Ich will so viel mehr von dir ...

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Er will Stella küssen, ihre sinnlichen Lippen auf seinen spüren und ihre zarte Haut streicheln: Zwei Monate ist es her, dass der Unternehmer Aaron Nichols eine heiße Nacht mit ihr verbracht hat. Aber Stella hat ihm das Versprechen abgenommen, ihre Liebesnacht zu vergessen. Unmöglich! Als sie sich jetzt in ihrer Heimatstadt wiedersehen, die ein Tornado zerstört hat, ist Aaron von Stellas Sex-Appeal fasziniert. Wieder und wieder will er sie sinnlich verführen. Doch sie bleibt bei ihrem Nein. Aaron versteht es einfach nicht - da trifft ihn die Wahrheit wie ein Schlag …


  • Erscheinungstag 01.12.2015
  • Bandnummer 1900
  • ISBN / Artikelnummer 9783733721558
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Bei dem Anflug auf Royal sah Aaron Nichols aus dem Fenster seiner Privatmaschine und schüttelte bekümmert den Kopf. Anfang Oktober, also zwei Monate zuvor, hatte der Tornado die kleine texanische Stadt getroffen, und immer noch lag der westliche Teil in Trümmern. In diesen letzten Wochen war er schon häufig zwischen Royal und Dallas hin und her geflogen, aber jedes Mal war er wieder entsetzt über das Ausmaß der Zerstörung.

Zwar hatte man unmittelbar nach dem Sturm mit den Aufräumarbeiten angefangen, aber es war einfach zu viel zu tun. Zusammen mit Cole Richardson, dem Mitbesitzer seiner Baufirma R&N Builders, würde er hoffentlich Mittel und Wege finden, der Stadt zu helfen. Während er auf die zusammengefallenen Häuser, die entwurzelten Bäume und zerstörten Fahrzeuge hinuntersah, dachte er an die Menschen, die dort gelebt und diese Autos gefahren hatten. Ihr Leben, sofern sie überhaupt noch am Leben waren, würde nie wieder so sein wie früher.

So wie auch sein eigenes nach dem Autounfall von Frau und Sohn auf immer verändert war. Das war jetzt sieben Jahre her, und noch immer hatte er den Verlust von Paula und dem eineinhalbjährigen Blake nicht verwunden. Der Schmerz hatte etwas nachgelassen, das ja. Aber in Situationen wie dieser waren die quälenden Erinnerungen sofort wieder da und überfielen ihn mit einer Heftigkeit, dass ihm die Knie zitterten.

Er schloss die Augen und versuchte, sich zu entspannen. Unwillkürlich drifteten seine Gedanken zu dem Tag im Oktober, als er Stella Daniels während der Aufräumarbeiten getroffen hatte. Gemeinsam hatten sie die Nacht verbracht, und seitdem hatte er viel an Stella denken müssen. Er hoffte, sie jetzt hier in Royal zu treffen, obwohl sie ihm nach ihrer leidenschaftlichen Nacht klargemacht hatte, dass sie weiter keinen Kontakt haben wollte. Das hatte ihn überrascht, aber er hatte sich ihren Wünschen gefügt.

Als sie zur Landung ansetzten, schnallte Aaron sich an. Er würde einige seiner sehr wohlhabenden Freunde wiedersehen – und hoffentlich auch Stella. Royal war überhaupt eine reiche Stadt, aber auch das schützte nicht vor solchen Schicksalsschlägen.

Als er eine Stunde später das Restaurant des Cozy Inn betrat, war er erstaunt, wie wenig Gäste anwesend waren. Allerdings war das zu dieser Tageszeit eigentlich kein Wunder. Sein Geschäftspartner Cole Richardson war da, dessen Zwillingsbruder so grausam in dem Tornado umgekommen war. Neben ihm – Aaron stockte kurz der Atem – ja, da saß tatsächlich Stella Daniels. Das lange braune Haar hatte sie wie üblich in einem Knoten zusammengefasst. Leise lächelnd erinnerte sich Aaron daran, wie er ihr die Klammern herausgezogen hatte, bis ihr das seidige Haar schimmernd über die nackten Schultern fiel.

„Wenn das nicht mein Glückstag ist“, flüsterte er leise vor sich hin und ging schnell auf die beiden zu. Vielleicht konnte er sie doch umstimmen. Allerdings schien sie zu den Menschen zu gehören, die an ihren Entscheidungen festhielten. Aber wer weiß, wenn er es geschickt anfing, änderte sie vielleicht doch ihre Meinung.

Die Frau, mit der er die schönste Nacht seines Lebens verbracht hatte, war in dem unscheinbaren Outfit, das sie an diesem Tag gewählt hatte, kaum wiederzuerkennen. Zu der weißen Bluse, die sie bis oben zugeknöpft hatte, trug sie bequeme Kakihosen und noch bequemere Halbschuhe. Sie hatte keinerlei Make-up aufgelegt und wäre den meisten Männern wahrscheinlich gar nicht aufgefallen. Allerdings ist ihr das wohl ziemlich egal, ging es Aaron durch den Kopf, während er auf sie zutrat. Auch ihm kam es jetzt beinahe wie ein Traum vor, dass er ausgerechnet mit ihr eine so leidenschaftliche Nacht verbracht hatte.

Als die beiden seine Schritte hörten, stand Cole auf, und Stella blickte über die Schulter zu Aaron hoch. Ihre großen Augen weiteten sich kurz, dann zog sie sekundenlang die feinen Brauen zusammen.

Aaron begrüßte Cole mit Handschlag. „Hallo, Cole. Bleib doch bitte sitzen.“

„Oh, Aaron! Gut, dass du gekommen bist. Du kennst doch Stella Daniels?“

„Ja.“ Aaron griff nach Stellas Hand, die sie ihm zögernd entgegenstreckte. „Hallo, Stella.“ Wie warm ihre Hand war, wie weich und zierlich. So wie Stella selbst, als er sie nackt in den Armen gehalten hatte … „Ja, ich kenne Stella – allerdings nicht aus dem Fernsehen. Du bist ja beinahe so etwas wie eine Berühmtheit. Bei all dem, was du für Royal tust.“

„Danke“, erwiderte sie lächelnd. Als der Bürgermeister nach dem Tornado schwer verletzt ins Krankenhaus musste, hatte sie, die einfache Rathausangestellte, die Initiative ergriffen und dafür gesorgt, dass kein Chaos ausbrach. Außerdem war sie die Ansprechpartnerin für die Medien gewesen.

Aaron zog sich die Lederjacke aus und setzte sich Cole gegenüber. Er schnupperte kurz. War das nicht Stellas Parfüm? Dieser zarte Duft nach Rosenblüten war vielleicht altmodisch, aber er passte zu ihr. Und wieder musste er an die Nacht denken, als er sie nackt und warm in den Armen gehalten hatte …

„Gut, dass du gekommen bist“, meinte Cole. Er hatte abgenommen und wirkte auch viel ernster als früher. Kein Wunder, er hatte nicht nur seinen Zwillingsbruder, sondern auch einige Freunde durch den Tornado verloren.

Aaron konnte gut verstehen, dass ein solcher Verlust an ihm zehrte. „Das ist doch selbstverständlich. Royal kann jede Hilfe gebrauchen, das weiß ich.“

„Stimmt. Trotzdem danke. Vielleicht kannst du als Erstes beim Texas Cattleman’s Club vorbeischauen? Das Clubhaus hat auch einiges abgekriegt, aber die Aufbauarbeiten haben bereits angefangen. Die sind sicher froh über deinen Rat.“

„Mach ich. Übrigens viele Grüße noch von den TCC-Mitgliedern in Dallas.“

„Danke. Stella und ich haben uns gerade überlegt, wo unsere Hilfe am nötigsten ist. Der Westen der Stadt sieht ja noch ziemlich schlimm aus.“

Aaron nickte. „Ja. Immer wenn ich einfliege, bin ich entsetzt, wie hart es die Stadt getroffen hat. Besonders den Westen. Deshalb habe ich noch zwei Bautrupps hierherbeordert.“

Dankbar sah Stella ihn an. „R&N Builders war bisher schon sehr großzügig. Ich weiß gar nicht, was wir ohne eure Hilfe getan hätten.“

„Und ohne deinen Einsatz wäre alles viel schlimmer gekommen, Stella. Du hast dich um die Rettungsmannschaften gekümmert, hast Generatoren besorgt, als die Stromversorgung zusammengebrochen war, und überall eingegriffen, wo man dich brauchte. In so einem Chaos einen kühlen Kopf zu bewahren, dazu gehört schon was.“

„Na ja“, wehrte Stella leicht verlegen ab. „Ich habe getan, was ich konnte. So wie viele andere auch. Und ihr mit eurer Firma … Das war wirklich nicht selbstverständlich.“

„Alle unsere Leute wollen helfen. Du kannst also frei über die zwei Bautrupps verfügen. Die Kosten übernehmen wir.“

„Das ist wirklich sehr großzügig. Die Bauunternehmen hier in Royal sind total ausgebucht und können in den nächsten Monaten keine neuen Aufträge mehr annehmen.“

„Wie wäre es, wenn wir euch ein paar Leute schicken, die bei den Aufräumarbeiten helfen?“ Aaron wechselte schnell einen Blick mit Cole, der sofort nickte. „Ich war überrascht, wie viel Trümmer und umgestürzte Bäume noch überall herumliegen.“

Stella strahlte ihn an. „Das wäre fantastisch! Wir kommen einfach nicht dagegen an.“

Cole machte sich Notizen. „Wir sollten auch ein paar große Lastwagen bestellen, um alles wegzuschaffen.“

In der nächsten Stunde besprachen sie die notwendigen Schritte. Und obwohl Aaron ganz bei der Sache war, ertappte er sich dabei, wie er Stella immer wieder ansehen musste. Er konnte einfach nicht begreifen, warum sie nach der gemeinsamen Nacht nichts mehr von ihm hatte wissen wollen. Nur zögernd hatte er ihren Wunsch akzeptiert, und jetzt, da er hier mit ihr zusammensaß, ärgerte er sich einmal mehr, dass er so leicht nachgegeben hatte. Denn er sehnte sich nach ihr, wollte mit ihr zusammen sein, mit ihr tanzen, sie küssen und …

Als er ihre langen schlanken Finger betrachtete, erinnerte er sich noch sehr genau an das Gefühl, als sie ihm sanft über die nackte Brust gestrichen hatte … In diesem Augenblick sah sie hoch. Und als ahne sie, was ihm durch den Kopf ging, atmete sie tief durch, errötete und senkte den Kopf. Also erinnerte auch sie sich an die gemeinsame Nacht, und bei dem Gedanken wurde Aaron heiß vor Verlangen. So zugeknöpft sie sich jetzt auch gab, wusste er doch sehr genau, zu welcher Leidenschaft sie fähig war.

Um halb vier schließlich lehnte Cole sich zurück. „Tut mir leid, aber ich kann nicht länger bleiben. Ihr zwei könnt ja noch weitermachen, und du sagst mir dann später, Aaron, was dabei herausgekommen ist. Henry Markham, ein alter Freund von mir, hat mich auf seine Ranch eingeladen. Ich werde eine knappe Woche bleiben. Auch er hat seinen Bruder verloren, außerdem hat es seine Ranch ziemlich erwischt, und ich will ihm ein bisschen helfen. Wir sehen uns dann nächste Woche.“

„Und ich fliege morgen kurz nach Austin, bin aber am Nachmittag wieder zurück“, sagte Stella. Auf Aarons fragenden Blick fügte sie hinzu: „In Austin lebt meine Schwester.“

„Wenn du länger bleiben möchtest, solltest du das tun“, meinte Cole.

„Nicht nötig. Ein paar Stunden mit ihr sind okay.“

„Gut.“ Cole stand auf. „Dann bis nächste Woche. Und noch mal vielen Dank, dass du gekommen bist, Stella.“

„Ich muss euch danken, dir und Aaron. Was ihr mit eurer Firma für Royal tut, ist einfach fantastisch.“

„Machen wir doch gern. Und, Aaron …“ Cole sah den Freund an. „… wenn irgendwas ist, du kannst mich immer über mein Handy erreichen.“

„Okay. Bis dann.“ Aaron sah ihm hinterher und wandte sich dann zu Stella um. „Schön, dich wiederzusehen.“

„Ich freue mich auch. Eure Hilfe ist einfach unbezahlbar.“

„Und es ist noch so viel zu tun. Wie geht’s dem Bürgermeister?“

Besorgt sah Stella Aaron an. „Da er damals im Rathaus war, als der Tornado zuschlug und das Dach einstürzte, ist er schwer verletzt worden. Inzwischen liegt er zwar nicht mehr auf der Intensivstation, wird aber wohl noch lange im Krankenhaus bleiben müssen.“

„Das ist hart. Nicht nur für ihn, sondern auch für dich und alle, die mit ihm zusammengearbeitet haben. Denn nach dem Tod seines Stellvertreters ist keiner da, der die notwendigen Entscheidungen treffen könnte. Gut, dass du eingesprungen bist, Stella.“

Sie seufzte leise. „Ich versuche zu helfen, wo ich kann. So wie viele andere auch. Megan Maguire vom städtischen Tierheim zum Beispiel arbeitet rund um die Uhr. Und dass du mit deinen Leuten da bist, erleichtert vieles.“

Aaron nickte lächelnd. „Und falls du einfach mal einen Abend lang auf andere Gedanken kommen möchtest, sag Bescheid.“

„Das hört sich paradiesisch an, aber dafür habe ich momentan keine Zeit.“

„Die Stadt kann auch mal ein paar Stunden ohne dich auskommen.“

„Führe mich nicht in Versuchung“, sagte sie lächelnd. „Außerdem muss sie das morgen schon, wenn ich in Austin bin.“

„Wahrscheinlich arbeitest du jeden Tag bis spätabends, oder?“

„Das kann vorkommen. Allerdings habe ich in der letzten Zeit auch immer mal Abende für mich. Aber jetzt lass uns überlegen, was als Nächstes zu tun ist.“ Entschlossen breitete Stella einen Stadtplan von Royal auf dem Tisch aus.

Aaron rückte mit dem Stuhl näher an sie heran. Dieses Rosenparfüm … Er strich die Karte glatt und versuchte, sich auf die nächstliegende Aufgabe zu konzentrieren. Was nicht leicht war. Stella erklärte ihm, was bisher erreicht worden war und wo die Hilfe am nötigsten gebraucht wurde. Vor allem im Westen der Stadt war noch viel zu tun.

Ob Stella selbst auch unter dem Tornado gelitten hatte? Hatte sie Menschen verloren, die ihr nahestanden? Wenn ja, wollte sie wahrscheinlich nicht darüber reden. So wie er immer noch nicht über seinen Verlust von vor sieben Jahren sprechen konnte. Der Schmerz saß zu tief. Blake und Paula

„Aaron?“

Er schreckte hoch. „Entschuldige, ich war mit meinen Gedanken ganz woanders. Ich musste an die Menschen denken, die so viel verloren haben. Manches lässt sich einfach nicht ersetzen.“

„Das stimmt.“ Sie musterte ihn ernst. „Häuser kann man wieder aufbauen, aber Menschenleben sind einfach ausgelöscht. Und selbst manche Dinge sind für immer verloren. Antiquitäten, Erbstücke, auch alte Bäume. Zumindest dauert es einige Jahrzehnte, bis sie wieder herangewachsen sind.“ Dann lächelte sie und griff nach seiner Hand. „Aber wir lassen uns nicht entmutigen.“

„Auf keinen Fall. Das Wesentliche ist jetzt erst mal, dass jeder wieder ein Dach über dem Kopf hat.“ Wie weich und warm ihre Hand ist. Wieder überfiel ihn das Verlangen, sie in die Arme zu ziehen, zu küssen und …

Unwillkürlich blickte er auf ihren Mund, woraufhin sie ihm schnell die Hand entzog. „Ich glaube, die wollen hier jetzt für das Abendessen decken.“ Ihre Stimme klang leicht atemlos. „Wir sollten wohl lieber gehen.“

„Warum? Wir stören doch nicht. Außerdem könnten wir hier gleich was zu uns nehmen. Und danach fahre ich dich nach Hause.“ Gespannt sah er sie an.

„Nicht nötig. Ich habe mich hier eingemietet, solange noch an meinem Haus gearbeitet wird.“

„Oh, gut! Ich wohne auch hier. Dann werden wir uns ja häufiger über den Weg laufen.“ Obwohl sie kurz lächelte, hatte Aaron den Eindruck, als rücke sie von ihm ab. Versuchte sie, ihn auf Abstand zu halten, um zu vermeiden, dass sie wieder zusammen im Bett landeten? Wie auch immer, so leicht würde er sie nicht davonkommen lassen. „Lass uns zusammen essen, falls du nichts anderes vorhast.“

Sie zögerte kurz, dann nickte sie. „Okay, wenn du meinst.“

Das klang nicht gerade begeistert, aber egal. Immerhin würden sie etwas länger zusammen sein. „Dann wird von hier aus alles gemanagt?“, fragte er.

Sie lachte. „Alles ist ein bisschen übertrieben. Ich bin nur eine von vielen, die sich einsetzen.“

„Das ist wohl etwas zu bescheiden. Du spielst schon eine entscheidende Rolle.“ Er sah ihr tief in die großen blauen Augen. Die Nacht mit ihr würde er nie vergessen. In diesen Stunden hatte er sich das erste Mal seit sieben Jahren nicht mehr einsam gefühlt und war beinahe glücklich gewesen. „Wie weit sind sie denn mit deinem Haus? Können meine Leute helfen?“

„Nein, danke. So sehr viel ist nicht zu tun. In einer Woche sollte ich wieder einziehen können, also glücklicherweise noch vor Weihnachten.“

„Ja, das ist gut. Trotzdem freue ich mich, dass wir beide hier wohnen. Da können wir uns doch etwas häufiger sehen.“ Auf alle Fälle würde er versuchen, eine Suite auf ihrem Stockwerk zu bekommen. Er blickte sich um. „Sieht so aus, als bereiteten sie jetzt alles fürs Dinner vor.“ Er stand auf. „Und ich muss mich noch frisch machen. Wann wollen wir uns zum Essen treffen? In einer Stunde?“

„Ja. Passt mir gut.“

Auf dem Weg zu den Fahrstühlen fragte Aaron: „Welches Stockwerk?“

„Ich habe eine Suite im sechsten.“

„Ich auch“, sagte er und grinste.

„Was für ein Zufall!“

„Nicht ganz. Ich muss erst noch in das sechste umziehen. Nachdem ich dich zu deiner Suite gebracht habe.“

Sie lachte. „Das ist nicht nötig. Ich kenne den Weg. Und ich fürchte, du wirst kein Glück haben. Das Hotel ist restlos ausgebucht. Zu viele Leute haben ihre Häuser verloren und besetzen jeden verfügbaren Raum.“

„Aber du fändest es gut, wenn ich eine Suite im sechsten Stock kriegen könnte?“

„Das wird dir nicht gelingen.“

„Ich werd’s nicht versuchen, wenn du es nicht willst“, sagte er und musterte sie eindringlich.

„Mein Leben ist kompliziert genug“, sagte sie leise. „Auch ohne deinen verführerischen Einfluss.“

„Aber der macht Spaß, und das weißt du genau“, hakte er schnell nach, auch weil er den Eindruck hatte, dass sie endlich bereit war, sich ein wenig zu öffnen. „Falls du das vergessen hast, beweise ich es dir gern heute Abend.“

„Kommt gar nicht infrage. Wir essen zusammen und sagen uns dann Gute Nacht. Das ist alles. Einverstanden?“

„Nicht ganz. Denn als ich vorhin hier reinkam und dich zusammen mit Cole sah, hatte ich nur den einen Wunsch, dir die Klammern aus dem Haar zu ziehen, um deinen Knoten zu lösen.“

„Erstaunlich. Denn ich für meinen Teil habe mir fest vorgenommen, es nicht dazu kommen zu lassen. Also liegt einer von uns total daneben“, meinte sie augenzwinkernd.

Sie flirtet? Aaron schöpfte neue Hoffnung und beugte sich zu ihr hinunter. „Wenn ich dir jetzt den Finger auf den Puls legen würde“, flüsterte er ihr ins Ohr, „dann würde ich spüren, dass du genau das Gleiche willst wie ich. Nämlich mit mir zusammen sein, essen, reden und …“ Er lächelte vielsagend.

„Meinst du? Ja, ich möchte mit dir essen gehen, das stimmt. Und auch mit dir reden, vor allem über all das, was noch in Royal getan werden muss. Und auf welche Weise deine Firma eingesetzt werden kann. Bisher habt ihr uns schon sehr geholfen, und ich bin dankbar, dass wir weiterhin mit eurer Unterstützung rechnen können.“

„Das könnt ihr ganz bestimmt. Aber heute Abend solltest du wirklich mal abschalten. Du musst dich auch mal entspannen und neue Kraft schöpfen. Am besten mit einem netten Mann wie mir. Ein kleiner Flirt, ein, zwei Küsse – du wirst sehen, wie gut dir das tut. Komm, ich bring dich zu deiner Suite.“ Er nahm sie beim Ellbogen und zog sie zu den Fahrstühlen.

Unwillkürlich musste Stella lachen. „Ganz schön energisch!“

„Mein Erfolgsgeheimnis“, meinte er nur, während er sie in den Fahrstuhl einsteigen ließ. Schweigend fuhren sie in den sechsten Stock. Stella ging schnellen Schrittes den Flur entlang, blieb dann vor ihrer Tür stehen und steckte die Schlüsselkarte in den Schlitz. „Danke, Aaron“, sagte sie und wandte sich zu ihm um. „Wir sehen uns dann in der Hotelhalle.“

„Ja. Um sieben?“ Er lehnte sich gegen den Türrahmen und blickte auf Stella hinunter. „Ich freue mich auf heute Abend.“

Ihr Blick war erstaunlich kühl, als sie erwiderte: „Da ich morgen früh rausmuss, sollten wir nicht zu spät ins Bett gehen. Mein Leben hat sich verändert, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben, Aaron. Ich trage jetzt Verantwortung.“

„Okay, einverstanden.“ Was war mit ihr los? Plötzlich spielte sie wieder die Unnahbare. Aber er würde schon noch herausfinden, warum. „Dann bis sieben.“

„Ja. Bis nachher.“ Sie öffnete die Tür, trat schnell ein und schloss sie wieder.

Als er mit dem Fahrstuhl hinunterfuhr, kam er ins Grübeln. Er wusste, dass sie hinterher bedauert hatte, mit ihm ins Bett gegangen zu sein, sosehr sie es währenddessen auch genossen hatte. Aber es passte nicht zu dem Bild, das sie von sich hatte, und später hatte sie sich geärgert, dass sie sich von ihren leidenschaftlichen Gefühlen hatte überwältigen lassen. Ob sie deshalb immer noch ein schlechtes Gewissen hatte?

Irgendwie konnte er das nicht so recht glauben. Es musste noch einen anderen Grund geben, warum sie ihm eine derartige Abfuhr erteilte. Als er unten aus dem Fahrstuhl stieg, war er entschlossen, nicht lockerzulassen, bis er eine Suite in ihrem Stockwerk hatte. Und er hatte Glück. Im sechsten war gerade jemand ausgezogen.

Vielleicht doch mein Glückstag?

2. KAPITEL

Stella Daniels lief nervös in ihrer Suite hin und her, ohne auf ihre Umgebung zu achten. Ihr ging vieles durch den Kopf, und alles hatte mit Aaron zu tun. Als er an den Tisch gekommen war, an dem sie mit Cole saß, hatte ihr Herzschlag für einen Moment ausgesetzt. Er sah noch besser aus, als sie es in Erinnerung hatte, und strahlte eine Energie aus, die ihr schier den Atem raubte. Sein dunkelblondes Haar war kurz geschnitten und der Blick aus seinen hellbraunen Augen so intensiv, dass sie schnell den Blick senkte. Sehnsucht, Furcht, Bedauern, Erregung – all diese Gefühle stiegen in ihr auf. Als sie ihn schließlich ansah und begrüßte, hoffte sie, ihre Verwirrung verbergen zu können. Wie attraktiv er war. Sie freute sich, ihn wiederzusehen. Und doch wünschte sie, er wäre in Dallas geblieben. Denn dass er jetzt hier war, machte alles nur noch schwieriger. Was er natürlich nicht wissen konnte.

Freundlich hatte sie ihm die Hand gereicht, aber sowie sich ihre Finger berührten, fing ihr Puls an zu rasen. Und plötzlich war alles, was sie so verzweifelt zu verdrängen versucht hatte, wieder gegenwärtig. Mit aller Macht holten die Erinnerungen an ihre leidenschaftliche Nacht mit Aaron sie ein. Diese Nacht, in der sie sich ihm mit Leib und Seele hingegeben hatte, was vollkommen untypisch für sie war.

Noch nie hatte sie so etwas getan, war auch nie in Versuchung gekommen, aber Aaron hatte sie einfach nicht widerstehen können. In seinen Armen vergaß sie ihre Prinzipien, ihre Ängste und dachte nicht an mögliche Konsequenzen. Sie hatte diese Liebesnacht einfach nur genossen.

Und nun musste sie dafür bezahlen. Als ihre Periode ausblieb, befürchtete sie, schwanger zu sein. Ein Test hatte diesen Verdacht bestätigt. Mit großer Wahrscheinlichkeit erwartete sie ein Kind von Aaron. Am folgenden Tag hatte sie einen Arzttermin in Austin und würde dann genau wissen, woran sie war. Da sie eine Schwester in Austin hatte, nahm jeder an, sie wolle sie besuchen. Also war sie nicht gezwungen zu lügen. In Royal wollte sie nicht zum Arzt gehen, das würde sich zu schnell herumsprechen. Und sie brauchte Zeit, um zu überlegen, wie sie mit dieser gewaltigen Veränderung in ihrem Leben umgehen wollte. Bevor alle Welt wusste, was mit ihr los war. Besonders Aaron.

Ihre Situation war irgendwie merkwürdig, denn trotz des Testergebnisses konnte sie noch immer nicht glauben, schwanger zu sein. Schließlich waren sie doch nur eine Nacht zusammen gewesen und hatten obendrein verhütet. Nachdenklich musterte sie sich im Spiegel. Sie sah noch genauso aus wie immer, ihre Figur hatte sich nicht verändert. Vielleicht hatte das Ausbleiben ihrer Periode andere Gründe. Auch Schwangerschaftstests waren nicht immer korrekt.

Warum hatte sie bloß zugesagt, mit Aaron essen zu gehen? Aber sie hatte einfach nicht Nein sagen können.

Ihr Haar … was hatte er über ihr Haar gesagt? Auf keinen Fall würde sie es offen tragen, schon um sich ständig vor Augen zu halten, dass sie nicht mit ihm schlafen durfte. Sie würde mit ihm essen gehen, das ja, und sich außerdem mit ihm über die anstehenden Projekte unterhalten. Sie konnten gut zusammen arbeiten. Und wenn er Royal mit seinen Bautrupps wieder verließ, würden sie sich freundlich voneinander verabschieden.

Wenn sich allerdings herausstellte, dass sie schwanger war, konnte es wohl kein Abschied für immer sein.

Sie duschte, föhnte das Haar trocken und fasste es im Nacken zusammen. Eine beigefarbene langärmelige Bluse, ein brauner Wollrock und flache Schuhe – kein sehr aufregendes Outfit, aber dem Anlass und vor allem Stellas Absichten angemessen. Geschminkt hatte sie sich seit ihren späten Teenagerjahren nicht mehr. Denn sie hatte festgestellt, dass Männer selbst dann nicht an ihr interessiert waren. Schon in der Highschool hatte man sie übersehen, es sei denn, sie sollte etwas erklären, was die anderen nicht verstanden hatten.

Und nun würde sie mit Aaron essen gehen. Obwohl sie sich fest vorgenommen hatte, eisern zu bleiben, war sie aufgeregt. Ungeduldig blickte sie auf die Uhr. Endlich war es so weit. Sie griff nach ihrer Handtasche und verließ die Suite. Einen Mantel brauchte sie nicht, da sie hier im Hotel essen würden. Als sie aus dem Fahrstuhl trat, sah sie ihn sofort, und ihr stockte der Atem. Was für ein Mann. Die dunkelblaue Hose umschloss eng die schmalen Hüften, das hellblaue Hemd betonte seine breiten Schultern. Er stand mitten in der Menge und fiel doch sofort auf.

Warum reagierte sie nur so stark auf ihn? Schon bei ihrer ersten Begegnung war sie hingerissen von ihm gewesen, und dabei war er einfach nur er selbst. Jetzt hatte er sie erblickt und sah sie lächelnd an, während er auf sie zukam. Ihr Herz klopfte wie verrückt, und sie senkte schnell den Blick, um sich zu sammeln. Als sie wieder hochsah, stand er bereits vor ihr.

„Gut siehst du aus. Keiner würde auf die Idee kommen, dass du schon seit heute früh auf den Beinen bist.“

„Danke“, sagte sie verlegen, denn sie war sicher, dass er nur höflich sein wollte. Noch nie hatte ein Mann so etwas zu ihr gesagt, aber Aaron war eben ein echter Gentleman, der wusste, wie man sich Frauen gegenüber verhielt.

„Ich habe uns einen Tisch reservieren lassen“, erklärte er, nahm ihren Arm und führte sie in das Hotelrestaurant.

Stella riss die Augen auf. Der Raum hatte sich total verändert. In dem gedämpften Licht glänzte das helle Geschirr auf den weißen Tischtüchern. Auf jedem Tisch stand eine kleine Poinsettia in einem grünen Topf, Lichterketten schufen eine weihnachtlich festliche Atmosphäre. Der Mann am Klavier spielte alte Songs, zu denen sogar einige Paare auf der kleinen Tanzfläche tanzten. Gleich neben dem Klavier stand ein prächtig geschmückter Weihnachtsbaum.

Immer noch staunend ließ Stella sich zu dem reservierten Tisch führen. „In diesem Jahr habe ich noch nicht viele Weihnachtsbäume gesehen“, sagte sie, während sie sich setzte. „Bei all dem Elend rundherum vergisst man fast, dass bald Weihnachten ist.“

„Wirst du mit deiner Familie feiern?“, erkundigte sich Aaron.

„Nein. Meine Eltern haben für Weihnachten nichts übrig. Sie sind jetzt geschieden, und früher war an solchen Festtagen bei uns zu Hause die Hölle los. Darunter habe ich als Kind sehr gelitten.“

„Und deine Schwester in Austin? Werdet ihr zusammen feiern?“

„Vielleicht. Manchmal bin ich Weihnachten bei ihr, manchmal auch bei meiner Mom, die jetzt mit ihrer Mutter in Fort Worth lebt. Sie ist Schulleiterin dort. Nach der Scheidung zog Dad mit seiner Versicherungsagentur nach Dallas. Auch ihn besuche ich manchmal.“

„Und was hast du dieses Jahr vor?“

„Ich werde wohl auch am Vierundzwanzigsten noch bis zum Nachmittag arbeiten. Wahrscheinlich fliege ich anschließend zu meiner Schwester nach Austin, bleibe aber nur eine Nacht und bin am Fünfundzwanzigsten wieder hier. Für viele ist das eine sehr schwierige Zeit, und deshalb plane ich so was wie ein Open House. Das heißt, wer will, kann zu mir zum Weihnachtsessen kommen. Bisher haben sich fünf Leute angesagt.“

„Das ist eine sehr gute Idee, Stella“, meinte Aaron und sah sie bewundernd an.

„Und du? Was hast du vor? Was ist mit deiner Familie?“

Kurz zog er die Augenbrauen zusammen, und sie hatte sofort das Gefühl, die falsche Frage gestellt zu haben. Dann lächelte er wieder. „Meine Eltern wohnen jetzt in Paris in Texas. Normalerweise besuche ich sie über Weihnachten. Mein Bruder lebt in Dallas, wird dieses Jahr aber bei den Eltern sein. Ich laufe gern Ski und bin manchmal während der Feiertage auch auf Skiern unterwegs. In diesem Jahr werde ich wohl hier in Royal bleiben. Du hast recht. Feiertage sind für diejenigen, die ihr Haus oder – schlimmer noch – einen geliebten Menschen verloren haben, besonders schwer zu ertragen. Ich denke da besonders an Cole.“

Er blickte in die Ferne, und Stella überlief plötzlich ein kalter Schauer. Warum hatte sie das Gefühl, dass er sie gar nicht wahrnahm, dass er mit seinen Gedanken ganz woanders war? In der Vergangenheit? Immer deutlicher wurde ihr bewusst, wie schlecht sie ihn kannte. Durfte sie nachfragen, oder fühlte er sich dann bedrängt?

Glücklicherweise kam jetzt der Ober, um ihre Bestellung aufzunehmen. „Was möchtest du trinken?“ Fragend sah Aaron Stella an. Sein Blick war wieder warm und aufmerksam. „Das letzte Mal hattest du Rotwein. Wie wäre es damit?“

„Nein, danke.“ Sie schüttelte den Kopf. „Erst mal nur Wasser. Später nehme ich vielleicht noch was anderes.“ Erstaunlich, dass er sich daran erinnerte, was sie damals getrunken hatte. Wegen der möglichen Schwangerschaft wollte sie jetzt lieber keinen Alkohol. Außerdem wollte sie ihm möglichst wenig Anlass geben, sich an ihre leidenschaftliche Nacht zu erinnern.

„Okay. Also ein Wasser für die Lady und ein Bier für mich.“

Sowie der Ober gegangen war, beugte Aaron sich vor und sah Stella lächelnd an. „Wie wäre es mit einem Tanz, bevor wir unser Essen bestellen? Weißt du schon, was du willst? Letztes Mal hattest du gegrillte Forelle. Ich glaube, die steht auch hier auf der Speisekarte.“

„Ich weiß noch nicht, was ich will. Lass mich erst was aussuchen, bevor wir tanzen.“ Wieder in seinen Armen zu liegen war ein verführerischer Gedanke. Und viel zu gefährlich. Wenn sie doch nur einen guten Grund hätte abzulehnen. Aber Aaron wusste genau, wie gern sie tanzte. Überhaupt schien er sich an ihr letztes und einziges Beisammensein sehr genau zu erinnern. Das überraschte sie, denn sie war davon ausgegangen, dass er inzwischen mit anderen Frauen zusammen gewesen war und sie längst vergessen hatte.

„Gut. Dann sehen wir uns erst mal die Karte an. Wenn der Ober die Getränke bringt, können wir gleich bestellen. Und dann tanzen. Ich weiß doch, wie gern du das tust.“

„Du hast ein gutes Gedächtnis.“

„Ja, für das, was mich wirklich interessiert.“ Er musterte sie nachdenklich.

Autor

Sara Orwig
<p>Sara’s lebenslange Leidenschaft des Lesens zeigt schon ihre Garage, die nicht mit Autos sondern mit Büchern gefüllt ist. Diese Leidenschaft ging über in die Liebe zum Schreiben und mit 75 veröffentlichten Büchern die in 23 Sprachen übersetzt wurden, einem Master in Englisch, einer Tätigkeit als Lehrerin, Mutter von drei Kindern...
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