Weil du unwiderstehlich bist

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Dieser süße, sexy Barkeeper mit den Schokoladenaugen und dem Grübchen! Marco Palermos verführerische Blicke lassen Jordyn sofort dahinschmelzen. Dumm nur, dass er unbedingt heiraten und eine Familie gründen will, während Jordyn der Liebe für immer abgeschworen hat. Was jetzt?


  • Erscheinungstag 06.01.2020
  • Bandnummer 8
  • ISBN / Artikelnummer 9783733729325
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Marco kniff die Augen zusammen und spähte durch die Windschutzscheibe seines kleinen SUVs, doch er hätte genauso gut mit verbundenen Augen fahren können, so schlecht war die Sicht.

Es war fast zwanzig Uhr. An diesem Abend im frühen Mai zeigte sich der Himmel nachtschwarz, und es goss wie aus Eimern, sodass die Scheibenwischer völlig überfordert waren. Marco konnte keinen Meter über die Lichtkegel seiner Scheinwerfer hinaussehen. Er rätselte fieberhaft, warum sich jemand bei einem solchen Wetter freiwillig auf die Straße begab, und trotzdem befand er sich hier, weil er seiner Schwester einfach nichts abschlagen konnte.

„Ich habe so schrecklich Lust auf Tiramisu“, hatte Renata ihren Anruf gerechtfertigt. „Ich würde ja selbst zum Restaurant fahren, aber Anna und Bella müssen gleich ins Bett.“

Mit dem Restaurant meinte sie Valentino’s – das von ihren Großeltern Caterina und Salvatore vor fast fünfzig Jahren eröffnete italienische Lokal in der Innenstadt von Charisma. Adrianna und Isabella, genannt Anna und Bella, waren Renatas fünf- und dreijährige Töchter, die Marco abgöttisch liebte. Er unternahm den Abstecher zu Renata also sehr gern, um Zeit mit seinen niedlichen kleinen Nichten verbringen zu können.

„Tiramisu, hm?“

„Ich kann nichts dafür, sondern das Baby!“, hatte Renata sich gerechtfertigt. Sie meinte ihr drittes Kind, mit dem sie gerade schwanger war.

Für plötzliche Schwangerschaftsgelüste war Marcos Meinung nach zwar der Vaters des Babys zuständig, und Marcos Schwager Craig würde bestimmt keine Sekunde zögern, seiner Frau sogar während eines Wolkenbruchs alles zu besorgen, was sie begehrte, aber vermutlich war er gerade bei einem Feuerwehreinsatz und konnte ihre Laune daher nicht erhellen.

„Das Baby wird sich allerdings noch mindestens eine halbe Stunde gedulden müssen“, hatte Marco gesagt. „Ich arbeite heute nämlich nicht im Restaurant.“

„Ach. Tut mir leid, ich dachte …“

„… dass ich rund um die Uhr bei Valentino’s schufte?“

„Ja, so ähnlich“, gab Renata zu.

„Heute ist doch Samstag!“, rief er ihr ins Gedächtnis. An Samstagen zwang er sich immer dazu, zu Hause zu bleiben, damit der Job ihn nicht komplett auffraß. Natürlich hatte er auch sonst manchmal frei, da das etablierte Restaurant praktisch von allein lief, ohne dass seine Geschwister oder Cousins und Cousinen ständig alles im Blick behalten mussten.

„Oh mein Gott, ich wusste ja nicht … Du hast ein Date! Ich störe dich gerade bei einem Date! Es tut mir ja so leid.“

„Nur die Ruhe, Nata. Ich war allein zu Hause und habe dort gearbeitet. Du störst gerade bei gar nichts.“

„Aber heute ist Samstag!“, wiederholte sie seine eigenen Worte. „Warum hast du kein Date?“

Marco schüttelte den Kopf. Renatas abrupter Themenwechsel und ihr strenger und zugleich besorgter Tonfall waren so typisch für sie, dass er nicht wusste, ob er lachen oder genervt seufzen sollte. „Ich bin in einer halben Stunde mit dem Tiramisu bei dir“, sagte er. „Dann kannst du mich persönlich ausquetschen.“

„Worauf du Gift nehmen kannst!“

Marco zweifelte nicht daran. „Steck die Mädchen noch nicht ins Bett, bevor ich da bin“, sagte er und beendete dann das Telefonat.

Also ließ er seine Entwürfe auf seinem Schreibtisch liegen, nahm seinen Autoschlüssel und rannte durch den Regen zu seinem Auto, um zu Valentino’s zu fahren.

Warum hast du kein Date?

Darauf fielen ihm während der Fahrt verschiedene Antworten ein, nur leider nichts Überzeugendes. Mit der Wahrheit – dass er es satthatte, mit den falschen Frauen auszugehen – würde Renata sich nämlich nicht abfinden. Sie würde ihn davon zu überzeugen versuchen, dass er nicht aufgeben durfte, weil die richtige Frau unter Garantie irgendwo da draußen herumlief und genauso sehnsüchtig auf ihn wartete wie er auf sie. Doch Marco hatte auch vom Warten die Nase voll.

Alle seine Geschwister waren inzwischen in festen Händen. Nata und Craig waren seit fast acht Jahren verheiratet, sein ältester Bruder Tony hatte vor neun Jahren seine Highschoolfreundin Gemma geehelicht, und Gabe hatte sich erst kürzlich mit Francesca verlobt, der Frau, in die er sich schon vor über zwei Jahren verliebt hatte, der er seine Gefühle jedoch erst neulich gestanden hatte. Seine Geschwister hatten ihre besseren Hälften gefunden und waren glücklich. Marco wollte das schon auch.

Du spürst es einfach, wenn es die Richtige ist, hallten Nonnas Worte in Marcos Hinterkopf wider. Sie hatte das erst neulich wieder auf Gabes und Francescas Verlobungsfeier zu ihm gesagt.

Caterina liebte es, die Geschichte von ihrer ersten Begegnung mit Salvatore zu erzählen, den sie erst am Tag der Vermählung kennengelernt hatte. „Es war, als würde der Blitz einschlagen. Ich hatte solche Angst, einen Fremden zu heiraten, aber als ich ihn sah, wusste ich, dass ich ihn immer lieben würde.“

Einundsechzig Jahre kamen dem Zeitraum immer ziemlich nahe, fand Marco. Und soweit er das beurteilen konnte, liebten seine Großeltern einander immer noch. Klar stritten sie sich oft – manchmal sehr laut und leidenschaftlich –, aber sie vertrugen sich auch schnell wieder. Nonna sagte immer, der Schlüssel zu einer langen glücklichen Ehe sei, nie allein oder wütend ins Bett zu gehen.

Marco zweifelte nicht daran, dass sie recht hatte. Nein, er war genauso davon überzeugt, dass man die wahre Liebe auf den ersten Blick erkannte. Nur allmählich fragte er sich, ob ihm dieses Glück jemals zuteilwerden würde.

Er war mit zahlreichen sehr sympathischen und zweifellos attraktiven Frauen ausgegangen, doch keine von ihnen war die Richtige gewesen, obwohl er wirklich sein Bestes versucht hatte. Bei jeder hatte er gehofft, in ihr diejenige gefunden zu haben, in die er sich Hals über Kopf verlieben würde. Leider erfolglos.

Also hatte er weiterhin auf die Richtige gewartet, wenn auch von Jahr zu Jahr ungeduldiger. Er war noch nicht ganz so weit aufzugeben, doch seine Zuversicht schwand allmählich dahin, obwohl er schon längst nicht mehr damit rechnete, dass bei ihm der Blitz einschlug. Ein bisschen Prickeln oder Knistern würde ihm schon reichen.

Als er rückwärts in seinen Parkplatz hinter dem Restaurant einparkte und den Motor ausstellte, war der Regen immer noch so heftig, dass Marco beschloss, gar nicht erst auszusteigen, sondern abzuwarten, bis das Schlimmste vorüber war. Nach ein paar Minuten war es endlich so weit. Marco beobachtete, wie sich die Take-out-Tür von Valentino’s öffnete und eine Frau mit einer Pizzaschachtel in einer Hand ins Freie trat. Sie schoss unter der rotweiß gestreiften Markise hervor und eilte über den Parkplatz. Marco sah ihr fasziniert hinterher.

Ihr Haar war kurz, dunkel und nass vom Regen. Sie trug keinen Mantel, nur ein Kleid, das ihre sehr hübsche Figur betonte. Trotz ihrer hohen Absätze war sie überraschend schnell. Als ein Blitz den Himmel durchzuckte und die Welt für den Bruchteil einer Sekunde in ein gleißendes Licht tauchte, blieb Marco fast das Herz stehen.

Die schöne Unbekannte öffnete die Tür eines hellen Wagens und schlüpfte hinters Steuer. Die Pizzaschachtel legte sie auf den Beifahrersitz, bevor sie die Tür schloss und die Innenbeleuchtung erlosch.

Marco hatte sie nur für den Bruchteil einer Sekunde gesehen, spürte jedoch ein schmerzhaftes Ziehen in der Brust – eine Art Sehnsucht, die nur einen Schluss zuließ: Die Frau war die Richtige. Endlich hatte er sie gefunden!

Doch sein Glücksgefühl löste sich schlagartig in Frustration auf, als er die Rücklichter ihres Wagens in der Dunkelheit verschwinden sah. Was hatte er davon, die Richtige gefunden zu haben, wenn er sie vielleicht nie wiedersehen würde?

Als Marco ein paar Minuten später das Restaurant durch dieselbe Take-out-Tür betrat, sah er seine Schwägerin Gemma hinter dem Tresen stehen. Sie war eigentlich die Wirtin, sprang jedoch auch an anderer Stelle ein, wenn Not am Mann war.

Gemma blickte hoch, als sie die Türglocke hörte. „Was machst du denn hier?“, fragte sie lächelnd. „Es ist Samstagabend.“

„Renata sagt, ihr Baby schmachtet nach Tiramisu.“

„Oha, sie konnte noch nicht mal den Geruch von Kaffee ertragen, als sie mit Adrianna und Isabella schwanger war!“, erwiderte Gemma überrascht. „Wahrscheinlich hat Nonna recht, und es wird diesmal ein Junge.“

„Na ja, die Chancen stehen fifty-fifty.“

„Nonna hat prophezeit, dass Adrianna und Isabella Mädchen werden“, rief Gemma ihm ins Gedächtnis. „Und Christian und Dominic Jungs.“

„Und sie hat auch vorausgesagt, dass du mit Tony sechs Kinder bekommen wirst.“

Marcos Schwägerin lachte. „Tja, wer weiß, was noch alles passiert!?“

„Da wir gerade von Nonnas Prophezeiungen reden – hast du zufällig die Frau gesehen, die gerade hier rausgegangen ist?“

„Viele Frauen gehen hier raus. Manche kommen auch rein. Manchmal sogar Männer“, witzelte Gemma.

Marco verdrehte genervt die Augen. „Ich meine die letzte Kundin, die eine Pizza gekauft hat.“

„Jordyn Garrett?“

Marco sah seine Schwägerin überrascht an. „Du kennst sie?“

„Ja, sie ist die Cousine von Rachels Mann.“ Rachel Ellis – inzwischen verheiratete Garrett – war eine gute Freundin von Gemma.

„Kannst du mir noch mehr über sie erzählen?“

„Nur dass sie ihr Handy auf dem Tresen liegen gelassen hat“, antwortete Gemma und nickte in Richtung Smartphone, das vor der Kasse lag.

„Woher weißt du, dass es ihr gehört?“

„Weil ich gesehen habe, wie sie es hingelegt hat, bevor sie ihr Portemonnaie aus der Tasche gezogen hat.“

In diesem Augenblick summte das Handy.

„Vielleicht solltest du rangehen“, schlug Gemma vor.

„Warum ich?“

„Weil ich jetzt in die Küche gehe, um das Tiramisu für Nata zu holen.“

„Legst du zwei Cannoli für die Mädchen dazu?“

„Klar.“ Gemma schlüpfte durch die Küchentür und ließ Marco mit Jordyns summendem Handy allein.

Als er den Bildschirm berührte, rechnete er mit der Aufforderung, ein Passwort einzutippen, doch stattdessen fiel sein Blick auf die letzte Nachricht an die Besitzerin des Handys – von jemandem namens Tristyn.

12 mittelscharfe wings würden gut zu pizza und wein passen :-)

Marco ging hinter den Tresen und spähte durch die Durchreiche in die Take-out-Küche. „Hey, Rafe! Wie lange dauern zwölf Wings?“

„Zehn Minuten“, antwortete sein Cousin, der bereits zehn Hähnchenflügel abzählte und sie in einen Frittierkorb warf. „Willst du sie extra scharf?“

„Nein, mittelscharf.“ Es würde bestimmt nicht lange dauern, bis Jordyn auffiel, dass sie ihr Handy vergessen hatte. Wenn sie es abholte, würden die Wings hoffentlich fertig sein.

„Wirst du etwa allmählich zum Softie?“, witzelte Rafe, während er den Korb mit den Wings ins heiße Frittierfett tauchte.

„Die sind nicht für mich.“ Marco richtete die Aufmerksamkeit wieder auf das Handy. Er kam sich ein bisschen vor wie Aschenputtels Prinz, als hielte er ihren goldenen Schuh in der Hand. Ein Handy war zwar nicht ganz so sexy, aber immerhin.

Als die Glocke über der Tür klingelte, blickte er hoch, um den neuen Kunden zu begrüßen, doch bei Jordyns Anblick blieben ihm die Worte im Hals stecken. Sie hatte schneller gemerkt als gedacht, dass sie ihr Handy vergessen hatte – dasselbe Handy, das er gerade in der Hand hielt.

Im hellen Licht der Deckenlampe konnte er sie deutlicher erkennen – ihre zarte helle Haut, ihr fein gezeichnetes herzförmiges Gesicht und ihr kurz geschnittenes dunkles Haar, das noch immer tropfnass war. Ihre dunkelgrünen Augen waren von langen vollen Wimpern umrahmt.

Auf dem Parkplatz hatte er ihr Kleid für schwarz gehalten, doch wie sich herausstellte, war es dunkellila. Was ihre Figur anging, hatte Marco sich nicht geirrt – sie sah fantastisch aus, mit Rundungen an genau den richtigen Stellen. Ihre Fingernägel waren kurz geschnitten und unlackiert, ihr Make-up wirkte dezent. Das einzig Auffällige an ihr waren die langen baumelnden Ohrringe, die einen witzigen Kontrast zu ihrem schlichten ärmellosen Kleid und ihrer praktischen Frisur bildeten.

Sie war auf eine so natürliche Art atemberaubend, dass Marcos Gefühl von vorhin auf dem Parkplatz zur Gewissheit wurde. „Nonna hatte also mal wieder recht“, murmelte er.

Jordyn zog verwirrt die Augenbrauen zusammen. „Wie bitte?“

Er schüttelte belustigt den Kopf. „Sorry. Ich war in Gedanken gerade ganz woanders.“

„Zerstreut und ein Langfinger, hm?“

„Was?“

Sie zeigte auf das Handy in seiner Hand. „Das da gehört mir.“

„Ich weiß. Sie haben es auf dem Tresen liegenlassen.“

„Offensichtlich.“

Er hielt es ihr hin.

Als Jordyn danach griff und mit der Hand seine Fingerspitzen streifte, spürte Marco es wieder, jenes schmerzhafte Ziehen in der Brust. Sie zog die Hand so hastig weg, als habe sie es auch gespürt – oder zumindest irgendetwas.

„Mehr haben Sie nicht dazu zu sagen?“, fragte sie. „Wollen Sie mir nicht erklären, warum Sie meine Nachrichten gelesen haben und sich dafür nicht entschuldigen?“

„Sie haben Ihr Handy auf dem Tresen liegenlassen. Ich wollte nur herausfinden, wem es gehört.“

„Mir.“

„Und Sie sind?“

„Ungeduldig. Ich will nach Hause, bevor die Pizza kalt wird.“ Sie wandte Marco den Rücken zu.

„Die Wings sind fertig!“, rief Rafe in diesem Augenblick von der Durchreiche aus und stellte eine Schachtel hin.

„Warten Sie“, sagte Marco.

Jordyn blieb zögernd stehen.

„Sie haben Ihre Wings vergessen.“

„Ich habe keine bestellt.“

„Auf Ihrem Handy ist eine Nachricht – von Tristyn. Sie wollte ein Dutzend mittelscharfe.“

Jordyn scrollte stirnrunzelnd ihre Nachrichten durch. „Die habe ich nicht bezahlt“, sagte sie, als Marco ihr den Styroporbehälter reichte.

„Betrachten Sie die Wings als Entschuldigung dafür, dass ich Ihre Nachricht gelesen habe.“

„Sie bräuchten sich nicht zu entschuldigen, wenn Sie sie nicht gelesen hätten.“

„Dann würden Sie jetzt ohne Wings nach Hause fahren“, wandte er ein.

Sie nahm ihm die Schachtel ab, wobei sie diesmal sorgfältig darauf achtete, jeglichen Körperkontakt zu vermeiden. „Danke“, sagte sie steif.

Marco beschloss, sich vorzustellen. „Marco Palermo“, sagte er.

„Danke, Marco.“

Er grinste. „Gern geschehen, …?“

„Jordyn“, antwortete sie widerstrebend.

Gemma hatte also recht gehabt mit ihrer Vermutung. Bevor Jordyn die Tür öffnen konnte, kam Marco ihr zuvor und hielt sie ihr auf. „Lassen Sie sich die Pizza und die Wings schmecken, Jordyn.“

„Machen wir“, versicherte sie ihm.

Marco sah ihr von der Tür aus hinterher, als sie zu ihrem Wagen zurückging.

„Jordyn hat gerade ihr Handy abgeholt“, erklärte er Gemma, als er sich umdrehte und sie mit einer Take-out-Tüte in der Hand beim Tresen stehen sah.

„Ich habe den Rest eures Gesprächs mit angehört“, gestand sie. „Ehrlich gesagt fast alles.“

Marco grinste noch immer, so glücklich war er. „Sie ist die Richtige, das weiß ich genau. Endlich habe ich sie gefunden.“

Seine Schwägerin seufzte. „Caro, warum tust du dir das an?“

„Vielleicht, weil ich sehe, wie glücklich du und Tony seid. Ich will so etwas auch!“

„Ich befürchte nur, dass du dich wieder Hals über Kopf in irgendeine Affäre stürzt und hinterher enttäuscht bist.“

„Es hat eindeutig gefunkt.“ Marco war etwas gekränkt über Gemmas Reaktion, beschloss jedoch, sich davon nicht beirren zu lassen.

Er wusste auch schon, wie er als Nächstes vorgehen würde. Manchmal brauchte das Schicksal eben einen kleinen Anstoß.

Aber erstmal musste er das Tiramisu wegbringen.

Der Regen hatte fast aufgehört, als Jordyn zu ihrem Haus im Stadtteil Northbrook zurückkehrte, das sie sich mit ihrer Schwester teilte. Tristyn empfing sie schon an der Tür, nahm das Essen in Empfang und reichte Jordyn im Austausch ein Handtuch, damit sie sich abtrocknen konnte.

„Das schlechte Wetter war bestimmt ein Zeichen“, sagte Jordyn, als sie sich die Schuhe abstreifte. „Als ich den Wetterbericht gesehen habe, hätte ich das Date gleich absagen und zu Hause bleiben sollen.“

„Oder zumindest eine Jacke und einen Regenschirm mitnehmen“, witzelte ihre Schwester.

„Glaub mir, das hätte den Abend auch nicht gerettet.“

„So schlimm?“ Tristyn stellte das Essen auf den Tisch.

Jordyn hängte das Handtuch über ihre Stuhllehne und griff dankbar nach dem Glas Wein, das ihre Schwester ihr eingeschenkt hatte. „Ich weiß gar nicht, wie ich das Grauen angemessen beschreiben soll.“

„Was hat Cody denn verbrochen?“

„Also, er hat das Gespräch als Erstes mit der Frage eröffnet, ob ich schon mal daran gedacht hätte, meinen Namen zu ändern.“

Tristyn griff nach einem Stück Pizza. „Warum solltest du?“

„Weil Jordyn angeblich irreführend ist und man mich für einen Mann halten könnte. Aber das war gar nicht das Schlimmste. Kaum habe ich einen Blick in die Weinkarte geworfen, da hat er mich gefragt, wie ich verhüte.“

Tristyn verschluckte sich fast vor Schreck. „Wie bitte!? Das geht ja gar nicht.“

„Leider doch.“ Jordyn nahm eine Peperonischeibe von ihrem Stück Pizza und steckte sie sich in den Mund.

„Und wie hast du reagiert?“

„Ich saß mit offenem Mund da. Er hat sich dann für seine Direktheit entschuldigt – nicht für die Frage an sich, wohlgemerkt.“

Tristyn schüttelte fassungslos den Kopf.

„Anscheinend hat er einen sechsjährigen Sohn aus einer Kurzbeziehung mit einer Frau, die fälschlicherweise behauptet hatte, die Pille zu nehmen. Jetzt geht sein halbes Gehalt für den Kindesunterhalt drauf, und er hat den Kleinen jedes zweite Wochenende am Hals.“

Tristyn hörte auf zu kauen und sah Jordyn entgeistert an.

Jordyn hob abwehrend die Hände. „Seine Formulierung, nicht meine. Außerdem hat er mir die ganze Zeit auf den Busen gestarrt, nicht in mein Gesicht.“

„Na ja, du hast auch wirklich tolle Brüste.“ Tristyn senkte den Blick seufzend zu ihrer eigenen flachen Brust. „Auch mit Victorias allerbestem Secret kann ich kein Dekolleté wie deins vortäuschen.“

„Dann findest du es also in Ordnung, dass er mir während des ganzen Abendessens auf die Brust gestarrt hat?“

„Natürlich nicht!“

„Nicht dass ich das so lange durchgehalten hätte.“ Jordyn griff nach einem Chickenwing. „Als ich zum dritten Mal mit der Hand vor seinem Gesicht herumfuchtelte, um seine Aufmerksamkeit auf mich zu lenken, hat er sich noch nicht mal entschuldigt. Er hat nur gesagt, ich hätte bestimmt schon gemerkt, dass er auf Brüste steht und dass er froh sei, dass Carrie uns miteinander verkuppelt hätte.“

„Nein!“

„Doch.“ Jordyn leckte sich Pizzasoße vom Daumen. „Ich habe ihm natürlich sofort gesagt, dass nichts aus uns werden wird, woraufhin er mir prophezeite, meine Meinung noch vor dem Dessert zu ändern.“

Tristyn verzog angewidert das Gesicht.

„Ich bin heilfroh, dass ich im Restaurant mit ihm verabredet war. So brauchte ich wenigstens nicht auf ein Taxi zu warten.“

„Das Ganze tut mir schrecklich leid“, sagte ihre Schwester bedauernd. „Carrie hat mir versichert, er sei ein toller Typ.“

„Dann sollte sie ihre Ansprüche dringend etwas höherschrauben.“

„Ich wollte ja nur, dass du mal wieder ausgehst und etwas Spaß hast. Du lebst völlig zurückgezogen, seitdem …“

„Ich arbeite in einer Bar!“, fiel Jordyn ihrer Schwester ins Wort, weil sie genau wusste, was Tristyn sagen wollte und weil sie keine Lust hatte, es sich anzuhören. „Das kann man nicht gerade zurückgezogen nennen, oder?“

Tristyn sah sie voller Mitgefühl an. „Aber du triffst dich nicht mit Männern.“

„Wundert dich das nach heute Abend noch?“

„Es gibt so viele tolle Männer.“

„Mag sein, aber du warst schon mit den meisten davon aus, also kommen die für mich nicht infrage.“

„So viele waren es nun auch wieder nicht“, protestierte Tristyn.

Statt einer Antwort griff Jordyn nur nach der Weinflasche und füllte ihre Gläser nach. „Warum sollte ich mich dazu zwingen, mit Typen auszugehen, die mich sowieso nicht interessieren, wenn mir mein Leben so gefällt, wie es ist?“

„Du solltest dich nicht damit zufriedengeben, den Samstagabend mit deiner Schwester zu verbringen“, widersprach Tristyn.

„Was die Frage aufwirft, was du an einem Samstagabend zu Hause machst.“

Jordyns Schwester zuckte die Achseln. „Ich hatte heute einfach nichts weiter vor. Außerdem reden wir gerade nicht über mich, sondern über dich.“

„Aber dein Privatleben ist so viel interessanter als meins.“

„Weil ich ausgehe und Leute treffe.“

Jordyn zögerte mit den nächsten Worten. „Ich habe heute jemanden getroffen“, gestand sie.

„Dein schreckliches Date zählt nicht.“

Jordyn hätte jetzt einfach nicken und das Thema fallenlassen können – aber sie dachte gerade nicht an Cody, sondern an Marco. Ehrlich gesagt konnte sie nicht aufhören, an ihn zu denken, seitdem sie ihn bei Valentino’s mit ihrem Handy in der Hand erwischt hatte. Eigentlich hätte sie stinksauer deswegen sein müssen, doch stattdessen hatte sie sich auf irgendeine unerklärliche Art zu ihm hingezogen gefühlt. Und da ihre Schwester viel mehr Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht hatte als sie, wollte sie gern ihre Meinung hören.

„Nein, ich habe ihn danach getroffen“, erklärte sie. „Bei Valentino’s.“

„Echt?“ Tristyn gelang das Kunststück, skeptisch und interessiert zugleich zu klingen. „Wer war es denn?“

„Er heißt Marco.“

Ein Grinsen breitete sich über Tristyns Gesicht aus. „Aha. Der süße sexy Barkeeper mit den Schokoladenaugen und dem Grübchen?“

Jordyn sah ihre Schwester verblüfft an. „Du kennst ihn?“

„Ich habe ein paarmal mit ihm gequatscht“, gab Tristyn zu.

„Und ihm ein paar verführerische Blicke zugeworfen und ihn beiläufig berührt?“

„Kann schon sein, dass ich ein bisschen mit ihm geflirtet habe“, räumte Tristyn ein, die ein Naturtalent war, was Flirten anging. „Aber mehr auch nicht.“

„Warum nicht?“

Tristyn zuckte die Achseln. „Die Chemie stimmte einfach nicht. Aber du hast das anscheinend anders empfunden, sonst hättest du ihn nicht erwähnt.“

„Ich dachte immer, die Chemie würde überbewertet.“

„Als jemand mit mehr Erfahrungen in puncto Männer als du muss ich dir widersprechen. Keine Beziehung funktioniert ohne zumindest ein bisschen Chemie.“

Jordyn war sich da nicht so sicher, aber was wusste sie schon? Seitdem ihr vor über drei Jahren das Herz gebrochen worden war, hatte sie mit Männern nicht mehr viel am Hut.

Autor

Brenda Harlen
<p>Brenda ist eine ehemalige Rechtsanwältin, die einst das Privileg hatte vor dem obersten Gerichtshof von Kanada vorzusprechen. Vor fünf Jahren gab sie ihre Anwaltskanzlei auf um sich um ihre Kinder zu kümmern und insgeheim ihren Traum von einem selbst geschriebenen Buch zu verwirklichen. Sie schrieb sich in einem Liebesroman Schreibkurs...
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