Gegen jegliche Vernunft

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So berühmt, so reich und so verboten sexy! Für die junge Unternehmerin Cinnia Whitley ist Henri Sauveterre nicht nur der Mann ihrer Träume, gemeinsam setzen sie vor brennender Leidenschaft jedes Bett in Flammen. Das Problem? Seit einem dramatischen Erlebnis in der Vergangenheit sind für den prominenten Tycoon feste Bindungen tabu. Aber dass er auch keine Gefühle zu haben scheint, ist für Cinnia das Signal, ihrem Mr. Perfect Adieu zu sagen. Doch schlimm genug, dass sie ihn nicht vergessen kann, ihre hitzige Affäre hat auch süße Folgen …


  • Erscheinungstag 26.09.2017
  • Bandnummer 2303
  • ISBN / Artikelnummer 9783733708658
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

Als Cinnia die Klinik betrat, hätte sie versehentlich fast die Frau, die hinter der Tür stand, umgerannt. Zerstreut murmelte sie eine Entschuldigung. Sie glaubte, die Frau schon einmal gesehen zu haben, aber wo? An eine so große Frau, die mit wachsamem Blick ausgerechnet an diesem Hintereingang stand, hätte sie sich bestimmt erinnert.

Moment mal. War sie eine Securitymitarbeiterin? Vielleicht kam sie ihr deshalb so bekannt vor. Nachdem zwei Jahre lang ernst blickendes Wachpersonal jeden ihrer Schritte überwacht hatte, war es wohl nicht das Gesicht, an das sie sich erinnerte, sondern vielmehr die Haltung.

Wäre die Frau jemand, der auf einen Patienten wartete, gab es dafür eine sehr bequeme Lounge im vorderen Teil der Klinik. Den Hintereingang hingegen nahmen Menschen wie Cinnia, die sich durch die Tiefgarage ins Gebäude schlichen, in der Hoffnung, dass ihr Besuch bei dem Spezialisten für Pränatalmedizin streng vertraulich bleiben würde.

Cinnia machte sich keine weiteren Gedanken darüber, wer die berühmte Patientin sein könnte. Sie hatte Wichtigeres zu tun. Heute sollte eine Ultraschalluntersuchung gemacht werden, um herauszufinden, warum sie so schnell zunahm.

Falls der Arzt mit seiner Vermutung recht hatte, müsste sie ihre gesamte Zukunft neu überdenken …

Zwillinge? Nein. Mehrfachgeburten waren nur bei Müttern erblich. Nicht jedoch bei einem Vater mit einem eineiigen Bruder und zwei jüngeren, eineiigen Schwestern.

Oder doch?

Bei Henri war sie sich da nicht so sicher. Der setzte sich gerne mal über das Übliche hinweg. Das war ihr sehr bewusst.

Cinnia vermisste weder ihn noch das Leben, das er führte, ständig bewacht von seinem Security-Team.

Warum also durchpflügte sie jeden Morgen das Internet nach ihm und las alles, was sie in den Klatschspalten über ihn finden konnte? Davon zu erfahren, dass Henri wieder zu seinem alten Lebensstil zurückgekehrt war und sich mit immer neuen Frauen traf, war reine Selbstzerstörung, wobei allerdings nicht viel darüber geschrieben stand. Denn sein Zwillingsbruder Ramon stahl ihm die Show. Er fuhr immer noch Rennen, während seine zweite Leidenschaft die Frauen waren.

Auch wenn die Sauveterres die Medien beherrschten, war Cinnia während ihrer Zeit mit Henri aufgefallen, dass Ramon immer für Schlagzeilen sorgte, als wollte er bewusst die Aufmerksamkeit auf sich lenken.

Ihre Trennung von Henri lag bereits zwei Monate zurück. Das war Schnee von gestern und interessierte die Presse nicht mehr. Deshalb war es wohl Angelique, die Ramon diesmal mit seinen Eskapaden aus der Schusslinie halten wollte.

Es war auffällig, wie sehr die Brüder ihre jüngeren Schwestern beschützten. Trella war als Kind gekidnappt worden und litt noch immer unter den Folgen. Im Moment beherrschte nur Angelique die Schlagzeilen, was an ihrer Beziehung mit dem Prinzen von Zhamair lag – und der mit dem Prinzen von Elazar, konnte man den Klatschgeschichten Glauben schenken.

Cinnia runzelte die Stirn. Immer noch war sie sicher, dass etwas an dem Foto von Angelique und dem Prinzen von Elazar, das sie kürzlich in einem Klatschmagazin gesehen hatte, nicht gestimmt hatte. Ob es doch Trella auf dem Foto gewesen sein könnte? Aber das schien unmöglich, weil Angeliques Zwillingsschwester seit Jahren nicht mehr in der Öffentlichkeit aufgetreten war.

Endlich bemerkte die Krankenschwester sie, die gerade am Telefon war. Cinnia winkte ihr und versuchte zu lächeln.

Die Krankenschwester bedeutete einer Kollegin, dass Cinnia da war. Die Frau nickte, drehte sich zu dem Schrank um und nahm ihre Akte heraus.

Cinnia lockerte ihren Schal und knöpfte ihren Mantel auf. Sie war froh, dass sie bei dem scheußlichen Wetter nicht komplett nass geworden war. Selbst für einen Februar in London war es viel zu kalt und regnerisch.

Hinter ihr wurde die Tür zum Untersuchungsraum geöffnet. Erschrocken trat sie zur Seite und drehte sich um.

„Entschuldigung“, sagte die Frau.

„Meine Schuld …“, begann Cinnia, dann wurde sie blass, als sie die Modelfigur und die aristokratischen Züge erkannte. „Ich habe gerade an dich gedacht.“

„Cinnia!“ Angelique strahlte, und sie umarmten sich wie Schwestern, die sich lange aus den Augen verloren hatten. Überwältigt legte sie den Arm um Cinnia und merkte erst jetzt, dass sie in anderen Umständen war.

Cinnia spürte, wie Henris Schwester sich versteifte, als sie ihren Babybauch bemerkte.

Sag ihm nichts, dachte Cinnia panisch.

Sie lösten sich voneinander. Cinnia wusste, dass in ihrem Blick Entsetzen lag. Dabei sollte sie doch eigentlich glücklich sein, ein Baby zu bekommen …

„Ach herrje“, flüsterte Cinnia jetzt. „Ich dachte, du wärst Angelique.“

Eigentlich hatte Cinnia die Zwillinge immer leicht auseinanderhalten können. Aber sie war so überrascht über ihr Treffen gewesen, dass sie Trella mit Angelique verwechselt hatte. Trella verließ nie das Anwesen in Spanien, ohne dass eines ihrer Geschwister sie begleitete.

Hieß das, dass auch Henri hier war? Verängstigt blickte Cinnia sich um, sah aber nur den weiblichen Wachtposten.

Natürlich – deshalb war ihr die Frau bekannt vorgekommen. Sie hatte sie bereits in Sus Brazos gesehen, dem Familiensitz der Sauveterres in Spanien. Und vor ihr stand Trella, das erkannte sie an deren Benehmen. Angelique war ein wenig reservierter, so wie Henri, während Trella die gleiche Wärme ausstrahlte wie Ramon.

Plötzlich wurde ihr bewusst, dass es nicht nur seltsam war, Trella ohne ein Familienmitglied in der Öffentlichkeit zu sehen, sondern obendrein noch in dieser Klinik.

„Oh mein Gott.“

Was machte die normalerweise so zurückgezogen lebende Trella in London? Noch dazu mit einem Fläschchen Vitamine für Schwangere in der Hand und einem zutiefst schuldbewussten Blick? Wie sollte eine Frau, die wie eine Nonne lebte und nur weibliche Bodyguards hatte, überhaupt schwanger werden? Henri würde durchdrehen.

Schnell versteckte Trella das Fläschchen hinter ihrem Rücken und öffnete den Mund, doch es kam nur ein leises „Ähm“ heraus.

Sprachlos starrte Cinnia sie an und merkte, dass Trellas Augen schmal wurden, als ihr jetzt richtig bewusst wurde, wo sie waren und warum.

„Alles … okay bei dir?“, fragte Cinnia zögernd. Sie wusste nicht genau, was Trella hatte durchmachen müssen, als sie gekidnappt worden war, nur, dass sie lange Zeit Angst vor Männern gehabt hatte. Und vor vielen anderen Dingen.

Trella stieß ein hysterisches Lachen aus und verdrehte die Augen. Du siehst ja, weshalb ich hier bin, schien ihr Blick zu sagen.

Stirnrunzelnd betrachtete sie dann Cinnias Bauch. „Ist es …“

Von Henri. Das hatte sie fragen wollen.

Tränen traten in Cinnias Augen. Bitte sag ihm nichts, flehte sie innerlich.

Fast hätte sie selbst hysterisch aufgelacht, doch ihre Kehle war wie zugeschnürt.

Trella straffte sich und warf ihre dunklen Locken zurück.

„Wir tun so, als hätten wir uns nicht gesehen.“ Sie war eine atemberaubende Frau von Mitte zwanzig, doch jetzt wirkte sie wie eine Neunjährige, die ihre gestohlenen Bonbons versteckte und vorgab, nichts in ihrer Hand zu halten.

Ganz die Schwester, von der Henri Cinnia erzählt hatte, der Wildfang, der ihn verrückt gemacht hatte, weil sie sich als Kind immer in Schwierigkeiten gebracht hatte, die ihr Bruder aus dem Weg hatte räumen müssen.

Am liebsten hätte Cinnia sie wieder umarmt. Sie war so stolz auf Trella.

Wie gern hätte sie diesen Augenblick mit Henri geteilt, weil sie instinktiv wusste, dass es ein Zeichen für Trellas Heilungsprozess war. Eine positive Nachricht, die er nach dem Schock so dringend brauchte.

Oder auch nicht. Er kümmerte sich um seine Mutter und seine Schwestern, und mehr Verantwortung war er nicht bereit zu tragen. Deshalb lehnte er auch kategorisch ab, zu heiraten und sich fortzupflanzen.

Ich habe dir von Anfang an gesagt, dass ich dich nie heiraten werde.

Wieder zog sich ihr Herz schmerzhaft zusammen.

„Ms. Whitley“, sagte die Krankenschwester hinter ihr. „Sie sind an der Reihe.“

„Es ist wirklich gut, dich zu sehen“, meinte Cinnia zu Trella und streckte die Hände aus, um sie noch einmal zu umarmen. „Ich habe euch alle vermisst.“

„Ich würde dich ja bitten, allen Grüße von mir auszurichten, aber …“ Cinnias Stimme verlor sich.

Trella umarmte sie fest, Dann löste sie sich langsam von ihr. „Wir beide können ja in Verbindung bleiben“, bot Trella mit einem verschwörerischen Lächeln an. Dann wurde sie wieder ernst. „Kann ich dich anrufen? Ich würde gern wissen, warum …“

Cinnia wusste, dass sie die Schwangerschaft vor Henri nicht geheim halten konnte. Aber sie wollte sich erst einen Plan zurechtlegen, bevor er es erfuhr, damit er sich nicht in die Enge getrieben fühlte. Auf der anderen Seite stand Trella ihren Geschwistern viel zu nahe, als dass sie ihre eigene Schwangerschaft lange vor ihnen verbergen könnte. Wenn sie erst einmal damit herausgeplatzt war, würde Cinnias Zustand auch schnell bekannt werden.

Aber wenn sie ein bisschen Zeit herausschinden könnte, um sich vorzubereiten und herauszufinden, ob sie tatsächlich Zwillinge erwartete …

Sie nickte. „Wenn du am Wochenende noch in London bist, könnten wir zusammen essen gehen.“

1. KAPITEL

Zwei Jahre vorher

Cinnia hatte kein Interesse daran, zur High Society Londons zu gehören. Ganz im Gegensatz zu ihrer Mitbewohnerin Vera, die dafür über Leichen gehen würde. Überglücklich, dass sie Karten für die Eröffnung des neuen Promi-Nightclubs in London ergattert hatte, fragte sie Cinnia, ob sie sie begleiten würde.

„Ich habe ihm von deinem Titel erzählt“, sagte Vera. „Nur deshalb hat er zugestimmt, dass wir kommen können.“

„Der Titel, der meinem Großonkel gehört, den ich jedoch nie kennengelernt habe.“

„Vielleicht habe ich ein bisschen übertrieben, wie gut du ihn kennst. Aber ich habe ihm auch von dem alten Diadem deiner Großmutter erzählt. Und da sein Motto 20er Jahre lautet und es einen entsprechenden Dresscode gibt, hat er gesagt, dass er uns gern als Gäste dabei haben will. Wir sollen als Erste auf die Tanzfläche gehen, die Stimmung ein bisschen anheizen … so etwas in der Art.“

Cinnia wollte eigentlich nicht. Ihr Job ließ ihr nur am Wochenende Zeit dazu, ihre eigenen Pläne voranzutreiben. Sie hatte sich den September als Ziel gesetzt, und es gab noch vieles, das sie bis dahin erledigen musste.

„Du arbeitest zu viel“, stöhnte Vera. „Sieh es doch als Chance, unter all den Prominenten dort potentielle Kunden zu treffen.“

„Aber so funktioniert das nicht.“

Cinnias Mutter hingegen sah das ganz anders, als sie mit ihr telefonierte und bat: „Sag mir, dass ich das Diadem nicht tragen darf, dann kann ich Vera erzählen, dass es zwecklos ist.“

„Unsinn. Wir holen auch mein Kleid vom Speicher. Es wird Zeit, dass beides wieder einmal von Nutzen ist.“

„Als wir pleite waren, hast du dich geweigert, das Diadem aus dem Bankschließfach zu holen, damit ich es verkaufen kann. Und jetzt erlaubst du mir, es in einem Nachtklub zu tragen?“, fragte Cinnia misstrauisch.

„Dafür habe ich es doch aufbewahrt, damit ihr Mädchen es zu einer besonderen Gelegenheit tragen könnt. Geh hin und vergnüge dich. Bestimmt sind auch ein paar nette Männer dort.“

„Du meinst wohl, reiche Ehemänner? Die werden nicht an der Bar verkauft, Mum.“

„Natürlich nicht. Aber Möglichkeiten gibt es immer“, fügte sie scharf hinzu.

Ihre Mutter drängte sie ständig, sich einen reichen Mann zu angeln. Und dafür gab es einen Grund. Die Whitleys entstammten einem alten Adelsgeschlecht. Doch das blaue Blut war durch helles Bauernblut verwässert worden. Aber Mill y Whitley wollte die Hoffnung nicht aufgeben, dass ihre Töchter eine gute Partie machten. Dann könnten die Whitleys wieder zu dem vornehmen Leben zurückkehren, an dem sich alle erfreut hatten, bevor Mr. Whitley gestorben und sein fragiles finanzielles Kartenhaus in sich zusammengefallen war.

„Und ich wage zu behaupten, dass du einen Verehrer aus besseren Kreisen finden könntest, statt die mittellosen Studenten, mit denen du sonst daherkommst“, fügte ihre Mutter verschnupft hinzu.

Das Einzige, was sie brauchten, war ein stinkreicher Mann.

Oder sie suchten sich alle einen anständigen Job wie jeder normale Mensch, wie Cinnia immer wieder erklärte.

Was ihre beiden mittleren Schwestern als Blasphemie betrachteten.

Priscilla, eine ihrer jüngeren Schwestern, war Model. Auch wenn sie sehr hübsch war, hatte sie den großen Durchbruch noch nicht geschafft. Sie würde nur ein besseres Porträtbild, ein neues Outfit oder eine neue Frisur brauchen, dann würde es mit ihrer Karriere steil bergauf gehen, versicherte sie ihnen ständig. Ihre Lehre als Friseuse zu beenden oder etwas anderes Nützliches zu tun würde sie nur davon abhalten.

Nell, ihr atemberaubendes kleines Partygirl, brauchte keinen Job. Bereits jetzt bekam sie von ihren Verehrer alles, was sie brauchte. Irgendwann würde sie einen großen Fisch an Land ziehen, davon war sie überzeugt. Cinnia wäre schon froh, wenn Nell so lange in der Schule bleiben würde, bis sie ihren Abschluss gemacht hatte – ohne vorher schwanger zu werden.

Gott sei Dank besaß Dorry, die eine Leseratte war, Verstand genug und benutzte ihn auch. Ihre jüngste Schwester hatte schon als Babysitterin gearbeitet, kaum war sie in der Lage gewesen, Nasen abzuwischen. Zurzeit arbeitete sie in einem Imbisswagen, was ihrer Mutter überhaupt nicht gefiel. Dorry lebte sehr sparsam und legte all ihr Geld zurück. Cinnia war sicher, dass ihre kleinste Schwester die anderen über Wasser halten würde, sollte ihr selbst einmal etwas zustoßen.

Wobei sie versuchte, Dorry diese Aufgabe nicht aufzubürden. Nachdem sie ihrer Mutter geholfen hatte, einen Rechtsstreit wegen ausstehender Schulden zu gewinnen, hatte Cinnia Interesse an Nachlassplanung entwickelt.

Ihre Mutter meinte, dass sie genauso gut Bestatterin sein könnte.

Und Vera sagte: „Erzähl keinem Mann, den wir anbaggern, womit du deinen Lebensunterhalt verdienen willst. Außer wir wollen sie loswerden.“

Cinnia hatte kein Interesse daran, Männer kennenzulernen, so wie Vera. Dass ihre Mutter nichts gelernt hatte, auf das sie hätte zurückgreifen können, war ihr Untergang gewesen. Millys einzige Qualifikation bestand darin, Studenten als Untermieter in ihrem großen Haus aufzunehmen. Auch wenn es ihr peinlich war, konnte sie so wenigstens ihre Rechnungen bezahlen. Wenn jemand sie darauf ansprach, stellte sie es so dar, als würde es ihr Spaß machen, von jungen Menschen umgeben zu sein.

Cinnia war entschlossen, es nie so weit kommen zu lassen. Sie verdiente bereits ihren eigenen Lebensunterhalt, und auch wenn sie wusste, dass es riskant war, ein Unternehmen aufzubauen, war sie fest entschlossen, ihr eigener Boss zu werden.

Während sie und Vera sich gerade mit einem langweiligen Musiker und einem schrulligen Millionär unterhielten, dachte sie mal wieder darüber nach, wie sie einen Kundenstamm aufbauen könnte. Die Männer waren unverschämt reich und genauso schüchtern. Aus diesem Grund war wohl die quirlige Vera herbestellt worden, um Männer wie die beiden aufzulockern.

Der Nightclub befand sich in einer restaurierten Fabrikhalle, modernisiert mit Stahl, Glas und moderner Kunst. Der Eventbereich war offen bis zur obersten Etage, sodass die Halle luftig wirkte, trotz der vielen Menschen, die in stylischen Loungesesseln saßen oder um die Tanzfläche herum standen.

Die Tische waren aufwändig dekoriert, und überall sah man Federboas und falsche Pelze. Die Beleuchtung war in einem sinnlichen Rot gehalten und verlieh den Gesichtern einen warmen Glanz. Der DJ spielte alten Jazz, während ein Rausschmeißer die Treppe bewachte, die zu einer Galerie im obersten Stock führte. Als sie angekommen waren, hatten sie einen Blick in die superschicken Suiten werfen können, die für die exklusivsten Gäste reserviert waren.

Cinnia beeindruckte weder Geld noch Berühmtheit, aber sie würde gerne einige dieser Superreichen als Kunden gewinnen. Doch leider waren die Menschen, die so viel Geld besaßen, nicht an einer Zusammenarbeit mit einer blutigen Anfängerin interessiert. Sie hatte geahnt, dass dieser Abend reine Zeitverschwendung sein würde.

Bis sie ihn sah.

Ober besser gesagt, sie. Die männlichen Sauveterre-Zwillinge. Zwei unglaublich attraktive Männer, die oben an der Treppe erschienen und einen Blick nach unten warfen.

Ihr Herz setzte einen Schlag aus.

Cinnia war erstaunt, sie persönlich zu sehen. Und natürlich auch neugierig. Sie war elf gewesen, als deren Schwester gekidnappt worden war, alt genug, um die Geschichte zu verfolgen, so wie unzählige andere Menschen. Ihr Schicksal hatte sie damals sehr betroffen gemacht. Noch heute zog sich ihr Herz zusammen, wenn sie daran dachte.

Die Familie tauchte seitdem immer wieder in den Magazinen, der Klatschpresse und im Internet auf. Deshalb wusste sie, wie umwerfend Ramon und Henri Sauveterre aussahen.

Sie hatten beide dunkle kurze Haare und trugen die gleichen schwarzen Filzhüte. Während alle anderen Männer in schlabbrigen Nadelstreifenanzügen und roter Krawatte erschienen waren, hatten die Zwillinge sich für schwarze Hemden, die Ärmel aufgerollt, hoch geschnittene schwarze Hosen mit Hosenträgern und weiße Krawatten entschieden.

Die perfekt geschnittene Kleidung betonte ihre breiten Schultern und die schmalen Hüften. Sie sahen aus wie echte Gangster aus den 20er Jahren, deren Blicke töten konnten.

Beide wirkten eiskalt, die Hände in den Hosentaschen, während sie auf die Menge hinabsahen.

Plötzlich wandte einer den Kopf in ihre Richtung, als hätte er bemerkt, dass sie ihn angestarrt hatte. Ihre Blicke trafen sich.

Cinnias Herz machte einen Satz.

Da ist er, mein reicher Ehemann, Mum. Bei dem Gedanken musste sie lächeln.

Er legte ein wenig den Kopf schräg und nickte kurz. Ein dezentes Hallo.

„Wen hast du entdeckt?“, fragte Vera, folgte Cinnias Blick und flüsterte dann leise: „Oh mein Gott!“

Langsam gingen die Männer die Treppe hinunter zur Tanzfläche. Cinnia versuchte, sich wieder zu fassen, obwohl eigentlich nichts passiert war. Aber warum kochte dann ihr Blut?

„Wir müssen sie kennenlernen“, seufzte Vera.

„Pst.“ Cinnia zwang sich, wieder den Schnulzensänger anzusehen. Sie und Vera sollten sich eigentlich unter die Leute mischen und Smalltalk machen. „Braucht jemand noch einen Gin Rickey?“, fragte sie deshalb die Gäste.

Auf keinen Fall würde sie sich umsehen, um herauszufinden, ob er sie wieder ansah. Warum sollte er auch? Trotzdem fühlte sie sich wie ein junges Mädchen, dessen erster Schwarm eben den Raum betreten hatte. Sie wusste genau, wo er gerade war, während sie in der nächsten halben Stunde ziellos durch den Club streiften.

Schließlich beugte Vera sich zu ihr. „Sie sind an der Bar. Lass uns hingehen, damit sie uns bemerken.“

„Vera.“

„Vielleicht können wir kurz Hallo sagen. Außerdem werden bald alle an die Bar strömen, wenn es Zeit ist anzustoßen. Also sollten wir uns jetzt einen neuen Drink holen, den wir mit nach draußen nehmen können, wenn das Feuerwerk beginnt.“

Cinnia und Vera merkten schnell, dass sie abgedrängt wurden, als sie versuchten, sich der Bar zu nähern. Also gingen sie zur Treppe, wo sich nicht so viele aufhielten, und lauschten dem Klubbesitzer, der eine kurze Begrüßungsrede hielt und sich bei den Gästen für ihr Kommen bedankte.

Wobei nur Cinnia ihm ihre Aufmerksamkeit schenkte, während Vera sich schon wieder nach potentiellen Kandidaten umsah.

Vera würde mit jedem flirten. Sie war hübsch, hatte eine umwerfende Figur und wurde umschwärmt von Männern, wo immer sie auch hingingen. Sie hatten sich an der Uni kennengelernt, und Vera war loyal, witzig und fürsorglich.

Cinnia war zwar nicht so kurvig wie Vera, doch auch ihr sahen die Männer hinterher, fasziniert von ihren blonden Locken und den feinen Gesichtszügen. Sie wusste, dass Vera auch an diesem Abend mit irgendeinem Mann nach Hause gehen würde. Ihre Freundin verbrachte ihre Nächte oft mit Männern, die sie kaum kannte. Cinnia hingegen war froh, wenn sie wieder allein in ihrer Wohnung war.

Der Klubbesitzer kündigte nun an, dass sie bald mit dem Feuerwerk beginnen würden.

„Es wäre schön, wenn wir ein paar Männer finden, die uns einen Drink spendieren.“

Typisch Vera. Sie hatte in scherzhaftem Ton gesprochen, weil sie wusste, dass Cinnia strikt dagegen war. Denn sie war der Meinung, Frauen sollten selbständig sein und sich nicht von Männern abhängig machen.

In diesem Moment erklang eine männliche Stimme hinter ihnen. „Die Damen? Wollten Sie gerade nach oben gehen?“

Henri entdeckte die Blondine, als sie in Richtung Treppe gingen. Sie hatte ein klares Profil und eine anmutige Figur, die in einem mit Perlen verzierten Kleid steckte, von dem seine Schwestern sicher begeistert wären. Sie liebten Mode, aber auch er erkannte, wenn etwas Qualität hatte.

Alles an dieser Frau war von zurückhaltender Eleganz. Und sie besaß eine selbstverständliche Weiblichkeit und Intelligenz.

Dass sie ihm eben zugelächelt hatte, war nichts Neues für ihn. Die Leute starrten ihn immer an, so wie auch jetzt, als die Köpfe sich zu ihm umdrehten. Normalerweise ignorierte er die Blicke, doch sie hatte er eine halbe Minute angesehen. Warum auch nicht? Sie war wunderschön, hatte schlanke Beine und einen sexy Po.

„Darf ich Sie begleiten?“, schlug er vor.

Dann entfernte er die Kette, die den Zugang zur Treppe versperrte, ohne sich bei dem Rausschmeißer auszuweisen. Alle kannten sie vom Sehen.

„Die Damen?“, erklang jetzt auch Ramons Stimme, der auf die Brünette aufmerksam geworden war. Auch wenn sie ständig zur Zielscheibe von geldgierigen Frauen wurden, hatten sie gelernt, sich davor zu schützen. Was nicht hieß, dass sie nicht ab und zu ihren Spaß haben konnten.

Die Brünette lächelte. „Wir wollten gerade nach oben.“ Sie nickte zuversichtlich, obwohl alle wussten, wer hier Zutritt hatte und wer nicht. Dann stupste sie die Blondine an.

Die jetzt verlegen wirkte.

Die Musik setzte wieder ein, und Henri hatte den Wunsch, den Lärm und die Menge hinter sich zu lassen.

Misstrauisch sah die Blondine erst ihn an und dann seinen Bruder. Henri hatte das Gefühl, sie wollte herausfinden, wer ihr vorhin zugenickt hatte.

Er und Ramon stritten sich nicht wegen einer Frau. Was auch sinnlos wäre, da beide nicht auf langfristige Beziehungen aus waren. Dass die Blondine sich jedoch für Ramon entscheiden könnte, gefiel ihm nicht.

„Sie können das Feuerwerk von unserer Suite aus ansehen“, meinte Ramon. „Das würde mich davor bewahren, ständig in mein Gesicht blicken zu müssen.“

„Warum sollten Sie Ihren Bruder ansehen, wenn Sie das Feuerwerk beobachten?“, fragte die Brünette und klimperte mit den Wimpern. „Wenn Sie sich nicht genau gleich anziehen würden, hätten Sie vielleicht auch nicht das Gefühl, mit Ihrem Spiegelbild zu reden.“

„Es ist keine Absicht.“ Ramon bot ihr seinen Arm, um sie die Treppe hinauf zu begleiten. „Es passiert einfach, auch wenn die halbe Weltkugel uns trennt.“

Schnell waren die beiden oben auf der verschatteten Galerie verschwunden.

Die Blondine sah ihrer Freundin hinterher, entspannte sich dann und leckte sich über die Lippen, als sie jetzt Henri ansah.

Henri blickte auf ihren Mund. Die vollen, rosigen Lippen wirkten sehr einladend, und er stellte sich vor, sie zu küssen.

„Sollen wir?“

Sie gingen die Treppe hinauf.

Es war nicht das erste Mal, dass er und sein Bruder Frauen abschleppten. Ein sehr attraktives Äußeres, und das gleich zweimal, dazu Unmengen an Geld und Berühmtheit machten sie zu sehr gefragten Begleitern.

„Stimmt das?“, fragte die Blondine. „Dass Sie sich immer gleich anziehen, nicht nur heute Abend?“

„Ja.“ Henri hasste es, über sich zu sprechen, und noch mehr missfiel ihm, über seine Familie zu reden. Aber ihre Kleidung war eine harmlose Kleinigkeit, die Fremde gerne hörten.

Er nahm ihren Arm und beugte sich vor, um ihr ins Ohr zu flüstern. Es gefiel ihm, wie ihr seidiges Haar sein Gesicht berührte, während er ihren Duft nach Rosen und Frau einatmete.

„Wenn jemand von uns sich mal umzieht, um andere Kleidung zu tragen, schüttet er unweigerlich etwas darüber und muss wieder sein ursprüngliches Outfit anziehen.“

„Sie machen Witze.“

Er tat ihre Skepsis mit einem Schulterzucken ab. Sie hatten ganz unterschiedliche Persönlichkeiten, konkurrierten sehr stark miteinander, verfolgten jedoch ähnliche Gedanken und kamen dann unweigerlich zum gleichen Ergebnis.

„Ich heiße Cinnia. Whitley.“ Sie streckte ihm die Hand hin, nachdem sie oben angekommen waren.

„Henri.“ Ihre Haut fühlte sich so weich an, wie sie aussah, und war wärmer, als ihre Blässe vermuten ließ. Für eine Frau hatte sie einen festen Griff. Er wollte sie nicht loslassen, doch sie entzog ihm die Hand wieder und sah sich nach Guy um, der ihnen gefolgt war. Dann warf sie einen fragenden Blick auf Oscar, der vor ihnen ging und der bereits die Suite betreten hatte, wo Ramon mit ihrer Freundin wartete.

„Haben Sie Bodyguards?“

„Ist nur eine Vorsichtsmaßnahme.“ Sie folgten ihnen in die Suite.

Während Oscar den Raum inspizierte, nahm Guy sein Handy heraus und sandte eine kurze Anfrage ab – bei der es um den Background der beiden Frauen ging. Henri stellte sich inzwischen der Brünetten vor und erfuhr, dass sie Vera Phipps hieß. Eine Information, die Guy sofort aufnahm.

Abgesehen davon, dass sie sich wohl lieber auf die Brieftasche von Männern als auf ihre eigene verließen, hielt Henri beide Frauen für harmlos. Vera warf Cinnia einen Blick zu, der besagte „Hauptgewinn“, als ein Butler erschien, um ihre Bestellung aufzunehmen. Dann sah sie sich um, fuhr mit dem Finger über das Sofa und die Sessel und trat dann auf den Balkon, um etwas frische Luft zu schnappen.

Schnell kam sie zurück, um sich eine der Taschen mit exklusiven Sponsorengeschenken vom Beistelltisch zu nehmen. „Oh! Eine goldene. Alle anderen bekommen nur silberne. Und so viel größer.“

„Das höre ich oft“, gab Ramon mit einem Grinsen zurück, sodass Vera heiser auflachte.

Autor

Dani Collins
<p>Dani Collins verliebte sich in der High School nicht nur in ihren späteren Ehemann Doug, sondern auch in ihren ersten Liebesroman! Sie erinnert sich heute immer noch an den atemberaubend schönen Kuss der Helden. Damals wurde ihr klar, dass sie selbst diese Art von Büchern schreiben möchte. Mit 21 verfasste...
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