Eiskalte Intrigen, heiße Küsse

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Brian Cooper ist ein Mann, der bekommt, was er will – und er will Piper! Endlich kommen sie sich näher und verbringen heiße Nächte miteinander. Mehr kann allerdings nicht daraus werden, denn Pipers Familie ist überzeugt, dass der smarte Anwalt mit seinem hinterlistigen Onkel unter einer Decke steckt. Brian ist schockiert, als Piper sich auf die Seite ihrer Familie stellt. Doch er will um seine Traumfrau kämpfen! Wie kann er nur beweisen, dass er nichts mit den Intrigen seines Onkels zu tun hat?


  • Erscheinungstag 31.08.2021
  • Bandnummer 2200
  • ISBN / Artikelnummer 9783751503815
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Piper Holloway liebte Hochzeiten. Wer tat das nicht? Es war schließlich immer ein freudiges Ereignis.

Ihre Nichte Harley Wingate und deren zukünftiger Ehemann Grant Everett kannten sich schon länger, hatten sogar einen Sohn namens Daniel. Aber sie hatten sich erst jetzt entschlossen zu heiraten. Piper freute sich für sie. Aber irgendwie nervte es sie auch, bei all diesen fröhlichen Festen immer allein zu erscheinen.

Unwillkürlich fragte sie sich, ob sie in ihrem Leben den richtigen Weg eingeschlagen hatte. Dabei war sie gern Single. Sie hatte ihre Kunst, die sehr viel verlässlicher war als ein Mann, und ihre Galerie, die bisher sehr gut gelaufen war. Seit Wingate Enterprises, dem Unternehmen, das ihrer Familie gehörte, allerdings zwielichtige Geschäfte nachgesagt wurden, kamen immer weniger Kunden.

Aber das sollte sie jetzt nicht bekümmern. Sie war hier, um die Hochzeit ihrer Nichte zu feiern und für ihre Schwester Ava da zu sein, die ein paar schwierige Wochen hinter sich hatte. Letzten Endes hatte Ava sich dazu entschlossen, bei Keith Cooper auszuziehen und sich ein eigenes Haus zu mieten. Nachdem Avas Mann Trent vor drei Jahren gestorben war, war ihr guter Freund Keith ihr eine große Hilfe gewesen. Doch als sie merkte, dass Keith mehr wollte, war ihr klar, dass sie nicht länger bei ihm wohnen konnte.

Ja, wir alle haben einen unbeschwerten Tag verdient, dachte Piper und lächelte. Glücklicherweise gab es in der texanischen Kleinstadt Royal auch im November noch schöne Tage, und genau so einen Tag hatten sie für die Hochzeit erwischt. Eigentlich lebte Piper gern in Dallas, verspürte aber immer wieder Sehnsucht nach der kleinen Stadt, in der sie aufgewachsen war. In den letzten Wochen und Monaten war sie häufiger hier gewesen, um ihrer Schwester Ava und der Familie in dem Skandal beizustehen, in den Wingate Enterprises verwickelt war. Die Gerüchte, die sich in einer Kleinstadt mit Windeseile verbreiteten, hatten der Familie das Leben zur Hölle gemacht.

Die Wingate-Vermögenswerte waren eingefroren und sämtliche Immobilien konfisziert worden. Es war immer Harleys Traum gewesen, auf einem der großen Wingate-Anwesen zu heiraten, aber das war nun nicht möglich. Doch für die Hochzeit, die sowieso in kleinem Rahmen stattfinden sollte, war die Ranch der Everetts sehr gut geeignet. Nur Familie und Freunde waren eingeladen – diejenigen, die den Wingates und den Holloways auch in den schwierigen Zeiten beigestanden hatten.

Harley und Grant, die sehr umweltbewusst waren, hatten entschieden, dass die Trauung in der großen Scheune stattfinden sollte. Harleys ältere Schwester Beth hatte das altehrwürdige Gebäude wunderhübsch dekorieren lassen. Und obwohl die Wingates sich mit dem Skandal viele Feinde gemacht hatten, waren doch viele Familienmitglieder und Freunde zusammengekommen.

Alle waren froh, dass „Onkel“ Keith nicht kommen würde, denn das hätte Ava, die Mutter der Braut, doch sehr unter Druck gesetzt. Ava litt immer noch unter dem Tod ihres geliebten Mannes. Und dafür, dass Keith sich an sie heranmachen wollte, hatte keiner in der Familie Verständnis. Auch Piper nicht, die fand, dass Keith Ava zu sehr von allem hatte abschirmen wollen und damit unter Druck gesetzt hatte. Ava, die immer sehr lebenslustig gewesen war und den Kontakt mit Menschen liebte, war irgendwie nur noch ein Schatten ihrer selbst.

Zwar sah Ava in ihrem eleganten Kleid zauberhaft aus, aber sie wirkte erschöpft und bedrückt. Dass sie bei Keith ausgezogen war, war lediglich der erste Schritt gewesen, sich ein neues Leben aufzubauen. Piper hoffte, dass Ava die Trauerphase endlich hinter sich hätte, aber es war mehr als deutlich, dass Ava, die Älteste der Wingates, sehr unter den Ereignissen der letzten Monate litt. Ava war neunzehn Jahre älter als Piper, der die Anerkennung der großen Schwester immer sehr wichtig gewesen war.

„Was hast du denn da an?“

Langsam drehte Piper sich um. Ava kam auf sie zu und schüttelte missbilligend den Kopf. „Ich weiß, es ist keine Riesenhochzeit, aber etwas mehr Mühe hättest du dir schon geben können.“

Piper biss sich auf die Zunge, um nichts zu sagen, das sie hinterher bereute. Ava hatte schlechte Laune, was verständlich war. Schließlich hatte sie nicht nur ihren Mann und ihr Zuhause verloren, sondern es war sehr wahrscheinlich, dass auch das Familienunternehmen den Bach runterging.

„Gefällt es dir nicht?“ Piper lächelte freundlich. „Das Kleid hat ein griechischer Designer entworfen. Ich hatte Harley ein Bild geschickt, und sie fand es okay. Gibt’s Neuigkeiten? Ich meine, wegen der Firma?“

„Nein. Ich habe zwar den Eindruck, dass Miles allmählich weiterkommt. Aber bisher gibt es eigentlich nur Gerüchte.“

„Verdächtigt man schon jemanden?“ Piper hatte von der ganzen Angelegenheit wenig Ahnung und interessierte sich auch nicht wirklich dafür. Aber sie wusste, dass Ava sich nach dem Tod ihres Mannes mehr um das Familienunternehmen hatte kümmern wollen, schon um etwas zu tun zu haben. Aber die neueren Entwicklungen machten nicht gerade Mut.

„Ja, aber darüber will ich jetzt nicht sprechen“, erwiderte Ava scharf. „Ich weiß, du warst nie verheiratet. Doch selbst du solltest wissen, dass das kein Thema für eine Hochzeit ist.“

„Natürlich nicht, Ava, bitte entschuldige. Bis nachher. Als Mutter der Braut musst du dich sowieso um die Gäste kümmern, vor allem seit Trent nicht mehr bei uns ist.“

Ja, der Tod von Trent Wingate hatte bei allen, die ihn kannten, eine schmerzhafte Lücke hinterlassen. Besonders Harley litt unter dem Tod des geliebten Vaters und war aus diesem Grund nach Thailand geflohen, wie Piper wusste. Dort hatte sie eine Non-Profit-Organisation gegründet, die sich speziell um misshandelte Frauen kümmerte.

Ava ging, und Piper sah ihr lange hinterher. Sie wusste, dass sie Ava nicht auf die Firma hätte ansprechen sollen. Aber leider bügelte Ava sie häufig ab. Ob Ava irgendwann auch mal wieder lachen konnte? Ob es wohl irgendjemanden gab, der den Eispanzer schmelzen könnte, der sich um Avas Herz gelegt hatte? Piper warf einen schnellen Blick auf ihren Neffen Zeke und seine Frau Reagan und musste lächeln. Sie waren sehr mit sich selbst beschäftigt. Kein Wunder, denn sie hatten erst vor Kurzem geheiratet und wollten bestimmt nicht gestört werden. Also steuerte sie auf die Bar zu.

Gerade hatte sie sich auf einen der hohen Barstühle geschoben, als jemand ihr auf die Schulter tippte.

„Kann ich dir einen Drink bestellen?“, vernahm sie eine dunkle, weiche Stimme und drehte sich hastig um.

Brian Cooper stand hinter ihr und sah immer noch aus wie der Mann ihrer Träume. Er war über eins achtzig groß, hatte dunkles Haar, sehr markante Gesichtszüge und ein charmantes Lächeln. Ein paarmal schon hatte er mit ihr einen Kaffee trinken wollen, aber sie hatte immer abgelehnt. Dabei gefiel er ihr sehr. Brian hatte einen scharfen Verstand und eine unglaubliche Ausstrahlung, leider aber auch die Fähigkeit, sie das vergessen zu lassen, was sie lieber nicht vergessen sollte. Hieß es nicht, dass man mit dem Alter weiser würde? Bisher merkte Piper davon wenig. Auf alle Fälle war es besser, sich nicht auf ihn einzulassen.

Dabei dachte Piper nicht nur an den Altersunterschied – sie war gut zehn Jahre älter als er. Entscheidend war für sie, dass er der Neffe von Keith Cooper war, eben jenem Keith, der für Ava anfangs nur ein guter Freund gewesen war, dann aber mehr wollte, was die Dinge kompliziert machte. Und Piper hasste Komplikationen.

„Die Drinks sind hier umsonst“, gab sie kurz angebunden zurück.

„Ich weiß. Deshalb sagst du hoffentlich auch nicht Nein.“

Schlau, schlau … Sein charmantes Lächeln ließ ihr Herz schneller schlagen. Doch sie gab sich cool. „Ich mag Tequila. Aber ich weiß, Ava kriegt einen Herzinfarkt, wenn sie mich mit Tequila sieht. Also bestell mir lieber einen trockenen Weißen.“

„Tust du immer, was Ava will?“ Fragend sah Brian sie an. „Wieso hat sie so viel Macht über die Menschen?“

Piper zuckte kurz mit den Schultern. „Das weiß ich auch nicht. Selbst dein Onkel ist ihr verfallen.“ Sie hatte gehört, dass Keith auf die Trennung von Ava sehr heftig reagiert hatte.

„Ja, sieht so aus. In letzter Zeit habe ich ihn selten zu Gesicht bekommen. Hatte viel um die Ohren, weil ich in Dallas meine eigene Anwaltskanzlei aufgemacht habe.“ Brian stockte und sah Piper verlegen an. „Entschuldige. Das habe ich so nicht sagen wollen.“

Sie musste lachen. „Warum denn nicht?“

„Ich wollte nicht angeben, sondern nur erklären …“

„Schon okay. Also, was willst du trinken?“

„Wodka mit Eis.“

„Ich hätte eigentlich auch lieber einen Tequila als Weißwein.“

„Warum tust du nicht das, was du wirklich willst?“ Brian schüttelte den Kopf. „Aber ich kann da vielleicht nicht mitreden. Schließlich bin ich nicht mit Ava Wingate verwandt.“

Ja, er hatte recht. Viel zu lange schon hatte sie sich von Avas Meinung abhängig gemacht. Piper winkte dem Bartender. „Einen Grey Goose on the rocks und einen Tequila.“

„Kommt sofort.“

Mit dem Glas in der Hand schlenderten sie in Richtung Tanzfläche. Die Band spielte, und einige Paare tanzten.

„Ich fürchte, ich habe einen schlechten Einfluss auf dich. Aber ich stehe dazu.“ Lächelnd hob Brian sein Glas. „Prost.“

„Prost.“ Piper stieß mit ihm an. Hm, der Tequila war so viel besser als ein Glas Weißwein. Und ehrlich gesagt war es ein befreiendes Gefühl, nicht mehr die kleine gehorsame Piper zu spielen wie sonst immer, wenn sie in Royal war. Mit vierzig sollte sie endlich das tun, was sie wollte, und nicht das, was Ava von ihr erwartete.

Vorsichtig nippte Brian an seinem Wodka. Er hatte das Gefühl, Piper Holloway schon ewig zu kennen. Aber in Wirklichkeit war sie ihm erst vor ein paar Monaten aufgefallen. Ihre coole witzige Art war erfrischend, und außerdem war sie sehr sexy. Er begehrte Piper, das musste er sich eingestehen. Nachts träumte er von ihr und wachte erregt auf. Und dabei hatte er geglaubt, dass er aus dem Alter heraus sei.

Brian hatte andere Frauen gedatet und war mit ihnen ins Bett gegangen, aber keine hatte ihn wirklich befriedigen können. Immer noch spürte er diese Sehnsucht, eine rein sexuelle Lust, wie er sich sagte. Und je häufiger Piper seine Einladungen ablehnte, desto stärker begehrte er sie. Vielleicht ging dieses Gefühl vorbei, jetzt, nach dem gemeinsamen Drink. Aber irgendwie ahnte Brian, dass dem nicht so war, und sein Instinkt hatte ihn eigentlich noch nie getrogen.

Dennoch fragte er sich, warum Piper ihn immer wieder zurückgestoßen hatte. Aus Stolz? Hoffentlich nicht. Vielleicht empfand sie auch etwas für ihn und traute sich nicht? Wie auch immer, das spielte keine Rolle. Schließlich stand er jetzt neben ihr. Endlich!

Im Grunde waren sie sehr unterschiedlich, vom Alter einmal abgesehen. Piper war freischaffende Künstlerin und er ein ehrgeiziger Anwalt für Familienrecht. Und wenn schon. Sagte man nicht auch, dass Gegensätze sich anzogen?

Langsam musterte Brian Piper von oben bis unten. Sie war unglaublich kreativ und liebte es, ihre Haarfarbe zu wechseln. Heute war ihr gerade geschnittener Bob dunkelbraun und bildete einen schönen Kontrast zu dem leuchtend blauen Kleid im griechischen Stil. Der tiefe Ausschnitt zeigte den Ansatz ihrer festen runden Brüste. Sie war groß, sicher gut einen Meter fünfundsiebzig, und da sie hohe Absätze trug, war sie auf Augenhöhe mit ihm.

Ganz offensichtlich genoss sie ihren Tequila. Denn immer wenn sie daran nippte, schloss sie die Augen. Das empfand Brian als sehr erotisch. Und obwohl er wusste, dass er die ganze Sache cool angehen musste, hatte er immer wieder das Bild vor Augen, wie sie bei ihm zu Hause Tequila oder Wodka tranken. Piper stand neben ihm, nackt, sexy und sinnlich wie eine moderne Göttin. Schon allein bei dem Gedanken wurde er hart, und dass ihre beiden Familien sich in letzter Zeit entfremdet hatten, war ihm so was von egal. Er wollte Piper.

„Vor ein paar Wochen bin ich an deiner Galerie vorbeigekommen“, begann er vorsichtig eine Konversation, „aber du warst nicht da.“ Hm, auch nicht so toll. Bei einer Frau wie Piper Holloway musste er sich schon was Besseres einfallen lassen. Erst gab er mit seiner neuen Kanzlei an, und jetzt dieser konventionelle Einstieg.

„Ich war nicht in der Stadt und wusste ja nicht, dass du vorbeikommen wolltest.“

„Wie solltest du auch. Ich hätte vorher anrufen sollen.“

„Gute Idee“, meinte Piper schmunzelnd.

„Aber bisher hast du mich auch nicht gerade ermutigt. Du erinnerst dich, ich wollte schon oft mit dir einen Kaffee bei Zeke trinken.“

Sie wurde rot. „Ehrlich gesagt habe ich dir nicht getraut. Dass Keith nach dem Tod von Avas Mann einen solchen Einfluss auf sie hatte, hat mir gar nicht gefallen. Ich war nicht sicher, ob du als sein Neffe vielleicht ähnlich tickst.“

Autsch! Das hatte gesessen. Aber so etwas Ähnliches hatte er schon erwartet und konnte es ihr nicht übel nehmen. Ihre Familien waren zwar nicht so verfeindet wie in der Shakespeare’schen Tragödie „Romeo und Julia“, standen sich aber auch nicht mehr so nahe wie vor Trents Tod. Da Brian mit Zeke, dem Cousin von Harley, gut befreundet war, wusste er, dass Avas Familie seinen Onkel Keith nicht gut leiden konnte. Er selbst fand es auch ziemlich daneben, dass Keith sich gleich so an Ava herangemacht hatte, nachdem Trent gestorben war. Aber damals schien Ava jemanden zu brauchen, der dessen Rolle übernahm.

„Kann ich verstehen. Ich bin zwar anders als mein Onkel, begreife aber, dass du misstrauisch bist.“

„Danke“, sagte Piper knapp.

Das war das. Und nun? Worüber sollten sie sich jetzt unterhalten? Sollte er noch einen Drink bestellen? In diesem Augenblick begann die Band einen dieser Gruppentänze anzustimmen, die auf Hochzeiten so beliebt waren.

Piper sah Brian an. „Ich liebe diesen Song. Möchtest du tanzen?“

„Ich kann nicht tanzen“, musste er zugeben.

„Okay, dann bis später.“ Sie drückte ihm ihr leeres Glas in die Hand und ging in Richtung Tanzfläche.

Brian stand da und beobachtete Piper, wie sie die Hand ihres Großneffen Daniel ergriff und ihm die Schritte zeigte. Sie bewegte sich leicht und graziös, und ihr Lächeln schien den ganzen Raum zu erhellen.

So kam es Brian wenigstens vor, als er plötzlich durch einen Stoß in die Seite aus seiner Träumerei gerissen wurde. „He, Buddy!“ Das war Zeke. „Warum stehst du hier rum, anstatt mit der Frau zu tanzen, hinter der du schon seit Monaten her bist?“

„Ich kann nicht tanzen. Und irgendwie läuft mit Piper alles schief, da will ich mich nicht auch noch auf der Tanzfläche blamieren.“

Lächelnd schüttelte Zeke den Kopf. „Ich bin auch kein Freund von dieser Art von Tänzen. Aber wenn deine Freundin gern tanzen möchte, dann solltest du mitmachen.“

„Piper ist nicht meine Freundin“, grummelte Brian.

„Und das wird sie auch nie sein, wenn du hier wie ein Klotz rumstehst. Aber das ist deine Sache. Bis später.“ Zeke schlug ihm auf den Rücken, und Brian sah, wie er Reagan bei der Hand nahm und sie zur Tanzfläche zog.

Okay. Brian hatte sich bisher noch nie von dem abbringen lassen, was er wirklich wollte. Er stürzte seinen Drink hinunter, stellte beide Gläser auf einem Tablett ab, das ein Kellner ihm hinhielt, und folgte Zeke. Dann löste er die Kette der Tanzenden bei dem kleinen David und ergriff die Hand des Jungen. „Kannst du mir zeigen, wie das geht?“

„Klar“, sagte der Vierjährige. Laut zählend zeigte er ihm die Schritte, und Brian machte es ihm nach. War gar nicht so schwer. Als er den Kopf hob, sah er, dass Piper ihm lächelnd zunickte. Doch dann gerieten er und Daniel versehentlich in die falsche Reihe, und Piper lachte laut auf. Nachdem der letzte Ton verklungen war, hockte Brian sich hin und bedankte sich bei Daniel. Der Kleine strahlte. Er war offenbar sehr stolz, dass er bei der Hochzeit seiner Eltern eine so entscheidende Rolle gespielt hatte.

„Du hast mir sehr geholfen, Dani. Dafür bin ich dir noch was schuldig“, sagte Brian leise.

„Ich mag gerne Jelly Beans“, krähte der Kleine.

„Das werde ich mir merken.“ Brian stand auf. Die Band spielte jetzt einen langsamen Song. Brian sah Piper an. „Tanzt du mit mir?“

„Ich sollte Nein sagen.“ Sie lachte. „Aber du hast dir eben wirklich Mühe gegeben.“ Sie nahm seine Hand und schmiegte sich an ihn.

Sofort stieg Erregung in ihm auf, und sein Herz schlug schneller. Er wünschte, er könnte mit ihr verschwinden und zu seinem Apartment hier in Royal fahren. Aber das wäre vielleicht doch etwas überstürzt, vor allem bei einer Frau wie Piper, die ja kaum bereit gewesen war, einen Drink mit ihm zu nehmen. War er zu hastig? Aber er war es gewohnt, das zu kriegen, was er wollte. Und er wollte mit Piper schlafen.

Doch sie war schwer einzuschätzen, so viel hatte er bereits gelernt. Sie war misstrauisch. Um ihr Vertrauen zu gewinnen, brauchte er Zeit, auch das war ihm klar. Zwar hatte er normalerweise nicht viel Geduld, aber für Piper würde er sich darum bemühen. Er würde herausfinden, weshalb sie eine solche Wirkung auf ihn hatte. Dass er auch ihr nicht gleichgültig war, spürte er, und dennoch wollte er ihr Zeit lassen. Sonst gäbe es nur ein kurzes, helles und verzehrendes Feuer, und zurückbleiben würden nur Rauch und Asche.

Piper versuchte sich einzureden, nicht an Brian Cooper interessiert zu sein. Doch nach ein paar Minuten in seinen Armen konnte sie sich nicht länger belügen. Er beeindruckte sie sehr.

Über dem weitläufigen Garten der Everett Ranch war ein großes Zelt gespannt, unter dessen Dach funkelnde Lichter hingen. Tragbare Heizgeräte standen rund um das Zelt, denn gegen Abend wurde es kühl. Piper kannte die meisten Gäste seit ihrer Kindheit und wusste eins: Das hier waren Menschen, auf die es ankam, die trotz des Skandals zu den Wingates hielten.

Zu diesen Menschen gehörte auch Brian. Er hatte Pipers Neffen Zeke und seiner Reagan geholfen. Zeke hatte ihr gesagt, wie wichtig das für ihn und Reagan gewesen sei. Ja, und dann war da diese verrückte sexuelle Anziehung zwischen ihr und Brian, und zwar seit sie sich das erste Mal begegnet waren. Seitdem versuchte sie, dieses Gefühl zu unterdrücken, denn ihre Leidenschaft sollte nur der Kunst gelten. Das war sicherer. Aber wenn sie mit Brian zusammen war, hatte sie Angst, diesem Prinzip untreu zu werden.

Vor allem in dieser Situation. Seine Hand lag auf ihrem Rücken, ihre Brüste berührten seinen Oberkörper, während sie sich langsam im Rhythmus des sentimentalen Songs bewegten. Innerlich war sie wie elektrisiert, zumal Brian ein durchaus guter Tänzer war, auch wenn er das Gegenteil behauptet hatte.

Irgendwie war Piper nervös, ein Gefühl, das sie in Dallas gar nicht kannte. Dort hatte sie ihr normales Leben mit den vertrauten Abläufen. Aber hier in Royal war es anders, was wohl im Wesentlichen damit zu tun hatte, was ihre Familie hier wegen des Wingate-Skandals durchmachen musste. Nichts war mehr so wie früher, alles war möglich, alles änderte sich.

Sie vielleicht auch? Hatte es damit begonnen, dass sie sich einen Tequila bestellt hatte? Brian hatte recht, sie hatte sich zu lange angepasst und sich bemüht, ein Mitglied der Gesellschaft zu werden, so wie Ava es wollte. Jetzt aber war sie bereit, von diesem Weg abzuweichen und etwas Ungewöhnliches zu tun.

Aber was? Mit Brian? Doch sosehr sie sich auch zu ihm hingezogen fühlte, wusste sie, dass er nicht der richtige Mann für sie war. Er war ein Freund der Familie und stand ihren Nichten und Neffen sicher näher als sein Onkel Keith, der versucht hatte, Ava von allen fernzuhalten und für sich zu vereinnahmen.

Ob Brian ihm in diesem Punkt nicht doch ähnlich war?

„Noch einen Drink?“, fragte er, als sie die Tanzfläche verließen.

„Sehr gern.“

Lauren Roberts kam auf sie zu. „Kann ich dich mal kurz sprechen, Piper?“

Brian wandte sich zum Gehen. „Kein Problem. Ich hol inzwischen die Drinks.“

Piper sah ihm hinterher. Auch von hinten … Dann drehte sie sich zu Lauren um. „Was gibt’s?“

Mit ihrem kastanienroten Haar sah Lauren wieder fantastisch aus. Bisher hatte sie einen Essensstand auf dem Wochenmarkt betrieben, würde aber bald ein Restaurant in Royal eröffnen, wie Piper von Laurens Mitarbeiterin wusste. „Ich war neulich in deiner Galerie in Dallas. Du warst nicht da, und deine Assistentin meinte, ich solle lieber mit dir selbst sprechen. Damit du ein Gefühl dafür kriegst, wonach ich suche. Ich weiß, ein Hochzeitsempfang ist nicht der richtige Ort, Geschäftliches zu besprechen. Aber wenn du jetzt ein paar Minuten für mich hättest, könnte ich mir die Fahrt nach Dallas nächste Woche sparen.“

Piper nickte. „Kein Problem. Ich spreche gern über Kunst. Sicher denkst du an Bilder für dein geplantes Restaurant? Dabei helfe ich dir gern. Irgendjemand hat mir erzählt, du willst nur Produkte aus der einheimischen Landwirtschaft verwenden. Stimmt das?“

„Ja. Sozusagen vom Bauernhof direkt auf den Teller!“ Lauren lachte.

„Gute Idee. Ich finde, dann sollten auch die Künstler hier aus der Gegend kommen. Ich kann ein paar Kollegen fragen, die in dem Punkt bessere Verbindungen haben als ich. Denkst du an Gemälde oder an Fotos?“

„Das kann ich nicht sagen. Einfach schöne Sachen, mit denen die Gäste sich wohlfühlen.“

„Hm …“, machte Piper. „Das hört sich so an, als könntest du dich erst zu etwas entscheiden, wenn du es siehst.“

Lauren lachte verlegen. „Ja, so ist es. Aber Gracie Diaz kann mir dabei helfen. Sie ist finanziell an dem Restaurant beteiligt.“

„Gut. Ich werde mich umsehen und dir und Gracie Fotos von dem schicken, was ich für geeignet halte. Ihr könnt dann eure Auswahl treffen, okay?“

„Ja, das wäre prima.“ Lauren seufzte erleichtert auf und warf Piper einen neugierigen Blick zu. „Ich weiß, es geht mich eigentlich nichts an, aber gehst du mit Brian?“

„Nein, wir haben uns nur zusammengetan, weil wir beide allein hier sind.“

„Da bin ich aber erleichtert. Obwohl …“ Lauren senkte die Stimme. „… er sicher anders als Keith ist. Sutton zumindest hält ihn für sehr anständig.“

Hält ihn für sehr anständig … „Na wunderbar.“ Piper nickte knapp.

„Was ist wunderbar?“ Brian hielt Piper den Tequila hin.

„Der Empfang“, sagte Lauren lächelnd und ging.

„Ja, das stimmt.“ Brian nahm einen Schluck von seinem Wodka. „Ich bin wirklich froh, dass Harley und Grant sich wiedergefunden haben und gemeinsam zurück nach Thailand gehen. Letzten Endes haben doch alle geglaubt, dass Harley ihr Leben in Thailand aufgeben und wegen Grant wieder zurück nach Royal ziehen würde.“

„Ja“, stimmte Piper zu. „Grant ist ein toller Mann. Und obwohl sich in dem Punkt schon einiges geändert hat, sind auch heute noch nur wenige Männer bereit, ihren Frauen zu folgen.“

„Mag sein. Und ich weiß nicht, ob ich das fertigbringen würde. Aber das muss jeder für sich selbst entscheiden.“

Piper nickte nur und warf einen langen Blick auf Harley. Sie freute sich für ihre Nichte, fühlte sich aber gleichzeitig irgendwie ruhelos und verunsichert. Auch sie hatte mal geglaubt, den Mann gefunden zu haben, mit dem sie ihr Leben verbringen wollte. Aber offenbar hatte sie seinen Maßstäben nicht genügt, denn er hatte sie verlassen. Das hatte damals ziemlich wehgetan, aber das Leben ging weiter. Und nun war sie alt genug, um zu wissen, dass sie sich auch ohne Mann an ihrer Seite wohlfühlte. Allerdings merkte sie jetzt während des unbefangenen Gesprächs mit Brian, dass sie das Zusammensein mit einem Mann vermisste, vor allem wenn er wie Brian ihre sinnliche Seite ansprach. Das bedeutete natürlich nicht, dass Brian dieser Mann war. Aber dieses Gefühl erinnerte sie daran, dass es vielleicht an der Zeit war, sich mal wieder in der Männerwelt umzusehen.

Nachdem ihr Verlobter mit ihr Schluss gemacht hatte, hatte sie sich ganz auf Ava und deren kranken Mann konzentriert. Inzwischen waren die Tage ins Land gegangen, Nichten und Neffen waren verlobt oder verheiratet und brauchten ihre Tante Piper nicht mehr. Und sie sehnte sich nach jemandem, der diese Leere ausfüllen konnte.

Ganz sicher würde sie sich nie wieder für einen Mann verändern wollen. Und sie würde sich nie mit jemandem zusammentun, dem sie nicht vertrauen konnte. Aber sie hatte sich viel zu lange zurückgezogen und war Beziehungen aus dem Weg gegangen. Warum auch immer – ob aus Furcht, wieder verlassen zu werden, oder aus anderen Gründen –, das musste jetzt ein Ende haben.

In der nächsten Woche wäre sie wieder in Dallas, das war gut. Zwar hatte Brian seine Kanzlei auch in Dallas, aber sie verkehrten nicht in denselben Kreisen. Also würden sie sich kaum begegnen, und dieses seltsame Kribbeln, das er in ihr auslöste, würde verschwinden.

2. KAPITEL

Das Künstlerviertel von Dallas lag in der Innenstadt. Alles gruppierte sich um die Konzerthalle und die Oper. Pipers Galerie war in der Nähe des Nasher Sculpture Center, das berühmt für seine Exponate moderner Meisterwerke war. In der Gegend Räume zu mieten war nicht einfach gewesen, aber für Piper war es wichtig, mitten im Geschehen zu sein. Eine Galerie am Stadtrand würde keiner ernst nehmen.

Heute Morgen hatte sie den Tag damit begonnen, sich die asiatische Kunst in der Crow Sammlung anzusehen. Manchmal brauchte sie einfach eine neue Inspiration. Vor allem jetzt.

Autor

Katherine Garbera
<p>USA-Today-Bestsellerautorin Katherine Garbera hat schon mehr als neunzig Romane geschrieben. Von Büchern bekommt sie einfach nicht genug: ihre zweitliebste Tätigkeit nach dem Schreiben ist das Lesen. Katherine lebt mit ihrem Mann, ihren Kindern und ihrem verwöhnten Dackel in England.</p>
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