Verbotene Nächte mit dem Scheich

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Unglaublich! Der berühmte Hotelier Gene Chatsfield ist ihr leiblicher Vater? Fassungslos erfährt die schöne Aaliyah das Geheimnis ihrer Herkunft. Um ihm unerkannt nah zu sein, bewirbt sie sich in seinem legendären Hotel in London - und wird sofort eingestellt: Nur sie spricht die Sprache von Scheich Sayed bin Falah al Zeena, der im Chatsfield abgestiegen ist. Doch aus ihrer gemeinsamen Sprache werden Worte geflüsterter Liebe, hitzige Berührungen der Leidenschaft … Höchst pikant: Denn in Sayeds Wüstenreich wird gerade alles für seine Märchenhochzeit mit einer Prinzessin vorbereitet!


  • Erscheinungstag 07.07.2015
  • Bandnummer 2186
  • ISBN / Artikelnummer 9783733701833
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Obwohl nicht leicht zu beeindrucken, hatte Liyah Amari bei ihrem Eintritt ins Chatsfield London das Gefühl zu träumen. Das Flaggschiff des ehrwürdigen Familienimperiums – von Europas Elite als Luxushotel der Extraklasse bevorzugt – war so unfassbar prächtig, dass es sie überwältigte.

Dabei war die Chatsfield-Dependance in San Francisco, wo ihre Mutter bereits vor ihrer Geburt gearbeitet hatte, ebenfalls wunderschön, aber nicht zu vergleichen mit dem Glanz und Zauber dieses Hotels. Angefangen vom livrierten Portier bis zur Grandezza des Hotelfoyers in Ballsaalgröße fühlte es sich an, als würde man in eine längst versunkene Ära eintauchen, geprägt von geradezu dekadentem Luxus.

Allerdings stand die auffällig hektische Betriebsamkeit in starkem Kontrast zur stilvollen Umgebung. So wie ein nicht greifbares Flair von Erwartung und Vorbereitung. Ein Zimmermädchen in Arbeitsuniform hastete durch die Lobby, was Liyah mehr als ungewöhnlich erschien, während ein anderes am Treppenaufgang das gewundene Geländer aus kostbarem Walnussholz polierte.

Am Empfangstresen war das Rezeptionspersonal entweder mit Telefonieren beschäftigt oder tippte frenetisch auf der Computertastatur herum, während gleich daneben ein attraktives, älteres Paar eincheckte.

„Willkommen im Chatsfield London, Mr und Mrs Michaels. Darf ich Ihnen die Schlüsselkarte zu Ihrer Suite überreichen?“, fragte ein freundlicher junger Mann. „Und, als Gruß des Hauses, Ihr Empfangsgeschenk. Wir hoffen sehr, Sie genießen Ihren Aufenthalt.“

Hinter der Rezeption hingen gerahmte Porträts der Belegschaft. Als Liyah das Foto von Lucilla Chatsfield ins Auge fiel, spürte sie einen seltsamen Druck in der Brust. Sie war die älteste der Chatsfield-Geschwister und diejenige, der Liyah am liebsten einmal persönlich begegnet wäre. Doch das konnte sie gleich wieder vergessen, weil Lucilla in der Hotelhierarchie viel zu hoch über ihr stand.

Ein Geräusch in ihrem Rücken lenkte ihre Aufmerksamkeit auf den riesigen Kronleuchter im Hintergrund, an dem gerade eine Glühbirne ausgewechselt wurde. Durch unzählige, geschliffene Kristallprismen warf er schimmernde Lichtreflexe gegen die mit venezianischer Seide bespannten Wände und auf den kostbaren Marmorboden. Ecrufarbene Säulen und ornamentierte Zierleisten rundeten subtil und geschmackvoll die opulente Eleganz ab. Ein kaum wahrnehmbarer Hauch von frischer Farbe verriet Liyah, dass hier erst kürzlich renoviert worden war.

Ihre Schuhe verursachten dank der Gummisohlen nicht das leiseste Geräusch auf dem schwarz-weiß gefliesten Marmorboden. Gemäß ihrer Anweisung visierte sie direkt die Fahrstühle an. Doch kurz bevor sie ihr Ziel erreichte, trat ihr ein breitschultriger Mann in den Weg.

„Kann ich Ihnen behilflich sein?“ Ton und Miene waren höflich, aber bestimmt.

Liyah wusste natürlich, dass sie trotz ihres perfekt sitzenden schwarzen Hosenanzugs nicht in die elitäre Liga der Chatsfield-Gäste eingestuft wurde. „Ich habe einen Termin bei Mrs Miller.“ Da Pünktlichkeit in ihren Augen einen hohen Stellenwert besaß, war sie fünfzehn Minuten vor der verabredeten Zeit eingetroffen, um sich der Hausdame des Hotels vorzustellen.

Schlagartig hellte sich das Gesicht des Mannes auf. „Oh, dann müssen Sie das Zimmermädchen aus Zeena Sahra sein!“

Nein, das ist meine Mutter gewesen …

„Ich bin mit dem Land und der Kultur vertraut, wurde aber in Amerika geboren“, erklärte sie zurückhaltend. Man hatte sie als Aufsicht führendes Raumpersonal für die nobelste Hoteletage engagiert, die direkt unter der Penthouse-Suite lag. Allerdings mit einem erweiterten Tätigkeitsbereich, der neben organisatorischen Aufgaben auch die Betreuung und Bewirtung der exklusiven Hausgäste einschloss.

Das Ganze sollte auf Anordnung der neuen Hotelleitung in Abstimmung mit dem Concierge-Team geschehen, um die lückenlose Rundumbetreuung der anspruchsvollen Kunden zu optimieren und so deren Zufriedenheit und Akzeptanz sicherzustellen.

Für Liyah bedeutete es eine weitaus befriedigendere Stellung, als ihre Mutter sie fast drei Jahrzehnte lang innegehabt hatte. Und Hena würde ihr sicher von ganzem Herzen zustimmen, wenn sie jetzt hier sein könnte …

„Die Lifte sind gleich dort drüben“, informierte der Sicherheitsbeamte sie und ging vor. „Ich muss nur erst Ihre Zugangsberechtigung für das Untergeschoss eintippen.“

„Danke.“ Immer noch fünf Minuten zu früh, stand Liyah kurz darauf vor der Bürotür der Hausdame und klopfte.

„Herein.“

Mrs Miller war eine große, schlanke Frau, die eine noch strengere Version von Liyahs Hosenanzug trug, über einer blütenweißen Baumwollbluse mit gestärktem Kragen. Natürlich hatte sie sämtliche Knöpfe des Blazers geschlossen.

„Ich bin sehr froh, Sie zu sehen, Miss Amari, und kann nur hoffen, dass Sie darauf vorbereitet sind, Ihren Dienst direkt anzutreten“, sagte sie nach den üblichen Höflichkeitsfloskeln.

„Selbstverständlich.“

„Sehr gut. Fast die gesamte Etage, die Sie zu betreuen haben, wurde für den Harem des Scheichs gebucht.“ Der missbilligende Unterton dieser unerwarteten Eröffnung war nicht zu überhören.

„Habe ich das richtig verstanden?“, vergewisserte sich Liyah. „Es wird also ein Scheich aus Zeena Sahra erwartet? Und er braucht eine ganze Etage für seinen Harem?“ Kein Wunder, dass man versucht hatte, ihre Mutter vom Chatsfield San Francisco anzufordern.

„Ja, der Scheich wird uns vierzehn Tage mit seiner Anwesenheit beehren. In der zweiten Woche will seine Verlobte dazukommen.“

Liyah tat ihr Bestes, um sich ihren Schock und ihr Entsetzen nicht anmerken zu lassen.

„Scheich al Zeena oder Scheich bin Falah al Zeena …“, referierte Mrs Miller. „Auf keinen Fall aber Scheich bin Falah, das würde nämlich einen Affront bedeuten.“

Innerlich zuckte sie zusammen, verzichtete aber darauf, die Hausdame zu korrigieren. Inzwischen war ihr klar, dass man sie genau wegen dieses Insiderwissens engagiert hatte. Und langsam dämmerte ihr auch, dass nicht irgendein Scheich im Chatsfield London absteigen würde, sondern der Kronprinz von Zeena Sahra persönlich.

Er galt als einer der attraktivsten und aufregendsten Männer auf dem ganzen Erdball und hätte leicht als internationaler Playboy durchgehen können. Stattdessen genoss er den Ruf, sich extrem zugeknöpft zu geben, und schien sich einzig und allein auf seine Pflichten als Emir von Zeena Sahra zu konzentrieren.

„Verstehe, ich werde es mir merken. Ihn als Euer Hoheit anzusprechen, wäre sicher auch akzeptabel. Allerdings vermute ich, dass er den Titel Emir bevorzugt, da Zeena Sahra ein Emirat ist.“

Mrs Millers Lippen wurden schmal. „Warum wissen wir so etwas nicht?“

„Es ist wirklich nur eine Kleinigkeit“, beschwichtigte Liyah.

„Nein!“ Das sah die Hausdame offensichtlich anders. „Was den Besuch des Scheichs in unserem Haus angeht, gibt es keine unwichtigen Informationen. Jedes noch so winzige Detail ist von Bedeutung. Sonst passieren Fehler, und die sind im Chatsfield nicht zulässig.“

„Ich werde mein Bestes geben“, versprach Liyah.

„Davon gehe ich aus. Ach, ehe ich es vergesse … neben Ihren regulären Pflichten haben Sie während der Dauer des Scheich-Besuchs auch die Oberaufsicht über das Zimmerpersonal, das die Suite Seiner Hoheit und die angrenzenden Räume, in denen seine Bodyguards untergebracht sind, betreut.“

Obwohl die Liste ihrer Zuständigkeiten immer länger wurde, zuckte Liyah nicht mit der Wimper. Sie liebte Herausforderungen und scheute nicht davor zurück, Verantwortung zu tragen. Wie gut, dass sie ihr Studium trotz aller Widerstände mit einem Diplom in Hotelmanagement abgeschlossen hatte. Außerdem hatte sie dank ihrer allsommerlichen Ferienjobs als Zimmermädchen im Chatsfield San Francisco während ihrer Highschool- und Unizeit praktische Erfahrung und eine gewisse Routine.

Nicht, dass ihre Mutter sie dazu gedrängt hätte – im Gegenteil. Wenn Hena sich gegenüber ihrer sehr selbstständigen und etwas eigenwilligen Tochter hätte durchsetzen können, wäre Liyah nie im Chatsfield gelandet, sondern hätte eine ganz andere Ausbildung gemacht. Und in diesem Moment überlegte Liyah, ob das nicht vielleicht sogar besser gewesen wäre.

Nach einer „Sightseeingtour“ durch das Hotel und einer Art Blitzeinführung in seine Gepflogenheiten, während der sie dem Hotelpersonal unzählige Fragen über Zeena Sahra beantworten musste, kehrte Liyah erschöpft in ihr möbliertes Zimmer zurück. Es hatte die Größe ihrer ehemaligen engen Studentenbude, inklusive einer kleinen Kochnische und einem noch winzigeren Bad. Dafür hatte sie ein helles Zweiraumapartment mit Balkon in San Francisco aufgegeben, wo sie mit ihrer Mutter gelebt hatte.

Doch das Jobangebot vom Chatsfield London war zu verlockend gewesen, um es auszuschlagen. Und selbst ihre kritische Mutter hätte es nicht nur als große Chance, sondern auch als Wink des Schicksals angesehen. Allerdings hatte Hena lebenslang eine ausgeprägt romantische Ader gehabt, die ihrer eher pragmatischen Tochter fehlte.

Das änderte sich schlagartig, als Liyah nach Henas Tod den Inhalt eines Tresorfachs ausgehändigt bekam, von dem sie noch nie zuvor etwas gehört hatte. Nachdem sie den Abschiedsbrief ihrer Mutter gelesen hatte, stand für sie fest, dass sie nach England musste. Das Jobangebot war ihr wie ein Wink des Himmels erschienen. Es erlaubte ihr, den Plan in die Tat umzusetzen, ohne ihr kleines Erbe über Gebühr zu strapazieren, das aus einer Lebensversicherung ihrer Mutter stammte. Auch von dem Geld hatte sie nichts gewusst, es nach dem ersten Schock aber dankbar als Zeichen Henas liebevoller Fürsorge akzeptiert.

Unglaublich, wie dramatisch sich ihr Leben seitdem verändert hatte. Wobei Liyah die überraschende Anstellung im Chatsfield London als vorläufigen Höhepunkt ansah.

Die Hotelleitung hatte ausdrücklich nach jemandem Ausschau gehalten, der mit der Kultur Zeena Sahras vertraut war und über Kenntnisse in der Sprache und den gesellschaftlichen Umgangsformen verfügte. Darum wandte man sich an die Chatsfield-Dependance in San Francisco, in der Hoffnung, Hena Amari für die Aufgabe engagieren zu können. Da sie jedoch kurz zuvor verstorben war, setzte sich Stefanie Carter, die dortige Hausdame, mit Liyah in Verbindung und schlug London vor, sie stattdessen zu engagieren. Obwohl sie nach ihrem Studium nicht mehr im Hotel gearbeitet hatte, qualifizierten Ausbildung, Erfahrung und Flexibilität sie nahezu perfekt für die Stelle.

Aber was für eine Ironie des Schicksals, dass genau dieser Job Henas Tochter in die Lage versetzte, den letzten Wunsch ihrer Mutter zu erfüllen …

Liyah verübelte Hena nicht, dass sie geschwiegen und ihr Geheimnis bis zum Tod für sich behalten hatte. Allerdings gelang es ihr nur dank lebenslang trainierter Selbstkontrolle, die brisante Wahrheit über ihre Herkunft ohne Zusammenbruch zu verkraften. Zumindest nach außen hin!

Immer noch erschien es ihr wie ein Wunder, dass der extrem wohlhabende englische Hotelier Gene Chatsfield ihr Vater sein sollte. Nachdem sie über all die Jahre hinweg immer wieder Bilder seiner legitimen Kinder in sämtlichen namhaften Klatschmagazinen hatte auftauchen sehen, erschien es ihr unglaublich, dass in ihren eigenen Adern dasselbe Blut fließen sollte. Was könnte sie – jemand, der sich alles im Leben hart erarbeiten musste – mit dieser berühmt-berüchtigten Familie gemein haben?

Nichts, so viel stand fest.

Gleichzeitig verspürte Liyah den unbändigen Drang herauszufinden, wie Gene Chatsfield seine Kinder einerseits mit Geld überhäufen und gleichzeitig ihre Mutter mit einer spärlichen Unterstützung abfinden konnte, die kaum reichte, um die Ausbildung der illegitimen Tochter zu finanzieren. Geschweige denn, ihr auch nur einen Hauch von Luxus zu ermöglichen.

Die Antwort lag wohl allein in Liyahs Existenz begründet, als dem sichtbar gewordenen Resultat einer von Gene Chatsfields zahlreichen Affären. Und zwar einer von der Sorte, wie sie nicht in den Illustrierten auftauchten, dafür waren Zimmermädchen einfach nicht interessant und wichtig genug.

Von Gene Chatsfields ausgeprägter Vorliebe für weibliches Hotelpersonal hatte Liyahs Mutter ebenso wenig gewusst wie von seiner Ehefrau. Zumindest nicht als er San Francisco verließ und ein zutiefst verstörtes, schwangeres Zimmermädchen zurückblieb. Niemand kannte die Identität von Liyahs Vater, und die Scham darüber, dass sie sich mit einem verheirateten Mann eingelassen hatte, überschattete fortan Henas Leben.

All das erfuhr Liyah erst aus dem Abschiedsbrief ihrer Mutter, in dem Hena sie auch bat, ihrem Vater zu verzeihen, der kein Schuft oder übler Kerl gewesen sei, sondern ein unglücklicher Mann, der harte Zeiten zu überstehen gehabt hatte. Der Brief endete mit der Bitte an ihre Tochter, nach London zu reisen, um ihren Vater persönlich kennenzulernen. Liyah war entschlossen, den letzten Willen ihrer Mutter zu respektieren, gleichzeitig aber auch froh darüber, ihrem Erzeuger zunächst inkognito gegenüberzutreten.

Und zwar als seine Angestellte und nicht als die illegitime Tochter, die er noch nie zuvor gesehen hatte.

In ihrer kleidsamen, perfekt sitzenden Uniform, das lange, üppige Haar in einem strengen Knoten gebändigt, hielt Liyah sich bewusst im Schatten der prächtigen, geschwungenen Treppe. Sie hatte bereits zwei hektische Wochen im Chatsfield hinter sich und brannte förmlich darauf, ihren Vater endlich zu Gesicht zu bekommen.

Da sie gehört hatte, dass Seine Hoheit, Scheich Sayed bin Falah al Zeena, heute im Chatsfield eintreffen würde, glaubte Liyah, ihre Chance dafür sei endlich gekommen. Denn dem Besuch des Scheichs wurde von der Hotelleitung höchste Priorität eingeräumt. Das zeigte sich auch darin, dass Gene Chatsfield extra angereist kam, um den Empfang des Emirs persönlich zu überwachen, obwohl er momentan in der New Yorker Dependance residierte und seinem neuen CEO Christos Giantrakos die Zügel für das Londoner Hotel übergeben hatte.

Was wiederum Liyah anspornte, ihren Job absolut tadellos auszuführen. Wenn sie sich ihrem Vater gegenüber zu erkennen gab, sollte er keinen Grund zur Kritik an ihrer Qualifikation und Arbeitseinstellung finden. In dem ihr anvertrauten Geschoss war alles perfekt vorbereitet. In jedem Zimmer erwarteten die Gäste üppige Kristallschalen mit frischen Früchten sowie Silbervasen mit blühendem Jasmin. Sie hatte sogar an Paravents auf den langen Fluren gedacht, um die ‚Haremsquartiere‘ vor neugierigen Blicken abzuschotten.

Und natürlich hatte sie der privaten Suite des Emirs ganz besondere Aufmerksamkeit angedeihen lassen. Es gab nichts, was sein Feingefühl hätte stören können.

Jeder Gedanke an ihre Arbeit war vergessen, als ein älterer Mann in ihr Blickfeld kam, der mit unnachahmlichem Selbstbewusstsein das Foyer durchquerte. Die Begrüßungen seiner Angestellten nahm er mit dem knappsten Kopfnicken entgegen.

Mein Vater.

Vor der Rezeption hielt er an, sodass sie Gelegenheit bekam, ihn in aller Ruhe zu betrachten. Das dichte graue Haar war silbrig überhaucht, die blauen Augen klar und intensiv, die hohe, schlanke Gestalt nur ganz leicht gebeugt. Zum perfekt sitzenden Pierre-Cardin-Anzug trug er zweifellos handgearbeitete Schuhe und bot damit das Bild eines attraktiven Mannes, der absolut in die Liga seiner wohlhabenden, internationalen Gäste passte.

Als Gene lächelte und etwas zum Empfangschef sagte, der hinter dem polierten Tresen stand, stieß Liyah keuchend den angehaltenen Atem aus. Dieses Lächeln hatte sie Hunderte von Malen bei sich selbst im Spiegel gesehen. Seine Lippen waren schmaler als ihre, doch die leicht hochgezogenen Mundwinkel zu beiden Seiten des festen Kinns …

Der Anblick war ihr so vertraut, dass ihr Herz schmerzhaft klopfte.

Seine Augen waren blau, ihre grün, aber die Form ähnelte sich sehr. Warum war ihr das nicht anhand der Fotos aufgefallen, die sie nach dem Tod ihrer Mutter im Internet aufgerufen und aufmerksam studiert hatte? Ihre Hautfarbe war dunkler als seine. Sie glich Henas warmem Honigton. Auch die zierliche Statur hatte sie von ihrer Mutter. Jeder, der sie zusammen gesehen hatte, war geradezu frappiert von der Ähnlichkeit zwischen Mutter und Tochter gewesen. Dass sie auch etwas Offensichtliches von dem Mann am Tresen geerbt haben könnte, wäre Liyah nie in den Sinn gekommen. Die Ähnlichkeit war nicht augenfällig, aber dieses Lächeln … Gene Chatsfield war tatsächlich ihr Vater.

Diese unumstößliche Erkenntnis ließ sie taumeln, sodass sie an der Wand neben sich Halt suchte.

In völliger Unkenntnis, was die Identität ihres Vaters betraf, und konfrontiert mit der strikten Ablehnung der Familie ihrer Mutter, hatte Liyah bisher ein sehr einsames Leben geführt. Ihr einziger Bezugspunkt und Halt war Hena gewesen, und nach ihrem Tod blieb sie völlig allein zurück.

Plötzlich veränderte sich der Ausdruck auf dem attraktiven, gebräunten Gesicht ihres Vaters. Er wirkte seltsam angespannt, das Lächeln eine Spur gezwungen, die Körperhaltung wachsam und konzentriert. Als hätte er meine Gedanken gelesen, schoss es Liyah unsinnigerweise durch den Kopf. Doch als sie seinem Blick folgte, taumelte sie zum zweiten Mal innerhalb weniger Minuten.

Umringt von einer eindrucksvollen Entourage und gekleidet in der traditionellen Kluft des Scheichs von Zeena Sahra, stand der umwerfendste und aufregendste Mann, den sie jemals gesehen hatte, im Hotelfoyer. Eine Beschreibung, die der Emir ganz sicher nicht schätzen würde, obwohl er trotz seiner zurückhaltenden, ernsten Art in sämtlichen Hochglanzgazetten als Hot Shot des internationalen Jetsets gehandelt wurde.

Liyah schluckte heftig und versuchte, sich zu fassen. Kein Illustriertenfoto und keine noch so schwärmerische Headline wurden der Realität auch nur annähernd gerecht. Mit seiner eindrucksvollen Größe, der muskulösen Gestalt, den harten Wangenknochen und durchdringenden nachtschwarzen Augen war Scheich Sayed bin Falah ein Bild von einem Mann. Neben seinem faszinierenden Äußeren umgab ihn zudem ein nicht greifbares Charisma und Flair von Macht, das die Luft um ihn herum vor Elektrizität zum Knistern brachte.

Und das lag nicht etwa an der schlichten schwarzen Abaya, dem traditionellen bodenlangen Umhang, oder an der burgunderfarbenen Ghutra. Die Farbe der arabischen Kopfbedeckung wies auf seinen königlichen Status hin und wurde mit einer Agaal gehalten – in diesem Fall einer dreiteiligen Haltekordel, als Zeichen seines Rangs als Emir.

Dass er die Abaya offen über einem maßgeschneiderten Armani-Anzug trug, zeigte seine Nähe zur westlichen Zivilisation, doch das dunkle Gesicht unter der Ghutra erinnerte daran, dass in seinen Adern das heiße Blut eines Wüstenkriegers floss.

Wie magisch angezogen von der hochgewachsenen Gestalt bewegte sich Liyah vorwärts und kam erst wieder zu sich, als sie kaum einen Meter entfernt von dem hohen Gast stand. Um zurückzuweichen oder sich zu verstecken, war es angesichts der fragend erhobenen Brauen ihres Gegenübers zu spät. Ihre Blicke begegneten sich, und alles, was Liyah sich in jahrelangem Training an Souveränität und Coolness erworben hatte, war vergessen. Ihr fiel absolut nichts ein, was sie in diesem Moment hätte sagen können.

Ihr Geist war umnebelt und ihr Körper reagierte auf eine Weise, vor der ihre Mutter sie stets gewarnt und die Liyah noch nie zuvor am eigenen Leib erfahren hatte. Nur vage war sie sich der umstehenden Personen bewusst, die entweder zu seinem Gefolge oder zum Hotel gehörten, einschließlich ihres Vaters. Stimmen und Geräusche mischten sich zu einem undurchdringlichen Wirrwarr, verbunden mit dem schwachen Hauch von Zedernholz, Leder und weißen Rosen, der ihr schon beim Betreten des Chatsfield aufgefallen war.

Überlagert wurde er von einem herben, maskulinen Duft, der ihr heiße Schauer über den Rücken jagte und ihre empfindsamen Brustwarzen bis zur Verhärtung reizte.

Der Scheich verzog keine Miene, aber ein kurzes Aufblitzen in den dunklen Augen verriet, dass auch er nicht ganz unberührt geblieben war.

„Scheich al Zeena, dies ist Amari, die für die Dauer Ihres Aufenthalts in unserem Hause die Verantwortung für Ihr Wohlergehen und das Ihrer Begleitung trägt“, rettete der Empfangschef die peinliche Situation.

Daran, dass man sie nur mit ihrem Nachnamen vorstellte, war Liyah gewöhnt, nicht aber an die persönliche Konfrontation mit einem Kronprinzen. Zum Glück fing sie sich dank der Intervention des Hotelangestellten endlich wieder, schloss die rechte Hand über ihrer linken Faust und presste sie gegen ihr wild hämmerndes Herz. Dann beugte sie den Kopf zum traditionellen Gruß, wie ihre Mutter Hena es sie gelehrt hatte.

„Emir, es ist mir ein Vergnügen, Ihnen und Ihrer Gefolgschaft zu dienen.“

Sayed kämpfte noch mit der völlig unangemessenen Reaktion seines Körpers auf die Erscheinung der attraktiven Hotelangestellten. Wilde Fantasien über ihre Dienste überschwemmten ihn wie eine Welle glühender Lava. Die tiefe Röte auf ihren Wangen und der seltsam verletzliche und gleichzeitig hungrige Blick aus grünen Nixenaugen zeigten ihm, dass sein Begehren ganz sicher erwidert wurde.

Momentan war er nur froh über den weichen Fall der Abaya, die das Ausmaß seines Verlangens vor den neugierigen Blicken der Umstehenden verbarg. Und das, obwohl er in Kürze ein verheirateter Mann sein würde, ganz zu schweigen von der Verantwortung seinem Land gegenüber, die absolut keinen Raum für sexuelle Intermezzi ließ! Ihn irritierte allerdings der Umstand, wie schwer es ihm fiel, sich von erotischen Traumvorstellungen zu lösen, wie er sie sich bisher weder zugetraut noch erlaubt hatte.

„Danke, Miss Amari“, erwiderte er fast brüsk, um seine Reaktion auf sie zu kaschieren. „Dies ist Abdullah-Hasiba.“ Er wies mit dem Kinn auf eine dunkel gekleidete Frau in seinem Gefolge. „Sie ist Ihre Ansprechpartnerin für alle Fragen und Befindlichkeiten.“

„Sehr wohl, Euer Hoheit.“

Was ihm keineswegs entging, war der Schatten, der angesichts seiner offenen Zurückweisung über Miss Amaris Gesicht huschte, und wie sie die Lippen zusammenpresste, während sie sich wieder verneigte, ehe sie sich seiner Begleiterin zuwandte.

„Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit Ihnen.“

Mit einer erneuten Verbeugung tat die gefährlich attraktive Hotelangestellte, was ihresgleichen perfekt beherrschte: Sie schien einfach mit dem Hintergrund zu verschmelzen und wurde unsichtbar. Und Sayed musste sich auf die Zunge beißen, um dem unsinnigen Drang zu widerstehen, sie zurückzurufen.

2. KAPITEL

Immer noch fassungslos darüber, dass Scheich Sayed, wie sie ihn heimlich nannte, die Existenz ihres Vaters durch sein bloßes Erscheinen verdrängt hatte, klopfte Liyah an Abdullah-Hasibas Tür.

Wie hatte sie sich nur die Chance entgehen lassen können, Gene Chatsfield von Angesicht zu Angesicht in die Augen zu sehen? Hatte sie den Job nicht in erster Linie angenommen, um ihren Vater endlich persönlich kennenzulernen? Und was tat sie stattdessen? Sie stand da wie eine Närrin und gaffte einen wildfremden Scheich an!

Dass sie wie ertappt zusammenzuckte, als die Tür unerwartet aufschwang, zeigte ihr, wie wenig sie noch immer zu ihrem normalen Selbst zurückgefunden hatte.

Abdullah-Hasiba, die inzwischen einen apricotfarbenen Kameez zur dunklen Salwar trug, legte die Hände vor der Brust flach zusammen und verneigte sich ehrerbietig. Die arabische Variante eines legeren Hosenanzugs ließ sie weniger steif und traditionell erscheinen. „Wie kann ich Ihnen zu Diensten sein, Miss Amari?“

„Ich wollte mich nur vergewissern, dass Sie und die Begleiterinnen des Emirs mit der Unterbringung zufrieden sind.“

„Sehr sogar.“ Die ältere Frau trat zur Seite und machte eine einladende Geste. „Treten Sie doch bitte ein, Miss Amari.“

Liyah zögerte. „Ich möchte Sie nicht von Ihren Pflichten abhalten.“

„Das tun Sie nicht. Trinken Sie eine Tasse Tee mit mir.“

Da es unhöflich gewesen wäre, eine derartige freundliche Einladung abzulehnen, und Liyahs Neugier dafür auch viel zu groß war, folgte sie Abdullah-Hasiba zu einem kleinen Sofa an der gegenüberliegenden Wand des luxuriösen Raums. So sehr sie deswegen auch mit sich haderte, ihre Faszination, was den attraktiven Scheich betraf, war nicht zu leugnen.

Ein arabisches Teeservice, wie es Liyah im Auftrag des Hotels ebenfalls für die Suite des Emirs und seiner Verlobten besorgt hatte, stand in der Mitte des ovalen Couchtischs. Abdullah-Hasiba schenkte das aromatische heiße Getränk aus der transparenten Kanne in die dazu passenden Gläser ein.

„Was für ein Vergnügen, aus diesen wundervollen Gläsern trinken zu können“, sagte sie.

„Ach, ja?“

Die ältere Frau nickte lächelnd. „Wir reisen nicht mit Glasgeschirr, da es unterwegs leicht zu Bruch gehen kann.“

„Verständlich …“, murmelte Liyah, nahm einen Schluck von dem Tee und gab sich für einen wehmütigen Moment bittersüßen Erinnerungen hin. Ihre Mutter hatte stets darauf bestanden, jeden Tag mit Pfefferminztee und einem Hauch Honig zu beginnen und abzuschließen.

„Das Chatsfield ist allerdings das erste Hotel, das sich offensichtlich Gedanken bezüglich der traditionellen arabischen Teezeremonie während der ausgedehnten Europareise des Emirs gemacht hat.“

„Ich befürchte, das dafür vorgesehene Geschirr steht nur in Ihrem Zimmer, der Suite des Emirs und der seiner Verlobten zur Verfügung.“

Abdullah-Hasibas Lächeln vertiefte sich. „Ihre Kenntnis unserer Kultur ist beeindruckend, Miss Amari. Die meisten Hotelangestellten hätten das Service und die Utensilien sicher ins Zimmer seiner Sekretärin gestellt.“

Liyah wusste, worauf die offensichtlich enge Vertraute des Emirs anspielte. „Soweit ich informiert bin, ist seine Sekretärin nur eine Bürohilfe auf Stundenbasis.“

„Korrekt. Der Emir hält sehr viel von Traditionen. Darum ist sein persönlicher Assistent Duwad auch ein Mann …“

„Weil der Emir nicht allein mit einer Frau in seiner Suite zusammenarbeiten kann, verheiratet oder nicht“, ergänzte Liyah mit feinem Lächeln.

„Exakt.“

Autor

Lucy Monroe
Die preisgekrönte Bestsellerautorin Lucy Monroe lebt mit unzähligen Haustieren und Kindern (ihren eigenen, denen der Nachbarn und denen ihrer Schwester) an der wundervollen Pazifikküste Nordamerikas. Inspiration für ihre Geschichten bekommt sie von überall, da sie gerne Menschen beobachtet. Das führte sogar so weit, dass sie ihren späteren Ehemann bei ihrem...
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