Heiße Verführung – eiskalte Rache?

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Kein einfacher Auftrag für Imageberaterin Olive: Brauereibesitzer Dante Russo braucht einen neuen Look! Doch kaum hat sie seine Flanellhemden und Cargohosen gegen Designeranzüge getauscht und ihm einen neuen Haarschnitt verpassen lassen, ist Olive hin und weg von Dante. Was für ein gut aussehender, charmanter Mann! Eines Abends küsst er sie heiß, und bald schon daten sie ganz offiziell. Zu spät erfährt Olive, wer Dante wirklich ist. Hat er sie nur verführt, um sich eiskalt an ihr zu rächen?


  • Erscheinungstag 23.05.2023
  • Bandnummer 2291
  • ISBN / Artikelnummer 9783751515627
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Olive Hayes besorgte sich im Coffee-Shop einen Eiskaffee, dann stieg sie in ein Taxi und fuhr durch die Stadt zur Zentrale von Inferno Brewing. Die Firma hatte die alten Lagerhäuser am Navy Pier gekauft und sie zu einer Brauerei samt Abfüllanlage, Büros und Verkaufsräumen umgebaut. Genau wie alle anderen in der Stadt hörte auch sie sich die Radiowerbung des Firmenchefs Dante Russo an, in der er über den Wechsel der Jahreszeiten und über Authentizität sprach.

Seine Botschaft kam laut und deutlich beim Publikum an. Aber Olive vermutete, dass es mehr dieses tiefe, angenehme Timbre in seiner traumhaften Stimme war, das Pendler und Büroangestellte innehalten und vom Sommer träumen ließ. Daher war sie ziemlich aufgeregt gewesen, als sie einen Anruf von der Inferno-Marketingmanagerin Kiki Marin erhielt.

Die Frau behauptete unverblümt, dass Dante ein komplettes Umstyling plus Medientraining brauche. Nach dem Telefonat checkte Olive sofort dessen Medienpräsenz, was schnell ging, weil er nicht präsent war. Weder ein Facebook- noch ein Twitter-Account. Nicht mal auf Instagram oder TikTok folgte er irgendwem. Abgesehen von einem Eintrag auf einer Seite über Brauereien war er online nirgends zu finden.

Das machte ihren Job einfacher, denn sie fing sozusagen mit einem unbeschriebenen Blatt an. Obwohl Kiki gemeint hatte, Dante sei ein ungeschliffener Rohdiamant, vermutete sie, dass die Marketingfrau übertrieb. Ein Mann mit einer derartigen Stimme musste ein Frauenheld sein.

Hör auf damit, irgendwelche Vermutungen anzustellen, schalt sie sich. Seufzend nahm sie einen Schluck Eiskaffee, die Sehenswürdigkeiten von Chicago, an denen sie vorbeifuhren, nahm sie nur vage wahr.

Für diesen Termin heute hatte Olive sich sorgfältig zurechtgemacht. Sie trug ein Sommerkleid mit einem helllila Vichy-Karo-Muster und dazu Schuhe mit hohem Keilabsatz. Die Tasche, die farblich darauf abgestimmt war, hatte ihre Freundin Paisley ihr im letzten Jahr angefertigt, als sie das Nähen für sich entdeckte. Alle drei Geschäftspartnerinnen trugen jetzt derartige Taschen.

Sie hatte die Firma gemeinsam mit Paisley und Delaney direkt nach dem College gegründet. Sie drei waren hübsch, beliebt und reich gewesen. Und schrecklich verwöhnt, was sich in ihren Auftritten in den sozialen Medien widergespiegelt hatte. Olive hatte keine andere Wahl gehabt, als ein paar Veränderungen an sich vorzunehmen.

Anfangs begannen sie klein mit der Firma, doch wie sich herausstellte, hatten sie eine Menge Freunde, die die gleiche Art von Veränderung brauchten. Einschließlich Delaneys damaligem Freund, der von einem professionellen Baseball-Club engagiert worden war und sein Image aufpolieren musste, um nicht länger als „betrunkener Collegestudent“, sondern als „Topsportler“ angesehen zu werden.

Das war nur eine von vielen Veränderungen, die Olive im Laufe der vergangenen acht Jahre vorgenommen hatte. Ihre Eltern verstanden nicht, was sie beruflich tat, waren aber trotzdem stolz und unterstützten sie. Ihre Mutter versuchte ihr allerdings einzureden, dass sie einen Mann brauchte, doch dazu war Olive nicht bereit. Sie hatte ihren Eltern erklärt, sie wolle erst mal herausfinden, wer sie war, bevor sie versuchte, Teil eines Paares zu sein.

Diese Findungsphase war noch nicht abgeschlossen, und sie fing gerade erst an, die Frau zu mögen, zu der sie sich entwickelte. Viele Jahre lang war sie nachts high oder betrunken ins Bett gefallen und hatte sich am nächsten Morgen für ihr Benehmen am Abend zuvor geschämt.

Olive strich sich eine Strähne ihres rotbraunen Haars hinters Ohr, als der Taxi-Fahrer vor der Brauerei von Inferno hielt. Lächelnd wünschte sie ihm einen schönen Tag, stieg aus und schob sich die Sonnenbrille ins Haar. Nachdem sie ihren Kaffeebecher in den Mülleimer vor dem Eingang zum Gebäude geworfen hatte, überprüfte sie ihren Lippenstift mittels der Selfie-Funktion ihres Handys und ging hinein.

Ihre leichte Nervosität verbarg sie hinter einem professionellen Lächeln, als sie an die Rezeption trat. „Hallo, Olive Hayes, ich bin um halb elf mit Kiki Marin verabredet.“

„Guten Morgen“, sagte die Rezeptionistin und gab etwas in den Computer ein. Sie nickte und reichte ihr einen Gästeausweis. „Bitte setzen Sie sich doch. Ms. Marin kommt gleich zu Ihnen.“

Olive ging hinüber zu den langen Bänken gegenüber der Rezeption und nahm Platz. Sie öffnete ihre Handtasche, zog ihr Notebook heraus und machte sich ein paar Notizen, dann sah sie sich noch einmal die Infos an, die Kiki ihr geschickt hatte. Sie mussten Dantes Umstyling vor dem vierten Juli abgeschlossen haben, weil da das Festival Taste of Chicago stattfinden würde. Somit blieben ihr ungefähr sechs Wochen, um ihn auf Vordermann zu bringen.

Kiki hatte erwähnt, dass er außerdem eine Medien-Schulung brauchen könnte, und Olive machte sich auch dazu ein paar Notizen. Während des ersten Treffens mit einem Klienten stellte sie stets diverse Fragen, um zu sehen, wie frei und klar er oder sie sprach.

„Hallo, Olive. Ich bin Kiki Marin. Freut mich, dich kennenzulernen“, sagte eine junge Frau und streckte ihr die Hand hin.

Olive lächelte und stand auf, ehe sie die Hand schüttelte. „Ganz meinerseits. Ich muss gestehen, ich freue mich darauf, den Mann kennenzulernen, der hinter der Stimme aus der Radiowerbung steckt. Wie alle anderen auch, bin ich gespannt, wie er aussieht.“

Kiki schnaubte. „Versprich mir, nicht davonzulaufen.“

„Ach was, das wird schon nicht passieren“, erwiderte Olive, fragte sich jedoch, was sie wohl erwartete.

Kiki führte sie einen Flur entlang und trat durch eine offene Tür.

„Bereit für uns, Dante?“

„Ja, klar“, erklärte der Mann mit diesem tiefen Timbre, das Olive so gut gefiel.

Sie linste um die Ecke, zuckte aber zurück, als sie die unbändigen Locken sah, die um ein Gesicht fielen, das hinter einem dichten, zotteligen Bart kaum zu sehen war. Und als er aufstand, blickte sie erschrocken auf sein graues, unförmiges T-Shirt, das langärmlige Flanellhemd und die Cargohose.

Jetzt begriff sie, was Kiki gemeint hatte. Okay, das nenne ich mal eine Herausforderung.

Olive Hayes ist hier.

Es war kaum zu glauben, dass tatsächlich das Mädchen vor ihm stand, für das er auf dem College so geschwärmt hatte, das Mädchen, das ihn mit harten Worten abgewiesen und ihn damit gezwungen hatte, ein paar grundlegende Lebensentscheidungen zu treffen.

Sie stand leibhaftig in der Tür und sah noch umwerfender aus als damals.

Als er zu Kiki schaute, zog die beide Augenbrauen warnend in die Höhe. Sie wollte ihm damit wohl sagen, dass er cool bleiben und nett sein sollte.

„Hallo, ich bin Dante Russo“, sagte er und ging auf Olive zu. Seine Höflichkeit war allerdings nur gespielt, denn er war entschlossener denn je, sein Image nicht zu verändern, weil Kiki unbedingt sie engagieren wollte. Er konnte sich nicht vorstellen, mit Olive zu arbeiten, aber er musste ihr wohl eine Chance geben, da Kiki davon ausging, dass sie die Beste für den Job war.

„Es ist so schön, Sie kennenzulernen“, sagte Olive begeistert. „Natürlich erkenne ich Ihre Stimme, in die ich mich ja schon fast verliebt habe. Sie ist großartig!“

Okay, sie erkannte ihn also nicht wieder. Warum sollte sie auch? Er war damals, dank der guten Küche seiner Mutter, pummelig gewesen und hatte keinen Sport getrieben. Außerdem nannten ihn im College alle Danny, und einen Bart hatte er auch nicht getragen. Eigentlich war es ihm nur recht, dass sie sich nicht an ihn erinnerte. „Danke.“

„Wie du jetzt sicherlich siehst, brauchen wir dich dringend“, fügte Kiki hinzu. „Ich meine, seine Stimme ist toll, ja, aber …“

Er warf seiner Marketingmanagerin einen scharfen Blick zu. Kiki trieb es heute Morgen etwas zu weit.

„Aber was?“, hakte Olive nach. „Was ich sehe, ist genau das, was ich hinter der Stimme von Inferno vermutet habe. Ein Mann, der authentisch und nicht gekünstelt ist. Ich denke, es ist hilfreich, Sie für Presse- und Video-Anzeigen ein wenig aufzupolieren, doch Sie sollten sich dabei selbst treu bleiben. Wenn wir einen Mann präsentieren, der wie ein Hollywoodstar durchgestylt ist, würden Ihre Kunden Ihnen das nicht abkaufen.“

Dante musterte Olive und versuchte, das College-Mädchen zu vergessen und stattdessen die Geschäftsfrau, die in seinem Büro stand, zu sehen. Ihr schulterlanges rotes Haar hatte sie zu einem tiefsitzenden Pferdeschwanz zusammengebunden. Das Lächeln auf ihrem hübschen, herzförmigen Gesicht war ungezwungen. Es fiel ihm schwer, den Blick von ihrem Mund zu lösen.

Auf dem College hatte er Stunden damit verbracht, ihre Lippen zu betrachten und sich erotischen Fantasien hinzugeben. Auch wenn sie damals ziemlich gemein gewesen war, gab ihr Lächeln einem Mann das Gefühl, ein Gigant zu sein, und ihr Mund mit dem niedlichen Amorbogen und der vollen Unterlippe weckte in ihm stets den Wunsch, sie zu küssen.

Es war ihr hoch anzurechnen, dass sie nicht versuchen wollte, ihn zu etwas zu machen, das er nicht war. Auch wenn sie damit klarmachte, dass er niemals einem Hollywood-Star ähneln würde, was mit Sicherheit richtig war.

„Da stimme ich zu“, sagte Kiki. „Tut mir leid, wenn ich übertrieben habe, Dante. Ich möchte nur, dass diese Markteinführung perfekt über die Bühne geht.“

„Ja, verstehe ich. Ich bin nicht beleidigt“, antwortete er. War er wirklich nicht, denn er machte sich keine Illusionen über sich. Zum Teil auch dank Olive, die ihn dazu gebracht hatte, in sich zu gehen und herauszufinden, wer er war. Erst daraufhin hatte er aufgehört, etwas und jemand zu sein, der er eben nicht war. „Also, wo fangen wir an? Kann ich Ihnen was zu trinken anbieten? Ach, und ich denke, wir sollten uns duzen.“

„Gern. Und ein Wasser wäre nett“, sagte sie. „Lass uns mit deinen Vorstellungen beginnen. Sobald ich weiß, was du vorhast, kann ich anfangen, den Mann zu kreieren, der den Fantasien, die deine Stimme heraufbeschworen hat, gerecht wird.“

Nachdem er die Getränke geholt hatte, nahmen sie am kleinen runden Tisch in der Ecke seines Büros Platz.

Im Laufe der nächsten Stunde sprachen sie über die geplanten Events für die Markteinführung der neuen Biersorten der Brauerei. Dazu gehörte unter anderem eine Veranstaltung mit rotem Teppich während des Festivals Taste of Chicago. Im Vorwege fanden ein paar kleinere Veranstaltungen statt, die auf das große Ereignis im Juli vorbereiten sollten. Kiki wollte die Social-Media-Plattformen gleichzeitig bedienen und ihn als das Gesicht von Inferno präsentieren, nicht nur als dessen Stimme.

Schließlich verabschiedete Kiki sich, weil sie einen Termin hatte, und er und Olive waren allein. Sie blickte von ihren Notizen auf.

„Das ist das, was Kiki von dir will, aber du bist derjenige, der all diese Veränderungen über sich ergehen lassen muss. Also, was sind deine No-Gos?“

„No-Gos?“

„Dinge, die du auf keinen Fall machen würdest“, erklärte sie. „Haare, Bart, Kleidung … Ich denke, wir sollten versuchen, ein paar neue Outfits zu finden, die deinem Outdoor-Style und deiner lockeren Art entsprechen, die aber nicht unbedingt …“

„… Holzfäller-Chic sind?“

Lachend nickte sie, und er atmete ihren Erdbeerduft ein. Fast gegen seinen Willen erwiderte er das Lächeln.

„Ja. Also?“

„Ich habe nichts dagegen, mir die Haare schneiden und den Bart trimmen zu lassen. Jemand hat mal gemeint, ich hätte ein schwaches Kinn, daher denke ich, dass ich den Bart gern behalten würde, wenn das okay ist.“

„Wer hat das denn gesagt?“, fragte sie. „Manche Menschen machen häufig achtlose Bemerkungen. Ich bin sicher, dass du ein tolles Kinn hast, aber wir können mit dem Bart arbeiten.“

Sie hatte es gesagt. Es war ein Punkt von vielen gewesen, die sie aufgezählt hatte, weshalb sie niemals mit ihm ausgehen, geschweige denn mit ihm auf einer Studentenparty tanzen würde. „Eine Frau, die ich mal gekannt habe.“

„Wahrscheinlich war sie einfach nur schrecklich eingebildet. Ich kenne einen Friseur, den ich gern engagiere, also mache ich einen Termin mit ihm. Hast du heute Zeit? Ich denke, je schneller wir an die Sache rangehen, desto besser. Uns bleiben sechs Wochen bis zu dem großen Event, aber die erste Veranstaltung ist …“ Sie blickte auf ihre Notizen.

Seine Gedanken schweiften ab, und er überlegte, ob sie recht hatte. War sie damals einfach schrecklich eingebildet gewesen? Er wusste, dass er es gewesen war, und nach ihrer öffentlichen Abweisung war ihm klar geworden, dass er Olive überhaupt nicht kannte, sondern nur das hübsche, umschwärmte Party-Girl gesehen hatte.

Diesen Fehler hatte er danach nie wieder gemacht.

„Passt das?“, fragte sie und unterbrach seine Gedanken.

„Entschuldigung, das habe ich nicht mitbekommen.“

Sie legte eine Hand auf seine, und ein kleiner Stromschlag durchfuhr sie. Sofort zog sie ihre Hand zurück und ließ ihre Zunge über ihre Unterlippe gleiten.

„Ich habe gefragt, ob du heute Nachmittag Zeit für den Friseur hast?“

Er nickte, und nachdem sie ihre Sachen zusammengepackt hatte, verließ sie ihn. Dante trat ans Fenster und blickte auf den Hof, bis sie herauskam. Erst da wurde ihm bewusst, was er tat. Es war nicht zu leugnen, dass sie fantastisch und höllisch sexy aussah. Aber er würde es sich definitiv nicht antun, sich noch einmal in Olive Hayes zu verlieben. Dafür war er zu schlau, zu erfolgreich und zu selbstbewusst.

2. KAPITEL

Olive brachte Paisley und Delaney per Slack-Chat auf den letzten Stand, was ihren neuen Klienten betraf. Hauptsächlich, um sich von Dante abzulenken.

Sie hatte nicht damit gerechnet, den Typen mit dem „Holzfäller-Chic“ heiß zu finden. Er strahlte unterschwelligen Sexappeal aus, der nicht zu leugnen war. Doch sie würde sich ganz gewiss nicht dazu verleiten lassen, einen Klienten anzuhimmeln. Trotzdem erlaubte sie sich einen kurzen Gedanken an seine grünen Augen und die Intelligenz, die darin aufgeblitzt war, und an den nicht gerade professionellen Blick, den er ihr zugeworfen hatte.

Sie hatte Pietro, den Friseur, bereits für heute Nachmittag ins Büro der Brauerei bestellt, damit er versuchen konnte, Dantes wilde Mähne sowie seinen Bart zu zähmen. Außerdem musste sie Shoppen gehen, um eine neue Garderobe für ihn zusammenzustellen, allerdings wusste sie nicht, wo sie anfangen sollte.

Sicherlich würde sie ihm ein paar maßgeschneiderte Anzüge für die große Gala anfertigen lassen müssen, aber der Mann brauchte Hilfe – und zwar so schnell wie möglich. Also würde sie einige Sachen von der Stange kaufen.

Sie griff nach ihrem Telefon und schickte ihm eine Nachricht.

Hallo, ich bin’s, Olive Hayes. Ich bräuchte deine Maße, um ein paar Klamotten aussuchen zu können.

Klamotten? Was für welche? Ich habe zu Hause ein paar nette Jeans und Kakihosen.

Olive verdrehte die Augen und rief ihn kurzentschlossen an.

Er antwortete nach dem ersten Klingeln, und die sonore Stimme jagte einen wohligen Schauder durch sie, auch wenn sie nicht so richtig zu dem echten Mann zu passen schien.

„Hallo, ich will ja nicht schwierig erscheinen, doch ich hasse es, Geld für unnötige Klamotten zu verschwenden.“

Olive schüttelte den Kopf und konzentrierte sich auf ihren Job. Sie hatte bereits geahnt, dass er nicht viel Geld für Kleidung ausgab. „Das verstehe ich. Aber wir müssen eine Vorstellung davon bekommen, wie dein Image aussehen soll. Ich möchte gern einige Outfits zusammenstellen, damit wir, sobald wir uns um Frisur und Bart gekümmert haben, weitermachen können. Wenn du willst, kann ich mir deine eigene Garderobe anschauen und das Passende heraussuchen.“

Er seufzte. „Dafür habe ich heute Vormittag keine Zeit.“

„Macht nichts. Sag mir deine Größen, und ich wähle ein paar Sachen in den Läden aus, in denen ich ein Konto habe, bis wir sicher sind, was dir gefällt.“

„In Ordnung. Ich sollte wohl auf dich hören, statt ständig gegenanzugehen“, brummte er.

„Tja, das würde es auf jeden Fall einfacher machen. Aber ich habe Verständnis, Dante. Ich meine, du verkaufst Bier, nicht dich selbst, das ist mir schon klar. Es ist nur so, dass deine Stimme die Leute glauben lässt, sie würden dich kennen, und ich denke, deine Marketingmanagerin hat recht, wenn sie daraus Kapital schlagen will. Also werde ich mein Möglichstes tun, um sie glücklich zu machen und gleichzeitig dir nicht zu sehr auf die Pelle zu rücken.“

„Das weiß ich zu schätzen. Ich habe dir eine Vollmacht über meine Kreditkarte erteilt“, fuhr er fort. „Ich schicke dir die Nummer zu, damit du sie für deine Einkäufe nutzen kannst.“

„Das musst du nicht.“

„Doch. Wenn ich diese Sache durchziehe, dann will ich es richtig machen. Außerdem brauche ich einen neuen Anzug für den Kram, den Kiki mit mir vorhat.“

„Ich bestelle einen Schneider, der vorbeikommt und deine Maße nimmt.“

„Okay. Ich muss jetzt in eine Besprechung. Wo soll ich hinkommen, um mit dem Umstyling zu beginnen?“

Seine Stimme beschwor Bilder von ihm nach der Verwandlung herauf. Sie war gespannt darauf, wie er aussah, nachdem der Friseur mit der Arbeit fertig war. Diese Stimme versprach einen Mann, der ihre Welt aus den Angeln heben konnte. Verflixt, was ist nur heute mit dir los? Warum ruft Dante Russo solche Gedanken in dir wach?

„Kiki hat euren Besprechungsraum angeboten. Ich werde ein paar Sachen bereitstellen, damit du sie anprobieren kannst, nachdem du die Haare und den Bart geschnitten bekommen hast.“

„Oh Gott. Das klingt nach diesen Shows, die meine Mom sich immer anguckt – vorher, nachher.“ Er stöhnte.

„Genau so ist es aber“, erwiderte sie. Sie konnte es gar nicht erwarten, ihn nach der Transformation zu sehen. Würde er so sexy sein, wie sie sich das vorstellte? „Das macht bestimmt Spaß.“

„Jaja“, maulte er. „Bis später, Olive.“

„Bis später.“

Nachdem er aufgelegt hatte, bekam sie ein paar Nachrichten von ihm sowie die Nummer seiner Kreditkarte. Er schickte seine Maße, die kleiner als erwartet waren, aber die Sachen, die er bei ihrem Treffen getragen hatte, waren ja auch sackartig gewesen. Sie nahm ihn beim Wort und machte sich auf den Weg.

Olive hatte es schon immer geliebt, einkaufen zu gehen. Das war ein Teil ihres Jobs, den sie wirklich genoss. Statt für den Mann einzukaufen, den sie am Morgen getroffen hatte, behielt sie das Bild vor Augen, das seine Stimme bei ihr heraufbeschworen hatte, die mit dem rauchigen Timbre, das zum Soundtrack ihrer erotischen Fantasien geworden war.

„Hallo“, begrüßte Delaney sie in der Parfümerie-Abteilung von Bloomingdale’s.

Olive war nicht überrascht, ihre Freundin und Geschäftspartnerin zu sehen. Sie alle hatten diese Tracking-App auf ihren Smartphones, und sie wusste, dass Delaney zurzeit keinen Klienten hatte. Sie war die künftige Erbin des Alexander-Spülmittel-Vermögens, und daher stellte die Presse sie gern so dar, als würde sie ihr Jetset-Leben dem Arbeiten vorziehen. Doch Delaney stand mit beiden Beinen auf der Erde und arbeitete genauso hart wie sie und Paisley. Sie stellte sicher, dass die Paparazzi sie abends mit irgendwelchen gutaussehenden Männern erwischten, aber immer kam sie morgens pünktlich zur Arbeit.

„Hey, was hältst du hiervon?“, fragte Olive und hielt ihrer Freundin einen Duft hin.

„Für wen ist das?“

„Für den Typen von Inferno.“

„Gefällt mir, aber wie wäre es mit dem hier?“ Delaney griff nach einer anderen Flasche mit einer würzigeren Note.

Olive schloss die Augen und dachte an Dante. Sofort fiel ihr der kleine Stromstoß wieder ein, als sie seine Hand berührt hatte. Er hatte sie definitiv angetörnt … was an seiner Stimme gelegen haben musste.

„Perfekt!“ Sie kaufte den Duft, ein Aftershave und das passende Duschgel und ließ es direkt ins Büro von Inferno liefern. „So, was gibt’s?“

„Ich glaube, dass Malcolm mich betrügt“, sagte Delaney, als sie hinaus auf die Straße traten.

Was? Ich dachte, er liebt dich?“, empörte sich Olive, ohne tatsächlich überrascht zu sein. Delaney traf sich ständig mit Männern, die sie ausnutzten. Sie hatte noch nie eine wirklich gute Beziehung gehabt, und Olive wünschte, sie könnte etwas tun oder sagen, um Delaney zu helfen. Leider wusste sie nicht wie.

„Hat er gesagt, ja, inzwischen glaube ich aber, dass es ihm nur darum ging, eine Einladung zu Dads großer Silvesterfeier zu ergattern. Du weißt ja, wie geizig mein Vater mit diesen Einladungen ist, und Malcolm hat definitiv nichts, was Dad von Nutzen wäre.“

„Abgesehen von deiner Liebe.“

Delaney schnaubte, und Olive umarmte ihre Freundin. „Tut mir leid.“

„Mir auch. Aber es ist okay. Hast du Zeit, um mit mir essen zu gehen?“

Olive blickte auf ihre Uhr. „Wenn es schnell geht. Ich muss um zwei wieder bei Inferno sein.“

Dass Olive ihn auf dem College so kaltblütig abgewiesen hatte, war für Dante Anlass gewesen, sein Leben zu ändern. Er beschloss, nicht länger zu versuchen, jemand anderes zu sein als er selbst. Und er beschloss aufzuhören, sich selbst zu belügen. Und während er jetzt darauf wartete, dass der von Olive beauftragte Friseur auftauchte, überlegte er, ob er ihr verraten sollte, wer er war.

Würde sein Spitzname ihr überhaupt was sagen? Würde sie sich an ihn erinnern?

Und ging es hier um ihn oder um sie? Er atmete tief durch. Würde es ihm etwas bringen, wenn er Olive erzählte, dass sie ihm auf dem College ziemlich gemeine Dinge an den Kopf geworfen hatte? Wenn er Olive damit konfrontierte, hätte er vielleicht einen gewissen Vorteil ihr gegenüber. Aber ihrer Arbeitsbeziehung würde es nicht unbedingt guttun. Ehe er zu einem Ergebnis kam, stürmte Kiki in sein Büro.

„Boss! Wir haben eine Anfrage erhalten, das Hauptzelt auf dem Milwaukee Bierfest in ein paar Wochen zu sponsern. Ich war ja versucht abzulehnen, nachdem sie uns vor fünf Jahren so herablassend behandelt haben, aber …“

„Aber natürlich stehen wir da drüber“, sagte er trocken.

„Ja, und das ist der perfekte Termin, um den heißen Chef vorzustellen, in dessen Stimme sich alle verliebt haben.“

Seine Kiefermuskeln zuckten. „Was den heißen Chef angeht, bin ich mir nicht so sicher, aber ja, es wird ganz nett sein, ein neues Image und so zu haben. Haben sie schon Musik für das Zelt gebucht?“

„Ja! Und es ist deine Lieblingsband. After Dark. Ich meine, das klingt doch so, als wäre das alles Schicksal“, schwärmte Kiki.

„Das Schicksal scheint momentan sehr fleißig zu sein“, murmelte er. Das würde auch erklären, wieso Olive Hayes wieder in sein Leben spaziert war.

Kiki zog eine Augenbraue in die Höhe. „Habe ich was verpasst?“

„Nein, nein“, sagte er, nicht bereit, irgendetwas aus seiner Vergangenheit mit Kiki zu besprechen. Sie war eine tolle Frau, aber sie arbeitete für ihn, und er wollte nicht mit ihr über seine Collegezeit reden. „Ich meinte die Band, das Timing und das Festival. Ich denke, der Friseur müsste gleich hier sein, kannst du mal nachschauen?“

„Aber gerne doch, Boss. Es läuft bei Inferno!“, verkündete sie gut gelaunt, während sie sein Büro verließ.

Er hatte jemanden mit ihrem fröhlichen Optimismus gebraucht, als er das Bier zu vermarkten begann, und Kiki war noch immer ein Juwel. Er ging zum Schreibtisch, und als er nach seinem Telefon griff, sah er, dass Olive ihm mehrere Fotos von Outfits zugeschickt hatte.

Er konnte sich für keins davon wirklich erwärmen, aber Kiki hatte recht, er war nicht länger nur ein Mikro-Brauer, und es wurde Zeit, dass er entsprechend aussah. Er war aus seiner winzigen Wohnung in ein großes Haus gezogen, nachdem er seine erste Million verdient hatte. Trotz seines derzeitigen Looks hatte er sich eine Zeit lang in der Club-Szene getummelt, sich entsprechend gekleidet und aufgeführt, doch er war es schnell leid geworden.

Geld mochte ihn für die Olive Hayes dieser Welt begehrenswerter machen, aber es hatte ihn nicht zufriedengestellt. Er hatte mit Frauen geschlafen, um sich auf diese Weise irgendwie an Olive zu rächen, er brauchte jedoch nicht lange, um zu erkennen, dass es ihn nicht weiterbrachte. Also hatte er die Dating-Szene vor ein paar Jahren verlassen und versucht herauszufinden, wer er war und was er wollte.

Die Radiowerbung, von der alle schwärmten, war eine Art Reflexion, die ihm während seiner morgendlichen Laufrunden durch den Kopf geschossen war. Worte, die ihn aus der Dunkelheit geholt hatten, auf die er zugesteuert war, nachdem er bekommen hatte, was er sich gewünscht hatte, und feststellen musste, dass es ihm keine Freude brachte.

Jemand klopfte an den Türrahmen, und er blickte auf.

„Dante? Kiki sagte mir, du würdest mich erwarten“, sagte der Mann.

„Ich vermute, ja.“

Autor

Katherine Garbera
<p>USA-Today-Bestsellerautorin Katherine Garbera hat schon mehr als neunzig Romane geschrieben. Von Büchern bekommt sie einfach nicht genug: ihre zweitliebste Tätigkeit nach dem Schreiben ist das Lesen. Katherine lebt mit ihrem Mann, ihren Kindern und ihrem verwöhnten Dackel in England.</p>
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