Werde die Königin meines Herzens!

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Ein schwerer Unfall hat Scheich Isam ibn Rafat das Gedächtnis geraubt. Was vor einem Jahr war? Er kann sich nicht erinnern. Jetzt fliegt er mit seinen Beratern zu einer Besprechung nach London. Seine Assistentin dort, die schöne Avril, wirkt zunächst wie eine Fremde auf ihn. Doch als sie allein im Konferenzraum sind, ahnt er mit einem Mal, dass sie vor seinem Unfall mehr verbunden hat. Es knistert heiß zwischen ihnen. Und dann sieht er ihr Kind – sein Ebenbild! Es kann nur eine Lösung geben: Heirat. Avril muss seine Königin werden …


  • Erscheinungstag 18.03.2025
  • Bandnummer 2692
  • ISBN / Artikelnummer 9783751534680
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Seine Hoheit Isam ibn Rafat, Kronprinz von Zahdar, stand vom Konferenztisch auf und trat zu dem Mann, dem er einige Fragen gestellt hatte. „Danke, Mr. Drucker. Das war ein sehr nützliches Meeting.“

Avril ließ sich ihre Überraschung nicht anmerken. Als Assistentin Seiner Hoheit war es eigentlich ihre Aufgabe, Gäste zu der Präsidentschaftssuite zu führen, wenn ein Meeting anstand, und sie auch wieder hinauszubegleiten.

Drucker war dies wohl bewusst. Deshalb konnte er seine Begeisterung auch nicht verbergen, als sein Gastgeber ihn persönlich aus dem Raum geleitete. Er warf Avril nicht einmal einen Blick zu, ganz zu schweigen davon, sich von ihr zu verabschieden, obwohl sie vor dem heutigen Tag schon mehrere Gespräche geführt hatten und er während des Meetings verstohlen ihre Brüste angestarrt hatte.

Sie unterdrückte einen Anflug von Abscheu und konzentrierte sich wieder auf ihre Notizen.

Es dauerte eine Weile, bis ihr Chef zurückkam. Das Hotel war eines der besten von London, die Suite erstreckte sich über eine ganze Etage. Als die Tür sich wieder öffnete, sah sie auf. Ihre Haut prickelte, wie immer, wenn Isam in ihrer Nähe war.

Er hatte seine Anzugjacke ausgezogen. Ihr Blick blieb an den breiten Schultern hängen und einem schlanken Körper, der unter dem perfekt geschnittenen Hemd und der Hose nur aus Muskeln zu bestehen schien. Tief atmete sie ein, um ihren Puls zu beruhigen. Offensichtlich war sie ihn nicht gewohnt, diesen Anblick männlicher Perfektion. Sie sollte öfter ausgehen.

Dass sie so zurückgezogen gelebt hatte, machte ihr nichts aus. Cillas Tod nun verschaffte ihr mehr Freiheit. Trotzdem hatte sie sich in den letzten Wochen dazu zwingen müssen, das Haus zu verlassen. Die Trauer lastete schwer auf ihr, sie fühlte sich beraubt. Cilla hatte ihr Stabilität und Liebe gegeben, solange sie sich erinnern konnte. Avril wollte keine Freiheit, die auf Kosten ihrer Großtante ging. Sie vermisste die lebhafte, zerbrechliche und wundervolle Frau.

Deshalb war sie so unruhig. Und nicht, weil sie ihrem Chef persönlich so nahe war, statt durch einen Kontinent von ihm getrennt zu sein.

Er lockerte seine Krawatte und öffnete die zwei obersten Hemdknöpfe. „Es macht Ihnen doch nichts aus, Avril, oder? Es war ein langer Nachmittag, und ich hasse es, so in diesen Anzug eingezwängt zu sein.“

Aber er steht dir so gut.

Sie verkniff sich die Bemerkung. Dass er in Wirklichkeit noch attraktiver war als auf den Fotos, war ein Schock, mit dem sie auch nach ein paar Tagen gemeinsamer Arbeit noch zu kämpfen hatte.

Das ist lächerlich. Du arbeitest schon seit sechs Monaten für ihn.

Doch ihr Gehirn hatte Mühe, diesen umwerfend attraktiven, charismatischen Mann in Einklang zu bringen mit dem cleveren, fordernden und doch zugänglichen Chef, den sie durch E-Mails, Textnachrichten und Telefongespräche kennengelernt hatte. Der Mann, zu dem sie ein harmonisches Verhältnis und zu ihrer Überraschung sogar einen gewissen Grad an Freundschaft aufgebaut hatte.

Sie war seine einzige persönliche Assistentin, die im Vereinigten Königreich ihren Arbeitsplatz hatte. Sie stellte die Verbindung dar zu seinen geschäftlichen Interessen in England, während er in Zahdar lebte oder um die Welt reiste. Doch manchmal, wenn er während eines langen Telefonats schon gewusst hatte, was sie als Nächstes sagen würde, oder wenn er sie mit seinem trockenen Humor zum Lachen brachte, hatte sie das Gefühl gehabt, sie würden einander auf eine Weise verstehen, die über das Geschäftliche hinausging.

Sie hatte sich ihm näher gefühlt als irgendeinem anderen Menschen. Außer Cilla.

„Natürlich macht es mir nichts aus, Eure Hoh… Isam.“

In gespieltem Ernst schoss eine seiner dunklen Augenbrauen nach oben. Doch als sie seinen Vornamen benutzte statt seines Titels, lächelte er zustimmend.

Trotzdem schmeckte sein vertrauter Name fremd auf ihrer Zunge, obwohl sie ihn schon seit Monaten so ansprach. Da sie sich häufig unterhalten und sich immer besser verstanden hatten, hatte er darauf bestanden, die Vornamen zu benutzen. Avril war überrascht gewesen, aber was wusste sie schon, wie Royals tickten?

Doch was praktisch und einfach gewesen war, als er noch weit weg gelebt hatte, wurde immer schwieriger, seit sie zusammen in seiner Hotelsuite arbeiteten.

Weil er jetzt nicht nur dein Arbeitgeber ist. Sondern der erotischste Mann, den du je getroffen hast. Der erste Mann, der diese schlummernden weiblichen Sehnsüchte geweckt hat.

Avril hoffte, dass er keine Ahnung hatte, wie er sie empfinden ließ. Sie hatte das Gefühl, dass ihr Leben in sexueller Abstinenz – denn sie hatte andere Verpflichtungen und keine Zeit für einen Freund – nun ihren Tribut forderte. Noch nie hatte sie so lebhafte sexuelle Fantasien gehabt wie in den letzten paar Tagen, seit Isam in London war. Die letzte Nacht hatte sie stundenlang wach gelegen und sich ausgemalt, wie es sein würde, ihn zu berühren, zu küssen, ihn auszuziehen.

Es war sehr wichtig, dass sie professionell blieb, unberührt von seinem umwerfenden Lächeln!

Er ließ sich auf den Sessel neben ihr fallen. Aus dem Augenwinkel sah sie, dass er sie betrachtete. „Was halten Sie von ihm?“

„Ich?“ Eigentlich sollte sie nicht überrascht sein. Isam fragte sie oft nach ihrer Meinung. Doch etwas in seinem Ton brachte sie dazu, den Blick zu heben. „Es ist nicht meine Entscheidung, aber …“

„Das hat Sie vorher nie davon abgehalten, Ihre Meinung zu sagen.“

Avril zögerte verblüfft. Isam mochte fordernd sein, war jedoch nie ungeduldig. Sie hob das Kinn. „Ich würde nicht mit ihm zusammenarbeiten.“

Etwas flammte in seinem Blick auf, was sie jedoch nicht deuten konnte. „Reden Sie weiter.“

Sie zuckte die Schultern. „Auf dem Papier scheint der Deal vielversprechend. Aber ich bin mir nicht sicher, ob er seine Prioritäten richtig setzt, und das spricht nicht gerade für sein Urteilsvermögen. Er pumpt Geld in sein Hotel für Vorstandsetagen, aber es ist nicht ausgelastet. Vielleicht wegen des Standorts. Es sind die erschwinglicheren Unterkünfte, die dort das Geld bringen. Außerdem …“

Ein Nicken ermunterte sie, fortzufahren. „Über die Frage nach der Unterbezahlung seiner Angestellten ist er hinweggegangen. Nach dem, was ich herausfinden konnte, ist das laufend ein Problem. Abgesehen von der rechtlichen Seite: Möchten Sie mit jemandem einen Deal machen, der sein Personal nicht schätzt und richtig entlohnt? Falls Sie das Hotel erwerben, würde ich ihn nicht als Führungskraft behalten wollen.“

„Ich habe ihn dabei erwischt, wie er Sie angestarrt hat.“

Unbehaglich hob sie die Schultern. „Manche Männer scheinen dem Drang nicht widerstehen zu können, eine Frau anzüglich anzustarren.“ Selbst eine ganz normale Frau in einem schlichten marineblauen Kostüm und weißer Bluse.

„Ich entschuldige mich dafür, dass er Ihnen Unbehagen bereitet hat, Avril. Deshalb habe ich das Meeting abgebrochen. Ich will keine Geschäfte mit ihm machen. Aber ich musste ihn treffen, um sicher zu sein, dass ich mich richtig entschieden habe.“ Er klang nun schärfer. „Dieses kurze Treffen hat mich überzeugt.“

Isam hatte das Meeting beendet, weil sein Besucher sie angeglotzt hatte? Avril hatte gewusst, dass etwas nicht stimmte, denn sie hatten nur die Hälfte der Punkte besprochen, die sie vorbereitet hatte.

„Ist schon in Ordnung. Ich …“

„Nein, es ist überhaupt nicht in Ordnung, und das habe ich ihm eben auch klar gemacht. Tut mir leid, dass das passiert ist.“

Er hatte den Kerl auf sein Verhalten angesprochen?

Avril rief sich in Erinnerung, dass es nur das war, was jeder anständige Mensch tun würde. Sie hätte es selbst machen sollen, statt so zu tun, als wäre nichts. Dass Isam das Verhalten nicht ignoriert und etwas dagegen unternommen hatte, erfüllte sie mit einem Gefühl der Wärme.

Du bist nicht hier, um etwas zu empfinden, sondern um zu arbeiten.

„Ich werde meine Notizen ins Reine bringen und sie Ihnen dann schicken. Und die Liste der Aktionspunkte des heutigen Meetings.“

Obwohl es ein langer Tag gewesen war und trotz der Begegnung mit Drucker, hatte es ihr Spaß gemacht, mit Isam zusammen zu sein. Sie mochte seine Art zu arbeiten und dass er ihre Meinung schätzte. Deshalb wollte sie noch nicht gehen. Außerdem hasste sie die Vorstellung, in das leere Haus zurückzukehren, in dem sie mit Cilla gewohnt hatte. Isam war so lebendig, so real und stark. Sie sehnte sich nach ein wenig Stärke und Sicherheit, sehnte sich danach, mit ihm zusammen zu sein, als Gegengift gegen die trostlose Einsamkeit ihres Zuhauses.

„Danke.“

Isam hielt inne und runzelte die Stirn. „Ich fliege morgen nach Zahdar zurück, aber es gibt noch ein paar Dinge, die ich klären muss.“ Er warf einen Blick auf seine Uhr, die wahrscheinlich genauso viel gekostet hatte wie Cillas Haus, wenn nicht sogar mehr. „Es ist schon spät, aber können Sie noch bleiben, um zu arbeiten?“

Avril zögerte. Nicht, weil sie ihm ihre Zeit nicht gönnte. Sondern weil es keine gute Idee war, noch länger mit Isam in seiner Privatsuite zu arbeiten.

Weil sie nicht mehr wusste, was sie ihm gegenüber empfand.

Sei ehrlich, Avril. Du weißt genau, was du empfindest. Begeisterung. Verlockung. Lust.

„Hier im Hotel gibt es ein exzellentes Dinner, und mein Chauffeur würde Sie später sicher nach Hause bringen.“ Graue Augen sahen sie fragend an. „Außer Sie haben eine andere Verabredung?“

Sie hatte nichts vor, außer die Usambaraveilchen ihrer Großtante zu gießen. Und das zu Ende zu bringen, womit sie angefangen hatte – Cillas Kleidung auszusortieren, um sie einer Wohltätigkeitsorganisation zu spenden.

Isam sah, wie Avril kurz die Lippen zusammenkniff, bevor ihr Mund sich zu einem Lächeln verzog.

Dieses Lächeln war anders als die, die sie ihm schenkte, wenn sie zusammen arbeiteten, was ihr offensichtlich Spaß machte. Wenn sie vergaß, dass er ein Kronprinz war. Es war eher ein höfliches Lächeln, das sie auch aufgesetzt hatte, als sie Drucker in den Raum geführt hatte.

Abrupt sank er in seinen Schreibtischsessel zurück. Sicher setzte sie ihn doch nicht mit Drucker gleich? Isam mochte sich angezogen fühlen von seiner entzückenden Assistentin, aber er hatte sorgsam darauf geachtet, dies nicht zu zeigen. Obwohl sie während der Monate, die sie zusammengearbeitet hatten, eine Vertrautheit entwickelt hatten, die er noch bei keiner Frau erlebt hatte.

Die Tatsache, dass er ihr Gehalt bezahlte, machte es ihm unmöglich, auf diese Anziehung zu reagieren. Avril Rodgers war tabu. Selbst wenn sie nicht für ihn arbeiten würde, spürte er, dass sie eine Frau war, die Heim und Familie wollte, anders als seine üblichen Sexpartnerinnen, die sich gerne auf eine kurze Affäre einließen.

Isam hatte sich die letzten vier Tage, seit er wieder in London war, immer wieder daran erinnert, dass Avril eine Arbeitskollegin war. Die Schwierigkeit bestand jedoch darin, dass er sie zu oft dabei erwischte, wie sie ihn mit sexuellem Interesse ansah, was sein eigenes Verlangen anfachte und seine Skrupel schwächte. Wenn ihre braunen Augen wie Gold schimmerten und sie sich mit ihrer rosa Zunge über die Unterlippe fuhr, wurden all seine guten Absichten auf eine harte Probe gestellt.

Aber jetzt nicht. Denn er wusste, dass etwas nicht stimmte, und das weckte seinen Beschützerinstinkt.

„Avril, ist alles in Ordnung?“

Sie zuckte zusammen. „Natürlich. Ich habe nur über heute Abend nachgedacht.“

„Es kommt sehr kurzfristig. Ich verstehe, dass Sie nicht …“

„Heute Abend habe ich frei. Ich kann also bleiben.“ Diesmal wirkte ihr Lächeln vertrauter. „Es ist besser, die Arbeit zu erledigen, bevor Sie wieder nach Zahdar aufbrechen.“

Isam erinnerte sich daran, dass er ein disziplinierter Mann war. Noch ein paar Stunden der Versuchung würden keine Rolle spielen, obwohl Avril eine Versuchung darstellte, wie er sie noch nie erlebt hatte. Kompetent, organisiert und clever, war sie die perfekte persönliche Assistentin.

Doch da war noch etwas anderes, eine Wärme und Natürlichkeit, die ihm gefielen. Ganz zu schweigen von der sexuellen Verlockung, die ihn verblüffte. Sie trug konservative Kostüme, die kaum Haut zeigten, ganz anders als viele der Frauen, die er auf seinen Reisen traf. Doch obwohl sie so harmlos wirkte …

Besser nicht darüber nachdenken. Oder dass Druckers anzügliches Verhalten in ihm so etwas wie Eifersucht hervorgerufen hatte.

Du willst, dass sie dich ansieht, nur dich.

Isam stand auf, ging um den langen Tisch herum und schob seine Hände in die Hosentaschen, in dem Versuch, seine Erregung zu verbergen.

„Sehr schön. Was möchten Sie heute Abend essen?“

Stunden später dehnte Avril ihre steifen Muskeln und stand vom Stuhl auf. Isam hatte den Raum verlassen, um einen privaten Anruf aus Zahdar entgegenzunehmen. Sie hatte ihre Arbeit erledigt und würde bald gehen.

Würde sie Isam wiedersehen? Wahrscheinlich nicht für eine lange Zeit. Sie würden wieder eine Fernarbeitsbeziehung haben.

Das war gut. Sie brauchte diesen Abstand.

Trotzdem wünschte sie …

Denk nicht einmal daran. Du bist zu vernünftig, dich nach dem zu sehnen, was du nicht haben kannst. Du und er … undenkbar!

Sie griff nach ihrem kaum berührten Glas Rotwein und ging zum Fenster, ohne die Schuhe wieder anzuziehen, die sie während der Arbeit ausgezogen hatte. Versonnen sah sie auf die dunkle Straße hinunter. Es hatte geregnet, während sie gearbeitet hatten. Die Gehsteige schimmerten nass und erinnerten sie an die Nacht, in der Cilla gestorben war.

Melancholie erfasste sie. Sie wusste, dass Cilla Schmerzen gehabt hatte. Es war eine Erleichterung gewesen, dass sie friedlich im Schlaf gestorben war. Cilla hatte gewollt, ja darauf bestanden, dass Avril nicht Trübsal blies. Ihre Großtante hatte sie sogar dazu gebracht, all die Dinge aufzuschreiben, die sie gerne tun wollte, wenn sie wieder mehr Zeit für sich hatte.

Morgen würde sie Cilla ehren, indem sie diese Liste durchging, auch wenn sie noch nicht in der Stimmung war, neue Abenteuer auszuprobieren.

Außer, Isam würde auf deiner Liste stehen. Dann wärst du bereit für ein Abenteuer.

„Avril.“

Seine tiefe Stimme erklang so nahe hinter ihr, dass sie zusammenzuckte und sich abrupt umdrehte. Rotwein schwappte aus ihrem Glas. Voller Entsetzen sah sie, wie er sich über sein blütenweißes Hemd ergoss.

Hastig stellte sie ihr Glas ab und suchte nach einem Taschentuch, doch ihre Handtasche und die Jacke befanden sich am anderen Ende des großen Zimmers.

Ein großes Stofftaschentuch, gebügelt und schneeweiß, wurde in ihre Hand gedrückt. Sie nahm es und wusste, dass sie wahrscheinlich beides ruinieren würde, das Tuch und sein Hemd, aber sie konnte nicht länger zusehen, wie der Wein sich weiter ausbreitete. Mit der anderen Hand öffnete sie einen Knopf nach dem anderen.

„Sie müssen das Hemd sofort ausziehen. Mit Salz gehen die Weinflecken wieder weg. Man kann es auch in kaltem Wasser einweichen.“

Unter ihrer Hand spürte sie, wie seine Muskeln sich plötzlich verspannten. Ein Lufthauch strich über ihre Stirn, und ihr wurde bewusst, dass es Isams Atem war, sanft wie eine Liebkosung. Ihre linke Hand presste das feuchte Taschentuch gegen seine Brust.

Seine harte, golden schimmernde Brust. Sie schluckte, während die Finger ihrer rechten Hand den letzten Hemdknopf hielten, der sich oberhalb seines Gürtels befand. Erst jetzt bemerkte sie, dass seine Brust sich bei jedem Atemzug hob und senkte. Ein Prickeln überlief sie.

„Ich kann jetzt weitermachen.“ Isams Stimme klang angespannt.

„Natürlich.“

Ihr Blick klebte auf ihren Händen, die auf seiner Brust lagen. Sie sollte sie wegnehmen, doch sie rührten sich nicht.

Ihr Hirn funktionierte nicht mehr richtig. Oder ihr Körper weigerte sich, seine Befehle zu befolgen. Sie hatte davon geträumt, ihn zu berühren, seinen starken Körper zu betrachten, der sich hinter maßgeschneiderten Anzügen verbarg. Die Wirklichkeit war schockierend erregend.

Zwei große Hände legten sich auf ihre. Doch statt sich ihm zu entziehen, ließ sie zu, dass seine langen Finger sich um ihre schlossen, und schnappte nach Luft. Sie roch seinen Duft, Zitrone und warme, männliche Haut, spürte die sanfte Kraft seiner Berührung, das Hämmern seines Herzens unter ihren Händen.

„Avril, sehen Sie mich an.“

Widerwillig, weil sie wusste, dass es nur peinlich werden könnte, legte sie den Kopf in den Nacken und starrte auf seinen muskulösen Hals, dann auf sein entschlossenes Kinn mit den dunklen Bartstoppeln. Sie schluckte schwer, als ihr Blick zu seinem perfekt geformten Mund wanderte, zu der aristokratischen Nase und schließlich an seinen Augen hängen blieb.

Sie wollte sich befreien, denn so hatte er sie noch nie angesehen. Erregt. Voller Sinnlichkeit.

Wie von selbst pressten sich ihre Brüste gegen seinen harten Oberkörper, und ihr blieb die Luft weg, als seine Hitze sie umhüllte. Sie spürte, wie sein Brustkorb sich hob, als würde er die Luft anhalten. Kein Mann hatte sie je so angesehen wie Isam jetzt. Als wollte er sie verschlingen. Als sehnte er sich genauso nach ihr wie umgekehrt.

Und das verlieh ihr ein anderes Gefühl. Sie fühlte sich mächtig.

Unbewusst fuhr sie mit der Zunge über ihre Unterlippe.

Hitze flammte in Isams Augen, seine Nasenflügel bebten. Plötzlich sah er nicht mehr wie der zivilisierte Mann aus, sondern wie ein Marodeur. Das Leuchten in seinen Augen wirkte habgierig, sein Griff besitzergreifend. Dass er plötzlich so anders war, erregte sie.

„Isam.“

Jetzt hatte sie kein Problem mehr, seinen Vornamen zu sagen. Er klang wie ein Wispern, heiser vor Sehnsucht. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihm näher zu sein.

Doch dann zerstörte er diesen Moment mit schockierender Endgültigkeit. Obwohl er immer noch ihre Hände umklammerte, als wüsste er, dass sie weiche Knie hatte, trat er zurück.

Avril erschauerte, als hätte sie ein arktischer Wind erfasst.

Seine Stimme klang tiefer. Ein Akzent färbte sein sonst perfektes Englisch. „Das darf nicht passieren.“

Und doch war es so. Spürte er es nicht?

„Du arbeitest für mich und bist abhängig davon, dass ich dein Gehalt bezahle.“ Er schüttelte den Kopf. „Es wäre falsch.“

Avril verstand. Es bestand ein Machtgefälle zwischen ihnen. Er wollte sie nicht ausnutzen, und dafür bewunderte sie ihn. Trotzdem war dieses Verlangen nicht falsch, es bestand auf Gegenseitigkeit und war sehr real. Realer als das triste Dasein der letzten Zeit. Sie sehnte sich danach wie ein Taucher, der zu lange unter Wasser gewesen war und unbedingt Luft holen wollte.

„Könnten wir nicht so tun, als wärst du nicht mein Chef und ich nicht deine Assistentin? Nur für diesen Abend?“

Zu jedem anderen Zeitpunkt wäre sie zusammengezuckt über das starke Verlangen, das ihre Worte verrieten. Doch es war so übermächtig, dass es alle Regeln außer Kraft setzte. In ihren sechsundzwanzig Jahren hatte sie noch nie so stark empfunden.

Er machte ein finsteres Gesicht, wirkte nicht mehr kontrolliert, sondern von starken Emotionen getrieben. Genau wie sie.

„Nein. Auf keinen Fall!“

Plötzlich war es leichter zurückzutreten, als sie gedacht hatte. Sie schlang die Arme um ihren Körper, weil ihr unvermittelt kalt wurde. Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Sie hatte Fotos von Isam mit einer Reihe atemberaubender Frauen gesehen, alle glamourös, schön und zweifellos vertraut mit seinem exklusiven sozialen Umfeld. Die Art von Frauen, die erfolgreichen Karrieren nachgingen und trotzdem Zeit fanden, bei royalen Ereignissen toll auszusehen.

„Ich verstehe.“ Avril kämpfte darum, sich nicht verletzt zu fühlen. Hätte sie ihren Kopf benutzt, hätte sie gewusst, dass es absurd war. Sie passte nicht in seine Welt und entsprach nicht seinen Erwartungen. „Ich bin weder intellektuell noch sexy, aber du …“

„Avril, du hast das in den falschen Hals bekommen.“

Sie presste die Lippen zusammen, bevor sie mit noch mehr Unsinn herausplatzen konnte. Es war Zeit zu gehen.

„Hierbei geht es nicht um dich.“

Er versuchte, ihr Ego zu streicheln, doch seine Worte hatten den gegenteiligen Effekt. Wut überlagerte ihr Gefühlschaos, und das war ihr nur recht, weil sie, zumindest für den Moment, ihre Verlegenheit und Enttäuschung vertrieb.

„Doch. Ich bin nicht dumm. Ich weiß, wie groß die Kluft zwischen uns ist. Ich bin ein gewöhnlicher Mensch und du … bist du. Es war lächerlich zu glauben …“

„Hör auf damit!“ Isam verschränkte die Arme vor der Brust. Seine Augen leuchteten wie geschmolzenes Quecksilber. „Siehst du mich lachen, Avril? Ich habe all die Tage, die wir zusammen gearbeitet haben, damit verbracht, meine Gefühle wegzusperren. Habe versucht zu ignorieren, dass ich mich zu dir hingezogen fühle. Ich habe so getan, als sei ich nicht interessiert, während ich doch die ganze Zeit …“

Verblüfft sah sie, wie ein Muskel in seinem Kiefer zuckte. Doch statt sie durch seinen Ausbruch abzuschrecken, erreichte er damit das Gegenteil. Weil sein Verhalten ihr verriet, dass er etwas für sie empfand.

Sie machte einen halben Schritt auf ihn zu. Sofort zog er sich zurück, das Kinn arrogant in die Luft gereckt. „Das sollte keine Ermunterung sein, Avril.“

Doch auch sein Hochmut schreckte sie nicht ab. „Du willst mich?“ Die Worte fielen weich wie Blütenblätter auf taufrisches Gras.

Isam schluckte, sagte jedoch nichts.

„Du willst mich.“ Die Erkenntnis besänftigte ein wenig das verzweifelte Sehnen.

Seine Stimme klang hart. „Es wäre verrückt, dem nachzugeben.“

„Verrückt, vielleicht.“ Sie stockte, um Luft zu holen. „Ich verstehe deine Bedenken. Es liegen Welten zwischen deinem und meinem Leben. Es kann zu nichts führen. Du bist ein ehrenwerter Mann, der mich nicht ausnutzen will.“

Unfähig, noch länger zu widerstehen, legte sie eine Hand auf seinen Arm und spürte, wie seine Muskeln sich abrupt anspannten.

„Aber was ist, wenn ich die Initiative ergreife? Wenn ich dich dazu einlade? Es wäre eine momentane Verrücktheit, denn ich weiß, dass es nur für eine Nacht ist. Ein Geheimnis, das nur wir beide teilen.“

Sie spürte den Schauer, der sich von ihm auf sie übertrug – eine tief sitzende Sehnsucht. Dieser Beweis einer Verbindung stärkte sie in ihrem Entschluss. Und ihrem Leichtsinn.

„Selbst wenn das bedeutet, dass wir danach nicht mehr zusammenarbeiten können, wäre es das wert. Spürst du das nicht auch?“

Avril wusste instinktiv, dass diese Verrücktheit, wie er es nannte, genau das war, was sie brauchte. Zum ersten Mal, seit sie Cilla verloren hatte, hatte das Leben wieder einen Sinn, selbst wenn der Preis dafür war, ihren Job aufgeben zu müssen.

Mit ihren Fähigkeiten würde sie eine andere Arbeit finden. Aber wo sonst könnte sie jemanden finden, der sie so fühlen ließ wie Isam? Selbst die Berührung seiner Hand auf ihrem Arm reichte, um die Schatten zu vertreiben, die ihre Welt verdunkelt hatten.

Avril brauchte die Berührung von etwas Warmem, Lebendigem.

Aber nicht von irgendjemandem. Nur Isam schaffte es, sie so empfinden zu lassen.

2. KAPITEL

„Natürlich spüre ich es.“ Isams Bemerkung erfüllte sie mit Erleichterung. „Aber ich werde die Lage nicht ausnutzen. Außerdem kann ich keine Beziehung eingehen, zumindest keine langfristige. An mich werden Erwartungen gestellt, die ich nicht ignorieren kann. Und ich will ganz sicher nicht die beste persönliche Assistentin verlieren, die ich je hatte.“ 

Zu jedem anderen Zeitpunkt wäre sie über sein Kompliment in Bezug auf ihre Arbeit begeistert gewesen. Doch Avril hatte anderes im Sinn. Sie schloss die Lücke zwischen ihnen. Ihre Brüste berührten seine verschränkten Arme, als sie die Hände um seinen Nacken schlang.

„Dann werde ich mich eben schadlos an dir halten“, murmelte sie und zog seinen Kopf zu sich, während sie sich auf die Zehenspitzen stellte.

Ihre Lippen berührten seinen Mund, und plötzlich erwiderte er den Kuss. Starke Arme zogen sie an seine Brust. An ihrem Bauch spürte sie seine Männlichkeit. Feuer explodierte in ihren Adern.

So hatte sie noch nie geküsst. Bisher kannte sie nur unbeholfene Küsse von Männern, die entweder zu vorsichtig oder zu aggressiv waren, sodass sie vermutet hatte, sie würde nicht viel versäumen, wenn sie keine Dates mehr hatte.

Isam machte ihr bewusst, dass sie keine Ahnung hatte, wie ein Kuss sein konnte. Und dass sie es unbedingt lernen wollte. Sie wollte das Leben mit beiden Händen ergreifen und alles erfahren, was sie verpasst hatte.

Als Isam schließlich den Kopf hob, schimmerten seine Augen vor Hitze. Sie klammerte sich an seine Schultern. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch sie kam ihm zuvor.

„Ich bin ganz sicher, dass ich das hier will. Deine Stellung und meine sind mir egal. Auch die Zukunft.“ Nicht einmal ihr Job war so wichtig wie das hier. „Ich brauche dich, Isam.“

Einen Moment rührte er sich nicht und gab keinen Laut von sich. Seine stolzen Gesichtszüge wirkten angespannt. Dann schüttelte er den Kopf und murmelte etwas auf Arabisch, das sie nicht verstehen konnte. Bevor sie Zeit hatte, sich über seine Reaktion Gedanken zu machen, hatte er schon die Arme um sie geschlungen. Als er sie mit langen Schritten aus dem Raum trug, jubelte ihr Herz. Denn sie waren auf dem Weg zu den Schlafzimmern.

„Ich habe mir eingeredet, dass ich es nicht tun sollte, Avril, aber es hilft nichts. Ich will dich so sehr.“ Seine Stimme klang so rau, dass sie kaum wiederzuerkennen war. Ihre Hand zuckte zu seinem Hals, als er schwer schluckte. Zärtlichkeit erfasste sie für diesen starken Mann, der von dem gleichen drängenden Verlangen erfasst war wie sie.

In der Tür blieb er stehen und sah sie an. In seinen leuchtenden Augen stand nicht nur Lust, sondern auch etwas anderes, was sie verwunderte.

„Aber vergiss nicht, solltest du deine Meinung ändern …“

„Das werde ich nicht.“ Sie bedeckte seinen Mund mit ihrer Hand, denn sie wollte jetzt nicht reden. Isam küsste ihre Hand, ehe er den Mund öffnete und mit seiner Zunge über ihre Handfläche wanderte. Avril erschauerte und schnappte nach Luft. Solch eine erotische Liebkosung hatte sie noch nie erlebt. Ihre Brüste schienen anzuschwellen, ihre Brustwarzen wurden hart.

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