Einfach zum Verlieben, diese Familie!

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Seine achtjährigen Zwillinge halten Witwer Luke Gregson ziemlich auf Trab. Ihr jüngster Coup: Sie haben heimlich eine neue Mommy ausgesucht! Zwar fühlt Luke sich ohne es zu wollen tatsächlich zu Carmen hingezogen. Aber ist er überhaupt schon bereit für eine neue Beziehung?


  • Erscheinungstag 18.12.2017
  • ISBN / Artikelnummer 9783733754273
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Maria Carmen Delgado war einmal unter schweren Beschuss geraten, als sie ein abgelegenes Militärcamp in Afghanistan bewacht hatte. Nachdem sie das Marine Corps verlassen hatte und zur Polizei gegangen war, hatte sie in einem der kriminellsten Viertel von Las Vegas auf Streife Verbrecher verhaftet. Aber es waren die beiden achtjährigen Zwillinge Aiden und Caden Gregson, die ihr jetzt und hier, im beschaulichen Sugar Falls in Idaho, einen verfrühten Herztod bescheren würden – da war sie sich ziemlich sicher.

„Jungs“, sagte sie, als sie die Fahrertür ihres Polizeiwagens aufschloss, „ich habe euch doch gesagt, dass ihr hinten sitzen bleiben müsst, wenn ihr bei mir mitfahren wollt.“

„Tut uns leid, Officer Carmen“, sagte Aiden wenig zerknirscht. „Chief Cooper hat sich per Funk gemeldet, und wir mussten ihm ja sagen, dass du 10-7 bist, weil du pinkeln musstest. Den geheimen Polizeicode für pinkeln wussten wir aber nicht.“

Als Carmen sich freiwillig für das Mentorenprogramm der Grundschule in Sugar Falls gemeldet hatte, hatte sie sich vorgestellt, für ein benachteiligtes junges Mädchen eine Art große Schwester zu werden. Dass der Rektor ihr zwei identisch aussehende Jungs zuteilen würde, die es faustdick hinter den Ohren hatten, damit hatte sie nicht gerechnet.

Normalerweise kümmerte sie sich natürlich nur außerhalb ihrer Dienstzeit um die beiden. Doch heute hatte sie die Schicht eines kranken Kollegen übernommen und die Erlaubnis erhalten, die Zwillinge im Polizeiwagen von der Schule abzuholen und mit aufs Revier zu nehmen. Es ging ja nur um eine Stunde, hatte sie sich gesagt. Was konnte da schon schiefgehen?

Eine Menge, wie sich herausstellte.

Inzwischen hatten sich die Zwillinge in eine der Gefängniszellen auf dem Revier eingeschlossen, ihr Taschengeld für die ganze Woche verprasst, weil sie mit der Telefonistin gewettet hatten, dass sie es nicht schaffen würde, ihre Matheaufgaben zu lösen, und hatten sich in der örtlichen Tankstelle ein Hausverbot eingehandelt.

Und nun hatten sie Carmens Chef gesagt, dass sie „pinkeln“ war. Was sich in ihrer vollen Montur aus Uniform und taktischer Ausrüstung leichter anhörte, als es war. Zumal sie seit ihrer Operation viel öfter musste als früher.

Da sie die Jungs ja schlecht in die Damentoilette hatte mitnehmen können, hatte sie ihnen eingeschärft, hinten im Wagen sitzen zu bleiben, und Scooter Deets, einen örtlichen freiwilligen Feuerwehrmann, gebeten, ein Auge auf sie zu haben. Aber auch ihm waren die Zwillinge offenbar über.

Kopfschüttelnd betrachtete sie die Jungs. „Ich hätte euch nie die Funkcodes lernen lassen dürfen“, sagte sie streng. „Ihr beide habt 10-30 missachtet und steht kurz davor, 10-15 zu werden.“

„Moment.“ Caden zog sein kleines Notizbuch hervor. „Was ist noch mal 10-15?“

„Ein Verhafteter“, erwiderte sein Bruder mit schalkhaftem Lächeln, bei dem er seine Zahnlücken zeigte.

„Hey, Officer Carmen, bringst du uns auch Spanisch bei?“

„Vamanos, mi liositos“, erwiderte sie, während sie sie zurück auf die hinteren Sitze schob und nach dem Funkmikro griff, um sich bei ihrem Chef zu melden.

„Tut mir leid, Chief“, sagte sie. „Die Gregson-Zwillinge sind offiziell vom Dienst suspendiert, weil sie den direkten Befehl missachtet haben, auf dem Rücksitz zu bleiben.“

„Roger“, erwiderte ihr Chef. „Sagen Sie ihnen, dass ihr Dad sie vom Revier abholen wollte. Ich habe Luke gesagt, dass ihr ihn beim Sportplatz trefft. Sie können sie dort bei ihm abgeben.“

Carmens Magen zog sich zusammen. Captain Luke Gregson, der Vater der Zwillinge, war der letzte Mensch, den sie heute sehen wollte. Oder irgendwann. Aber das konnte sie Chief Cooper ja schlecht sagen.

„10-4“, erwiderte sie stattdessen und unterbrach die Verbindung. Dann drehte sie sich zu ihren beiden Schützlingen um. „Anschnallen, Jungs.“

„Können wir mit Blaulicht und Sirene fahren?“, fragte Caden, als sie wieder auf die Hauptstraße einbog. „Dad lässt uns Strafrunden laufen, wenn wir zu spät zum Training kommen.“

Carmen dagegen hatte es ganz und gar nicht eilig, dem gut aussehenden Captain Gregson zu begegnen. Der ehemalige Navy SEAL war Witwer und offenbar über den Tod seiner Frau noch nicht hinweg. Und er hatte die extrem frustrierende Angewohnheit, Carmen wie einen guten Kumpel zu behandeln.

Nun gut, das konnte man ihm oder den anderen Männern in Sugar Falls nicht wirklich übel nehmen. Sie trug ihre langen schwarzen Haare immer zu einem strengen Knoten gebunden und schminkte sich nie. Außerdem hatte sie sich an ihren von Männern dominierten Arbeitsplätzen angewöhnt, nicht mit weiblichem Verhalten aufzufallen. Deshalb übersahen die meisten wohl, dass unter der schusssicheren Weste und der blauen, nicht gerade modischen Uniform eine ganze Frau steckte.

Unbewusst schob sie die Hand unter ihren Einsatzgürtel und strich über ihre längste Narbe. Na ja, eine halbe Frau. Sie atmete tief durch und versuchte, sich auf das Geschnatter ihrer achtjährigen Passagiere zu konzentrieren. Vom Kopf her wusste sie, dass ihre Unfähigkeit, Kinder zu bekommen, an ihrer Weiblichkeit nichts ändern sollte. Aber dieses nagende Gefühl der Unzulänglichkeit ließ sich nicht so einfach vertreiben.

„Hey, Officer Carmen“, unterbrach Caden ihre Gedanken. „Kommst du zu unserem Spiel am Samstag?“

Carmen unterdrückte ein Seufzen. Sie mochte die Zwillinge, und sie wäre gern zu all ihren Baseballspielen gegangen. Aber lieber würde sie sich noch mal operieren lassen, als mehr Zeit als nötig mit dem Vater der beiden zu verbringen. Oder Captain Grübchen, wie sie ihn heimlich nannte.

Luke war einen Monat nach ihrer Versetzung nach Sugar Falls zurückgekehrt. Als Angehörige des Marine Corps hatte sie von seinem Elite-Team gehört, auf dessen Konto einige der gefährlichsten Missionen in Afghanistan gingen. Dass einer dieser Männer sich ausgerechnet in Sugar Falls niederließ, hatte sie überrascht. Noch mehr, wie verflixt gut er aussah. Und nun mochte sie auch noch seine Kinder. Sehr.

„Ich weiß bisher nicht, wie dieses Wochenende mein Dienstplan aussieht“, sagte sie.

„Och, bitte, Officer Carmen“, fiel Aiden ein. „Seit Tante Kylie die Babys bekommen hat, sind wir die einzigen Kinder im ganzen Team, die niemand im Publikum anfeuert.“

Schuldbewusst zupfte sie an ihrer Hose. Da badete sie in Selbstmitleid, weil sie nie eigene Kinder haben würde, während diese beiden armen Kerlchen ohne Mutter aufwachsen mussten. So sehr sie die beiden ins Herz geschlossen hatte – tat sie ihnen wirklich einen Gefallen, wenn sie sie so nahe an sich heranließ? Die Zwillinge brauchten eine richtige Mutter.

Sie parkte neben dem Sportplatz und kam um eine Antwort herum, weil ein großer, muskulöser blonder Mann sich dem Wagen näherte und ihnen zuwinkte. Wie immer, wenn sie Captain Luke Gregson sah, zog sich ihr Magen schmerzhaft zusammen.

„Na, ihr Racker?“, begrüßte er seine Kinder und steckte den Kopf durch die Seitenscheibe. „Habt ihr heute ein paar Verbrecher gefangen?“

Sein Gesicht war ihr so nah, dass sie sehen konnte, wo er sich am Morgen beim Rasieren geschnitten hatte. Und sie roch sein Aftershave, das nach Limonen und Eichenmoos duftete.

Nimm dich zusammen, Delgado, schalt sie sich streng.

„Wir haben fast einen Raubüberfall an der Tankstelle verhindert“, erzählte einer der Zwillinge auf dem Rücksitz. Doch Carmen musste sich so darauf konzentrieren, nicht ihre Nase an Lukes gebräuntem Hals zu vergraben, dass sie nicht wusste, welcher der beiden Jungs das gesagt hatte. „Wir haben gerade unsere Slushies getrunken, als ein Mann reinkam, der den Hut tief ins Gesicht gezogen hatte und in seine hintere Tasche griff, als wolle er eine Waffe rausholen.“

Skeptisch hob Luke eine Augenbraue. Offenbar kannte er bei seinen Kindern den Hang zu Übertreibungen. Carmen hätte nun etwas einwerfen sollen, aber sie brachte keinen Ton heraus.

„Also haben Caden und ich uns auf ihn gestürzt. Wir wollten ihn mit Karate besiegen, bevor er jemanden erschießen kann.“

„Ach herrje“, murmelte Luke, und Carmen brachte endlich ihre Hormone genügend unter Kontrolle, um die Sache erklären zu können.

„Keine Angst.“ Sie hob die Hand, als wolle sie seine sorgenvollen Gedanken stoppen, und legte sie dann hastig wieder aufs Lenkrad, als ihr klar wurde, dass sie beinahe seine Wange gestreichelt hätte. „Es war nur Scooter Deets, und er hat nach seiner Brieftasche gegriffen, nicht nach einer Waffe.“

„Ja, aber wir haben ihn nicht erkannt, weil er nicht seine übliche Mütze getragen hat. Seine Ziege hat sie zerkaut, jetzt muss er sich eine neue besorgen.“

„Also wurde niemand verletzt?“, versicherte sich Luke. „Nichts wurde beschädigt?“

„Na ja, Scooter ist nichts passiert, weil wir auf dem Ständer mit den Chips gelandet sind, als wir uns auf ihn gestürzt haben. Aber Mrs. Marconi hat gesagt, jemand müsste ihr den Schaden bezahlen.“

Luke fuhr sich mit den Fingern durch sein militärisch kurz geschnittenes Haar. Carmen hatte diese nervöse Angewohnheit schon ein paar Mal bei ihm gesehen und wusste, dass der arme Vater wieder mal wegen der Streiche seiner Kinder im Stress war.

„Okay, Jungs, raus aus dem Wagen und wärmt euch schon mal auf. Eure Sachen liegen auf der Bank.“

„Müssen wir Extrarunden laufen?“, fragte Aiden.

„Nur, wenn ihr euch nicht ordentlich bei Officer Delgado bedankt, dass sie auf euch aufgepasst hat.“

„Danke, Officer Carmen“, sagten sie wie aus einem Mund. In Sugar Falls waren die Zwillinge bisher die Einzigen, die sie mit Vornamen ansprachen.

„Dann bis nächsten Dienstag! Und vielleicht am Samstag, bei unserem Spiel? Nicht vergessen!“, fügte Caden hinzu.

Nach dem turbulenten Nachmittag freute sich Carmen auf ein wenig Ruhe und Frieden. Doch eine ganze Woche, bis sie die beiden wiedersah, kam ihr recht lang vor.

„Bis Dienstag. Was Samstag angeht, weiß ich noch nicht, ob ich …“ Aber die Zwillinge waren schon auf den Sportplatz gestürmt.

„Muss ich wirklich einen neuen Chipstütenständer für die Tankstelle bezahlen?“, fragte Luke.

Herrje, er war immer noch da. Und jetzt war sie ganz allein mit ihm. Sie versuchte, näher zur Mittelkonsole zu rücken, aber wegen ihres Ausrüstungsgürtels kam sie nicht weit.

„So schlimm verbogen sieht er wirklich nicht aus“, erwiderte sie. Zum Glück trug sie ihre verspiegelte Sonnenbrille, so konnte Luke hoffentlich nicht sehen, dass sie es kaum schaffte, ihm in die Augen zu blicken. „Ich habe ihn wieder aufgestellt, und die Jungs haben alle Tüten eingeräumt, die nicht aufgeplatzt waren. Ich hätte sie auch die Chips auffegen lassen, allerdings glaube ich, Elaine Marconi wollte einfach nur, dass wir gehen. Sie war ärgerlich, aber sie hat ja selber Kinder, also wird sie es überleben. Der Chief wird Ihnen Bescheid sagen, wenn sie Schadensersatz fordert.“

„Diese Kinder bringen mich noch ins Grab“, sagte er und gab damit exakt das wieder, was sie vor vierzig Minuten ebenfalls gedacht hatte. Er hatte sich jetzt gemütlich mit den Unterarmen im offenen Fenster aufgestützt und sah nicht aus, als wolle er so bald wieder gehen.

„Tut mir leid, dass wir zu spät sind. Das war meine Schuld“, sagte sie schnell. Das erinnerte ihn hoffentlich daran, dass das Training ohne ihn nicht anfangen konnte.

„Kein Problem. Ich weiß es wirklich zu schätzen, dass Sie nach der Schule Zeit mit den beiden verbringen. Sie haben sicher Wichtigeres in der Stadt zu tun, als für diese beiden Racker die große Schwester zu spielen.“

Sein Lächeln verriet, dass er das Wort „Racker“ liebevoll meinte, und wie immer erschienen auf seinen Wangen diese hinreißenden Grübchen. Weniger gefiel ihr, dass er sie in dieselbe Altersgruppe wie seine Kinder steckte. Schließlich war sie nur ein paar Jahre jünger als Luke. Immerhin hatte er „große Schwester“ gesagt und nicht „großer Bruder“.

So sehr sie sich auf eine weit entfernte, einsame Insel wünschte, um seinem sexy Grinsen zu entkommen, aus reiner Höflichkeit musste sie antworten. „Es ist vielleicht schwer zu glauben, aber im Polizeirevier von Sugar Falls ist unter der Woche nicht viel los. Einen Nicht-Raubüberfall an der Tankstelle zu verhindern, war das Aufregendste, was mir seit letztem Januar untergekommen ist, als diese Touristen nicht pünktlich aus dem Hotel ausgecheckt haben.“

Missmutig biss sie sich danach auf die Lippen. Warum machte sie das nur immer? Warum spielte sie die Wichtigkeit ihres Jobs und ihre Fähigkeiten herunter? Ein Psychologe hätte vielleicht gesagt, dass es an ihrer Macho-Familie lag oder daran, dass sie versuchte, in einem von Männern dominierten Beruf nicht aufzufallen.

„Jedenfalls weiß ich, dass sie bei Ihnen in guten Händen sind.“ Hörte der Mann auch mal auf zu lächeln? „Coop hat gesagt, Sie hätten die Hälfte seiner Männer letzte Woche beim Selbstverteidigungstraining geschlagen.“

„Das ist ja keine große Kunst bei nur vier anderen Beamten auf dem Revier.“

Sie hatte es schon wieder getan. Anstatt stolz darauf zu sein, dass sie eine Kampfsportexpertin war. Aber sie wollte nicht, dass Luke sie als einen vermännlichten Gladiator sah. Sie wollte, dass er sie als Frau wahrnahm …

Stopp. Das waren genau die verrückten Gedanken, die all ihre harte Arbeit zunichtemachen konnten. Sie hatte so lange gebraucht, um nach der Trennung von Mark und ihrem Umzug hierher wieder klar denken zu können. Sie musste weg von diesem Mann, und das schnell.

Schnell beugte sie sich zum Armaturenbrett vor und schaltete das Mikro des Funkgeräts ein. Die Dispatcherin auf dem Revier antwortete, und Carmen beugte sich über das Mikro und tat so, als lausche sie einer Nachricht, die Luke nicht hören konnte.

„10-4. Bin unterwegs.“

Entschuldigend zuckte sie in seine Richtung die Achseln. „Ich muss los“, sagte sie und wartete kaum, dass er die Arme aus dem Fenster nahm, bevor sie mit quietschenden Reifen den Parkplatz verließ.

Das war der schlechteste gefälschte Funkspruch, den Luke jemals gehört hatte. Und er musste es wissen. Er war Kommunikationsspezialist gewesen, bevor man ihn zu der Eliteeinheit berufen hatte.

Er blickte dem Wagen von Officer Delgado nach, die in einer Staubwolke davonbrauste. Warum hatte sie es so eilig, von ihm wegzukommen? Hatte er schon wieder diesen „Ich muss mit jemandem sprechen, der Kinder versteht“-Ausdruck gehabt? Er rieb sich die Stirn und strich sich durchs Haar, bevor er die Hände in den Taschen seiner Jeans vergrub.

Nach Sugar Falls zu ziehen, um Vollzeitvater zu werden, und seine Arbeit als Team Leader einer Eliteeinheit gegen einen Schreibtischjob bei einer Rekrutierungsstelle am Stadtrand von Boise einzutauschen, war eine größere Herausforderung, als er gedacht hatte.

Luke kickte ein paar Kiesel weg, die hochgeschleudert wurden, als Carmen im Kavaliersstart den Parkplatz verlassen hatte. Er dachte an die Nacht vor sieben Jahren, die Nacht vor Samanthas Unfall. Seit dem Tod seiner Frau hatte er ständig das Gefühl, keinen festen Boden unter den Füßen zu haben.

„Hey, Dad“, rief Aiden vom Spielfeld her. „Kommst du jetzt, oder was?“

Er winkte ihm zu und setzte sich in Bewegung.

„Wie geht’s denn Officer Delgado heute?“, fragte Alex Russell, der Teamtrainer, der an der Trainerbank wartete.

Luke mochte Alex, dem das örtliche Sportgeschäft gehörte, doch das anzügliche Grinsen des Mannes gefiel ihm weniger.

„Was soll das denn heißen?“, fragte er ungehaltener als beabsichtigt.

„Mir ist nur aufgefallen, dass sie in letzter Zeit immer die Jungs zum Training bringt.“

„Ja, sie ist die Einzige in diesem Mentorenprogramm der Schule, die bereit ist, sich mit ihnen abzugeben“, erklärte Luke. „Und einmal die Woche muss ich länger in der Rekrutierungstelle arbeiten und kann die Jungs nicht von der Schule abholen, also hat sich Delgado ihrer angenommen – sehr zur Freude der Leute vom Hortprogramm der Schule.“

„Manche Kinder haben echt Glück.“

Seine Kinder? Glück? Wohl kaum. Sie hatten ihre Mutter so früh verloren, dass sie sich kaum noch an sie erinnern konnten, und sie waren in der Familie herumgereicht worden, als Luke noch auf seinen Missionen in der ganzen Welt unterwegs gewesen war. Jetzt brauchte er die Hilfe eines ganzen Skiorts in Montana, um seine liebenswerten kleinen Racker aufzuziehen. „Wie meinst du das?“

„Na ja, sie dürfen nicht nur mit einem Cop in der Stadt rumfahren, was wahrscheinlich der Traum eines jeden kleinen Jungen sein muss, sondern sie haben sich auch noch die heißeste Polizistin im ganzen Bundesstaat ausgesucht.“

„Officer Delgado?“ Na gut, seine Überraschung war ein bisschen gespielt. Die Frau war mit ihren hohen Wangenknochen und vollen Lippen eine natürliche Schönheit, aber er hatte auch sehr schnell den Eindruck gewonnen – wie schon andere Männer in der Stadt vor ihm –, dass sie überhaupt nicht an Männern im Allgemeinen oder einem Date im Besonderen interessiert war. Und er selbst war ja auch nicht auf der Suche. Warum erwähnte also Alex ihr Aussehen?

„Ach, komm schon, du bist doch nicht blind. Du musst doch ihre heißen Kurven unter der Uniform bemerkt haben.“

Natürlich hatte er das, und am liebsten hätte er den Baseballschläger genommen und dem Trainer eins übergezogen, weil der andere Mann so anzüglich über Officer Delgados Figur sprach.

Liebe Güte, nimm dich zusammen, Gregson. Du hast überhaupt keinen Grund zur Eifersucht.

„Ich versuche, es nicht zu tun“, erwiderte er unnatürlich steif. Und das stimmte auch – manchmal fühlte er sich geradezu schuldig, wenn er Officer Delgado anschaute.

„Das versuchen wir alle, Luke. Sie ist ja auch ganz offensichtlich nicht der Typ, der sich gern zur Schau stellt, und würde es bestimmt nicht zu schätzen wissen, wenn wir sie die ganze Zeit anstarrten. Tja, heißes Aussehen, kühler Charakter.“

Alex griff nach einem Baseballhandschuh und klopfte Luke auf die Schulter, bevor er aufs Spielfeld ging. „Jungs, wir fangen an!“

Offenbar war Luke nicht der einzige Mann in der Stadt, dem Officer Delgado die kalte Schulter zeigte. Es hätte ihn vielleicht ein wenig beruhigen sollen, dass es nicht an ihm lag. Dennoch verstand er nicht, warum die Frau immer zu Eis erstarrte, wenn er mit ihr sprach. Luke war selbst auch keine Plaudertasche, aber er hatte versucht, Themen zu finden, die sie möglicherweise beide interessierten – wie das Militär oder Kampfsport. Einmal hatte er sie sogar gefragt, wie viel Gewicht sie stemmen konnte, denn es war klar, dass sie regelmäßig trainierte. Doch wenn sie nicht gerade über die Zwillinge sprachen, war sie verschlossen wie eine Auster.

Sie hatte ihm klar gezeigt, dass er sie überhaupt nicht interessierte. Dennoch schaffte er es einfach nie, den Mund zu halten, wenn sie in seiner Nähe war.

Nicht dass er an ihr interessiert war. Oder an irgendeiner anderen Frau. Als er noch Single gewesen und mit seinen Kameraden vom Militär ausgegangen war, hatte er kein Problem damit gehabt, Frauen mit seinem Charme zu beeindrucken. Aber nachdem er Samantha kennengelernt hatte, war sie die Einzige für ihn gewesen.

Er hatte lange gebraucht, um über ihren Tod hinwegzukommen, und so ganz sicher war er sich nicht, dass er es wirklich geschafft hatte. Bis letzten Sommer war er der Meinung gewesen, sich freiwillig für Himmelfahrtskommandos zu melden, wäre ein guter Weg, seine Trauer zu verarbeiten. Aber dann war er bei einer Mission beinahe wirklich umgekommen, und es war ihm klar geworden, wie selbstsüchtig er handelte. Seine Kinder hatten es nicht verdient, dass er sie zu Vollwaisen machte. Also hatte er um seine Versetzung gebeten und versuchte nun in Sugar Falls, ein guter alleinerziehender Vater zu sein.

Seinen Charme brauchte er dieser Tage nur noch, um die Wogen zu glätten, wenn die Zwillinge wieder mal was angestellt hatten. Was häufig genug vorkam. Doch bis jetzt hatte nichts davon dazu geführt, dass er wieder das Gefühl hatte, festen Boden unter den Füßen zu haben. Ganz im Gegenteil: Wenn Officer Delgado in der Nähe war, kam es ihm immer so vor, als hänge er völlig in der Luft. Und er war sich nicht sicher, ob er noch einen freien Fall ins Nichts überleben würde.

2. KAPITEL

Carmen hatte gerade im „Cowgirl Up Café“ auf dem Snowflake Boulevard zu Mittag gegessen und war auf dem Weg zurück zur Polizeistation, als ihr von der anderen Straßenseite die hochschwangere Mia McCormick zuwinkte und ihr bedeutete, herüberzukommen.

„Hey, Officer Delgado, genau mit Ihnen wollte ich reden“, sagte Mia, während sie Kylie Gregson die Tür zur Sugar Falls Cookie Company aufhielt, damit die ihren Zwillingskinderwagen in den Laden schieben konnte. „Hätten Sie einen Moment Zeit?“

„Natürlich.“ Carmen folgte den beiden Frauen in den kleinen Laden, der in Sugar Falls ein beliebtes Touristenziel war. Der Duft nach Vanille war betörend, und Carmen schaute auf die große Tafel hinter dem Tresen, um herauszufinden, was der Keks des Monats war. Sie liebte frisch gebackene Süßwaren und überlegte, ob sie sich trotz ihres üppigen Mittagessens ein paar Kekse für später mitnehmen sollte.

Dabei versuchte sie, die Reaktionen der anderen Kundinnen zu ignorieren, die sich jetzt entzückt über Kylies Kinderwagen beugten und sich mit den beiden jungen Müttern über das Stillen und die beste Windelmarke unterhielten. Das würde sie alles nie erleben.

Noch nie hatte sie sich so als Außenseiterin gefühlt, und das wollte was heißen, schließlich war sie in ihrer Einheit in Afghanistan auch die einzige Frau gewesen. Aber dort – und auch als Polizistin – hatte sie mit den Männern wenigstens den Beruf gemeinsam. Bei den Frauen hier fiel ihr einfach kein Gesprächsthema ein, bei dem sie hätte mitreden können.

Als die anderen Kundinnen endlich gegangen waren, sagte Mia: „Ich weiß nicht, wie ich das heute alles noch schaffen soll. Ich hätte Maxines Angebot annehmen sollen, die Kekse für die Tanzaufführung heute ins Remington Theater zu liefern.“

Maxine war die Besitzerin der Sugar Falls Cookie Company und die Frau von Carmens Chef. Da sie wusste, dass Chief Cooper heute mit seiner Frau einen Geburtsvorsorgetermin wahrnahm, bezweifelte sie, dass sie Mia mit der Lieferung jetzt noch würde helfen können. War es das, worüber die Leiterin der örtlichen Tanzschule mit ihr so dringend reden wollte?

„Es ist so ein Glück, dass Mia den Stadtrat überzeugen konnte, ihr das alte Theater für Tanzaufführungen zu überlassen“, wandte sich nun Kylie an Carmen. „Davor hatten wir nur das Gemeindehaus, und das war ständig ausgebucht. Einmal hatten wir eine Tanzaufführung, bei der im Hintergrund die alten Damen von Sugar Falls Bingo spielten.“

Autor

Christy Jeffries
<p>Christy Jeffries hat einen Abschluss der University of California in Irvine und der California Western School of Law. Das Pflegen von Gerichtsakten und die Arbeit als Gesetzeshüterin haben sich als perfekte Vorbereitung auf ihre Karriere als Autorin und Mutter erwiesen. Mit zwei Energiebündeln von Söhnen, der eigenwilligen Großmutter und einem...
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