Starköchin gesucht, Liebe gefunden

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Dank seinem unverhofften Millionenerbe könnte Mechaniker Hogan Dempsey plötzlich jede Frau haben. Aber er verliebt sich ausgerechnet in die kratzbürstige Köchin Chloe! Obwohl sie sich ihm in heißen Nächten hingibt, scheint ihr Herz für immer einem anderen zu gehören …


  • Erscheinungstag 05.03.2020
  • ISBN / Artikelnummer 9783733716141
  • Seitenanzahl 160
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

Nichts liebte Hogan Dempsey so sehr wie den metallischen Geruch und die klirrenden Geräusche in der Autowerkstatt seines Vaters. Okay, in seiner Werkstatt, denn sein Vater war vor drei Jahren gestorben. Doch für ihn war es immer noch die seines Vaters. Und sie würde es auch immer blieben, selbst wenn er sie einmal weitergegeben hatte.

Nicht, dass dies in nächster Zukunft geschehen sollte. Er war erst dreiunddreißig Jahre alt und hatte niemanden, dem er die Werkstatt vererben könnte. Seine Mutter war noch vor seinem Vater verstorben, und es gab keine Frau in seinem Leben, mit der er sich vorstellen könnte, eine Familie zu gründen, seit … egal. Dempsey’s Parts & Service war einfach eine großartige Autowerkstatt. Auf jeden Fall die beste in Queens, vielleicht sogar im ganzen Staat New York. Selbst aus Buffalo kamen Menschen mit ihren Autos zu ihm.

Gerade lag er unter einem dieser Wagen aus Buffalo, einem glänzenden schwarzen Pontiac Trans Am aus dem Jahr 1976 – ein traumhafter Wagen amerikanischer Bauweise. Wenn Hogan den Rest seines Lebens damit verbrachte, unter solchen Autos zu liegen, in ölverschmierten Overalls, Hände und Arme dreckig, dann würde er als glücklicher Mann sterben.

„Mr. Dempsey?“, hörte er jemanden fragen.

Es war die Stimme eines ihm unbekannten Mannes. Er blickte nach rechts und sah das Paar Beine, das zu der Stimme gehörte. Der Mann trug eine Anzughose und Schuhe, die vermutlich mehr kosteten, als Hogan im Monat verdiente.

„Ja, das bin ich“, sagte er und setzte seine Arbeit fort.

„Mein Name ist Gus Fiver“, sagte der Mann im Nadelstreifenanzug. „Anwalt bei der Kanzlei Tarrant, Fiver und Twigg. Können wir irgendwo unter vier Augen reden?“

Anwalt?, wunderte Hogan sich. Was wollte ein Anwalt von ihm? Er hatte seine Sachen in Ordnung, und er verdiente seinen Lebensunterhalt auf ehrliche Weise. „Wir können hier reden“, sagte er. „Nehmen Sie ein Rollbrett.“

Zu seiner Überraschung tat Gus Fiver von Tarrant, Fiver und Twigg genau das. Die meisten Menschen hätten nicht einmal gewusst, was ein Rollbrett war – eine Art Skateboard, das Mechaniker benutzten, um unter einen Wagen zu gelangen. Aber dieser Kerl zog das nächststehende zu sich heran und legte sich darauf. Trotz des Nadelstreifenanzugs. Dann rollte er sich unter den Wagen neben Hogan. Vom Hals aufwärts sah der Anwalt nicht wie ein Schlipsträger aus. Er war der Typ Mann, mit dem man nach der Arbeit ein Bier auf dem Astoria Boulevard trank. Er sah gut aus und sehr gepflegt, trotzdem strahlte er etwas aus, was auf Arbeiterklasse hinwies und nicht zu verbergen war.

Und Hogan musste es wissen. Als Teenager hatte er den Großteil des Jahres versucht, seine Herkunft zu verbergen. Doch er war mehr als einmal daran erinnert worden, dass man seiner Herkunft nicht entfliehen konnte.

„Heißer Schlitten“, sagte Fiver. „Siebeneinhalb Liter, Achtzylinder. Der sechsundsiebziger Trans Am war der beste Sportwagen, den Pontiac je gebaut hat.“

„Abgesehen von dem vierundsiebziger GTA“, erwiderte Hogan.

„Okay, das stimmt.“

Die beiden Männer legten eine Schweigeminute für die Autostadt Detroit ein, dann sagte Fiver: „Mr. Dempsey, sagt Ihnen der Name Philip Amherst etwas?“

Hogan machte sich wieder an die Arbeit. „Hogan, bitte. Und nein. Sollte er?“

„Es ist der Name Ihres Großvaters“, erwiderte Fiver sachlich.

Okay, offensichtlich hatte Gus Fiver den falschen Hogan Dempsey aufgesucht. Hogan konnte sich zwar kaum an seine Großeltern erinnern, denn sie waren früh an Krebs gestorben, doch keiner seiner Großväter hatte Philip Amherst geheißen. Glücklicherweise teilte Hogan nicht die Krankengeschichte seiner Familie, da er als Säugling adoptiert worden war und …

Moment. Wie die meisten Adoptivkinder war er natürlich neugierig gewesen, wessen DNA er in sich trug. Doch Bobby und Carol Dempsey waren die besten Eltern gewesen, die er sich hätte wünschen können. Daher hatte er nie das Bedürfnis verspürt, seine leiblichen Verwandten ausfindig zu machen, auch nicht, nachdem er seine Familie verloren hatte. Es gab niemanden auf der Welt, der diese Familie jemals hätte ersetzen können.

Stumm sah er den Anwalt an. Philip Amherst musste einer seiner leiblichen Großväter sein. Und wenn Gus Fiver hier war, weil er Hogan suchte, dann wollte dieser Großvater ihn finden. Hogan wusste nicht, was er davon halten sollte. Er brauchte einen Moment, um das alles zu verarbeiten. Aber der Anwalt ließ ihm keine Zeit.

„Er ist vor Kurzem gestorben“, fuhr Fiver fort. „Seine Frau Irene und seine Tochter Susan, sein einziges Kind und Ihre leibliche Mutter, sind bereits vor ihm verstorben. Susan hat nie geheiratet und hatte außen Ihnen keine Kinder, deshalb gibt es keine weiteren direkten Erben. Nachdem seine Tochter im letzten Jahr bei einem Bootsunfall ums Leben gekommen war, hat er sein Testament geändert und Ihnen alles vermacht.“

Kaum hatte Hogan von seiner zweiten Familie erfahren, da war auch schon klar, dass er sie nie kennenlernen würde. Welche Überraschungen hielt Gus Fiver noch für ihn bereit?

Die Antwort kam sofort. „Mr. Amhersts Vermögen ist ziemlich groß“, sagte Fiver. „Dies ist normalerweise der Moment, in dem ich den Erben bitte, sich zu setzen, doch unter den gegebenen Umständen … Möchten Sie vielleicht aufstehen?“

Fiver musste nicht zweimal fragen. Hogan rollte unter dem Wagen hervor, sprang auf und lief auf und ab. Sein Puls lief auf Hochtouren, das Blut rauschte in seinen Ohren. ‚Ziemlich groß‘ hatte Fiver das Vermögen seines Großvaters genannt. Doch ziemlich groß konnte viel bedeuten. Ziemlich groß konnten hunderttausend Dollar sein. Oder sogar eine verdammte Million Dollar.

Fiver erhob sich ebenfalls. Dann öffnete er seine Aktentasche und zog eine Handvoll Dokumente heraus. „Ihr Großvater war Banker und Finanzier und hat sehr klug investiert. Er hat der Welt keine Schulden, aber einige Besitztümer hinterlassen. Sein Hauptwohnsitz war hier in New York in der Upper East Side. Aber er besaß auch Häuser in Santa Fe, Palm Beach und Paris.“

Jetzt war Hogan verunsichert. „Bitte sagen Sie, dass Sie Paris, Texas, meinen“, sagte er.

Fiver grinste. „Nein, Paris, Frankreich. Das Trocadéro, um genau zu sein, im 16. Arrondissement.“

„Und das bedeutet?“

„Das bedeutet, dass Ihr Großvater ein sehr reicher Mann war, Mr. Dempsey. Und als sein rechtmäßiger Erbe sind Sie es jetzt auch.“

Dann nannte er eine Zahl, die so groß war, dass Hogan tatsächlich einen Schritt zurückwich, als könnte er es so abwehren. Niemand konnte so viel Geld haben. Vor allem ein Hogan Dempsey nicht.

Doch Hogan besaß plötzlich so viel Geld. So viel begriff er in den nächsten dreißig Minuten. Auch, dass es in den nächsten Wochen noch einige Treffen mit dem Anwalt geben würde, um die Erbschaft abzuwickeln. „Mr. Dempsey, ich bin sicher, Sie haben Geschichten gehört von Lottomillionären, deren Leben zerstört wurde, weil sie nicht wussten, wie sie mit der Verantwortung umgehen sollten, die so viel Geld mit sich bringt. Ich rate Ihnen, sich Zeit zu lassen und gut über alles nachzudenken, bevor Sie größere Entscheidungen treffen.“

„Das werde ich“, versicherte Hogan ihm. „Komischerweise habe ich oft darüber nachgedacht, was ich tun würde, wenn ich im Lotto gewinnen würde. Seit der Highschool spiele ich regelmäßig.“

Fiver schien überrascht. „Sie sind für mich nicht der typische Lottospieler.“

„Ich spiele aus einem bestimmten Grund.“

„Okay, und was würden Sie von dem Lottogewinn kaufen?“

„Drei Dinge wünsche ich mir, seit ich achtzehn bin.“ Hogan hob die linke Hand und streckte den Zeigefinger aus. „Erstens einen Shelby Daytona Cobra aus dem Jahr 1965.“ Dem Zeigefinger folgte der Mittelfinger. „Zweitens ein Haus in Ocean City, New Jersey.“ Er hob den Ringfinger – verdammt bezeichnend, wenn er darüber nachdachte. „Und drittens …“ Er lächelte. „Drittens, Anabel Carlisle. Von den Carlisles aus der Park Avenue.“

1. KAPITEL

„Sie sind meine neue Köchin?“

Hogan musterte argwöhnisch die junge Frau in seiner Küche. Chloe Merlin erweckte nicht den Anschein, als wäre sie alt genug, eine Schere mit stumpfer Spitze zu benutzen, geschweige denn ein Fleischmesser. Mit ihren roten Plastik-Clogs konnte sie kaum größer als einen Meter sechzig sein – sie reichte Hogan gerade bis an die Schulter. In der weißen Kochjacke und der sackartigen Hose versank sie förmlich.

Sie sah so … so … Es liegt an der gigantischen Brille, entschied er. Das schwarze Gestell, offensichtlich für einen Mann gedacht, dominierte ihr Gesicht und ließ ihre grünen Augen riesig wirken. Vielleicht lag es auch an der Art, wie sie ihr weißblondes Haar unordentlich auf dem Kopf zusammengesteckt hatte. Als hätte sie es einfach mit zwei Händen genommen und irgendwie befestigt, ohne überhaupt zu sehen, was sie tat. Oder der rote Lippenstift war der Grund. Als hätte sie ihn aus der Tasche ihrer Mutter stibitzt, um damit zu experimentieren. Sie sah einfach so … so unglaublich …

Ach, verdammt, hinreißend. Sie sah hinreißend aus. Und Hogan ärgerte sich, dass er so etwas überhaupt dachte.

Chloe Merlin sollte seine heimliche Waffe bei der Eroberung von Anabel Carlisle von den Carlisles aus der Park Avenue sein. Doch als er sie jetzt sah, zweifelte er an seiner Idee. Sie hatte eine Hand um den Griff eines Matchbeutels gelegt, und mit der anderen hielt sie etwas unterm Arm fest, das wie ein abgenutzter Schlafsack aussah. Neben ihr auf der Kücheninsel stand eine gigantische Holzbox, gefüllt mit den verschiedensten Pflanzen. Vermutlich irgendwelche Kräuter. All diese Dinge standen in keinem Verhältnis zum Rest von ihr. Sie wirkte einfach … daneben. Als käme sie von einem anderen Stern und versuchte noch, sich irgendwelchen neuen physikalischen Gesetzen anzupassen.

„Wie alt sind Sie?“, fragte er spontan.

„Warum wollen Sie das wissen?“, antwortete sie mit einer Gegenfrage. „Es ist diskriminierend und gegen das Gesetz, mein Alter als eine Grundvoraussetzung für die Beschäftigung zu nehmen. Ich könnte es der Equal Employment Opportunity Commission melden. Es ist aber nicht gut, so den ersten Arbeitstag zu starten.“

Er wollte ihr sagen, dass es auch ihr letzter sein könnte, wenn sie so weitermachte, doch sie musste seine Gedanken gelesen haben, denn sie ließ ihn nicht zu Wort kommen.

„Wenn Sie mich jetzt, nachdem Sie mir diese Frage gestellt haben, feuern, dann könnte ich Sie anzeigen. Sie hätten vor Gericht keine Chance.“

Wow. Große Worte für so eine kleine Frau.

„Ich bin einfach neugierig“, sagte er. Was stimmte. Sie hatte etwas an sich, was einen Menschen neugierig machte.

Ihre große Brille war die Nase hinuntergerutscht. Sie schob sie mit dem Handrücken wieder hoch. „Ich bin achtundzwanzig“, sagte sie. „Auch wenn es Sie nichts angeht.“

Chloe Merlin musste eine fantastische Köchin sein. Denn sie war die gefragteste Privatköchin in der Park Avenue, das exklusivste Statussymbol überhaupt in den Kreisen, in denen Hogan sich jetzt bewegte. Und das konnte nicht an ihrem charmanten Wesen liegen.

Mann, war es wirklich erst drei Wochen her, dass Gus Fiver in seiner Werkstatt aufgetaucht war? An jenem Tag hatte Hogan dem Mann erklärt, warum er Anabel „kaufen“ wollte, und der Anwalt hatte ihn mit ein paar nützlichen Informationen versorgt.

Gus war mit den Carlisles befreundet und wusste, dass Anabel die gegenwärtige Arbeitgeberin von Chloe Merlin, der Privatköchin der Reichen und Schönen, war. Tatsächlich war Chloe eine derart hervorragende Köchin, dass sie seit ihrer Ankunft in New York vor fünf Jahren von einem reichen Arbeitgeber nach dem anderen abgeworben wurde, was ihr jeweils eine beachtliche Gehaltserhöhung einbrachte.

Chloe abzuwerben, war laut Gus Fiver der Lieblingszeitvertreib der Menschen in der Park Avenue. Anabel Carlisle war vor fünf Monaten als Siegerin aus dem Spiel hervorgegangen. Wenn Hogan also jemanden suchte, der für ihn kochte – und hey, wer tat das nicht? – dann sollte er sich um Chloe bemühen. Er hätte damit einen legitimen Grund, Kontakt zu Anabel aufzunehmen.

Wenn er sich die Köchin jedoch ansah, dann fragte Hogan sich, ob der Lieblingszeitvertreib nicht eher war, den Neuen in der Park Avenue auf den Arm zu nehmen. In dem Fall wäre Gus Fiver der gegenwärtige Sieger. Es hatte Hogan ein Vermögen gekostet, Chloe zu engagieren, und einige ihrer Bedingungen waren einfach lächerlich gewesen. Ganz abgesehen davon, dass sie etwas spleenig wirkte. Hogan hasste Spleens.

„Wenn Sie heute Abend etwas essen möchten, dann sollten Sie mir jetzt mein Zimmer zeigen“, sagte sie gereizt. „Ihre Küche wird meinen Bedürfnissen genügen, aber ich muss anfangen. Croque Monsieur macht sich nicht von allein.“

Croque Monsieur, wiederholte Hogan in Gedanken, wenn auch nicht mit dem makellosen französischen Akzent, mit dem sie sprach. Was zum Teufel war Croque Monsieur? Zahlte er ihr etwa ein Vermögen dafür, dass sie ihm Dinge kochte, die er nicht einmal mochte? Eigentlich würde ihm ein Sandwich mit Schinken und Käse genügen.

Dann drang der andere Teil ihres Statements in sein Bewusstsein. Die Küche würde ihren Bedürfnissen genügen? Sollte das ein Witz sein? Die Küche war riesig und absolut professionell ausgestattet.

Ihren Bedürfnissen genügen. Okay.

„Ihr Zimmer ist, ähm … Es ist …“

Er stockte. Nicht nur die Küche im Stadthaus in Lenox Hill war riesig, das ganze Haus hatte gigantische Ausmaße, und Hogan war selbst erst gestern eingezogen. Er fand kaum sein eigenes Zimmer. Mrs. Hennessey ging nach Feierabend nach Hause, doch sie hatte ihm versichert, dass es „geeignete Unterkünfte“ für Angestellte gab. Sie hatte ihm sogar das Zimmer gezeigt, und er hatte gedacht, dass es verdammt geeignet war. Doch er konnte sich nicht mehr erinnern, ob es in der dritten oder vierten Etage lag.

„Ihr Zimmer ist oben“, sagte er schließlich, und verschob das Problem damit um ein paar Minuten. Er würde die Etage erkennen, wenn er sie erreichte. Hoffentlich. „Folgen Sie mir.“

Überraschenderweise tat sie es, ohne zu zögern. Das wie ein Schlafsack aussehende Ding und die riesige Box mit Pflanzen ließ sie zurück – vermutlich wollte sie die Pflanzen auf den breiten Fensterbänken der drei großen Fenster auf der anderen Seite des Raumes arrangieren.

Sie verließen die Küche in der ersten Etage und gelangten auf eine Galerie mit Fotos und Gemälden von Leuten, die, wie Hogan vermutete, Verwandte waren. An die Galerie schloss sich das Esszimmer an, das er bisher noch nicht betreten hatte.

Er führte Chloe eine breite geschwungene Treppe hinauf. Es gab auch einen Fahrstuhl im Haus, aber die Treppe war weniger umständlich. Sie erreichten die zweite Etage, dann die dritte. Er war ziemlich sicher, dass sich hier sein Zimmer befand. Ja, die dritte Etage bewohnte er. Er erkannte die mit Mahagoni verkleidete Zimmerflucht. In der vierten und damit obersten Etage gab es einen großen Wohnbereich mit zwei weiteren Schlafzimmern. Jedes mit eigenem Bad, das größer war als das Wohnzimmer in seiner früheren Wohnung über der Werkstatt.

Wie gesagt, verdammt geeignet.

„Dort ist Ihr Zimmer“, sagte er zu Chloe und deutete nach rechts. Mrs. Hennessy hatte ihm das Zimmer gezeigt und gesagt, dass es das größere der beiden Schlafzimmer war und über einen Kamin verfügte.

Er öffnete die Tür für Chloe. Das Zimmer war in Dunkelblau und Gold gehalten und mit edlen Kirschmöbeln ausgestattet. Einige Landschaftsgemälde hingen an den Wänden. Hogan vermutete, dass es ein geschlechtsneutrales Gästezimmer sein sollte, doch seiner Meinung nach wirkte es eher maskulin. Trotzdem passte es irgendwie zu Chloe Merlin. So klein, hinreißend und spleenig sie war, sie hatte etwas an sich, das sie robust, leistungsfähig und unpersönlich wirken ließ.

„Es gibt ein Bad en Suite?“, fragte sie.

„Wenn sie damit ein Bad meinen, das direkt an das Schlafzimmer angrenzt, dann Ja“, erwiderte Hogan. Er deutete auf eine Tür. „Es ist dort.“ Glaube ich jedenfalls, fügte er stumm hinzu. Es könnte auch ein Schrank sein.

„Und die Tür kann verschlossen werden?“

Er vermutete, dass Frauen in der Hinsicht vorsichtig sein mussten, aber es wäre nett gewesen, wenn sie die Frage nicht in dem Ton gestellt hätte – als ob sie jemanden eines Verbrechens bezichtigen wollte.

„Ja. Der Schlüsseldienst ist gerade weg, und der einzige Schlüssel liegt in der obersten Kommodenschublade. Alles so, wie wir vertraglich festgelegt haben.“

Nachdem das geklärt war, legte sie ihren Matchbeutel aufs Bett und öffnete ihn. Ohne Hogan anzusehen, sagte sie: „Das Zimmer ist akzeptabel. Ich packe jetzt aus, dann sehe ich mir die Küche an, anschließend gehe ich einkaufen. Dinner gibt es um halb acht, Frühstück um sieben. Wenn Sie zum Lunch nach Hause kommen, dann kann ich ein leichtes Mahl zubereiten und für Sie in den Kühlschrank stellen, aber normalerweise verbringe ich den späten Vormittag und den frühen Nachmittag damit, Menüs zu planen und Lebensmittel einzukaufen. Ich kaufe jeden Tag ein, um sicher zu sein, dass ich die frischesten Zutaten habe, die ich finden kann. Und alles Bio. Sonntags und montags habe ich frei, es sei denn, Sie benötigen mich für eine besondere Gelegenheit. Für diese Tage bekomme ich dann das doppelte Gehalt und …“

„Und Sie haben in der folgenden Woche einen zusätzlichen Tag frei“, beendete er den Satz für sie. „Ich weiß. Ich habe den Vertrag gelesen und unterschrieben. Schon vergessen? Heiligabend, Weihnachten und Thanksgiving haben Sie frei. Bei voller Bezahlung, keine Ausnahmen“, zitierte er aus dem Vertrag. „Außerdem drei Wochen im August, ebenfalls bei voller Bezahlung.“

„Falls ich dann noch hier bin. Bis dahin sind es schließlich noch zehn Monate.“ Offensichtlich kannte Chloe Merlin das Spiel „Köchin abwerben“ der Superreichen.

„Sie werden noch hier sein“, erwiderte er. Denn wenn Hogan seine Karten richtig spielte – und er spielte gut – dann würde Anabel im August bereits bei ihm leben, und sein Hochzeitsgeschenk für sie wäre ein lebenslanger Vertrag mit ihrer Lieblingsköchin Chloe Merlin.

Chloe schien nicht überzeugt.

Egal, Hogan war überzeugt. Es war ihm einerlei, wie viele Forderungen Chloe stellte – angefangen bei einem Extrakonto nur für die Küche, auf das er wöchentlich einen bestimmten Betrag einzahlte und für das sie allein eine Karte besaß, bis hin zu ihrer Alleinherrschaft über den Speiseplan. Er bezahlte ihr viel Geld dafür, dass sie fünf Tage die Woche das kochte, was sie wollte, und ließ sie mietfrei in einer der schicksten Gegenden New Yorks wohnen. Im Gegenzug hatte er eine Situation geschaffen, in der Anabel Carlisle keine andere Wahl hatte, als ihm Beachtung zu schenken. Kein schlechter Handel, denn wenn sich die Geschichte wiederholte – und es gab keinen Grund zu glauben, dass dies nicht der Fall sein würde – dann würden sie ein Paar, sobald er ihre Aufmerksamkeit hatte. Außerdem wusste er nicht, was er sonst mit all dem Geld tun sollte, das sein Großvater ihm hinterlassen hatte.

Hogan hoffte nur, dass er – wie hatte sie es noch genannt? – Croque Monsieur mochte. Was auch immer das war.

Schweigend betrachtete Chloe Merlin ihren neuen Arbeitgeber und wünschte sich, sie hätte sich ein einziges Mal nicht von ihrem Bestreben leiten lassen, viel Geld zu verdienen. Hogan Dempsey war völlig anders als die Leute, für die sie normalerweise kochte. Die meisten waren nett, aber oberflächlich und uninteressant. Genau das machte es ihr leicht, sich auf das zu konzentrieren, was ihr wichtig war – das Kochen. Hogan dagegen schien bodenständig und scharfsinnig, und irgendetwas sagte ihr, dass er es nicht dulden würde, derart ignoriert zu werden.

Als wenn das möglich wäre. Seine eindrucksvolle Präsenz dominierte alles. Obwohl er mindestens zwei Meter von ihr entfernt stand, hatte sie Gefühl, als wäre er genau neben ihr. Durch ihre Kochkluft hindurch brachte sein Atem ihre Haut zum Prickeln. Er war einen guten Kopf größer als sie. Als er den Raum betrat, füllten seine Schultern fast die Tür aus. Er hatte blondes Haar und kaffeebraune Augen.

Chloe hatte schon immer ein Faible für blonde Männer mit dunklen Augen gehabt, und dieser hier könnte deren König sein. Zudem trug er abgewetzte Jeans, ziemlich ramponierte Stiefel und einen hellen Pullover, der definitiv bessere Tage gesehen hatte – etwas völlig anderes als die Designerkleidung der bisherigen Herrschaften. Er sah einfach blendend aus.

Sie hob die Hand zum obersten Knopf ihrer Jacke und drehte ihn, eine Geste, die dazu diente, sie an Dinge zu erinnern, an die sie normalerweise nicht erinnert werden musste. Doch es half nicht. Hogan war immer noch eindrucksvoll. Immer noch bodenständig. Immer noch umwerfend. Ihre Brille war wieder hinuntergerutscht, sie schob sie mit dem Handrücken wieder hoch. Das war eine nervöse Angewohnheit, die sie seit ihrer Kindheit nicht abgelegt hatte, doch zurzeit war es besonders schlimm. Und das nicht nur, weil ihr schwarzes Brillengestell größer war, als es sein sollte.

„Wie geht es Anabel?“, fragte er.

Egal, was sie erwartet hatte, diese Frage bestimmt nicht. Sie ahnte bereits, dass er kein Feinschmecker war. Den Fragebogen zu seinen kulinarischen Erwartungen und Vorlieben, den sie neuen Arbeitgebern vorlegte, hatte er ausgefüllt. Trotzdem hätte sie gedacht, dass er über ihre Arbeit bei ihm sprechen wollte.

Dass zwischen ihrer früheren Arbeitgeberin und ihrem neuen Chef in der Vergangenheit irgendetwas gelaufen war, hatte sie sich schon zusammengereimt. Anabel hatte versucht, Chloe auszureden, diesen Job anzunehmen, und Hogans Herkunft als Beweis für seinen wenig anspruchsvollen Gaumen angeführt. Aber Chloe interessierte es nicht, was gelaufen sein könnte. Sie wollte nur kochen. Kochen war ihre Leidenschaft. Kochen war ihr Leben. Und es ging ihr nicht gut, wenn sie nicht ihre ganze Aufmerksamkeit dem Kochen widmen konnte.

„Anabel geht es gut“, antwortete sie.

„Ich meine seit der Scheidung“, erklärte Hogan. „Soviel ich weiß, haben Sie etwa zu dem Zeitpunkt bei ihr angefangen, als ihr Mann sie wegen einer ihrer besten Freundinnen verließ.“

„Das geht mich nichts an“, sagte Chloe. „Und Sie auch nicht. Ich beteilige mich nicht an Klatsch und Tratsch, Mr. Dempsey.“

„Hogan“, korrigierte er sie sofort. „Und ich will keinen Klatsch hören. Ich …“

Er hob eine Schulter und senkte sie auf eine irgendwie liebenswerte Weise wieder, dann stieß er den Atem auf eine Art aus, die fast rührend war. Verdammt, Chloe hatte keine Zeit für liebenswerte und rührende Gesten. Vor allem nicht, wenn sie von dem König der dunkeläugigen blonden Männer kamen.

„Ich wollte nur wissen, ob es ihr gut geht“, sagte er. „Sie und ich, wir waren mal … Freunde. Vor langer Zeit. Ich habe sie schon eine Weile nicht mehr gesehen. Eine Scheidung ist hart für einen Menschen. Ich wollte nur wissen, ob es ihr gut geht“, wiederholte er.

Oh je, er hatte es auf Anabel abgesehen. Das war deutlich daran zu erkennen, wie er das Wort Freunde aussprach. Ausgerechnet Anabel Carlisle, eine Frau, die zwar ganz nett und auch eine anständige Arbeitgeberin war, aber völlig oberflächlich.

„Ich denke, es geht ihr ganz gut, angesichts ihrer … veränderten Lebensumstände“, sagte Chloe, um Hogan zu beruhigen.

Sie kannte Anabel nicht besonders gut, auch wenn sie fast sechs Monate für sie gearbeitet hatte und damit länger als für jeden anderen. Aber wenn sie so darüber nachdachte, dann ging es Anabel nicht nur gut, sondern regelrecht blendend. Chloe kannte niemanden, der über eine Scheidung so glücklich war wie Anabel.

„Wirklich?“, fragte Hogan mit der hoffnungsvollen Ernsthaftigkeit eines Siebtklässlers. Herrgott, hör auf, so charmant zu sein!

„Wirklich.“

„Hat sie einen Neuen?“

„Ich weiß es nicht. Ich habe immer nur für sie gekocht, keine zweite Person“, fügte sie hinzu, weil sie sicher war, dass dies seine nächste Frage gewesen wäre.

Das schien ihn zu ermutigen.

„Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden …“ Sie wollte gerade wieder Mr. Dempsey sagen, als sie sich erinnerte, dass er sie gebeten hatte, ihn Hogan zu nennen. Also entschied sie, gar keine Anrede zu benutzen. Merkwürdig, sie hatte nie Probleme gehabt, ihre Arbeitgeber mit Vornamen anzusprechen, auch wenn sie diese Anrede nicht bevorzugte. „Ich habe einen festen Zeitplan, und ich muss mich jetzt an die Arbeit machen.“

Sie musste sich an die Arbeit machen. Wollte es nicht, sondern musste – ein großer Unterschied. So gern Chloe auch kochte, sie brauchte es auch für ihren Seelenfrieden. Sie hoffte, dass sie Hogan Dempsey das vermittelt hatte, ohne zu grob zu sein.

„Okay“, sagte er sichtlich widerstrebend. Vermutlich wollte er ihr mehr Informationen über Anabel entlocken, aber sie hatte alles gesagt, was sie sagen wollte.

„Wenn Sie noch etwas brauchen“, sagte er, „oder Fragen haben oder sonst etwas, ich bin in meinem …“

Zum ersten Mal schien er unsicher zu sein. Für einen winzigen Moment wirkte er sogar verloren. Chloe musste sich zusammenreißen, um nicht einen Schritt vorzugehen und die Hand nach ihm auszustrecken. Sie kannte das Gefühl des Verlorenseins. Ein Gefühl, dass sie niemandem wünschte. Vor allem Hogan Dempsey nicht.

Oh, oh, das war nicht gut.

„Haus“, sagte er schließlich. „Ich bin in meinem Haus.“

Sie nickte, ohne sich zu rühren oder etwas zu sagen. Erst wenn er gegangen war, würde sie wieder funktionieren und sich allein von ihrem Geschmacks- und Geruchssinn leiten lassen. Alle anderen Sinneswahrnehmungen waren einfach nicht erlaubt.

Autor

Elizabeth Bevarly
<p>Elizabeth Bevarly stammt aus Louisville, Kentucky, und machte dort auch an der Universität 1983 mit summa cum laude ihren Abschluss in Englisch. Obwohl sie niemals etwas anderes als Romanschriftstellerin werden wollte, jobbte sie in Kinos, Restaurants, Boutiquen und Kaufhäusern, bis ihre Karriere als Autorin so richtig in Schwung kam. Sie...
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