Eine heiße Nacht mit dem Feind

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Der Streit mit ihrem Nachbarn Tony Milan dauert schon viel zu lange. Eine neue Strategie muss her! Bei einer Junggesellen-Auktion ersteigert Lindsay einen Abend mit dem Rancher, um ihn nach allen Regeln der Kunst zu becircen. Der Plan scheint aufzugehen - bis Tony sie heiß küsst. Sie kann nicht anders, als sich ihrem Feind mit allen Sinnen hinzugeben. Doch schon am Morgen beginnt der Streit aufs Neue. Mit diesem Mann wird Lindsay nie glücklich werden! Auch wenn sie sich mit jeder Faser ihres Körpers nach seiner Zärtlichkeit sehnt …


  • Erscheinungstag 20.02.2018
  • Bandnummer 2016
  • ISBN / Artikelnummer 9783733720292
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Tony Milan kam sich lächerlich vor, während er hinter der Bühne des eleganten Ballsaals im Dallas Country Club wartete. Daher schwor er sich, zukünftig vorsichtiger zu sein, bevor er eine Wette mit seinem ältesten Bruder Wyatt abschloss. Vergangenen April hatte er beim Wildpferd-Rodeo haushoch gegen ihn verloren, und daher stand er nun beim diesjährigen Wohltätigkeitsball hinter der Bühne und wartete darauf, bei einer Auktion an die Meistbietende versteigert zu werden. Das einzig Tröstliche war, dass die Veranstaltung einem guten Zweck diente und der Erlös der Parkinson-Forschung zugutekam.

Als Tony sich zu Beginn des Abends hinter die Bühne begeben hatte, war es ihm gelungen, einen Blick auf die Gäste zu werfen, zu denen vorwiegend attraktive Frauen in Designerroben zählten, die sich in Begleitung von Männern in maßgeschneiderten Smokings befanden. Offensichtlich hatte nur ein erlesener Zirkel mit den notwendigen finanziellen Mitteln eine Einladung zu der Gala erhalten, bei der die meistbietenden Frauen – so versprach die Broschüre – einen Abend mit den „begehrtesten Junggesellen von Texas“ gewinnen konnten. Anfangs hatte Tony bezweifelt, dass Frauen bereit waren, viel Geld für eine Verabredung mit einem Mann auszugeben, doch nach dem ersten Gebot wurde er eines Besseren belehrt. Die Texas-Rancher, die vor ihm unter den Hammer kamen, erzielten beachtliche Preise.

Während er dem Junggesellen hinterhersah, der gerade die Bühne verließ, konnte Tony sich nicht erinnern, sich je so fehl am Platz gefühlt zu haben. Dann hörte er, wie sein Name aufgerufen wurde.

Er holte tief Luft und setzte ein strahlendes Lächeln auf, bevor er hinaus in das grelle Licht der Scheinwerfer trat und sich dem Publikum präsentierte. Applaus brandete auf, als er den Gästen zuwinkte, die er gegen das gleißende Licht nur schemenhaft wahrnehmen konnte.

Nachdem der Conférencier noch einmal Tonys Status als Junggeselle betont hatte, bat er um das erste Eröffnungsangebot. Es überraschte Tony, wie viele Frauen sich beteiligten, doch als die Summe nach oben schnellte, sprang eine nach der anderen ab, und es blieben nur noch drei Bieterinnen übrig.

Perplex, aber durchaus geschmeichelt angesichts des Preises, den er erzielen würde, stolzierte er grinsend über die Bühne. Dabei kletterte die Summe weiter nach oben.

Zu den drei Bieterinnen zählte auch eine seiner Exfreundinnen, die an einem Tisch in der ersten Reihe saß. Doch Tony hoffte, dass sie nicht den Zuschlag erhalten würde, denn er hatte ihre Affäre damals unmissverständlich beendet, als sie begann, mehr in die Sache hineinzuinterpretieren. Tony Milan war nicht für eine langfristige Beziehung zu haben. Er flirtete gern und genoss es, mit verschiedenen Frauen auszugehen, doch an einer festen Bindung war er nicht interessiert. Zum Glück stieg seine Exfreundin nach ein paar weiteren Geboten aus, und es blieben nur noch zwei Frauen übrig. Schließlich gab eine von ihnen auf, und der Auktionator ließ seinen Hammer niedersausen.

„Wir haben eine Gewinnerin“, sagte er und schien sichtlich stolz auf die erzielte Summe, die dem wohltätigen Zweck zugutekommen würde. „Darf ich die glückliche Dame auf die Bühne bitten?“

Tony konnte seine Neugier kaum zügeln. Der Strahl eines Scheinwerfers glitt über die Zuschauermenge und blieb schließlich an einem Tisch auf der rechten Seite des Saals hängen. Sofort schnellte Tonys Puls in die Höhe, als eine atemberaubende Blondine aufstand. Ihr Haar war zu einer kunstvollen Frisur hochgesteckt, aus der sich einige Locken gelöst hatten und ihr ins Gesicht fielen. Sie trug ein knallrotes eng anliegendes Kleid, das eine aufsehenerregende Figur umschmeichelte. An den schlanken Schultern glitzerten mit kleinen Schmucksteinen besetzte Träger, und ihre vollen Brüste wurden durch den tiefen Ausschnitt sehr vorteilhaft betont.

Einer der Saaldiener half der Gewinnerin die Stufen zur Bühne hinauf, und endlich konnte Tony sie richtig in Augenschein nehmen. Beim Anblick ihrer langen wohlgeformten Beine, die unter dem hochgeschlitzten Rock zum Vorschein kamen, hatte Tony plötzlich nichts mehr gegen die Auktion und den vor ihm liegenden Abend einzuwenden.

Als die Blondine die Bühne überquerte, betrachtete Tony ihr Gesicht. Sie stammte offensichtlich nicht aus der Gegend, denn er hatte sie noch nie zuvor gesehen. Dennoch hatte er das Gefühl, dass er sie von irgendwoher kannte. Irgendetwas an ihren Zügen kam ihm vertraut vor. Vielleicht … nun ja, sie besaß eine gewisse Ähnlichkeit mit seiner Nachbarin und Erzfeindin Lindsay Calhoun.

Sofort schob er diesen Gedanken wieder beiseite. Die Frau konnte unmöglich Lindsay Calhoun sein. Flüchtig tauchte ein Bild von seiner Nachbarin vor seinem geistigen Auge auf, wie sie in ihren engen Jeans, die Haare zum Zopf geflochten und mit einem alten schäbigen Hut auf dem Kopf, in einem mit Schlamm bespritzten Pick-up über ihre Ranch fuhr. Oder wie sie ihm vorgeworfen hatte, Wasser von ihrer Ranch zu stehlen. Doch so etwas Unethisches würde er keinem seiner Nachbarn antun, nicht einmal Lindsay. Sie war einfach nur störrisch wie ein Esel, nahm niemals einen Rat von ihm an und würde ihm nicht einmal zustimmen, wenn er behauptete, dass die Sonne im Westen unterging.

Doch vor allem war sie sehr ernsthaft, und es ging ihr immer nur ums Geschäft. Nach all ihren Auseinandersetzungen hatte sich Tony ernsthaft gefragt, ob sie sich irgendwann auch einmal amüsierte. Kurzum: Diese Frau, die den Abend mit ihm gewonnen hatte, konnte unmöglich Lindsay sein.

Tonys Neugier stieg ins Unermessliche, als der Auktionator die Hand der mysteriösen Schönheit in die Luft reckte, als wäre sie die Gewinnerin eines Boxkampfes, und sie dem Publikum präsentierte.

„Unsere Gewinnerin – die wunderschöne Lindsay Calhoun aus Texas!“

Tony war fassungslos. Noch einmal betrachtete er sie genauer. Warum hatte sie das getan? Ihre Familien lagen miteinander im Clinch, seit sich ihre Vorväter in Texas niedergelassen hatten, und er und Lindsay hielten diese Fehde nur zu bereitwillig am Leben. Daher würde sie niemals auch nur einen Cent für einen Abend mit ihm ausgeben. Vor allem da sie eigentlich nur mit ihm redete, um ihm Anschuldigungen an den Kopf zu werfen.

Konzentriert kniff er die Augen zusammen, so als könne er dadurch klarer sehen, und starrte sie wie gebannt an. Sie sah so gar nicht aus wie seine Nachbarin.

Ein Mann in einem schwarzen Smoking brachte sie zu Tony, während der Auktionator mit der Versteigerung des nächsten Junggesellen begann.

„Lindsay?“, fragte Tony, doch es klang eher wie ein Krächzen. Die Frau vor ihm war einfach umwerfend. Nie im Leben hätte er geglaubt, dass ein bisschen Make-up eine solche Verwandlung bewirken konnte.

In ihren großen blauen Augen erschien ein belustigtes Funkeln, und als sie sich zu ihm vorbeugte, nahm er den Duft ihres exotischen Parfüms wahr. Auch das wollte ganz und gar nicht zu der Lindsay passen, die er kannte.

„Mach den Mund zu, Tony“, raunte sie ihm zu. „Und hör auf, mich so anzustarren.“

„Lindsay, scheinbar kennen Sie Ihren Junggesellen bereits“, meldete der Mann in dem Smoking sich zu Wort. „Tony, das ist Lindsay Calhoun.“

„Wir sind uns schon einmal begegnet.“ Tony war nicht sicher, ob er die Worte laut ausgesprochen hatte. In seinem Hirn herrschte absolutes Chaos, und er konnte einfach nicht den Blick von Lindsay abwenden. Er kannte sie bereits sein ganzes Leben und war niemals versucht gewesen, sie auch nur eines zweiten Blickes zu würdigen. Außerdem hatte er sie stets für eine furchtbare Nervensäge gehalten. Zu behaupten, sie sei nicht sein Typ, war die Untertreibung des Jahrhunderts.

Doch gab es noch eine andere Seite an ihr? Warum war Lindsay hier? Warum hatte sie ein kleines Vermögen geboten, um den Abend mit ihm zu verbringen? Ganz offensichtlich wollte sie etwas von ihm.

Ging es ihr bei all dem etwa um das Wasser? Als er an ihre zornigen Worte bei dem besagten Streit zurückdachte, schloss Tony diese Möglichkeit sofort wieder aus. Sie hatte ihn beschuldigt, mit neuen, größeren Pumpen mehr Grundwasser aus dem gemeinsamen Reservoir abzuzapfen, als ihm zustand. Auf seinen Ratschlag hin, ebenfalls tiefere Brunnen zu graben, hatte sie jedoch nur erwidert, dass diese Mehrausgaben ohne seine größeren Pumpen gar nicht notwendig seien. Dabei war sie wieder einmal nur zu stur gewesen, ihm zu glauben und einen Rat von ihm anzunehmen.

Als sie dann anfing, ihn als hinterhältige Schlange und Schlimmeres zu betiteln, was ihn regelrecht zur Weißglut trieb, hatte er sie einfach stehen lassen, während sie ihm weitere Schimpfwörter hinterherrief.

Das war die Lindsay Calhoun, die er kannte. Doch die Frau, die ihm nun an diesem Abend gegenüberstand, führte mit Sicherheit auch etwas im Schilde. Zu seiner Überraschung war ihm das jedoch ziemlich egal. Die Ranch und der Nachbarschaftsstreit waren vergessen. Stattdessen genoss er den Anblick einer der schönsten Frauen, denen er je begegnet war.

Daher hörte er auch gar nicht richtig zu, als der Mann im Smoking ihnen den weiteren Verlauf des Abends erläuterte, an dem sie mit einer Limousine zum Flughafen chauffiert werden und in einem Privatjet zu einem exklusiven Abendessen nach Houston geflogen würden.

„Ich brauche einen Moment, um den Schock zu überwinden“, sagte Tony kopfschüttelnd, als der Mann sie einen Moment allein ließ.

„Nimm dir alle Zeit der Welt. Ich habe lange auf diesen Moment gewartet“, sagte Lindsay gedehnt. „Wenn es nötig gewesen wäre, hätte ich noch viel mehr für diesen Abend mit dir bezahlt.“

„Glaub mir, wenn du in diesem Aufzug zu meiner Ranch rübergekommen wärst, hätte ich dir einen ganzen Abend lang meine volle Aufmerksamkeit geschenkt, und du hättest keinen Cent dafür zahlen müssen. Auch wenn das hier natürlich einem guten Zweck dient.“

„Es dient gleich zwei guten Zwecken“, erwiderte sie verführerisch, und Tonys Puls beschleunigte sich erneut.

„Lindsay, ich bin noch nie in meinem Leben in Ohnmacht gefallen, aber nun kann ich für nichts mehr garantieren. Mich hält nur der Umstand aufrecht, dass ich dich weiter ansehen möchte.“

„Ich hatte schon Angst, du würdest mir einen Korb geben, nachdem du gesehen hast, wer den Zuschlag bekommen hat.“

„Ich würde mir den Abend mit dir um nichts in der Welt entgehen lassen, selbst wenn ich das Doppelte wie du zahlen müsste“, entgegnete er spontan.

„Ich bringe Sie jetzt zu Ihrer Limousine“, erklärte der Mann in dem schwarzen Smoking, der sich inzwischen wieder zu ihnen gesellt hatte. „Doch zuerst müssten Sie, Miss Calhoun, die Zahlungsmodalitäten erledigen.“

„Natürlich“, erwiderte sie. „Ich sehe dich in ein paar Minuten, Tony“, fügte sie atemlos hinzu.

Wieso klang Lindsay plötzlich so sexy? Tony erinnerte sich nur allzu gut daran, wie sie den Arbeitern auf der Ranch mit lauter, autoritärer Stimme Befehle zurief. In diesem Moment drehte sie sich noch einmal zu ihm um und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln, bei dessen Anblick ihm die Knie weich wurden und das Atmen schwerfiel.

Oft genug hatte er sie auf der Ranch in Aktion gesehen und daher Mühe, die burschikose, herrische Rancherin mit der atemberaubenden Frau in dem roten Kleid in Einklang zu bringen. Langsam ließ er den Blick von ihrem nackten Rücken zu ihrer schmalen Taille und von dort zu ihren geschwungenen Hüften wandern, die sie beim Gehen aufreizend hin und her wiegte.

Jetzt betrachtete er ihre hohen Absätze und hätte schwören können, dass sie noch nie in ihrem Leben High Heels getragen hatte, und doch bewegte sie sich darin graziös wie eine Tänzerin. Er fuhr sich mit der Hand über die erhitzte Stirn. Dieser Abend wurde langsam zum seltsamsten seines Lebens.

Sie hatte ihn völlig in ihren Bann gezogen, und Tony erkannte, dass er sich dringend zusammenreißen musste. Schließlich war es immer noch Lindsay, mit der er es hier zu tun hatte, und sie hatte sehr viel Mühe auf sich genommen, um ihm etwas abzuringen. Doch Tony erschien es in diesem Augenblick beinah unmöglich, der Schönheit in dem roten Kleid etwas abzuschlagen, die gerade ein paar Meter von ihm entfernt einen Scheck über Tausende von Dollar ausstellte, um einen Abend mit ihm zu verbringen. Nicht einmal eine ganze Nacht, sondern nur ein Abendessen und vielleicht einen oder zwei Tänze.

Doch Lindsay Calhoun interessierte sich nicht für Verabredungen und Tanzabende. Misstrauisch musterte Tony sie. Wie weit würde sie an diesem Abend gehen, um zu bekommen, was sie wollte?

Schließlich gab er den Versuch auf, ihre Motive zu ergründen.

Trotzdem konnte er den Blick nicht von ihr abwenden. Das hautenge rote Kleid überließ nichts der Fantasie. Warum hatte sie all die Jahre ihre aufsehenerregende Figur verborgen? Warum trug sie ihr Haar immer zu einem Zopf zusammengebunden? Während er ihr wunderschönes seidig-blondes Haar betrachtete, das zu einer kunstvollen Frisur hochgesteckt war, fragte er sich, ob er es an diesem Abend endlich einmal offen sehen würde.

Lindsay wirkte wie die Versuchung in Person, und er wusste, dass er auf der Hut sein musste. Doch er konnte bei dieser Frau einfach keinen kühlen Kopf bewahren. Er wollte sie in den Armen halten und küssen … und wenn er ehrlich war, wollte er auch mit ihr schlafen.

Nachdem Lindsay den Scheck ausgehändigt hatte, wurden sie in einen Garten geführt, wo sie für einen Fotografen posierten. Als Tony den Arm um ihre schmale Taille legte, spürte er ganz deutlich die körperliche Anziehungskraft zwischen ihnen. Das Verlangen, das ihn bei dieser Berührung durchströmte, drohte ihn förmlich zu verbrennen.

Schließlich wurden sie zum Haupteingang des Country Clubs geleitet, wo eine lange weiße Limousine auf sie wartete.

Sobald sich die Autotüren hinter ihnen schlossen, waren sie hinter der Scheibe, die sie von dem Fahrer trennte, endlich allein miteinander.

„Vielleicht hast du es ja bis jetzt einfach falsch mit mir angefangen“, sagte Tony.

„Zu dem Schluss bin ich auch gekommen. Also versuche ich es jetzt mal damit, meine Jeans gegen ein Kleid einzutauschen und freundlicher zu sein. Bis jetzt scheint es ganz gut zu funktionieren, meinst du nicht auch?“

„Auf jeden Fall. Ich weiß nicht, warum du so lange gewartet hast. Ich muss mich ständig ermahnen, dir heute Abend nicht sofort meine Ranch zu überschreiben.“

Sie lachte verführerisch. „Und dabei habe ich gerade erst angefangen. Als ich auf die Bühne kam, war ich sicher, dass du am liebsten aus der Sache ausgestiegen wärst.“

„Nein, nicht wenn du so aussiehst wie heute Abend“, gab Tony heiser zurück. „Ich könnte dir niemals ein Date abschlagen, wenn du dieses rote Kleid trägst.“

Wann hatte er je derart heftig auf eine Frau reagiert? Er war mit vielen schönen Begleiterinnen ausgegangen, und doch hatte ihn noch nie eine so aus der Bahn geworfen wie an diesem Abend. Er hätte niemals vermutet, dass Lindsay solch eine Anziehungskraft auf ihn ausüben und ihn dazu bringen würde, alle ihre Auseinandersetzungen zu vergessen.

Vermutlich lag es an dem Schock, dass sie es war, die den Zuschlag erhalten hatte.

„Einen Penny für deine Gedanken“, sagte sie lächelnd.

„Ich frage mich, warum mir nie jemand erzählt hat, wie attraktiv du aussehen kannst.“

„Vermutlich liegt das daran, dass ich nur sehr selten ausgehe. Und schon gar nicht mit Männern aus der Gegend.“

„Warum nicht?“

Sie zuckte die Achseln. „Mir ist bisher einfach noch niemand begegnet, der mich gereizt hätte. Außerdem gibt es hier in der Nähe nicht viele Lokale, wo man chic zurechtgemacht hingehen kann.“

„Ich kenne dich schon mein Leben lang, doch heute Abend habe ich das Gefühl, als würde ich mit einer Fremden ausgehen.“

„Irgendwie sind wir das auch, Tony. Fremde, meine ich. Es gibt vieles, was du nicht über mich weißt“, sagte sie mit dieser sexy Stimme, die die Temperatur in der Limousine schlagartig in die Höhe klettern ließ.

„Ich hätte dich schon längst um eine Verabredung bitten sollen“, meinte er.

„Du weißt doch genau, wie ich darauf reagiert hätte.“

„Ja, am besten vergessen wir heute Abend unsere Vergangenheit für ein paar Stunden.“

„Einverstanden“, erwiderte sie, als die Limousine die Geschwindigkeit drosselte. „Der heutige Abend steckt voller Illusionen.“

„Dein Anblick ist ganz bestimmt keine Illusion. Du siehst wunderschön aus“, erklärte er und wurde dafür mit einem hinreißenden Lächeln belohnt.

Schließlich erreichte der Wagen den Flughafen, und der Fahrer öffnete ihnen die Tür. Als Tony Lindsays Arm nahm und sie zu dem Privatjet geleitete, erfasste ihn heißes Verlangen. Er konnte es gar nicht erwarten, am Ziel anzukommen, damit er sie zum Tanzen auffordern und in den Armen halten konnte.

Im Flugzeug nahm sie dicht neben ihm Platz, und der hochgeschlitzte Rock ihres roten Kleides gab den Blick auf ihre langen wohlgeformten Beine frei. Tony holte tief Luft.

„Ich muss mich immer wieder kneifen, um mich daran zu erinnern, dass das hier tatsächlich passiert“, gestand er. „Und dass du meine Nachbarin bist.“

„Du solltest irgendwann mal vorbeikommen und dir meine Pferde ansehen.“

„Das werde ich tun. Hast du früher schon mal an so einer Auktion teilgenommen?“, fragte er dann.

„Natürlich. Es ist schließlich für einen guten Zweck. Dich brauche ich gar nicht zu fragen, denn du warst sicherlich noch nie dabei. Was hat dich heute Abend dazu gebracht? Du wirkst auf mich eher wie der Typ, der das Geld einfach spendet.“

„Ich habe beim Rodeo eine Wette gegen Wyatt verloren.“

Sie lachte. „Es ist also die Schuld deines Bruders, dass du heute Abend meine Gesellschaft ertragen musst.“

„Ich hatte durchaus Rachegelüste, doch seit du die Bühne betreten hast, hat sich der Abend ganz wunderbar entwickelt.“

„Ich muss zugeben, deine Reaktion hat mich positiv überrascht. Ich hätte niemals geglaubt, dass du so etwas sagen würdest. Weißt du, unter meinem roten Kleid bin ich immer noch dieselbe.“

Tony atmete tief durch, und ihm wurde ganz heiß bei dem Gedanken daran, was sich unter diesem roten Kleid befand – auch wenn Lindsay es so nicht gemeint hatte.

Er räusperte sich. „Ich sage wohl besser nichts darüber, was ich unter deinem Kleid vermute.“

Nur mit Mühe konnte Lindsay sich ein Lachen verkneifen. „Ich wusste doch, dass es an dir noch eine andere Seite geben muss. Vorher habe ich mich ernsthaft gefragt, wie der Abend wohl verlaufen wird, doch bis jetzt bin ich angenehm überrascht. Ich glaube, wir haben einen neuen Rekord aufgestellt, Tony. So lange waren wir noch nie höflich zueinander.“

„Ich möchte, dass wir mehr als nur höflich zueinander sind“, sagte er und nahm ihre Hand in seine. Sanft strich er mit dem Daumen über ihre Fingerknöchel und drehte dann überrascht ihre Handfläche nach oben.

„Du hast sehr weiche Hände. Ich weiß, dass du mit den Cowboys arbeitest. Eigentlich müsstest du Hände wie ich haben – mit Narben, Schwielen und schief zusammengewachsenen Knochen. Wie kann das sein?“, fragte er und strich mit dem Daumen über ihre Handfläche.

„Ich trage meistens Handschuhe“, antwortete sie. „Und ich habe in den letzten beiden Wochen nicht mehr so oft draußen auf der Ranch gearbeitet. Ich war unterwegs einkaufen und habe mich auf heute Abend vorbereitet.“

Bei diesen Worten klang ihre Stimme heiser und hatte den belustigten Unterton verloren. Tony fragte sich, ob das an seiner Berührung lag, und die Vorstellung ließ die Temperatur im Wagen erneut ansteigen. Gebannt schaute er in ihre großen blauen Augen. „Ich hoffe, dass der heutige Abend besser wird, als du ihn dir erträumt hast“, sagte er sanft und strich mit den Lippen über ihre Handfläche.

Dabei berührte er mit dem Daumen ihr Handgelenk und spürte, wie ihr Puls raste. Sein eigener beschleunigte sich ebenfalls. Als er in Lindsays Augen schaute, hätte er sie am liebsten an sich gezogen und geküsst. Unwillkürlich fragte er sich, wie sehr dieser Abend sein Leben verkomplizieren würde.

Er hatte darauf zwar keine Antwort, war jedoch froh über die Auktion und Lindsays Plan, ihn mit etwas Süßholzraspeln für sich zu gewinnen. Die Aussicht war einfach zu verlockend.

Tony zeigte sich ebenfalls von seiner charmantesten Seite und vermied es, über die Ranch, ihre Meinungsverschiedenheiten oder ihre Familien zu reden. Die Fehde zwischen den Milans und den Calhouns war während ihrer Kindheit schlimmer gewesen, als die Großeltern noch einen größeren Einfluss in den Familien gehabt hatten. Als kleines Kind war Tony gepredigt worden, dass er nicht mit den Calhouns reden durfte, und Lindsay hatte das Gleiche über die Milans erzählt bekommen. Tatsächlich hatten Lindsay und Tony das erste Mal länger miteinander gesprochen, nachdem sie die benachbarten Farmen übernommen hatten und ein Baum von ihrem Grundstück auf Tonys Wagen gestürzt war. Sie hatten sich prompt in die Haare bekommen.

Der Flug schien nur wenige Minuten zu dauern, und nach der Landung in Houston wartete bereits eine weitere Limousine auf sie. Nach einer kurzen Autofahrt bogen sie in eine Auffahrt ein, die von sorgfältig geschnittenen Sträuchern gesäumt war, in denen winzige Lichterketten funkelten. Schließlich hielten sie vor einem imposanten Steingebäude, in dem sich ein exklusiver Club mit einem ausgezeichneten Restaurant befand.

Nachdem sie aus dem Wagen gestiegen waren, nahm Tony Lindsays Arm und geleitete sie ins Innere. Der Oberkellner begrüßte sie freundlich und führte sie zu einem festlich gedeckten Tisch am Fenster. Direkt daneben befand sich eine Terrasse, die von einem Meer aus kleinen funkelnden Lichtern erhellt wurde und auf der sich ein plätschernder Brunnen befand.

Ein Klavierspieler sang eine romantische Ballade, zu der sich zwei Paare auf der kleinen Tanzfläche aneinanderschmiegten.

Kurz darauf servierte der Kellner ihnen eine Flasche Dom Pérignon, und Tony hob zu einem Toast an. „Auf die schönste Frau in Texas.“

„Danke für die nette Übertreibung, Tony“, erwiderte Lindsay amüsiert und stieß mit ihm an. „Du siehst aber auch nicht schlecht aus.“

Er lächelte und fragte sich, ob sie sich wirklich zu ihm hingezogen fühlte. „Lindsay, warum hast du all die Jahre deine Schönheit verborgen? Du könntest jeden Junggesellen in der Gegend haben, wenn du wolltest.“

„Das ist aber nicht mein Ziel im Leben“, erwiderte sie. „Und ob du es glaubst oder nicht, aber ich erhalte genügend Einladungen zu einem Date.“

„Würdest du nächsten Freitagabend mit mir essen gehen?“, fragte er sie spontan.

Sie konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Bist du nicht ein bisschen vorschnell? Du weißt doch noch gar nicht, ob wir den heutigen Abend überstehen.“

Lächelnd beugte er sich über den Tisch und nahm ihre Hand. „Ich verspreche dir, wir werden uns prächtig verstehen“, sagte er mit tiefer Stimme. „Nach dem heutigen Abend werden dich die Männer vermutlich belagern, doch ich will dich für mich haben“, fügte er leise hinzu. Ein merkwürdiger Ausdruck erschien in ihren Augen, während ihr Lächeln verschwand und sie ihn ernst ansah. Zwischen ihnen war plötzlich ein erotisches Knistern zu spüren, und Tony wäre am liebsten mit ihr allein gewesen, um sie ungestört küssen zu können.

Ein Kellner erschien an ihrem Tisch, und Tony ließ ihre Hand los, lehnte sich in seinem Stuhl zurück und hörte sich die Empfehlungen des Hauses an. Als sie wieder allein waren, erhob Tony erneut das Champagnerglas. „Auf einen wunderbaren Abend, den wir nie wieder vergessen werden.“

Sie prostete ihm zu und trank einen Schluck, ohne ihn auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen. Etwas in ihrem Blick weckte in ihm den Wunsch, das Abendessen ausfallen zu lassen und mir ihr allein zu sein.

„Ich entdecke gerade eine ganz neue und sinnliche Seite an dir, die du bis jetzt gut verborgen hast.“

„Ja, vor dir, Tony“, erwiderte sie schlagfertig.

„Das habe ich wohl verdient“, sagte er belustigt. Dabei fragte er sich, wem sie diese Seite offenbart hatte. Er lehnte sich zurück und musterte sie. „Ich kenne dich schon sehr lange, aber im Grunde weiß ich nicht viel über dich. Du hast an der Texas Tech studiert und einen Abschluss in Agrarwissenschaft gemacht, oder?“

„Stimmt. Und im Nebenfach hatte ich Wirtschaftswissenschaften. Ich wusste, dass ich später einmal zurückkommen und eine Ranch leiten würde.“

„Das ist eine gute Grundlage. Werden dir die Aufgaben auf der Ranch nicht manchmal zu viel?“

„Ja schon, aber ich liebe die Ranch und lasse mich nicht entmutigen. Sie bedeutet mir einfach alles.“

„Das kenne ich. Doch bei dir ist es etwas anderes. Möchtest du nicht irgendwann eine Familie gründen?“

„Die Ranch bedeutet doch nicht automatisch, dass ich keine Familie haben kann“, protestierte Lindsay.

„Ja, wahrscheinlich nicht“, erwiderte er und dachte einen Augenblick über ihre Worte nach. „Jeder hier weiß, dass du genauso hart arbeitest wie jeder Mann auf deiner Ranch. Doch wenn ich dich jetzt so anschaue, dann fällt es mir schwer, daran zu denken, wie tough du bist.“

„Wusstest du, dass mein Bruder Jake zur Ranch rausgekommen ist und mir einen Vortrag gehalten hat, ich müsste netter zu dir sein?“

„Ach, tatsächlich? Bist du deshalb heute Abend hier?“, fragte Tony, obwohl er eigentlich nicht glauben konnte, dass dieses wunderschöne Wesen, das gerade mit ihm flirtete, einfach nur nett zu ihm sein wollte.

Lindsay beugte sich über den Tisch und nahm seine Hand. Prompt schlug sein Herz schneller. Jede ihrer Berührungen und die Blicke, die sie ihm zuwarf, lösten völlig überraschende Reaktionen in ihm aus. Keine andere Frau zuvor hatte allein durch eine leichte Berührung solch eine Wirkung auf ihn gehabt.

„Nein“, gestand sie leise. „Und am Ende dieses Abends wirst du mir glauben, dass dies hier allein meine Idee und keiner meiner Brüder in die Pläne eingeweiht war.“

Ihre Pläne? Das Blut pulsierte heiß durch seine Adern, als er sich ausmalte, was diese Pläne wohl beinhalten mochten. Keine der Möglichkeiten war jugendfrei.

„Nein, weder Mike noch Josh oder Jake haben eine Ahnung, was ich heute Abend vorhabe.“

Tony nickte. „Aber ich sehe förmlich vor mir, wie Jake dir predigt, doch ein bisschen netter zu mir zu sein.“

„Ja, aber ich glaube nicht, dass er das hier im Sinn hatte.“

Tony musste unwillkürlich lächeln. „Das glaube ich auch nicht.“ Schnell griff er nach ihrer Hand und rieb mit dem Daumen über ihre weiche Haut.

Plötzlich fragte er sich, ob sie ihre schlimmen Auseinandersetzungen hätten vermeiden können, wenn diese Auktion und der gemeinsame Abend früher stattgefunden hätten.

Autor

Sara Orwig
<p>Sara’s lebenslange Leidenschaft des Lesens zeigt schon ihre Garage, die nicht mit Autos sondern mit Büchern gefüllt ist. Diese Leidenschaft ging über in die Liebe zum Schreiben und mit 75 veröffentlichten Büchern die in 23 Sprachen übersetzt wurden, einem Master in Englisch, einer Tätigkeit als Lehrerin, Mutter von drei Kindern...
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