Verführt am Valentinstag?

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Dreißig Tage soll Clint mit seiner sexy Scheinehefrau Alyssa auf seiner Ranch leben. Noch dazu ohne Liebe! Oder kann er sie doch dazu verführen? Spätestens am Valentinstag will er es herausfinden…


  • Erscheinungstag 26.10.2015
  • Bandnummer 13
  • ISBN / Artikelnummer 9783733743314
  • Seitenanzahl 160
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Clint Westmoreland fluchte leise, während er den Blick durch die Ankunftshalle des Flughafens schweifen ließ. Es war fast Mittag, auf der Ranch gab es jede Menge zu tun, und er musste hier auf seine Ehefrau warten, die vor ein paar Tagen wie aus heiterem Himmel wieder in seinem Leben aufgetaucht war.

Erneut spürte er Zorn in sich hochsteigen, als er an den Brief dachte, den ihm die Landeskriminalbehörde in Texas, das State Bureau of Investigations, geschickt hatte. In dem Schreiben stand, dass die Ehe, die er vor fünf Jahren für einen geheimen Ermittlungsauftrag als Texas Ranger hatte schließen müssen, niemals annulliert worden war. Das hieß, dass er und Alyssa Barkley, seine damalige Partnerin und „Ehefrau“, vor dem Gesetz immer noch ein Paar waren.

Die Vorstellung, verheiratet zu sein, ob legal oder sonst wie, ließ ihn frösteln. Je früher er und Alyssa sich treffen konnten, um die Ehe für nichtig erklären zu können, desto besser. Auch sie hatte vor einigen Tagen einen Brief mit dem gleichen Wortlaut erhalten. Umgehend hatten sie miteinander telefoniert. Über die Nachlässigkeit des State Bureaus war sie genauso empört wie er und daher sofort bereit, nach Austin zu fliegen, um die Angelegenheit zu regeln.

Was für eine Zeitverschwendung, dachte er mit einem Blick auf seine Uhr. Es war der 1. Februar, und er erwartete demnächst eine Lieferung Wildpferde. Bis sie kamen, hatte er noch eine Menge Vorbereitungen zu treffen.

Als er im vergangenen Juni anlässlich der Hochzeit seines Cousins Ian verkündet hatte, er werde die Rangers nach zehn Jahren verlassen, hatten sein Cousin Durango und sein Schwager McKinnon Quinn ihm angeboten, bei ihrer Pferdezucht einzusteigen, die sie in Montana betrieben – ein Millionengeschäft.

Sie wollten ihr Unternehmen bis nach Texas ausweiten. Clint sollte dort die Leitung übernehmen, sowie die Wildpferde zähmen und trainieren.

Bisher hatte er es noch keinen Tag bereut, ihr Angebot akzeptiert zu haben. Die Arbeit mit den Tieren machte ihm sehr viel Spaß – mehr jedenfalls, als in der Ankunftshalle dieses Flughafens zu stehen und auf „seine Frau“ zu warten, die er kaum kannte. Er hatte wirklich Wichtigeres zu tun.

Erneut schaute er auf seine Uhr. Würde er Alyssa überhaupt wiedererkennen? Fünf Jahre lang hatten sie sich nicht gesehen, und das Einzige, woran er sich erinnern konnte, war, dass sie frisch vom College gekommen war und einen Abschluss in Strafrecht hatte – und dass sie sehr jung war. Die beiden waren weniger als eine Woche zusammen gewesen. In dieser Zeit hatten sie sich als Ehepaar ausgeben müssen, das unbedingt ein Baby adoptieren wollte – illegal natürlich.

Alyssa hatte den Part der verzweifelten Mutter so überzeugend gespielt, dass ihr gemeinsamer Auftrag schon nach ein paar Tagen erledigt war. Danach war er zu einem anderen Einsatz beordert worden. Ein paar Monate später hatte er erfahren, dass sie bei den Texas Rangers gekündigt hatte, weil es nicht die Art von Arbeit war, der sie ihr ganzes Leben widmen wollte.

Was sie seitdem getan hatte, wusste er nicht. Ihr Telefonat war ziemlich kurz gewesen und er hatte keine Lust gehabt, sie danach zu fragen. Ihm lag nur daran, das Problem, das sie beide aneinander kettete, so schnell wie möglich aus der Welt zu schaffen, damit jeder sein Leben weiterführen konnte. Sie müsste jetzt siebenundzwanzig sein, überlegte er. Am Telefon hatte sie erzählt, dass sie allein lebte. Das überraschte ihn. Er hatte vermutet, dass sie längst verheiratet war oder einen festen Freund hatte.

Das Klackern hoher Absätze auf dem Boden der Ankunftshalle riss ihn aus seinen Gedanken. Eine Frau steuerte zielstrebig auf ihn zu. Er kniff die Augen zusammen. Wenn das Alyssa war, dann hatte sie sich ziemlich verändert. Obwohl sie auch zuvor schon keine graue Maus gewesen war, hätte er ihr unter normalen Umständen keinen zweiten Blick geschenkt – bis jetzt.

Und ganz offensichtlich war er nicht der Einzige, der das dachte, denn zahlreiche Männer starrten ihr ungeniert nach. Einer blieb sogar mitten auf seinem Weg wie angewurzelt stehen und betrachtete sie mit offenem Mund.

Clint warf dem Mann einen finsteren Blick zu. Schnell eilte dieser weiter, und Clint ärgerte sich über sich selbst. Wie kam er dazu, sich wie ein eifersüchtiger Ehemann aufzuführen? Andererseits war er ja tatsächlich Alyssas Mann. Also hatte er ein Recht dazu, besitzergreifend zu sein, wenn ihm danach war …

Alyssa kam näher. Sofort fiel ihm auf, dass sie nicht nur fantastisch aussah, sondern sich auch sehr elegant zu bewegen wusste. Ihre Hüften schwangen bei jedem Schritt, und sie trug hautenge Jeans. Seltsam – vor fünf Jahren hatte er sich überhaupt nicht zu ihr hingezogen gefühlt. Und nun spürte er ein gewisses Kribbeln in der Magengegend.

Schließlich blieb sie wenige Zentimeter vor ihm stehen, sodass er nur noch sie sah und alles andere um ihn herum verschwand. Eigentlich hatte sie sich kaum verändert: dunkle Augen, lange Wimpern, hohe Wangenknochen, volle Lippen, die kupferfarbenen Locken – alles war noch so, wie er es in Erinnerung hatte. Ihr hinreißendes Gesicht war von der Sonne gebräunt.

Die attraktive Stimme passte zu ihrem Äußeren. „Hallo, Clint. Da bin ich.“

Und ob sie da war!

Er sieht noch genauso aus wie damals, dachte Alyssa, während sie versuchte, auf dem Weg zum Parkplatz Schritt mit ihm zu halten. Mit einem Meter neunzig überragte er sie locker um dreißig Zentimeter, und der schwarze Stetson auf dem Kopf war immer noch fester Bestandteil seiner Garderobe.

Zugegeben, sein Gesicht war markanter geworden – was nur jemandem auffiel, der es schon vor Jahren genau angeschaut hatte. Ihr erster Eindruck damals war gewesen, dass er viel zu gut für einen Mann aussah, und jetzt, mit zweiunddreißig, wirkte er noch umwerfender. Die Vollkommenheit seiner Gesichtszüge wurde von seinem ausgeprägten Kinn, den Grübchen und seinen Augen, mit denen er so herausfordernd und arrogant blicken konnte, noch verstärkt.

Jedenfalls hatte er diese frisch vom College kommende Studentin schwer beeindruckt. Kein Wunder, dass sie sich Hals über Kopf in ihn verliebt hatte – wie so viele andere Frauen, die im State Bureau arbeiteten.

„Mein Truck steht da drüben“, erklärte er.

Seine Worte rissen sie aus ihren Erinnerungen. „Fahren wir sofort ins Hauptquartier?“, fragte sie und bemühte sich, nicht auf seine Lippen zu starren.

Diese Lippen waren es, die sie von Anfang an fasziniert hatten. Er war nie besonders redselig gewesen, aber wenn sich seine Lippen bewegten, war das immer ein toller Anblick. Sie zogen die Aufmerksamkeit auf sich und erweckten in ihr stets das Bedürfnis, sie zu küssen. Wie oft hatte sie davon geträumt!

Kein Wunder, dass sie von vielen Frauen im State Bureau beneidet wurde, als man sie für diesen Auftrag auswählte. Sie alle machten kein Hehl aus ihren Gefühlen ihm gegenüber. Dabei galt er als sehr zurückhaltend. Kaum zu glauben!

„Ja, das können wir machen“, erwiderte er. Schon wieder unterbrach er ihre Gedanken. „Ich denke, die Sache dürfte schnell erledigt sein. Maximal eine Stunde, hoffe ich.“

Plötzlich war sie versucht, stehen zu bleiben, die Hand auf seinen Arm zu legen, sich auf die Zehenspitzen zu stellen und ihn zu küssen. Bei der Vorstellung begann ihr Herz zu rasen.

Sie atmete tief ein und konzentrierte sich auf seine Worte. Auch ihr lag viel daran, die Angelegenheit rasch zu regeln. Wenn sie nämlich länger mit diesem Mann zusammen war, bestand die Gefahr, dass sie sich erneut in ihn verliebte. Außerdem hatte sie nur Gepäck für eine Nacht mitgebracht. Wenn die Formalitäten erledigt waren, würde sie sich ein Hotelzimmer nehmen und am nächsten Morgen nach Waco zurückfliegen.

„Wie ist es dir denn so ergangen, Alyssa?“ Auch seine tiefe, sonore Stimme hatte sich kein bisschen verändert.

Aus den Augenwinkeln schaute sie ihn an. Es interessierte ihn nicht wirklich. Er wollte nur Small Talk machen. Deshalb erwiderte sie höflich: „Ganz gut. Und dir?“

„Ich kann nicht klagen.“

Das konnte er wohl wirklich nicht nach allem, was sie von den Kollegen aus dem State Bureau, zu denen sie noch Kontakt hielt, erfahren hatte. Er war Pferdezüchter auf einer hundertzwanzig Hektar großen Ranch ein paar Meilen außerhalb von Austin. Den Betrieb hatte er von seinem Onkel geerbt. Das Geschäft, hieß es, lief ausgezeichnet. Zu gerne hätte sie gewusst, warum er seinen Job bei den Rangers gekündigt hatte. Bestimmt hätte er dort eine glanzvolle Karriere gemacht. Aber sie scheute sich, ihn unverblümt nach dem Grund zu fragen.

Daher wechselte sie das Thema. „Ich bin aus allen Wolken gefallen, als ich hörte, dass wir angeblich noch verheiratet sind. Wie konnten die nur so einen Fehler machen?“

Sie standen jetzt vor seinem Wagen. Achselzuckend öffnete er ihr die Tür. „Zuerst habe ich es auch nicht geglaubt. Nur gut, dass in der Zwischenzeit keiner von uns heiraten wollte.“

Sie beschloss, ihm zu verschweigen, dass sie vor ein paar Jahren kurz davor gestanden hatte. Sämtliche Vorbereitungen waren bereits getroffen worden. Erst in letzter Minute hatte sie erfahren, was für ein hinterhältiger Typ der Kerl war, dem sie fast das Jawort gegeben hätte.

Bis heute hatte Kevin Brady ihr nicht vergeben, dass sie ihn praktisch am Altar hatte stehen lassen. Im Gegenzug dazu hatte sie ihm bis heute nicht verziehen, dass er eine Woche vor der Hochzeit mit ihrer Cousine Kim geschlafen hatte.

Aus den Augenwinkeln bemerkte sie, dass Clint sie beim Einsteigen beobachtete. Ob er mitbekommen hat, dass ich rot geworden bin, weil ich ihm etwas verheimliche? fragte sie sich, während sie auf den Ledersitz rutschte.

An die Wagentür gelehnt, sagte er: „Du hast dich verändert.“

War das ein Kompliment oder Kritik? Um sich Gewissheit zu verschaffen, fragte sie: „Inwiefern?“

„Na ja … verändert eben.“

Sie schmunzelte. „Ich habe mich verändert.“

„Inwiefern?“

Jetzt musste sie lachen. „Weil ich mein Leben so führe, wie ich es will und nicht, wie andere es wollen.“

„Hast du das vor fünf Jahren noch getan?“

„Nein.“ Mehr brauchte er nicht zu wissen. Offenbar reichte ihm ihre Antwort, denn er schloss die Tür und ging um das Auto herum zur Fahrerseite.

„Es ist gleich Mittag“, meinte er. „Möchtest du etwas essen, ehe wir uns mit Hightower zusammensetzen?“

Lester Hightower war Senior Captain und verantwortlich für die Abteilung, für die sie vor fünf Jahren ermittelt hatten. „Nein, ich möchte die Sache so schnell wie möglich hinter mich bringen“, erwiderte sie.

Mit hochgezogener Augenbraue musterte er sie. „Vielleicht war ich zu voreilig, als ich eben sagte, dass keiner von uns heiraten wollte. Hast du es vielleicht jetzt vor?“

Verblüfft sah sie ihn an, und er tat etwas, womit sie überhaupt nicht gerechnet hatte: Er lächelte. Sie versuchte, die heiße Welle, die durch ihren Körper strömte, zu ignorieren. „Wie kommst du denn darauf?“

Er unterbrach den Blickkontakt, um den Motor anzulassen. „War nur so eine Idee. Es dürfte auf jeden Fall kein Problem darstellen.“

„Hoffentlich hast du recht.“

Er schaute über die Schulter, während er aus der Parklücke setzte. „Natürlich habe ich recht. Du wirst schon sehen.“

„Was soll das heißen – die Ehe kann nicht annulliert werden?“ Fast hätte Clint gebrüllt. Hightowers Worte hatten ihn zutiefst schockiert. Er warf Alyssa einen Blick zu. Während er dem Senior Captain zugehört hatte, war sie aufgestanden und hatte sich an die geschlossene Tür gelehnt. Clint hatte ihre Reaktionen genau mitbekommen, denn er war sich ihrer Anwesenheit sehr bewusst. Ihn beschlich ein unangenehmes Gefühl. Schon lange hatte eine Frau nicht mehr so auf ihn gewirkt.

„Es gibt neue Anordnungen, Westmoreland“, hörte Clint seinen Ex-Chef sagen. „Sie gefallen mir auch nicht, und ich verstehe sie selbst nicht. Und ich gebe Ihnen recht, dass diese Befehle in Ihrem besonderen Fall keinen Sinn ergeben. Aber mehr kann ich Ihnen nicht dazu sagen. Wir haben versucht, unseren Fehler auszubügeln, indem wir uns umgehend um eine Annullierung bemüht haben, aber da so viel Zeit vergangen ist und Sie beide nicht länger für uns arbeiten, weigern sich die Verantwortlichen anzuerkennen, dass Ihre Ehe nie rechtmäßig war.“

„Sie haben recht, das ergibt alles keinen Sinn“, schaltete Alyssa sich ein. Ihre Stimme klang schneidend. „Clint und ich haben niemals zusammengelebt. Die Ehe ist nie vollzogen worden. Das allein sollte schon ein ausreichender Grund sein, sie umgehend aufzuheben.“

„Unter normalen Umständen wäre es das ja auch, aber Margaret Toner, die derzeitige Abteilungsleiterin, denkt anders darüber. Nach allem, was ich gehört habe, ist Toner selbst seit vierzig Jahren verheiratet und nimmt die Institution Ehe sehr ernst. Selbst wenn uns das nicht passt, müssen wir uns damit abfinden.“

„Von wegen.“ Clint traute seinen Ohren nicht.

„So ist es nun mal.“ Hightower warf eine Urkunde auf den Tisch. „Dreißig Tage. Toner hat sich bereit erklärt, Ihre Ehe in dreißig Tagen zu annullieren.“

Weder Clint noch Alyssa hielten es für klug, etwas zu sagen.

Ihre Verärgerung war allerdings unübersehbar. Schließlich ergriff Alyssa das Wort. „Mir gefällt das zwar überhaupt nicht, Hightower, aber wenn das mit den dreißig Tagen nicht zu ändern ist, können Clint und ich eben nichts machen. Fünf Jahre lang habe ich nicht gewusst, dass ich überhaupt verheiratet war, da kommt es auf einen Monat mehr oder weniger auch nicht mehr an“, meinte sie mit einem Blick zu Clint.

„Na gut“, sagte dieser mürrisch. „Dreißig Tage halte ich noch durch.“

Hightower zögerte. „Da gibt es noch etwas“, sagte er schließlich.

Die Furchen auf Clints Stirn wurden tiefer. Er hatte lange genug mit dem Mann zusammengearbeitet, um zu wissen, dass sein Tonfall nichts Gutes bedeutete. Alyssa stieß sich von der Tür ab und kam näher.

„Was denn?“, fragte Clint.

Hightower schaute erst ihn und dann Alyssa an. „Um die Ehe nach dreißig Tagen annullieren zu können, müssen Sie noch etwas tun.“

2. KAPITEL

Clint wurde immer unbehaglicher zumute.

Ihr Ex-Chef räusperte sich. „Sie verlangt, dass Sie beide während der dreißig Tage unter einem Dach leben.“

Clint Westmoreland war immer noch wütend. Vor zwanzig Minuten hatten sie Hightowers Büro verlassen, und seitdem hatte er kein Wort gesagt – abgesehen von den Flüchen, die er auf dem Weg zum Restaurant vor sich hinmurmelte.

Alyssa seufzte. „Es gibt bestimmt eine andere Möglichkeit“, unterbrach sie schließlich das eisige Schweigen.

Er warf ihr einen grimmigen Blick zu. „Du hast gehört, was er gesagt hat, Alyssa. Wir können versuchen, Einspruch einzulegen, aber wenn wir damit keinen Erfolg haben, müssen wir immer noch die dreißig Tage durchstehen, sodass sich alles nur noch länger hinzieht“, meinte er.

Dreißig Tage durchstehen. Es hörte sich an, als sei es eine Gefängnisstrafe. In Anbetracht der Tatsache, dass sie zusammenleben mussten, gefiel ihr seine Einstellung überhaupt nicht. Was Hightower ihnen erzählt hatte, passte ihr ebenso wenig wie ihm, aber das war noch lange kein Grund, grob zu werden.

„Ich finde das auch nicht toll“, entgegnete sie gereizt. „Aber wenn wir die Dinge nicht ändern können, müssen wir eben tun, was Toner verlangt und …“

„Ich denke nicht daran“, grollte er. Er lenkte seinen Truck auf den Parkplatz des Restaurants und schaute sie an. „Ich habe Wichtigeres zu tun, als dich dreißig Tage lang zu verköstigen.“

Das ging nun wirklich zu weit. „Mich verköstigen? Offenbar gehst du davon aus, dass wir in deinem Haus wohnen.“

„Na klar.“

Missbilligend runzelte sie die Stirn. Er klang so unerträglich selbstsicher. Es würde ihr ein Vergnügen sein, ihm seine Illusionen zu nehmen. „Irrtum. Ich habe nicht vor, hier in Austin zu bleiben.“

Seine Augen wurden schmal. „Und wo willst du wohnen?“

Sie hielt seinem Blick stand. „Es geht nicht darum, wo ich wohne, sondern wo wir wohnen. Ich gehe nach Waco zurück, und wenn du vorhast, Toners Bedingungen zu erfüllen, kommst du mit.“

Sie hatte nicht gedacht, dass er noch wütender werden konnte, als er ohnehin schon war. „Jetzt hör mir mal zu, junge Frau. Ich muss mich um meine Ranch kümmern, und das geht in Waco nicht.“

„Du bist nicht der Einzige, der arbeiten muss, Clint. Ich kann auch nicht so einfach mein Leben umkrempeln.“

„Und ich werde bestimmt nicht nach Waco ziehen, nicht einmal vorübergehend. Das ist absolut unmöglich.“

Sie musste ihm recht geben, aber das löste ihr Problem immer noch nicht. Hightower hatte gesagt, sie müssten dreißig Tage unter einem Dach wohnen. Einer von ihnen musste also Kompromisse machen. Sie war nicht dazu bereit, und er ganz offensichtlich auch nicht. „Also, du willst nicht nach Waco ziehen, und ich will nicht hierhin ziehen. Was schlägst du vor, um die Annullierung durchzubekommen?“

Er zog den Schlüssel aus dem Zündschloss. „Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich mit vollem Bauch besser denken kann.“ Er öffnete die Tür und stieg aus. „Deshalb schlage ich vor, dass wir erst mal was essen.“

Offenbar kann mich da oben jemand nicht leiden, dachte Clint, nachdem die Kellnerin ihre Bestellung entgegengenommen hatte. Sonst wäre ihm nicht Alyssa Barkley begegnet. Er war lange genug Ranger gewesen, um zu wissen, wie schnell man sich in den Netzen der Bürokratie verheddern konnte. Jemand hatte Mist gebaut. Sonst wären sie längst nicht mehr verheiratet. Sie hatten dem Senior Captain ja erzählt, dass die Ehe nicht einmal vollzogen worden war. Es war nur eine dienstliche Anweisung gewesen – sonst nichts. Dennoch machte ihn der Gedanke, mit ihr unter einem Dach wohnen zu müssen, ein wenig nervös. Schließlich war die Frau die reinste Versuchung.

„Du bist ein Drilling, nicht wahr?“

Überrascht musterte er sie. „Ja. Woher weißt du das?“

„Es war allgemein bekannt unter den Kollegen. Deinen Bruder Cole habe ich sogar mal getroffen. Und du hast auch eine Schwester?“

„Ja.“ Casey hatte vor ein paar Monaten geheiratet. „In der Reihenfolge der Geburt bin ich der Älteste, dann kommen Cole und Casey.“

„Ist Cole noch bei den Texas Rangers?“

Offenbar hatte sie sich von dem Schock inzwischen ein wenig erholt. Sonst würde sie wohl kaum so viele Fragen stellen. „Ja“, antwortete er einsilbig.

Ganz offensichtlich waren Alyssas Bemühungen, Small Talk zu machen, nur ein Versuch, von dem Dilemma abzulenken, in dem sie steckten. Aber sie mussten darüber reden und eine Entscheidung treffen. „Okay, Alyssa, zurück zu unserem Problem. Hast du einen Vorschlag?“

Sie stellte den Kaffeebecher ab, ehe sie antwortete. „Ich könnte nach Waco zurückfliegen und du könntest hier bleiben. Dann vergessen wir beide, dass wir jemals verheiratet waren, und alles bleibt beim Alten. Wie ich schon sagte, habe ich nicht vor, demnächst zu heiraten. Wie sieht’s bei dir aus?“

„Ähnlich. Aber ich fürchte, so einfach lässt sich die Sache nicht unter den Teppich kehren.“

Was würde zum Beispiel passieren, wenn sie es sich in den Kopf setzte, dass ihr als Ehefrau die Hälfte seines Besitzes zustand?

Der war beträchtlich, zumal die Partnerschaft mit seinem Cousin und seinem Schwager ausgezeichnet klappte und eine Menge Geld einbrachte. Er glaubte zwar nicht, dass Alyssa Ansprüche stellen würde, aber man konnte ja nie wissen. Casey und Cole hatte er für ihren Verzicht auf die Ranch ausbezahlt, sodass er nun der alleinige Eigentümer war. Es hätte ihm gerade noch gefehlt, wenn urplötzlich eine „Ehefrau“ auftauchte und die Hälfte seines Vermögens für sich beanspruchte.

Aber es gab noch einen anderen Grund, warum er nicht vergessen konnte, dass er eine Frau hatte. Sie sah einfach zu gut aus. Sie hatte ein schönes Gesicht und einen fantastischen Körper. Da sich ihr Aussehen kaum verändert hatte, fragte er sich nun, warum es ihm nicht schon vor fünf Jahren aufgefallen war. Die einzige Erklärung, die ihm in den Sinn kam, hieß Chantelle. Damals hatte er nur Augen für sie gehabt. Zu dumm, dass dies nicht auch umgekehrt so gewesen war.

„Es muss doch einen Ausweg geben“, unterbrach Alyssa seine Gedanken. Sie klang verärgert. Wodurch sie für Clint mit ihren vollen Lippen und den vor Wut dunkel funkelnden Augen nur noch attraktiver aussah. Er fragte sich, ob das Kupferrot ihrer Haare echt war, und er spürte ein erregendes Prickeln, als er sich vorstellte, wie er mit den Fingern durch diese seidige Pracht fuhr.

Offenbar wartete sie auf eine Antwort, denn sie sah ihn unverwandt an. Er lehnte sich zurück. „Es gibt einen Ausweg. Wir müssen ihn nur finden.“

Alyssa spürte genau, dass er sie ebenso taxierte wie sie ihn, was sie in ihrer Meinung bestärkte, dass es nicht funktionieren würde, wenn sie unter einem Dach lebten. Dass es zwischen ihnen beiden knisterte, war unübersehbar. Aber vermutlich fand er viele Frauen attraktiv. Er war schließlich ein Mann, und Onkel Jessie hatte ihr, nachdem er von der Sache zwischen Kim und Kevin erfahren hatte, erklärt, dass Männer in Bezug auf Frauen schnell den Kopf verlieren konnten. Dass er Kim nicht verurteilte, konnte man ihm kaum verübeln: Sie war ja seine Tochter.

„Was machst du denn beruflich?“

Sie schaute von ihrem Kaffeebecher auf, und ihre Blicke trafen sich. „Ich gestalte Webseiten.“

„Aha.“

Sie runzelte die Stirn. Er klang, als würde er ihre Arbeit nicht besonders wichtig nehmen. Zugegeben, es war kein solch millionenschweres Unternehmen wie – nach allem, was sie gehört hatte – seine Pferdezucht, aber es gehörte ihr. Sie hatte vor einigen Jahren damit begonnen und ihr gesamtes Kapital investiert. Ihr machte die Arbeit Spaß, und sie war stolz auf ihre kleine Firma. In den vergangenen Jahren hatte sie sogar mehrere Preise gewonnen.

„Es läuft sehr gut“, betonte sie.

Er hielt ihrem Blick stand. „Habe ich etwa das Gegenteil behauptet?“

Nein, hatte er nicht. „Hör mal, Clint, du bist gereizt wegen dieser ganzen Angelegenheit – genau wie ich. Vielleicht sollten wir erst einmal darüber schlafen. Vielleicht fällt uns morgen eine Lösung ein.“

„Hoffentlich. Du bist ja auf alle Eventualitäten eingerichtet“, meinte er in Anspielung auf die kleine Reisetasche, die sie mitgebracht hatte.“

„Ich habe damit gerechnet, dass es höchstens einen Tag dauern würde, um unsere Ehe zu beenden. Deshalb wollte ich morgen früh wieder zurückfliegen.“

„Du kannst gerne bei mir übernachten.“

Sie wusste sein Angebot zu schätzen, hielt es aber für keine gute Idee. „Danke, aber ich gehe lieber ins Hotel.“

„Wie du willst“, entgegnete er und zog seinen Stuhl näher an den Tisch heran, als die Kellnerin das Bestellte brachte. Alyssa sah ihm beim Essen zu. Er hatte behauptet, mit vollem Bauch besser nachdenken zu können. Aber würde er wirklich die ganze Portion vertilgen?

„Was starrst du so auf meinen Teller?“, fragte er verwundert.

Sie zuckte mit den Schultern. „Das ist eine riesige Portion“, meinte sie, als die Kellnerin ihr ein Sandwich und eine Tasse Suppe servierte.

Autor

Brenda Jackson
<p>Brenda ist eine eingefleischte Romantikerin, die vor 30 Jahren ihre Sandkastenliebe geheiratet hat und immer noch stolz den Ring trägt, den ihr Freund ihr ansteckte, als sie 15 Jahre alt war. Weil sie sehr früh begann, an die Kraft von Liebe und Romantik zu glauben, verwendet sie ihre ganze Energie...
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