Weiße Rosen zum Valentinstag

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Ach verflixt, tolle Männer wie er sind immer vergeben, seufzt Rachel jedes Mal, wenn Andrew Garrett bei ihr Valentinsrosen kauft. Drei Jahre geht das schon. Doch diesmal ist etwas anders: Da sieht sie ihn abends bei ihrem Lieblingsitaliener - und er ist allein wie sie …


  • Erscheinungstag 09.12.2019
  • Bandnummer 4
  • ISBN / Artikelnummer 9783733728823
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Rachel Ellis hasste den vierzehnten Februar, doch das hätte sie vor ihren Kunden, die schon seit dem späten Vormittag in Scharen in ihren Blumenladen strömten, natürlich niemals zugegeben. Der Valentinstag brachte zwar viel Stress mit sich, bescherte ihr dafür aber hohe Einnahmen, auf die Rachel natürlich nicht verzichten wollte.

„Kannst du mir mal sagen, warum die meisten Männer immer auf den letzten Drücker kommen?“, schimpfte sie entnervt, als sie zu ihrer besten Freundin und Geschäftspartnerin Holly Kendrick kurz nach hinten in den Arbeitsraum ging, um ein wenig durchzuatmen. „Die wissen doch, wann Valentinstag ist, da könnten sie die Blumen auch vorbestellen.“

„Tun sie aber nicht.“ Holly zuckte mit den Schultern. „So sind Männer eben.“

„Vielleicht sollten wir nächstes Jahr einen Rabatt für rechtzeitige Bestellungen anbieten, dann haben wir weniger Stress“, meinte Rachel missmutig.

„Das würde auch nichts ändern, die meisten würden doch wieder auf den letzten Drücker kommen.“

„Wahrscheinlich.“ Rachel ließ sich erschöpft auf einen Stuhl sinken. „Ich will nur fünf Minuten meine Füße hochlegen, bevor der nächste Ansturm kommt, okay?“

Nach nicht einmal drei Minuten läutete die Türglocke erneut und kündigte die nächsten Kunden an, und um zwei erschien die Studentin Trish, die stundenweise im Buds & Blooms aushalf. Sie würde Holly ablösen, die nachher ein Date mit ihrem Freund Shane hatte. Rachel hatte keine Pläne für den Abend und wollte bis zum Ladenschluss um sechs bleiben.

Um Viertel vor sechs war der Verkaufsraum endlich leer. Rachel atmete erleichtert auf und freute sich schon auf ihren wohlverdienten Feierabend. Doch dann ging die Tür erneut auf, und Rachels Müdigkeit verflog im Nu, als sie sah, wer der nächste und wahrscheinlich letzte Kunde für heute war: Andrew Garrett, dieser wahnsinnig gut aussehende Typ mit den ausdrucksvollen grünen Augen und dem dichten dunklen Haar, der Rachels Herz jedes Mal höher schlagen ließ, wenn er ihren Laden betrat. Leider war das bisher nur dreimal im Jahr der Fall, und zwar am Valentinstag, am zehnten August und am zweiundzwanzigsten November.

Rachel kannte diesen Man nicht wirklich, sondern eigentlich nur seinen Namen, weil er immer mit Kreditkarte zahlte. Als er vor drei Jahren zum ersten Mal ins Buds & Blooms gekommen war und sie so nett angelächelt hatte, hatte sie sofort Schmetterlinge im Bauch gespürt. Dann hatte sie jedoch gesehen, dass er einen Ehering trug – natürlich, wie sollte ein so attraktiver Mann wie er auch Single sein!

Ein Dutzend weißer Rosen hatte er an diesem Tag gekauft, und das tat er seitdem jedes Jahr dreimal. Und immer, wenn er ihr seine Kreditkarte gab und seine Finger dabei ihre streiften, spürte Rachel ein elektrisierendes Prickeln.

Denk daran, dass er verheiratet ist, ermahnte sie sich insgeheim, und das bedeutete, dass sie die Finger von ihm lassen musste. Die Erfahrungen der letzten Jahre hatten sie gelehrt, dass es unklug war, sich auf Männer einzulassen, die gebunden waren.

Rachel zog die Summe für die Blumen ab und gab ihm die Karte zurück. „Vielen Dank, Mr Garrett. Haben Sie sonst noch einen Wunsch?“

„Nein, danke, das war alles“, erwiderte er lächelnd. „Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Valentinstag.“

„Danke gleichfalls.“

Rachel sah ihm noch bewundernd nach, dann schloss sie hinter ihm die Tür ab. So, jetzt war endlich Feierabend! Rachel überlegte, was sie heute Abend machen sollte. Wenn sie einen Freund hätte, würde sie sicher mit ihm ausgehen, doch sie hatte keinen. Wieder dachte sie an Andrew Garrett. Warum waren die tollsten Männer bloß immer schon vergeben?

Privat mochte Rachel den Valentinstag zwar nicht, aber als Geschäftsfrau wusste sie ihn sehr zu schätzen. In den vergangenen acht Stunden hatten sie mehr Blumen und Gestecke verkauft als sonst in einem ganzen Monat. Die Mühe hatte sich also gelohnt. Während Trish die Theke säuberte, räumte Rachel auf und schrieb zum Schluss noch auf, was sie für die nächste Woche alles brauchten.

„Hast du heute Abend schon was vor?“, fragte Rachel schließlich, als sie mit allem fertig waren. „Wenn du Lust hast, könnten wir zusammen etwas essen gehen.“

Trish biss sich auf die Lippe. „Lust hätte ich schon, aber …“

„Du bist schon verabredet, stimmt’s?“

Trish nickte bedauernd.

„Warum hast du nichts gesagt, dann hätte ich dich früher gehen lassen. Ich hätte auch alleine aufräumen können.“

„Ach, das macht nichts, Doug muss heute sowieso bis acht Uhr arbeiten.“

„Doug? Ist das nicht dieser Werbetyp, von dem du dich vor Kurzem erst getrennt hast?“

Trish nickte. „Genau der, er arbeitet im Marketing. Und ja, ich hatte mich von ihm getrennt, aber dann … dann hab ich’s mir doch anders überlegt, und jetzt sind wir wieder zusammen.“

Rachel kannte Doug nicht persönlich, sondern nur von Trishs Erzählungen, deshalb hielt sie sich mit Kommentaren oder Ratschlägen zurück. Außerdem war sie noch nicht so viel älter als die zwanzigjährige Studentin, dass sie nicht mehr wüsste, wie es war, verliebt zu sein. Oder zumindest in dem Glauben zu sein, dass es sich um Liebe handelte.

In ihren eigenen Beziehungen hatte Rachel bisher keine allzu guten Erfahrungen gemacht. Und es hatte viel zu lange gedauert, bis sie begriffen hatte, dass es schlimmer war, in einer Beziehung einsam zu sein als allein zu leben. Zwar hatte sie die Hoffnung auf die große Liebe noch nicht aufgegeben, im Moment aber keine Lust, nach dem sogenannten Richtigen zu suchen.

„Ich bin morgen früh um sieben wieder hier, dann kann ich dir mit den Lieferungen helfen“, versprach Trish.

„Das krieg ich auch alleine hin, es reicht, wenn du erst um zehn kommst.“

„Echt?“

„Echt, das ist kein Problem.“

„Danke, Rachel, du bist ein Schatz!“

Rachel lächelte warm. „Dann wünsche ich euch viel Spaß heute Abend.“

„Den haben wir bestimmt!“

Nachdem Trish gegangen war, schloss Rachel ihren Laden ab und machte sich auf den Heimweg. Da sie ganz in der Nähe wohnte, ging sie stets zu Fuß und aß für gewöhnlich zu Hause. Heute war sie zum Kochen jedoch viel zu müde und beschloss deshalb, sich von ihrem Lieblingsitaliener etwas mitzunehmen. Einen freien Tisch würde sie im Valentino’s bestimmt nicht mehr ergattern, denn da heute Valentinstag war, war sicher alles ausgebucht.

Als sie das Restaurant betrat, stieg ihr sofort der köstliche Duft von Tomaten, Basilikum und frisch geschmolzenem Käse in die Nase. Maria, die hinterm Tresen stand, blickte lächelnd auf.

„Hallo, Rachel. Ich bringe nur schnell die Bestellung in die Küche, dann sag ich Gemma Bescheid, dass du da bist, ja?“

„Warte, das ist nicht …“

Ehe Rachel ihren Satz beenden konnte, war Maria schon verschwunden, und gleich darauf kam Gemma Palermo aus der Küche.

„Hi, Rachel, schön, dich zu sehen!“ Gemma umarmte sie herzlich und küsste sie auf beide Wangen. „Bist du allein?“

„Ja.“

„Aber heute ist doch Valentinstag, da …“

„Ich weiß, und ich halte dich auch gar nicht lange auf. Ich wollte nur schnell was zum Essen mitnehmen.“

„Um dann alleine daheim zu sitzen?“

Rachel lächelte schräg. „Das ist doch nicht verboten, oder?“

Sie war es gewohnt, allein zu essen, und normalerweise machte ihr das auch gar nichts aus. Rachel war eine junge unabhängige Frau, die keinen Mann brauchte, der sich ständig um sie kümmerte. Wenn sie hier allerdings die vielen Pärchen sah, die einander verliebt in die Augen blickten, fühlte sie sich doch ein bisschen einsam.

„Ach, weißt du, ich bin den ganzen Tag schon auf den Beinen“, erwiderte sie matt. „Ich will mich …“

„… einfach nur hinsetzen und ein gutes Essen und ein Glas Wein dazu genießen, stimmt’s?“

Rachel lächelte erneut. „Ja, das wäre schön.“

Gemma drückte herzlich ihren Arm. „Uns geht’s genauso, Rachel. Tony und ich werden auch völlig erledigt sein, wenn der Tag zu Ende ist. Reservierungen haben wir aber nur bis einundzwanzig Uhr angenommen, damit wir nicht ganze Nacht durcharbeiten müssen.“

„Das kann ich mir vorstellen.“

Rachel kannte Gemma und ihren Mann Tony schon von der High School und war eng mit den beiden befreundet. Tony hatte das Restaurant, ein Familienunternehmen, von seinen italienischen Großeltern übernommen und setzte diese Tradition begeistert fort.

„Heute steht Marco an der Bar.“ Gemma wies mit dem Kopf auf ihren jüngsten Schwager. „Sag ihm einfach, was du trinken willst, und ich kümmere mich solange um das Essen. Was hättest du denn gern – deine geliebten Cannelloni?“

„Klar!“

Während Gemma in die Küche ging, setzte Rachel sich an die Bar und bestellte ein Glas Valpolicella.

„Wie kommt’s, dass du heute arbeitest?“, erkundigte sie sich, da sie Marco gut kannte und wusste, dass der gut aussehende junge Mann an solchen Tagen normalerweise gern ausging.

Er zuckte mit den Schultern. „Ich hatte heute keine Lust auf Party.“

„Siehst du Tammy nicht?“

„Wir sind nicht mehr zusammen.“

„Oh, das tut mir leid.“

„Halb so wild. Und was ist mit dir? Warum bist du allein, anstatt mit irgendeinem tollen Typen durch die Kneipen zu ziehen oder die Nacht durchzutanzen?“

Rachel lächelte matt. „Tanzen ist gut. Ich bin heute so kaputt, dass ich froh bin, wenn mich meine Füße noch nach Hause tragen.“

Marco grinste schelmisch. „Dem könnte ich leicht abhelfen. Ich könnte dich nach Hause tragen …“

Rachel lachte. Marco war wirklich süß, aber mit seinen zweiundzwanzig Jahren definitiv zu jung für sie. „Pass auf, sonst nehme ich dich irgendwann noch ernst.“

„Das will ich auch hoffen. Ich bin um zehn hier fertig, also, wenn du Lust hast, könnten wir nachher zusammen …“

„Hör auf, meine Freundin anzubaggern“, fiel Gemma, die gerade wieder aus der Küche kam, ihm ins Wort.

„Wieso denn? Rachel ist genau mein Typ.“

„Aber du nicht ihrer, sie steht auf etwas reifere Männer.“ Gemma schüttelte den Kopf und wandte sich erneut an Rachel. „Komm, du kannst dich zu uns in die Küche setzen.“

„Lass nur, das ist nicht nötig“, wehrte Rachel ab. „Ich wollte einfach …“

„Nun komm schon, bei uns zu essen ist doch viel schöner als allein zu Hause im stillen Kämmerlein.“

Da musste Rachel ihrer Freundin recht geben. Also nahm sie ihr Weinglas und folgte Gemma in die gemütlich eingerichtete Küche. Dort setzte sie sich an den kleinen Tisch, und kurz darauf wurde ihr auch schon ein knackiger gemischter Salat und ein Körbchen mit hausgemachtem Knoblauchbrot serviert.

„Ich sehe draußen nur schnell nach dem Rechten, dann bin ich gleich wieder da, okay?“, sagte Gemma.

„Kein Problem, ich komm hier schon allein zurecht“, erwiderte Rachel lächelnd und begann mit dem Salat.

„Kommen Sie ruhig mit“, hörte sie schon wenige Minuten später ihre Freundin sagen, die hinter ihr stand. „Rachel hat bestimmt nichts dagegen, wenn Sie ihr Gesellschaft leisten.“

„Das ist wirklich nett von Ihnen, aber …“

„Na, kommen Sie schon, setzen Sie sich einfach zu ihr an den Tisch.“

Diese angenehme dunkle Stimme kam Rachel gleich bekannt vor, und als der Mann, dem sie gehörte, dann plötzlich vor ihr stand, begann ihr Herz ganz wild zu schlagen, denn es war Andrew Garrett!

Zunächst hatte Andrew sich nur widerstrebend in die Küche führen lassen, doch als er die hübsche junge Frau aus dem Blumenladen hier sitzen sah, schlug sein Herz sofort ein bisschen schneller. Was machte sie denn hier? Wieso saß sie in der Küche?

„Oh … hallo“, sagte Rachel aufgeregt. „Das … ist aber eine Überraschung.“

Andrew lächelte. „Finde ich auch.“

Gemma blickte verwundert von einem zum anderen. „Ihr beide kennt euch?“

„So könnte man es nennen“, antwortete Andrew, und Rachel sagte gleichzeitig: „Nur flüchtig.“

„Alles klar“, meinte Gemma und verdrehte die Augen.

„Mr Garrett kauft hin und wieder bei mir Blumen“, klärte Rachel ihre Freundin auf.

„Andrew“, sagte er und reichte ihr die Hand.

„Rachel Ellis, angenehm.“

„Warum sitzen Sie denn in der Küche?“

„Ich hab sie dazu überredet“, erklärte Gemma. „Weil ich finde, dass am Valentinstag niemand allein sein sollte.“

Rachel wurde rot. Musste Gemma immer so direkt sein? „Nein, so ist es nicht“, meinte sie verlegen. „Draußen ist kein Tisch mehr frei, deshalb bin ich hier.“

Andrew lächelte. „Dieses Schicksal hat mich auch getroffen. Ist es okay für Sie, wenn ich mich zu Ihnen setze?“

„Natürlich, kein Problem.“

Kaum hatte Andrew Platz genommen, wurde ihm auch schon ein Salatteller serviert. „Wow, das geht aber schnell – hier ist der Service ja noch besser als im Speisesaal“, scherzte er, und Gemma lachte.

Nachdem er seine Bestellung aufgegeben und Gemma sich erneut zurückgezogen hatte, aßen er und Rachel eine Weile schweigend ihren Salat. Andrew konnte sich schon denken, welche Frage ihr jetzt durch den Kopf ging.

„Na los, spucken Sie’s schon aus“, sagte er schmunzelnd.

Rachel blickte verwundert auf. „Was denn? Ich meine, was soll ich ausspucken?“

„Sie haben sich doch gerade gefragt, warum ich jetzt nicht mit der Frau hier bin, für die ich vorhin die Blumen gekauft habe, stimmt’s?“

Wieder wurde Rachel rot – konnte er Gedanken lesen? „Stimmt“, gab sie verlegen zu. „Aber das geht mich ja nichts an.“

Andrew wurde wieder ernst. „Kein Problem, Sie dürfen es ruhig wissen. Die Blumen sind für meine Frau. Sie ist vor drei Jahren verstorben.“

„Oh, das tut mir aber leid“, erwiderte Rachel betroffen, denn damit hatte sie nicht gerechnet. „Wie lange waren Sie denn verheiratet?“

„Fünf Jahre.“

Ein Kellner räumte die leeren Salatteller ab und brachte kurz darauf die warmen Speisen. Wie Rachel hatte auch Andrew Cannelloni bestellt.

„Hm, das duftet herrlich.“ Sie schob sich genussvoll eine Gabelvoll in den Mund.

„Und wie steht’s mit Ihnen?“, erkundigte sich Andrew. „Warum Sind Sie heute Abend allein?“

„Ich mache gerade Männerpause.“

Andrew hob überrascht die Brauen. „Männerpause – wieso denn das?“

„Im Moment hab ich einfach keine Lust auf einen Freund, weil ich schlechte Erfahrungen gemacht habe. Also habe ich beschlossen, mal für eine Weile Single zu sein.“

„Und wie lange geht das schon?“

„Sechzehn Monate.“

„Sechzehn Monate! Soll das heißen, dass Sie sich seit sechzehn Monaten mit keinem Mann mehr getroffen haben?“

„So ist es. Aber davon abgesehen, mag ich Dates am Valentinstag sowieso nicht.“

„Und warum nicht?“

„Ganz einfach, weil an diesem Tag die Erwartungen zu hoch sind. Die Leute setzen sich unter Druck, was ganz Besonderes daraus zu machen, und wenn es dann nicht klappt, sind sie enttäuscht. Wussten Sie, dass zehn Prozent aller Heiratsanträge am Valentinstag gemacht werden?“

„Nein.“

„Und Hochzeiten gibt es sogar noch mehr. Wahrscheinlich wollen das die Männer so, weil sie dann den Hochzeitstag nicht so leicht vergessen“, fügte sie leicht spöttisch hinzu.

„Das kann gut sein. Ich gehöre auch dazu – ich habe auch am Valentinstag geheiratet.“

2. KAPITEL

„Oh …“

Rachel hätte sich ohrfeigen können. Wie konnte sie nur so etwas Dummes sagen!

Doch Andrew lachte nur vergnügt. „Keine Angst, das war nur ein Scherz.“ Wie süß sie war, wenn sie rot wurde! „Nina und ich haben am zweiundzwanzigsten November geheiratet. Und ich habe unseren Hochzeitstag noch nie vergessen.“

Rachel lächelte verlegen. „Na dann …“

Weiter kam sie nicht, denn im nächsten Augenblick kehrte Gemma zurück und streckte Rachel demonstrativ die Hand entgegen, an der ein funkelnder Diamantring steckte. „Guck mal, ist der nicht toll?“

Rachel runzelte die Stirn. „Schon, aber du bist doch schon verheiratet. Wieso schenkt dir …“

Gemma verdrehte die Augen. „Der ist doch nicht für mich. Einer unserer Gäste will seiner Freundin gleich einen Heiratsantrag machen.“

„Und warum hast du dann den Verlobungsring?“

„Na, weil ich ihn auf den Nachtisch stecken soll, und zwar aufs Tiramisu. Das haben die beiden bei ihrem allerersten Date gegessen, hier in unserem Restaurant. Stell dir nur mal vor, wie dieser funkelnde Diamant auf der dunklen Schokolade aussehen wird, einfach toll!“

Doch Rachel schüttelte dazu nur den Kopf. „Unglaublich, auf was für verrückte Ideen manche Leute kommen. Für mich wär das nichts – der Ring ist doch dann so klebrig, wenn man ihn aus der Schokolade zieht.“ Dann sah sie Andrew an. „Wo und wie haben Sie Ihrer Frau denn einen Heiratsantrag gemacht?“

„Oh, das war ganz spontan, ich hatte nichts Besonderes geplant.“

„Dann war’s bestimmt im Bett!“, platzte Rachel heraus, und ihre Augen strahlten.

Wie schön sie ist, ging es Andrew durch den Sinn, und er spürte wieder dieses Prickeln. Rachel Ellis war ihm schon damals vor drei Jahren aufgefallen, als er zum ersten Mal ins Buds & Blooms gekommen war. Nur hatte er bisher noch nicht so sehr darauf geachtet, weil er …

„Haben Sie ihr dann auch gleich einen Ring geschenkt?“, fragte sie gespannt und riss ihn aus seinen Gedanken. Dann aß sie ein Stückchen von dem Schokoladenkuchen, den Gemma als Dessert serviert hatte.

„Nicht sofort, aber ein paar Tage später.“

Andrew hatte plötzlich das Gefühl, dass es gar nicht mehr so schmerzte, an Nina zu denken. Nach ihrem schnellen, unerwarteten Tod war er zutiefst verzweifelt gewesen, doch allmählich wurde ihm klar, dass er nicht ewig um sie trauern konnte. Er musste den Blick nach vorn richten und seine Zukunft ohne Nina planen.

„Ich hasse es, am Valentinstag allein zu sein“, gab Rachel unumwunden zu, „aber für Sie muss das noch viel schlimmer sein. Sicher denken Sie dann umso mehr an Ihre Frau.“

Doch Andrew schüttelte den Kopf. „Für mich macht es keinen Unterschied, ob Valentinstag ist oder nicht. Ich bin an jedem Tag im Jahr allein.“

„Hm, stimmt auch wieder …“ Rachel überlegte kurz, bevor sie weitersprach. „Was mich betrifft, ich bin eigentlich mit meinem Single-Leben ganz zufrieden, außer an Tagen wie heute, weil ich da so viele Liebespaare sehe, die sich gegenseitig eine Freude machen. Als ich vorhin nach dem letzten Kunden den Laden abgeschlossen habe, habe ich mir vorgestellt, wie er jetzt nach Hause geht und seiner Liebsten diese Blumen schenkt. Und da fühlte ich mich ziemlich einsam und irgendwie auch leer, verstehen Sie, was ich meine?“ Dann lächelte sie wieder. „Diese Leere hab ich jetzt mit Cannelloni und Schokoladenkuchen gefüllt, und nun geht’s mir wieder besser!“

Andrew lachte, denn ihm gefiel Rachels Art von Humor. „Na, dann sollten wir jetzt etwas tun, um die vielen Kalorien abzuarbeiten, was meinen Sie?“

„Und was schlagen Sie vor?“ Rachels Herz schlug schon wieder schneller, denn das hörte sich so an, als wolle dieser attraktive Mann noch etwas mit ihr unternehmen.

„Sich regen bringt Segen, sagt meine Mutter immer.“

Rachel lächelte. „Da hat sie sicher recht. Und an was für eine Art von Bewegung hätten Sie gedacht?“

„Lassen Sie sich überraschen.“

Nachdem Andrew die Rechnung bezahlt hatte, verließen sie zusammen das Lokal. Normalerweise stieg Rachel nie mit einem fremden Mann ins Auto, vor allem, wenn sie nicht einmal wusste, wohin die Fahrt gehen sollte. Doch bei Andrew Garrett hatte sie keinerlei Bedenken, denn er machte nicht den Eindruck, als wolle er ihr etwas antun. Außerdem hatte Gemma mitbekommen, dass sie zusammen weggegangen waren.

Als sie gleich darauf in Richtung Ridgemount fuhren, fiel Rachels Blick auf Andrews Hände, die auf dem Lenkrad ruhten. Er trug noch immer seinen Ehering, was wohl bedeutete, dass seine Trauer noch nicht abgeschlossen und er noch nicht bereit für eine neue Beziehung war. Das störte Rachel nicht, denn nach der herben Enttäuschung mit ihrem Exfreund Eric suchte sie keine neue Beziehung. Zumindest jetzt noch nicht.

Dennoch musste sie sich eingestehen, dass sie Andrew Garrett ausgesprochen attraktiv fand, ja sogar ein bisschen für ihn schwärmte. Wenn er in ihren Laden kam, begann ihr Herz sofort viel schneller zu schlagen, und wenn er lächelte, spürte Rachel Schmetterlinge im Bauch …

„So, da wären wir.“

Rachel sah verwundert aus dem Fenster. Sie standen vor einem großen Gebäude mit der leuchtenden Neonaufschrift Ridgemount Lanes. Das war ein Bowlingcenter – Andrew wollte mit ihr bowlen gehen!

„Also ich … ich glaube, das ist keine so gute Idee“, sagte sie verunsichert, denn sie hatte schon seit einer Ewigkeit nicht mehr gebowlt.

„Warum denn nicht?“

„Weil ich mich nicht erinnern kann, wann ich zum letzten Mal bowlen war. Ich glaube, da war ich noch in der Highschool.“

„Und wie lange ist das her?“

„Puh … zehn Jahre.“

„Dann müssten Sie jetzt etwa … achtundzwanzig sein?“

Rachel lachte. „Raffinierte Art und Weise, nach dem Alter einer Frau zu fragen. Aber stimmt, ich werde im Juli achtundzwanzig.“ Sie blickte ihn neugierig an. „Und was ist mit Ihnen? Wie lange sind Sie schon aus der Highschool raus?“

„Ich war schon fertig, bevor Sie angefangen haben.“

„Oh, dann sollten wir die Sache wirklich noch mal überdenken. Bowlen ist vielleicht zu anstrengend für einen Mann in so fortgeschrittenem Alter.“

Andrew lachte und öffnete die Autotür. „Kommen Sie, das werden wir schon sehen.“

Das Bowlingcenter war von innen noch viel größer, als es von außen den Anschein hatte. Es verfügte über zweiunddreißig Bahnen, von denen fast die Hälfte von verschiedenen Teams belegt war, die Turniere spielten. Dann waren noch einige Gruppen Teenager da sowie mehrere Paare.

Andrew ging mit Rachel an die Rezeption. Dort stand ein ziemlich beleibter Mann mit Dreitagebart, der ein T-Shirt mit dem Emblem des Bowlingcenters und einem Schildchen mit dem Namen Grover trug.

„Welche Schuhgröße hast du?“, fragte Andrew Rachel, wobei er wie selbstverständlich zum vertraulichen Du überging.

„Achtunddreißig.“

„Einmal Größe achtunddreißig und einmal zweiundvierzig. Und natürlich eine Bahn“, sagte er zu Grover.

„Sie kriegen Nummer sechs“, erwiderte Grover mit einem trägen Grinsen. „Wir vermieten pro Stunde, das heißt, Sie können in der Zeit so viele Runden spielen, wie Sie wollen.“

Andrew blickte auf die Uhr. „Jetzt haben wir halb zehn – wollen wir zwei Stunden spielen?“

Rachel nickte eifrig, denn das bedeutete, dass sie zwei volle Stunden mit diesem tollen Mann verbringen konnte!

Grover stellte zwei Paar Sportschuhe auf den Tresen und gab dann den Betrag in die Kasse ein.

Rachel rümpfte leicht die Nase, als sie die rot-blauen Schuhe mit den weißen Schnürsenkeln betrachtete, denn sie waren völlig abgetragen und sahen schrecklich aus. Nachdem sie sie jedoch angezogen hatte und einige Meter darin gegangen war, lächelte sie zufrieden. „Die sehen zwar schrecklich aus, passen aber wie angegossen.“

Andrew lachte. „Na, dann ist es ja gut. Komm, du darfst anfangen.“

„Wieso ich?“

„Weil meine Eltern mir beigebracht haben, dass man Damen aus Höflichkeit den Vortritt lassen muss.“

„Aber ich weiß doch gar nicht, wie …“

„Mach erst mal ein paar Probewürfe, bevor wir richtig loslegen. Keine Angst, das kriegst du hin.“

Rachel begutachtete die verschiedenen Kugeln, die zur Verfügung standen, und entschied sich für eine pinkfarbene. Dann nahm sie Stellung ein, zielte einige Sekunden und machte schließlich ihren ersten Wurf.

Als sie sich vornüberbeugte, fiel Andrew auf, wie wohlgeformt ihr Po war, und nicht nur das: Rachel hatte lange, schlanke Beine und derart sexy Kurven, dass Andrew plötzlich heiß wurde. Sein Herz schlug schneller, denn es war das erste Mal seit Ninas Tod, dass er so auf eine Frau reagierte.

Als Rachel sich ihm jedoch wieder zuwandte, sah sie alles andere als begeistert aus, denn sie hatte nicht getroffen. Sie nahm die nächste Kugel, zielte wieder mehrere Sekunden und machte ihren zweiten Wurf. Die Kugel lief zunächst gerade, doch auf halber Strecke driftete sie ab, um schließlich zu verschwinden, ohne einen Kegel umzuwerfen.

„Mist, was mach ich denn bloß falsch?“, rief Rachel ärgerlich.

„Du verdrehst dein Handgelenk, dadurch rollt die Kugel schief.“

„Das tu ich doch gar nicht.“

„Doch. Wirf noch mal, dann wirst du’s sehen.“

Rachel tat, wie ihr geheißen, und wieder lief die Kugel schief. „Also gut, du hast ja recht“, gab sie missmutig zu. „Was soll ich anders machen?“

„Komm, ich zeig’s dir.“

Andrew trat hinter sie und umfasste ihr Handgelenk, um es in die richtige Position zu bringen. Und als Rachel die Kugel schließlich warf und Andrew dabei leicht ihren Po berührte, verstärkte sich sein Ziehen in der Leistengegend.

Dann drehte sie sich zu ihm um und lächelte so strahlend, dass er das Gefühl hatte, als ginge die Sonne auf. „Hast du’s mitbekommen, gleich drei sind umgefallen!“

Rachel sah in dem Moment so reizend aus, dass Andrew den Impuls verspürte, sie zu küssen. Doch er beherrschte sich – was sollte sie sonst von ihm denken? „Na, siehst du, ist doch gar nicht schwer“, sagte er lächelnd. „Versuch’s gleich noch mal.“

Sie machte den nächsten Wurf, und diesmal fielen sogar fünf Kegel um.

„Ich glaub, jetzt hab ich den Dreh raus“, rief sie begeistert. „Wollen wir anfangen?“

Ihr Enthusiasmus legte sich jedoch ganz schnell, als sie sah, mit welcher Leichtigkeit Andrew zuerst sieben und dann sogar alle neun abräumte. Trotzdem ließ sie sich nicht unterkriegen und steigerte sich im Lauf des Spieles immer mehr, bis sie es sogar auf sechs Kegel schaffte.

Als der Endstand schließlich angezeigt wurde, blickte sie zum ersten Mal an diesem Abend auf die Uhr. „Ach herrje, die zwei Stunden sind ja schon um! Ich hab gar nicht gemerkt, wie spät es schon geworden ist.“

Autor

Brenda Harlen
<p>Brenda ist eine ehemalige Rechtsanwältin, die einst das Privileg hatte vor dem obersten Gerichtshof von Kanada vorzusprechen. Vor fünf Jahren gab sie ihre Anwaltskanzlei auf um sich um ihre Kinder zu kümmern und insgeheim ihren Traum von einem selbst geschriebenen Buch zu verwirklichen. Sie schrieb sich in einem Liebesroman Schreibkurs...
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