Sehnsuchsträume in Wedlock Creek

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Ein mit Weihnachtslichtern geschmücktes Zuhause. Ein Ehemann, der sie über alles liebt! Eigentlich müsste Maddie glücklich sein. Denn obwohl sie sich nach einem Unfall nicht an alles erinnern kann, fühlt sich ihre Liebe zu Sawyer unsagbar richtig an. Aber was steht nur zwischen ihnen?


  • Erscheinungstag 20.06.2022
  • ISBN / Artikelnummer 9783751514422
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

„Du bist mein Ehemann?“ Maddie Wolfe versuchte, das Wort Ehemann irgendwie mit dem Fremden zusammenzubringen, der an ihrem Bett saß und ihre Hand hielt.

„Mein Name ist Sawyer Wolfe. Wir sind seit sieben Jahren verheiratet.“

„Dann bin ich also Maddie Wolfe?“ Als sie vor ein paar Minuten aufgewacht war, hatte sie keine Ahnung gehabt, wer sie war, wo sie sich befand oder wer er war. Sie konnte sich an überhaupt nichts mehr erinnern.

Sie warf einen Blick auf die medizinischen Geräte und den Infusionsständer. Auf der Fensterbank standen ein Miniaturweihnachtsbaum, viele Adventssterne und Blumensträuße. Ich bin in einem Krankenhaus!

Vorsichtig betastete sie die schmerzende Beule auf ihrer Stirn und die tiefe Schramme daneben. Das war wohl die Erklärung dafür, warum ihr Kopf wehtat und sie so benebelt war. Ich heiße … Sie versuchte, selbst auf ihren Namen zu kommen, doch Maddie Wolfe kam ihr kein bisschen bekannt vor. Auch ihr Alter und ihre Adresse fielen ihr nicht ein.

Sawyer Wolfe nickte. In seinen grünen Augen spiegelte sich zugleich Erleichterung aber auch Betroffenheit wider. Ihn hatte sie zuerst gesehen, als sie die Augen aufgeschlagen hatte.

„Meine Frau ist aufgewacht!“, hatte er gerufen und dann drei Mal die an ihrem Bett befestigte Ruftaste gedrückt, bevor er ihre Hand ergriffen und immer wieder ihren Handrücken geküsst hatte.

„Deine Frau?“, hatte sie verblüfft gefragt.

Sichtlich verwirrt hatte er sie angestarrt. „Maddie?“

„Maddie?“

„Weißt du, wer du bist? Wer ich bin?“

Sie hatte ihn daraufhin lange angesehen – und es war ein wirklich unvergesslicher Anblick –, dann hatte sie den Kopf geschüttelt.

„Dein Name ist Maddie Wolfe, und ich bin Sawyer Wolfe, dein Ehemann. Du hattest einen Autounfall. Du bist bei starkem Schneefall mit dem Auto gegen eine Leitplanke geprallt.“

Bevor sie ihm weitere Fragen stellen konnte, kam eine Ärztin herein. Auf ihrem Namensschild stand: Dr. Louisa Addison.

„Maddie scheint ihren Namen nicht zu kennen und mich auch nicht“, sagte Sawyer erschrocken zur Ärztin.

Dr. Addison stellte ihr nun viele Fragen, die sie allesamt nicht beantworten konnte. Wie heißen Sie? Was für ein Jahr haben wir? Wer ist der Präsident der Vereinigten Staaten?

Sie warf wieder einen Blick auf den Miniaturweihnachtsbaum und sah, dass er mit Snoopys bestem Freund Woodstock geschmückt war, dem kleinen, gelben Vogel aus Peanuts. Warum erkannte sie Woodstock, wenn sie ohne den Miniaturweihnachtsbaum keine Ahnung gehabt hätte, dass überhaupt Weihnachtszeit war?

Aua, mein Kopf. Sie versuchte, nicht länger über all die Fragen nachzudenken, und fühlte sich sofort besser. Erneut schaute sie den großen Mann an, der dunkle Haare und eine Narbe über der linken Augenbraue hatte. Er wirkte jetzt noch besorgter als vorher.

„Ich erinnere mich an gar nichts mehr. Warum ist das so?“ Sie versuchte, sich zu erinnern, welcher Tag heute war, und ging dann die Wochentage durch. Aber sie wusste einfach nicht, welcher der richtige Tag war. „Warum weiß ich meinen Namen nicht? Sawyer sagte, ich hatte einen Autounfall?“

Dr. Addison nickte. „Sie haben dabei eine Kopfverletzung erlitten, die sich offenbar auf Ihr Erinnerungsvermögen auswirkt. Aber keine Sorge. Sie sind hier in guten Händen. Sie heißen Maddie Wolfe und sind zweiunddreißig Jahre alt. Ihr Ehemann Sawyer Wolfe ist bei Ihnen. Er ist Polizeichef in Wedlock Creek, und Sie befinden sich im Brewer County Hospital in Wyoming.“ Sie verstummte kurz, dann fuhr sie fort. „Sawyer ist in den beiden Tagen, seit Sie hier sind, nicht von Ihrer Seite gewichen.“ Sie lächelte Maddie und Sawyer ermutigend an. „Ihre Eltern und Ihre Schwester waren heute Morgen ebenfalls hier und wollen heute Nachmittag wiederkommen.“

Eltern und eine Schwester? Sie konnte sich nicht einmal an ihre eigene Familie erinnern.

„Ich schicke ihnen sofort eine Textnachricht, dass du wach bist.“ Sawyer stand auf und zog sein Handy aus der Tasche.

Maddie starrte ihn an. Wenn er tatsächlich ihr Ehemann war, dann würde sie sich doch bestimmt an irgendetwas erinnern können. An irgendetwas, das ihr vertraut war. Einen Erinnerungsfetzen an ihren Hochzeitstag oder an sie beide zu Hause. „Kommen meine Erinnerungen wieder zurück?“, fragte sie Dr. Addison verängstigt.

„Eine Amnesie ist eine komplizierte Sache. Es gibt verschiedene Formen. Die Ursache Ihres Gedächtnisverlustes ist wahrscheinlich die Kopfverletzung durch den Unfall. Wir müssen also abwarten. Vor ein paar Jahren hatte ich einen Patienten, der eine vorübergehende Amnesie durch einen schweren Sturz erlitten hat. Sein Erinnerungsvermögen hat innerhalb von drei Wochen wieder vollständig funktioniert.“

„Drei Wochen? Ich erinnere mich vielleicht drei Wochen lang an nichts, was mich angeht?“

„Es kann auch durchaus früher wieder funktionieren. Wir führen jetzt erst einmal ein paar Untersuchungen durch. Danach können Sie voraussichtlich heute noch entlassen werden.“

Entlassen? Wohin? Wo wohnte sie? Bei meinem Ehemann, erinnerte sie sich. Sie schaute Sawyer an, der sich wieder an ihr Bett setzte und ihre Hand in seine beiden Hände nahm.

„Habe ich – haben wir – Kinder?“ Es war doch unmöglich, dass sie sich nicht an ihre eigenen Kinder erinnerte, oder?

„Nein.“ Einen Moment lang wandte er den Blick ab. „Deine Eltern und Jenna werden in fünfzehn Minuten hier sein. Sie sind überglücklich, dass du wach bist. Ich habe ihnen aber schon gesagt, dass du dich vielleicht nicht sofort an sie erinnerst.“

„Jenna?“

„Deine Zwillingsschwester. Ihr beide steht euch sehr nah. Euren Eltern auch. Deine gesamte Familie ist unglaublich toll – sehr warmherzig und liebevoll.“

Maddie sah auf ihre linke Hand. Im Gegensatz zu ihm trug sie keinen Ehering. „Warum trage ich keinen Ehering?“ Als er den Blick senkte, wurde ihr bewusst, dass er nicht darüber reden wollte.

„Es ist jetzt Zeit für die Computertomografie“, sagte Dr. Addison.

„Ich warte so lange hier.“ Sawyer legte ihr sanft die Hand an die Wange.

Als die Krankenpfleger sie zur Tür brachten, bemerkte sie, dass sie Sawyer vermisste. Sie vermisste es, ihn anzusehen, mit ihm zu reden und seine Hand auf der Wange zu spüren. Das musste doch ein gutes Zeichen sein, oder? Selbst wenn sie keinen Ehering trug.

Als Maddie ins Krankenzimmer zurückgebracht wurde, traf gerade ihre Familie ein. Sawyer hatte gehofft, noch eine Weile mit ihr allein zu sein, aber das konnte er ja zu Hause nachholen.

„Maddie!“, rief April MacLeod und nahm ihre Tochter fest in die Arme. „Lass dich mal ansehen. Was für eine Beule! Aber die wird blitzschnell wieder verschwinden. Wir haben Hühnersuppe von diesem schicken Gourmetlokal in Brewer mitgebracht, wo du so gern isst. Du liebst doch Hühnersuppe.“

April hielt inne und starrte Maddie dann an. „Habe ich dir überhaupt gesagt, wer ich bin? Ich bin deine Mutter. Du und deine Schwester seid mein Ein und Alles.“ Sie legte den Arm um die Schultern ihres großen, grauhaarigen Ehemannes. „Und mit diesem Mann bin ich nächsten Sonntag seit vierunddreißig Jahren verheiratet.“

„Ich bin so froh, dass du wach bist, mein Mädchen.“ Ace MacLeod umarmte seine Tochter sanft. „Du hast uns zu Tode erschreckt.“

Jenna MacLeod, die im sechsten Monat schwanger war, nahm ihre Zwillingsschwester ebenfalls in die Arme. „Es heißt, dass du dich an nichts erinnerst. Glaub mir, wir sind unvergesslich. Dein Gedächtnis kommt ganz schnell wieder zurück.“

Maddie lächelte schüchtern. „Das hoffe ich, denn ihr scheint Leute zu sein, die ich definitiv gern kennen würde.“

April lachte. „Du liebst uns und kannst einfach nicht genug von uns bekommen. Aber schone dich erst einmal. Zur Arbeit kommst du erst wieder, wenn die Ärztin dir grünes Licht gibt.“

„Arbeit? Was mache ich denn überhaupt?“

„Du managst das Familiengeschäft – MacLeod’s Multiples Emporium.“

„Ein Kaufhaus für Mehrlinge?“

„Unsere Heimatstadt Wedlock Creek ist berühmt für seine Mehrlinge“, erklärte ihre Mutter daraufhin. „Um die Wedlock Creek Wedding Chapel rankt sich eine Legende: Die Paare, die darin heiraten, werden allesamt mit Mehrlingen gesegnet – ob nun durch Zufall, die Ehe oder ein wenig Hilfe von der Wissenschaft.“

„Und wie war das bei Jenna und mir?“ Sie grinste.

„Mehrlinge liegen sowohl in meiner Familie als auch in der Familie eures Vaters. Da es in der Stadt so viele Mehrlinge gibt, haben wir vor fünfundzwanzig Jahren ein Geschäft eröffnet, das sich nur Zwillingen, Drillingen, Vierlingen und Fünflingen widmet.“

April warf Sawyer einen Blick zu und lächelte dann Maddie an. „Wir gehen jetzt erst mal, damit du entlassen werden kannst. Sawyer bringt dich nach Hause. Wir rufen aber später an und fragen, wie es dir geht.“

Nach weiteren Untersuchungen und letzten Anweisungen von Dr. Addison wurde Maddie tatsächlich entlassen. „Vorhin habe ich deine Mom gebeten, bei unserem Haus vorbeizufahren und dir Kleider und deine Lieblingsstiefel zum Anziehen mitzubringen.“ Sawyer gab ihr eine Tasche.

„Danke.“ Sie ging ins Bad.

Er war sich sicher, dass sie ihn bald erneut fragen würde, warum sie ihren Ehering nicht trug, aber er wollte einfach nicht darüber reden. Eigentlich sollte er froh sein, dass sie vergessen hatte, warum sie am Morgen des Autounfalls weggefahren war.

Leider konnte er nicht zurücknehmen, was er gesagt hatte, selbst, wenn er es nicht so gemeint hatte. Er war so wütend und frustriert gewesen. Aber er hatte es gesagt – auch wenn Maddie sich momentan nicht mehr daran erinnerte. Er musste ihr dennoch die Wahrheit sagen.

Sie erinnerte sich auch nicht mehr daran, wie sehr es in den vergangenen Monaten in ihrer Ehe gekriselt hatte. Ihre Gespräche hatten am Schluss immer in Auseinandersetzungen geendet. Die Situation war vollkommen verfahren gewesen.

Es ist, als wenn wir neu anfangen könnten. Doch Maddie war immer noch die Frau, die sie gewesen war, und wollte immer noch, was sie zuvor gewollt hatte. Außerdem würde ihr Erinnerungsvermögen innerhalb von ein paar Wochen zurückkehren – und dann würden sie sich in genau derselben Situation befinden wie vorher.

Sein Handy summte. Eine Textnachricht von dem Berufseinsteiger Justin Mobley.

Hallo Chef,

Annie Potterowskis Beagle hat vorhin in der Hochzeitskapelle eine Brezel aus der Hand eines Jungen geschnappt. Die Eltern wollen jetzt Anzeige erstatten. Anscheinend ist es schon zum zweiten Mal in diesem Monat passiert. Ich kümmere mich darum.

In Wedlock Creek wurde die Hälfte der Verbrechen von verfressenen Beagles begangen. Die andere Hälfte bestand aus abgelaufenen Autozulassungen, Vandalismus, vereinzelten Diebstählen, Autounfällen, Prügeleien und gelegentlich auch mal aus ernsteren Vorfällen.

Maddie kam jetzt aus dem Bad. Sie trug ihre wunderschönen langen, hellbraunen Haare offen, einen cremefarbenen Pulli, Jeans sowie die roten Cowboystiefel, die sie so liebte, und sah wieder viel mehr wie sie selbst aus.

„Ich habe mich lange im Spiegel angestarrt“, sagte sie lächelnd. „Abgesehen vom Schwangerschaftsbauch sehe ich Jenna tatsächlich sehr ähnlich.“

Einen Moment lang stieg Panik in ihm auf. Konnte sie sich wieder an alles erinnern? Denn dann würde sie garantiert nirgendwo mit ihm hinfahren. Aber offenbar erinnerte sie sich nicht daran, wie oft sie und Jenna darüber geredet hatten, gleichzeitig schwanger zu werden. „Können wir gehen?“

„Ja.“

Ihm blind zu folgen und weder ihre Vergangenheit noch ihn oder sonst irgendjemanden zu kennen, musste sehr seltsam für sie sein. „Maddie, ich möchte, dass du weißt, wie sehr ich dich liebe. Ich liebe dich, seit wir fünf Jahre alt waren, und werde dich immer lieben. Sag mir also bitte, wenn ich die Situation in irgendeiner Weise angenehmer für dich machen kann, in Ordnung?“

„Danke. Du hast gesagt, du liebst mich, seit wir fünf Jahre alt waren?“

„So lange kennen wir uns schon. Damals sind mein Vater und ich in das Haus neben deinem Elternhaus gezogen.“

„Dann blicken wir ja auf eine wirklich lange Vergangenheit zurück. Ich wünschte, ich könnte mich daran erinnern, Sawyer.“

„Bald wirst du dich wieder daran erinnern, ganz bestimmt.“

„Wow, ist das hübsch hier“, sagte sie, als sie nach der halbstündigen Fahrt in Wedlock Creek ankamen. „All die Geschäfte und Restaurants sind so wunderbar weihnachtlich dekoriert. Oh, sieh mal.“

Er warf einen Blick auf die vor hundert Jahren erbaute Wedlock Creek Wedding Chapel. Sogar nachmittags an einem Werktag liefen dort Touristen herum. Einige Frauen trugen weiße Brautkleider. Die Imbissstände am Ende der Main Street machten an diesem kalten Dezembertag ein gutes Geschäft.

Annie und Abe Potterowski, die betagten Verwalter und amtierenden Geistlichen der Kapelle, führten gerade ihren verfressenen Beagle aus. Die Bürger in Wedlock Creek mochten den Hund, der eine Art Maskottchen für die Kapelle war, aber seine Angewohnheit, Menschen das Essen aus der Hand zu schnappen, war leider nur niedlich, wenn es jemandem zum ersten Mal passierte.

„Das ist die Hochzeitskapelle, von der deine Mutter erzählt hat.“

„Haben wir hier auch geheiratet?“

Er nickte. Bitte frag mich nicht, was du garantiert als Nächstes fragen wirst.

„Aber wir haben keine Mehrlinge?“

„Nein.“ Schnell fuhr Sawyer fort: „Das hier ist unser Zuhause.“ Er hielt vor dem letzten Haus in der Einbahnstraße an. Es war ein cremefarbener Baubungalow im Arts-und-Crafts-Stil – zumindest hatte Maddie das Haus immer so bezeichnet.

Sie stieg aus. „Wow, hier wohnen wir? Das Haus ist wunderschön. Die glitzernden Weihnachtslichter an den Bäumen lassen es wie ein bezauberndes Cottage aussehen.“

Maddie und er hatten an dem Tag, an dem er die Lichterketten angebracht hatte, nicht miteinander geredet. Er hatte einfach etwas für sie – für sie beide – tun wollen. Deshalb hatte er eine Stunde damit verbracht, die Bäume im Vorgarten und die Veranda mit Lichterketten zu dekorieren.

„Du hast dich bereits in dieses Haus verliebt, als du noch ein Kind warst.“ Er reichte ihr ihren Schlüsselbund. „Es wurde Anfang des neunzehnten Jahrhunderts gebaut. Du hast es immer gesehen, als du Zeitungen ausgetragen hast, und gesagt, dass du eines Tages in diesem Traumhaus wohnen wirst. Und das tust du jetzt.“

„Wie lange wohnen wir denn schon hier?“

„Ich habe es für dich als Überraschung für den Tag gekauft, an dem ich dir den Heiratsantrag gemacht habe. Nachdem mein Kaufangebot angenommen wurde, habe ich dich gefragt, ob du meine Frau werden willst. Dieses Angebot wurde ebenfalls angenommen.“ Lächelnd erinnerte er sich daran zurück, dass sie ihm um den Hals gefallen war, sein Gesicht mit Küssen bedeckt und vor lauter Aufregung vollkommen vergessen hatte, Ja zu sagen.

Er hatte anschließend zu ihr gesagt, dass er noch eine Überraschung für sie habe, und war mit ihr zu dem Haus gefahren. Erst dann hatte er sie daran erinnert, dass sie seine Frage noch gar nicht beantwortet hatte. Sie hatte vor Freude geweint, ihre Hände an seine Wangen gelegt und gerufen: Ja, Sawyer! Für immer ja.

Maddie warf einen Blick auf den Schlüsselbund. „Daran ist ja ein kleiner Woodstock aus Keramik befestigt. Der Miniaturweihnachtsbaum in meinem Krankenzimmer war ebenfalls mit zwei gelben kleinen Vögeln geschmückt.“

„Du magst Vögel im Allgemeinen und liebst Woodstock. Schon immer. Als wir Kinder waren, habe ich dir deshalb zu jedem Geburtstag irgendeinen Woodstock-Fanartikel geschenkt. Der Schlüsselanhänger war mein Geschenk zu deinem vierzehnten Geburtstag.“

„Wirklich?“ Sie lächelte.

Er nickte. „Lass uns ins Haus gehen.“

Sie öffnete die Tür und betrat den Flur. „Es gefällt mir!“ Sie deutete mit dem Kopf auf den farbenfrohen, runden Teppich und das Vintage-Plakat Le Chat Noir an der Wand. „Oh, du liebe Güte, wer ist das denn?“, fragte sie begeistert, als ein Deutscher Schäferhund wimmernd zu ihr lief und sich vor ihre Füße setzte.

„Das ist Moose, seit drei Jahren Polizeihund im Ruhestand. Als ich Detective war, haben wir jahrelang zusammengearbeitet. Er ist elf Jahre alt und vergöttert dich.“

„Hallo, Moose.“ Sie streichelte den Hund.

„Er hat dich in den letzten zwei Tagen sehr vermisst.“ Genau wie ich. Ich habe gebetet, dass du aufwachst und alles wieder in Ordnung ist.

„Gib mir deine Jacke.“ Er hängte ihre Daunenjacke und seinen Mantel in den Flurschrank und beobachtete, wie sie sich im Wohnzimmer umsah.

Sie betrachtete die vielen Fotos, nahm das gerahmte Hochzeitsfoto vom Kaminsims und stellte es dann mit hängenden Schultern wieder zurück. „Ich kann mich nicht an mein Leben erinnern, und dabei ist es offensichtlich ein wundervolles Leben. Eine liebevolle Familie, ein gutaussehender, hingebungsvoller Ehemann, ein schönes Zuhause und noch dazu ein süßer Hund namens Moose.“

Mit Tränen in den Augen sank sie aufs Sofa. Moose lief zu ihr und legte den Kopf auf ihren Schoß. Sie umarmte den Hund und verbarg ihr Gesicht in seinem Fell.

Sawyer setzte sich neben sie und platzte dann mit dem heraus, was ihn die ganze Zeit schon bedrückte: „Es ist meine Schuld, dass du den Autounfall gehabt hast, Maddie. Ich habe etwas gesagt, das dich aus der Fassung gebracht hat, dann bist du ins Auto gestiegen und schnell weggefahren, um von mir wegzukommen.“

„Was hast du denn gesagt?“

„Dass wir uns vielleicht wirklich trennen sollten.“ Er schloss einen Moment lang die Augen. Er hatte es gehasst, das zu sagen. Das erste Mal und auch jetzt.

„Deine Betonung lag auf wirklich. Hat jemand anderes diesen Vorschlag zuerst gemacht? Ich vielleicht?“

„Vor dem Unfall hatten wir gerade unsere wöchentliche Sitzung bei unserer Paartherapeutin hinter uns. Wir sind zu ihr gegangen, damit sie uns hilft, mit einer verfahrenen Situation umzugehen. Sie sagte, da wir beide offenbar nicht nachgeben wollen, sollten wir vielleicht an eine Trennung denken. Ich war daraufhin so aufgebracht, dass ich gegangen bin. Du bist mir gefolgt. Wir haben draußen miteinander gestritten, und ich habe gesagt, dass wir uns vielleicht wirklich trennen sollten.“

„Wie konnte es denn so weit kommen? Was hat denn zwischen uns gestanden?“

„Die Gründung einer Familie.“

„Ah.“ Maddie sah auf ihre linke Hand hinunter. „Jetzt ergibt all das einen Sinn. Ich war wütend auf dich. Deshalb habe ich den Ehering abgenommen, bevor ich ins Auto gestiegen und weggefahren bin?“

„Stimmt genau. Du hast den Ring abgestreift und ihn mir gegeben. Er ist noch in meiner Brieftasche.“ In diesem Augenblick hatte er das Gefühl gehabt, ihm würde der Boden unter den Füßen weggezogen werden.

„Ich nehme an, dass ich diejenige war, die Kinder haben wollte?“

Sawyer nickte.

„Und du warst zufrieden mit dem, was du hattest – Frau, Hund und Job.“

Er nickte wieder.

„Sieben Jahre lang verheiratet. Zweiunddreißig Jahre alt. Das scheint doch ein vernünftiger – fast schon ein ziemlich später – Zeitpunkt zu sein, um eine Familie zu gründen.“

„Ich wollte niemals Kinder haben, du immer. Du hast einfach darauf vertraut, dass ich meine Meinung im Laufe der Zeit ändern würde. Obwohl ich dich gewarnt hatte, hattest du keinen Zweifel daran, dass ich irgendwann doch noch Vater werden will.“

Sie neigte den Kopf zur Seite. „Und das willst du immer noch nicht?“

Er stand auf und ging zum Fenster. „In den letzten beiden Tagen, in denen du im Krankenhaus lagst und ich keine Ahnung hatte, ob du je wieder aufwachen würdest … Ich habe so um dein Leben gefeilscht. Ich habe Gott sogar versprochen, dass ich mit zehn Kindern einverstanden wäre, wenn du nur aufwachen würdest. Mit so vielen Kindern, wie du willst.“

„Also werden wir zehn Kinder haben?“

Er drehte sich zu ihr um. „Wenn es das ist, was du wirklich willst.“

„Weil du dem Universum einen Handel angeboten hast?“

Sawyer nickte. „Dich zurückzubekommen, war das Wichtigste für mich. Also ja. Zehn Kinder.“

Sie starrte ihn an. „Mich wieder erinnern zu können, ist alles, was ich im Augenblick will. Vielleicht wird dadurch, dass ich mit dir in meinem Zuhause bin, ja irgendeine Erinnerung ausgelöst.“

Er hoffte es sehr. Bis dahin hatten sie die seltene Chance, unbelastet von ihrer Ehekrise des letzten Jahres zusammen zu sein. Er hatte ihr gegenüber den Vorteil, alles zu wissen, doch das würde er keinesfalls ausnutzen. Er war immer ehrlich zu ihr gewesen und liebte sie über alles.

2. KAPITEL

Maddie musste alles, was sie bis jetzt erfahren hatte, erst einmal verdauen. Also schlug sie ihm eine Besichtigungstour durch das Haus vor. Sie folgte Sawyer in den ersten Stock und bewunderte dabei die Fotos von ihnen beiden, die an der Wand hingen. Aus Kindheitstagen bis vor Kurzem. Sie blickten also wirklich auf eine lange Vergangenheit zurück.

Im ersten Stock gab es vier Zimmer. Zuerst öffnete er die Tür des Gästezimmers. Das Zimmer daneben stand leer. „Wussten wir nicht, was wir mit dem Raum anfangen sollten?“

„Du hattest es als Kinderzimmer vorgesehen.“ Er sah hastig weg.

„Ah.“ Sie warf einen Blick in das Zimmer. Hellgraue Wände, Holzboden, vier große Fenster, ein Wandschrank. Möbliert würde es bestimmt ein sehr schönes Kinderzimmer sein. Sie stellte sich vor, dass sie jeden Tag in dem Bewusstsein, dass dieses Zimmer weiter leer stehen würde, daran vorbeigegangen war. Das muss in mir geschwelt haben. In uns beiden. Es war eine ständige Erinnerung an die verfahrene Situation.

Er öffnete die nächste Tür. „Das ist unser Schlafzimmer.“

In dem großen, behaglichen Raum stand ein Himmelbett zwischen zwei Fenstern. Auf einem Nachttisch lag ein Buch über die Geschichte Wyomings und auf dem anderen Nachttisch ein Krimi.

Sie fragte sich unwillkürlich, welches Buch sie wohl gelesen hatte, und wie es wäre, sich unter die kuschelige Daunendecke neben einen Mann zu legen, der ihr Ehemann war – den sie aber überhaupt nicht kannte.

„Ich kann im Gästezimmer oder auf dem Sofa schlafen, bis dein Gedächtnis wieder zurückkommt. Ich will nicht, dass du dich unbehaglich fühlst.“

Kann er etwa meine Gedanken lesen? „Da die tägliche Routine vielleicht meinem Erinnerungsvermögen auf die Sprünge hilft, machen wir wohl am besten das, was wir immer tun. Du bist schließlich mein Ehemann. Vom Kopf her weiß ich das.“

Er nickte und schien erleichtert zu sein.

Also würde sie heute Nacht neben ihm schlafen. Dieser aufregende Gedanke löste augenblicklich ein Kribbeln in ihr aus, denn Sawyer war sehr attraktiv. Ihr gefiel, dass er sie ansah, als wäre sie etwas ganz Besonderes für ihn.

Außerdem mochte ihre Familie ihn offenbar sehr, und er war groß, stark, Polizeichef in Wedlock Creek und wirkte allgemein sehr vertrauenswürdig.

Autor

Melissa Senate
<p>Melissa Senate schreibt auch unter dem Pseudonym Meg Maxwell, und ihre Romane wurden bereits in mehr als 25 Ländern veröffentlicht. Melissa lebt mit ihrem Teenager-Sohn, ihrem süßen Schäfermischling Flash und der spitzbübischen Schmusekatze Cleo an der Küste von Maine im Norden der USA. Besuchen Sie ihre Webseite MelissaSenate.com.</p>
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