehofft, dass die Golfrunde ihnen etwas von dem Druck nehmen würde, unter dem sie alle standen.

Als er sah, dass er mit einer aufstrebenden Geschäftskonkurrentin spielen sollte, die er vor knapp einem Monat in einem Interview kritisiert hatte, ahnte er, dass das für ihn nicht galt. Er wusste, dass Adler Danni Eldridge beauftragt hatte, den Schmuck für die Brautjungfern anzufertigen, weil sie seit Schulzeiten befreundet waren. Und Leo hatte sie gebeten, die Geschenke für die Trauzeugen zu entwerfen. Sein Sortiment an handgefertigten Lederwaren passte perfekt zu diesem Anlass.

Er hatte vor diesem Wochenende keine Ahnung gehabt, wie Danni aussah. In ihren Accounts gab sie lediglich ihren Namen an und nutzte ein altmodisches Singer-Nähmaschinen-Logo als Profilbild. Sie war keine klassische Schönheit, doch etwas an ihr weckte seine Aufmerksamkeit, wie sie so vor ihm stand. Und da sie in einem Team spielen würden, wollte er die Wogen glätten.

Leo konnte normalerweise jeden mit seinem Charme bezaubern. Er legte seine Hand auf sein Herz und sah sie mit einem reumütigen Blick an. „Bitte nimm meine tief empfundene Entschuldigung an. Manchmal werde ich ein wenig miesepetrig, wenn ich von Journalisten mit Fragen bombardiert werde, und antworte einfach aus dem Stegreif. Ich hätte das nie gesagt, wenn wir uns schon gekannt hätten. Können wir bitte von vorne anfangen?“

Sie sah ihn mit dunkelbraunen Augen an, und er hatte das Gefühl, dass seine Entschuldigung ihre Wut nicht vollständig besänftigte. Was er ihr nicht verübeln konnte. Wenn jemand so etwas über sein Geschäft gesagt hätte, hätte er es ihm nie verziehen.

„Ja, das sollten wir wohl. Sonst wird dieses Spiel ziemlich unangenehm“, sagte sie mit einem echten und aufrichtigen Lächeln. „Ich bin Danni Eldridge. Ich bin auf der Hochzeit, weil ich den Schmuck für die Brautjungfern entworfen habe und Adler eine Freundin von mir ist.“

„Leo Bisset. Adler ist meine Cousine“, antwortete er und reichte ihr die Hand. „Freut mich, dich kennenzulernen.“

Sie schüttelten sich die Hände, wobei er unweigerlich bemerkte, wie zart sich ihre Hand in seiner anfühlte. Ihre Fingernägel waren in einem gedeckten Farbton lackiert, und ihr Parfüm duftete dezent und erinnerte ihn an Sonnenschein und Tage am Strand. Sie zog ihre Hand zurück und wandte sich dann dem Golfwagen zu, in dem sein Bruder und seine Mutter warteten.

„Ich bin also die Einzige in dieser Gruppe, die nicht alle kennt“, meinte sie. „Sag mir, was ich wissen muss.“

„Was willst du wissen?“, fragte Leo. „Mein Bruder Logan ist sehr ehrgeizig, aber ich bin etwas besser im Golf als er, und meine Mutter ist die netteste Frau, die ich kenne. Sie wird Logan im Zaum halten, wenn er sich aufspielt.“

Danni lächelte und schüttelte den Kopf. „Und wer hält dich im Zaum?“

Er zwinkerte ihr zu. „Das kann leider niemand. Aber ich werde versuchen, mich so gut wie möglich zu benehmen, um das Schreckliche, das ich gesagt habe, wiedergutzumachen.“

„Und du meinst, das funktioniert?“, fragte sie.

„Nicht wirklich, aber ich hoffe, dass du mir eine Chance gibst, weil du weißt, dass ich mich bemühe.“ Er hatte die Erfahrung gemacht, dass Ehrlichkeit der beste Weg war, sich mit jemandem zu versöhnen, den man beleidigt hatte. Im Grunde war er nicht besorgt darüber, dass kleine Unternehmen in den klassischen Luxus-Lifestyle-Markt vordrangen, den er bediente, da er zum einen der Meinung war, dass jeder eine Chance haben sollte, und zum anderen sicher war, dass nichts und niemand seinem Unternehmen etwas anhaben konnte.

„Verkaufst du ausschließlich Schmuck?“

Sie schüttelte den Kopf. „Ich stelle Armbänder und Uhrenarmbänder mit maritimen Motiven her. Einige Leute sind der Auffassung, dass Qualität und Handwerkskunst mit deinen Produkten vergleichbar sind.“

Das bezweifelte er. Er hatte außerordentlich hochqualifizierte Mitarbeiter, die perfekte Arbeit ablieferten. Da er immer gewusst hatte, dass nicht er, sondern sein älterer Bruder Logan die Nachfolge von Bisset Industries antreten würde, hatte er seinen eigenen Weg eingeschlagen. Er hatte die Herstellung von Lederwaren von der Pike auf gelernt und diese zunächst auf Kunsthandwerksmessen und dann in einem florierenden Versandhandel verkauft. Später war noch ein Ladengeschäft in bester Lage in den Hamptons hinzugekommen. Leo hatte das Unternehmen zu einer Lifestyle-Marke ausgebaut, die inzwischen weltweit vertreten war. Er hatte für alles, was er besaß, hart gearbeitet, und obwohl er es zu schätzen wusste, dass Danni ihre Produkte für ebenso schön hielt wie seine, bezweifelte er, dass sie jedes Teil von Hand herstellte. Viele kleine Kunsthandwerker verließen sich auf Importe und billig hergestellte Designs.

„Trägst du eins deiner Produkte?“, fragte er, blickte auf ihr Handgelenk hinunter und bemerkte das gewebte Armband mit Metalleinsätzen, an dem ein kleines D mit einem Anker befestigt war.

„Ja, das ist eins von meinen“, bestätigte sie und hielt ihr Handgelenk hoch.

Ihm fiel auf, wie klein und zart ihre Handgelenke waren, doch dann betrachtete er das Armband genauer und erkannte, wie gut es gearbeitet war. „Darf ich?“

Sie öffnete es und reichte es ihm. Er musste zugeben, dass es genauso gut, wenn nicht sogar besser war als die Armbänder, die er in seinem Laden führte. Aber ein schönes Armband herzustellen, war nicht dasselbe wie eine große Menge hochwertiger Waren. Er reichte es ihr zurück.

„Es gefällt mir. Leider kannte ich deine Produkte nicht, als ich meine Bemerkung machte. Hoffentlich kann ich dir beim Spielen zeigen, dass ich nicht der arrogante Typ bin, für den du mich halten musst.“

„Das werden wir ja sehen. Ich habe gehört, wie du deinen Bruder herausgefordert hast, und du klangst ziemlich arrogant.“

„Das ist nicht fair. Logan ist … na ja, eben Logan. Hast du auch Geschwister?“

„Ja. Einen älteren Bruder und eine ältere Schwester.“

„Dann weißt du ja, was ich meine. Sie können echt anstrengend sein“, meinte er.

Sie lachte. „Da muss ich zustimmen. Es ist aber schon komisch, sich Logan Bisset als einen nervigen älteren Bruder vorzustellen.“

„Glaub mir, er ist sehr nervig“, antwortete Leo. „Ich dagegen bin natürlich ziemlich charmant.“

„Ziemlich charmant? Ich nehme an, du sprichst von mir“, sagte Logan, der sich zu ihnen gesellt hatte.

„Wohl kaum“, erwiderte Leo, drehte sich um und schenkte seinem Bruder ein breites Grinsen, bevor er sich an Danni wandte. „Sollen wir mit dem Golfspielen loslegen?“

„Ja“, sagte sie und ging auf den Golfwagen zu.

Er sah ihr nach und dachte zum ersten Mal, seit er auf Nantucket angekommen war, dass dieses Wochenende vielleicht doch interessant werden könnte.

Danni hatte ihren Namen in der Liste für das Golfspiel mit Absicht neben Leos Namen gesetzt, doch sie war ein wenig überrascht und eingeschüchtert, dass sie auch mit seiner Mutter und seinem Bruder spielte. Die Bisset-Familie war so etwas wie der amerikanische Adel, und für ein Kleinstadtmädchen war ihre Gegenwart schon ein bisschen beängstigend. Aber das war genau die Welt, die sie mit ihrem Geschäft ansprechen wollte. Also steckte sie sich eine ihrer Locken hinters Ohr und richtete ihren Schlag aus.

Der Golfplatz lag in der Nähe des Strandes und bot einen herrlichen Blick auf das Meer. Die Sonne schien, ein absolut perfekter Sommertag. Sie wusste, dass Adler sich Sorgen gemacht hatte, dass Sommerstürme ihre Hochzeit gefährden könnten. Doch offenbar war nicht das Wetter das Problem. Stattdessen zogen zwischen den Familien der Braut und des Bräutigams Gewitterwolken auf. Nick war der Geschäftsführer von Williams, Inc. – dem größten Konkurrenten von Bisset Industries. Die Rivalität der beiden Unternehmen war legendär, da sie oft um die gleichen Aufträge kämpften.

Vorhin im Golfclubhaus hatte Danni Gerüchte gehört, dass sich ein Skandal um den Bräutigam zusammenbraute. Irgendetwas darüber, dass August Bisset in Wirklichkeit Nicks Vater war, weil er vor Jahrzehnten eine heimliche Affäre mit Cora Williams gehabt hatte.

Ob das stimmte? Adler war zwar nicht blutsverwandt mit ihrem Onkel, aber die Nachricht, dass Nick Augusts Sohn war, musste für das Hochzeitspaar eine unglaubliche Belastung sein. Danni hoffte, dass Nick und Adler einen Weg durch die Krise fanden, egal, was hier vor sich ging.

Sie schlug ihren ersten Ball ab. Alles, was sie über Golf wusste, hatte sie von ihrem Vater auf dem Golfplatz in der Nähe ihres Elternhauses gelernt. Aber das war lange her, und jetzt hatte sie Mühe, sich daran zu erinnern, was er gesagt hatte. Mit Hüftschwung? Hüften ruhig halten?

In erster Linie hoffte sie, dass sie den Ball überhaupt traf und ihn vielleicht sogar ins Loch bekam.

Sie holte tief Luft, holte mit dem Schläger aus … und traf nicht. Mann, sie war wirklich eine Niete beim Sport.

„Soll ich dir helfen?“, fragte Leo, der neben ihr auftauchte. „Ich spiele regelmäßig, also bin ich mittlerweile ganz gut. Vorher war ich total mies.“

Sie bezweifelte, dass er jemals in irgendetwas schlecht gewesen war, schätzte es aber, dass er ihr zuliebe so tat.

„Ein paar Tipps wären toll. Mein Vater hat etwas über meine Hüften gesagt – entweder schwingen oder sie stabil halten … ehrlich gesagt, kann ich mich nicht erinnern, und je mehr ich mich konzentriere, desto schlechter werde ich“, gab sie zu.

Er lächelte. „Ich kenne das Gefühl. Aber hey, das hier ist nur zum Spaß, also entspann dich. Ich bin kein Profi, aber ich halte meine Arme gerade … so“, sagte er, stellte sich hinter sie und richtete ihre Hände auf dem Schläger aus. „Wenn du schwingst, bringst du den Schläger gerade zurück und drehst dann deinen Körper in die Richtung, in die der Ball fliegen soll.“ Sie versuchte, sich zu konzentrieren, aber er war wie eine große, warme Umarmung um sie herum und er roch gut. Sie schloss kurz die Augen, und es war fast so, als umarmte er sie, statt ihr zu zeigen, wie man den Golfball schlägt.

„Verstanden?“, fragte er.

Sie lächelte dankbar und schüttelte dann den Kopf. Sie war hier, um Informationen über einen Konkurrenten zu sammeln und sich vielleicht auch den einen oder anderen Rat zu holen. Aber nicht, um sich in seine hübschen blauen Augen, seinen athletischen Körperbau und seine Liebenswürdigkeit zu verlieben. Und er war wirklich sehr hilfsbereit und freundlich zu ihr. Er hatte sie begrüßt, als seien sie alte Freunde. Anstatt auf ihre gehässige Bemerkung zu reagieren, hatte er sich entschuldigt … was angesichts seines Pressekommentars natürlich nur mehr als angemessen war. Aber es war aufrichtig gewesen, und er war seitdem sehr nett.

„Wenn ich noch mal danebenschlage, liegt das an meiner Ungeschicklichkeit und hat nichts mit deinem Unterricht zu tun“, sagte sie.

„Du wirst den Ball nicht verfehlen“, erwiderte er. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass du ihn dieses Mal triffst und ihn fliegen lässt.“

Sie wünschte, sie hätte seine Zuversicht.

Moment mal. Sie sollte zuversichtlich sein. Und selbstbewusst. Sie sollte sich an den Rat ihrer Großmutter halten, die immer gesagt hatte, wenn sie glaubte, sie könne etwas nicht, dann würde es ihr auch nicht gelingen.

Danni stellte sich so hin, wie sie es bei Leos letztem Putt gesehen hatte, und bereitete ihren Schlag vor. Sie holte tief Luft und atmete ganz natürlich, während sie den Ball schlug. Sie traf. Sie war so aufgeregt, dass sie sich mit einem Jauchzen zu Leo umdrehte und nicht einmal darauf achtete, wo der Ball landete.

„Ich habe getroffen!“

„Hast du. Gut gemacht“, sagte er. „Du wirst bald besser sein als ich.“

Sie neigte ihren Kopf zur Seite. „Wir sollten es nicht übertreiben. Ich müsste Jahre auf dem Platz verbringen, um auf dein Niveau zu kommen. Aber ich würde mich damit zufriedengeben, den Ball wenigstens auf das Grün und ins Loch zu bekommen.“

„Ich denke, das wird dir gelingen“, meinte Leo. „Bist du in jedem Bereich deines Lebens so entschlossen?“

„Ja, bin ich“, erklärte sie. „Und ich bin verdammt dickköpfig.“

„Ist nicht zu übersehen. Und ein bisschen hitzig scheinst du auch zu sein. Ich hatte eben schon Angst, du würdest den Ball aus Wut zertrampeln, wenn du ihn nicht triffst.“

Sie merkte, dass er sie aufziehen wollte, und das gefiel ihr. Unerwarteterweise war er lustig. Sie war sich nicht sicher, wie sie sich Leo in natura vorgestellt hatte. Arrogant und eingebildet – auf jeden Fall. Aber darüber hinaus hatte sie nicht gedacht, dass er so … na ja, menschlich sein würde. „Ich hätte ihn eher ins Meer geschleudert.“

Er warf den Kopf zurück und lachte, und für einen Moment vergaß Danni, dass sie hier war, um von ihm geschäftliche Informationen zu bekommen und seine Beziehungen auszunutzen. Erstaunt bemerkte sie, dass sie es genoss, mit ihm zusammenzusein. Und irgendwie wollte sie, dass ihre gemeinsame Zeit weiterging – etwas, das wusste sie, was nie passieren würde. Sie kamen aus zwei verschiedenen Welten, und ihr kurzer Ausflug in seine war genau das. Kurz.

Sie sollte sich vor Augen führen, wer sie war und warum sie hier war. Männer wie Leo standen nicht auf Frauen wie sie, und außerdem war sie nicht wegen einer Romanze hier. Sie hatte geschäftliche Gründe.

Leo war überhaupt nicht bei der Sache. Er lag bei jedem Loch einen Schlag hinter Logan zurück, und nachdem er Danni ein paar Tipps für ihren Schwung gegeben hatte, begann sie besser zu spielen. Er musste sich jetzt wirklich selbst auf sein Spiel konzentrieren. Danni lenkte ihn ab.

Schließlich zog er sie zur Seite, während seine Mutter und Logan sich unterhielten. Er wollte diese unangenehme Stimmung vertreiben, die ganz allein seine Schuld war.

„Du wirst schon viel besser, aber ich spüre immer noch eine gewisse Unterkühltheit zwischen uns. Was kann ich tun, um das wiedergutzumachen?“, fragte er.

Danni neigte ihren Kopf zur Seite und musterte ihn einen Moment lang, bevor sie die Stirn runzelte. „Du könntest mir einen geschäftlichen Rat geben.“

Er war von ihrer Antwort überrascht. Nach dem, was er gelesen und gehört hatte, wuchs ihr Geschäft schnell. „Ich bin mir nicht sicher, ob du den brauchst.“

„Doch, ich könnte sehr gut einen Mentor gebrauchen.“

„Äh.“

„Vergiss es. Ich hab ganz vergessen, dass ich mit Leo Bisset rede. Einem der Top-30-Manager unter 30 des Fortune Magazins.“

Er sah ihr nach, während sie sich umdrehte und wegging. War das ihr Ernst? Natürlich war es das. Er hatte sich am Anfang seiner Karriere genauso nach Mentoren und Ratschlägen umgesehen, nur dass er seinen Vater und Logan gehabt hatte, von denen er lernen konnte.

„Wie ich sehe, wirkt dein Charme nicht, im Gegensatz zu sonst“, sagte Logan, der zu Leo herüberkam.

„Nein, sie will wohl nicht verzaubert werden.“

„Oho. Du wirst dich also mehr anstrengen müssen, damit sie dich mag“, meinte Logan. „Nicht unmöglich. Nicht mal für dich.“

Logan nervte. Musste er ihm die Tatsache unter die Nase reiben, dass er Danni nicht für sich begeistern konnte? Leo wollte ruhig bleiben und so tun, als sei ihm das egal, aber ein Teil von ihm – verdammt, der größte Teil von ihm – hatte immer das Gefühl, mit Logan und ihrem Vater konkurrieren zu müssen. Beide Männer waren sehr charmant und kamen bei den Frauen bestens an. Auch wenn ihr Vater verheiratet war und sich eigentlich gar nicht umsehen sollte.

Mit diesem Thema wollte sich Leo nicht gern beschäftigen. Er sehnte sich nach der Anerkennung seines Vaters, nach seinem Lob. Dennoch war er kein großer Fan von der Art und Weise, wie sein Vater im Laufe der Jahre seine Beziehung zu Leos Mutter gehandhabt hatte. Er hatte Affären gehabt und sie zumeist verschwiegen – bis auf die eine kurz vor der Geburt von Leos Schwester Marielle. Bis vor Kurzem hatte Leo geglaubt, dass seine Eltern die Probleme der Vergangenheit gelöst hätten.

Aber die Enthüllungen über die früheren Affären seines Vaters und darüber, dass Nick Williams in Wirklichkeit der Sohn von August Bisset war, hatten seine Mutter und die ganze Familie schwer getroffen. Die Enthüllung, dass die Mutter des Bräutigams eine der ehemaligen Geliebten seines Vaters war, hatte sie alle geschockt. Schlimmer noch, sie hatten ein gemeinsames Kind, das in die Bisset-Familie einheiraten sollte! Es war völlig verrückt. Die Paparazzi überschlugen sich mit Nachrichten und deuteten an, das sei noch nicht das Ende der Geschichte, aber Leo betete, dass nicht noch etwas kam.

Logan hasste Nick, was auf Gegenseitigkeit beruhte. Leo aber war einfach nur enttäuscht, dass sein Vater, der Mann, dem er so gerne gleichen wollte, so unvollkommen war. Und hatte er als sein Sohn nicht die gleichen Fehler?

„Also, wie sieht der Plan aus?“, fragte Logan mit einem Nicken in Richtung Danni.

Leo warf einen Blick auf seinen älteren Bruder. Logan kam mit seinem blonden Haar und den hohen Wangenknochen eher nach ihrer Mutter als ihrem Vater. Sie hatten beide die gleichen eisblauen Augen. Seitdem Leo Bisset Industries verlassen hatte, um sein eigenes Unternehmen zu gründen, verstanden sie sich viel besser. Leo wusste, dass ihre Streitereien in der Zeit, als sie noch beide für ihren Vater gearbeitet hatten, an seinem Drang gelegen hatten, Logan zu übertrumpfen.

„Ich bin mir noch nicht sicher“, sagte er. Er wollte das auf keinen Fall mit Logan besprechen. Danni hatte ihn um geschäftliche Tipps gebeten, das würde er schon hinbekommen. Das war ein Bereich, in dem er sich wohlfühlte.

„Manchmal braucht man einen Plan.“

„Ich bin nicht du“, erwiderte Leo. „Ich bin besser, wenn ich nicht nach Plan vorgehe.“

„Bist du dir da sicher?“

Leo warf seinem Bruder einen genervten Blick zu und nahm dann seinen Schläger, um zum Abschlag zu gehen. Nachdem sie alle ihre Schläge ausgeführt hatten, achtete er darauf, dass er neben Danni war, als sie weitergingen.

„War es dir ernst damit, dass ich dein Mentor werden soll?“, fragte er.

„Ja“, antwortete sie. „Aber da wir Konkurrenten sind …“

„Ich glaube nicht, dass du in meiner Liga spielst“, sagte er sanft.

„Noch nicht“, erwiderte sie mit einem verschmitzten Lächeln.

„Noch nicht“, stimmte er zu. „Okay, ich stehe dir dieses Wochenende zur Verfügung. Wenn du mir einen Gefallen tust.“

Sie zuckte mit den Schultern und drehte sich um, um auf den Horizont und das Meer zu blicken. Er gab ihr die Zeit, die sie brauchte, bevor sie sich wieder zu ihm umdrehte und ihre Sonnenbrille auf den Kopf schob. Sie sah so jung und ernsthaft aus, und er hatte das Gefühl, dass das, was sie als Nächstes sagte, für sie sehr wichtig war.

„Was für ein Gefallen ist das?“

„Sei mein Date für das Wochenende. Meine Familie macht gerade einiges durch, und ich könnte jemanden gebrauchen, mit dem ich abseits von alldem etwas unternehmen kann.“

„Solltest du das denn? Ich meine, wir reden hier von einer Geschäftsbeziehung“, gab sie zu bedenken.

„Es ist nur für ein Wochenende. Und ich war schon immer der Meinung, dass das Geschäft nichts Persönliches ist. Es geht darum, zu konkurrieren und zu gewinnen und das beste Produkt herzustellen.“

„Okay“, sagte sie. Aber sie klang zögerlich.

Er beschloss, dieses Problem später in Angriff zu nehmen.

2. KAPITEL

Nach dem Golfspiel ging Danni ins Clubhaus und suchte den ihr zugewiesenen Tisch. Ob sie mit Leo zusammensitzen würde?

Er hatte sich widerstrebend bereit erklärt, ihr Mentor zu sein, und sie im Gegenzug sein Date, was ihr Gewissen beruhigen sollte. Sie fühlte sich immer noch ein wenig schuldig, weil sie diese Hochzeitseinladung dazu nutzte, ihr Netzwerk zu erweitern, und weil sie vorhatte, sich mit möglichst vielen A-Promis zu treffen, um ihre geschäftliche Reichweite und ihren Bekanntheitsgrad zu vergrößern.

Aber musste sie sich Leo gegenüber schuldig fühlen? Er hatte gesagt, dass das Geschäft für ihn nichts Persönliches sei. Also gab es nichts, weswegen sie sich schlecht fühlen musste. Sie hatte ihren Tisch entdeckt und machte sich gerade auf den Weg dorthin, als Adler Osborn, die Braut, sie bemerkte und sie zu sich winkte.

Adler strahlte, wie alle Bräute, aber sie sah auch müde aus, und ihr Lächeln wirkte, als ob sie sich allzu sehr bemühte, glücklich zu sein. „Hallo“, begrüßte Danni sie. „Wie geht es dir? Die übliche Hochzeitspanik? Willst du die Flucht antreten und durchbrennen?“

Adler lachte und schüttelte den Kopf. „Es geht mir gut. Es ist viel Unerwartetes mit der Familie passiert, was leider sehr schwierig ist. Aber wie war’s beim Golf? Wie ich sehe, hast du mit meiner Tante und meinen Cousins gespielt. Waren die Jungs gut? Die beiden bekämpfen sich ja gerne.“

„Sie waren eigentlich ganz amüsant. Stimmt, sie haben sich ordentlich bekriegt, aber sie waren unheimlich lieb zu ihrer Mutter. Ich fürchte, ich habe die Punktzahl unserer Teams ziemlich verbockt.“

„Ach, das ist doch egal, es ist ja nur Spaß. Deine Geschäftspartnerin hat mir Armbänder für die Geschenktüten der Hochzeitsgäste geschickt. Vielen Dank dafür, damit hatte ich gar nicht gerechnet.“

„Wir wollten jedem etwas Besonderes zur Erinnerung an den Tag schenken“, sagte Danni. Sie hatte Essie gebeten zu warten, bis sie mit Adler gesprochen hatte, aber anscheinend hatte sie das nicht getan. „Ich wollte das eigentlich erst mit dir besprechen.“

„Alles gut. Ich finde die Armbänder toll. Besonders das, was du für meinen Vater gemacht hast. Er wird sich total freuen.“ Adlers Vater war der Rockstar Toby Osborn und ihre Mutter Leos Tante Musette, die gestorben war, als Adler noch ein Baby war. „Sein erster Hit liegt ihm so sehr am Herzen. Wirklich clever, den Text auf das Lederband zu gravieren.“

„Der Song handelt von dir, oder?“

„Ja. Das stimmt. Deswegen ist es auch für mich besonders“, erklärte Adler. „Ich bin so froh, dass ich dich gebeten habe, die Geschenke für die Brautjungfern zu machen. Ich wollte sichergehen, dass sie einen weiblichen Touch haben. Nicht dass Leo nicht fabelhaft wäre, aber … na ja, du hast wirklich dazu beigetragen, diese Hochzeit zu etwas Besonderem zu machen.“

„Das freut mich sehr“, antwortete Danni. „Und ich habe es wirklich genossen, mit dir zu arbeiten. Du warst jedenfalls keine dieser schwierigen Kundinnen, mit denen ich oft zu tun habe.“

„Ich habe versucht, keine dieser super aufgedrehten Bräute zu sein. Quinn macht ständig diese hochkarätigen Hochzeiten und sie hatte einige Geschichten zu erzählen. Ich weiß, wie leicht es ist, in ein solches Verhalten abzudriften. So viel Stress, damit alles perfekt wird und alle Details und Ereignisse optimal geplant sind“, meinte Adler.

„Wer ist Quinn?“

„Sie ist die Produzentin der Hochzeitssendung und filmt hier alles. Ich glaube nicht, dass du sie aus der Schule kennst, aber sie war eine meiner Mitbewohnerinnen.“

„Nein, ich kann mich nicht an sie erinnern.“

„An welchem Tisch sitzt du beim Mittagessen?“, fragte Adler.

„Zwölf“, sagte Danni. „Irgendwo in der Mitte, glaube ich.“

„Hast du eine Begleitung mitgebracht?“

„Nein. Ich wollte meine Geschäftspartnerin mitbringen, aber sie konnte nicht“, antwortete Danni.

„Dann setze ich dich für das Abendessen morgen und für das Probeessen später an einen der Familientische“, bot Adler an. „Meine Tante ist eine gute Gastgeberin, und du hast erwähnt, dass die Jungs gar nicht so übel sind.“

Sie musste darüber lachen, wie Adler Leo und Logan bezeichnete. Sie waren erwachsene Männer, älter als Adler, und sahen ganz und gar nicht wie Heranwachsende aus. „Warum nennst du sie die Jungs?“

„Um sie auf die Plätze zu verweisen. Sie neigen sonst dazu, ein wenig überheblich zu werden. Sie sind alle erfolgreich, gut aussehend, charmant, wohlhabend … nur ein bisschen zu sehr daran gewöhnt, dass alle sie bewundern“, meinte Adler.

Autor

Katherine Garbera
<p>USA-Today-Bestsellerautorin Katherine Garbera hat schon mehr als neunzig Romane geschrieben. Von Büchern bekommt sie einfach nicht genug: ihre zweitliebste Tätigkeit nach dem Schreiben ist das Lesen. Katherine lebt mit ihrem Mann, ihren Kindern und ihrem verwöhnten Dackel in England.</p>
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