Der Millionär, der mich begehrt

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Endlich küsst er sie so, wie sie es sich seit Jahren erträumt hat! Rachel gibt sich Shanes Zärtlichkeiten hin. Bis jetzt war er ihr Chef, für den sie heimlich schwärmte - in dieser Nacht ist er ihr Liebhaber! Aber am nächsten Morgen will Shane nichts mehr davon wissen...


  • Erscheinungstag 24.02.2016
  • ISBN / Artikelnummer 9783733766986
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

„Also gut“, sagte Rachel Adler. Sie sprach laut und mit hoher Stimme, um sich über das dumpfe Auftreten von Füßen und das Summen des Laufbandes hinweg Gehör zu verschaffen. „Ich habe für acht Uhr morgen einen Tisch für das Dinner mit Tawny Mason reserviert.“

„Im Une Nuit?“, fragte Shane Elliott und griff nach der Wasserflasche, die in einer Halterung an der Konsole steckte.

„Wo sonst?“, murmelte Rachel und schüttelte den Kopf. Warum fragte er überhaupt? Kümmerte sie sich nicht seit vier Jahren um jede Kleinigkeit in seinem Leben.

„Gut.“ Shane trank einen großen Schluck Wasser, und Rachel beobachtete fasziniert die Auf-und-ab-Bewegung seines Adamsapfels. Nicht zu glauben, selbst der Hals dieses Mannes war sexy.

Nachdem er den letzten Schluck getrunken hatte, wischte er sich mit dem Handtuch, das er um den Hals trug, den Schweiß aus dem Gesicht und warf Rachel die leere Flasche zu. „Und rufen Sie vorher an. Stash soll Blumen bestellen für, ähm …“

„Tawny“, half Rachel ihm auf die Sprünge und stellte die leere Flasche neben sich auf den Boden. Meine Güte, der Mann erinnerte sich nicht einmal an den Namen der Frau, mit der er verabredet war.

Außerdem wusste er genauso gut wie sie, dass Stash Martin, Manager des Une Nuit, an alles dachte, wenn er den Tisch der Familie Elliott eindeckte. Blumen, Champagner und einige köstliche Appetitanreger würden auf Shane und Tawny warten.

Tawny.

Was für eine Frau nannte ihre Tochter Tawny? Eine krankhaft ehrgeizige Mutter, die darauf hoffte, ihre Tochter würde einmal ein Star? Oder hatte die Frau einen Blick auf ihr neugeborenes Kind geworfen und entschieden … das passt.

„Richtig.“ Shane nickte. „Tawny. Sie sagte, ihre Mutter hätte ihr den Namen wegen ihrer hellbraunen Augenfarbe gegeben.“

Rachel verdrehte ihre Augen, die grün waren.

Shane grinste sie an, und Rachel verspürte ein kurzes Kribbeln und das Aufflattern von Schmetterlingen im Bauch.

Wenn sie könnte, würde sie sich selbst in den Hintern treten. Warum schaffte es ausgerechnet Shane Elliott mit einem einfachen Lächeln, dass ihr ganz flau wurde?

In den ersten drei Jahren, in denen sie mit ihm zusammengearbeitet hatte, war zwischen ihnen alles in Ordnung gewesen. Sie hatten ein gutes Arbeitsverhältnis gehabt, und Shane wusste sogar Rachels manchmal etwas verschrobenen Sinn für Humor zu schätzen, was bei ihrem vorherigen Arbeitgeber nicht der Fall gewesen war. Und dann ruinierte sie alles, indem sie sich in ihn verliebte.

Das letzte Jahr war schwer gewesen. Tagsüber verzehrte sie sich nach ihm und nachts träumte sie von ihm, obwohl sie genau wusste, dass sie für ihn nur die gute alte Rachel war.

Idiotin.

„Was meinen Sie?“, fragte Shane, der gar nicht merkte, dass sie in Gedanken versunken war. „Rosen?“

„Wie bitte?“ Sie blinzelte, schüttelte den Kopf und rief sich zur Ordnung. „Richtig. Blumen. Rosen sind langweilig.“

„Wirklich?“

„Ja, vertrauen Sie mir.“

„Das tue ich immer.“ Wieder schenkte er ihr dieses charmante Lächeln, das jede Frau um den Verstand bringen konnte.

Lange halte ich das nicht mehr aus, dachte sie. Sie konnte nicht weiterhin Tag für Tag mit ihm arbeiten, denn jeden Tag starb ein kleines Stück mehr von ihr. Sie wollte nicht länger seine Dates mit anderen Frauen organisieren und sich dann vorstellen, wie er mit jeder einzelnen von ihnen im Bett lag. Sie durfte nicht weiter ihr Leben verschlafen und darauf warten, dass der Mann doch noch aufwachte und über sie stolperte.

Seufzend blätterte Rachel durch ihren Notizblock, überflog die Aufzeichnungen, die sie sich über Shanes unzählige Frauen gemacht hatte, und fand, wonach sie suchte. „Tawny liebt Margeriten.“

„Natürlich, jetzt erinnere ich mich. So ein einfaches Mädchen.“

„Einfältig, meinen Sie wohl“, murmelte sie, sprach aber leise genug, sodass der Krach, den ihr Chef auf dem Laufband verursachte, die freche Bemerkung übertönte.

„Was haben Sie gesagt?“

„Nichts.“ Sie reichte ihm automatisch die zweite Flasche Wasser, die sie vorsorglich mitgebracht hatte in den Fitnessraum für die Vorstandsmitglieder im fünften Stock des Verlagshauses.

„Rachel, was würde ich ohne Sie tun?“, überlegte er laut, ohne wirklich eine Antwort zu erwarten.

Aber sie könnte ihm eine geben. Rachel war Shanes rechte Hand bei The Buzz, einem der Magazine des Familienunternehmens Elliott Publication Holdings. Ein wöchentliches Unterhaltungsmagazin. The Buzz berichtete über die neuesten Filme, interviewte aufstrebende Regisseure und scharwenzelte um jede Schauspielerin, jeden Schauspieler herum, die oder der gerade im Gespräch war. Und als Herausgeber von The Buzz tat Shane sein Bestes, über alles, was um ihn herum vorging, informiert zu sein

Als Rachel den Job bei ihm angenommen hatte, war er allerdings noch nicht so fleißig und ehrgeizig gewesen. Stattdessen hatte er versucht, dem Büro so oft wie möglich den Rücken zu kehren. Damals hatte er sich darüber geärgert, dass er in das Familienunternehmen hineingezogen wurde.

Aber nach und nach hatte sie ihn dazu gebracht, seinen Job ernster zu nehmen. Ihr war aufgefallen, wie gut er nicht nur das operative Geschäft erledigte, sondern wie geschickt er sich im Umgang mit Menschen anstellte und wie souverän er Problemsituationen bewältigte. Schließlich hatte sie ihn überzeugt, dass er dafür geboren war, den Verlag zu leiten.

In den letzten Monaten hatte er dann gezeigt, was wirklich in ihm steckte – seit sein Vater Patrick Elliott diesen Wettbewerb zwischen seinen Kindern ausgerufen hatte.

Der alte Elliott hatte sich für einen besonderen Weg entschieden, einen neuen Geschäftsführer für EPH zu finden. Er wollte sehen, wer für den Posten am härtesten zu arbeiten bereit war. Am Ende des Jahres würde der Herausgeber des Magazins, das proportional die größte Wachstumsrate zu verzeichnen hatte, Chef des Gesamtunternehmens werden.

Und The Buzz lag vorn.

Rachel rechnete jeden Tag damit, dass Shanes Vater den Gewinner verkündete.

In ihren Augen war Patrick ein raffinierter alter Mann. Nett, sicher, aber auch raffiniert und ein bisschen hinterhältig. Er hatte einen Weg gefunden, der seine erwachsenen Kinder dazu brachte einzuräumen, wie wichtig ihnen der Erfolg war. Indem er sie gegeneinander ausspielte, war er in der Lage gewesen, sich das ganze Jahr zurückzulehnen und zuzusehen, wie sie ihre eigene Persönlichkeit entdeckten.

Und es hat viele Entdeckungen gegeben, dachte sie, und erinnerte sich an die Querelen im letzten Jahr.

„Haben Sie Fin für mich angerufen?“, fragte Shane. Sein Atem ging schwer, als er auf dem Laufband schneller wurde.

„Ja“, antwortete Rachel, und blätterte in ihrem Buch eine Seite zurück. Lächelnd las sie: „Fin sagte, ich zitiere: ‚Sagen Sie Shane, er muss aus der Stadt raus und etwas frische Luft atmen. Kommt nach Colorado, und ich bringe ihm das Reiten bei.‘“

Shane lachte. „Ein Monat auf der Ranch, und schon könnte sie bei Bonanza mitspielen.“

Aus tiefstem Herzen stimmte Rachel in sein Lachen ein. Shanes Zwillingsschwester hatte so viele Jahre ein freudloses Leben geführt, und es war so schön, dass sie endlich ihr Glück gefunden hatte.

Fin hatte Jessie wiedergefunden, die Tochter, die sie als junges Mädchen zur Adoption hatte freigeben müssen. Außerdem war sie mit einem Mann verheiratet, nach dem sie ganz offensichtlich verrückt war – ebenso wie er nach ihr – und von dem sie nun ihr zweites Kind erwartete. „Sie ist glücklich.“

„Ja“, stimmte Shane zu. Er verlangsamte sein Tempo etwas, als er an die Schwester dachte, die ihm so nahestand. „Das ist sie wirklich. Aber verdammt, ich vermisse sie hier.“

Nachdenklich starrte er aus dem Fenster auf die Park Avenue.

„Ich weiß“, sagte Rachel. „Ich vermute, sie wird zu Weihnachten nach Hause kommen.“

„Weihnachten.“ Er schaltete das Laufband aus und wischte sich mit dem Handtuch wieder den Schweiß aus dem Gesicht. „Es ist Dezember, nicht wahr?“

„Den ganzen Monat“, stimmte sie zu.

„Habe ich schon mit den Weihnachtseinkäufen begonnen?“

„Nein.“

„Verdammt.“ Er griff nach der Wasserflasche, trank sie auf ex und reichte Rachel die leere Flasche. „Jetzt habe ich aber keine Zeit, mir darüber Gedanken zu machen. Ich gehe schnell unter die Dusche. In einer halben Stunde sehen wir uns im Büro. Ich würde mir gern die Druckfahnen des Magazins durchsehen, bevor es gedruckt wird.“

„Okay.“ Rachel schreckte innerlich zusammen, als sie an eine ganz spezielle Kolumne dachte, die er durchsehen würde.

Als könnte er ihre Gedanken lesen, fragte er: „Tess’ neuer Beitrag für ihre ‚Jetzt rede ich‘-Kolumne ist doch rechtzeitig fertig geworden, oder?“

„Natürlich. Tess ist sehr zuverlässig.“

Shane zwinkerte ihr zu. „Genau wie Sie, Rachel.“

Sie sah ihm nach, als er in der Männerumkleidekabine verschwand. Und als sich die Tür hinter ihm schloss, flüsterte sie: „Sie haben ja keine Ahnung.“

Eine halbe Stunde später lauschte Shane mit halbem Ohr seinem Artdirector Jonathon Taylor, der seine Vorschläge für die Sonderausgabe zum Unabhängigkeitstag am 4. Juli unterbreitete, während vor den Fenstern Schneeflocken tanzten. Bei einem Magazin, das wöchentlich erschien, wurde üblicherweise Monate im Voraus gearbeitet. Und die Sonderausgaben erforderten eine noch gründlichere Planung.

Jonathon blühte jedes Mal regelrecht auf bei dem Versuch, sich mit jeder weiteren Feiertagsausgabe selbst zu übertreffen. Und meistens schaffte er es auch. Gerade beschrieb er wild gestikulierend seine Idee der Darstellung einer Wiederbelebung des Nationalgefühls. Im Mittelpunkt standen dabei berühmte Persönlichkeiten, die in Rot, Weiß und Blau gekleidet waren. Nicht unbedingt innovativ, aber wie Shane seinen Mitarbeiter kannte, würde es großartig werden.

Doch Sandy Hall, die verantwortliche Redakteurin, hatte buchstäblich schon Schaum vorm Mund. Es stand außer Zweifel, dass sie mit den Kosten nicht einverstanden war, die Jonathon für seine Sonderausgabe veranschlagte.

Shane würde sich beide Seiten anhören und eine Entscheidung treffen müssen. Früher hatte er es gehasst, Zeuge der Dramen zu werden, die sich tagtäglich unter den engsten Mitarbeitern des Magazins abspielten. Jetzt aber amüsierte er sich darüber.

Er konnte es selbst kaum glauben, aber so war es. Seit Monaten hatte er wirklich Spaß daran, The Buzz zu leiten. Sehr großen Spaß sogar. Und er war stolz darauf, wie gut sich die Zeitschrift entwickelt hatte.

Recht halbherzig und mit wenig Begeisterung war er in den Wettbewerb eingestiegen, aber im Laufe der Monate hatte er seinen Kampfgeist entdeckt. Als echter Elliott liebte er den Wettkampf.

„Also …“, Jonathon kam langsam zum Ende seiner Rede, „… ich denke, wenn wir für einige der bekanntesten Persönlichkeiten tief in die Tasche greifen, dann kommen die anderen von allein. Niemand will bei diesem Thema im Abseits stehen.“

Bevor Shane antworten konnte, stand Sandy auf, strich sich die kurzen blonden Haare aus dem Gesicht und richtete ihren Blick auf Jon. „Und wenn wir für eine Handvoll Berühmtheiten viel Geld zahlen, wer soll diese Ausgaben dann ausgleichen?“

„Der Sieg ist nicht umsonst“, sagte Jon selbstgefällig. Er warf einen Blick auf Shane, als wüsste er, dass dieser ihn unterstützen würde.

Und er tat es. „Jon hat recht, Sandy.“ Er hob beschwichtigend die Hand. „Wenn wir in der Ausgabe die richtigen Leute haben, dann werden die Anzeigenkunden Schlange stehen. Außerdem werden wir mehr Hefte verkaufen.“

„Aber unser Budget ist ziemlich erschöpft, Shane“, warnte Sandy.

„Quatsch.“ Shane erhob sich hinter seinem Schreibtisch und steckte die Hände in die Hosentaschen. „Sie wissen genauso gut wie ich, dass sich die Gewinnspanne erhöht hat. Wir sind auf dem besten Weg, die anderen EPH-Magazine zu schlagen. Und diesen Erfolgskurs wollen wir halten. Das können wir aber nicht, wenn wir die Ausgaben kürzen.“

Jon legte eine Hand an seine Brust und neigte ehrerbietig den Kopf. „Brillant, absolut brillant, Shane. Sie sind der Größte.“

Shane lachte über die dramatische Geste, aber hey, es fühlte sich ziemlich gut an, der Größte zu sein.

„Das sagen Sie nur, weil Sie gewonnen haben“, bemerkte Sandy bissig.

„Sicher“, erwiderte Jon und grinste sie an. Dieser Punkt ging an ihn.

„Bevor das jetzt wieder losgeht“, unterbrach Shane und sah von einem Mitarbeiter zum anderen. „Hat einer von Ihnen bei dem Auftrag, den ich Ihnen gegeben habe, Fortschritte gemacht?“

Jon und Sandy blickten sich an, zuckten mit den Schultern und drehten sich dann wieder zu Shane.

„Nein.“ Sandy sprach zuerst. Es war ihr deutlich anzusehen, wie ungern sie zugab, gescheitert zu sein. „Ich habe mit jedem gesprochen, den ich kenne. Keiner hat eine Ahnung, wer diese Frau ist.“

„Ich habe auch nichts herausgefunden“, sagte Jon offensichtlich enttäuscht. „Unsere kleine Tess ist wie Spider-Man. Sie hält ihre wahre Identität so geheim, dass es nicht eine Spur von Andeutungen gibt.“

Genau das hatte Shane nicht hören wollen. Verdammt. ‚Jetzt rede ich‘ von Tess war die beliebteste Kolumne in seinem Magazin. Sie hatten dank dieser geheimnisvollen Frau, die das Talent besaß, scharfsinnig und humorvoll zu schreiben, Tausende neuer Leser gewonnen.

Vor sieben Monaten hatte The Buzz den ersten Beitrag dieser mysteriösen Autorin gebracht.

Die Reaktion kam umgehend. Anrufe, E-Mails und Briefe von Menschen, die mehr von Tess lesen wollten. Doch die Frau war nicht aufzuspüren. Sie faxte ihre monatliche Kolumne von verschiedenen Orten in der Stadt, und ihre Honorarschecks wurden an ein Postfach geschickt und von dort an ein weiteres weitergeleitet.

So erfolgreich The Buzz auch war, das Magazin könnte noch höhere Auflagenzahlen erreichen, wenn er die Frau dazu bringen könnte, eine wöchentliche Kolumne zu schreiben. Aber sie hatte seine Briefe nicht beantwortet, und auch alle anderen Versuche der Kommunikation waren gescheitert.

Und das frustrierte ihn.

„Also gut“, sagte er seufzend. „Suchen Sie weiter nach ihr.“

Dann setzte er sich wieder an seinen Schreibtisch, gab mit einer Handbewegung zu verstehen, dass das Gespräch beendet war, und nahm die letzte Kolumne der geheimnisvollen Tess zur Hand. Er blickte nicht einmal auf, als seine Mitarbeiter das Büro verließen.

Shane prüfte alle Druckvorlagen von The Buzz persönlich, bevor sie in die Produktion gingen und das Heft schließlich gedruckt wurde. Die einzige Möglichkeit, die Kontrolle darüber zu behalten, was in seinem Magazin veröffentlicht wurde, war, an vorderster Front mitzuarbeiten und stets über alles informiert zu sein.

Aber diese spezielle Kolumne zu lesen, bereitete ihm ein besonders Vergnügen. Er lehnte sich in seinem schwarzen Ledersessel zurück und schwang herum zur Fensterfront mit Blick auf das verschneite Manhattan. Er schmunzelte, während er las.

Tess sagt: Wenn du mit deinem Chef auskommen willst, dann lass ihn nie wissen, dass du ihn durchschaust. Der arme Mann muss sich doch ein paar Illusionen bewahren.

Mein Chef hält sich für geheimnisvoll. Stimmt. So geheimnisvoll wie … die Zutatenliste einer Hühnersuppe. Der Mann ist, wie alle anderen Vertreter seines Geschlechts, so unglaublich vorhersehbar.

Erst letzte Woche habe ich zwei „erste Dates“ für ihn organisiert. Dasselbe Restaurant, dasselbe Menü, derselbe Wein. Nur die Namen der Frauen unterschieden sich. Geheimnisvoll? Kaum.

Ich jongliere mit seinen Frauen genauso wie mit seinen Geschäftsterminen. Der Mann hat mich zu einem so guten Jongleur gemacht, dass ich das Doppelte verdienen könnte, wenn ich zum Zirkus ginge – und, hey, die Kollegen wären nicht viel anders!

Shane lachte. Tess war gut, doch er hatte Mitleid mit ihr. Für einen Mann zu arbeiten, wie sie ihn beschrieb, war wahrscheinlich nicht so einfach.

Wenn es jedoch ums Geschäft geht, beherrscht er das Spiel. Er siegt, auch wenn alles um ihn herum den Bach runtergeht. Das ist vermutlich der Grund, weshalb ich nach all der Zeit noch immer hier bin. Obwohl ich das Privatleben dieses Mannes organisieren muss, gefällt es mir, mit ihm zusammen ganz oben zu sein. Ich bin gern seine rechte Hand – auch wenn ich dabei für ihn anscheinend unsichtbar bin.

Unsichtbar? Shane schüttelte den Kopf. Wie konnte jemand eine Frau wie Tess übersehen?

Vielleicht liegt es an der Jahreszeit, dass ich über mein Leben nachdenke. Sicher, ihr werdet diese Kolumne erst irgendwann im März lesen, aber ich schreibe sie im Dezember. Draußen schneit es, Manhattan verwandelt sich in eine Märchenlandschaft. Weihnachtskränze hängen in den Schaufenstern, überall blinken Lichter, und die Menschen laufen im Rockefeller Center Schlittschuh.

Das alte Jahr geht zu Ende, das neue steht kurz bevor. Und ich muss mich fragen, ob ich den Status quo wirklich aufrechterhalten will. Kann das alles sein? Will ich wirklich weiter für einen Mann arbeiten, der mich wie einen gut abgerichteten Hund behandelt? Der mir ab und zu einen Knochen hinwirft, um mich bei Laune zu halten?

Shane runzelte die Stirn und fragte sich, warum sich der Tonfall ins Tess’ Kolumne plötzlich verändert hatte. Normalerweise schrieb sie humorvoll, fröhlich. Machte Scherze über ihren Chef und beschrieb mit entwaffnender Offenheit den Arbeitsalltag einer Assistentin. Viele ihrer Kolleginnen im ganzen Land konnten sich mit ihr identifizieren.

Als er die nächste Zeile las, verfinsterte sich Shanes Gesicht.

Ich frage mich, was er tun würde, wenn ich kündigen würde.

Kündigen?

Sie konnte nicht kündigen. Verdammt, ihre Kolumne war viel zu beliebt, als dass sie ihren Job kündigen könnte. Wenn sie ihre Arbeitsstelle aufgab, dann würde sie diese Kolumne nicht mehr schreiben können, und wo bliebe dann The Buzz?

Die Wahrheit ist, dass mein Chef vermutlich nicht einmal bemerken würde, dass ich weg bin. Es würde ihm erst auffallen, wenn seine Anzüge nicht aus der Reinigung abgeholt werden oder er selbst den Tisch für das Dinner mit der nächsten Blondine reservieren muss. Warum bin ich also noch hier?

Ich denke, wir alle kennen die Antwort.

Ich habe zugelassen, dass er mir wichtig geworden ist.

Ich verbringe mehr Zeit damit, sein Leben zu leben als mein eigenes.

Was er da las, gefiel Shane überhaupt nicht.

Was meint ihr Leser dazu? Soll ich kündigen und aufhören, mich selbst zu quälen? Soll ich endlich einsehen, dass er niemals aufblicken und mich bemerken wird? In mir niemals die Frau sehen wird, die ich wirklich bin? Soll ich akzeptieren, dass ich für ihn immer nur die hervorragende Assistentin sein werde?

Mit immer mürrischer werdendem Gesicht las er weiter.

Die Antwort auf diese Frage ist Nein. Die Zeit ist gekommen, meinen Job aufzugeben und etwas Neues zu beginnen, solange ich noch kann. Deshalb an alle Assistentinnen da draußen – alle, die mir in den letzten Monaten geschrieben und mir ihre eigene Geschichte berichtet haben: Ich denke, dies ist ein Abschied.

Abschied?

Wenn ihr diese Zeilen lest, bin ich vermutlich schon lange weg. Ich werde euch vermissen. Ich werde diese Kolumne vermissen. Mist, ich werde auch meinen Chef vermissen.

Ich wünsche euch alles Gute mit eurem Boss. Ich werde euch nie vergessen.

2. KAPITEL

Shane drückte die Taste der Sprechanlage, und als Rachel sich eine Sekunde später meldete, fuhr er sie an: „Kommen Sie sofort zu mir.“

Einen Moment später wurde die Doppeltür geöffnet, und Rachel trat mit einem Block in der Hand ein. „Was gibt es?“

„Haben Sie Tess’ Kolumne ‚Jetzt rede ich‘ für März gesehen?“

„Jaahaa …“

„Dann wissen Sie also, dass sie darüber nachdenkt zu kündigen?“

Rachel holte tief Luft und drehte für einen Moment das Gesicht zur Seite. Bewusst setzte sie eine höflich interessierte Miene auf. Der Entschluss, ihren Job zu kündigen, war keine einfache Entscheidung gewesen, doch sie wusste, dass es die richtige war. Die Leser nach ihrer Meinung zu fragen, war nichts anderes gewesen als die Möglichkeit, diese Absicht mitzuteilen.

Leise schloss sie die Tür und ging über den dicken roten Teppich zu seinem Schreibtisch. „Das habe ich gelesen. Wo liegt das Problem?“

„Wo das Problem liegt?“ Shane knallte Tess’ Kolumne, die er immer noch in den Händen hielt, auf den Tisch und stand auf. „Sie ist bei unseren Lesern zu beliebt. Das ist das Problem. Sie kann ihren Job nicht aufgeben. Wir brauchen ihre Artikel.“

Rachel fragte sich, ob Shane auch so betroffen reagieren würde, wenn sie ihre Kündigung einreichte. Und wenn ja, würde sie ihre Meinung dann ändern? Nein. Sie musste EPH verlassen. Musste in die Welt hinaus und jemand anderes finden, um den sie sich kümmern konnte. Hoffentlich jemanden, der ihre Fürsorge erwiderte.

Sie schüttelte den Kopf, als sie sich auf den schwarzen Sessel vor Shanes Schreibtisch setzte. Noch einmal atmete sie tief durch, um ihre Stimme unter Kontrolle zu beringen. „Ich glaube nicht, dass sie es aus einer Laune heraus tut. Sie hat offensichtlich gründlich nachgedacht. Eine gute Stelle gibt man nicht so ohne Weiteres auf.“

Dies konnte Rachel nun wirklich mit Sicherheit behaupten, denn sie hatte tatsächlich die letzten fünf Monate damit verbracht, sich davon zu überzeugen, dass eine Kündigung der richtige Schritt war.

Er sah sie argwöhnisch an. „Wissen Sie etwas, was Sie mir sagen sollten?“

„Wie kommen Sie denn darauf?“ Kein schlechter Schachzug, sagte sie sich. Hinhalten, ohne wirklich zu lügen.

Autor

Maureen Child
<p>Da Maureen Child Zeit ihres Lebens in Südkalifornien gelebt hat, fällt es ihr schwer zu glauben, dass es tatsächlich Herbst und Winter gibt. Seit dem Erscheinen ihres ersten Buches hat sie 40 weitere Liebesromane veröffentlicht und findet das Schreiben jeder neuen Romance genauso aufregend wie beim ersten Mal. Ihre liebste...
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