Mit dem sexy Boss im Bett

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Es ist die größte Dummheit ihres Lebens: Hals über Kopf verliebt sich Claire in ihren Boss! Der erste Kuss von Linc Thurston weckt in ihr eine heiße Sehnsucht nach mehr. Niemand darf von ihrer heimlichen Affäre erfahren, denn das gäbe einen Skandal! Schließlich ist Linc umwerfend attraktiv, sexy und reich. Seine Familie und die gesamte High Society von Charleston erwarten, dass der umschwärmte Profisportler eine glänzende Partie macht. Und das ist bestimmt nicht Claire, seine Haushälterin …


  • Erscheinungstag 30.10.2018
  • Bandnummer 2053
  • ISBN / Artikelnummer 9783733724443
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

„Er hat die Verlobung gelöst? Einfach so? Ohne Grund?“ Everly Briggs tat schockiert, obwohl sie längst wusste, dass die Romanze zwischen London McCaffrey und dem Profibaseballer Linc Thurston geplatzt war. Genau aus diesem Grund hatte sie dieses Treffen bei einem Networking-Event von und für Frauen ja überhaupt arrangiert.

London kniff die korallenrot geschminkten Lippen zu einem dünnen Strich zusammen und schüttelte den Kopf. „Angeblich ist er noch nicht bereit für die Ehe. Hätte ihm das nicht früher einfallen können? Immerhin waren wir zwei Jahre lang verlobt!“

Bei Londons gekünsteltem Südstaatenakzent stellten sich die Härchen an Everlys Unterarmen auf. London, eine attraktive Frau mit seidig glattem blonden Haar und sündteurer Kleidung, kam ursprünglich aus Connecticut, und egal, was sie auch versuchte, hier in Charleston würde sie nie etwas anderes sein als eine „Zugezogene“.

„Ist er fremdgegangen?“ Die rehbraunen Augen von Zoe Crosby, die von beneidenswert dichten, dunklen Wimpern umgeben waren, sprühten vor Empörung.

„Linc? Fremdgegangen?“ Nachdenklich spielte London mit ihrer Zuchtperlenkette. „Gut möglich. Schließlich ist er mit seiner Mannschaft viel unterwegs und lebt ein gutes halbes Jahr lang, also während der Baseballsaison, in Texas.“

„Viele Frauen fahren total auf Profisportler ab“, ergänzte Zoe. „Mein Exschwager ist Rennfahrer. Ihr macht euch keine Vorstellung, wie sich die Frauen dem an den Hals schmeißen.“

„Woher nehmen diese Typen sich eigentlich das Recht, so mit uns umzuspringen?“, fragte Everly. Die drei Frauen verband das Schicksal, von einem reichen und einflussreichen Mann den Laufpass bekommen zu haben. „Man sollte ihnen mal eine Lektion erteilen. Wir sollten es den dreien heimzahlen, Linc, Tristan und Ryan.“

„Die Idee hat was“, meinte London. „Ich wüsste nur nicht, wie ich mich an Linc rächen kann, ohne dass der Schuss nach hinten losgeht.“

„Genau. Was haben wir davon? Egal, was wir anstellen, am Schluss stehen wir als die Gelackmeierten da“, meinte Zoe.

„Nicht, wenn wir es richtig anpacken.“ Angesichts der verdatterten Miene der beiden anderen Frauen konnte sich Everly nur mit Mühe ein süffisantes Lächeln verkneifen. „Jede von uns knöpft sich den Mann einer anderen vor, versteht ihr? Ich übernehme Linc, London hängt sich an Tristan, und du, Zoe, du schnappst dir Ryan. Wer sollte uns da auf die Schliche kommen? Wir drei kennen uns eigentlich gar nicht, uns verbindet offiziell nicht das Geringste.“

„Was genau verstehst du unter ‚vorknöpfen‘?“, erkundigte sich Zoe zögerlich.

Everly lachte ein wenig zu schrill. „Keine Angst, wir werden ihnen keinen körperlichen Schaden zufügen. Aber wir könnten ihnen zum Beispiel einen wichtigen Geschäftsabschluss vermasseln oder ihre Beziehung ein bisschen aufmischen. Diese Typen haben uns eiskalt abserviert, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Aber wir sind starke, selbstbewusste Frauen. Meint ihr nicht, dass es Zeit wird, dass sie das zu spüren kriegen?“

Fast gleichzeitig begannen London und Zoe zu nicken. „Die Idee hat was“, sagte London nachdenklich „Wenn ich daran denke, wie Linc mich gedemütigt und verletzt hat … Das würde ich ihm tatsächlich gern heimzahlen.“

„Ich bin auch dabei“, meinte Zoe.

„Großartig! Passt auf, wir …“

1. KAPITEL

Ich werde Claire kündigen.

Lincoln Thurston holte tief Luft, um genau das zu tun, als Claire den Smoothie, den sie jeden Morgen für ihn zubereitete, auf die Küchentheke stellte und Linc dabei so süß anlächelte, dass er einfach nur zurücklächeln konnte.

Die Idee, seine Haushälterin zu entlassen, entsprang der nackten Verzweiflung. Er war besessen von dieser sympathischen jungen Frau, die für ihn kochte und hinter ihm aufräumte. Seit er sie vor ziemlich genau einem Jahr eingestellt hatte, kreisten seine Gedanken Tag und Nacht um sie. Besonders nachts! Aus diesem Grund sah er sich nicht in der Lage, auch nur einen einzigen Tag länger mit ihr unter einem Dach zu wohnen.

Trotzdem fühlte er sich irgendwie für sie verantwortlich. Claire lebte dreitausend Meilen von ihrer Familie entfernt, ihr Mann war vor zwei Jahren in Afghanistan gefallen. Und abgesehen davon: Wie sollte er die Kündigung begründen? Claire war eine begnadete Köchin und hielt das Haus in Charleston tipptopp in Schuss. Außerdem war sie mehr als eine Angestellte: Sie machte sich etwas aus ihm – aus Linc Thurston, dem Menschen, nicht aus Linc Thurston, dem Baseballspieler, Multimillionär und seit Kurzem wieder auf den Heiratsmarkt geworfenen, heiß begehrten Junggesellen.

Nein, er musste aufhören, in dieser Art und Weise an Claire zu denken. Das war Gift für sein Liebesleben. Hatte es ihn nicht sogar dazu gebracht, seine Verlobung zu lösen?

Nicht, dass Claire auch nur der Hauch eines Vorwurfs traf. Ihr Verhalten war untadelig. Nie hatte sie ihn in irgendeiner Form ermutigt. Ihr schien nicht einmal bewusst zu sein, dass Linc ein attraktiver, vermögender Mann war, der ihr ein glanzvolleres Leben bieten konnte. Dass sie es nicht auf ihn abgesehen hatte, fand er einerseits zwar erfrischend, andererseits hätte er sich ausgerechnet von ihr gern ködern lassen. Denn dann könnte er mit ihr schlafen, ohne deswegen ein schlechtes Gewissen haben zu müssen.

Als Shortstop der Texas Barons mit einem Jahresgehalt von fünfzehn Millionen Dollar war Linc es gewohnt, dass sich ihm die Frauen an den Hals warfen. Nicht einmal die Nachricht von seiner Verlobung hatte seine weiblichen Fans abschrecken können. Mit sechsundzwanzig, gleich nach der Unterzeichnung seines Spielervertrags, der auf acht Jahre angelegt und mit einer neunstelligen Summe dotiert war, hatte ihm das noch geschmeichelt. Jetzt aber, mit dreiunddreißig Jahren und am Ende der Vertragslaufzeit angelangt, sehnte er sich nach einem ruhigeren Leben, nach einer Frau und ein paar Kindern. Zumindest war das der Plan gewesen, bis er seine Gefühle für London McCaffrey noch einmal auf den Prüfstand gestellt und erkannt hatte, dass er sie nicht liebte.

Was also faszinierte ihn so an Claire?

Ein fröhliches Kichern riss Linc aus seinen Überlegungen, und der Grund, weshalb er sich einfach nur mies vorgekommen wäre, falls er Claire tatsächlich hinausgeworfen hätte, schoss splitterfasernackt durch die Küche.

„Wie läufst du denn wieder rum?“, schimpfte Claire, als ihre Tochter an ihr vorbeiflitzte.

Mit dem glatten, schulterlangen braunen Haar und den Sommersprossen auf der Nasenspitze wirkte Claire frisch und natürlich wie das Mädchen von nebenan, viel zu jung eigentlich, um schon Mutter zu sein.

Die zweijährige Honey Robbins steuerte auf Linc zu, der sie packte und durch die Luft wirbelte. Die aufgeweckte Kleine mit den funkelnden Augen hatte ihn vom ersten Moment an um den Finger gewickelt. Jetzt quietschte sie vor Vergnügen, und er schmunzelte. Beide, Mutter und Tochter, waren ihm ans Herz gewachsen. Die Vorstellung, sie nicht mehr um sich zu haben, fand er noch unerträglicher als die, ständig gegen seine Gefühle ankämpfen zu müssen. Also blieb ihm wohl keine andere Wahl, als es zu ertragen.

„Dieses Kind! Wieso muss sie sich ständig ausziehen? Von wem sie das bloß hat?“, schimpfte Claire.

„Sie kommt halt ganz nach der Mama!“, hörte Linc sich zu seinem Entsetzen antworten, und sofort tauchten Bilder in seinem Kopf auf, die da absolut nicht hingehörten. „Das soll natürlich nicht heißen, dass du dauernd nackt rumläufst“, verbesserte er sich hastig. „Es ist halt so eine Redewendung.“

„Da fällt mir aber ein Stein vom Herzen.“ Claires Wangen hatten einen rosa Schimmer angenommen. „Ich hatte schon Angst, dass die Überwachungskameras letzte Woche doch ein Bild von mir beim Nacktbaden eingefangen haben.“

In Wahrheit gab es weder Überwachungskameras noch auch nur den Hauch einer Chance, dass Claire nackt in den Pool springen würde. Sie war extrem zurückhaltend, ein Ausbund an Korrektheit, siebenundzwanzig und Witwe. Auch wenn sie ihren Ehering nicht getragen hätte, hätte jeder gespürt, dass sie noch nicht über den Tod ihres Ehemanns hinweg war, der vor zwei Jahren beim Angriff eines Selbstmordkommandos auf seinen Militärkonvoi ums Leben gekommen war.

„Die Aufnahme will ich sehen“, konterte Linc. „Wann war das gleich noch mal?“

„Das wüsstest du wohl gern.“ Claire schmunzelte. „Such nur. Dann hast du wenigstens was zu tun, solange ich oben staubsauge. Du schaffst es in letzter Zeit ständig, mir vor den Füßen rumzulaufen.“

Linc mochte es, dass sie kein Blatt vor den Mund nahm und ihn wie eine Mischung aus großem Bruder und liebenswertem Tollpatsch behandelte. Als er sie vor circa einem Jahr eingestellt hatte, wollte, nein, brauchte er jemanden, bei dem er ganz er selbst sein konnte. Auch das war einer der Gründe, weshalb er sich so zu ihr hingezogen fühlte. Ihr konnte er alles anvertrauen. Sie kannte seine finstersten Gedanken, seine Zweifel, seine Geheimnisse. Bis auf das eine: seine Gefühle für sie.

Im Austausch dazu hatte Claire ihm von ihrer Kindheit in San Francisco erzählt und davon, wie sie ihren Mann kennengelernt hatte. Sie war keine Frau, die ihr Herz schnell verschenkte und von einem zum anderen flatterte. Nein, sie war eine alleinerziehende Mutter, die niemanden hatte, an den sie sich wenden konnte, falls sie den Job verlor und damit auch das Dach über dem Kopf.

Und auch wenn Linc bestimmt kein Heiliger war – London konnte ein Liedchen davon singen –, gewisse Dinge waren für ihn einfach tabu. Claire zu verführen war eines davon.

Claire versetzte es einen Stich, als sie Linc und Honey beobachtete. Der Mann sah viel zu gut aus, um ihn einfach zu ignorieren. Seit der Trennung von seiner Verlobten ertappte Claire sich immer wieder bei Tagträumen, in denen sie drei eine kleine Familie waren. Wenn es ganz besonders schlimm wurde, streifte sie die Gummihandschuhe über und schrubbte sein Bad – das holte sie schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Sie war eben doch nur die Haushälterin, keine schöne, erfolgreiche Frau aus einer alteingesessenen Charlestoner Familie. Abgesehen davon: In den Augen von Lincs Mutter Bettina hatte nicht einmal London Gnade gefunden, und die hatte wirklich alles besessen: Geld, Erfolg und Schönheit.

Verträumt beobachtete Claire, wie sich die Muskeln von Lincs Bizeps anspannten, als er Honey noch einmal hochhob und herumschwenkte, bis sie vor Vergnügen jauchzte. Ein Mann, der ihr Kind glücklich macht, muss einer Mutter ja gefallen, dachte sie. Besonders wenn er so ein markantes Gesicht, so leuchtend blaue Augen und einen so sinnlichen Mund hat wie dieser Mann. Bei solchen Gelegenheiten wünschte sie, Linc wäre einer von diesen karrieregeilen, egoistischen Typen, die sich einbildeten, dass Frauen Freiwild waren. Wenigstens würden ihr dann die Schmetterlinge im Bauch erspart bleiben.

„Was habt ihr beiden Hübschen denn heute Schönes vor?“, fragte Linc und setzte sich das Kind auf den Arm. Honey brabbelte vergnügt vor sich hin und fuhrwerkte mit ihren Patschhändchen in seinem Gesicht herum.

Unter seinem Blick wurde Claire kochend heiß. Sie spürte den merkwürdigen Drang, sich Luft zuzufächeln und albern zu kichern. So ging es ihr oft, seit Linc nach dem Ende der Baseballsaison aus Texas zurückgekehrt war. Viel zu oft. Das musste aufhören. Sofort! Es sollte doch eine Möglichkeit geben zu verhindern, dass sie sich immer stärker zu ihm hingezogen fühlte.

Sie malte sich aus, was seine Mutter dazu sagen würde, und das half tatsächlich. Bettina war, was man eine „Southern Belle“ nannte. Sie kam aus einer alteingesessenen Charlestoner Familie und verpasste keine Gelegenheit, das zu betonen. Wobei in Charleston ein nobler Stammbaum nicht zwangsläufig auch viel Geld bedeutete. Bettinas Familie zum Beispiel hatte in den 1930er-Jahren zwar den größten Teil ihres Vermögens eingebüßt, doch ihr gesellschaftliches Ansehen hatte darunter nicht gelitten. Es war also völlig unrealistisch, anzunehmen, dass Claire für sie als Schwiegertochter in Betracht kam.

„Claire?“ Lincs tiefe Stimme riss sie aus ihren Gedanken.

„Sorry, ich bin gerade meine To-do-Liste für heute durchgegangen.“

„Was hältst du davon, wenn ich mich um die kleine Miss hier kümmere?“ Er kitzelte Honey, bis sie vor Entzücken quietschte. „Dann kannst du heute vielleicht mal früher Schluss machen.“

Claire schüttelte den Kopf. „Das kann ich nicht von dir verlangen. Ich kriege das schon hin.“

Den Boss als Kindermädchen zu missbrauchen entsprach eigentlich nicht ihrer Dienstauffassung, allerdings war die Grenze zwischen Arbeitgeber und Freund bei Linc ziemlich rasch verwischt. Von daher war es ein verlockendes Angebot. Er kam großartig mit Honey zurecht, und für das Kind, das ohne Vater aufwuchs, war es wichtig, eine männliche Bezugsperson zu haben. Andererseits konnte und wollte Claire Linc diese Rolle nicht aufhalsen. Was, wenn Honey sich zu sehr an ihn gewöhnte? Was, wenn Linc irgendwann einmal eigene Kinder haben sollte? Die Kleine wäre doch am Boden zerstört, wenn er keine Zeit mehr für sie hätte.

„Ich würde mich über ein bisschen Gesellschaft freuen“, ergänzte Linc.

Was konnte dieser Mann hartnäckig sein! Claire wollte ein zweites Mal dankend ablehnen, aber irgendetwas bremste sie. Seit er die Verlobung mit der unglaublich schönen, unglaublich erfolgreichen London beendet hatte, war er nicht mehr ganz der Alte. Er wirkte nicht mehr so unbeschwert, dabei war die Trennung doch von ihm ausgegangen. Bereute er es vielleicht im Nachhinein?

London dagegen war längst über ihn hinweg. Seit Neuestem zeigten die Klatschblätter sie an der Seite des millionenschweren Rennfahrers und Playboys Harrison Crosby. Schon möglich, dass es Linc störte, dass sie ihn so leicht ersetzt hatte.

„Das geht nicht.“ Trotz Honeys Protest und auch wenn es Claire schwerfiel, unter dem finsteren Blick ihrer Tochter eine ernste Miene zu bewahren, nahm sie ihm das Kind ab. Die Kleine war einfach zu drollig, hatte den Charme ihres Vaters geerbt. Der hatte einem Bettler das letzte Hemd abschwatzen können, beziehungsweise einer naiven angehenden Köchin, denn das war Claire gewesen, als sie ihn kennengelernt hatte, das Höschen.

„Wenn ich mich nicht irre, erwartet dich deine Mutter heute zum Lunch.“

Linc verzog das Gesicht. „Als könnte ich das vergessen.“

Er schnappte sich seine Sporttasche und wollte gehen, doch ein Räuspern von Claire stoppte ihn. Vorwurfsvoll hielt sie ihm den Smoothie aus Grünkohl, Proteinen und Blaubeeren hin. Was immer er in sich hineinstopfte, wenn er nicht in Charleston lebte, solange sie für ihn zuständig war, sorgte sie dafür, dass er sich ausgewogen und gesund ernährte.

„Austrinken“, befahl sie. „Ich möchte sichergehen, dass du den Smoothie nicht irgendwo auskippst. Der ist gesund und lecker.“

Argwöhnisch schnupperte Linc an dem Glas. „Sicher? Meiner Erfahrung nach ist es immer nur entweder das eine oder das andere.“ Misstrauisch nahm er einen kleinen Schluck und riss überrascht die Augen auf. „Hey, das schmeckt ja tatsächlich!“

Claires Herz machte einen kleinen Satz. „Ich weiß, dass du ein Süßer bist, deshalb habe ich ein bisschen Agavensirup untergemischt.“

„Du bist ein Schatz!“ Er trank aus und ging.

Versonnen sah Claire ihm nach, dann riss sie sich am Riemen und brachte ihre Tochter in den Wintergarten, wo Honey normalerweise spielte, wenn sie, Claire, in der Küche zu tun hatte. Hier lagen die Sachen der Kleinen. Claire zog das Kind an und setzte es in den Kinderstuhl am Küchentisch. Sonnenstrahlen zauberten goldene Strähnchen in das hellbraune Haar der Zweijährigen und brachten die haselnussbraunen Augen zum Funkeln. Sie kam ganz nach dem Vater. Weder Claires espressobraunes Haar noch ihre dunklen Augen hatten sich durchgesetzt. Das Einzige, was Claire ihrer Tochter vererbt hatte, war der zierliche Körperbau. Während Jasper es auf stattliche einsneunzig gebracht hatte, rangierte Honey, was Größe und Gewicht anging, immer im unteren Viertel ihrer Altersklasse.

Ohne Linc kehrte die gewohnt friedliche Stille im Haus ein. Nicht, dass mit ihm das große Chaos herrschte, nein. Aber seine Anwesenheit versetzte Claires Inneres in einen Aufruhr, auf den sie gern verzichtet hätte.

Während Honey eine Blaubeerwaffel und ein paar Stückchen Banane futterte, schrieb Claire ihre Einkaufsliste. Am Samstag gab Linc eine Dinnerparty, die erste größere Einladung seit seiner Trennung von London. London hatte darauf bestanden, ihre gemeinsamen Gäste bei sich zu Hause zu begrüßen. Claire traute sie nicht zu, eine Party zu organisieren, die den Charlestoner Standards entsprach, das hatte sie von Anfang an klargestellt. Nicht ganz zu Unrecht übrigens. Da, wo Claire herkam, hätte man über den Aufwand, den die Charlestoner High Society betrieb, Bauklötze gestaunt.

Aber Claire war eine begnadete Köchin, wie jeder bestätigte, der schon einmal in den Genuss ihrer Kochkünste gekommen war. Sie war kurzfristig als Köchin eingesprungen, als Lincs Mutter ein Essen für ihre Freundinnen geben wollte, und auf diesem Weg zu ihrer jetzigen Anstellung gekommen.

Nachdem Honey gefrühstückt hatte, machten sich die beiden auf den Weg zu dem örtlichen Delikatessenladen, wo Claire alle Zutaten für das geplante Menü zu finden hoffte. Während sie den Einkaufswagen durch die Gänge schob, übte sie mit Honey die Farben.

„Welche Farbe ist das?“, fragte Claire und zeigte auf eine Packung Pasta.

„Grün“, krähte Honey und klatschte vergnügt in die Hände.

Claire gab ihrer Tochter einen Schmatzer auf die Wange. „Richtig.“

„Was für ein kluges kleines Mädchen.“ Die Stimme gehörte einer auffallend gut aussehenden Frau Anfang dreißig. Sie hatte leuchtend grüne Augen und dunkelblondes Haar, das mit goldenen Strähnchen durchzogen war, eine makellose Haut und volle Lippen. Das geschickt aufgetragene Make-up verlieh ihren kantigen Zügen etwas Weiches, Weibliches. Neben ihr kam sich Claire, die ein schlichtes gelbes T-Shirt und einen geblümten Rock trug, blass und unscheinbar vor.

„Ja, sie lernt schnell“, antwortete sie dennoch stolz. „Sie kann schon bis fünfzig zählen und das ganz ABC aufsagen.“

„Du liebe Zeit! Wie alt ist die Kleine denn?“

„Sie ist gerade zwei geworden. Allerdings bin ich den ganzen Tag mit ihr zusammen, das merkt man einfach.“

Die Frau ließ den Blick zu dem schlichten goldenen Reif an Claires linkem Ringfinger schweifen. Claire unterdrückte gerade noch den Impuls, die Hand zu drehen, um zu verbergen, dass der obligatorische Klunker fehlte, doch dann schämte sie sich für diese Regung. In dieser Stadt legte man ungeheuren Wert auf Statussymbole, und Claire fand es empörend, wie schnell man hier in eine Schublade gesteckt wurde. Aber sie hielt ihren Zorn im Zaum. Sie war Haushälterin, und damit basta. Sollten die anderen von ihr denken, was sie wollten. Doch tief im Innern schmerzte es sie jedes Mal, wenn sie die Geringschätzung in den Augen ihres Gegenübers bemerkte.

Diese Frau jedoch zeigte nur freundliches Interesse. „Sie lesen ihr sicher viel vor.“

„Und ob! Sie liebt Bücher. Haben Sie auch Kinder?“

„Nein, ich bin nicht mal verheiratet.“ Die Frau seufzte. „Und sosehr ich Kinder mag, zur Mutter bin ich, fürchte ich, nicht geschaffen.“

„Ja, es kann ganz schön anstrengend sein.“

Die Frau lächelte. „Übrigens, ich bin Everly Briggs.“

„Claire Robbins, und das ist meine Tochter Honey. Freut mich.“

Neugierig musterte Everly den Inhalt von Claires Einkaufswagen. „Interessante Zusammenstellung. Was haben Sie denn vor?“

Sichtlich geschmeichelt beschrieb Claire ihr das Menü, über dem sie fast eine Woche lang gebrütet hatte: „Jakobsmuscheln mit Reibekuchen an Kaviarsoße, geschmorte Lammkeule mit Gemüsepüree, gerösteter Roter Bete und Pekannüssen, zum Nachtisch dann einen Schokoladenkuchen auf Granatapfelsoße.“

Mit jedem Wort waren die Augen der Frau größer geworden. „Das klingt ja köstlich! Was feiern Sie denn?“

„Mein Arbeitgeber gibt eine Dinnerparty.“

„Da will ich hin! Mir läuft jetzt schon das Wasser im Mund zusammen. Wie heißt er?“

Die Frage kam so spontan, dass Claire sie beantwortete, ohne groß darüber nachzudenken. Doch kaum war Lincs Name gefallen, veränderte sich die Haltung der Fremden. Ihr Lächeln gefror, ihr Blick bekam etwas Lauerndes. „Ach? Jetzt bin ich aber wirklich interessiert. Angeblich ist er wieder Single.“

Sofort verwünschte sich Claire für ihre Geschwätzigkeit. Sie wollte sich rasch verabschieden, aber die Fremde packte den Griff ihres Einkaufswagens und hinderte sie so am Weitergehen. „Ich gebe demnächst selbst eine kleine Party. Hätten Sie Zeit, das Catering zu übernehmen?“

„Äh, so gern ich das täte, aber …“, druckste Claire herum, „… es geht leider nicht. Ich bin nämlich kein Caterer, sondern Lincs Haushälterin.“

„Das heißt, Sie leben bei ihm im Haus?“ Everlys sanfter Tonfall vermochte die blanke Neugier in ihren Augen nur schlecht zu tarnen, und Claire runzelte überrascht die Stirn. Worauf wollte diese Ziege eigentlich hinaus? „Dann sind Sie die Frau, über die sich ganz Charleston das Maul zerreißt?“

2. KAPITEL

Claires Auto stand nicht in der Einfahrt, als Linc aus dem Fitnessstudio kam. Wahrscheinlich war sie unterwegs, um die Zutaten für das Festessen zu besorgen. Linc war gespannt, was seine Freunde sagen würden. Sie war eine fantastische Köchin, und es war ihm ein Rätsel, warum sie sich nicht bei einem der vielen Restaurants in der Stadt beworben hatte. Darauf angesprochen, hatte sie mit den ungünstigen Arbeitszeiten und der Frage der Kinderbetreuung argumentiert. Als alleinerziehende Mutter hatte sie es nicht einfach, und er fand es gut, dass sie das Wohl des Kindes an erste Stelle setzte. Dennoch hatte er den Eindruck, dass da mehr dahintersteckte. Sie traute sich viel zu wenig zu – völliger Unfug bei ihrem Talent.

Hoffentlich fühlte sie sich jetzt nicht unter Druck gesetzt. Es war die erste große Einladung zu einem Essen, das er in seinem Haus ausrichtete. London hatte darauf bestanden, dass alle Partys und Treffen bei ihr stattfanden, und Linc hatte sie gewähren lassen. Während sein Haus renoviert wurde – die Arbeiten daran hatten sich über drei Jahre hingezogen –, war ihm das sehr gelegen gekommen. Erst als London sich immer noch weigerte, das Heft aus der Hand zu geben, nun, da sein Anwesen wieder in alter Pracht erstrahlte, dämmerte Linc, dass ihre Beziehung nicht die gleichberechtigte Partnerschaft war, die er sich wünschte. Leider hatte er ihr da bereits seinen Antrag gemacht.

Sein erster Weg führte in die Küche. Claire hielt normalerweise immer einen Snack im Kühlschrank parat für den kleinen Hunger nach dem Training, und auch heute hatte sie daran gedacht. Bis zum Lunch mit seiner Mutter blieb Linc noch knapp eine Stunde. Dass er spät dran war, lag an dem kleinen Umweg, den er auf dem Weg ins Studio gemacht hatte. Im Auto war ihm nämlich wieder eingefallen, dass Claire seit ziemlich genau einem Jahr für ihn arbeitete. Den eigentlichen Jahrestag in der Woche zuvor hatte er übersehen und wollte dieses Versäumnis wiedergutmachen. Aus diesem Grund hatte er rasch in der Boutique einer Schulfreundin seiner Schwester vorbeigeschaut, die in der Nähe des Studios lag, und ein kleines Geschenk gekauft.

Nachdem er sich das Truthahn-Käse-Sandwich und eine Schüssel Beeren einverleibt hatte, suchte er einen Stift, um die Karte zu schreiben, die er dem Geschenk beilegen wollte. Er hatte sich für ein paar ziemlich ungewöhnliche Ohrringe entschieden. Sie waren aus Silber, asymmetrisch geformt und mit blauen und grünen Steinen verziert. Abgesehen von ihrem schlichten Ehering trug Claire nämlich, wie ihm aufgefallen war, als Schmuck höchstens ab und an ein Paar Ohrringe.

Oder war das zu persönlich? Geld oder ein Gutschein hätten es natürlich auch getan, aber er wollte ihr zeigen, dass er sich Gedanken gemacht hatte. Außerdem verschenkte er gern Schmuck. Seine Mutter, aber auch seine Schwester freuten sich jedes Mal, wenn er ihnen eine Halskette oder ein Paar Ohrringe mitbrachte, und ihm machte es Spaß, die wichtigsten Frauen in seinem Leben ein bisschen zu verwöhnen, jetzt, da er endlich über das nötige Kleingeld verfügte.

Er ließ die Karte und die Schmuckschatulle auf dem Küchentresen, wo Claire sie nicht übersehen konnte, und ging nach oben, um zu duschen und sich umzuziehen. Seine Mutter erwartete ihn Punkt zwölf bei sich zu Hause, und wehe, wenn er nicht in einer frisch gebügelten Hose, gestärktem Hemd und Sakko auftauchte, wie es sich für einen Gentleman aus den Südstaaten schickte.

Wie viele andere der vornehmen Familien in Charleston war auch Lincs Familie vor zwei Generationen gezwungen gewesen, das riesige Anwesen in einer der besten Wohngegenden an einen „Zugezogenen“ zu verkaufen. Trotz finanzieller Schieflage war es seinem Großvater aber wenigstens gelungen, die gesellschaftliche Stellung der Familie aufrechtzuerhalten, doch Lincs Mutter träumte nach wie vor vom alten Glanz. Umso schlimmer traf es sie dann, dass ihr Ehemann in Geldangelegenheiten auch kein geschickteres Händchen bewies als ihr Vater. Er ließ sich auf betrügerische Geschäfte ein, und das komplette Vermögen der Familie einschließlich aller Immobilien wurde von der Regierung konfisziert.

Aus diesem Grund hatte Linc seiner Mutter mit dem ersten Geld aus seinem Profivertrag ein Haus gekauft, das bezüglich Lage und Größe dem entsprach, wie sie es aus ihrer Kindheit kannte. Es stammte aus dem Jahr 1790, aber Linc hatte es so renovieren lassen, dass es historischen Charme und moderne Funktionalität perfekt vereinte. Sein bester Freund, Knox Smith, besaß nämlich eine Baufirma, die sich darauf spezialisiert hatte, die historischen Gebäude in der Innenstadt von Charleston in ihrer alten Schönheit wiederauferstehen zu lassen.

Als Linc zwanzig Minuten später seine Mutter begrüßte, dankte er dem Schicksal, das es ihm ermöglichte, ihr dies alles zu bieten. Wie eine Königin im Thronsaal empfing sie ihn auf einem Chintzsofa in ihrem Salon. „Du siehst großartig aus, Mutter“, sagte er, als er sich hinabbeugte und sie auf die Wange küsste. Ihr nach Rosen duftendes Parfüm weckte Erinnerungen an seine Kindheit.

„Das will ich hoffen“, entgegnete sie, und ihre Augen blitzten vergnügt. „Ich war erst gestern bei der Kosmetikerin, und die hat behauptet, ihre Behandlung würde mich zehn Jahre jünger machen.“

Sie bat ihn, Platz zu nehmen, und läutete ein silbernes Glöckchen. Fast sofort stand eine hagere Frau mit blondem, grau gesträhntem Haar auf der Türschwelle. Dolly arbeitete schon seit zehn Jahren für Bettina, und Linc staunte immer wieder über dieses Verhältnis. Seine Mutter behandelte die Haushälterin herrisch und von oben herab, aber Dolly gab kräftig Kontra. Insgeheim, so vermutete Linc, genossen die beiden die Kabbeleien, sonst hätte Dolly sich längst nach einer weniger anstrengenden Stelle umgesehen.

„Linc möchte einen Martini, für mich einen Bourbon mit Eis. Aber nehmen Sie den guten.“

Linc änderte die Bestellung rasch in ein Mineralwasser um. Den Hinweis, dass es noch zu früh war für Alkohol, sparte er sich, seine Mutter hätte ihn sowieso ignoriert.

Nachdem Dolly gegangen war, erklärte Bettina: „Neulich hat sie so einen Fusel angeschleppt und behauptet, er käme von Grady. Als würde ich den Unterschied nicht erkennen.“

Grady war Lincs Cousin mütterlicherseits. Seit Bourbon wieder in war, tauchten an jeder Ecke sogenannte Craft-Bourbons auf, die in der Regel ungenießbar waren, fand Linc. Eine Whiskey-Verkostung bei Grady, der ebenfalls eine kleine Destille betrieb, hatte Linc dann aber so beeindruckt, dass er in das Geschäft seines Cousins investiert hatte. Und da Grady bis heute noch nicht Konkurs angemeldet hatte, schien Linc aufs richtige Pferd gesetzt zu haben.

„Erzähl mir doch von deiner Dinnerparty“, bat Bettina. „Wer kommt?“

„Ach, nur die üblichen Verdächtigen: Knox, Sawyer, Austin, Roy, Grady und ein paar andere. Wir sind zu zwölft.“

„Wie? Keine Damen außer Sawyer?“

Bettina war von Anfang an unglücklich gewesen über Lincs Beziehung mit London, die Verlobung hatte sie schlichtweg entsetzt. Ab sofort würde sie nichts unversucht lassen, um Linc mit einer Frau zu verkuppeln, die in ihren Augen besser zu ihm passte. Am liebsten natürlich aus einer ortsansässigen Familie und mit einem Stammbaum, der mindestens genauso weit zurückreichte wie sein eigener. Ihm schwante nichts Gutes.

„Sawyer wollte ein paar Freundinnen mitbringen.“

Autor

Cat Schield
<p>Cat Schield lebt gemeinsam mit ihrer Tochter, zwei Birma-Katzen und einem Dobermann in Minnesota, USA und ist die Gewinnerin des Romance Writers of America 2010 Golden Heart® für romantische Serienromane. Wenn sie nicht gerade neue romantisch-heiße Geschichten schreibt, trifft sie sie sich mit ihren Freunden um auf dem St. Croix...
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