Zurück in den Armen des Milliardärs

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Früher bildete Devlyn sich viel darauf ein, zu den "besseren Kreisen" zu gehören - und das ließ er Gillian, die Tochter der Haushälterin, deutlich spüren. Nie wird sie vergessen, wie seine Ablehnung sie verletzt hat! Auch jetzt noch, Jahre später, hört sie seine höhnischen Worte: "Du gehörst nicht in unsere Welt!". Nun steht Devlyn plötzlich wieder vor ihr: groß, attraktiv und auf einmal sehr an ihr interessiert. Gillian wagt den Schritt und gibt seinen heißen Avancen nach. Sie ist glücklich … bis Devlyn sie verlässt. War sie doch nur eine erotische Affäre für den Milliardär?


  • Erscheinungstag 01.04.2017
  • Bandnummer 1770
  • ISBN / Artikelnummer 9783733777838
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Feuchtes gelbes Laub klebte auf der regennassen, windigen Straße, die ins Tal hinabführte, aber das störte Devlyn Wolff nicht. Er lenkte seinen alten Aston Martin souverän durch die vielen Kurven. Als die Dämmerung hereinbrach, schaltete er die Scheinwerfer ein, drehte die Musik lauter und trommelte im Takt des Hardrock-Oldies mit den Fingern aufs Lenkrad.

Doch was er auch tat, seine innere Unruhe blieb. Es war immer das Gleiche – kaum kehrte er für ein paar Tage nach Wolff Mountain zurück, machten sein Vater und Onkel Vic ihn nervös. Zwei Jahre zuvor hatten sie ihn zum Geschäftsführer von Wolff Enterprises ernannt, und angeblich vertrauten sie ihm blind. Dennoch hörten sie nicht auf, ihm ständig Ratschläge zu erteilen.

Es war leichter für Devlyn, wenn er in seinem Büro in Atlanta saß, wo sie ihn nur per E-Mail oder am Telefon nerven konnten. Aber es musste den beiden Patriarchen verdammt schwergefallen sein, die Kontrolle über die Firma aufzugeben, und Devlyn bemühte sich, ihnen das Gefühl zu vermitteln, noch immer dazuzugehören. Darum fuhr er auch regelmäßig nach Hause.

Zum Glück waren die Berge nicht das ganze Jahr über in Nebel gehüllt, und bei Sonnenschein hatte die Gegend durchaus ihren Reiz. Er kannte hier jeden Winkel. Auf diesen Landstraßen hatte er seine Fahrstunden absolviert – und seinen ersten Wagen um einen Baum gewickelt. Nur aus dem Grund nahm er jetzt vorsichtshalber den Fuß vom Gas.

Im selben Moment wurde er von den Scheinwerfern eines entgegenkommenden Autos geblendet, das beim Durchfahren der Kurve gefährlich weit auf Devlyns Spur geriet. Er riss das Lenkrad herum, wich spontan nach rechts aus und behielt sein Fahrzeug unter Kontrolle. Doch offensichtlich besaß der Fahrer des anderen Wagens nicht so viel Geschick.

Laut fluchend beobachtete Devlyn, wie der blaue Honda an ihm vorbeischoss, und erhaschte einen Blick auf das erschrockene Gesicht der Fahrerin – dann sah er im Rückspiegel, wie die kleine Limousine von der Straße abkam und gegen einen Telefonmast prallte.

Devlyn hielt auf dem Seitenstreifen und sprang aus dem Auto; sein Herz raste, während er die 911 wählte. Als er den Rettungsdienst alarmiert hatte und vor dem Honda stand, öffnete die Fahrerin bereits die Tür. In dem zusammengestauchten Auto hatte sich der Airbag geöffnet. Die Frau kam taumelnd auf die Füße, wischte sich hilflos über die Wange, wo etwas Blut zu sehen war.

Er griff nach ihr, als ihre Knie nachgaben. „Vorsicht!“

Die junge Dame sank graziös zu Boden, obwohl Devlyn den Arm um sie gelegt hatte, also hockte er sich neben sie, um sie zu stützen. Behutsam strich er ihr das Haar aus dem Gesicht. „Sind Sie okay?“

„Sie hätten mich fast umgebracht.“

„Ich? Oh nein, Lady!“, protestierte er verärgert. „Sie sind über die Mittellinie gefahren.“

Sie hob das Kinn. „Ich bin eine sehr gute Fahrerin.“

Na, das bezweifelte er. Die Frau zitterte jedoch am ganzen Körper, und Devlyn sah ein, dass es nicht nett von ihm wäre, ihr in dieser Situation auch noch Vorwürfe zu machen. „Tut mir leid“, meinte er. „Aber ich fürchte, Ihr Auto ist Schrott. Und das nächste Krankenhaus ist etliche Meilen entfernt. Wir sparen Zeit, wenn wir dem Notarzt entgegenfahren. Heißt, ich bringe Sie jetzt ins nächste Tal.“

„Sagte der große böse Wolf.“

„Wie bitte?“

Sie lächelte schwach. „Devlyn Wolff. Was führt Sie von Atlanta in unsere bescheidene Gegend?“

„Kennen wir uns?“ Er wüsste nicht, woher. Und er kannte fast alle Leute, die in diesem Teil der Blue Ridge Mountains lebten, schließlich war er hier aufgewachsen. Andererseits … irgendwie kam ihm die junge Frau vertraut vor.

„Nicht wirklich“, gab sie ihm zur Antwort, dann zog sie die Nase kraus. „Ich werde nass.“

„Oh ja.“ Devlyn war so besorgt um sie gewesen, dass er den Regen gar nicht bemerkt hatte. Zu dumm, dass sie ausgerechnet auf dieser einsamen Straße verunglückt war! Hier wohnte niemand, den man um Hilfe bitten könnte.

Auch Wolff Mountain – das Domizil seiner Familie – war sehr abgelegen, und das aus gutem Grund, doch an diesem Tag erschien es ihm wie ein Fluch.

Frustriert blickte Devlyn auf die Uhr. In zwei Stunden musste er in Charlottesville sein, wo er mit einem reichen Investor zum Abendessen verabredet war. Aber sollte er eine Frau, die möglicherweise innere Verletzungen hatte, einfach allein lassen? Nein, das brachte er nicht fertig.

„Ich trage Sie zu meinem Wagen, okay? Vielleicht sind Sie schwerer verletzt, als Ihnen klar ist.“ Insgeheim stieß er einen Stoßseufzer aus. Saint Devlyn, dein Retter. Er war kein Heiliger – alles andere als das –, aber er wurde schwach, sobald jemand Schutz benötigte, sei es ein Mensch oder ein hilfloses Tier. Auch wenn ihm diese Eigenschaft bisher nicht viel Dank eingebracht hatte. Im Gegenteil.

Die Frau richtete sich auf, schwankte nur leicht. „Das ist sehr nett von Ihnen. Aber wollten Sie nicht irgendwohin? Sie haben doch sicher eine Verabredung.“

Devlyn erhob sich ebenfalls. „Die kann ich verschieben.“ Und vermutlich zwanzig Millionen Dollar verlieren. Schon seit einem Jahr buhlte er um die Gunst des Investors. Ob der Mann ihm eine weitere Chance gab, wenn er den heutigen Termin platzen ließ, schien ihm äußerst fraglich. Doch Geld war nicht alles, und Devlyn hatte am College genügend Sportunfälle miterlebt, um zu wissen, dass mit Kopfverletzungen nie zu spaßen war.

Außerdem gab’s noch immer die Hoffnung, dass er die Frau schon im nächsten Tal in die Obhut der Sanitäter übergeben konnte. Dann würde er noch rechtzeitig in Charlottesville sein. Er hob sie auf die Arme und trug sie zu seinem Wagen. Sie protestierte nur schwach. Ihr schlanker Körper zitterte wie Espenlaub, was wohl eine verspätete Reaktion auf den Crash war. Bei dem sie hätte sterben können!

Devlyn schloss die Arme fester um sie, als er für den Bruchteil einer Sekunde an diese schreckliche Möglichkeit dachte. Gott sei Dank hatte sie den Aufprall überlebt. Ihr feuchtes Haar und ihre Kleidung rochen nach Rosen, ein altmodischer Duft, der wundervoll zu ihr passte.

Einmal stolperte er leicht, da krallte sie die Finger in sein Hemd. Und plötzlich hatte er eine ganz andere Szene vor Augen. Er und sie. Nackt. In seinem Bett.

Er schüttelte den Kopf. Verrückt. Das war absolut verrückt.

Behutsam ließ er sie auf den Beifahrersitz gleiten, dann lief er zurück, um ihre Handtasche zu holen. Als er sich dann hinters Steuer setzte und sie anblickte, schnitt sie eine Grimasse. „Ich werde nicht ohnmächtig werden, versprochen. Die Airbags haben mich gerettet.“

„Vielleicht, aber Sie sehen schrecklich aus.“

Ihr fiel die Kinnlade herunter. „Oh, mir scheint …“

„Was?“ Devlyn lenkte den Wagen auf die Straße.

„Die Klatschpresse bezeichnet Sie als Playboy. Aber wenn Sie mit solchen Sprüchen versuchen, bei den Frauen anzubandeln, können Sie nicht viel Erfolg haben.“

„Sehr witzig.“ Er blickte durch die Windschutzscheibe. Es war inzwischen dunkel geworden. Vorsichtshalber stellte er die Musik aus, denn Hardrock gefiel nicht jedem. Nun herrschte Stille im Auto, nur das Geräusch der Scheibenwischer war zu hören.

Seine Beifahrerin ignorierte ihn. Sie hatte sich in den Ledersitz gekuschelt, die Arme um die Taille geschlungen und wirkte angespannt.

Seltsam … irgendwie kam ihm diese schlanke, blasse Frau bekannt vor. Doch so angestrengt er auch überlegte, er wusste nicht, wo er ihr schon mal begegnet sein könnte.

Sie seufzte tief. „Ich hasse es, Ihnen Umstände zu machen. Setzen Sie mich doch einfach bei meiner Mutter ab.“

„Ist sie zu Hause?“

„Im Moment nicht. Aber sie kommt morgen früh zurück. Sie ist nach Orlando gefahren, um meine Tante zu besuchen. Und heute Nacht komme ich auch allein klar.“

„Vielleicht. Doch erst mal müssen Sie zum Arzt.“

Ihre Antwort wurde vom Quietschen seiner Reifen übertönt, als Devlyn abrupt bremste, weil ein Reh über die Fahrbahn lief. Das Tier erstarrte, blickte sie durch die Windschutzscheibe hindurch an, bevor es im Wald verschwand.

Eine Viertelstunde später hatten sie den Highway erreicht, der in ein dichter besiedeltes Tal führte. „Dort werden wir auf den Notarzt warten“, meinte Devlyn.

„Ich bin erstaunt, dass Sie selbst fahren. Ich dachte, jeder aus der Familie Wolff hätte eine große Limousine mit Chauffeur.“

„Ich nicht.“ Bildete er sich das nur ein, oder klang sie feindselig? Was hatte sie nur gegen ihn? Gab sie ihm tatsächlich die Schuld an ihrem Unfall? Und sie schien mehr über ihn zu wissen als er über sie. Das irritierte Devlyn.

Ja. Sie brachte ihn ganz durcheinander. Er war es gewohnt, dass Frauen ihn anstrahlten und ihm ihre Telefonnummern zusteckten – statt ihn gereizt auf Abstand zu halten.

Erneut wählte er die 911, als er das Blaulicht des Rettungswagens sah, der daraufhin in einer Seitenstraße hielt. Devlyn parkte dahinter, doch bevor er ums Auto herumgehen konnte, um ihr seine Hilfe anzubieten, war die mysteriöse Lady schon vom Beifahrersitz gesprungen.

Verflucht noch mal, was für ein Dickkopf. Er folgte ihr. Wenn sie ins Krankenhaus musste, wäre er aus dem Schneider.

Der Sanitäter bat sie, sich auf der Liege im Wagen auszustrecken, als Devlyn näher trat. „Meinen Sie, es ist etwas Ernstes?“, fragte er die Ärztin, die noch draußen stand.

„Das werden wir gleich wissen.“

Ihr Kollege überprüfte den Puls. Dann begann er ein paar Fragen zu stellen. Bei einer horchte Devlyn auf. Name?

Die junge Frau suchte Devlyns Blick und zögerte.

„Wie ist Ihr Name?“, wiederholte der Sanitäter.

„Gillian Carlyle“, antwortete sie diesmal – und Devlyn meinte, sie würde ihn dabei trotzig ansehen.

Gillian Carlyle. Warum klang das so vertraut? Er kannte sie doch nicht, oder?

Während die Ärztin sich um sie kümmerte, versuchte Devlyn, das Puzzle zusammenzufügen. Gillian sah nett, aber irgendwie unscheinbar aus. Sie war sehr blass, hatte mittelbraunes Haar, dunkelbraune Augen. Eine schlanke Figur. Und ihr cremefarbener Angorapullover, zu dem sie einen braunen Cordrock und kniehohe Stiefel trug, wirkte ziemlich brav.

Sie war nicht sein Typ. Nein, überhaupt nicht. Darum war er sicher, dass er nie mit ihr ausgegangen war. Trotzdem … aus irgendeinem Grund faszinierte ihn diese Gillian Carlyle.

Schließlich durfte sie sich aufsetzen. „Danke“, sagte sie ruhig. „Mir geht’s schon viel besser.“

Der Sanitäter begann, die Instrumente wegzuräumen, und wandte sich an Devlyn. „Sie hat mir erzählt, dass Sie der gute Samariter waren, der angehalten hat, um ihr zu helfen. Könnten Sie sie nach Hause fahren? Ihr fehlt nichts weiter. Auch wenn ihr wohl alle Knochen wehtun werden. Aber stellen Sie bitte sicher, dass sie heute Nacht nicht allein ist. Man weiß nie, ob noch ernsthafte Beschwerden auftauchen, der Kreislauf verrücktspielt. Morgen sollte sie dann zu ihrem Arzt gehen, um sich gründlich durchchecken zu lassen.“

Insgeheim stieß Devlyn einen Stoßseufzer aus. Nun würde er es nicht mehr schaffen, pünktlich in Charlottesville zu sein. Nicht mal, wenn er jetzt nach Wolff Mountain raste und dort den Hubschrauber nahm. „Ja, gern“, erwiderte er und zwang sich zu einem Lächeln. In der Firma hatte er null Probleme damit, sich egoistisch zu verhalten. Im wirklichen Leben schon.

Er beobachtete, wie Gillian das Formular für die Versicherung ausfüllte. Dann brachte er sie zu seinem Wagen, den Arm um ihre schmale Taille gelegt. Sie war recht groß und schmiegte sich an seine Schulter. Ein wohliges Gefühl durchströmte ihn. Unerwartet, doch herrlich prickelnd. Allerdings spürte er jetzt, wie erschöpft die Frau war.

In diesem Zustand durfte er sie unmöglich allein lassen. „Gibt es jemanden, den Sie anrufen könnten, damit er heute Nacht bei Ihnen bleibt? Eine Freundin? Oder eine Nachbarin?“

„Nein.“ Sie wandte das Gesicht von ihm ab. „Ist auch nicht nötig.“

Devlyn half ihr ins Auto, setzte sich hinters Steuer und drehte die Heizung hoch. Wenn ihm schon kühl war, musste Gillian ja am Erfrieren sein. Und seine Verabredung zum Abendessen? Ach, die sollte er lieber absagen. Er seufzte. „Ich nehme Sie mit nach Wolff Mountain. Wir haben genügend Gästezimmer, um eine kleine Armee zu beherbergen. Es wird Sie niemand stören, aber wenn Sie etwas brauchen, bin ich zur Stelle. Und morgen früh rufe ich einen Abschleppdienst, dann werden wir sehen, was mit Ihrem Auto ist.“

Gillian blickte ihn an, in ihren Augen schimmerten Tränen. „Du erinnerst dich nicht an mich, oder? Nicht mal, nachdem ich dir meinen Namen verraten hatte. Bring mich nach Hause, Devlyn. Ich gehöre nicht auf deinen Berg.“

Und plötzlich fiel ihm alles wieder ein …

Devlyn erinnerte sich mit schmerzhafter Deutlichkeit. Es war der erste Todestag seiner Mutter und seiner Tante gewesen. Ein sonniger Nachmittag. Sein Vater und Onkel Vic hatten darauf bestanden, dass ihre Kinder die Asche aus den zwei Urnen im neu angelegten Rosengarten am Berghang verstreuten.

Für Devlyn war diese Zeremonie grausig gewesen. Verstörend. Er war danach so schnell wie möglich abgehauen, hatte sich in seiner geheimen Höhle verkrochen. Und dort war dieses Mädchen aufgetaucht, wie aus dem Nichts, hatte ihn voller Mitleid angestarrt. Aber er hasste mitleidige Blicke.

„Es tut mir leid, dass deine Mutter gestorben ist.“ Die Kleine wirkte schüchtern und hatte karamellbraunes Haar, das in zwei lange Zöpfe geflochten war, die ihr über die schmalen Schultern hingen.

Devlyn schämte sich, weil sie ihn beim Weinen ertappt hatte. Jungs heulten nicht, erst recht nicht vor Mädchen. Als er sich mit der Hand über die Nase wischte und den Schnodder sah, fühlte er sich noch mieser. Ja, erniedrigt. „Ich hasse sie“, sagte er schroff. „Ich bin froh, dass sie weg ist.“

Die Augen des Mädchens weiteten sich. „Sei nicht albern. Du kannst deine Mutter nicht hassen. Sie war wunderschön. Wie eine Prinzessin. Meine Mom erlaubt mir manchmal, in Mr Wolffs Schlafzimmer zu gehen, wenn sie dort sauber macht. Dann schaue ich mir das Bild von Mrs Wolff an.“ Sie streckte ihm die Hand entgegen. „Hier … ich hab dir eine Karte gebastelt.“

In Devlyn stieg Wut auf. Er wollte nicht, dass jemand seine Schwäche sah, seine Verzweiflung. Dieses Mädchen sollte ihn gefälligst allein lassen. „Hau ab!“, schrie er, schlug ihr die Karte aus der Hand. „Du bist hier nicht willkommen. Nicht mehr. Dies ist MEIN Berg, und du gehörst nicht hierher. Geh nach Hause.“

Die Kleine verzog das Gesicht zum Weinen. Da fühlte er sich, als hätte er einen Welpen mit Füßen getreten. Aber der traurige Blick ihrer Augen machte ihn nur noch wütender. „Verschwinde!“, brüllte er. „Hau endlich ab!“

Oh Gott, es tat Devlyn von Herzen leid. Noch immer. Er hatte die Kleine mit seinen hasserfüllten Worten verletzt und sich – trotz seines schlechten Gewissens – nie bei ihr entschuldigt. Nun saß sie neben ihm. Als hätte ihm das Schicksal eine zweite Chance gegeben.

Er könnte so tun, als würde er sich an nichts erinnern … seine Verabredung um eine Stunde verschieben und Gillian am Haus ihrer Mutter absetzen. Aber das wäre feige und gemein. „Gillian“, sagte er sanft. „Gillian Carlyle. Es ist lange her.“

2. KAPITEL

Gillian hatte damals viel Mut aufbringen müssen, um zu dem traurigen Jungen zu gehen und ihm ihr Mitgefühl auszudrücken. Sie hatte gehofft, ihn etwas trösten zu können. Das war jetzt über zwanzig Jahre her, aber sie erinnerte sich noch deutlich daran, wie schrecklich es gewesen war, als das reiche, verwöhnte Kind ihr seinen Hass entgegengeschleudert hatte.

Obwohl es ja stimmte – sie gehörte nicht in seine Welt. Gillians Mutter schrubbte Toiletten, um sich ihr Geld zu verdienen. Die Wolffs waren Milliardäre. Und an jenem Tag hatte Gillian gelernt, dass eben nicht alle Leute gleich waren.

„Du hast lange gebraucht, um dich zu erinnern.“ Ihr schroffer Ton verriet, wie sehr sie das ärgerte.

Mittlerweile war sie eine selbstbewusste Frau, die es nicht nötig hatte, auf andere neidisch zu sein. Ihr war längst klar, dass die Carlyles ebenso glücklich waren wie die reichen Wolffs in ihrer Festung auf dem Berg. Vielleicht noch glücklicher.

Doch als Kind … Sie war so schüchtern gewesen, unbeholfen, und Devlyns böse Worte hatte ihre Minderwertigkeitsgefühle noch verstärkt.

Du bist hier nicht willkommen. Nach dieser Begegnung hatte Gillian sich im Haus der Wolffs todunglücklich gefühlt und ihre Mutter gebeten, sie nicht mehr mitzunehmen. Aber Doreen Carlyle war ja nichts anderes übrig geblieben. Sie wollte ihre kleine Tochter nicht allein lassen, und Kindergärten gab’s auf dem Land nicht.

Gillian war Devlyn dann ab und zu begegnet, allerdings hatten beide so getan, als würden sie den anderen gar nicht sehen. Und das Problem erledigte sich endgültig, als die Schule anfing. Dann musste Doreen ihre Tochter schon vor Sonnenaufgang in den Bus setzen, weil es eine weite Fahrt bis zur nächsten staatlichen Schule war. Und wenn Gillian nach Hause gekommen war, hatte ihre Mutter die tägliche Arbeit in Wolff Castle, wie die Einheimischen sagten, beendet.

Abrupt kehrte Gillian in die Gegenwart zurück. Glücklicherweise ahnte Devlyn nicht, wie aufgewühlt sie war. „Es ist wirklich okay, wenn du mich zum Haus meiner Mutter bringst. Ich verspreche auch, dass ich jemanden anrufe, falls es mir schlechter gehen sollte.“

Ihr Herz raste, aber schuld daran war nicht der Unfall, sondern Devlyns Nähe. Er war ein großer Mann mit breiten Schultern und sehr muskulös. Der Duft seines Aftershaves erinnerte sie an Fichtenwälder und Holzfäller in karierten Flanellhemden. Obwohl dieser Vergleich absurd war.

Devlyn war ein cleverer Geschäftsmann, ein Finanzhai im knallharten Business, in dem sich alles nur ums Geld drehte. Und obwohl sie nach dem Unfall leicht benebelt gewesen war, hatte sie doch sofort seine elegante Kleidung registriert.

Er war der Herrscher über Wolff Enterprises, und in diesem Moment hasste Gillian ihn. Wann hatte Devlyn jemals für irgendetwas arbeiten müssen? Wann hatte er sich jemals Sorgen ums Geld machen müssen? Und mal abgesehen vom Tod seiner Mutter – wann hatte er jemals gelitten?

Okay, vermutlich tat sie ihm unrecht. Die Wolffs unterstützten großzügig diverse Wohltätigkeitsorganisationen. Vielleicht war sie noch immer etwas neidisch auf die reichen Leute vom Berg. Oder … sie wollte Devlyn nur schlechtmachen, um nicht zugeben zu müssen, wie stark sie sich zu ihm hingezogen fühlte.

Als Teenager war sie ihm ab und zu wieder begegnet, und schon damals hatte er wahnsinnig attraktiv ausgesehen. Er hatte volles schwarzes Haar gehabt, das wie das Gefieder eines Raben schimmerte. Markante Gesichtszüge, ein schönes Lächeln. Einen durchtrainierten Körper, der Kraft und Selbstvertrauen ausstrahlte.

Seitdem hatte sich wenig geändert, nur dass er jetzt ein Mann und kein unreifer Junge mehr war. Er war größer und kräftiger geworden, war nicht mehr so schlaksig wie noch in der Pubertät. Sein Gang wirkte energisch und selbstsicher, seine Bewegungen so geschmeidig wie die eines Panthers, der in früheren Zeiten diese Berge durchstreift hatte.

Als er in die Straße einbog, die zum Eingangstor des riesigen Anwesens der Familie Wolff führte, warf er ihr einen Blick zu. „Du wirst bei uns übernachten. Keine Diskussion, Gillian. Es tut mir leid, dass ich dich nicht gleich erkannt habe. Aber wie du zugeben musst, hast du dich seit damals verändert.“

Schielte er auf ihre Brüste? Oder bildete sie sich das nur ein? Ja, sicher. Ihr Körper prickelte vor Verlangen nach diesem Mann, der pure Erotik ausstrahlte. Aber zu glauben, er könnte an ihr interessiert sein, wäre albern.

Nun musste sie auch noch mit ihm unter einem Dach schlafen. Weil er darauf bestand. Obwohl sie lieber vor ihm geflüchtet wäre, damit sich ihre Hormone wieder beruhigen konnten. Fast hätte sie spöttisch gefragt, ob er sie kidnappen wollte, biss sich jedoch auf die Zunge.

Devlyns Mutter und seine Tante waren in Charlottesville auf einer belebten Straße gekidnappt worden. Dann als Geisel gefangen gehalten und später getötet worden. Darum verbot sich jede Erwähnung dieses Wortes.

Unruhig rutschte sie auf dem Sitz hin und her. Jeder Muskel tat ihr weh. So ein Unfall hinterließ eben doch seine Spuren. Der Sanitäter hatte wohl recht gehabt, als er meinte, dass sie in den nächsten Tagen noch heftige Schmerzen haben würde. In ihrer Tasche steckte eine Schachtel Ibuprofen, nur hatte sie nichts, womit sie die Tabletten hinunterspülen konnte.

Am Wachhaus winkte Devlyn kurz und wartete, bis sich das hohe Stahltor öffnete. Dann fuhr er die lange gewundene Auffahrt hinauf, die dem Wolff-Clan einen zusätzlichen Schutz vor ungebetenen Gästen bot.

Gillian seufzte. „Ich bin mir nicht sicher, ob es eine gute Idee ist. Deine Familie wird nicht erfreut sein.“

„Sie werden gar nicht bemerken, dass du da bist … es sei denn, du möchtest Gesellschaft haben.“

„Warum hast du hier kein eigenes Haus?“

„Weil ich in Atlanta lebe. Und wenn ich zu Besuch bin, wohne ich meistens in der großen Villa bei meinem Vater und meinem Onkel.“ Er machte eine Pause. „Wenn es dir lieber wäre, könnten wir auch in Jacobs Haus übernachten. Er und seine Frau sind auf Reisen.“

„Jacob ist mit einer Schauspielerin verheiratet, stimmt’s? Ariel Dane?“

„Ja. Sie ist ein Schatz.“

Gillians Laune sank auf einen neuen Tiefpunkt. Die attraktiven Wolff-Männer zeigten sich immer nur mit sexy Models, reichen Erbinnen oder berühmten Schönheiten. Das war nicht nur eine Frage des Geldes, sondern gehörte zu ihrem Lebensstil.

„Du und ich allein in einem Haus?“ Der Gedanke behagte ihr auch nicht. „Nein, das wäre nicht schicklich.“

Devlyn stieß einen verächtlichen Laut aus. „Ich verspreche dir, mich gut zu benehmen“, meinte er ironisch. „Doch wie du möchtest – wir können gern bei meinem Vater übernachten.“

„Ja. Bitte.“

Als sie vor der großen schönen Villa hielten, hatte Gillian Probleme, aus dem Auto zu steigen. Ihr tat wirklich jeder Körperteil weh! Devlyn griff nach ihren Armen und zog sie sanft auf die Füße. „Arme Gillian.“

Der zärtliche Unterton in seiner tiefen Stimme ließ sie erzittern, und so protestierte sie auch nicht, als er sie hochhob und ins Haus trug. Er schritt durch einen langen Korridor auf eine Treppe zu und lief hinauf in den ersten Stock. Gott sei Dank war ihnen niemand begegnet.

Vor einer halb offenen Tür blieb Devlyn schließlich stehen. „Hier ist mein Zimmer. Es ist Teil einer Suite. Du schläfst im angrenzenden Raum und kannst die Tür abschließen. Aber solltest du in der Nacht Hilfe benötigen, schickst du mir bitte eine SMS oder rufst mich an. Dann sorge ich dafür, dass du bekommst, was du brauchst.“

Auch dich, Devlyn Wolff? Nackt. Auf mir und …

Ihr stockte der Atem. Sie war frustriert, weil sie seit Ewigkeiten keinen Sex gehabt hatte. Nur darum verzehrte sie sich jetzt nach ihm, obwohl sie sich fühlte, als sei sie unter einen Bus geraten. Ja. Sie war ausgehungert und er ihr so verführerisch nah. Das war die Erklärung dafür, warum sie so scharf auf einen Mann war, von dem sie besser nicht träumen sollte.

Na gut, träumen … vielleicht, aber es wäre unvernünftig, wenn sie sich vorstellte, dass er … und sie … zusammen … Oh Gott. Sie spürte ein Ziehen zwischen den Schenkeln, ihre Brustwarzen wurden hart. Hoffentlich bemerkte er das nicht.

Sein Bett war akkurat abgedeckt. Doch eine Jeans baumelte über der Rückenlehne eines Sessels, und auf dem Nachttisch lag ein aufgeschlagenes Taschenbuch.

„Ich bin mir sicher, dass ich dich heute Nacht nicht stören muss“, brachte sie heiser hervor.

Devlyn kommentierte das nicht, sondern trug sie ins angrenzende Zimmer, das fast ebenso groß war wie seines, doch in zarteren Tönen gehalten. Unendlich behutsam stellte er sie auf die Füße. „Das Bad ist dort vorn. Ich werde mal sehen, ob ich saubere Kleidung für dich finde. Und dann rufe ich Jacob an, um ihn zu fragen, welches Schmerzmittel du nehmen solltest.“

Bevor Gillian Luft holen konnte, war Devlyn gegangen.

Sie humpelte in das luxuriöse Badezimmer, wo sie in den Spiegel starrte. Sollte sie noch die stille Hoffnung gehabt haben, mit den wunderschönen Frauen der Wolff-Männer mithalten zu können, zerstörte ihr Anblick nun jede Illusion. Selbst an guten Tagen wirkte sie unscheinbar. Im Moment sah sie grauenhaft aus.

Na, zumindest konnte sie endlich ihre regennasse Kleidung ausziehen. Dann drehte sie die Dusche auf und trat unter den heißen Wasserstrahl. Welch eine Wohltat! Ihre Muskeln entspannten sich, und die Wärme durchströmte ihren ganzen Körper. Die Spuren des Unfalls waren jedoch nicht zu übersehen. Schon zeigten sich etliche blaue Flecken auf ihrer viel zu blassen Haut.

Vielleicht hätte sie lieber mit ihren Freundinnen an den Strand fahren sollen, statt in den Sommerferien zu unterrichten.

Da sie zu erschöpft war, um sich die Haare zu föhnen, passte sie auf, dass sie nicht nass wurden. Schließlich stieg sie aus der Dusche und war dabei, sich abzutrocknen, als jemand an die Tür klopfte. Vor Schreck ließ sie das Handtuch fallen. „Komm nicht rein!“, schrie sie und bedeckte sich hastig.

Ein Lachen war die einzige Antwort. Die Tür öffnete sich ein wenig. Eine gebräunte Hand schob sich durch den Spalt … warf ein paar Kleidungsstücke auf die Kommode … und zog sich wieder zurück.

Diesmal verriegelte Gillian die Tür – wohl etwas zu forsch, denn es gab ein lautes Geräusch, das wie ein Schuss klang. Und wieder lachte Devlyn.

Er hatte ihr einen wundervollen, edlen Schlafanzug gebracht. Der Stoff fühlte sich weich und warm an. Und der zimtfarbene Ton verlieh ihrem blassen Gesicht etwas Farbe, schmeichelte ihrem Haar.

Doch zunächst schlüpfte sie in den neckischen Seidenslip, der vermutlich Devlyns Schwester Annalise gehörte. Dann in die lange Hose und das Oberteil. Einen BH hatte er nicht hinzugefügt. Gillian trug sonst nur Unterwäsche aus praktischer Baumwolle. Diese sexy Dessous schienen ihr pochendes Verlangen noch zu verstärken, und ihre Brüste rieben sich erregend an dem samtweichen Stoff.

Als sie barfuß aus dem Badezimmer trat, hielt sie überrascht inne. Devlyn stand vor dem Kamin, in dem ein Feuer brannte. Und dort, in der wohligen Wärme, hatte er ein Tischchen gedeckt. Und plötzlich meldete sich auch ihr Magen und knurrte vernehmlich.

Devlyn streckte die Hand nach ihr aus. „Komm, iss etwas. Ich habe mit Jacob gesprochen. Er sagt, von den freiverkäuflichen Schmerzmitteln kannst du gern die doppelte Dosis nehmen. Wäre er hier, würde er dir etwas Stärkeres geben.“

Gillian fühlte sich befangen. Sie musste sich direkt zwingen, zu Devlyn zu gehen. „Gut. Mach dir keine Sorgen um mich.“

Er zog den Stuhl für sie hervor, und als sie sich setzte, streifte sein Arm ihre Schulter. „Ich scheine nicht anders zu können“, erwiderte er trocken.

Der Teppich unter ihren Füßen war superweich. Sie vergrub die Zehen darin und holte tief Luft. „Ich weiß, dass du keine Schuld an meinem Unfall hattest“, gab sie zu. „Ich war nur mies drauf. Tut mir leid.“

Devlyn setzte sich ebenfalls und schenkte ihnen Tee ein. Sie starrte auf seine große Hand, mit der er die Porzellankanne hielt – und stellte sich vor, wie diese Hand aufreizend über ihre Haut strich.

Nein, schlag ihn dir aus dem Kopf! Sie wollte Devlyn Wolff nicht mögen. Sie wollte sich auch nicht mehr nach ihm sehnen. In ihren Augen war er ein verwöhnter, reicher Playboy. Kein Mann für eine Frau wie sie.

„Es ist Kräutertee“, erklärte er. „Ich dachte, der wäre jetzt am bekömmlichsten. Doch falls du lieber Kaffee möchtest, hole ich dir welchen.“

Autor

Janice Maynard
Janice Maynard wuchs in Chattanooga, Tennessee auf. Sie heiratete ihre High-School-Liebe während beide das College gemeinsam in Virginia abschlossen. Später machte sie ihren Master in Literaturwissenschaften an der East Tennessee State University. 15 Jahre lang lehrte sie in einem Kindergarten und einer zweiten Klasse in Knoxville an den Ausläufern der...
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