Scheinverlobung mit dem Milliardär

– oder –

Im Abonnement bestellen
 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

"Was willst du von mir?", fragte sie spöttisch. "Frag mich das noch einmal, wenn du bereit bist, dir die Antwort anzuhören!" Isidora ist außer sich! Ihr Boss Ramon Sauveterre hält während einer Pressekonferenz um ihre Hand an. Sie ahnt, warum er dieses gefährliche Spiel spielt: Er will die Aufmerksamkeit von seiner labilen Schwester lenken, um sie vor verleumderischen Schlagzeilen zu schützen! Aber dass Isidora nun seinen Brillantring tragen soll, obwohl von Liebe keine Rede sein kann? Oh nein. Ramon ist skrupellos und arrogant! Leider ist er aber auch der einzige Mann auf der Welt, der sie mit einem Blick aus seinen grünen Augen schwach werden lässt …


  • Erscheinungstag 08.05.2018
  • Bandnummer 2335
  • ISBN / Artikelnummer 9783733710132
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Isidora Garcia sah nicht hoch, als ihr Boss das Büro betrat, auch wenn sie ein wenig überrascht war, dass er hier in Paris war. Er war vor Kurzem Vater geworden, doch wenn es bei einer seiner Schwestern Schwierigkeiten gab, besonders bei Trella, griff er, ohne zu zögern, ein.

„Ich habe es eben gesehen“, versicherte sie ihm. „Ich schreibe gerade eine E-Mail …“

Sie stockte, als ihr Körper plötzlich prickelte und ihre Hände feucht wurden.

Jetzt wusste Isidora, dass es gar nicht ihr Boss Henri Sauveterre war, der auf sie zutrat, sondern sein Zwillingsbruder, Ramon.

Ein Anflug intensiver Verletzlichkeit durchzuckte sie. Verräterisch. Quälend.

Sie verdrängte den Gefühlsausbruch und verbarg ihn hinter einem vorgetäuscht kühlen Blick, den sie dem Mann zuwarf, der genauso aussah wie der, der sie dazu überredet hatte, diese Stelle anzunehmen. Auf ihre eigene Art waren sie beide rücksichtslos, aber Henri war wenigstens nicht grausam.

„Ich wusste nicht, dass du in Paris bist.“ Ihre Stimme klang fest genug, sodass nicht auffiel, dass ihre Kehle wie zugeschnürt war.

Genau wie Henri trug Ramon einen modischen Kurzhaarschnitt, stylte ihn jedoch etwas verwegener. Seine eindrucksvoll ansehnlichen Gesichtszüge wirkten markant. Und seine typischen Sauveterre-Augen schimmerten grün, wenn er amüsiert war, im entgegengesetzten Fall grau.

An diesem Morgen hatte seine Iris einen Farbton zwischen Schiefer und Asche, bei dem sich ihr Magen zusammenzog. Sein sinnlicher Mund war nur ein schmaler Strich. Die muskulöse Figur in dem maßgeschneiderten Anzug wirkte verspannt, als er sich mit den Händen auf ihrem Schreibtisch abstützte und sich vorbeugte, um sie zur Rede zu stellen.

„Warum machst du nicht deinen Job?“

Bei seinem barschen Ton schoss Adrenalin durch ihre Adern.

Sie hasste sich dafür, dass sie immer noch so sensibel auf jedes seiner Worte reagierte. Auf ihn, mit seiner Überlegenheit, dem Anflug von Opportunismus und einem völligen Mangel an Gewissen. Sie wollte ihn hassen. Sie hasste ihn auch. Trotzdem blieb sie anfällig. Im Grunde war es noch schlimmer geworden, jetzt, da sie wusste, wie brutal er sein konnte. Als sie noch jung und naiv gewesen war, hatte sie wenigstens keine Angst vor ihm gehabt.

Sie riss sich zusammen und versuchte, ihre Furcht zu verbergen, indem sie einen beiläufigen Blick auf den Computerbildschirm warf. Doch das, was sie geschrieben hatte, verschwamm vor ihren Augen. Sie deutete auf die Tastatur und bemühte sich, lässig zu klingen. „Ich bin gerade dabei. Wenn du mich nicht unterbrochen hättest, dann hätte ich mit meiner Arbeit weitermachen können.“

Sie schaffte es, gelassen zu klingen, auch wenn ihre Hand zitterte.

Denn obwohl sie Angst und Hass verspürte, fand sie ihn immer noch unwiderstehlich.

„Was könntest du in diesem Stadium denn überhaupt noch machen?“, maulte er. „Die Katze ist aus dem Sack. Weshalb hast du das nicht verhindert?“

„Dass deine Schwester schwanger ist?“ Ihr Puls schlug heftig, als sie seinem Blick begegnete, doch sie schaffte es, ihren Mund zu einem sarkastischen Lächeln zu verziehen. „Das fällt nicht in meinen Zuständigkeitsbereich. Ich habe drei Mal mit ihr gesprochen und ihr vorgeschlagen, die Neuigkeit kontrolliert durchsickern zu lassen. Sie hat es vorgezogen, kein Wort zu sagen.“

„Dann hättest du noch ein viertes Mal mit ihr sprechen sollen. Und ein fünftes Mal. Dein Vater hatte die nötigen Kontakte, um so etwas unter Verschluss zu halten. Warum du nicht?“

Ihr blieb das Herz stehen. Oh nein, er würde doch wohl nicht ihre Eltern ins Spiel bringen? Das wäre ein sehr gefährliches Terrain.

„Selbst mein Vater kann nicht jede Person mit Internetzugang kontrollieren. Das Foto wurde von einer Frau gepostet, die ihre Mutter im Krankenhaus besucht hat. Du bist mit Trella selbst dorthin gefahren – in diesem Wagen, der jedem auffällt. Natürlich waren die Leute neugierig, wer aussteigen würde.“

Sie unterstrich ihre Worte mit einem Blick, der besagte: „Übernimm zur Abwechslung auch mal ein bisschen Verantwortung.“

„Die schmierigen Reporter haben nur deshalb so lange gebraucht, auf ihren Babybauch hinzuweisen, weil es ihnen zu viel Spaß gemacht hat, sie anzuprangern, ein paar Pfund zugelegt zu haben.“ Als ihr einfiel, dass seine Schwägerin vor ein paar Tagen Zwillinge zur Welt gebracht hatte, fragte sie: „Wie geht es Cinnia und den Babys?“

„Gut.“ Er stieß sich vom Schreibtisch ab und wirkte nun sehr zurückhaltend. Er und seine Geschwister reagierten auf Fragen über ihre Familie immer sehr distanziert.

Die Sauveterre-Zwillinge Henri und Ramon waren seit jeher ein beliebtes Thema in der Klatschpresse. Als Nachkommen eines französischen Tycoons und einer spanischen Aristokratin faszinierten sie die Menschen durch ihr gleiches Aussehen und ihren luxuriösen Lebensstil. Als dann auch noch zweite Zwillingspaar, Angelique und Trella, zur Welt gekommen war, schien die Begeisterung grenzenlos.

Ein Schicksalsschlag neun Jahre später veränderte das Leben der gesamten Familie bis heute: Trella wurde gekidnappt. Zwar kam sie wieder frei, doch anstatt der Familie die Möglichkeit zu geben, das Geschehene zu verarbeiten, hatten die Medien sich auf jeden noch so kleinen Schritt, den sie machten, konzentriert. Der Vater hatte dem Druck nicht standhalten können und war früh verstorben, bis heute litten alle unter den traumatischen Verhältnissen.

Angelique – von der Familie Gili genannt – schien trotzdem ein wenig Glück gefunden zu haben. Sie hatte sich gerade heimlich mit dem orientalischen Prinzen Kasim verlobt; das hatte die Familie gemeinsam in Spanien gefeiert.

Doch die Verlobungsfeier hatte ein abruptes Ende gefunden, als Cinnia wegen vorzeitiger Wehen ins Krankenhaus gebracht werden musste.

Trella war in Ramons unverkennbaren Bugatti Veyron gesprungen, um mit ihm dem Krankenwagen hinterherzurasen. Mit dem Pur Sang, der Millionen wert war und von dem es nur eine begrenzte Stückzahl gegeben hatte, war er nicht zufrieden gewesen und hatte sich einen nach seinen eigenen Vorstellungen umgestalten lassen.

Aus Sorge um Cinnia war Trella hastig aus dem Wagen gestiegen, ohne sich Gedanken darum zu machen, dass sie erkannt werden würde.

Jeder zufällige Schnappschuss eines Sauveterre verbreitete sich rasend schnell. Und wenn es dann noch einer war, bei dem die Leute sich über eine heimliche Schwangerschaft und die Identität des Vaters den Kopf zerbrechen konnten …? Solch eine Sensation konnte man nicht aufhalten.

Isidora wusste all das, weil sie mit den Mädchen aufgewachsen war. Ihr Vater hatte für Monsieur Sauveterre gearbeitet. Sie hatte mit den Mädchen Teepartys veranstaltet, bevor Trella entführt worden war, und war auch jetzt noch mit ihnen befreundet. Sie hatte die beiden sehr gern und wollte nur das Beste für die ganze Familie.

Genau deshalb hatte Henri sie engagiert. Er vertraute ihr in Bezug auf seine Schwestern und auf die heiklen PR-Mitteilungen, die die Familie betrafen. Kürzlich hatte sie eine Erklärung herausgeben müssen, dass er und Cinnia noch im Krankenhaus in Anwesenheit ihrer neugeborenen Töchter geheiratet hatten.

Doch für Ramon hatte diese Freundschaft keine Bedeutung. Für ihn war sie eine Außenseiterin, der nichts anderes als Kritik und ein Klaps zustanden. Gebongt.

Es tat nicht weh. Sie war schon lange darüber hinweg, sich danach zu sehnen, dass er ihr positive Beachtung schenkte.

„Ich hatte gehofft, du wärst Henri.“ Aus tausend Gründen. „Ich wollte vorschlagen, dass wir das Familienporträt mit Cinnia und den Babys eher machen als geplant, weil ich von Anfragen überschwemmt werde. Wenn die Fotos veröffentlicht werden, konzentrieren sie sich vielleicht nicht mehr auf Trella.“

„Aber sicher. Die unschuldigen Kinder meines Bruders sollten sich aufopfern, bevor sie noch eine Woche alt sind.“

Sie versuchte nur zu helfen. Isidora schluckte den dicken Kloß herunter, der hinter ihrem Brustbein saß, stand auf und brachte einen Ordner zu einem Schrank in der Ecke, um Abstand zu ihm zu gewinnen. „Hast du einen anderen Vorschlag?“

„Ja.“

Oh je, wie sehr sie diese anmaßende Haltung hasste. Hätte ihr Vater sie nicht beschwatzt, Henri ihr nicht eine anstößig hohe Summe Geld geboten, würde sie Trella und Angelique nicht anbeten und jetzt auch Cinnia, und hätte sie nicht genauso wie Henri den Wunsch, ihre Freunde zu beschützen, dann würde sie diesen Job jetzt hinwerfen. Selbst dieses kleine bisschen an Interaktion mit Ramon war zu viel.

„Ich bin ganz Ohr“, sagte sie, ohne sich umzudrehen. Sie schob den Ordner in den Schrank und spürte ein Brennen an ihrem Rücken. Er starrte doch sicher nicht auf ihren Po? Bewusst versuchte sie, sich nicht zu verspannen, denn sie musste ihm widerstehen. Mit diesem Mann war sie wirklich fertig!

„Organisiere eine Pressekonferenz“, sagte er. „Ich werde verkünden, dass ich mich vom Rennsport zurückziehe.“

Isidora hatte den aufregendsten Hintern, den er je gesehen hatte – und er kannte sich aus.

Als sie sich umdrehte, ein Arm noch oben auf dem Aktenschrank, sodass ihre Bluse sich spannte, warf er auch ihren Brüsten einen anerkennenden Blick zu, ehe er in ihr erstauntes Gesicht sah.

Kastanienbraune Brauen umrahmten braune Augen. Ihre Wimpern mit den goldenen Spitzen waren dicht und lang. Ihr schimmerndes Haar, früher von einem hellen Kupfer, als sie noch ein Kind gewesen war, hatte jetzt den Farbton von schwerem Burgunderwein und war mit einer Spange zurückgesteckt. Er konnte nicht anders, als sich vorzustellen, wie es offen um ihre hohen Wangenknochen fiel. Sie trug wenig Make-up, denn ihre Haut hatte ohnehin einen rosigen Schimmer, und ihre vollen Lippen mussten nicht betont werden.

Normalerweise ging er mit Schönheiten aus, und wenn es zu einer Affäre kam, bevorzugte er unkomplizierte Frauen, die darüber hinaus kein Interesse an ihm hatten. Es war für ihn in Ordnung, dass sie in ihm eine Trophäe sahen. Er schenkte ihnen so viel Vergnügen wie möglich, danach gingen beide auseinander, vollkommen befriedigt und ohne Schaden genommen zu haben.

Isidora hatte nie so etwas Einfaches angeboten. Früher, als sie ihn wie einen Helden verehrt hatte, war klar geworden, dass sie Sehnsüchte und Erwartungen hegte, die er nie würde erfüllen können. Vor fünf Jahren hatte er ihr einen sehr großen Gefallen getan, indem er sie hatte glauben lassen, mit ihrer Mutter geschlafen zu haben. Diese jugendliche Verliebtheit hatte ein Ende finden müssen.

Aus diesem Grund hasste sie ihn immer noch zutiefst. Von einem Tag auf den anderen hatte sie aufgehört, ihren Vater ins Büro oder zu Ramons Rennen zu begleiten. Seine Schwestern besuchte sie zwar weiterhin, entschuldigte sich aber bei jeder Party, zu der die Sauveterres sie einluden. Während sie ihren Abschluss in Public Relations machte, bekam sie etliche Jobangebote im Ausland. Wenn Ramon ihr bei seltenen Gelegenheiten über den Weg lief, hatte sie immer so schnell wie möglich den Raum verlassen.

Deshalb hatte er ihre Rückseite immer so eingehend betrachten können.

Ihre Verachtung hatte er schließlich im letzten Jahr zu spüren bekommen, als er sie bei der Party zum fünfundsechzigsten Geburtstag ihres Vaters getroffen hatte. Isidora war erwachsen geworden, ein strahlender Stern in einem saphirblauen Kleid. Sicherlich hatte sie ihre kindliche Schwärmerei inzwischen so weit überwunden, dass sie die Wahrheit vertragen und ihre Wut vergessen könnte.

„Ich möchte das Kriegsbeil begraben“, sagte er, nachdem er sie zu einem Walzer aufgefordert hatte. „Lass uns irgendwohin gehen, wo wir allein sind, damit wir die Sache bereinigen können.“

„So bezeichnest du das also jetzt? Du willst das Kriegsbeil begraben?“ Sie klang frostig. „Danke, nein.“ Sie ließ ihn stehen, bevor der Tanz vorbei war.

Er war zu dem Schluss gekommen, dass sie sich immer noch kindisch benahm, doch zumindest hatte er nun ihre Aufmerksamkeit.

„Du willst dich aus dem Rennsport zurückziehen“, wiederholte sie jetzt ungläubig.

Si.“ Das war das Mindeste, was er für seine Familie tun konnte.

„Aber du gewinnst immer noch. Deine Fans werden enttäuscht sein.“

„Ich habe genügend Ruhm geerntet und genug Geld gemacht.“

„Aber … du liebst das Rennen. Oder nicht?“ Sie schloss den Aktenschrank und drehte sich zu ihm um, ihr Gewicht auf ein Bein verlagert, sodass ein Knie aus dem Schlitz in ihrem Rock lugte.

Sie ist definitiv kein Kind mehr, sagte ihm seine Libido.

„Es ist nur ein Hobby.“ Psychologen würden sagen, dass er mit seinem Drang nach Geschwindigkeit nur kompensierte, dass er Trella nicht mehr hatte einholen können, als sie gekidnappt wurde. Zu Anfang mochte das richtig gewesen sein, doch er war wirklich fasziniert von den leistungsstarken Motoren, und er liebte den Wettkampf. Trotzdem … „Ich habe schon eine ganze Weile darüber nachgedacht. Ich werde mein Team weiter sponsern und bleibe ihm so erhalten.“ Genau das würde er auch der Presse an diesem Nachmittag sagen.

„Das scheint mir ziemlich übertrieben. Trellas Schwangerschaft kann nicht länger verheimlicht werden.“

Er verschränkte die Arme, denn er war es nicht gewohnt, seine Entscheidungen irgendjemandem gegenüber zu verteidigen. „Ich habe mich entschlossen, es jetzt zu verkünden, um von den Gerüchten über sie abzulenken. Aber das Rennen aufzugeben ist ohnehin notwendig. Henri kann jetzt nicht mehr so oft verreisen wie sonst.“

Er und Henri leiteten gemeinsam Sauveterre International. Henri hatte sich für die Arbeit entschieden, um sich geistig abzulenken. Ramon hatte sich zwar nie vor seiner Verantwortung gedrückt, aber er hatte auch kein schlechtes Gewissen, seinem Bruder einen Teil davon zu überlassen, wenn er ein Rennen fuhr.

Doch Henri hatte jetzt andere Sorgen. Und Ramon war mehr als bereit einzuspringen, damit sein Bruder sich um seine junge Familie kümmern konnte.

„Dann hast du das also schon seit Längerem geplant?“

„Ich wusste, dass meine Rolle sich verändern würde, wenn die Babys erst da sind.“

„Wir wussten alle, dass du dieses Büro übernimmst, damit Henri nach Madrid ziehen kann. Aber ich denke, keiner hat damit gerechnet, dass du das Rennfahren aufgibst.“

„Wir hatten geplant, all das nächsten Monat zu verkünden. Aber da die Babys früher gekommen sind, haben wir den Zeitplan geändert. Ich werde heute mit der Umstrukturierung beginnen. Und bei dir fange ich an.“

Ihre Augen weiteten sich. „Bei mir? Ich habe eine Versetzung nach Madrid beantragt.“

„Du bleibst hier.“ Dies zu sagen sollte ihm wahrscheinlich nicht so viel Spaß machen, aber er fand es sehr befriedigend. „Meine Schwestern sind mit mir nach Paris gekommen. Sie haben einiges im Maison des Jumeaux zu regeln, bevor Angelique geht. Ihre Verlobung wird bald offiziell verkündet, und es gibt ein paar Dinge wegen Kasims Familie, die dein Taktgefühl erfordern.“

Schnell senkte Isidora die Lider, damit er nicht sah, dass ein Anflug von Angst in ihren Augen lag. Nein, es war keine Angst. Wut? Aber warum? Die Bemerkung über ihr Taktgefühl war nicht ironisch gemeint. Sie war sehr gut in ihrem Job, sonst hätte sie diese Stelle nie bekommen.

Da er jedoch nicht die Angewohnheit hatte, das Ego eines anderen zu streicheln, fuhr er einfach fort. „Damit Trella nicht länger im Rampenlicht steht, werde ich alles tun, um mit meiner Rücktrittserklärung die Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen. Du wirst dich um all das kümmern, auch um die Presseinformationen über die Umstrukturierung.“

„Das kann ich auch aus der Ferne.“ Sie verschränkte die Arme, ihre Haltung steif und abwehrend. Ihr Gesicht war zum Fenster gewandt. Die Jalousien hielten den Großteil der Juli-Sonne ab und versperrten auch die grandiose Aussicht auf die Seine. „Ich werde mit Henri sprechen …“

„Er hat gerade Zwillinge bekommen, Isidora. Er arbeitet so wenig wie möglich und meistens von zu Hause aus, damit er sich an seinen Kindern erfreuen und seine Frau unterstützen kann. Henri ist nicht allein dein Arbeitgeber, sondern wir beide. Und diesen Punkt haben wir gemeinsam beschlossen.“

„Ihr habt also unter euch ausgemacht, meine Versetzung abzulehnen? Ohne mit mir darüber zu sprechen?“

„Ja.“ Sie hatten das nicht einmal besprechen müssen.

Ihr Mund wurde schmal. Ramon merkte, dass sie überlegte und nach einer Alternative suchte. Er wusste, warum sie sich so verhielt, und verlor allmählich die Geduld.

„Vielleicht könnten wir deinen Vater überreden, wieder einzusteigen“, witzelte er.

„Glaub nicht, dass ich nicht versucht wäre, das zu tun.“

„Vergiss deinen Groll, Isidora. Du bist ein Profi. Verhalte dich auch so.“

Sie setzte sich an ihren Schreibtisch, senkte den Kopf und strich eine Haarsträhne hinters Ohr. Als sie den Kopf wieder hob, war ihr Gesicht gerötet, doch ihre Miene wirkte entschlossen. „Ich werde heute meine Kündigung einreichen, wenn dieser Arbeitstag vorbei ist.“

Der Boden unter Ramons Füßen schien zu schwanken. Hasste sie ihn so sehr?

Während er ihren Blick suchte, unfähig zu glauben, dass es ihr ernst war, wurden ihre Pupillen groß. Enttäuschung und Leere lagen in ihren Augen.

Einen Herzschlag lang verblasste die Welt um ihn herum. Der Schmerz in ihm, den er gänzlich ignorierte, sodass er kaum noch von dessen Existenz wusste, erwachte mit aller Macht zum Leben und nahm ihm den Atem.

Fest schlug er die Tür zu diesem dunklen, verwirrenden Ort zu. Er wollte nicht darüber nachdenken, wie sie es geschafft hatte, den Schmerz nur dadurch zu wecken, indem sie versuchte, sich von ihm zurückzuziehen.

Warum sagte sie überhaupt so etwas? Für jemanden, die gerade von der Universität kam und nicht einmal vierundzwanzig war, war dieser Job doch ein Glücksfall. Natürlich war geklüngelt worden, doch sie brachte auch eine seltene und wertvolle Eigenschaft mit: Vertrauenswürdigkeit.

Ramon würde nicht der Grund sein, dass seine Schwestern eine treue Verbündete verloren.

Doch er war auch kein Mensch, der bettelte. Autorennen gewann man nicht mit Nettigkeiten. Und da sie ihn ohnehin hasste, war es sinnlos, bei ihr seinen Charme spielen zu lassen. Dieser kurze Moment der Verwirrung befeuerte ihn nur darin, wieder Kontrolle zu gewinnen. Zu dominieren. Zu siegen.

Deshalb behandelte er sie genauso gnadenlos wie jeden, der ihn oder seine Familie bedrohen würde.

Cariño, jetzt erkläre ich dir mal, was passiert, wenn du kündigst.“ Er trat einen Schritt vor und beugte sich wieder über ihren Schreibtisch.

Sie stand jetzt, blinzelte vorsichtig und versteifte sich, aber sie wich nicht zurück.

Er fing den leichten Duft ihrer Haut auf, ein natürlicher Duft, würzig mit einem faszinierend süßen Unterton. Wiesenkräuter und Wildblumen? Die animalische Seite in ihm sehnte sich danach, sich ihr zu nähern und es herauszufinden.

Vielleicht würde er die Möglichkeit bekommen, schoss es ihm durch den Kopf, ehe er fortfuhr.

„Ich weiß, dass du eine Verschwiegenheitsvereinbarung unterschrieben hast, aber angesichts deiner Feindseligkeit mir gegenüber kann ich nicht darauf vertrauen, dass du das, was du über uns weißt, nicht an jemanden weitergibst, der dir das lukrativste Angebot macht. Ich werde dir das Leben sehr schwer machen, wenn du von hier weggehst. Du wirst keinen anderen Job mehr bekommen. Jedenfalls keinen von diesem Niveau.“

Erneut röteten sich ihre Wangen. „Wenn das deine Art ist, mich für dich zu erwärmen, dann kannst du es vergessen.“

„Beweise, dass du unserer Familie gegenüber loyal bist. Tu das, für das du sehr gut bezahlt wirst.“

Sie deutete auf ihr Brustbein. „Du willst, dass ich meine Loyalität deiner Familie gegenüber beweise.“

„Ja. Und hör auf, mich ständig verbessern zu wollen.“ Er ignorierte den Anflug von Reue. „Du weißt nichts über meine Fähigkeit in Bezug auf Loyalität oder irgendetwas anderes.“

„Ich weiß, was ich wissen muss“, versicherte sie ihm verbittert. „Aber wenn du mir wegen meiner Karriere drohen willst, okay. Dann werde ich dir zeigen, was Loyalität wirklich bedeutet. Ich bleibe, weil mir deine Schwestern wichtig sind und weil mein Vater tatsächlich zurückkommen würde, wenn ich aufhöre. Denn er fühlt sich deiner Familie zutiefst verpflichtet. Ich habe ihm nie gesagt, dass du mit seiner Frau geschlafen hast, sonst würde er vielleicht anders darüber denken. Und sag jetzt nicht, dass sie sowieso geschieden waren.“

Er verengte die Augen, um sie zu warnen.

„Er wäre außer sich, wenn er wüsste, was du getan hast. Im Gegensatz zu dir macht es mir allerdings keinen Spaß, Menschen unglücklich zu machen.“

„Ich sagte, dass ich dir das Leben schwer mache. Wenn du allerdings willst, dass ich dich unglücklich mache, kann ich das leicht ändern.“

„Abgehakt“, sagte sie mit einem Lächeln, das nicht ihre Augen erreichte. „Wenn du mich jetzt entschuldigst. Ich muss eine Pressekonferenz organisieren.“

„Isidora“, sagte er sanft, ohne sich zu rühren. „Mir sind meine Schwestern und dein Vater wichtig. Deshalb erlaube ich dir, weiter für uns zu arbeiten, statt dich wegen Ungehorsam zu feuern. Benimm dich anständig, sonst wirst du deutlich zu spüren bekommen, was für ein Mensch ich bin.“

2. KAPITEL

Voller Wut machte Isidora ihren Job und verschickte die Nachricht, dass die Pressekonferenz im Medienraum von Sauveterre International in Paris stattfinden würde. Der Wolkenkratzer in Madrid sah genauso aus und war im gleichen Jahr gebaut worden. Bis heute hatte Ramon von dort aus das Unternehmen geleitet. Deshalb hatte sie bisher auch nicht darum gebeten, in ihre Heimat versetzt zu werden, um in der Nähe ihrer Eltern zu sein.

Sie würde zu gerne ihren Vater anrufen, um ihm zu erzählen, dass Ramon sich aus dem Rennsport zurückzog. Ihr Vater war schon ein begeisterter Fan jeder Art von Rennen gewesen, lange bevor der Sohn seines Arbeitgebers mit kaum neunzehn Jahren begonnen hatte, an Grand Prix Rennen teilzunehmen. Von dem Erbe seiner Großeltern hatte Ramon sich einen Wagen gekauft und ein Team zusammengestellt, was dem verstorbenen Sauveterre Senior überhaupt nicht passte. In seinem ersten Jahr hatte er gewonnen und seitdem entweder jedes weitere Rennen gewonnen oder einen der vorderen Plätze belegt.

Eine von Isidoras liebsten Erinnerungen waren die Momente, als sie mit ihrem Vater vor dem Fernseher ein Rennen verfolgt hatte oder sich in den engen Straßen von Monaco die Nägel abbiss, als die Autos an ihr vorbeischossen. Zu Anfang war sie kein Fan gewesen. Es hatte ihr mehr Freude bereitet, ihrem Vater Gesellschaft zu leisten, wenn er sich ein Rennen ansah.

Als sie dann zwölf wurde, war sie von einem der Fahrer besonders begeistert, und ihr Herz überschlug sich, wenn Ramon in rasendem Tempo eine Kurve nahm oder sich drehte, dann aber sofort wieder zurück auf die Strecke fand und erneut die Führung übernahm.

Ramons Glückssträhne, verbunden mit dem Namen Sauveterre und dem Umstand, dass er sowohl Franzose als auch Spanier war, machte ihn zum Liebling in der Welt des Rennsports. Er wurde fast wie ein Halbgott verehrt.

Auch von ihr.

Doch nach jenem besagten Tag, als sie Ramon frühmorgens über den Weg gelaufen war, der gerade mit zerknitterter Kleidung und einem völligen Mangel an schlechtem Gewissen das Haus ihrer Mutter verlassen wollte, hatte sie aufgehört, Autorennen mit ihrem Vater anzusehen. Sie hatte behauptet, mit ihrem Studium zu beschäftigt zu sein. Dass sie sich stattdessen im Schlafsaal oder am Laptop in einer dunklen Ecke der Bibliothek allein das Rennen angesehen hatte, hätte sie niemals zugegeben. Auch wenn sie Ramon Sauveterre hasste, musste sie immer wissen, ob er ein Rennen überlebt hatte.

Ihr Vater würde über Ramons Rückzug aus dem Motorsport verzweifelt sein, doch als ehemaliger Chef der PR-Abteilung von Sauveterre International würde er diesen Schritt verstehen. Selbst sie hatte seine Vorgehensweise schon verstanden, bevor sie diesen Beruf ergriffen hatte. In Bezug auf Publicity heimste Ramon sich den Löwenanteil an Aufmerksamkeit ein, um von seiner Familie, und besonders von seinen Schwestern, abzulenken.

So war es immer noch, als sie die Stelle ihres Vaters übernommen hatte. Seine Eskapaden schienen immer im richtigen Moment das Scheinwerferlicht auf ihn zu ziehen, um die Aufmerksamkeit von seinen Geschwistern abzulenken. Als man Angelique bezichtigte fremdzugehen, weil Fotos aufgetaucht waren, auf denen sie nicht nur einen Prinzen küsste, sondern zwei verschiedene, wurden sofort Bilder von Ramons „privaten“ Partys veröffentlicht. Er war halb nackt und knutschte mit einer Stripperin, die auf seinem Knie saß. Und kaum wurde bekannt, dass Cinnia mit Zwillingen schwanger war, wurde online ein Kleinkrieg zwischen Ramon und seinem Teamkollegen ausgetragen.

Deshalb überraschte sein Rückzug sie nicht besonders, nachdem schon öffentlich darüber gemunkelt wurde, ob Trella schwanger war. Es machte Isidora nur … traurig. Und verlegen, weil sie ihn treulos genannt hatte.

Aber zugeben würde sie das nicht, nachdem er ihren Job und ihre Zukunft bedroht hatte, der machttrunkene Mistkerl. Warum musste er so hart mit ihr umspringen? Was hatte sie denn getan, außer ihn ein bisschen zu sehr zu mögen?

Sie überprüfte ihr Make-up und schrieb dann Ramon eine SMS, dass sie am Aufzug auf ihn warten würde, doch Etienne war vor ihm da. Er war der Schützling ihres Vaters gewesen und war im letzten Jahr ein paar Mal mit ihr ausgegangen. Dann hatte er Schluss gemacht, als ihr Sexleben sich nicht so entwickelte, wie er sich gewünscht hatte. Sie war nach London gegangen, um ihren Abschluss zu machen, froh darum, ihm nicht mehr über den Weg zu laufen.

Schließlich war ihr Vater in Pension gegangen, und Henri hatte sie überredet, seine Stelle zu übernehmen. Etienne hatte geglaubt, er würde den Job bekommen. Stattdessen musste er jetzt ihr gegenüber Rechenschaft ablegen. Und damit war er ganz und gar nicht glücklich.

„Also stimmt es?“ Er klang fast streitlustig.

„Was meinst du?“

„Dass Trella schwanger ist? Deshalb diese Pressekonferenz, oder?“

Isidora tat so, als würde sie etwas in ihrem Handy lesen. „Bei der Presseerklärung heute geht es um ein ganz anderes Thema.“

Einen Moment war es still, dann fragte er: „Und du sagst mir wahrscheinlich nicht, um was es geht?“

„In fünf Minuten wirst du es wissen. Deshalb habe ich dich eingeladen, damit du es aus erster Hand erfährst.“

Er fluchte und murmelte etwas über Vetternwirtschaft.

Autor

Dani Collins
<p>Dani Collins verliebte sich in der High School nicht nur in ihren späteren Ehemann Doug, sondern auch in ihren ersten Liebesroman! Sie erinnert sich heute immer noch an den atemberaubend schönen Kuss der Helden. Damals wurde ihr klar, dass sie selbst diese Art von Büchern schreiben möchte. Mit 21 verfasste...
Mehr erfahren

Entdecken Sie weitere Bände der Serie

Die Sauveterre-Geschwister